BVerfGE 62, 169 - Devisenbewirtschaftung | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: A. Tschentscher, Marcel Schröer | |||
Beschluß |
des Ersten Senats vom 3. November 1982 |
-- 1 BvR 210/79 -- |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Frau W... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt R. v. Wedel, Schellendorffstraße 5, Berlin 33 - a) unmittelbar gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1978 - BVerwG 1 C 47.74 - und die vorangegangenen Entscheidungen, b) mittelbar gegen das Gesetz Nr. 53 der amerikanischen und der britischen Militärregierung über die Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs in der am 19. September 1949 in Kraft getretenen Fassung. |
Entscheidungsformel: |
I. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 1978 -- BVerwG 1 C 47.74 -- und das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein vom 21. August 1974 -- VII OVG A 49/73 -- verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 14 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Sie werden aufgehoben. Das Verfahren wird an das Oberverwaltungsgericht für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein zurückverwiesen. |
II. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, daß die Deutsche Bundesbank unter Berufung auf besatzungsrechtliche Vorschriften in der DDR lebenden Deutschen die freie Verfügung über deren Konten in der Bundesrepublik Deutschland für Zwecke des nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs untersagt.
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I. | |
Unter nichtkommerziellem Zahlungsverkehr wird der Teil des innerdeutschen Zahlungsverkehrs verstanden, der nicht dem innerdeutschen Handel zuzuordnen ist. Dieser wurde durch das Abkommen über den Handel zwischen den Währungsgebieten der Deutschen Mark (DM-West) und den Währungsgebieten der Deutschen Mark der Deutschen Notenbank (DM-Ost) vom 20. September 1951 (Berliner Abkommen) geregelt; heute gilt das Abkommen in der Fassung der Vereinbarung vom 16. August 1960 (BAnz. Nr. 32 vom 15. Februar 1961) mit späteren Änderungen.
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Für den nichtkommerziellen Zahlungsverkehr gelten auch heute noch die alliierten Devisenbewirtschaftungsgesetze (Gesetz Nr. 53 der amerikanischen und der britischen Militärregierung über die Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs in der am 19. September 1949 in Kraft getretenen Fassung -- im folgenden MRG 53 -; Verordnung Nr. 235 des Französischen Hohen Kommissars in Deutschland über die Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs vom 18. September 1949, vgl. BVerfGE 12, 281). Diese unterwerfen solchen Zahlungsverkehr folgenden Beschränkungen:
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Art. 1 MRG 53 Verbotene Geschäfte | 4 |
1. Vorbehaltlich einer von der Militärregierung oder von einer von ihr bestimmten Stelle erteilten Ermächtigung sind alle Geschäfte verboten, die zum Gegenstande haben oder sich beziehen auf: (a)-(b) ... (c) im Gebiet befindliche Vermögenswerte, die unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise, im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen außerhalb des Gebiets stehen; (d)-(h) ... | 5 |
2. ...
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Für die Zwecke dieses Gesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen: (a) ... (b) "Geschäfte" bedeuten Erwerb, Einfuhr, Leihe oder Empfangnahme gegen oder ohne Entgelt, Überweisung, Verkauf, Vermietung, Verpachtung, Übertragung, Verbringung, Ausfuhr, Belastung, Verpfändung oder sonstige Verfügung, Zahlung, Rückzahlung, Darlehen, Übernahme von Sicherheitsleistungen oder jedes andere Geschäft mit den in diesem Gesetz bezeichneten Vermögenswerten; (c) "Vermögenswerte" umfaßt alle Vermögenswerte und darauf bezügliche Rechte jeder Art, einschließlich aller Devisenwerte; (d)-(f) ... (g) die Bezeichnung "Gebiet" umfaßt die Länder Bayern, Bremen, Hessen, Württemberg-Baden, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern, Baden, Hansestadt Hamburg, in ihrem Gebietsstand am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes; (h)-(i) ... | 8 |
Die Durchführung des MRG 53 im Bereich des Zahlungs- und Kapitalverkehrs wurde der Bank Deutscher Länder übertragen; deren Befugnisse sind auf die Deutsche Bundesbank übergegangen.
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Für Bewohner der DDR besteht hiernach hinsichtlich ihrer im Bundesgebiet belegenen Vermögenswerte eine unter Genehmigungsvorbehalt stehende Verfügungssperre. Das MRG 53 enthält selbst keine Bestimmungen darüber, wann Befreiungen von dem Verbot des Art. 1 Nr. 1 Buchst. c MRG 53 erteilt werden können. Die Deutsche Bundesbank hat für bestimmte unter das Verbot des MRG 53 fallende Geschäfte Allgemeine Genehmigungen erteilt; im übrigen muß bei ihr jeweils eine Einzelgenehmigung beantragt werden. Für den Transfer von Guthaben und Zahlungen aus dem Bundesgebiet in die DDR erteilt sei Genehmigungen entsprechend den Sperrguthaben- und Unterhaltsvereinbarungen mit der DDR vom 25. April 1974 (BGBl. II S. 624) und dem Zusatzprotokoll vom 16. November 1978 (BGBl. 1979 II S. 46).
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Über den GENEX-Geschenkdienst bestehen keine vertraglichen Vereinbarungen. Die GENEX-Geschenkdienst GmbH in Berlin (Ost) ist eine Verkaufsgesellschaft der DDR. Über sie können DDR-Waren oder von der DDR importierte Waren gekauft werden, die als Geschenke an Bewohner der DDR geliefert werden sollen. Die Bezahlung erfolgt in freier Währung auf Konten von Agenturen der DDR im westlichen Ausland.
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Die Deutsche Bundesbank genehmigt Bewohnern der DDR Verfügungen über Sperrguthaben zugunsten solcher GENEX-Geschäfte nur in Härtefällen. Dies geschah früher nach Prüfung des Einzelfalles. Als Voraussetzung eines Härtefalles wurde ein dringender persönlicher Bedarf angesehen. Diese Praxis wurde seit dem 1. Juli 1979 durch eine pauschalierte Härteregelung abgelöst; Genehmigungen werden jetzt grundsätzlich dann erteilt, wenn die über die Firma GENEX bestellten Gegenstände für den persönlichen Gebrauch oder Verbrauch des Sperrkontoinhabers oder seiner nahen Familienangehörigen bestimmt sind. Während bisher Sperrkonteninhaber aus der DDR bei Vorliegen eines Härtefalles jährlich bis zu 15 000 DM an die Firma GENEX leisten durften, ist nach der Neuregelung die jährliche Pauschale auf 5 000 DM begrenzt. Für den Kauf eines Personenwagens erteilt die Deutsche Bundesbank Genehmigungen im Vorgriff auf die Pauschalen der beiden folgenden Jahre, also bis zu einem Höchstbetrag von 15 000 DM.
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Auf Konten des GENEX-Geschenkdienstes wurden im Jahre 1980 zu Lasten der Sperrguthaben von Bürgern der DDR nach Angaben der Deutschen Bundesbank etwa 30 Millionen DM gezahlt. Der Gesamtumfang der Sperrkonten von Bürgern der DDR in der Bundesrepublik wird von dem Prozeßbevollmächtigten der Beschwerdeführerin auf etwa 100 Millionen DM geschätzt.
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II. | |
1. Die in der DDR lebende Beschwerdeführerin ist durch Erbgang Inhaberin eines in Grasleben (Kreis Helmstedt) geführten Sparkontos über 6 354,44 DM (Stand vom 15. März 1972) geworden. Ihren im September 1971 gestellten Antrag auf Erteilung der devisenrechtlichen Genehmigung für die Zahlung von 4 749 DM von ihrem Konto an eine Firma in Kopenhagen zum Erwerb eines in der DDR hergestellten Personenkraftwagens sowie der Fahrerlaubnis der Klasse IV über die GENEX-Geschenkdienst GmbH in Berlin (Ost) lehnte die Deutsche Bundesbank ab, weil ein Härtefall nicht vorliege.
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a) Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht im wesentlichen mit der Begründung ab, daß auf dem Gebiet des nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs ein Zustand andauere, der eine voll verfassungsgemäße Regelung ausschließe. Bei einer Regelung müßten auch die Interessen der Bürger der Bundesrepublik Deutschland beachtet werden. Der Eingriff in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin beruhe auf einer Norm, die angesichts der besonderen Umstände als genügend bestimmt anzusehen sei. Er sei zumutbar und durch den devisenpolitischen Zweck der Regelung gerechtfertigt.
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Die Berufung der Beschwerdeführerin wurde vom Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen: die Regelung des Art. I MRG 53 sei durch ihren Zweck, die Kontrolle des Devisenverkehrs, gerechtfertigt. Sie sei auch hinreichend bestimmt, zumal jede Ermessensausübung der Verwaltung an den Gesetzeszweck gebunden sei und ein Rechtsanspruch auf Genehmigung bestehe, wenn der Schutzzweck des Gesetzes nicht beeinträchtigt werde. Die Regelung sei geboten, weil auf dem Gebiet des nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR gleichartige Grundsätze für die Deutschen in beiden Staaten angewendet werden müßten; zu einer entsprechenden Vereinbarung sei es aber bisher nicht gekommen.
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b) Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision zurückgewiesen. Eine Verpflichtung des Bundesgesetzgebers zur Anpassung der besatzungsrechtlichen Vorschriften bestehe nicht, weil der gegenwärtige Zustand nicht verfassungswidrig sei. Art. I Nr. 1 Buchst. c MRG 53 sei weder zu unklar noch zu unbestimmt; sein Zweck ergebe sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem systematischen Zusammenhang, in dem das Verbot der von der Norm erfaßten Geschäfte zu den dort vorbehaltenen Ermächtigungen stehe. Die Vornahme solcher Geschäfte müsse durch besondere Gründe gerechtfertigt sein. Ausnahmen von dem Verbot dürften nur in atypischen Fällen zugelassen werden. Bei einer näheren Festlegung von tatbestandlichen Voraussetzungen könnte den besonderen Umständen des Einzelfalles nicht angemessen Rechnung getragen werden.
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Die Nichtaufhebung der besatzungsrechtlichen Verfügungsbeschränkungen stehe mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang. Die durch Art. I Nr. 1 Buchst. c MRG 53 angeordneten Verbote mit Erlaubnisvorbehalt hätten die erforderliche, bei Erlaß des Besatzungsrechts jedoch anders nicht durchführbare Überwachung des Devisenverkehrs und die Kontrolle des Güterverkehrs ermöglichen und sichern sollen. Hinsichtlich des innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs bestünden die einer anderweitigen endgültigen Regelung entgegenstehenden Hindernisse fort. Durch die vorläufige Verfügungssperre sei der Bundesrepublik Deutschland der für die erforderliche Neuregelung nötige Entscheidungsraum offengehalten worden.
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Die Frage des innerdeutschen nichtkommerziellen Guthabentransfers müsse als Ganzes unter Einbeziehung aller Betroffenen -- der Deutschen in der DDR wie der Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland -- gelöst werden. Dies bedeute, daß der Guthabentransfer in die DDR nicht losgelöst von den Rechtspositionen geregelt werden könne, welche die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Inhaber von in der DDR belegenen Guthaben nach dem Recht der DDR innehätten. Die Bundesrepublik Deutschland sei für eine umfassende Regelung auf Vereinbarungen mit der DDR und, soweit Rechtspositionen in Berlin (West) betroffen seien, auch auf entsprechende Vereinbarungen mit den hierfür zuständigen Stellen in Berlin (West) und den alliierten Schutzmächten angewiesen.
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Das Verbot des Art. I Nr. 1 Buchst. c MRG 53 diene der Devisenbewirtschaftung und der Devisenkontrolle. Es solle die aus fremden Währungsgebieten in das Währungsgebiet der Deutschen Mark hineinwirkenden Verfügungen über hier belegene Vermögenswerte verhindern. Die von der Klägerin beabsichtigte Verfügung würde einen entsprechenden Betrag der erforderlichen Neuordnung des nichtkommerziellen innerdeutschen Guthabentransfers entziehen und dadurch den Schutzzweck des Gesetzes beeinträchtigen.
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2. Wegen der bisher entstandenen und der Beschwerdeführerin auferlegten Prozeßkosten in Höhe von 1 644,12 DM hat die Deutsche Bundesbank eine Pfändungsverfügung in das in der Bundesrepublik Deutschland belegene Sparkonto erwirkt. Bei Abzug dieses Betrages reicht der verbleibende Kontobestand nach den heutigen Preisen nicht mehr aus, um den von der Beschwerdeführerin gewünschten Personenkraftwagen zu bezahlen. Im übrigen würde, bei einem ausreichenden Kontobestand, aufgrund der seit 1979 geänderten Genehmigungspraxis der Deutschen Bundesbank für Käufe über den GENEX-Geschenkdienst für die von der Beschwerdeführerin beabsichtigte Verfügung über ihr Sparkonto heute eine Genehmigung erteilt werden.
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III. | |
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1, 2, 3, 14, 16 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 und 3 GG durch die angegriffenen Entscheidungen. Die für die Gesetzgebung zuständigen Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland seien verpflichtet, bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode das MRG 53 aufzuheben, soweit es sich auf den nichtkommerziellen Zahlungsverkehr beziehe.
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Art. I MRG 53 enthalte eine vage Generalklausel, die dem Grundsatz der Normbestimmtheit widerspreche. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gehe von einem allgemeinen und unbedingten Verbot aus. Es verkenne den Sinn des Grundsatzes der Normbestimmtheit, der das Ermessen der Verwaltung begrenzen und die Rechte des Einzelnen schützen solle.
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Die Verweigerung der Genehmigung müsse die Ausnahme sein, weil grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf die Genehmigung bestehe. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hingegen könne eine Genehmigung nur in atypischen Fällen erteilt werden. Wann eine Ausnahme von der Regel anzunehmen sei, bestimme die Deutsche Bundesbank nach eigenem Ermessen. Dies verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung.
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Den alliierten Gesetzgebern sei es um die Beschlagnahme aller in irgendeiner Weise mit dem Ausland zusammenhängenden Vermögensgegenstände, insbesondere um Devisen gegangen. Damit verbunden sei die Verwaltung der Marshallplangelder und der Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft gewesen. Der Vermögensverkehr mit dem Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone habe damals allenfalls eine untergeordnete Rolle gespielt. Das Gericht unterstelle dem Gesetzgeber Absichten, die er nicht gehabt haben könne. Es verstoße jedoch gegen den Grundsatz der Normenklarheit, wenn die öffentliche Gewalt ein Gesetz je nach der politischen Situation umdeute. Der Sinn des Gesetzes dürfe nicht sein, den staatlichen Organen beliebigen Handlungsraum zu verschaffen. Da für jede vertragliche Lösung eine Mitwirkung der DDR erforderlich sei, werde die Ausübung von Grundrechten von dem politischen Ermessen einer nicht an das Grundgesetz gebundenen Instanz abhängig gemacht.
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Eine geschichtliche und rechtliche Ausnahmesituation bestehe heute nicht mehr. Es sei ein Widerspruch in sich, von einer vorläufigen Regelung zu sprechen, wenn diese über 30 Jahre gelte. Es handle sich vielmehr um eine dauernde Beschlagnahme, weil der überwiegende Teil der ursprünglich Berechtigten auf Lebenszeit von der Verfügung über ihr Eigentum ausgeschlossen sei. Hierin liege ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentum. Gesperrte Konten seien zudem dem Prozeß der Geldentwertung stärker ausgesetzt als frei verfügbare.
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Das Prinzip der Gegenseitigkeit könne die wenig liberale Genehmigungspraxis der Deutschen Bundesbank nicht rechtfertigen. Die Interessen der Bürger der Bundesrepublik Deutschland mit Vermögenswerten in der DDR könnten gefördert werden, ohne hierbei die Rechte der Deutschen aus der DDR als Hebel zu benutzen. Jedenfalls hätten die Grundrechte der in der DDR lebenden Deutschen keinen geringeren Rang als die der Bürger der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatsgewalt der Bundesrepublik Deutschland dürfe nicht die Grundrechte der einen Gruppe einschränken, um hierdurch die Interessen der anderen zu fördern.
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Art. I MRG 53 verletze auch Art. 3 Abs. 1 GG. Deutsche aus der DDR könnten als einzige Gruppe in der ganzen Welt nicht frei über ihr in der Bundesrepublik Deutschland belegenes Vermögen verfügen. Während sie einer restriktiven Genehmigungspraxis auch für die Inanspruchnahme des GENEX-Geschenkdienstes unterworfen seien, könnten sich Bürger der Bundesrepublik Deutschland dieser Möglichkeit für Geschenke in die DDR frei bedienen. In den angegriffenen Entscheidungen werde auf den Wohnsitz der Beschwerdeführerin in einem Gebiet abgestellt, das zum Deutschen Reich gehöre und mit der Bundesrepublik Deutschland eng verflochten sei. Die Beschwerdeführerin werde diskriminiert, weil sie in diesem Gebiet geboren sei; dies verstoße gegen Art. 3 Abs. 3 GG.
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IV. | |
1. Der Bundesminister für Wirtschaft, der sich für die Bundesregierung geäußert hat, hält die Verfassungsbeschwerde für nicht begründet.
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Daß für den nichtkommerziellen Zahlungsverkehr mit der DDR das MRG 53 fortgelte, seit trotz der langen seit seinem Erlaß verstrichenen Zeit noch nicht zu beanstanden; besondere Umstände hätten bisher eine Ersetzung des MRG 53 nicht zugelassen. Eine Neuregelung, die im übrigen weiterhin lediglich in einer allgemein gehaltenen Generalklausel bestehen könnte, hätte wegen der alliierten Vorbehaltsrechte in Berlin die Rechtseinheit zwischen Berlin (West) und dem Bundesgebiet gefährdet.
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Aufgrund der historischen Gegebenheiten und der intensiven persönlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtung der Bevölkerung in beiden Staaten Deutschlands sei eine allgemeine und umfassende vertragliche Regelung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR erforderlich; dies ergebe sich auch aus der Höhe der in Frage kommenden Beträge und der Vielzahl der Beteiligten. Diese Situation lasse es geradezu geboten erscheinen, die Ablösung des Besatzungsrechts weiter hinauszuschieben. Die Bundesregierung bemühe sich ständig, den als unbefriedigend erkannten Zustand im innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehr durch weitere Vereinbarungen mit der DDR zu verbessern.
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Gegen das in Art. I MRG 53 enthaltene Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Es verstoße nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip. Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen seien aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie aus seiner Entstehungsgeschichte unter Berücksichtigung der Besonderheiten des zu regelnden Gebietes mit hinreichender Bestimmtheit zu ermitteln. Das Gesetz solle die Währung schützen und außerdem einen geordneten Wirtschaftsverkehr unter Berücksichtigung allgemeinpolitischer berechtigter Interessen ermöglichen. Nur durch ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt sei eine wirksame Kontrolle des Kapitalverkehrs mit der DDR zu erreichen. Die Durchführung des Gesetzes entspreche den Grundsätzen rechtsstaatlichen Verwaltungshandelns und dem Gebot der Verhältnismäßigkeit.
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Bei den sich aus dem MRG 53 ergebenden Beschränkungen handle es sich um eine nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Zu vergleichen seien die Deutschen in der DDR, die Inhaber eines Kontos in der Bundesrepublik Deutschland seien, und die Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland, die ein Konto in der DDR unterhielten. Von diesen Gruppen würde die erste im Vergleich zu der zweiten nicht nur ebenso behandelt, sondern sogar erheblich besser. Eine uneingeschränkte Freigabe der Vermögenswerte von Bewohnern der DDR in der Bundesrepublik Deutschland müßte zur Konsequenz haben, daß die DDR jedes Interesse an einer Regelung über die Freigabe der Vermögenswerte von Bewohnern der Bundesrepublik Deutschland in der DDR verlieren würde. Die Genehmigungspraxis werde zudem von einer allgemeinen Tendenz zu fortschreitender Liberalisierung beherrscht.
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Die Anwendung des MRG 53 diene auch dem Schutz der Bewohner der DDR. Sie solle insbesondere verhindern, daß Konteninhaber durch Maßnahmen staatlicher Stellen der DDR unfreiwillig Vermögensverluste erlitten.
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Zwar habe das Bundesverfassungsgericht im Bereich des Sozialrechts entschieden, daß der Rentenanspruch eines im Ausland lebenden versicherten Ausländers nicht als Druckmittel dafür eingesetzt werden dürfe, daß deutschen Staatsangehörigen ihre im Ausland erworbenen Rentenansprüche auch nach Deutschland ausgezahlt würden (BVerfGE 51, 1). Dieser Sachverhalt sei aber mit dem hier zu prüfenden nicht vergleichbar. Dort habe es sich um eine starre Regelung gehandelt, die es unmöglich gemacht habe, flexibel zu reagieren. Die dort Betroffenen seien in doppelter Weise benachteiligt gewesen, und zwar einmal gegenüber deutschen Staatsangehörigen, die gewöhnlich im Ausland lebten, zum anderen im Vergleich zu Ausländern, die im Geltungsbereich des Angestelltenversicherungsgesetzes lebten. Auch berühre die angegriffene Regelung nicht die Substanz der Kontenguthaben von Deutschen in der DDR. Es gehe vielmehr nur um eine Beschränkung der Transfermöglichkeit.
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2. Die Deutsche Bundesbank (Beklagte des Ausgangsverfahrens) hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls für nicht begründet.
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Von der Entscheidung sei eine weitere, über die früheren Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 18, 353) hinausgehende Klärung verfassungsrechtlicher Fragen nicht zu erwarten. Der Beschwerdeführerin würde durch die Versagung einer Entscheidung zur Sache kein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstehen. Ein Härtefall sei bei ihr nicht gegeben, weil sie den erstrebten Kraftwagen lediglich für Besuchs- und Urlaubsfahrten benötige. Darüber hinaus könne sie nach den heute geltenden Richtlinien eine Genehmigung zum Erwerb über GENEX erhalten. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht darauf angewiesen, die für sie ungünstigen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte anzugreifen. Dabei sei die zwischenzeitlich eingetretene Reduzierung des Guthabens ohne Belang. Die Beschwerdeführerin sei selbst dafür verantwortlich, daß sie erhebliche Prozeßkosten zu tragen habe.
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Der dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 51, 1 zugrunde liegende Sachverhalt sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar. Die Kontenguthaben dienten nicht dem Lebensunterhalt, sondern verbesserten ihn allenfalls. Den Renten seien Zwangsbeiträge vorausgegangen, was für die Entstehung der Sperrguthaben nicht gelte. Die Guthaben würden dadurch, daß sie einer Kontrolle unterliegen, in ihrem Bestand nicht geschmälert. Ihre Verfügbarkeit sei lediglich hinsichtlich des Verfügungsweges kanalisiert. Die Deutsche Bundesbank habe ihre Genehmigungspraxis für Sperrguthaben nicht unerheblich gelockert.
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Das GENEX-Verfahren stelle einen vertraglich nicht geregelten unechten Transferweg dar. Die DDR sei bisher nicht bereit gewesen, das GENEX-Verfahren in eine Vereinbarung einzubeziehen, welche die Interessen von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich ihres Vermögens in der DDR berücksichtigt hätte.
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Im Rahmen der Sperrguthabenvereinbarung könnten Bürger der Bundesrepublik Deutschland insgesamt nur Guthaben in Höhe des Gesamtbetrages der von Bewohnern der DDR transferierten Sperrguthaben transferieren. Jeder Betrag, der außerhalb der Sperrguthabenvereinbarung in die DDR verbracht werde, sei für die Verrechnungsmasse verloren. Fast alle Anträge auf Genehmigung von GENEX-Käufen würden genehmigt; eine noch großzügigere Praxis würde dazu führen, daß die Bewohner der DDR jedes Interesse an der Sperrguthabenvereinbarung verlieren und so die Bewohner der Bundesrepublik Deutschland um die einzige Aussicht gebracht würden, in den Genuß ihrer Sperrguthaben in der DDR zu kommen. Bei völliger Freigabe von Sperrguthaben für GENEX-Käufe würde auch die DDR das Interesse an weiteren Vereinbarungen zur Regelung des nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs verlieren.
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B. | |
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin ist nicht dadurch entfallen, daß nach der Änderung der Genehmigungspraxis der Deutschen Bundesbank nunmehr eine Genehmigung erteilt werden könnte. Diese wäre zu versagen, weil durch die bisher entstandenen Prozeßkosten das Sperrguthaben der Beschwerdeführerin soweit gemindert würde, daß ein genügend hoher Betrag für den Erwerb des Kraftwagens nicht mehr zur Verfügung stünde. Die Verfassungsbeschwerde bleibt daher für die Beschwerdeführerin der einzige Weg, die von ihr behauptete Grundrechtsverletzung zu beseitigen (vgl. BVerfGE 33, 247 [257 f.]).
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C. | |
Die von der Beschwerdeführerin angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen verletzen sie in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.
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I. | |
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die weitere Anwendung des MRG 53 für den innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehr noch verfassungsrechtlich zulässig ist. Bei dem Gesetz handelt es sich um unmittelbares Besatzungsrecht, das das Bundesverfassungsgericht daraufhin überprüfen kann, ob der Gesetzgeber zu einer Anpassung dieses Rechts an einen voll verfassungsgemäßen Zustand verpflichtet gewesen ist (BVerfGE 15, 337 [350]). Dies war zwar nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes zunächst nicht der Fall (vgl. BVerfGE 12, 281; 18, 353). Das Gesetz ist in einer rechtlich wie politisch extrem gelagerten historischen Ausnahmesituation entstanden; deutsche Stellen hatten auf seine rechtstechnische Gestaltung keinen Einfluß (vgl. BVerfGE 18, 353 [363]). Eine in einer Ausnahmesituation hinzunehmende Regelung kann jedoch grundsätzlich nicht auf Dauer Bestand haben. Seit dem Inkrafttreten des MRG 53 sind mehr als 35 Jahre vergangen; auch der an sich zutreffende Hinweis auf die weiterhin bestehenden rechtlichen und politischen Schwierigkeiten, die einer völligen Normalisierung weiterhin im Wege stehen, kann nicht dazu führen, daß auf unabsehbare Zeit Regelungen hingenommen werden, die in einer Normalsituation unter der Herrschaft des Grundgesetzes erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen.
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2. Solche Bedenken ergeben sich zunächst hinsichtlich der Ausgestaltung des in Art. I Nr. 1 Buchst. c MRG 53 enthaltenen Verbots mit Erlaubnisvorbehalt. Die Regelung ist eine gesetzliche Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. In formeller Hinsicht hat der Gesetzgeber bei Regelungen dieser Art insbesondere zu beachten, daß Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG "durch die Gesetze" bestimmt werden. Im Blick auf die elementare freiheitssichernde Bedeutung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist er gehalten, die Voraussetzungen, unter denen der Gebrauch des Eigentums beschränkt werden darf, durch eine nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmte Ermächtigung selbst festzulegen (BVerfGE 58, 137 [146] m.w.N.). Nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und dem Gewaltenteilungsprinzip ist es zudem Aufgabe der Exekutive, Gesetze auszuführen. Hieraus ergibt sich für den Gesetzgeber die Notwendigkeit, die der staatlichen Maßnahme offenliegende Rechtssphäre selbst abzugrenzen. Das Gesetz muß die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen. Darüber hinaus gebietet bereits das Rechtsstaatsprinzip, grundrechtsrelevante Vorschriften in ihren Voraussetzungen und in ihrem Inhalt so klar zu formulieren, daß die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist und er sein Verhalten danach einrichten kann (vgl. BVerfGE 21, 73 [79]). Hält der Gesetzgeber es für erforderlich, der Ausübung von grundrechtlichen Befugnissen ein Genehmigungsverfahren vorzuschalten, so muß sich aus der Rechtsvorschrift selbst ergeben, welche Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung gegeben sein müssen und aus welchen Gründen die Genehmigung versagt werden darf (BVerfGE 52, 1 [41] m.w.N.).
| 44 |
Art. I Nr. 1 Buchst. c MRG 53 enthält jedoch selbst keine ausdrücklichen Bestimmungen über die Frage, in welchen Fällen die Behörde eine Genehmigung zu erteilen oder zu versagen hat. Die Deutsche Bundesbank, die zudem kraft ihrer verfassungsrechtlichen unabhängigen Stellung keiner Aufsicht anderer Organe der Exekutive unterliegt, ist deshalb in der Lage, in erheblichem Umfange selbst zu bestimmen, welche Kriterien sie ihrer Genehmigungspraxis zugrunde legt.
| 45 |
3. Regelungen zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums haben vor der Verfassung nicht schon deshalb Bestand, weil sie als formelles Gesetz erlassen sind; sie müssen vielmehr auch in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen (BVerfGE 52, 1 [27] m.w.N.). Eigentumsbindungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG müssen insbesondere stets verhältnismäßig sein. Sie dürfen, gemessen am sozialen Bezug und an der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts sowie im Blick auf den Regelungszweck, nicht zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer im vermögensrechtlichen Bereich unzumutbar treffen (BVerfGE 58, 137 [148] m.w.N.). Darüber hinaus müssen das Ziel der Regelung selbst und die Mittel, mit denen es verfolgt wird, mit der Verfassung in Einklang stehen.
| 46 |
Nicht alle mit dem MRG 53 verfolgten Ziele stehen mit der Verfassung in Einklang. Der Zweck des Art. I MRG 53 ist nicht ausdrücklich im Gesetz genannt. Er ergibt sich aber aus dem Gesetz und aus dem Zusammenhang, in dem es mit dem zu regelnden Lebensgebiet steht. Es ist nicht erforderlich, daß dieser Zweck mit dem ursprünglichen subjektiven Zweck des historischen Gesetzgebers übereinstimmt; es kommt vielmehr auf den objektiven Zweck des Gesetzes an. Daß ein Wandel des Gesetzeszwecks dabei stets durch einen ausdrücklichen Akt des Gesetzgebers kenntlich gemacht wird, ist nicht erforderlich.
| 47 |
a) Der ursprüngliche Zweck des MRG 53 bestand in der Erfassung aller Devisenwerte, der Beschlagnahme und Wegnahme des deutschen Auslandsvermögens sowie der Verhinderung jeglichen Verkehrs mit den Devisenwerten (Langen, Kommentar zum Devisengesetz, 3. Aufl., 1958, B, II Rdnr. 2), um dieses Vermögen zur Leistung von Reparationen sicherzustellen (H. F. Schulz, Außenwirtschaftsrecht, 1965/1966, S. 10 -- zum MRG 53 a.F. 1945). Darüber hinaus hatte das Gesetz von Anfang an den Zweck einer sinnvollen Devisenbewirtschaftung und Leitung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland (Langen, a.a.O., C, Rdnr. 1). Dies kommt schon in der Überschrift des Gesetzes zum Ausdruck (a.F.: Devisenbewirtschaftung; n.F.: Devisenbewirtschaftung und Kontrolle des Güterverkehrs). Dieser zunächst lediglich als sekundär angesehene Zweck trat mit Übergang der Verwaltungsverantwortung auf deutsche Stellen in den Vordergrund (Langen, a.a.O., C, Rdnr. 1). Das Gesetz diente nunmehr vor allem dazu, den Außenhandel wirksam zu kontrollieren, ihn zu steuern und so langsam wieder aufzubauen (vgl. BVerfGE 12, 281 [292]). Nach Ablösung des MRG 53 auf dem Gebiet des Außenhandels durch das Außenwirtschaftsgesetz galt es darüber hinaus, eine wirksame Kontrolle sowie einen Überblick über den innerdeutschen Wirtschafts- und Zahlungsverkehr zu erreichen, bedingt durch ein kompliziertes Verrechnungssystem und durch wirtschafts- und allgemeinpolitische Interessen (vgl. BVerfGE 18, 353 [362]).
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Daneben wird es als Zweck des MRG 53 angesehen, die in der DDR lebenden Konteninhaber vor Eingriffen der dortigen Behörden zu schützen.
| 49 |
Die Regelung soll zudem dazu dienen, die Wahrung des Gegenseitigkeitsprinzips im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur DDR zu ermöglichen und zu sichern. Die Durchsetzung dieses Prinzips im Interesse von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland mit Guthaben in der DDR wird auch in ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit als wesentlicher Zweck des MRG 53 anerkannt (vgl. Urteile des OVG Lüneburg vom 12. Juni 1979 -- IX OVG A 82/77 -; vom 12. Juni 1979 -- IX OVG A 6/77 -; OVG Berlin vom 4. April 1979 -- OVG I B 165.76 -- sowie die angegriffenen Entscheidungen des Ausgangsverfahrens).
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Diese Zwecke haben sich in der langjährigen Praxis zum MRG 53 herausgebildet und werden der ständigen Genehmigungspraxis der Deutschen Bundesbank zugrunde gelegt.
| 51 |
b) Die Verfolgung des Zweckes der Devisenbewirtschaftung und Devisenkontrolle ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch der Bereich des innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs bedarf eines Lenkungs- und Kontrollinstruments. Allerdings ist zweifelhaft, ob das gegenwärtige Volumen der einer Sperre unterliegenden Guthaben im innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehr, das verhältnismäßig klein ist, zur Rechtfertigung des Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt ausreicht.
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Auch der Schutz der Konteninhaber selbst vor ungerechtfertigten Eingriffen ist ein legitimer verfassungsrechtlicher Zweck, da ihnen wie jedem anderen Grundrechtsträger der Schutz des Art. 14 GG zugute kommt.
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Es verstößt jedoch gegen Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, wenn mit der Anwendung des MRG 53 das Ziel verfolgt wird, dem Prinzip der Gegenseitigkeit im Verhältnis zur DDR zum Durchbruch zu verhelfen. Das Gegenseitigkeitsprinzip selbst ist nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 30, 409 [413 f.]; 51, 1 [24]; st. Rspr.). Die Folgen, zu denen die Verfolgung einer solchen Zielsetzung führt, lassen sich aber nur rechtfertigen, wenn auch die hierfür eingesetzten Mittel angemessen sind (vgl. BVerfGE 51, 1 [24]).
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Soweit die Regelung auf den Zweck gestützt wird, Gegenseitigkeit zu erreichen, wird das Eigentumsrecht der Bürger der DDR als Druckmittel dazu benutzt, daß Bürger der Bundesrepublik Deutschland über ihre Guthaben in der DDR verfügen können. Dies gilt auch insoweit, als die Kontensperre dazu eingesetzt wird, Bürger der DDR dazu zu bewegen, den Transfer ihrer Sperrguthaben in die DDR nach Maßgabe der Sperrguthabenvereinbarung von 1978 abzuwickeln. Der Beschwerdeführerin hat dieser Weg zum Zeitpunkt ihres Antrags nicht zur Verfügung gestanden. Den betroffenen Konteninhabern wird die freie Verfügung über ihre Guthaben untersagt, und sie werden auf einen bestimmten, begrenzten Transferweg verwiesen, um Bürgern der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit zu geben, ihrerseits ihre Guthaben aus der DDR zu transferieren. Dadurch werden für die betroffenen Bürger der DDR bestimmte Verfügungsmöglichkeiten, wie der Kauf über GENEX, beschränkt.
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Das Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) darf jedoch nicht als "Faustpfand" für die berechtigten Anliegen anderer verwendet werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht schon dort festgestellt, wo außenpolitische Erwägungen die Regelungen auf einem Gebiet beeinflussen, auf welchem dem Gesetzgeber ein besonders großer Gestaltungsraum zukommt (BVerfGE 51, 1 [25]). Der Grundrechtsschutz kann in nicht geringerem Maße dort gelten, wo es um die Grundrechte deutscher Staatsangehöriger geht (vgl. BVerfGE 36, 1 [31 f.]) und wo es sich nicht um den Bereich gewährender Staatstätigkeit, sondern um einen Eingriff in bestehende grundrechtlich gesicherte Position handelt. Die Unterschiede des Sachverhalts können zu keiner anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung führen. Zwar dienen die in der Entscheidung BVerfGE 51, 1 betroffenen Renten regelmäßig der Bestreitung des Lebensunterhaltes, während die Kontenguthaben den Lebensunterhalt lediglich verbessern mögen. Das ändert jedoch nichts daran, daß den Betroffenen die Ausübung eines Rechtes zumindest erschwert wird, damit anderen zur Ausübung ihrer Rechte verholfen werden kann. Im Einzelfall ist auch möglich, daß die Kontensperre ähnlich schwerwiegende Auswirkungen auf die Lebenssituation der Betroffenen hat wie die Nichtauszahlung von Renten. Auch daß den Rentenansprüchen Beiträge vorausgegangen sind, begründet keinen wesentlichen Unterschied für die hier zu entscheidende Frage. Die Grundrechtsposition der Sperrkonteninhaber aus Art. 14 Abs. 1 GG besteht unabhängig von der Frage, auf welche zulässige Weise sie ihr Eigentum erworben haben. Zwar mag darüber hinaus zutreffen, daß den Rentenberechtigten die auf die Zeit ihres Auslandsaufenthaltes entfallenden Ansprüche verlorengingen. Auch wenn durch das angegriffene Verfügungsverbot der Bestand der Sperrguthaben nicht geschmälert wird, werden den Betroffenen jedoch wesentliche Verfügungsmöglichkeiten entzogen.
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4. Ob die dargestellten Bedenken zur Verfassungswidrigkeit der Regelung insgesamt führen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls darf Art. I MRG 53 nicht dahin ausgelegt werden, daß bei der Genehmigung von Geschäften im innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehr der Zweck zugrunde gelegt werden dürfe, das Gegenseitigkeitsprinzip durchzusetzen.
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Nach dem zu C I 1 Ausgeführten dürfen die gegen das Weitergelten des MRG 53 bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken allerdings nicht auf Dauer durch den Hinweis auf eine politisch schwierige Problemlage für unerheblich erklärt werden. Dem Gesetzgeber obliegt die Prüfung, ob die politische Lage es ermöglicht, das MRG 53 für den hier zu erörternden Anwendungsbereich aufzuheben oder durch eine andere, der Verfassung nähere Regelung zu ersetzen. Eine solche Neuregelung könnte, etwa wie das Außenwirtschaftsgesetz, an die Stelle des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt eine Regelung setzen, die nur in Einzelfällen die generell zulässige, wenn auch anzeigepflichtige Verfügung über die betroffenen Vermögenswerte aus verfassungsgemäßen Gründen, wie insbesondere der Devisenkontrolle, untersagt. Außer der Aufhebung oder Ersetzung des MRG 53 käme auch eine Genehmigungspraxis in Betracht, die nicht auf das Vorliegen eines Härtefalles abstellt, sondern die nur dann eine Einzelprüfung vorsieht, die zu einem Verfügungsverbot führen kann, wenn einer der verfassungsrechtlich zulässigen Normzwecke gefährdet wird.
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II. | |
1. Die Versagung der Genehmigung für die von der Beschwerdeführerin angestrebte Verfügung kann danach keinen Bestand haben. Sie findet ihren Grund nicht in Erfordernissen der Devisenkontrolle und Devisenbewirtschaftung. Der fragliche Betrag ist gering und führt auch nach der seit 1979 geltenden Genehmigungspraxis nicht mehr zur Ablehnung solcher Anträge. Auch der Gesichtspunkt des Schutzes der Konteninhaber vor einem Druck der Behörden der DDR scheidet hier ersichtlich aus. Soweit die Versagung der Genehmigung mit der Notwendigkeit begründet wird, das Gegenseitigkeitsprinzip im Verhältnis zur DDR durchzusetzen, ist dies nach dem oben unter C I 3 Ausgeführten verfassungsrechtlich unzulässig. Es ist der Beschwerdeführerin nicht zuzumuten, auf die Ausübung ihres Grundrechtes aus Art. 14 Abs. 1 GG deshalb zu verzichten, weil andere Grundrechtsträger ebenfalls nicht in der Lage sind, über ihr Eigentum frei zu verfügen.
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Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auf einer Auslegung des Art. I Nr. 1 Buchst. c MRG 53, die mit Art. 14 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht in Einklang steht. Zwar haben sie auch andere Zwecke des MRG 53, wie die Devisenbewirtschaftung und Devisenkontrolle, angeführt; sie stellen jedoch maßgeblich auf die Durchsetzung des Gegenseitigkeitsprinzips als Zweck des MRG 53 im Bereich des innerdeutschen nichtkommerziellen Zahlungsverkehrs ab. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die angegriffenen Entscheidungen anders gelautet hätten, wenn die Gerichte erkannt hätten, daß es verfassungsrechtlich unzulässig ist, die Ausübung des Grundrechts der Beschwerdeführerin vornehmlich davon abhängig zu machen, daß andere deutsche Staatsangehörige ihre entsprechenden rechte ebenfalls wahrnehmen können.
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2. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG
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Benda Simon Faller Hesse Katzenstein Niemeyer Heußner. | |
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