Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 20. Juni 1978 gemäß § 24 BVerfGG
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– 2 BvR 71/76 – | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn Dr. von B.... – Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. R. Boden, Dr. W. Oppenhoff, Dr. D. Schneider, E. Andreae, Kl. Mathy, P. Sambuc, Dr. H. Rasner, A. Ronsdorff, W. Jagenburg, M. Oppenhoff, G. Buchholz, H.-J. Prinz, Dr. G. Maier-Reimer, Dr. B. Bürglen, C. Caspary, Burgmauer 10, Köln 1 – gegen § 2 a und § 3 i.V.m. § 10 Abs. 1 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975 vom 28. August 1974 (BGBl. I S. 2105).
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Entscheidungsformel: | |
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
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Gründe: | |
A. | |
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob durch die Vorschriften des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975 in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise rückwirkend auf die Rechtsposition von Bausparern eingewirkt wurde, die während der Geltung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1969 in Erwartung der Gewährung von Prämien längerfristige Bausparverträge abgeschlossen hatten.
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I.
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1. Nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz i.d.F. vom 18. September 1969 (BGBl. I S. 1677 – WoPG 1969) konnten Bausparer Aufwendungen für Beiträge an Bausparkassen ent ![]() ![]() | |
2. Durch das Gesetz zur Reform der Einkommensteuer, des Familienlastenausgleichs und der Sparförderung (Einkommensteuerreformgesetz – EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl. I S. 1769) wurde auch das Wohnungsbau-Prämiengesetz geändert (Art. 4 EStRG). Es war in der Neufassung vom 28. August 1974 (BGBl. I S. 2105 – WoPG 1975) – von zwei hier nicht erheblichen Einzelvorschriften abgesehen – ohne Übergangsregelung für bestehende Bausparverträge ab 1. Januar 1975 anzuwenden (§ 10 Abs. 1 WoPG 1975).
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Das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 enthielt gegenüber dem Wohnungsbau-Prämiengesetz 1969 im wesentlichen folgende Änderungen:
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Nach § 1 Satz 2 i.V.m. § 2 a WoPG 1975 war erstmals für das Jahr 1975 Voraussetzung für die Prämienberechtigung, daß das maßgebende Einkommen die Grenze von 24 000 DM bei Ledigen und 48 000 bei Verheirateten nicht überstieg. Die Höhe des Prämiensatzes wurde vermindert (von 25% auf 23%; vgl. § 3 Abs. 1 WoPG 1975 im Vergleich zu § 3 Abs. 1 WoPG 1969). Das prämienbegünstigte Sparvolumen wurde herabgesetzt, so daß pro Kalenderjahr nur noch Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 800 DM, bei Ehegatten zusammen bis zu 1 600 DM prämienbegünstigt waren (vgl. § 3 Abs. 2 WoPG 1975). Die Zusatzprämie des § 3 Abs. 3 und 4 WoPG 1969 wurde ersatzlos gestrichen. ![]() | |
Der unverheiratete Beschwerdeführer hatte im Mai 1972 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 20 000 DM abgeschlossen. Bis einschließlich 1974 hatte er danach Wohnungsbauprämien und Zusatzprämien erhalten. Da sein steuerpflichtiges Einkommen im Jahr 1975 und in den drauffolgenden Jahren den Betrag von 24 000 DM überstieg, stand ihm nach § 2 a WoPG 1975 ab 1. Januar 1975 keine Prämie mehr zu.
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III.
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Mit der am 11. April 1975 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet der Beschwerdeführer sich zwar formal gegen §§ 2 a und 3 WoPG 1975; in der Sache greift er jedoch die in § 10 Abs. 1 WoPG 1975 enthaltene Regelung an, der zufolge die §§ 2 a und 3 WoPG 1975 ab 1. Januar 1975 auch auf bereits abgeschlossene und laufende Bausparverträge Anwendung finden.
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1. Der Beschwerdeführer behauptet, diese gesetzliche Regelung sei wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 GG nichtig.
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2. Zur Begründung führt der Beschwerdeführer im wesentlichen aus:
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a) Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig.
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Er sei durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 gegenwärtig betroffen, da er nur noch höchstens 800 DM jährlich prämienbegünstigt anlegen könne statt wie bisher 1 600 DM. Außerdem werde die Prämie nur noch bis zu einer Einkommensgrenze von 24 000 DM, die der Beschwerdeführer überschreite, gewährt. Der Beschwerdeführer werde auch unmittelbar durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 betroffen, da kein besonderer Vollziehungsakt mehr notwendig sei, um die Nachteile für den Beschwerdeführer eintreten zu lassen. Es sei dem Beschwerdeführer überdies unzumutbar, zunächst weiter Bausparleistungen zu erbringen, gegen die Versagung der ![]() ![]() | |
b) Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet.
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Die Einführung einer Einkommensgrenze durch § 1 Satz 2, § 2 a WoPG 1975 verletze Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG (Gebot der Rechtsstaatlichkeit), da sie eine verfassungsrechtlich unzulässige echte Rückwirkung enthalte. Bei der rechtlichen Würdigung müsse der Bausparvertrag als Ganzes betrachtet werden. Man könne nicht getrennt auf die einzelnen Vertragsjahre abstellen. Dies folge schon daraus, daß erst nach sieben Jahren über die Gesamtheit der Einzahlungen verfügt werden dürfe.
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Nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei durch die Bestimmungen des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975 auch auf die vor 1975 getätigten Bausparleistungen in entwertender Weise rückanknüpfend eingewirkt worden. Die Prämien müßten als Zinsen betrachtet werden. Bei einer vertraglichen Verzinsung der Bauspareinlagen von 3% sei der Abschluß eines Bausparvertrages nur dann wirtschaftlich sinnvoll, wenn über die gesamte Laufzeit des Vertrages die Prämien gezahlt würden. Nur bei Zahlung aller Prämien über die gesamte Laufzeit hinweg ergebe sich für die Bausparleistungen in ihrer Gesamtheit eine wirtschaftlich vertretbare Effektivverzinsung von ca. 12%, bezogen auf die Laufzeit des Bausparvertrages. Da dem Beschwerdeführer nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 nur die Prämien für die ersten drei Jahre gezahlt würden, ergebe sich eine Effektivverzinsung von lediglich 5,5%. Die Rentierlichkeit der Spareinlagen des Beschwerdeführers werde deshalb für die Jahre 1972-1974 verringert. Durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 werde somit rückwirkend auf abgeschlossene Tatbestände – den Abschluß des Bausparvertrages und die in den Jahren 19721974 geleisteten Beiträge – entwertend eingewirkt. Der Beschwerdeführer habe außerdem bei Abschluß des Bausparvertrages eine Abschlußgebühr zahlen müssen. Da wegen der geringen Effektivverzinsung des auf ![]() ![]() | |
Im übrigen sei das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 auch dann verfassungswidrig, wenn man die Grundsätze der sogenannten "unechten Rückwirkung" zugrunde lege. Denn auch bei "unechter Rückwirkung" müsse der Gesetzgeber das Vertrauen des Einzelnen auf den Fortbestand einer bestimmten Regelung mit der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit abwägen. Das Vertrauen des Beschwerdeführers auf Fortbestand der Begünstigung für seinen schon abgeschlossenen Bausparvertrag sei aus mehreren Gründen besonders schützenswert gewesen. In § 3 Abs. 3 letzter Satz i.V.m. Satz 1 WoPG 1969 sei ein gesetzliches Versprechen dahin zu sehen, daß die künftige Einkommensentwicklung für die Prämiengewährung unerheblich sein solle, wenn im Jahr vor Abschluß des Bausparvertrages weniger als 6 000 DM zu versteuern gewesen seien. Das Vertrauen auf eine derartige gesetzliche Zusicherung sei besonders schützenswert. Hinzu komme, daß bis zur Änderung von 1974 Verträge, die vor der ![]() ![]() | |
Es sei auch Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, da die Grenze von 24 000 DM willkürlich gesetzt worden sei. Die Spareinlagen seien außerdem Eigentum im Sinne des Art. 14 GG. Der Wegfall der Prämie führe im Verein mit der hohen Inflationsrate unter Berücksichtigung der niedrigen Verzinsung von Bausparverträgen zu einer auf staatlichem Handeln beruhenden Substanzverringerung, die nicht entschädigungslos durchgeführt werden dürfe.
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IV.
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Zu der Verfassungsbeschwerde hat der Bundesminister der Finanzen Stellung genommen:
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Er hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
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1. Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes führe nicht zur Verfassungswidrigkeit des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975.
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a) Eine unechte Rückwirkung liege hier nicht vor. Die Grundsätze der unechten Rückwirkung seien nur dann anzuwenden, wenn der Bürger in seinem Vertrauen, das er bei Vornahme seiner Disposition in das Bestehenbleiben einer bestimmten Gesetzeslage habe, dadurch getauscht wurde, daß der Gesetzgeber in der Entwicklung befindliche Tatbestände mit un ![]() ![]() | |
b) Die Voraussetzungen einer echten Rückwirkung seien im vorliegenden Fall erst recht nicht gegeben. Die Anwendung der Vorschriften des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975 auf Kalenderjahre vor 1975 sei nach § 10 Abs. 1 WoPG 1975 ausgeschlossen. Die Prämien seien vielmehr auch nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres auf Antrag neu festzusetzen. Das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 habe somit nur für die Zukunft Wirkung entfaltet, ohne auf abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände, wie die Prämiengewahrung für frühere Jahre, ändernd einzuwirken. Die Bindung der Bausparsumme für sieben Jahre begründe keine echte Rückwirkung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975.
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c) Selbst wenn die Grundsätze der unechten Rückwirkung angewendet würden, so ergebe die erforderliche Abwägung zwischen dem Vertrauen des Beschwerdeführers auf den Fortbestand der Vergünstigung nach dem Wohnungsbau-Prämiengesetz 1969 mit dem durch das Einkommensteuerreformgesetz verfolgten gesetzgeberischen Anliegen für das Wohl der Allgemeinheit, daß das Vertrauen des Beschwerdeführers keinen Vorrang verdiene. Ziel des Einkommensteuerreformgesetzes sei gewesen, mehr soziale Gerechtigkeit im Steuerrecht zu erreichen. Untere und mittlere Einkommen seien steuerlich entlastet worden. Durch eine Neuregelung des Kindergeldes sei ein Durchbruch zu größerer sozialer Gerechtigkeit bewirkt worden. Um die durch diese Verbesserungen verursachten Haushaltsbelastungen aufzufangen, habe das Reformwerk neben anderen Maßnah ![]() ![]() | |
Weiter sei in Betracht zu ziehen, daß grundsätzlich die Möglichkeit bestehe, die Bausparkassenbeiträge im Rahmen der Höchstbeträge als Sonderausgaben geltend zu machen. Darüber hinaus habe ein großer Teil der Sparer, die von der Einschränkung der Sparförderung betroffen worden seien, durch die Steuerreform insgesamt Vorteile erlangt.
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Zu berücksichtigen sei weiter, daß der Staat durch die Prämienbegünstigung von "Beiträgen an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen" Sparleistungen unterstütze, die typischerweise nicht zur Erlangung von Wohnungsbauprämien, sondern zur Erlangung zinsgünstiger Baudarlehen, die unverzüglich und unmittelbar dem Wohnungsbau zugute kommen, erbracht werden. Es komme daher für die verfassungsrechtliche Würdigung darauf an, ob die Rechtsposition des typischen Bausparers durch die Regelung des Einkommensteuerreformgesetzes derart in Frage gestellt worden sei, daß der Gesetzgeber das Scheitern der Reform hätte in Kauf nehmen müssen, um das Vertrauen der Altsparer in das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1969 nicht zu erschüttern. Diese Frage sei zu verneinen. Der Anspruch aus dem Bausparvertrag werde durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 nicht berührt. Der Beschwerdeführer müsse allenfalls in Kauf nehmen, daß sich die Zuteilung des Bausparvertrages wegen des Wegfalls der Prämie verzögere. Der Prämienausfall (maximal 400 DM jährlich) sei im Verhältnis zu den damit durchführbaren wohnungswirtschaftlichen Maßnahmen und zu der Gesamtbausparsumme von 20 000 DM gering. Außerdem treffe der Prämienausfall wegen der Einkommensgrenze von 24 000 DM/48 000 DM nur solche Bausparer, die nach Auffas ![]() ![]() | |
Wegen der gesetzlichen Zweckbestimmung der Wohnungsbauförderung könne sich der Beschwerdeführer auch nicht darauf berufen, daß der Bausparvertrag für ihn durch das Wohnungsbau-Prämiengesetz 1975 als Kapitalanlage unrentierlich sei. Das Wohnungsbauprämienrecht sei von vornherein nicht für Kapitalanleger vorgesehen gewesen. Das Wohnungsbauprämienrecht setze voraus, daß die Bausparmittel zur Finanzierung eines wohnungswirtschaftlichen Vorhabens eingesetzt würden. Es gebe dagegen Kapitalanlegern keine staatliche Garantie hoher Renditen. ![]() | |
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3. Die Rüge der Verletzung des Art. 3 GG sei ebenfalls unbegründet. Für die Einführung von Einkommensgrenzen und für den Wegfall der Zusatzprämie hätten sachgerechte Gründe vorgelegen.
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Der Verfassungsrechtsweg ist gegeben (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG).
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II.
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1. Art. 14 GG ist durch § 10 Abs. 1 WoPG 1975 nicht verletzt: Vermögenswerte subjektiv-öffentliche Rechte können zwar grundsätzlich Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sein. Kriterium hierfür ist, ob der das subjektiv-öffentliche Recht begründende Tatbestand seinem Inhaber eine so verfestigte Rechtsposition verschafft, daß sie im Hinblick auf ihre rechtliche Ausgestaltung und nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verfassung nicht mehr wegfallen kann (vgl. ![]() ![]() | |
Ein Anspruch auf künftige Gewährung einer Wohnungsbauprämie unterfällt nach diesen Grundsätzen nicht dem Eigentumsschutz des Art. 14 GG. Die Wohnungsbauprämie stellt ersichtlich kein Äquivalent für eine eigene Leistung des Einzelnen dar; sie wird vielmehr lediglich aus sozial- und wirtschaftspolitischen Gründen gewährt. Daß sie – notwendigerweise – im Zusammenhang mit eigenen Leistungen des Bausparers im Rahmen eines Bausparvertrages steht, ändert hieran nichts. Auch die Festlegung von Bausparleistungen zu einem niedrigen Zinssatz über mehrere Jahre hinweg kann nicht als "Leistung" im vorstehenden Sinne angesehen werden. Diese im privaten Bausparvertrag erfolgte Festlegung dient nicht nur staatlichen – volkswirtschaftlichen – Interessen. Sie gehört zu den wesentlichen Bedingungen des vornehmlich auf die Förderung des Wohnungsbaus ausgerichteten Bausparwesens und ermöglicht es, den eigentlichen Vertragszweck durch die vereinbarte Gegenleistung, die Gewährung eines zinsgünstigen Darlehens an den Bausparer in seiner Eigenschaft als Bauherr, zu erreichen.
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2. Die angegriffene Regelung verstößt auch nicht aus dem besonderen Blickpunkt des Vertrauensschutzes gegen das Rechtsstaatsprinzip.
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a) Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot liegt nicht vor. Der zeitliche Anwendungsbereich des Wohnungsbau-Prämiengesetzes 1975 war im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes tatbestandlich ausschließlich in die Zukunft gerichtet (§ 10 Abs. 1 WoPG 1975). Eine Rückwirkung würde das Gesetz nur entfalten, wenn es auf die in den Jahren vor 1975 angesparten ![]() ![]() | |
Allerdings wurden durch den Wegfall der Prämie bei Einkommen über 24 000/48 000 DM die noch nicht vollständig abgewickelten Bausparverträge nicht unerheblich betroffen. Auch dabei handelt es sich jedoch nur um eine Einwirkung für die Gegenwart und Zukunft, wenn auch Rechtsbeziehungen getroffen werden, die ihre Grundlage in der Vergangenheit hatten und in der Abwicklung standen. Auch darin kann keine Rückwirkung gesehen werden. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß der Bausparvertrag "als Ganzes" betrachtet werden müsse, der mit der Gesetzesänderung in seiner Entstehung, in den Grundlagen, die zum Vertragsabschluß führten, getroffen worden sei. Zwar ist der Bausparvertrag, auf dem das "Prämienrecht" beruht, von vornherein auf fortlaufende Zahlungen der prämienbegünstigten Beiträge angelegt, und es ist sicher auch richtig, daß die Aussicht auf die darauf folgenden wirtschaftlichen Vorteile in der Regel auch einen Beweggrund für den Abschluß eines Bausparvertrags bildet. Dies allein macht jedoch Vertragsabschluß und Vertragserfüllung noch nicht in prämienrechtlicher Hinsicht zu einem einzigen untrennbaren Vorgang, in den einzugreifen dem Gesetzgeber wegen des Rückwirkungsverbots untersagt wäre. Die Prämienvergünstigung ist kraft Gesetzes von den Beiträgen innerhalb eines Jahres abhängig und kann nur getrennt für das jeweilige Kalenderjahr zuerkannt werden. Die Entscheidung über den jeweils neu zu stellenden Antrag, mag sie positiv oder negativ lauten, berührt den Bestand des Vertrags nicht, zu dessen wesentlichem Teil auch die zeitliche Festlegung des angesparten Kapitals gehört. Die steuerrechtlichen Nutzungsmöglichkeiten sind jeweils nur getrennt für das einzelne Kalenderjahr gegeben. Bei solcher Sachlage ist es nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit nicht veranlaßt, die auf der Stufe des ein ![]() ![]() | |
b) Aber auch eine unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verfassungsrechtlich unzulässige Einwirkung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte (sog. unechte, retrospektive Rückwirkung) ist nicht gegeben.
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Es ist seit jeher unbestritten das Recht des Gesetzgebers, bestehende Sachverhalte, Rechte und Rechtsbeziehungen durch eine Gesetzesänderung einer neuen Rechtslage zu unterwerfen. Denn die Möglichkeit, durch neue Gesetze auf bestehende Rechtslagen und Rechtsverhältnisse einzuwirken, ist jeglicher Gesetzgebung immanent. Sie würde nur dann vermieden, wenn sich der Gesetzgeber dieser Einwirkung begäbe, sich also gewissermaßen einer absoluten "Übergangsvorschrift" unterwerfen würde. Eine derartige gesetzgeberische Handhabung würde jedoch zum einen dazu führen, daß die Gesetzgebung ihre politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Aufgaben nicht erfüllen könnte; zum anderen würde es erhebliche Ungleichheiten mit sich bringen, wenn neues Recht nur auf neu entstehende Rechtsverhältnisse angewendet würde (vgl. dazu Götz, Bundesverfassungsgericht und Vertrauensschutz in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Zweiter Band, S. 438 ff.). Unvertretbaren Härten, die diese Notwendigkeit erneuter aktueller Gestaltung der Gesetzeslage mit sich bringen würde, ist unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes zu begegnen.
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Der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes kann, je nach der besonderen Fallgestaltung, einer gesetzlichen Regelung in Anknüpfung an aus der Vergangenheit herrührende, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte, Schranken setzen, wenn damit zugleich die vom Gesetz betroffene Rechtsposition des Bürgers nachträglich im ganzen entwertet würde (vgl. BVerfGE 11, 139 [146]; 13, 274 [278]; 14, 288 [297]; 25, 269 [290]; 30, 392 [402]). Ob die Nachteile, die der Beschwerdeführer durch die ![]() ![]() | |
Hier verdient das gesetzgeberische Anliegen den Vorrang vor dem Interesse des betroffenen Bausparers am Fortbestand der ihm günstigeren Rechtslage.
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aa) Der Bürger kann grundsätzlich nicht darauf vertrauen, daß der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände, etwa aus konjunkturpolitischen Erwägungen, gewährt hat, immer und uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhalten werde (vgl. BVerfGE 14, 76 [104]; 18, 135 [144]; 19, 119 [127]; 27, 375 [386]). Dies gilt sinngemäß auch für die Gewährung von Wohnungsbauprämien. Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht also – insbesondere wenn die beeinträchtigte Rechtsposition auf staatlicher Gewährung beruht – nicht so weit, den Staatsbürger vor jeder "Enttäuschung" zu bewahren (BVerfGE 14, 288 [299]; 22, 241 [252]; 24, 220 [230]). Weiter ist zu berücksichtigen, daß das Wohnungsbau-Prämiengesetz nach seiner gesetzgeberischen Intention eindeutig auf die Förderung der Wohnungsbautätigkeit abzielte. Ein Vertrauen, das sich lediglich auf die Möglichkeit konzentriert, das Instrumentarium des Wohnungsbau-Prämiengesetzes auch in Zukunft als rentierliche Kapitalanlage benutzen zu können, genießt deshalb nicht in besonderem Maß Vertrauensschutz. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die Wohnungsbauprämien von Anfang an ![]() ![]() | |
Von einem "gesetzlichen Versprechen", das ihm – wie der Beschwerdeführer meint – eine besondere Vertrauensposition verschafft hätte, kann nicht die Rede sein. Insbesondere kann aus § 3 Abs. 3 letzter Satz WoPG 1969 nicht gefolgert werden, daß der Gesetzgeber für die Dauer der vertraglichen Bindung die steuerlichen Begünstigungen nicht verschlechtern werde. Eine derartige Regelung enthält das Gesetz nicht.
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Im übrigen sind die Nachteile, die die betroffenen Bausparer durch die Gesetzesänderung hinnehmen mußten, nicht übermä ![]() ![]() | |
bb) Dem Interesse des Beschwerdeführers steht gegenüber die Bedeutung, die die beanstandete gesetzliche Regelung nach ihrer Zielsetzung für das Wohl der Allgemeinheit hat.
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Hauptziel der Regelung, die im Zusammenhang mit der Einkommensteuerreform erfolgt ist, war, die Staatsausgaben in den dem Gesetzgeber vertretbar erscheinenden Grenzen zu halten und dabei steuerliche Mindereinnahmen durch Einsparungen auszugleichen. Dieses Ziel hielt sich im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden politischen Verantwortung und Gestaltungsfreiheit. Zu diesem Zweck griff der Gesetzgeber zu Einsparungen auf dem Gebiet des Prämienrechts. Seine Regelung sollte gleichzeitig dem sozial unerwünschten Umstand entgegenwirken, daß die Wohnungsbauprämie zunehmend auch Bevölkerungsschichten zugute kam, denen sie nach den Intentionen ![]() ![]() | |
Es zeigt sich, daß die durch das Einkommensteuerreformgesetz für eine Vielzahl von Staatsbürgern – darunter auch den Beschwerdeführer – erreichten steuerlichen Verbesserungen sowie die Anpassung des Prämienrechts an die soziale Wirklichkeit als Anliegen, die dem Wohl aller dienen, das Interesse der betroffenen Altsparer an dem Fortbestand der früheren Regelungen überwiegen.
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Hierzu kommt, daß der Gesetzgeber – wenn die Einwirkung auf bestehende Bausparverträge nicht zulässig wäre – in seinen Dispositionsmöglichkeiten unvertretbar eingeengt würde: Die Weiterführung der Sparförderung im bisherigen Umfang hätte für die Laufzeit der betroffenen Sparverträge rund 5 Milliarden DM erfordert. Die Laufzeit eines Bausparvertrages beträgt nur im Regelfall sieben Jahre. Bei geringerer Sparleistung verlängert sich die Dauer des Bausparvertrages, so daß auch wesentlich längere Laufzeiten möglich sind. Der Gesetzgeber wäre also in ungünstigen Fällen gezwungen, eine von ihm nicht mehr für sachgerecht erachtete Regelung über lange Zeit hinweg aufrechtzuerhalten, wenn er nicht in die laufenden Rechtsverhältnisse einwirken dürfte. Entsprechendes gilt hinsichtlich der sozialen Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers: Für den gleichen Zeitraum könnte der Gesetzgeber veränderten sozialen Gegebenheiten, wie z.B. einer Steigerung der Einkommen, nicht im gebotenen Maße Rechnung tragen. Hinzu kommt, daß durch denkbare Übergangsregelungen verschiedene Rechtssituationen für gleiche Sachverhalte entstehen würden, was zu deutlich sichtbaren Ungleichheiten auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet führen würde. All diese Überlegungen zeigen, daß ein Verbot, künftige Regelungen unter Anknüpfung an bestehende Vertragsverhältnisse zu treffen, im vorliegenden Fall den Gesetzgeber an der sachgerechten Erfüllung seiner Aufgaben auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet für längere Zeit hindern und zu erheblichen Ungleichheiten führen würde. Sie stützen ![]() ![]() | |
3. Auch sonstige Verfassungsverstöße liegen nicht vor.
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Insbesondere ist Art. 3 GG nicht verletzt. Für die Neuregelung des Prämienrechts in der beanstandeten Form bestanden – wie sich aus den obigen Darlegungen ergibt – sachliche Gründe. Die Festlegung der Einkommensgrenze ist nicht willkürlich. Es hält sich im Rahmen der dem Gesetzgeber eingeräumten weiten Gestaltungsfreiheit, die Prämienberechtigung nur für Einkommensempfänger bis zu 24 000/48 000 DM vorzusehen, da durch diese Begrenzung die sozialpolitischen Vorstellungen des Gesetzgebers sachgerecht verwirklicht werden sollen.
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