Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 22. Mai 1979
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-- 2 BvR 193, 197/79 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. des Herrn V ... - 2 BvR 193/79 -, 2. der Liga für Freie Völker - Europa 2000 - ... , - 2 bvR 197/79 - gegen § 2 Abs. 6 des Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz - EuWG) vom 16. juni 1978 (BGBl. I S. 709).
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Entscheidungsformel:
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Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
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Gründe: | |
A. | |
Gegenstand der zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden ist die in § 2 Abs. 6 des Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz - EuWG) vom 16. Juni 1978 (BGBl. I S. 709) enthaltene 5vH-Sperrklausel.
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Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat in der Zusammensetzung der Vertreter der Mitgliedstaaten und mit Einstimmigkeit am 20. September 1976, gestützt auf Art. 21 Abs. 3 des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKSV), Art. 138 Abs. 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) und Art. 108 Abs. 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAGV) einen Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung beschlossen (ABlEurGem 1976 Nr. L 278/1 - im folgenden: Akt), dem der Deutsche Bundestag durch Gesetz vom 4. August 1977 zugestimmt hat (BGBl. II S. 733). Die Zahl der in jedem Mitgliedstaat zu wählenden Abgeordneten ist in Art. 2 des Aktes festgelegt. Auf Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich entfallen je 81 Abgeordnete, auf die Niederlande 25 Abgeordnete, auf Belgien 24 Abgeordnete, auf Dänemark 16 Abgeordnete, auf Irland 15 Abgeordnete und auf Luxemburg 6 Abgeordnete. Dem Akt ist eine Erklärung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland beigefügt, nach der der Akt auch für das Land Berlin gilt, jedoch mit Rücksicht auf die bestehenden Rechte und Verantwortlichkeiten Frankreichs, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika das Berliner Abgeordnetenhaus die Abgeordneten für diejenigen Sitze wählen wird, welche innerhalb des Kontingents der Bundesrepublik Deutschland auf das Land Berlin entfallen.
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Art. 1 des Aktes schreibt die allgemeine und unmittelbare Wahl vor. Bis zum Inkrafttreten eines einheitlichen Wahlverfahrens und vorbehaltlich der sonstigen Vorschriften dieses Akts bestimmt sich das Wahlverfahren in jedem Mitgliedstaat nach den innerstaatlichen Vorschriften (Art. 7 Abs. 2). In Ausführung dieser Bestimmung hat der Deutsche Bundestag das Europawahlgesetz vom 16. Juni 1978 erlassen, das am 22. Juni 1978 in Kraft getreten ist. Von den auf die Bundesrepublik Deutschland entfallenden 81 Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden drei im Land Berlin durch das Abgeordnetenhaus von Berlin bestimmt (§ 29 EuWG) und die übrigen nach § 1 Abs. 1 EuWG in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl von den wahlberechtigten Deutschen für fünf Jahre gewählt. Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl mit starren Listen (§ 2 Abs. 1 - 4 EuWG). Listenwahlvorschläge können von Parteien oder sonstigen politischen Vereinigungen eingereicht werden (§ 8 Abs. 1 EuWG). Sie können entweder Listen für einzelne Länder oder eine gemeinsame Liste für alle Länder einreichen (§ 8 Abs. 2 EuWG). Für die Sitzverteilung werden die für jeden Wahlvorschlag abgegebenen Stimmen zusammengezählt, wobei Listen für einzelne Länder derselben Wahlvorschlagsberechtigten als verbunden gelten, soweit diese nicht erklären, daß eine oder mehrere beteiligte Listen von der Listenverbindung ausgeschlossen sein sollen (§ 2 Abs. 2 EuWG). Die zu besetzenden Sitze werden auf die Wahlvorschläge im Verhältnis der Summen der auf sie entfallenen Stimmen im Höchstzahlverfahren d'Hondt verteilt (§ 2 Abs. 3 EuWG). Bei der Verteilung der Sitze auf die Wahlvorschläge werden nur Wahlvorschläge berücksichtigt, die mindestens 5vH der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben (§ 2 Abs. 6 EuWG).
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Die Vorschriften des Bundeswahlgesetzes (BWahlG über die Wahlorgane, das Wahlrecht und die Wählbarkeit, die Vorbereitung der Wahl, die Wahlhandlung, die Feststellung des Wahlergebnisses und die Nachwahlen und Wiederholungswahlen gelten entsprechend, soweit das Europawahlgesetz nichts anderes bestimmt [§ 4 EuWG]. Die §§ 9 - 14 EuWG enthalten nähere Einzelheiten über die Aufstellung und Zulassung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge für einzelne Länder von Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen, die nicht im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge im Wahlgebiet ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen von 1 vom Tausend der Wahlberechtigten des betreffenden Landes, jedoch höchstens von 2.000 Wahlberechtigten, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Die Zahl der erforderlichen Unterschriften erhöht sich bei gemeinsamen Listen für alle Länder auf 4.000 [§ 9 Abs. 5 EuWG].
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Die wichtigsten Bestimmungen des Europawahlgesetzes zum Wahlsystem und zum Wahlvorschlagsrecht haben folgenden Wortlaut:
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"§ 2 Wahlsystem, Sitzverteilung
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(1) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl mit Listenwahlvorschlägen, Listenwahlvorschläge können für ein Land oder als gemeinsame Liste für alle Länder aufgestellt werden. Jeder Wähler hat eine Stimme.
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(2) Für die Sitzverteilung werden die für jeden Wahlvorschlag abgegebenen Stimmen zusammengezählt. Listen für einzelne Länder desselben Wahlvorschlagsberechtigten gelten dabei als verbunden, soweit nicht erklärt wird, daß eine oder mehrere beteiligte Listen von der Listenverbindung ausgeschlossen sein sollen. Verbundene Listen gelten bei der Sitzverteilung im Verhältnis zu den übrigen Wahlvorschlägen als ein Wahlvorschlag.
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(3) Die zu besetzenden Sitze werden auf die Wahlvorschläge im Verhältnis der Summen der auf sie entfallenen Stimmen im Höchstzahlverfahren d'Hondt verteilt. Über die Zuteilung des letzten Sitzes entscheidet bei gleichen Höchstzahlen das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los.
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(4) Die auf die Wahlvorschläge entfallenden Sitze werden in der dort festgelegten Reihenfolge besetzt. Bewerber, die auf zwei Listen für einzelne Länder (§ 9 Abs. 3 Satz 2) gewählt sind, bleiben auf der Liste unberücksichtigt, auf der sie an späterer Stelle benannt sind; bei Benennung auf den Listen an gleicher Stelle entscheidet das vom Bundeswahlleiter zu ziehende Los, auf welcher Liste sie gewählt sind. Entfallen auf einen Wahlvorschlag mehr Sitze, als Bewerber benannt sind, so bleiben diese Sitze unbesetzt.
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(5) Die auf eine Listenverbindung entfallenden Sitze werden auf die beteiligten Listen für die einzelnen Länder im Verhältnis der Summen der für jede dieser Listen abgegebenen Stimmen im Höchstzahlverfahren d'Hondt verteilt. Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 gelten entsprechend.
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§ 3 Gliederung des Wahlgebietes
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(1) Wahlgebiet ist der Geltungsbereich dieses Gesetzes.
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(2) Das Wahlgebiet wird für die Stimmabgabe in Wahlbezirke eingeteilt.
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§ 8 Wahlvorschlagsrecht
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(1) Wahlvorschläge können nach Maßgabe des § 9 Abs. 5 von Parteien und von sonstigen mitgliedschaftlich organisierten, auf Teilnahme an der politischen Willensbildung und Mitwirkung in Volksvertretungen ausgerichteten Vereinigungen mit Sitz, Geschäftsleitung, Tätigkeit und Mitgliederbestand in den europäischen Gebieten der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (sonstige politische Vereinigungen) eingereicht werden.
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(2) Eine Partei oder eine sonstige politische Vereinigung kann entweder Listen für einzelne Länder, und zwar in jedem Land nur eine Liste, oder eine gemeinsame Liste für alle Länder einreichen. ... .
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§ 9 Inhalt und Form der Wahlvorschläge
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(1) - (4) ...
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(5) Listen für einzelne Länder von Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen, die nicht im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl auf Grund eigener Wahlvorschläge im Wahlgebiet ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen außerdem von 1 vom Tausend der Wahlberechtigten des betreffenden Landes bei der letzten Wahl zum Europäischen Parlament, jedoch höchstens 2.000 Wahlberechtigten, persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein. Für die erste Wahl zum Europäischen Parlament ist die Zahl der Wahlberechtigten der letzten Bundestagswahl maßgebend. Gemeinsame Listen für alle Länder von Wahlvorschlagsberechtigten im Sinne des Satzes 1 müssen außerdem von 4.000 Wahlberechtigten persönlich und handschriftlich unterzeichnet sein.
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(6) ..."
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II.
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1. Der Beschwerdeführer zu 1) ist ein für die Wahl zum Europäischen Parlament wahlberechtigter deutscher Staatsbürger. Er wendet sich mit seiner am 22. Februar 1979 eingegangenen Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen § 2 Abs. 6 des Europawahlgesetzes und trägt dazu im wesentlichen vor:
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§ 2 Abs. 6 des Europawahlgesetzes verletze ihn in seinem Grundrecht auf Wahlrechtsgleichheit. Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl gelte auch für die Europawahl. Sämtliche Erwägungen, die das Bundesverfassungsgericht angestellt habe, um die entsprechenden Sperrklauseln bei innerstaatlichen Wahlen zu rechtfertigen, träfen auf die Europawahl nicht zu. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionen der Versammlung oder gar der Gemeinschaftsverfassung sei von einer Parteienvielfalt im Europäischen Parlament nicht zu befürchten. Im übrigen sei die 5vH-Sperrklausel völlig ungeeignet, eine Parteienzersplitterung im Europäischen Parlament zu verhindern.
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Die 5vH-Sperrklausel im Europawahlgesetz lasse sich auch nicht mit einem angeblichen "Postulat" nach nationaler Repräsentanz begründen. Aus der gesamten Ausgestaltung des Europaparlaments in den Verträgen und in der Geschäftsordnung folge vielmehr, daß weder eine nach Mitgliedstaaten aufgespaltene Repräsentanz stattfinden solle, noch daß das Europaparlament sich in "nationale" Parlamentariergruppen aufgliedere.
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Die 5vH-Sperrklausel stehe ferner in Widerspruch zu § 8 Abs. 1 EuWG. Die Bestimmung erweitere das Wahlvorschlagsrecht. Sie ziele nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks 8/361, S. 12) darauf ab, die Europawahl "auch für neue politische Strömungen auf europäischer Ebene" zu öffnen. Die Erreichung dieses Zwecks werde jedoch durch § 2 Abs. 6 EuWG wieder vereitelt. Zum einen verhindere die 5vH-Sperrklausel, daß die Erweiterung des Wahlvorschlagsrechts in § 8 Abs. 1 EuWG überhaupt zum Tragen komme. Zum anderen führe § 8 Abs. 1 EuWG zu einer größeren Aufsplitterung der Listenbewerber und verringere dadurch die Chancen neuer Parteien, die Sperrklausel zu überwinden.
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Auch der Vergleich mit den Wahlgesetzen der übrigen Mitgliedstaaten spreche für die Begründetheit der Verfassungsbeschwerde. Außer im Europawahlgesetz finde sich eine dem § 2 Abs. 6 EuWG entsprechende Sperrklausel nur in dem französischen Wahlgesetz. Dieser Umstand stehe dem Erfolg der Verfassungsbeschwerde indes nicht entgegen. Ob in Frankreich eine 5vH-Klausel zulässig sei, entscheide sich nach französischem Verfassungsrecht, während über die vorliegende Verfassungsbeschwerde allein nach dem deutschen Grundgesetz zu urteilen sei.
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Zur weiteren Begründung seiner Verfassungsbeschwerde beruft sich der Beschwerdeführer auf den Aufsatz von Murswiek: Die Verfassungswidrigkeit der 5%-Sperrklausel im Europawahlgesetz (JZ 1979, S. 48).
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2. Die Beschwerdeführerin zu 2) ist eine mitgliedschaftlich organisierte politische Vereinigung, die sich mit einem eigenen Wahlvorschlag an der Europawahl 1979 beteiligen will. Sie wendet sich mit ihrer am 23. Februar 1979 eingegangenen Verfassungsbeschwerde ebenfalls unmittelbar gegen die 5vH-Sperrklausel. § 2 Abs. 6 EuWG behandele Wahlvorschläge, auf die nicht 5vH der gültigen Stimmen entfielen, anders als die übrigen Wahlvorschläge. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen verfassungsrechtlich relevanten Grund. Insbesondere ließen sich für die Europawahl diejenigen Gesichtspunkte nicht heranziehen, mit denen das Bundesverfassungsgericht die Zulässigkeit von Sperrklauseln bei innerstaatlichen Wahlen begründet habe. Das Ziel, eine Parteienzersplitterung im Europaparlament zu verhindern, vermöge die Sperrklausel schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil sie dazu völlig ungeeignet sei. Dieses Ziel lasse sich nur durch eine gesamteuropäische Sperrklausel erreichen, die es aber noch nicht gebe.
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Das Vereinigte Europa solle der Zusammenschluß der europäischen Völker sein. Aufgabe des zu wählenden Europäischen Parlaments werde es sein, für das Zusammenleben der europäischen Völker eine freiheitliche Völkerordnung (Verfassung) zu erarbeiten, die Rechtsgleichheit für kleine wie für große Völker garantiere. Der politische Wille dieser Völker, ihrer Gruppen und Bürger habe zum Ausdruck zu kommen, nicht die Repräsentanz der Staaten und Regierungen.
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Von den neun EG-Staaten hätten sieben keine Sperrklausel in ihre Wahlgesetze für das Europäische Parlament aufgenommen. Die durch die 5vH-Sperrklausel herbeigeführte Wahlrechtsungleichheit nehme deutschen Wählergruppen mithin die Chancengleichheit nicht nur im deutschen Abgeordnetenkontingent, sondern auch gegenüber den nationalen Kontingenten von sieben der neun Partnerländer. Die 5vH-Sperrklausel mindere den Erfolgswert der Stimmen der von ihr betroffenen Gruppen; sie wirke sich außerdem allein durch die Möglichkeit ihres Wirksamwerdens negativ bei den potentiellen Wählern aus.
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Zum "größeren" nationalen Kontingent gehörten auch die Vertreter kleiner Gruppen. Der Wert der politischen Meinung und des politischen Urteils sei nicht von der Größe der politischen Gruppe abhängig, der der Meinungsträger angehöre.
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Zur Repräsentation politischer Strömungen hätten sich schon europäische Zusammenschlüsse auf Parteiebene gebildet, die im Parlament zu politisch orientierten Fraktionen führten. Das Argument von der Notwendigkeit größerer nationaler Parlamentariergruppen habe dadurch sein Gewicht verloren.
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Aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrecht folge nach alledem, daß § 2 Abs. 6 EuWG verfassungswidrig sei und die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Wahlrechtsgleichheit verletze.
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III.
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Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister des Innern geäußert. Er hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. § 2 Abs. 6 EuWG sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Europawahlgesetz lehne sich weitgehend an die Regelungen des Bundeswahlgesetzes an, die sich einschließlich der 5vH-Sperrklausel bei der Durchführung der Bundestagswahlen bewährt hätten, der Bevölkerung vertraut seien und von ihr als wesentliche Verwirklichung des Demokratieprinzips in unserem Staat anerkannt würden. Es liege im Interesse des Wahlvolkes, nach Möglichkeit - jedenfalls für die Übergangszeit eines noch durch nationales Gesetz zu regelnden Wahlverfahrens - das in seinen Grundzügen gewohnte und akzeptierte Wahlverfahren beizubehalten.
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Das Bundesverfassungsgericht habe in ständiger Rechtsprechung die Gefahr des Entstehens eines funktionsunfähigen Parlaments als rechtfertigenden Grund für Differenzierungen im Bereich der Wahlrechtsgleichheit angesehen und bereits in seiner Entscheidung vom 5. April 1952 (BVerfGE 1, 208 [256]) ausgeführt, daß Wahlgesetze in der Regel nicht verworfen werden könnten, wenn sie das Quorum einer Sperrklausel nicht über 5vH ansetzten. Das Europäische Parlament habe allerdings - im Rahmen seiner derzeit noch begrenzten Kompetenzen - nicht die Aufgabe, eine handlungsfähige, von einer parlamentarischen Mehrheit gestützte Regierung zu bilden. Dieser Gesichtspunkt lasse sich deshalb nicht als Rechtfertigung für den Ausschluß von Splittergruppen heranziehen. Der Gesichtspunkt der Arbeitsfähigkeit des Parlaments in seiner gruppenmäßigen Ausgestaltung behalte indessen auch hier seine Bedeutung. Hinzu komme, daß die 5vH-Sperrklausel auch eine hinreichend wirksame nationale Repräsentanz ermöglichen solle. Zum Erreichen dieser Ziele sei sie ein geeignetes und angemessenes Mittel. Die mit ihr verbundene Einschränkung der Wahlrechtsgleichheit rechtfertige sich aus übergeordneten, gesamtstaatlichen Gesichtspunkten.
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Die 5vH-Sperrklausel des § 2 Abs. 6 EuWG könne sich zwar nur auf die Zusammensetzung des deutschen Abgeordnetenkontingents und auf dessen Arbeitsfähigkeit auswirken. Aber auch in dieser Begrenzung erfülle sie einen notwendigen Zweck. Die Arbeitsfähigkeit des aus nationalen Parlamentariergruppen zusammengesetzten Europäischen Parlaments hänge noch stärker, als dies bei nationalen Parlamenten der Fall sei, von dem Bestehen größerer politischer Gruppen ab. Es erscheine beispielsweise nicht möglich, daß eine - ohne Sperrklausel denkbare - "Ein-Mann-Gruppe" innerhalb des deutschen Abgeordnetenkontingents effektive Arbeit zu leisten vermöchte und zur Besetzung von Ausschüssen in der Lage wäre.
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Die Direktwahl solle und könne nach dem gegenwärtigen Rechtszustand - dh solange weder eine bevölkerungsproportionale Sitzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vorgesehen, noch ein einheitliches Wahlverfahren in allen Partnerländern verwirklicht sei - im Europaparlament keine Vertretung transnationaler Kräfte hervorbringen, sondern nur eine Vertretung der wesentlichen, in den einzelnen Mitgliedsländern vorhandenen politischen Strömungen schaffen. Aufgabe des Europäischen Parlaments sei es darüber hinaus, den Belangen der in der Gemeinschaft verbundenen einzelnen Nationen Europas in der Versammlung gebührende Beachtung und Berücksichtigung zu sichern. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, auch den nationalen Belangen und Interessen durch eine effektive demokratische Repräsentanz des deutschen Volkes in Widerspiegelung seiner politischen Gegebenheiten im Europäischen Parlament Geltung zu verschaffen. Auch diesem Ziel diene die Sperrklausel.
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Die angefochtene Regelung sei ferner im Hinblick auf die Absichten, die mit der Einführung der Volkswahlen zum Europäischen Parlament verfolgt würden, gerechtfertigt. Die Fortentwicklung der Europäischen Integration werde die bislang nur begrenzt ausgestalteten Mitwirkungsbefugnisse und Kontrollbefugnisse des Europäischen Parlaments beeinflussen. Schon zuvor werde ein unmittelbar gewähltes Parlament ein bedeutsamer Faktor der politischen Gestaltung und Entscheidungsfindung sein. Auch deshalb sei es von wesentlicher Bedeutung, daß die in der Bundesrepublik Deutschland in das Europäische Parlament gewählten Abgeordneten nicht Splittergruppen repräsentierten, sondern die "deutsche Vertretung" im Europäischen Parlament aus Abgeordneten bestehe, die auf die Willensbildung in den großen deutschen Parteien sowie auf die Entscheidungen von Parlament und Regierung in Deutschland maßgeblichen Einfluß ausüben könnten.
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Die 5vH-Sperrklausel stelle ein Korrektiv zu dem erweiterten Wahlvorschlagsrecht des § 8 Abs. 1 EuWG dar, das - anders als bei der Landeslistenwahl nach dem Bundestagswahlrecht - nicht nur politischen Parteien, sondern uneingeschränkt auch sonstigen mitgliedschaftlich organisierten politischen Vereinigungen eröffnet worden sei.
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Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
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Sie sind rechtzeitig eingelegt. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz, so kann sie binnen eines Jahres seit dessen Inkrafttreten erhoben werden (§ 93 Abs. 2 BVerfGG). Das Europawahlgesetz ist am 22. Juni 1978 in Kraft getreten (§ 31 EuWG). Die Verfassungsbeschwerden sind am 22. und 23. Februar 1979 eingegangen.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Wahlgesetze unter Berufung auf eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl. BVerfGE 1, 208 [237f]; 6, 121 [128]; 11, 266 [271f]; 47, 253 [269f]; 48, 64 [79f]). Denn der Grundsatz der Gleichheit der Wahl ist ein Anwendungsfall des allgemeinen Gleichheitssatzes. Deshalb enthält jeder Verstoß gegen ihn zugleich eine Verletzung des in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG in Verbindung mit § 90 Abs. 1 BVerfGG in Bezug genommenen Art. 3 Abs. 1 GG, auf den die Beschwerdeführer ihre Verfassungsbeschwerde stützen (vgl. BVerfGE 11, 351 [360]; 34, 81 [94]; 47, 253 [269f]). Die Beschwerdeführer sind von der beanstandeten Regelung auch unmittelbar selbst und gegenwärtig betroffen. Die behauptete Grundrechtsverletzung ergibt sich unmittelbar aus der in § 2 Abs. 6 EuWG getroffenen Regelung, ohne daß es noch eines weiteren Vollzugsaktes bedarf.
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Die Beschwerdeführerin zu 2) kann nicht auf den Weg der Organklage verwiesen werden. Sie ist - wie sie selbst vorträgt - keine politische Partei, die im Rahmen des ihr von Art. 21 GG garantierten Status für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluß nehmen oder an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken will, sondern eine Wählervereinigung, die als sonstige politische Vereinigung im Sinne des § 8 Abs. 1 EuWG einen eigenen Wahlvorschlag für die Europawahl 1979 eingereicht hat (vgl. dazu die Bekanntmachung des Bundeswahlleiters, Bundesanzeiger Nr. 81 v 28. April 1979 S. 13). Als solcher ist ihr der Weg des Organstreits verschlossen. Sie kann daher die angebliche Verletzung ihres Wahlrechtes nur mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen (vgl. BVerfGE 4, 27 [30]).
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Die Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet.
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Die 5vH-Sperrklausel des § 2 Abs. 6 EuWG ist mit dem Grundgesetz vereinbar, weil sie an dem durch besondere, zwingende Gründe gerechtfertigten Ziel, einer übermäßigen Parteienzersplitterung im Europäischen Parlament entgegenzuwirken, orientiert ist und das Maß des zur Erreichung dieses Zieles Erforderlichen nicht überschreitet.
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I.
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Die Bildung und rechtliche Ausgestaltung der Organe der Europäischen Gemeinschaft beruhen auf supranationalem Gemeinschaftsrecht. Auch der Akt des Rates vom 20. September 1976, der die allgemeine und unmittelbare Wahl der Abgeordneten der Versammlung vorschreibt, gehört zu diesem Rechtskreis. Das in Vollzug des Art. 7 Abs. 2 des Aktes ergangene Europawahlgesetz ist deutsches Bundesrecht und als solches am Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu messen.
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1. Der Gleichheitssatz fordert nicht, daß der Gesetzgeber die Einzelnen und ihre relevanten gesellschaftlichen Gruppen unbedingt gleichmäßig behandelt; er läßt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Ob und in welchem Ausmaß der Gleichheitssatz bei der Ordnung bestimmter Materien dem Gesetzgeber Differenzierungen erlaubt, richtet sich nach der Natur des jeweils in Frage stehenden Sachbereichs (BVerfGE 6, 84 [91]; 11, 266 [272]).
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a) Für den Sachbereich der Wahlen ist nach der geschichtlichen Entwicklung, die für das Bundestagswahlrecht in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG und für das Wahlrecht in den Ländern, Kreisen und Gemeinden in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ihren verfassungsrechtlich verbindlichen Ausdruck gefunden hat, davon auszugehen, daß jedermann seine staatsbürgerlichen Rechte in formal möglichst gleicher Weise soll ausüben können (BVerfGE 6, 84 [91]; 11, 266 [272]; 11, 351 [360f]; 12, 10 [25]; 12, 73 [77]; 13, 1 [12]; 13, 243 [246]; 16, 130 [138]; 28, 220 [225]). Die durch das Grundgesetz errichtete demokratische Ordnung trägt insoweit einen formalen Charakter, als sie unbeschadet der bestehenden sozialen Unterschiede im Bereich der politischen Willensbildung alle Staatsbürger grundsätzlich gleich bewertet (BVerfGE 8, 51 [69]; 14, 121 [132]; 41, 1 [12]). Für eine freiheitliche demokratische Grundordnung, wie das Grundgesetz sie geschaffen hat, ist die Gleichbewertung aller Staatsbürger bei der Ausübung des Wahlrechtes eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung (BVerfGE 6, 84 [91]; 11, 351 [360]; 41, 399 [413]). Der Grundsatz der formalen Wahlgleichheit gilt deshalb nicht nur für das Bundestagswahlrecht und für das Wahlrecht in den Ländern, Kreisen und Gemeinden, sondern darüber hinaus als ungeschriebenes Verfassungsrecht auch für sonstige politische Abstimmungen (BVerfGE 41, 1 [12]; vlg ferner BVerfGE 13, 54 [91f]; 28 220 [224]; 47, 253 [276f]); er gilt auch für die Wahl der deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments.
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b) Da es heute die Parteien und Wählervereinigungen sind, die die Bürger für die Wahlen zu politischen Handlungseinheiten organisatorisch zusammenschließen, hat die Formalisierung des Gleichheitssatzes im Bereich der politischen Willensbildung des Volkes ferner zur Folge, daß auch der Grundsatz der gleichen Wettbewerbschancen der politischen Parteien und Wählervereinigungen in dem gleichen Sinne formal verstanden werden muß (BVerfGE 24, 300 [340f]; 44, 125 [146]). Die öffentliche Gewalt muß, wenn sie den Bereich der politischen Willensbildung bei Wahlen in einer Weise regelt, daß dadurch die Chancengleichheit der politischen Parteien und Wählervereinigungen verändert werden kann, sich gegenwärtig halten, daß ihrem Ermessen in diesem Bereich besonders enge Grenzen gezogen sind und daß ihr grundsätzlich jede verschiedene Behandlung der Parteien und Wählergruppen verfassungskräftig versagt ist (vgl. BVerfGE 8, 51 [64f]; 14, 121 [133]; 24, 300 [341]; 34, 160 [163]; 44, 125 [146] sowie für Wählervereinigungen insbesondere BVerfGE 11, 266 [276]).
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c) Aus den Grundsätzen der formalen Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der politischen Parteien und Wählergruppen folgt mithin, daß dem Gesetzgeber bei der Ordnung des Wahlrechts zu politischen Körperschaften nur ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen verbleibt. In diesem Bereich bedürfen Differenzierungen stets eines besonderen, rechtfertigenden, zwingenden Grundes (BVerfGE 1, 208 [249, 255]; ständige Rechtsprechung).
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2. Der Grad der zulässigen Differenzierungen läßt sich nicht losgelöst von dem jeweiligen Wahlsystem und dem Aufgabenkreis der zu wählenden Volksvertretung bestimmen. Die formale Wahlgleichheit und das Recht der politischen Parteien und Wählervereinigungen auf Chancengleichheit gelten zwar nicht schrankenlos. Sie lassen indes nur Ausnahmen zu, die der Zweck und die Natur des Wahlverfahrens zwingend erfordern (BVerfGE 4, 31 [39f]; 4, 375 [382f]; 13, 243 [247]).
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a) Die Verhältniswahl begünstigt das Aufkommen kleiner Parteien und Wählervereinigungen. Daraus können sich ernsthafte Beeinträchtigungen der Handlungsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung ergeben. Eine Wahl hat nicht nur das Ziel, eine Volksvertretung zu schaffen, die ein Spiegelbild der in der Wählerschaft vorhandenen politischen Meinungen darstellt, sondern sie soll auch ein funktionsfähiges Organ hervorbringen. Würde der Grundsatz der getreuen Abbildung der politischen Meinungsschichtung in der Wählerschaft bis zur letzten Konsequenz durchgeführt, so könnte das eine Aufspaltung der Volksvertretung in viele kleine Gruppen zur Folge haben, die die Mehrheitsbildung erschweren oder verhindern würde. Der unbegrenzte Proporz würde es erleichtern, daß auch solche kleinen Gruppen eine Vertretung erlangen, die nicht ein am Gesamtwohl orientiertes politisches Programm, sondern im wesentlichen nur einseitige Interessen vertreten. Klare und ihrer Verantwortung für das Gesamtwohl bewußte Mehrheiten in einer Volksvertretung sind aber für eine Bewältigung der ihr gestellten Aufgaben unentbehrlich. Deshalb darf der Gesetzgeber Differenzierungen in dem Erfolgswert der Stimmen bei der Verhältniswahl vornehmen, soweit dies zur Sicherung des Charakters der Wahl als eines Integrationsvorganges bei der politischen Willensbildung im Interesse der Einheitlichkeit des ganzen Wahlsystems und zur Sicherung der mit der Wahl verfolgten Ziele unbedingt erforderlich ist.
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Unter diesem Blickpunkt hat das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung das Postulat der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung und die Gebote des grundsätzlich gleichen Erfolgswertes aller Wählerstimmen sowie der gleichen Wettbewerbschancen der politischen Parteien und Wählervereinigungen im Rahmen der Verhältniswahl gegeneinander abgewogen. Was in diesem Zusammenhang von Verfassungs wegen als zwingender Grund für eine begrenzte Differenzierung anzuerkennen ist, variiert von Bereich zu Bereich und bestimmt sich vor allem nach dem Aufgabenkreis der zu wählenden Volksvertretung. So hat das Gericht bei dem Deutschen Bundestag und den Landtagen in erster Linie auf die Aufgaben der Gesetzgebung und der Regierungsbildung (vgl. BVerfGE 1, 208 [247 ff.]; 3, 383 [392 ff.]; 4, 31 [39f]; 4, 142 [143]; 4, 375 [380]; 5, 77 [83]; 6, 84 [90 ff.]; 6, 99 [103]; 14, 121 [135]; 24, 300 [341]; 34, 81 [99f]; 41, 399 [421]) und bei den Kommunalvertretungen auf deren Aufgabe, als Selbstverwaltungsorgan und alleiniger Träger der öffentlichen Verwaltung in ihrem Gebiet eigenverantwortlich über Gemeindeangelegenheiten Beschluß zu fassen und die notwendigen Wahlen (Bürgermeister, Gemeindedirektor, Ausschüsse) vorzunehmen (vgl. BVerfGE 6, 104 [115 ff.]; 6, 121 [130]; 11, 266 [277]; 13, 243 [247]; 47, 253 [277], abgestellt. Das Gericht hat schließlich auch bei Wahlen außerhalb des politisch-parlamentarischen Bereichs der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Vertretung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung von Wahlvorschriften am Gleichheitssatz entscheidende Bedeutung zuerkannt [vgl. etwa BVerfGE 39, 247 [256] - Gruppenuniversität; 41, 1 [14] - Richterwahlen].
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b) Sind die Voraussetzungen für eine Durchbrechung der formalisierten Wahlrechtsgleichheit gegeben und entschließt sich der Gesetzgeber, die Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung durch eine Sperrklausel zu sichern, die Splittergruppen von der Vertretung ausschließt, so ist in aller Regel ein Quorum von 5vH verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es müßten besondere Umstände des Einzelfalles vorliegen, die ein solches Quorum unzulässig machen würden. Andererseits müssen ganz besondere, zwingende Gründe gegeben sein, um eine Erhöhung des Quorums über 5vH hinaus zu rechtfertigen (BVerfGE 1, 208 [256]; ständige Rechtsprechung).
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3. Ob und wie - in den aufgezeigten Grenzen - differenziert werden soll, was also grundsätzlich als eine wegen zu geringer Stimmenzahl nicht zu berücksichtigende Partei oder Wählergruppe angesehen wird, das unterliegt der Entscheidung des Gesetzgebers. Aufgabe des Verfassungsgerichts ist es lediglich, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Gegebenheiten zu prüfen, ob die Grenzen des gesetzgeberischen Ermessens überschritten worden sind (BVerfGE 4, 31 [40]). Hält der Gesetzgeber sich innerhalb dieser Grenzen, so bleibt die Pflicht des Bundesverfassungsgerichts bestehen, die Ausübung des gesetzgeberischen Ermessens zu achten. Das Gericht hat nicht zu prüfen, ob die innerhalb dieses Rahmens vom Gesetzgeber gefundene Lösung ihm zweckmäßig oder rechtspolitisch erwünscht erscheint. Es kann die Bestimmung eines Wahlgesetzes wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit vielmehr nur dann für nichtig erklären, wenn die Regelung nicht an dem Ziel orientiert ist, Störungen der Funktionsfähigkeit des zu wählenden Organs zu verhindern, oder wenn sie das Maß des zur Erreichung dieses Zieles Erforderlichen überschreitet (BVerfGE 6, 84 [94]).
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II.
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1. Die in den vorliegenden Verfahren angegriffene 5vH-Sperrklausel bezieht sich auf die Wahlen zu einem supranationalen Organ, dem "Europäischen Parlament". Das Europäische Parlament ist ein Organ der drei Europäischen Gemeinschaften, nämlich der durch Vertrag vom 18. April 1951 gebildeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der aufgrund der Römischen Verträge vom 25. März 1957 gebildeten Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und Europäischen Atomgemeinschaft (EAG). Obwohl in diesen Verträgen vor allem wirtschaftliche Fragen geregelt sind, wird ihnen eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht gerecht. Sie sind vielmehr - wie die Präambeln belegen - auch Ausdruck einer gesamteuropäischen Idee, die nach dem Zweiten Weltkrieg neuen Aufschwung genommen hat, weil sich die beteiligten Staaten bewußt geworden waren, daß sie nur in engem Zusammenwirken ihre gemeinsamen wirtschaftlichen und politischen Aufgaben wirksam erfüllen können. So war schon der Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. April 1951 von dem Entschluß der Mitgliedstaaten getragen, "an die Stelle der jahrhundertealten Rivalitäten einen Zusammenschluß ihrer wesentlichen Interessen zu setzen, durch die Errichtung einer wirtschaftlichen Gemeinschaft den ersten Grundstein für eine weitere und vertiefte Gemeinschaft unter Völkern zu legen, die lange Zeit durch blutige Auseinandersetzungen entzweit waren, und die institutionellen Grundlagen zu schaffen, die einem nunmehr allen gemeinsamen Schicksal die Richtung weisen können" (Präambel EGKSV). Ihm folgte im Jahre 1957 "in dem festen Willen, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluß der europäischen Völker zu schaffen" (Präambel EWGV), die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Schließlich bekräftigte die Präambel des Vertrages zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Fusionsvertrag) vom 8. April 1965 erneut den Willen, "Fortschritte bei der Einigung Europas zu erzielen", die nach einer Erklärung der Konferenz der Staatschefs bzw Regierungschefs der Mitgliedstaaten der erweiterten Europäischen Gemeinschaften in Paris am 19. und 20. Oktober 1972 (Europaarchiv 1972 S D 502) zu einer Europäischen Union führen soll.
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2. Gemeinsame Organe der Europäischen Gemeinschaften sind neben dem Europäischen Parlament der Rat, die Kommission und der Gerichtshof.
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Das hauptsächliche Entscheidungsorgan und Gesetzgebungsorgan ist der Rat (vgl. Art. 145 - 153 EWGV). Er setzt sich aus weisungsgebundenen Regierungsvertretern (Art. 2 d Fusionsvertrags) der Mitgliedstaaten zusammen und kann in wichtigen Angelegenheiten nur einstimmig oder zumindest mit qualifizierter Mehrheit entscheiden. Der Rat wird weithin auf Vorschlag der Kommission tätig, die der eigentliche Initiator der Gemeinschaftspolitik ist. Der Rat kann die Kommission auffordern, ihm Vorschläge zu unterbreiten (vgl. Art. 152 EWGV). Die Mitglieder der Kommission werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einverständnis ernannt. Sie üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit von den Regierungen oder anderen Stellen zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaften aus (vgl. Art. 9 - 18d Fusionsvertrags). Der Rat und die Kommission ziehen einander zu Rate und regeln einvernehmlich die Art und Weise ihrer Zusammenarbeit (Art. 15d Fusionsvertrags). Die Verträge sehen vor, daß der Rat von einem Vorschlag der Kommission nur durch einstimmigen Beschluß abweichen kann (vgl. Art. 149 EWGV). Um das ordnungsgemäße Funktionieren und die Entwicklung des gemeinsamen Marktes zu gewährleisten, hat die Kommission für die Anwendung des Vertrages Sorge zu tragen, Empfehlungen und Stellungnahmen abzugeben, nach Maßgabe des Vertrages in eigener Zuständigkeit Entscheidungen zu treffen und am Zustandekommen der Handlungen des Rates und der Versammlung mitzuwirken sowie die Befugnisse auszuüben, die ihr der Rat zur Durchführung der von ihm erlassenen Vorschriften überträgt (Art. 155 EWGV).
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Die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung der Verträge sichert ein Gerichtshof (Art. 31 EGKSV, Art. 164 EWGV, Art. 136 EAGV). Neben dem Individualrechtsschutz sind ihm insbesondere die Entscheidungen über Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten wegen der Vertragsanwendung (Art. 170 EWGV), über die Rechtmäßigkeit der Handlungen und Unterlassungen der Gemeinschaftsorgane (Art. 173 - 176 EWGV) und über die Auslegung des Gemeinschaftsrechtes (Art. 177 EWGV) übertragen.
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Seit dem 1. Juni 1977 wird die Rechnungsprüfung in den Europäischen Gemeinschaften durch einen Rechnungshof wahrgenommen (Art. 78f EGKSV, Art. 206a EWGV, Art. 180a EAGV).
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3. Der Aufgabenkreis des Europäischen Parlaments insbesondere ist - ebenso wie die ihm von dem Gemeinschaftsrecht zugewiesene Rolle im Zusammenspiel der Organe der Europäischen Gemeinschaften - mit dem der Parlamente der Mitgliedstaaten nur bedingt vergleichbar. Im Vordergrund steht die Ausübung der dem Europäischen Parlament in dem jeweiligen Vertrag verbürgten Beratungsbefugnisse und Kontrollbefugnisse (Art. 20 EGKSV, Art. 137 EWGV, Art. 107 EAGV). Als weitere Aufgaben und Rechte sind in den Verträgen die Erörterung des Gesamtberichtes der Kommission (Art. 24 Abs. 1 EGKSV, Art. 143 EWGV, Art. 113 EAGV) sowie die rechtliche Möglichkeit, wegen der Tätigkeit der Kommission ein Mißtrauensvotum zu beschließen, eingehender geregelt (Art. 24 Abs. 2 u 3 EGKSV, Art. 144 EWGV, Art. 114 EAGV). Dagegen sind von den klassischen Aufgaben der Parlamente, die sich im parlamentarischen Regierungssystem herausgebildet haben, das Recht, die Regierung auszuwählen, und die gesetzgeberischen Funktionen nur in ersten Ansätzen vorhanden.
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a) Das Europäische Parlament hat keinen Einfluß auf die Bestellung und Abberufung des politischen Entscheidungsorgans Rat. Auch die Ernennung der Mitglieder der Kommission erfolgt gemäß Art. 11 des Fusionsvertrags ohne Beteiligung des Parlaments einvernehmlich durch die Regierungen der Mitgliedstaaten. Ein erster Ansatz, der es dem Europäischen Parlament ermöglicht, zu der Besetzung von Gemeinschaftsorganen Stellung zu nehmen, findet sich allerdings in den am 1. Juni 1977 in Kraft getretenen Bestimmungen über den Rechnungshof, nach denen die Mitglieder des Rechnungshofes vom Rat nach Anhörung der Versammlung einstimmig auf sechs Jahre ernannt werden (Art. 78e § 4 EGKSV, Art. 206 Abs. 4 EWGV, Art. 180 Abs. 4 EAGV).
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b) Eine Initiativbefugnis zur Rechtsetzung hat das Europäische Parlament nur bezüglich seiner Selbstorganisation (vgl. Art. 138 Abs. 3 EWGV, Art. 21 Abs. 3 EGKSV, Art. 108 Abs. 3 EAGV sowie Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 des Akts). In den übrigen Fällen ist das Europäische Parlament am Gesetzgebungsverfahren durch umfangreiche Beratungsbefugnisse beteiligt. Diese werden in Art. 137 EWGV und Art. 107 EAGV besonders hervorgehoben. Ausdrücklich vorgesehen ist die Konsultation in 22 Artikeln der Verträge Über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und in 11 Artikeln über die Europäische Atomgemeinschaft. Die Beratungsbefugnisse des Europäischen Parlaments haben sich im Laufe der Zeit erweitert und verstärkt. So hat sich die Kommission bereit erklärt, die Anhörung des Parlaments auch auf dem Kohlesektor und Stahlsektor auf alle wichtigen Beschlüsse auszudehnen. Der Rat holt häufig auch dann die Stellungnahme des Europäischen Parlaments ein, wenn er nicht dazu verpflichtet ist. Auch beim Abschluß internationaler Abkommen hört der Rat das Europäische Parlament über die vertraglichen Regelungen (zB §§ 228, 238 EWGV) hinaus rechtzeitig an. Nach einer Entschließung der Staatschefs und Regierungschefs vom 18. Juli 1961 wird das Europäische Parlament ferner an den Beratungen in dem Bereich des Unterrichtswesens, der Kultur und der Forschung beteiligt (vgl. die Erklärung der Konferenz der Staatschefs bzw Regierungschefs der sechs Mitgliedstaaten der EWG in B. vom 18. Juli 1961 über die Verstärkung der europäischen Zusammenarbeit). Vorläufiger Abschluß dieser Entwicklung ist ein Konzertierungsverfahren zwischen Rat, Kommission und Europäischem Parlament, das auf die gemeinschaftlichen Rechtsakte von allgemeiner Tragweite angewandt werden kann, die ins Gewicht fallende finanzielle Auswirkungen haben und deren Erlaß nicht schon aufgrund früherer Rechtsakte geboten ist (vgl. dazu im einzelnen die gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vom 4. März 1977, Abl EurGem 1975 Nr. C 89/1). Das Konzertierungsverfahren zielt auf Einigung zwischen Parlament und Rat unter Mithilfe der Kommission, wenn auch hier dem Rat das letzte Wort vorbehalten ist.
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Bleibt dem Europäischen Parlament nach alledem im Rahmen seiner beratenden Tätigkeit auch eine echte Mitentscheidung versagt, so kommt dieser doch für das Funktionieren und die Fortentwicklung der Europäischen Gemeinschaften eine große praktische Bedeutung zu; sie erweist sich etwa daran, daß die vom Europäischen Parlament beschlossenen Änderungsvorschläge in den meisten Fällen von der Kommission übernommen werden (vgl. dazu Klepsch-Reister, Der europäische Abgeordnete, 1978 S. 87).
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c) Das Europäische Parlament verfügt zwar nicht über das Budgetrecht im klassischen Sinne, es hat jedoch im Laufe der Zeit in diesem Bereich echte Mitentscheidungsrechte erlangt. Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl sah noch keine unmittelbare parlamentarische Mitwirkung an der Beschlußfassung über den Haushalt vor. Die Römischen Verträge und der Fusionsvertrag räumten dem Europäischen Parlament bereits das Recht zur Beratung des Haushalts und zur Vorlage von Änderungsvorschlägen ein. Durch den Vertrag vom 22. April 1970 (BGBl. II S. 1281) und den Vertrag vom 22. Juli 1975 (BGBl. 1976 II S. 1326) sind dem Europäischen Parlament nunmehr echte Änderungsbefugnisse eingeräumt worden. In das Haushaltsbewilligungsrecht teilen sich in einem komplizierten Verfahren Rat und Versammlung (Art. 78 EGKSV, Art. 203 EWGV, Art. 177 EAGV). Etwas vereinfacht ausgedrückt steht dem Rat das Letztentscheidungsrecht bei den obligatorischen Ausgaben zu, während das Parlament im Rahmen gewisser Höchstbeträge - gegebenenfalls mit qualifizierter Mehrheit - das Letztentscheidungsrecht für die Ausgaben hat, die sich nicht zwingend aus dem Vertrag oder aus aufgrund des Vertrages erlassenen Rechtsakten ergeben. Bei Vorliegen wichtiger Gründe kann die Versammlung den Entwurf des Haushaltsplanes mit qualifizierter Mehrheit ablehnen und den Entwurf eines neuen Haushaltsplanes verlangen (vgl. Art. 78 § 8 EGKSV, Art. 203 Abs. 8 EWGV, Art. 177 Abs. 8 EAGV). Sie kann auch die Entlastung für die Ausführung des Haushaltsplanes verweigern (Art. 78g EGKSV, Art. 206b EWGV, Art. 180b EAGV). Schließlich hat sie die Möglichkeit, den Rechnungshof aufzufordern, Stellungnahmen zu besonderen Fragen abzugeben (Art. 78f § 4 EGKSV, Art. 206a Abs. 4 EWGV, Art. 180a Abs. 4 EAGV).
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d) Dem Europäischen Parlament steht ferner ein umfangreiches Instrumentarium an Kontrollrechten zur Verfügung, das ihm eine wirksame Kontrolle der Kommission ermöglicht. Ausdrücklich in den Verträgen geregelt sind: Die schriftliche oder mündliche Beantwortung von Fragen der Versammlung oder ihrer Mitglieder (zB Art. 140 Abs. 3 EWGV), die Diskussion des jährlichen Gesamtberichtes, des Sozialberichtes und des Haushaltsberichtes (zB Art. 143, 122, 205a EWGV) sowie die Entlastung für die Haushaltsführung (zB Art. 206b EWGV). Diese Kontrollmöglichkeiten haben sich im Laufe der Zeit verstärkt. Die Mitglieder der Kommission nehmen regelmäßig an den Sitzungen des Parlaments und seiner Ausschüsse teil und beantworten Fragen der europäischen Abgeordneten. Obwohl das Mißtrauensvotum des Art. 144 EWGV wegen des fehlenden Investiturrechtes bislang keine größere Bedeutung erlangt hat, übt das Europäische Parlament auf anderem Wege eine umfassende und wirksame Kontrolle der gesamten Tätigkeit der Kommission aus. Neben die nachträgliche Kontrolle durch die Erörterung des Gesamtberichtes ist mehr und mehr eine begleitende Kontrolle durch das parlamentarische Interpellationsrecht getreten. Zu der Verfeinerung der Fragetechniken im Plenum ist die Kontrolle der Kommission in den Ausschüssen hinzugekommen, die das gesamte Verhalten der Kommission überprüfen. Die Kommission hat sich am 30. Mai 1973 gegenüber dem Parlament verpflichtet, ihre Haltung zu den Entschließungen des Parlaments vor dem Plenum zu erläutern (Mitteilung der Kommission vom 30. Mai 1973, abgedruckt bei Bieber, Organe der erweiterten Europäischen Gemeinschaften: Das Parlament, [1974] S. 185 - 195). Die Kontrollmöglichkeiten im Zusammenhang mit den erweiterten Haushaltsbefugnissen und die mögliche Unterstützung des Europäischen Parlaments durch einen Rechnungshof bieten zusätzliche Möglichkeiten einer wirksamen Überwachung. In diesem Zusammenhang gehört auch das Petitionsrecht, das das Parlament in Art. 48 seiner Geschäftsordnung statuiert hat. Die schriftlichen Antworten auf Anfragen und die Parlamentsdebatten werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht, so daß sie jedermann zugänglich sind. Diese Publizität erweist sich gegenüber den übrigen Organen der Europäischen Gemeinschaften als sehr wirkungsvoll (vgl. zu alledem Klepsch-Reister, a.a.O., S. 82 ff.; Bieber in: Beutler-Bieber-Pipkorn-Streil, Die Europäische Gemeinschaft - Rechtsordnung und Politik -, 1979, S. 98 ff.).
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Das Europäische Parlament steht ferner in engem Kontakt mit dem Rat. Nach Art. 140 Abs. 4 EWGV wird der Rat nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung von der Versammlung jederzeit gehört. Daraus hat sich die Übung entwickelt, daß ein Vertreter des Rates bei den Sitzungen des Parlaments anwesend ist. Überdies hat sich der Rat im Jahre 1973 verpflichtet, auch seinerseits parlamentarische Anfragen zu beantworten (vgl. dazu den Vermerk für das Europäische Parlament vom 16. Oktober 1973 - abgedruckt bei Bieber, a.a.O., S. 197 - 200).
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e) Schließlich nimmt das Europäische Parlament als Vertretung der Völker eine wichtige politische Integrationsfunktion wahr. Es verabschiedet auch außerhalb der ihm ausdrücklich eingeräumten Befugnisse Stellungnahmen an den Rat und die Kommission und übt dadurch auf die Willensbildung dieser Organe einen faktisch nicht unerheblichen Einfluß aus.
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4. Die Organisation und Arbeitsweise des Europäischen Parlaments unterscheidet sich nicht wesentlich von derjenigen der nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten.
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a) Die Parlamentsarbeit wird weitgehend in den Ausschüssen geleistet, die bei den Konsultationen der Versammlung im Rechtsetzungsverfahren eine zentrale Rolle spielen. Daneben gibt es Unterausschüsse, ständige Delegationen und Arbeitsgruppen. Die Geschäftsordnung schreibt vor, daß bei der Besetzung der Ausschüsse der gerechten Vertretung nach Mitgliedstaaten und politischen Richtungen Rechnung zu tragen ist (Art. 37 Ziff 2 GeschO). Die Ausschüsse arbeiten nach dem Berichterstattersystem (vgl. Art. 42 GeschO). Ihre Sitzungen sind - vorbehaltlich einer anderweitigen Beschlußfassung des jeweiligen Ausschusses - nicht öffentlich (Art. 40 GeschO). Die Ausschüsse können auch Sachverständige oder sonstige Personen zur Anhörung laden (Art. 40 Ziff 2 Abs. 3 GeschO).
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b) Die Abgeordneten haben sich von Anfang an nicht in nationalen Delegationen, sondern in parteipolitisch orientierten Fraktionen zusammengeschlossen. Die Mindeststärke einer Fraktion beträgt bislang grundsätzlich 14 Abgeordnete. Sie verringert sich auf 10 Abgeordnete, wenn diese aus mindestens drei verschiedenen Mitgliedstaaten stammen (Art. 36 Ziff 5 GeschO). Die Fraktionen haben in der Praxis mehr und mehr an Bedeutung gewonnen. Sie bereiten die Maßnahmen der Versammlung vor und nehmen zu ihnen Stellung. Bei jedem Tagesordnungspunkt kommen zunächst die Sprecher der Fraktionen zu Wort. Zwar verfügen auch die fraktionslosen Abgeordneten über zahlreiche parlamentarische Rechte. Insbesondere kann jedes Mitglied der Versammlung Änderungsvorschläge zum Entwurf des Haushaltsplanes einreichen (Art. 23a GeschO), zu Fragen, die den Tätigkeitsbereich der Gemeinschaft betreffen, einen Entschließungsantrag einbringen (Art. 25 GeschO), im Parlament das Wort ergreifen (Art. 28 Ziff 2 Buchstabe c GeschO) und Änderungsanträge stellen (Art. 29 GeschO) sowie an die Kommission, den Rat oder die Konferenz der Außenminister Fragen mit dem Ersuchen um schriftliche Beantwortung richten (Art. 45 GeschO). Ihr faktischer Einfluß auf die Willensbildung des Europäischen Parlaments ist indes gering.
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III.
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Der dem Europäischen Parlament im Verfassungsgefüge der Europäischen Gemeinschaften zugewiesene Aufgabenkreis und die ihm auf dem Wege zu "einem immer engeren Zusammenschluß der europäischen Völker" zugedachte Rolle erfordern ein handlungsfähiges Organ. Das Europäische Parlament kann die ihm gestellten Aufgaben nur dann wirksam bewältigen, wenn es durch eine, den vielschichtigen Spezialmaterien angemessene, interne Arbeitsteilung allen seinen Mitgliedern die notwendige Sachkenntnis verschafft und zu einer überzeugenden Mehrheitsbildung in der Lage ist. Beides kann gefährdet werden, wenn die durch die große Zahl der Mitgliedstaaten ohnehin nicht vermeidbare Aufgliederung des Parlaments in viele Gruppen ein Ausmaß annimmt, das dessen Funktionsfähigkeit ernsthaft in Frage stellt. Dies ist ein zwingender Grund, der Vorkehrungen gegen eine übermäßige Parteienzersplitterung zu rechtfertigen vermag. Das ergibt sich im einzelnen aus folgenden Erwägungen.
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1. Die Arbeitsfähigkeit eines so heterogen zusammengesetzten Parlaments wie der Versammlung hängt in noch stärkerem Maße als bei einem nationalen Parlament von dem Vorhandensein großer, durch gemeinsame politische Zielsetzungen verbundener Gruppen von Abgeordneten ab.
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Das Europäische Parlament ist die Vertretung der Völker der in den Gemeinschaften zusammengeschlossenen Staaten (Art. 20 EGKSV, Art. 137 EWGV, Art. 107 EAGV). Es hat als Gegenspieler der von den Regierungen der Mitgliedstaaten berufenen Kommission deren weitverzweigte Tätigkeiten zu kontrollieren. Das Gemeinschaftsrecht enthält und verlangt in großem Maße wirtschaftliche Spezialreglungen und Detailregelungen, deren abgewogene Beurteilung besondere Sachkunde erfordert. Hier sind der Rat und die Kommission mit den ihnen zur Verfügung stehenden umfangreichen Verwaltungsapparaten ohnehin im Vorteil. Gerade deshalb ist es besonders notwendig, durch ein arbeitsfähiges Parlament ein Gegengewicht zu schaffen, das dieser Aufgabe gewachsen ist.
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Schon unter diesem Blickpunkt erweisen sich Vorkehrungen, die wie die in das Europawahlgesetz aufgenommene 5vH-Sperrklausel darauf abzielen, den Einzug einer Gruppe von weniger als fünf Abgeordneten in die Versammlung zu verhindern, als sachlich gerechtfertigt und zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments zwingend geboten. Denn eine lediglich aus vier oder weniger Abgeordneten bestehende Gruppe vermag den vielfältigen Anforderungen, die die Parlamentsarbeit an sie stellt, schwerlich in umfassender Weise zu genügen. Zwar kann auch ein einzelner Abgeordneter durch sein Fragerecht zu einer effektiven Kontrolle der Kommission beitragen. Er wird jedoch in der Mehrzahl der Fälle allein oder in einer relativ kleinen Gruppe überfordert sein. Eine solch kleine Gruppe wäre kaum in der Lage, die zahlreichen Maßnahmen der Europäischen Gemeinschaften in ihrem vielschichtigen und weiträumigen Tätigkeitsbereich zu verfolgen und kritisch zu beurteilen; sie wäre damit außerstande, in einer dem Ineinandergreifen der vielfältigen Aktivitäten gerecht werdenden Weise ihren Teil zur Kontrolle eines so hochqualifizierten und großen bürokratischen Apparates wie der Kommission beizutragen. Eine solche Kontrolle ist wirksam nur möglich, wenn sie arbeitsteilig erfolgt und eine größere Organisation den einzelnen Abgeordneten unterstützt. Entsprechendes gilt für die Mitwirkung der Versammlung im Gesetzgebungsverfahren und bei der Verabschiedung des Haushalts.
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2. Dem Europäischen Parlament kommt ferner für die weitere Integration der durch die Europäischen Gemeinschaften verbundenen Mitgliedstaaten - insbesondere durch Ergänzung des Gemeinschaftsrechts (vgl. Art. 235 EWGV, Art. 203 EAGV) oder Vertragsänderungen (vgl. Art. 236 EWGV, Art. 204 EAGV) - eine besondere Bedeutung zu. Dem gerecht zu werden, ist nur ein Parlament in der Lage, das zu einer überzeugenden Mehrheitsbildung und damit zu einem möglichst geschlossenen Auftreten fähig ist.
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3. Im gegenwärtigen Stadium der Integration hängt ein erfolgreiches Wirken des Europäischen Parlaments noch sehr stark davon ab, daß eine enge Verbindung und Zusammenarbeit zwischen den Abgeordneten der Versammlung und den tragenden politischen Kräften ihrer Heimatländer besteht, die ihrerseits auf den Rat und die Kommission einwirken können. Die Versammlung und ihre Abgeordneten bedürfen sowohl bei der Diskussion und Formulierung konkreter Maßnahmen wie zu deren Verwirklichung noch im besonderen Maße einer engen Verzahnung mit den die Politik der Mitgliedstaaten bestimmenden Parteien. Dazu vermögen im nationalen Bereich unbedeutende Splittergruppen, die keine unmittelbare Verbindung zu den maßgeblichen politischen Kräften ihres Herkunftslandes haben, wenig oder nichts beizutragen.
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4. Hinter diese Erwägungen, die Maßnahmen gegen eine übermäßige Parteienzersplitterung im Europäischen Parlament nicht nur nahelegen, sondern auch geboten erscheinen lassen, tritt das häufig erörterte Argument, ein möglichst homogen zusammengesetztes nationales Abgeordnetenkontingent sei erforderlich, um den deutschen Belangen und Interessen im Europäischen Parlament hinreichend Geltung zu verschaffen, an Überzeugungskraft zurück. Zwar mag es aus deutscher Sicht in manchen Fällen bedeutsam sein, daß das deutsche Abgeordnetenkontingent nicht durch unbedeutende Splittergruppen geschwächt wird. Dieser Gesichtspunkt fällt indes in Anbetracht der allgemein anerkannten Zielsetzungen des Gemeinschaftsrechts nicht entscheidend ins Gewicht.
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IV.
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Gibt es aber zwingende Gründe, die der Bundesgesetzgeber zum Anlaß nehmen durfte, einer übermäßigen Parteienzersplitterung entgegenzuwirken, so stand es ihm frei, zu entscheiden, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollte oder nicht und welche Maßnahmen zur Erreichung dieses Zieles er für angemessen erachtete. Das Grundgesetz beläßt dem Gesetzgeber auch insoweit einen Gestaltungsspielraum, der vom Bundesverfassungsgericht zu achten ist. Es kann die Bestimmungen eines Wahlgesetzes wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Wahlgleichheit nur dann für nichtig erklären, wenn die Regelung nicht an dem Ziel orientiert ist, Störungen der Funktionsfähigkeit des zu wählenden Organs zu verhindern, oder wenn sie das Maß des zur Erreichung dieses Zieles Erforderlichen überschreitet (BVerfGE 6, 84 [94]). Das ist nicht der Fall.
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1. Dafür, daß sich der Bundesgesetzgeber überhaupt dazu entschloß, im Europawahlgesetz - zu seinem Teil - Vorkehrungen gegen den Einzug von Splittergruppen in das Europäische Parlament zu treffen, sprach insbesondere der Umstand, daß auch die übrigen Mitgliedstaaten - soweit dies nicht wegen der geringen Zahl der in ihrem Bereich zu wählenden Abgeordneten entbehrlich war - bei dem Erlaß ihrer Wahlgesetze entsprechend verfahren sind. Es trifft deshalb nicht zu, daß - wie die Beschwerdeführer meinen - die angegriffene Regelung schon deshalb "völlig ungeeignet" sei, eine übermäßige Parteienzersplitterung im Europäischen Parlament zu verhindern, weil sie sich nur im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auswirke. Vielmehr finden sich auch in den Wahlgesetzen der übrigen Mitgliedstaaten vergleichbare Regelungen, die den Einzug von nationalen Splittergruppen in das Europäische Parlament erschweren oder unmöglich machen.
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So hat sich der französische Gesetzgeber - abweichend vom nationalen Wahlgesetz (Code Electoral), das die absolute Mehrheitswahl vorschreibt - bei der Direktwahl des Europäischen Parlaments für die Verhältniswahl entschieden und zugleich bestimmt, daß Listen, auf die bei dieser Wahl nicht mindestens 5vH der abgegebenen Stimmen entfallen, bei der Mandatsverteilung nicht berücksichtigt werden (Art. 3 Abs. 3 des Gesetzes Nr. 77 - 729 über die Wahl der Abgeordneten zur Versammlung der Europäischen Gemeinschaften). Darüber hinaus wirkt sich das französische Wahlgesetz gegenüber Splitterparteien schon im Stadium der Wahlzulassung insofern hemmend aus, als es für jede Liste eine Kaution von 100.000 FF fordert, die verfällt, wenn nicht mindestens 5vH der abgegebenen Stimmen erreicht werden (Art. 11 Abs. 2 des Gesetzes).
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Die Gesetze der übrigen Länder für die Direktwahl des Europäischen Parlaments enthalten zwar im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland und zur Französischen Republik keine Sperrklausel. Eine solche ist indes meist deshalb entbehrlich, weil bei der Mehrzahl der übrigen Länder sich bereits faktisch eine erhebliche Sperrwirkung gegenüber Splitterparteien und kleinen politischen Gruppierungen daraus ergibt, daß die Zahl der zum Europäischen Parlament zu wählenden Abgeordneten dort geringer ist.
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So sind statistisch in Belgien im wallonischen Wahlgebiet 9vH und im flämischen Wahlgebiet 7,6vH, in Dänemark und Irland je 6,6vH, in Luxemburg 16,6vH und in Nordirland 33,3vH der Stimmen jeweils für ein Mandat erforderlich. Im übrigen haben auch diese Länder in ihren Wahlgesetzen zusätzlich Regelungen getroffen, die der Stimmenzersplitterung bereits vor der Wahl begegnen. So müssen in Dänemark Listenvorschläge zur Europawahl von Parteien, die nicht im nationalen Parlament (Folketing) vertreten sind, von einer großen Anzahl von Bürgern, die mindestens 2vH der bei der letzten Wahl zum Folketing abgegebenen Stimmen entspricht, unterzeichnet werden (§ 7 Abs. 3 des Gesetzes zur Wahl der dänischen Abgeordneten für das Europäische Parlament). In Irland wird die Möglichkeit, ins Europäische Parlament zu gelangen, zusätzlich dadurch erschwert, daß jeder Bewerber eine Kaution von 1.000 irischen Pfund zu hinterlegen hat, die nur dann zurückerstattet wird, wenn er mehr als ein Drittel der für die Wahl erforderlichen Stimmen auf sich vereinigt (§ 10 des irischen Gesetzes über die Wahlen zum Europäischen Parlament und Art. 6 Abs. 1 Erster Anhang zu diesem Gesetz).
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In den Niederlanden ergibt sich aus der Anzahl der zugewiesenen Mandate eine faktische Sperrwirkung, die statistisch bei 4vH der abgegebenen Stimmen liegt, also der 5vH-Sperrklausel sehr nahekommt. Der Parteienzersplitterung wird in den Niederlanden zudem dadurch begegnet, daß neue Parteien, die nicht in der Zweiten Kammer oder im Europäischen Parlament vertreten sind, eine Kaution in Höhe von 18.000 Gulden hinterlegen müssen. Diese Kaution wird nur dann zurückgezahlt, wenn mehr als 75vH der Wahlzahl - das sind etwa 0,3vH der abgegebenen Stimmen - für die betreffende Liste gestimmt haben (Art. 15, 38 des niederländischen Europawahlgesetzes i.V.m. Art G 14.3 des Gesetzes über die Wahl der Mitglieder der Zweiten Kammer).
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In Italien, wo es ebenfalls keine Sperrklausel gibt, genügen zwar etwa 1,23vH der abgegebenen Stimmen, um einen Sitz im Europäischen Parlament zu erringen. Hier wirkt aber der Parteienzersplitterung ganz entscheidend die Vorschrift entgegen, daß Kandidatenlisten von Parteien oder politischen Gruppierungen, die in keiner Kammer des nationalen Parlaments vertreten sind, in jedem der insgesamt fünf Wahlkreise von mindestens 30.000 Wahlberechtigten unterzeichnet sein müssen (Art. 12 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter Italiens im Europäischen Parlament). Diese Zahl liegt weit über dem in § 9 Abs. 5 EuWG für die Bundesrepublik Deutschland geforderten Unterschriftenquorum. Hier genügt es, wenn Listen für einzelne Länder von Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen, die nicht im Europäischen Parlament, im Deutschen Bundestag oder einem Landtag seit deren letzter Wahl aufgrund eigener Wahlvorschläge im Wahlgebiet ununterbrochen mit mindestens fünf Angeordneten vertreten sind, von 1vT der Wahlberechtigten des betreffenden Landes, jedoch höchstens von 2.000 Wahlberechtigten unterzeichnet sind. Gemeinsame Listen für alle Länder müssen von 4.000 Wahlberechtigten unterzeichnet werden. Dies bedeutet, daß in der Bundesrepublik Deutschland von etwa 41,6 Mio Wahlberechtigten bei einer gemeinsamen Liste für alle Länder nur etwa 0,01vH der Wahlberechtigten den Wahlvorschlag einer neuen politischen Partei oder Gruppierung unterstützen müssen. In Italien dagegen liegt die Zahl der erforderlichen Unterschriften mit insgesamt 150.000 Unterschriften - das sind etwa 0,4vH der 39,4 Mio Wahlberechtigten - fast 40 mal so hoch. Da die Größe der insgesamt fünf Wahlkreise in Italien sehr unterschiedlich ist, entfaltet das Unterschriftenquorum in den kleinen Wahlkreisen eine noch größere Sperrwirkung. Diese Sperrwirkung wird für Regionalparteien noch weiter dadurch verschärft, daß eine Unterschriftenliste nur dann gültig ist, wenn mindestens 10vH der Unterzeichner in den Wählerverzeichnissen jeder Region des Wahlkreises eingetragen sind (Art. 12 Abs. 3 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter Italiens im Europäischen Parlament).
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Abweichend von den Wahlsystemen der übrigen Mitgliedstaaten hat das Vereinigte Königreich - mit Ausnahme von Nordirland, wo ebenfalls das Verhältniswahlsystem gilt - die im nationalen Wahlrecht übliche relative Mehrheitswahl beibehalten.
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Während die Verhältniswahl darauf gerichtet ist, möglichst allen politischen Parteien - mit Ausnahme der durch Sperrklauseln, Unterschriftsquoren oder ähnliche Maßnahmen ausgeschlossenen Splittergruppen - eine verhältnismäßige Vertretung im Parlament zu gewährleisten, begünstigt die relative Mehrheitswahl das Zweiparteiensystem und wirkt deshalb in besonderem Maße hemmend gegenüber Drittparteien und Splitterparteien. Die Mehrheitswahl bewirkt nicht wie die Verhältniswahl eine weitgehend spiegelbildliche Wiedergabe der einzelnen politischen Strömungen innerhalb des Volkes im Parlament, weil die für die unterlegenen Kandidaten abgegebenen Stimmen völlig unberücksichtigt bleiben. Diese unverwerteten Stimmen halten sich bei den politischen Parteien - wie die Erfahrung im Vereinigten Königreich zeigt - keineswegs das Gleichgewicht.
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Sieht man davon ab, daß es Lokalparteien insbesondere dann, wenn in kleinen Wahlkreisen gewählt wird, in Einzelfällen gelingen kann, bei der Mehrheitswahl Mandate zu erringen, so läßt sich doch allgemein feststellen, daß es im Mehrheitswahlrecht kleinen, insbesondere neuen Parteien kaum möglich ist, in den Block der großen Parteien einzudringen. Ihr Zugang zum Parlament ist jedenfalls wesentlich stärker erschwert als dies nach dem Verhältniswahlrecht der Fall ist. Dies gilt selbst dann, wenn dort durch eine 5vH-Sperrklausel Splitterparteien der Zugang zum Parlament versperrt ist. Die Tendenz der Begünstigung großer Parteien durch das Mehrheitswahlrecht wird noch verstärkt, wenn - wie im Vereinigten Königreich - die geringe Zahl der zu wählenden Abgeordneten verhältnismäßig große Wahlkreise erzwingt. Während für das Unterhaus 635 Abgeordnete in einer entsprechenden Anzahl von Wahlkreisen zu wählen sind, mußten für die Wahl der in das Europäische Parlament zu entsendenden 81 Abgeordneten sehr große Wahlkreise gebildet werden. Deshalb haben auch Parteien, die eine starke lokale Verwurzelung aufweisen und die in einem kleineren Wahlkreis, in dem sie schwerpunktmäßig vertreten sind, ein Mandat hätten erringen können, durch den größeren Zuschnitt der Wahlkreise kaum noch ernsthafte Aussicht auf Erfolg. Kleinen, finanzschwachen politischen Parteien wird im Vereinigten Königreich die Kandidatur noch zusätzlich dadurch erschwert, daß für jeden Kandidaten eine Kaution in Höhe von 600 Pfund zu hinterlegen ist, die nur dann zurückgezahlt wird, wenn mehr als ein Achtel der abgegebenen Stimmen erreicht ist.
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Nach alledem läßt sich die Entscheidung des Bundesgesetzgebers, im Europawahlgesetz Vorkehrungen gegen den Einzug von Splittergruppen in das Europäische Parlament zu treffen, nicht mit dem Einwand in Zweifel ziehen, diese seien schon deshalb offenkundig ungeeignet, zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Europäischen Parlaments Entscheidendes beizutragen, weil es in den übrigen Mitgliedstaaten an ähnlichen Hindernissen fehle. Die Auswirkung des § 2 Abs. 6 EuWG steht vielmehr in Einklang mit vergleichbaren Erschwernissen in den Wahlgesetzen der anderen Mitgliedstaaten, die in ihrem Zusammenwirken durchaus geeignet sind, die Zersplitterung des Europäischen Parlaments wirksam einzuschränken.
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2. Wenn der Bundesgesetzgeber sich in Anbetracht dessen weiter entschloß, zu diesem Zweck die in den Wahlgesetzen des Bundes und der Länder übliche 5vH-Sperrklausel in das Europawahlgesetz zu übernehmen, so hielt er sich auch damit im Bereich seiner vom Bundesverfassungsgericht zu beachtenden Gestaltungsfreiheit. Dieser Entschluß lag um so näher, als der Bundesgesetzgeber sich bei dem Erlaß des Europawahlgesetzes auch im Übrigen in größtmöglichem Umfang an das Bundeswahlrecht angelehnt hat, das sich - seiner Auffassung nach - bei der Durchführung der Bundestagswahlen bewährt hatte, der Bevölkerung vertraut ist und von ihr als ein demokratisches Wahlverfahren anerkannt wird (vgl. dazu im einzelnen die Begründung zum Regierungsentwurf, BTDrucks 8/361 S. 11 - 13). Hinzu kommt, daß die Sperrklausel sich in diesem Bereich - was die Mindestanforderung an die auf eine Splittergruppe entfallende Anzahl von Abgeordneten anbetrifft - weniger einschneidend auswirkt als im Bundeswahlrecht. Bei den Wahlen zum Bundestag hat die 5vH-Sperrklausel zur Folge, daß bis zu 25 Abgeordneten der Einzug in den Bundestag versperrt wird. Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament ist diese Anzahl wegen der geringeren Gesamtzahl der in der Bundesrepublik Deutschland zu wählenden Abgeordneten erheblich kleiner. Die Sperrklausel verhindert hier nur, daß Splittergruppen von höchstens vier Abgeordneten in das Europäische Parlament gelangen können.
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3. Gegen die Verfassungsmäßigkeit der 5vH-Sperrklausel im Europawahlgesetz wird ferner geltend gemacht, daß von ihr nicht nur Splitterparteien betroffen würden, sondern auch deutsche Fraktionssplitter von großen europäischen Gruppierungen oder Bruderparteien (Murswiek, a.a.O., S. 52; Grabitz, Europa-Wahlrecht, S. 81; Grabitz-Meyer, Die Direktwahl zum Europäischen Parlament, NJW 1978, S. 1705 [1708]; Hrbek, Das Deutsche Wahlgesetz zum Europäischen Parlament in der Parteienkontroverse, ZParl 1978, S. 168 [178] Anm 28). Auch dieser Einwand greift jedoch im Ergebnis nicht durch.
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Das Europawahlgesetz ist ein Übergangsgesetz, das lediglich bis zur Verabschiedung eines einheitlichen Wahlgesetzes für die Europäischen Gemeinschaften in Kraft bleiben soll. Das direkt gewählte Europäische Parlament hat den Auftrag, ein solches einheitliches Wahlverfahren auszuarbeiten (vgl. Art. 138 Abs. 3 EWGV, Art. 7 Abs. 1 Direktwahlakt). Solange diese einheitliche Regelung noch aussteht, ist es Sache der Mitgliedstaaten, jeweils in ihrem Bereich die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments unter Beachtung der allgemein anerkannten Wahlrechtsgrundsätze zu regeln und dabei die Belange der zu wählenden Volksvertretung in Betracht zu ziehen. Während dieser Übergangszeit läßt sich die Gleichbehandlung aller an der Europawahl teilnehmenden politischen Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen nicht voll verwirklichen. Dies ist eine notwendige und unvermeidbare Folge der im Direktwahlakt beschlossenen Übergangsregelung. Eine vollständige Gleichbehandlung wird sich erst im Rahmen eines vom Europäischen Parlament beschlossenen und in allen Mitgliedstaaten einheitlich geltenden Wahlgesetzes erreichen lassen.
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Hinzu kommt, daß es sich bei den hier in Betracht kommenden Gruppen, die in der Bundesrepublik Deutschland unbedeutend, aber in einem oder mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaften stärker vertreten sind, jedenfalls zur Zeit und für die Zwecke der Europawahl noch um verhältnismäßig lockere Zusammenschlüsse und nicht um organisatorisch verfestigte übernationale Parteien handelt (vgl. dazu Magierea, Organisationsformen der politischen Parteien auf Gemeinschaftsebene und ihre Funktion bei der politischen Willensbildung, EuR 1978, S. 311 [312 ff.]; Gresch, Transnationale Parteienzusammenarbeit in der EG [1978], S. 77 ff.; Jüttner-Liese, Taschenbuch der Europäischen Parteien und Wahlen [1977], S. 195 ff.). Diese Gruppen hätten die Möglichkeit gehabt, sich im Hinblick auf die Europawahlen zusammenzuschließen und als einheitliche Partei in allen Mitgliedstaaten gemeinsam aufzutreten. Sie haben das indes nicht getan, sondern es im Blick auf die trotz vieler Gemeinsamkeiten weiterhin bestehenden Gegensätze vorgezogen, sich als selbständige Parteien in der Bundesrepublik Deutschland zur Wahl zu stellen.
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Die gleichen Erwägungen gelten auch für solche Parteien oder sonstige politische Vereinigungen entsprechend, die, wie die Beschwerdeführerin zu 2), Teil einer auf europäischer Ebene verhältnismäßig unbedeutenden Splittergruppe sind. Der Bundesgesetzgeber war auch unter dem Blickpunkt der Wahlrechtsgleichheit von Verfassungs wegen nicht gehalten, solche Gruppen gegenüber vergleichbaren deutschen Parteien oder sonstigen politischen Vereinigungen, die insgesamt gesehen das gleiche Gewicht haben, allein deshalb besser zu stellen, weil sie supranationalen Charakter haben.
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V.
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Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
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