1. Um die bundesstaatliche Finanzverfassung wie auch die Budgethoheit des Parlaments vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes der Steuerpflichtigen im Blick auf die Belastungsgleichheit Rechnung zu tragen, ist eine Sonderabgabe nur in engen verfassungsrechtlichen Grenzen zulässig; sie muß deshalb eine seltene Ausnahme bleiben.
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2. Die Ausgleichsabgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz (sog. Kohlepfennig) ist nicht als Sonderabgabe zu rechtfertigen, weil sie eine Allgemeinheit von Stromverbrauchern belastet, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Aufgabe trifft, den Steinkohleneinsatz bei der Stromerzeugung zu sichern.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 11. Oktober 1994
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-- 2 BvR 633/86 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn K... gegen das Urteil des Amtsgerichts Moers vom 28. April 1986 - 6 C 757/85 -.
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Entscheidungsformel:
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1. Das Gesetz über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) ist in der der Bekanntmachung vom 17. November 1980 (Bundesgesetzbl. Teil I Seite 2137) zugrundeliegenden Fassung - mit Ausnahme der § 12, § 13 Absatz 1 Nummer 5, Absätze 2 bis 4 und 6 bis 9, § 15 und § 17 - mit Artikel 74 Nummer 11 in Verbindung mit Artikel 72, Artikel 105 und Artikel 110 des Grundgesetzes unvereinbar.
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2. Das Urteil des Amtsgerichts Moers vom 28. April 1986 - 6 C 757/85 - verletzt den Beschwerdeführer insoweit in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 74 Nummer 11, Artikel 72, Artikel 105 und Artikel 110 des Grundgesetzes, als dieser zur Zahlung der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz und der darauf entfallenden Umsatzsteuer verurteilt wird. Das Urteil wird insoweit und im Kostenausspruch aufgehoben; die Sache wird an das Amtsgericht Moers zurückverwiesen. Im übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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4. Soweit das Dritte Verstromungsgesetz in dem unter Ziffer 1 genannten Umfang mit dem Grundgesetz unvereinbar ist, ist es längstens bis zum 31. Dezember 1995 weiter anzuwenden.
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Gründe: | |
A. | |
Gegenstand der Entscheidung ist die Gültigkeit des Dritten Verstromungsgesetzes, soweit danach eine Ausgleichsabgabe (sog. Kohlepfennig) zu erheben ist.
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I.
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Der Beschwerdeführer wurde von der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk AG (RWE) aufgrund eines Vertrages mit Strom beliefert. Mit der Jahresrechnung 1985 forderte die RWE einen Restbetrag von DM 518,50. Der Beschwerdeführer zahlte lediglich DM 377,45. Der verbleibende Betrag setzte sich zusammen aus der Mehrbelastung durch die sog. lineare Komponente des Stromtarifs gemäß § 3 a der Verordnung über allgemeine Tarife für die Versorgung mit Elektrizität (Bundestarifordnung Elektrizität) - BTO Elt - vom 26. November 1971 (BGBl. I S. 1865) i.d.F. der Zweiten Verordnung zur Änderung der BTO Elt vom 30. Januar 1980 (BGBl. I S. 122) und aus dem auf den Verbrauch des Beschwerdeführers entfallenden Anteil an der Ausgleichsabgabe ("Kohlepfennig") gemäß § 8 des Gesetzes über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) vom 13. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3473) i.d. Neufassung vom 17. November 1980 (BGBl. I S. 2137). Die lineare Komponente kappt für private Haushalte die bei wachsendem Stromverbrauch vorgesehene Degression des Durchschnittsstrompreises pro verbrauchter Kilowattstunde ab einer bestimmten Verbrauchsmenge. Der Beschwerdeführer hält diese beiden Preiskomponenten für verfassungswidrig.
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II.
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1. Die Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz ist Teil eines Maßnahmenbündels, mit dem der Bund seit Jahrzehnten den deutschen Steinkohlenbergbau stützt (Überblick bei Obernolte/Danner, Energiewirtschaftsrecht, Kommentar Bd. II, Stand 1993, Anhang XI, S. 23 ff.; s.a. BVerfGE 30, 292 [293 ff.]; W. Möschel, Energiepolitik im Umbruch, JZ 1989, S. 713 ff.). Der deutsche Steinkohlenbergbau hat in den vergangenen vierzig Jahren aufgrund mehrerer Umstände wie ungünstiger geologischer Bedingungen, hoher Arbeitskosten, der Belastung mit Alt- und Erblasten sowie Haldenkosten an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt; andererseits erscheint dem Gesetzgeber eine Stabilisierung des deutschen Steinkohlenbergbaus aus energie-, sozial- und regionalpolitischen Gründen erforderlich.
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a) Ziel des Dritten Verstromungsgesetzes ist es, im Interesse der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung den Anteil der Gemeinschaftskohle an der Erzeugung von elektrischer Energie und Fernwärme im Geltungsbereich des Gesetzes in bestimmter Höhe zu erhalten und den deutschen Steinkohlenbergbau zu stabilisieren (vgl. § 1 Drittes Verstromungsgesetz sowie Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf BTDrucks. 7/1991, S. 11, I. Nr. 1). Deshalb wird ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes mit dem Namen "Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" gebildet (§ 2 Abs. 1 Satz 1), das durch das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft verwaltet wird (§ 2 Abs. 1 Satz 2). Das Bundesamt gewährt aus Mitteln des Sondervermögens nach einem gesetzlichen Verteilungsschlüssel Zuschüsse an Unternehmen, die deutsche Steinkohle zur Energieerzeugung einsetzen. Insoweit ist es ermächtigt, mit Einwilligung des Bundesministers der Finanzen Kassenverstärkungskredite bis zur Gesamthöhe von 500 Mio. DM aufzunehmen (§ 2 Abs. 6 Satz 1). Dieser Betrag wurde durch das Gesetz zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes vom 15. Juli 1987 (BGBl. I S. 1671) auf 2 Mrd. DM, sodann durch Art. 10 des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2353) auf 4 Mrd. DM erhöht. Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Verstromung und zur Änderung des Atomgesetzes und des Stromeinspeisungsgesetzes vom 19. Juli 1994 (BGBl. I S. 1618) hat die Zweckbestimmung ("sowie zur Tilgung von Verbindlichkeiten") erweitert und die Kreditermächtigung unter ausdrücklicher Normierung einer Bundeshaftung auf 6 Mrd. DM ausgedehnt. § 2 Abs. 3 des zugleich als Art. 2 erlassenen Vierten Verstromungsgesetzes reduziert die Kreditermächtigung mit Wirkung zum 1. Januar 1996 wiederum auf 2 Mrd. DM.
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Die Kreditermächtigungen für den Ausgleichsfonds sind bislang weitgehend ausgeschöpft worden. Zudem haben die vom Ausgleichsfonds bezuschußten Kraftwerkunternehmen dem Sondervermögen Zuschußansprüche gestundet. Diese "vorgetragenen Zahlungsverpflichtungen" des Fonds betrugen zum 31. Dezember 1992 rd. 2,5 Mrd. DM; die Gesamtverbindlichkeiten des Fonds - einschließlich der Kreditverschuldung - lagen bei rd. 4,5 Mrd. DM (BTDrucks. 12/6533, S. 7, IV. Nr. 3). Als Sondervermögen des Bundes unterliegt der Ausgleichsfonds der Prüfung durch den Bundesrechnungshof.
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Die Mittel des Sondervermögens werden durch eine Ausgleichsabgabe aufgebracht. Schuldner der Abgabe sind die Energieversorgungsunternehmen (EVU), die Elektrizität an Endverbraucher im Geltungsbereich des Gesetzes liefern, und die industriellen Eigenerzeuger von Elektrizität, soweit sie diese selbst verbrauchen (sog. industrielle Kraftwirtschaft). Das Gesetz sieht vor, daß die Abgabebelastung durch die EVU auf die Endverbraucher abgewälzt werden kann. Auch bei bereits bestehenden Vertragsverhältnissen dürfen die Strompreise um einen entsprechenden Prozentsatz angehoben werden.
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Das Aufkommen der Ausgleichsabgabe ist von 778 047 449,94 DM im Jahre 1975 (Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1975, S. 2499) auf 5 468 991 077,96 DM im Jahre 1992 (Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1992, S. 150) angestiegen. Die Ausgleichsabgabe erbringt unter allen parafiskalischen Abgaben das bei weitem größte Aufkommen (Dietz, Wirtschaft und Statistik 1987, S. 260 [264]). Zudem erweitert die Abgabe die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer und verschafft damit dem Bund und den Ländern zusätzliche Umsatzsteuereinnahmen.
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b) Das Dritte Verstromungsgesetz wurde in der für das Ausgangsverfahren geltenden Fassung am 17. November 1980 bekanntgemacht (BGBl. I S. 2137). Die einschlägigen Vorschriften lauteten:
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"§ 1 Bestimmung des Steinkohleneinsatzes
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Im Interesse der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung soll der Anteil der Gemeinschaftskohle an der Erzeugung von elektrischer Energie und Fernwärme in Kraftwerken im Geltungsbereich dieses Gesetzes in einer Höhe erhalten werden, die eine Abnahme deutscher Steinkohle durch die Elektrizitätswirtschaft in den Jahren 1981 bis 1985 in Höhe von 191 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (SKE), in den Jahren 1986 bis 1990 in Höhe von 215 Millionen Tonnen SKE und in den Jahren 1991 bis 1995 in Höhe von 232,5 Millionen Tonnen SKE gewährleistet.
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§ 2 Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes
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(1) Es wird ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes mit dem Namen "Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" gebildet. Das Sondervermögen wird vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft (Bundesamt) verwaltet.
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(2) Das Bundesamt gewährt aus Mitteln des Sondervermögens
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2. Zuschüsse zu Investitionskosten nach § 4 Abs. 1,
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3. Zuschüsse zu Stromtransportkosten nach § 4 Abs. 2,
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4. Zuschüsse für Zusatzmengen nach § 5,
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5. Zuschüsse für niederflüchtige Kohle und zum Ausgleich von Revierunterschieden nach § 6,
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6. Zuschüsse für eine Verstromungsreserve nach § 7,
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7. Zuschüsse nach § 16.
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Außer für die in Satz 1 genannten Zwecke darf das Sondervermögen nur für die Kosten der Verwaltung verwendet werden.
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§ 8 Ausgleichsabgabe
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(1) Die Mittel des Sondervermögens werden durch eine Ausgleichsabgabe aufgebracht.
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(2) Schuldner der Ausgleichsabgabe sind die Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Elektrizität an Endverbraucher im Geltungsbereich dieses Gesetzes liefern, sowie Eigenerzeuger von Elektrizität, soweit sie diese selbst verbrauchen. Die Ausgleichsabgabe wird nicht erhoben bei Eigenerzeugern von Elektrizität, deren Erzeugungsanlagen insgesamt eine Nennleistung von nicht mehr als 1 Megawatt aufweisen.
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(3) ...
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(4) Der Bundesminister für Wirtschaft wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Prozentsatz in gleicher Höhe für die Elektrizitätsversorgungsunternehmen und für die Eigenerzeuger jeweils für ein Kalenderjahr im voraus festzusetzen. Er hat dabei zu berücksichtigen, daß das Aufkommen aus der Ausgleichsabgabe den vom Bundesamt zu schätzenden Bedarf an Mitteln decken soll; für die Berechnung ist die Summe der voraussichtlichen Erlöse aus Lieferungen an Endverbraucher und des voraussichtlichen Gesamtwertes der von den Eigenerzeugern selbst verbrauchten Elektrizität zugrunde zu legen. ...
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(5) Bei Elektrizitätsversorgungsunternehmen ist der Prozentsatz nach Absatz 4 für die aus der Lieferung von Elektrizität an Endverbraucher in dem jeweiligen Land erzielten Erlöse ... abzuwandeln: ...
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§ 10 Weitergabe der Belastung
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(1) Beruht die Lieferung von Elektrizität an Endverbraucher auf einem Vertrag, der vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes oder einer Rechtsverordnung nach § 8 Abs. 4 Satz 1 oder Satz 3 abgeschlossen worden ist, so kann das Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Falle der erstmaligen Festsetzung oder der Heraufsetzung der Ausgleichsabgabe eine Anhebung des Entgelts für die Elektrizitätslieferungen verlangen, für die die erstmalig festgesetzte oder erhöhte Ausgleichsabgabe zu entrichten ist. ...
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(2) Die sich aus der Ausgleichsabgabe ergebende Belastung des Endverbrauchers gilt bis zur Höhe des nach § 8 Abs. 5 maßgebenden Prozentsatzes nicht als Bestandteil der Preise im Sinne der Verordnung über das Verbot von Preiserhöhungen vom 26. November 1936 (RGBl. I S. 955) und der Bundestarifordnung Elektrizität vom 26. November 1971 (BGBl. I S. 1865), zuletzt geändert durch Verordnung vom 30. Januar 1980 (BGBl. I S. 122).
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(3) Gibt das Elektrizitätsversorgungsunternehmen die sich aus der Ausgleichsabgabe ergebende Belastung an Endverbraucher weiter, so sind der nach § 8 Abs. 5 maßgebende Prozentsatz und der absolute Betrag der Belastung unter der Bezeichnung "Ausgleichsabgabe zur Sicherung der Elektrizitätsversorgung nach dem Dritten Verstromungsgesetz" in den Rechnungen über Elektrizitätslieferungen gesondert auszuweisen.
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§ 11 Härteklausel
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(1) Das Elektrizitätsversorgungsunternehmen darf eine Anhebung des Entgelts nach § 10 Abs. 1 nicht verlangen, wenn ein Unternehmen, das als Endverbraucher Elektrizität abnimmt, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes nachweist, daß die sich aus der Anhebung seines Entgelts ergebende Belastung eine unbillige Härte bedeuten würde.
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(2) Das Bundesamt stellt auf Antrag des Unternehmens jeweils längstens für ein Kalenderjahr im voraus fest, ob die Belastung im einzelnen Falle ganz oder teilweise eine unbillige Härte bedeuten würde, und erteilt hierüber eine Bescheinigung. Eine unbillige Härte im Sinne dieses Gesetzes liegt nur vor, wenn die Belastung wesentlich dazu beiträgt, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des einzelnen Unternehmens oder eines Unternehmensteils oder einer Betriebstätte droht. Das Bundesamt hat bei seiner Entscheidung die Belastung der übrigen Endverbraucher zu berücksichtigen."
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Für den im Ausgangsverfahren erheblichen Abrechnungszeitraum (13. Juni 1984 bis 10. Juni 1985) galten die aufgrund des § 8 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 Drittes Verstromungsgesetz erlassenen Verordnungen des Bundesministers für Wirtschaft über den Prozentsatz der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für das Jahr 1984 vom 14. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1430) und für das Jahr 1985 vom 6. Dezember 1984 (BGBl. I S. 1487).
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c) Die Bundesregierung rechtfertigte die Abgabenregelung und die Überwälzungsmöglichkeit in der Begründung des Regierungsentwurfs wie folgt:
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"Die Bundesregierung vertritt im Energieprogramm die Auffassung, daß die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und die dafür notwendige Unabhängigkeit von den Risiken der Entwicklung des Weltmineralölmarktes es rechtfertigen, die Finanzierung der Mehrkosten im Elektrizitätsbereich selbst zu suchen und dementsprechend die öffentlichen Haushalte ab 1975 insoweit freizustellen.
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Für die künftige Finanzierung der Steinkohlenverstromung soll mit dem vorgelegten Gesetzentwurf eine wirtschafts- verwaltungsrechtliche Ausgleichsabgabe der Elektrizitätswirtschaft geschaffen werden, deren Regelungsbefugnis für den Bund sich aus Art. 74 Nr. 11 Grundgesetz ergibt. Durch diesen Finanzierungsweg soll ein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen den Unternehmen, die überwiegend kostengünstige Einsatzenergien zur Verfügung haben, und denjenigen, die die kostenungünstigere Steinkohle zur Elektrizitätserzeugung verwenden, herbeigeführt werden" (BTDrucks. 7/1991, S. 11 f., I. Nr. 4)
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"Es handelt sich um eine wirtschaftslenkende Maßnahme, durch die finanzielle Ungleichheiten innerhalb der Elektrizitätswirtschaft ausgeglichen werden sollen. Das Aufkommen fließt nicht als Einnahme in die öffentlichen Haushalte, sondern einem vom Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft verwalteten Sondervermögen zu, aus dem die nach diesem Gesetz vorgesehenen Zahlungen an die kohleverstromenden Unternehmen geleistet werden. Es handelt sich dabei um eine auf Gesetz gegründete Selbsthilfe der Wirtschaft, die auf freiwilliger interner Basis nicht hatte zustande kommen können" (BTDrucks. 7/1991, S. 15, II. zu § 4 Abs. 1).
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Den von der Ausgleichsabgabe betroffenen Unternehmen "wird die Weitergabe dieser Belastung an ihre Abnehmer ermöglicht. Da abgabepflichtig lediglich letztverbrauchende Abnehmer versorgende Unternehmen sind, handelt es sich bei den Abnehmern entweder um Kunden, die nach Tarifvertrag versorgt werden (Haushalt, Gewerbe, Landwirtschaft) oder um solche letztverbrauchende Sonderkunden, die aufgrund standardisierter ... oder individuell ausgehandelter Einzelverträge ... Elektrizität beziehen" (BTDrucks. 7/1991, S. 16, II. zu § 6).
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d) Nachdem die finanzielle Grundlage für die Verstromung deutscher Steinkohle geschaffen worden war, schlossen die Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) e.V. für 42 stromerzeugende EVU und der Gesamtverband des Deutschen Steinkohlenbergbaus (GVSt) für sechs Steinkohlenbergbauunternehmen am 10. Mai 1977 den sog. Zehnjahresvertrag, der als Anlage 3 Vereinbarungsgrundsätze enthält, wonach die EVU sich in privatrechtlichen Einzelverträgen mit den Steinkohlenbergbauunternehmen verpflichten, vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1987 bestimmte Steinkohlenmengen abzunehmen (abgedruckt bei Obernolte/Danner, a.a.O., Anhang XI, S. 126 ff.). 1980 wurde der Zehnjahresvertrag durch den sog. Jahrhundertvertrag ersetzt (abgedruckt bei Obernolte/Danner, a.a.O., Anhang XI, S. 132 ff.).
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Das Gesamtvertragswerk bietet dem deutschen Steinkohlenbergbau die Sicherheit, feste, langfristig vorherbestimmte Anteile seiner Förderung zu kostendeckenden Preisen an die Elektrizitätswirtschaft absetzen zu können.
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2. a) Nach der vom Amtsgericht im Ausgangsverfahren vertretenen Auffassung sind die Vorschriften des Dritten Verstromungsgesetzes über die Ausgleichsabgabe formell und materiell verfassungsmäßig. Insbesondere verletze die Erhebung der Abgabe nicht die Art. 106 Abs. 2 und Art. 110 Abs. 1 GG, da es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Sonderabgabe handele. Die Abgabe werde nicht wie eine Steuer zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf erhoben oder zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet, sondern diene der Verfolgung eines bestimmten Sachzwecks.
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Der Bundesgesetzgeber sei gemäß Art. 74 Nr. 11 GG zur Regelung der Sonderabgabe befugt. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Kriterien zur Bestimmung der Zulässigkeit einer solchen Abgabe (Hinweis auf BVerfGE 67, 256) seien erfüllt. Die Abgabe nehme die EVU in Anspruch, die sich durch ihre gemeinsame Aufgabe der Stromversorgung von anderen Gruppen und insbesondere von der Allgemeinheit abhöben.
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Für die Frage der Gruppenhomogenität komme es nicht auf die Abnehmer an, die sich möglicherweise von der Allgemeinheit nicht ohne weiteres abgrenzen ließen, sondern auf die EVU als Abgabenschuldner. Dem stehe die Möglichkeit der Abwälzung auf die Endverbraucher nach § 10 Drittes Verstromungsgesetz nicht entgegen.
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Des weiteren bestehe eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck. Das Dritte Verstromungsgesetz wolle den Einsatz von Steinkohle in der Energieerzeugung steigern, um eine größere Unabhängigkeit der EVU vom Erdöl zu gewährleisten und somit die Elektrizitätsversorgung sicherzustellen. Zur Erreichung dieses Zweckes treffe die EVU eine im Vergleich zur Allgemeinheit besondere Gruppenverantwortung, da sie Energieversorger seien und ihre Monopolstellung sie gemäß § 6 Abs. 1 EnWG zur Energieversorgung verpflichte. Insoweit stelle sich die Ausgleichsabgabe als vom Gesetzgeber erzwungene Selbsthilfe der EVU dar.
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Allerdings liege die Sicherstellung der Energieversorgung auch im Interesse der Allgemeinheit; dies gelte jedoch in einem gewissen Maß für jede wirtschaftslenkende Maßnahme und schließe daher die besondere Verantwortung einer Gruppe nicht aus.
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Das Abgabeaufkommen werde auch im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen verwendet. Es fließe gemäß § 2 Drittes Verstromungsgesetz in ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes, aus dem ausschließlich die in den §§ 3 bis 7 Drittes Verstromungsgesetz geregelten Zuschüsse finanziert würden. Diese Zuschüsse würden nur an Abgabepflichtige, nämlich die EVU, gezahlt. Unerheblich sei dabei, daß sie nicht allen Abgabepflichtigen gleichermaßen zugute kämen.
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b) Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, der Kohlepfennig sei keine Sonderabgabe, sondern eine Steuer, die alle Stromverbraucher zur Finanzierung des Jahrhundertvertrages heranziehe. Da damit praktisch jeder Inländer den Kohlepfennig zahlen müsse, werde nicht eine von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbare Sondergruppe belastet. Das erzielte Aufkommen werde zur Sicherung der Energieversorgung sowie zur Gewährleistung eines bestimmten Steinkohlenabsatzes, damit nicht zum Nutzen irgendeiner Gruppe, sondern zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwendet. Im übrigen diene die Erhaltung des deutschen Steinkohlenbergbaus keineswegs nur der Sicherung der Stromversorgung, da Kohle auch zu anderen Zwecken eingesetzt werde, die indes mit den EVU nichts zu tun hätten.
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3. Zur Verfassungsbeschwerde haben die Bundesregierung, die Bayerische Staatsregierung, die Klägerin des Ausgangsverfahrens (RWE) und der Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus Stellung genommen:
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a) Die Bundesregierung sieht in der Ausgleichsabgabe eine Sonderabgabe, die nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätzen zulässig sei.
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Der Bundesgesetzgeber habe nach Art. 74 Nr. 11 GG die allgemeine Sachkompetenz zur Erhebung der Abgabe. Sie diene nicht der Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf und ihr Aufkommen werde nicht zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben verwandt. Im Gesetz selbst komme außer der Belastung mit der Abgabe und der Verwendung ihres Aufkommens auch die gestaltende Einflußnahme auf die Wirtschaft zum Ausdruck. Das Gesetz selbst habe daher wirtschaftsregulierenden und -lenkenden Inhalt. Die Bestimmungen des Dritten Verstromungsgesetzes sähen nicht lediglich die Gewinnung zweckgebundener Mittel vor, sondern träfen gleichzeitig Regelungen über die Gewährung von Zuschüssen, mit denen die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung durch Verwendung heimischer Steinkohle (mit)gewährleistet werden könne.
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Die mit der Abgabe belastete Gruppe "Elektrizitätswirtschaft" sei auch eine homogene Gruppe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Eigenerzeuger hätten an der Sicherheit ihrer Versorgung mit Elektrizität auf der Basis heimischer Steinkohle ein ebensolches Interesse wie die EVU und trügen unter diesem spezifischen Blickwinkel eine vergleichbare Verantwortung.
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Unschädlich sei, daß das Dritte Verstromungsgesetz die Weitergabe der Ausgleichsabgabe im Strompreis gestatte. Abgabeschuldner blieben in jedem Falle die Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft. Abgaben würden in der Regel über die Preise an den Verbraucher weitergegeben. Die ausdrückliche Gestattung in § 10 Drittes Verstromungsgesetz erkläre sich daraus, daß der Abwälzung sonst preis- und tarifrechtliche Hindernisse entgegenstünden.
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Die mit der Abgabe belastete Gruppe der Elektrizitätswirtschaft stehe zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck in einer spezifischen Beziehung: Das Energiewirtschaftsgesetz weise die Stromerzeugung und die Stromversorgung nicht der staatlichen Sphäre, sondern den EVU und der industriellen Kraftwirtschaft zu. Aus dieser Sachnähe resultiere eine besondere Verantwortung für die Erfüllung der mit der Abgabe zu finanzierenden Aufgabe.
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Das Aufkommen aus der Ausgleichsabgabe werde auch ausschließlich gruppennützig verwendet, nämlich für Zuschüsse an abgabepflichtige Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft sowie zur Verwaltung des Sondervermögens.
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b) Die Bayerische Staatsregierung weist zunächst darauf hin, daß der Mittelbedarf des Ausgleichsfonds "explosionsartig gestiegen sei" und die Belastungen des bayerischen Stromverbrauchers einen nie erwarteten Umfang angenommen hätten. Der Kohlepfennig begegne erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Abgabe verfolge einen Finanzierungszweck und sei daher nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben zur Zulässigkeit von Ausgleichs-Finanzierungsabgaben zu prüfen. Diesen Maßstäben werde der Kohlepfennig nicht gerecht.
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Die Abgabe belaste nicht eine homogene abgrenzbare Gruppe. Davon könnte allenfalls gesprochen werden, wenn man das Blickfeld auf die formalen Schuldner der Abgabe beschränke, nämlich die EVU und die Eigenerzeuger von Elektrizität. Materiell betroffen seien jedoch die mit der Ausgleichsabgabe faktisch in Anspruch genommenen Stromverbraucher. Diese bildeten keine von der Allgemeinheit abgrenzbare gesellschaftliche Gruppe.
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Eine Finanzierung durch eine Sonderabgabe sei zudem nur dann gerechtfertigt, wenn die belastete Gruppe der finanzierten Aufgabe eindeutig näher stehe als die Allgemeinheit der Steuerzahler oder andere Gruppen der Gesellschaft. Dies sei selbst bei der Elektrizitätswirtschaft nicht der Fall.
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Überdies diene die Absatzsicherung für die deutsche Steinkohle der Sicherheit nicht nur der Stromversorgung, sondern der Energieversorgung insgesamt. Diese aber falle weder in den Verantwortungsbereich der Stromversorger noch der Stromverbraucher.
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Die Abgabe treffe zudem die Stromverbraucher in unterschiedlichem Maße, obwohl sie dem Abgabezweck insoweit nicht unterschiedlich nahestünden. Revierferne Länder finanzierten den Steinkohlenbergbau in erheblich höherem Umfang, als es ihrem Anteil an der dadurch gewonnenen Versorgungssicherheit entspreche. Die bayerischen Verbraucher hätten von 1976 bis 1987 in den Verstromungsfonds ca. 2,2 Mrd. DM mehr einbezahlt als ihnen mittelbar über Zuschüsse an die bayerische Elektrizitätswirtschaft wieder zugeflossen seien. Dagegen hätten die Stromverbraucher z.B. in Nordrhein-Westfalen im gleichen Zeitraum einen Positivsaldo von mehr als 4,8 Mrd. DM aufzuweisen.
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Die Konzeption der Ausgleichsabgabe führe auch dazu, daß z.B. bei sinkenden Ölpreisen die Strompreise dort tendenziell stiegen, wo viel Kernenergie zur Verstromung eingesetzt werde, und dort sänken, wo ein hoher Kohleverstromungsanteil bestehe, obwohl der vorgebliche Zweck des Dritten Verstromungsgesetzes, die Sicherheit der Elektrizitätsversorgung, davon nicht berührt werde. Sinkende Ölpreise führten also per Saldo zur Belastung der Stromverbraucher in den revierfernen Ländern und zur Entlastung der Stromverbraucher in den Revierländern.
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Zudem bestehe zwischen der Belastung und den durch die Sonderabgabe finanzierten Begünstigungen keine sachgerechte Verknüpfung; die Erhaltung des Absatzes der deutschen Steinkohle aus arbeitsmarkt- und regionalpolitischen Gründen liege weder im spezifischen Interesse der Elektrizitätswirtschaft noch der Stromverbraucher, sondern im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer und ihrer Familien, der betroffenen Region oder im Gesamtinteresse. Die Erhöhung der Versorgungssicherheit sei ein Interesse aller.
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c) Nach Ansicht der RWE ist die Ausgleichsabgabe verfassungsmäßig. Sie sei ihrer Idee und Funktion nach eine zulässige Sonderabgabe. Die Schuldner der Ausgleichsabgabe, nämlich die EVU und die industrielle Kraftwirtschaft, bildeten eine abgrenzbare und homogene gesellschaftliche Gruppe. Diese stehe dem Zweck der Abgabenerhebung, die Elektrizitätsversorgung durch Gewährleistung eines bestimmten Steinkohlenanteils an der Erzeugung von elektrischer Energie und Fernwärme zu sichern (§ 1 Drittes Verstromungsgesetz), näher als die Allgemeinheit der Steuerzahler oder andere Gruppen der Gesellschaft. Aus dieser Sachnähe erwachse die besondere Verantwortung der Abgabeschuldner für die Erreichung des von § 1 Drittes Verstromungsgesetz festgelegten Ziels.
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Die durch die Ausgleichsabgabe aufgebrachten Mittel würden auch gruppennützig verwendet. Sie flössen denjenigen Mitgliedern der belasteten Gruppe nach einem gesetzlich festgelegten Verteilungsschlüssel wieder zu, die deutsche Steinkohle zur Energieerzeugung einsetzten.
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Der Umstand, daß § 10 Drittes Verstromungsgesetz den EVU die Möglichkeit eröffne, die Ausgleichsabgabe auf privatrechtlichem Wege auf die Stromkunden abzuwälzen, berühre nicht die Stellung der EVU und Eigenerzeuger als alleinige Abgabenschuldner. Die Endverbraucher träten als abgabespezifische Gruppe nach Aufbau, Sinn und Zweck des Dritten Verstromungsgesetzes nicht in Erscheinung.
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d) Der Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus hat sich inhaltlich der Stellungnahme der Bundesregierung angeschlossen. Ergänzend hat er ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Peter Selmer, Die Verfassungsmäßigkeit der Ausgleichsabgabe gemäß § 8 des Dritten Verstromungsgesetzes ("Kohlepfennig"), vom 3. Mai 1993 vorgelegt.
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Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Mehrbelastung durch die lineare Komponente des Stromtarifs richtet, liegen die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß §§ 93a, 93b Satz 2, 93d Abs. 3 Satz 2 BVerfGG i.V.m. Art. 8 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 2. August 1993 (BGBl. I S. 1442) nicht vor.
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Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchst. a BVerfGG), da die heute geltende Bundestarifordnung Elektrizität vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2255) ein neues Tarifmodell enthält, das ohne eine lineare Komponente auskommt. Für nicht mehr geltendes Recht aber besteht in der Regel kein über den Einzelfall hinausgreifendes Interesse, seine Verfassungsmäßigkeit auch noch nach seinem Außerkrafttreten zu klären.
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Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG). Eine jährliche Belastung in Höhe von 61,49 DM bedeutet für den Beschwerdeführer keinen besonders schweren Nachteil.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Verurteilung zur Zahlung der Ausgleichsabgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz durch das angegriffene Urteil wendet. Das Urteil, ein Akt der rechtsprechenden Gewalt, kann durch seinen Inhalt ein Grundrecht des Beschwerdeführers verletzen, wenn dieses Grundrecht bei der Urteilsfindung zu beachten war (vgl. BVerfGE 7, 198 [203]). Wesentliche Grundlage der angegriffenen Entscheidung ist die Annahme, die vom Beschwerdeführer zu zahlende Ausgleichsabgabe sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Verfassungswidrigkeit dieser Abgabe kann der Beschwerdeführer schon nach Art. 2 Abs. 1 GG rügen. Danach kann jedermann im Wege der Verfassungsbeschwerde geltend machen, ein seine Handlungsfreiheit beschränkendes Gesetz gehöre nicht zur verfassungsmäßigen Ordnung, weil es (formell oder inhaltlich) gegen einzelne Verfassungsbestimmungen oder allgemeine Verfassungsgrundsätze verstoße (vgl. BVerfGE 6, 32 [41]; st. Rspr.).
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Die Abgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
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I.
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1. Die Abgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz ist als "wirtschafts-verwaltungsrechtliche Ausgleichsabgabe" konzipiert (Begründung der Bundesregierung, BTDrucks. 7/1991, S. 11 f., I. Nr. 4) und dementsprechend näher geregelt. Sie soll die Sicherung des Steinkohleneinsatzes bei der Verstromung finanzieren; ihr Aufkommen wird deshalb einem Sonderfonds, nicht dem Staatshaushalt zugeführt. In dieser Ausgestaltung kann die Abgabe verfassungsrechtlich nur als Sonderabgabe gerechtfertigt werden.
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Die Finanzverfassung des Grundgesetzes geht davon aus, daß Gemeinlasten aus Steuern finanziert werden. Deshalb regelt sie, um eine Finanzordnung sicherzustellen, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft sachgerecht beteiligt (vgl. BVerfGE 55, 274 [300]), die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz im wesentlichen - neben den Zöllen und Finanzmonopolen - nur für das Finanzierungsmittel der Steuer. Sie versagt es dem Gesetzgeber, selbst unter Inanspruchnahme von Sachkompetenzen, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden. Das Steueraufkommen ist gemäß Art. 110 Abs. 1 GG ausnahmslos als Einnahme in den Haushaltsplan einzustellen. Der Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans hat seinen Sinn nicht nur in dessen finanzwirtschaftlicher Funktion und in dem Umstand, daß das Haushaltsbewilligungsrecht eines der wesentlichen Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle ist; er aktualisiert auch den fundamentalen Grundsatz der Gleichheit der Bürger bei der Auferlegung öffentlicher Lasten. Dieser Grundsatz zielt darauf ab, das gesamte staatliche Finanzvolumen der Budgetplanung und -entscheidung von Parlament und Regierung zu unterstellen. Nur dadurch ist gewährleistet, daß das Parlament in regelmäßigen Abständen den vollen Überblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält, soweit sie der Verantwortung des Parlaments unterliegen. Nur so können Einnahmen und Ausgaben vollständig den dafür vorgesehenen Planungs-, Kontroll- und Rechenschaftsverfahren unterworfen werden. Demgemäß ist der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahme- und Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets organisiert (BVerfGE 82, 159 [178 f.] m.N.).
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Wählt der Gesetzgeber als Finanzierungsmittel für eine öffentliche Aufgabe die Sonderabgabe, weicht er von drei grundlegenden Prinzipien der Finanzverfassung ab. Er beansprucht zur Auferlegung von Abgaben eine Gesetzgebungskompetenz außerhalb der Finanzverfassung und stellt damit einen der tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes in Frage (vgl. BVerfGE 55, 274 [300 f.]). Er gefährdet durch den haushaltsflüchtigen Ertrag der Sonderabgabe das Budgetrecht des Parlaments und berührt damit auch die an den Staatshaushalt anknüpfenden Regelungen für den Finanzausgleich, die Stabilitätspolitik, die Verschuldensgrenze, Rechnungslegung und Rechnungsprüfung. Schließlich verschiebt er die Belastung der Abgabepflichtigen von der Gemeinlast zu einer die Belastungsgleichheit der Bürger in Frage stellenden besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit für eine Sachaufgabe. Zwar führt die Abweichung von den genannten Prinzipien nicht ausnahmslos zur Verfassungswidrigkeit einer Abgabe. Doch muß, um die bundesstaatliche Finanzverfassung wie auch die Budgethoheit des Parlaments vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes der Steuerpflichtigen im Blick auf die Belastungsgleichheit Rechnung zu tragen, die Sonderabgabe engen Grenzen unterliegen; sie muß deshalb eine seltene Ausnahme bleiben.
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II.
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Die Ausgleichsabgabe nach § 8 Drittes Verstromungsgesetz belastet eine Allgemeinheit von Stromverbrauchern, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Aufgabe trifft, den Steinkohleeinsatz bei der Stromerzeugung zu sichern. Die Abgabe ist deshalb nicht als Sonderabgabe zu rechtfertigen.
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1. Die Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz belastet materiell nicht die Abgabenschuldner, die EVU, sondern die Abgabenträger, die Endverbraucher. Das Dritte Verstromungsgesetz ist seiner Zielsetzung, seinem Regelungsgehalt und seinen flankierenden Vorkehrungen nach darauf angelegt, daß die Abgabe auf den Endverbraucher überwälzt wird.
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a) Ziel des Dritten Verstromungsgesetzes war es, im Interesse der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung einen ausreichenden Anteil von Steinkohle an der Erzeugung elektrischer Energie zu erhalten. Der Gesetzgeber hat nur deshalb auf eine von ihm für notwendig erachtete Festschreibung von Mindestabnahmemengen für die Elektrizitätswirtschaft verzichtet, weil diese bereit war, sich vertraglich zum Einsatz bestimmter Steinkohlemengen zu verpflichten (BTDrucks. 7/1991, S. 11, I. Nr. 2). Das Dritte Verstromungsgesetz sollte diesen vertraglichen Vereinbarungen durch Belastung der Verbraucher das finanzielle Fundament verschaffen, das die Vertragsparteien untereinander nicht hatten vereinbaren können (vgl. BTDrucks. 7/1991, S. 15, II. zu § 4 Abs. 1). Deshalb durfte der Gesetzgeber bei Erlaß des Dritten Verstromungsgesetzes davon ausgehen, daß die EVU innerhalb ihrer festen, monopolisierten Absatzgebiete die Abgaben auf die Endverbraucher auch tatsächlich abwälzen würden.
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Dementsprechend kalkulierte bereits die Begründung zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung eine Erhöhung der Strompreise infolge der Ausgleichsabgabe ein (BTDrucks. 7/1991, S. 13, I. Nr. 8); die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates sah ausdrücklich die Inanspruchnahme der Stromverbraucher vor (BTDrucks. 7/1991, S. 25, zu I.b); in den Gesetzesberatungen wurde die Abgabe als Risikoaufpreis erklärt, den der Verbraucher für eine relativ sichere Elektrizitätsversorgung zu zahlen habe (Abg. Zywietz, Verhandlungen des Deutschen Bundestages, StenBer, 7. WP, 129. Sitzung, 8. November 1974, S. 8723); er sei als Entgelt für eine "Versicherungspolice" gerechtfertigt (Bundesminister für Wirtschaft, Dr. Friderichs, ebd., S. 8701).
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b) Nach § 8 Abs. 2 Drittes Verstromungsgesetz sind Schuldner der Ausgleichsabgabe nur diejenigen EVU, die Elektrizität an Endverbraucher in der Bundesrepublik liefern oder als Eigenerzeuger selbst verbrauchen. Belastungsgrund ist also nicht die unternehmerische Tätigkeit der Stromerzeugung oder der Verstromung von Kohle, sondern die Nachfrage des Verbrauchers oder der Eigenverbrauch.
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Dementsprechend sieht § 10 Abs. 1 Satz 1 Drittes Verstromungsgesetz vor, daß die Energieversorger die Belastung durch die Ausgleichsabgabe an die Endverbraucher weitergeben. Mit dieser Regelung räumt § 10 die preis-, tarif-, vertrags- und wettbewerbsrechtlichen Hindernisse einer Überwälzung aus (vgl. BTDrucks. 7/1991, S. 16 f., II. zu § 6). Zudem bleibt die Ausgleichsabgabe nach § 10 Abs. 2 Drittes Verstromungsgesetz bis zur Höhe des nach § 8 Abs. 5 maßgebenden Prozentsatzes außerhalb der Höchstpreise, die nur mit Genehmigung der zuständigen Behörden angehoben werden dürfen (§ 12a Abs. 1 BTO Elt i.V.m. § 10 Abs. 2 Drittes Verstromungsgesetz). Schließlich bestimmt § 10 Abs. 3 Drittes Verstromungsgesetz, daß die Ausgleichsabgabe in den Rechnungen über Elektrizitätslieferungen gesondert auszuweisen ist. Die Abgabe ist also auch in der formellen Rechnungstellung - anders als bei der Umsatzsteuer - gegenüber jedem Verbraucher als eigenständige Belastung bewußt zu machen.
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Auch die Härteregelung des § 11 Drittes Verstromungsgesetz bestätigt, daß die Abgabe den Endverbraucher belasten soll: Die Härteklausel handelt von der Betroffenheit des Endverbrauchers, nicht der des Stromproduzenten oder Stromversorgers. Die Billigkeitsentscheidung hat zudem die Belastung der übrigen Endverbraucher zu berücksichtigen (§ 11 Abs. 2 Satz 3).
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Die Überwälzung der Abgabe ist damit nicht nur eine marktabhängige Möglichkeit, sondern rechtlich vorbereitete und vorgesehene Regelfolge der Abgabenbelastung.
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c) Diese Gesetzeslage betrifft einen Elektrizitätsmarkt, in dem die Stromversorger ihre Leistungen aufgrund eines Gebietsmonopols einem Nachfrager anbieten, der einem Abnahmezwang unterliegt. Insoweit überbringen die Energieversorgungsunternehmen aufgrund einer rechtlichen Sonderstellung die Abgabenlast an den Endverbraucher; bei ihnen ist die Abgabe ein durchlaufender Posten. Die Unternehmen werden nur in Anspruch genommen, weil bei ihnen die Nachfrage gebündelt zusammentrifft und die hieran anknüpfende Abgabe erhebungstechnisch erfaßt werden kann.
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2. Die mit der Abgabe belasteten Stromverbraucher bilden eine den Trägern von Verbrauchsteuern ähnliche Allgemeinheit von Betroffenen, die als solche keine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit für die Kohleverstromung trifft.
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a) Die Ausgleichsabgabe belastet private Haushalte ebenso wie gewerbliche Verbraucher, die private ebenso wie die öffentliche Hand. Gemeinsam ist den Abgabeträgern nur der Stromverbrauch. Die bloße Nachfrage nach dem gleichen Wirtschaftsgut aber formt die Verbraucher nicht zu einer Gruppe, die eine Finanzierungsverantwortlichkeit für eine bestimmte Aufgabe träfe. Die Nachfrage mag Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer sein, taugt aber nicht als Grundlage für eine besondere Finanzierungsverantwortlichkeit, die den Nachfrager für eine bestimmte struktur-, arbeitsmarkt- und energiepolitische Sicherung in Pflicht nimmt.
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Der Kreis der Stromverbraucher ist somit nahezu konturenlos und geht in der Allgemeinheit der Steuerzahler auf. Die mit einer Sonderabgabe eingeforderte Finanzverantwortung findet keine homogene Gruppe vor, deren gemeinsame Interessenlage eine besondere Sachnähe zur Kohleverstromung begründete. Die Art der Stromproduktion ist für die Stromverbraucher unerheblich; ihr paralleles Interesse zielt eher auf die Sicherheit der jeweils individuellen Versorgung als Reflex der allgemeinen Versorgungssicherheit. Die Sicherstellung der Strom- oder Energieversorgung aber ist ein Interesse der Allgemeinheit, das deshalb als Gemeinlast - durch Steuer - finanziert werden muß.
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b) Die Ausgleichsabgabe dient der Sicherung des Steinkohleeinsatzes bei der Stromerzeugung. Durch Stabilisierung des deutschen Steinkohlenbergbaus soll ein inländischer Energieträger gestützt und dadurch die Verläßlichkeit und Stetigkeit der Energie- und Stromversorgung in Deutschland gewährleistet werden (vgl. BTDrucks. 7/1991, S. 11, I. Nr. 1; siehe auch § 1 Drittes Verstromungsgesetz). Die Abgabe soll damit auch den deutschen Steinkohlenbergbau erhalten und durch eine wirtschaftliche Konsolidierung der Bergbauunternehmen die Arbeitsplätze in den Kohlerevieren sichern (vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, StenBer, 7. WP, 129. Sitzung, 8. November 1974, S. 8708, 8719, 8724; BTDrucks. 7/1991, S. 11, I. Nr. 1 und 2). Sie fördert die Nachfrage nach deutscher Steinkohle, festigt damit den Kohleabsatz und verwirklicht so regional-, arbeitsmarkt- und energiepolitische Ziele.
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Das Anliegen, den deutschen Steinkohlenbergbau zu erhalten und eine auch durch Verstromung deutscher Kohle erreichte Energieversorgung zu sichern, betrifft einmal die Kohleregionen und die dort tätigen Unternehmen und Arbeitnehmer, sodann die Allgemeinheit all derer, die im Inland Strom verbrauchen. Das Interesse an einer Stromversorgung ist heute so allgemein wie das Interesse am täglichen Brot. Die Befriedigung eines solchen Interesses ist eine Gemeinwohlaufgabe des Parlaments, das Finanzierungsinstrument die Gemeinlast der Steuern.
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1. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz bestimmt als Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit nicht ausnahmslos die Nichtigkeit der Norm, es läßt auch eine bloße Verfassungswidrigerklärung zu (§ 31 Abs. 2, § 79 Abs. 1 BVerfGG). Eine Nichtigerklärung würde dazu führen, daß das mit der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz verfolgte Konzept der Steinkohleverstromung unvermittelt seine Grundlage verlöre. Das Gemeinwohl gebietet hier aber einen schonenden Übergang von der verfassungswidrigen zu einer verfassungsgemäßen Rechtslage. Dem entspricht es, daß sich das Bundesverfassungsgericht auf eine Unvereinbarkeitserklärung beschränkt und zugleich gemäß § 35 BVerfGG die vorübergehende Weitergeltung anordnet.
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2. Auch wenn für die Verurteilung des Beschwerdeführers zur Zahlung der Ausgleichsabgabe nunmehr mit Anordnung der Weitergeltung der für unvereinbar erklärten Vorschriften eine Rechtsgrundlage zur Verfügung steht, ist das Urteil insoweit und im Kostenausspruch gleichwohl aufzuheben. Der Beschwerdeführer erhält durch die Zurückverweisung die Möglichkeit, die Forderung im Blick auf die Weitergeltensanordnung anzuerkennen, um insoweit der Kostenlast zu entgehen.
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D. | |
Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG.
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