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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Dominika Blonski, A. Tschentscher | |||
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Urteil |
des Ersten Senats vom 5. Mai 2009 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2009 |
-- 1 BvR 1155/03 -- |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. des Herrn Dr. K.-H. . ., 2. der Frau Dr. T. . . -- Bevollmächtigte: Anwaltskanzlei Zuck, Vaihinger Markt 3, 70563 Stuttgart -- I. unmittelbar gegen a) den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29. April 2003 -- 1Z BR 23/03 --, b) den Beschluss des Landgerichts München I vom 9. Januar 2003 -- 16 T 19385/02 --, c) den Beschluss des Amtsgerichts München vom 30. September 2002 -- 722 URIII 115/02 --, II. mittelbar gegen § 1355 Abs. 4 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42). |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. |
Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass ein Ehegatte, dessen Name die Ehegatten nicht zum Ehenamen bestimmt haben, seinen Namen dem Ehenamen als Begleitnamen nicht anfügen darf, wenn der Ehename schon aus mehreren Namen besteht.
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I. | |
1. In seiner Ursprungsfassung vom 18. August 1896 (RGBl I S. 195) bestimmte § 1355 BGB, dass die Frau mit der Eheschließung den Familiennamen des Mannes als Ehenamen erhielt. Diesem konnte sie später aufgrund des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609) ihren Geburtsnamen hinzufügen. Mit dem Ersten Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (BGBl. I S. 1421) wurde § 1355 BGB dahingehend geändert, dass die Ehegatten nunmehr als Ehenamen den Geburtsnamen des Mannes oder den der Frau wählen konn ![]() ![]() | 2 |
2. § 1355 BGB sieht in seiner derzeitigen und der im Zeitpunkt der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen schon geltenden Fassung seines Absatzes 4 vor, ![]() ![]() | 3 |
(4) Ein Ehegatte, dessen Name nicht Ehename wird, kann durch Erklärung gegenüber dem Standesamt dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen. Dies gilt nicht, wenn der Ehename aus mehreren Namen besteht. Besteht der Name eines Ehegatten aus mehreren Namen, so kann nur einer dieser Namen hinzugefügt werden. . . .
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3. Zur Begründung dieser Ausnahme beziehungsweise Einschränkung der Möglichkeit, den geführten Namen dem Ehenamen als Begleitnamen hinzuzufügen, die das Familiennamensrechtsgesetz 1994 in § 1355 BGB einfügte, wurde damals ausgeführt, man wolle Doppel- und Mehrfachnamen weitgehend ![]() ![]() | 5 |
In der Begründung der im Jahre 2005 erfolgten gesetzlichen Ergänzung von § 1355 Abs. 2 und 3 BGB um die Möglichkeit, auch den geführten Namen zum Ehenamen zu wählen, wurde darauf hingewiesen, dass damit zugleich die Möglichkeit eröffnet werde, auch einen aus einem "erheirateten" Ehenamen und einem Begleitnamen zusammengesetzten Namen als gemeinsamen Ehenamen zu wählen. Dieser erstarke bei den Ehegatten zu einem echten tradierbaren Doppelnamen, wie dies auch schon im Falle des Kindesnamens bei Eltern ohne Ehenamen und Alleinsorge eines Elternteils gemäß § 1617a BGB möglich sei. Der Ausschluss von mehr als zweigliedrigen Namensketten in § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB bleibe jedoch erhalten (BTDrucks 15/3979).
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II. | |
Der Beschwerdeführer zu 1) führt einen Doppelnamen und betreibt seit vielen Jahren eine Rechtsanwaltskanzlei in München. Die Beschwerdeführerin zu 2) führt lediglich einen Namen, hat Kinder aus erster Ehe und ist praktizierende Zahnärztin. Die Beschwerdeführer heirateten, jeweils in zweiter Ehe, im Mai 1997, ohne zunächst einen Ehenamen zu bestimmen. Später entschlossen sie sich, den Doppelnamen des Beschwerdeführers zu 1) zum Ehenamen bestimmen zu wollen, wobei die Beschwerdeführerin zu 2) beabsichtigte, ihren Namen dem Ehenamen als Begleitnamen voranzustellen.
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1. Eine entsprechende Voranfrage im März 2002 beschied das Standesamt München abschlägig. Ihren Antrag, das Standesamt ![]() ![]() | 8 |
Auch das Landgericht wies die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 9. Januar 2003 zurück. Das Führen des gewünschten Begleitnamens sei gemäß § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht zulässig. Die Regelung unterliege im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Gesetzgeber habe bei der Ausgestaltung des Familiennamensrechts einen weiten Spielraum und sei nicht gehalten, alle erdenkbaren Konstellationen der Namenswahl zu eröffnen, solange vernünftige und sachgerechte Gründe für die Beschränkung der Wahlmöglichkeit sprächen. Die angegriffene Regelung beruhe auf einer Gesamtkonzeption, die im Interesse der Praktikabilität und der Namenstransparenz die Zielsetzung verfolge, Schachtelnamen oder Namensketten zu verhindern, weil mehrgliedrige Namensketten den Rechts- und Geschäftsverkehr unnötig belasteten, die Identifikationskraft des Namens schwächten und damit auch nicht mehr dem wohlverstandenen Eigeninteresse des jeweiligen Namensträgers dienten. Auch wenn berufliche und persönliche Gründe für die Fortführung des Namens der Beschwerdeführerin zu 2) als Begleitname sprächen, habe der Gesetzgeber mit seiner Begrenzung der Wahlmöglichkeit, die durch sachliche Erwägungen veranlasst sei, den ihm belassenen Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Denn ein aus Ehe- und Begleitname zusammengesetzter Name könne unter bestimmten Umständen zu einem echten Doppel- oder Mehrfachnamen erstarken.
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Schließlich gab auch das Bayerische Oberste Landesgericht dem Begehren der Beschwerdeführer nicht statt und wies ihre weitere ![]() ![]() | 10 |
2. Gegen diese gerichtlichen Entscheidungen und mittelbar gegen § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB richtet sich die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer, mit der sie eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG rügen.
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Dabei machen sie geltend, sie wollten zwar einen gemeinsamen Ehenamen führen, aber aus beruflichen und privaten Gründen nicht auf ihre bisher geführten Namen verzichten, um den mit ihrem Namen verbundenen Goodwill nicht zu verlieren und die namentliche Verbindung zu Kindern aus erster Ehe nicht abreißen zu lassen. Allein die Belastung des Rechts- und Geschäftsverkehrs rechtfertige die Beschränkung der Namensführung nicht, denn der Name sei untrennbar mit der Person seines Trägers und ihrer Würde verbunden und von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt. Wie die Vorgängerregelung, die eine entsprechende Beschränkung nicht enthalten habe, zeige, sei das Verbot auch nicht zwingend. Das Bundesverfassungsgericht habe die Beschränkung bei der Wahl des Ehenamens auf den Namen nur ![]() ![]() | 12 |
III. | |
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, der Bundesgerichtshof, der Deutsche Familiengerichtstag, der Deutsche Juristinnenbund sowie der Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten Stellung genommen.
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1. Das Bundesministerium der Justiz hält die namensrechtliche Regelung in § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB für verfassungsgemäß. Die Vorschrift enthalte eine verhältnismäßige und durch gewichtige sachliche Gründe gerechtfertigte Einschränkung des Familiennamensrechts. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2002 (BVerfGE 104, 373) festgestellt habe, ![]() ![]() | 14 |
Auch Art. 6 Abs. 1 oder Art. 12 Abs. 1 GG seien durch § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe ausreichende Möglichkeiten geschaffen, dass Ehegatten ihre Eheschließung und bisherige Lebensführung namensrechtlich zum Ausdruck bringen könnten. Eine berufsregelnde Tendenz sei der ![]() ![]() | 15 |
2. Der Präsident des Bundesgerichtshofs weist darauf hin, dass der XII. Zivilsenat nach Auskunft seiner Vorsitzenden mit der im Streit stehenden Vorschrift des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB noch nicht befasst gewesen sei und Verfahren, in denen die Vorschrift bedeutsam werde, derzeit auch nicht anhängig seien.
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3. Der Deutsche Familiengerichtstag ist der Auffassung, ein Mehrfachname könne zwar möglicherweise im Rechts- und Geschäftsverkehr als unangenehm empfunden werden. Den Praktikabilitätserwägungen des Gesetzgebers komme jedoch kein solches Gewicht zu, dass sie die Einschränkungen der Führung eines Begleitnamens durch § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB rechtfertigen könnten. So sei schon kaum zu erwarten, dass sich der Rechts- und Geschäftsverkehr ohne diese Einschränkung auf eine Unzahl von Mehrfachnamen einrichten müsste. Auch unter der alten Regelung, die diese Beschränkung nicht enthalten habe, sei es nicht zu Problemen gekommen. Mehrfachnamen könnten kürzer sein als einzelne Namen. Oftmals hänge es von der Zufälligkeit eines Bindestriches ab, ob ein Name als Doppelname oder als ein Name gewertet werde, auch wenn beide gleich lang seien. Vor allem im Zeitalter elektronischer Datenverarbeitung bereite der Umgang mit Mehrfachnamen für den Rechts- und Geschäftsverkehr kein Problem mehr. Nach Auskunft eines Meldeamtes gebe es zum Beispiel bei einem Personalausweis ausreichend Platz auch für einen sehr langen Nachnamen. Sollte er dennoch nicht genügen, verkleinere sich automatisch die Schrift. Außerdem erfolge die Identifikation einer Person weitgehend nicht mehr durch Namensnennung, sondern durch Steuer-, Versicherungs- oder Kundennummern. Online getätigte Geschäfte erforderten jenseits des geführten Nachnamens einen Benutzernamen oder ein Passwort. Auch ein Checkin erfolge immer weniger durch Namensangabe, sondern durch Hingabe und automatische Lesung des Personalausweises oder einer Kreditkarte. ![]() | 17 |
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4. Der Deutsche Juristinnenbund spricht sich für eine größere Flexibilität im Namensrecht aus, um im Namen besser die eheliche wie auch die familiäre Verbundenheit, die Abstammungslinie und die eigene Persönlichkeit zum Ausdruck bringen zu können. Dazu gehöre auch, dass ein Ehegatte ungeachtet dessen, ob sein Ehepartner einen Doppelnamen trägt und dieser zum Ehenamen gewählt wird, seinen geführten Namen dem Ehenamen als Begleitnamen hinzufügen könne. Wenn als Grund für den Ausschluss des Begleitnamens vom Gesetzgeber die Ordnungsfunktion des Namens angegeben werde, dann sei zu fragen, ob die Funktion des Namens tatsächlich verloren gehe, wenn die Namenszahl anwachse. Im arabischen Rechtsraum werde zum Beispiel auf diese Weise entstehenden langen Namensketten besondere Identifikati ![]() ![]() | 19 |
5. Der Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten gibt an, eine Anfrage bei seinen Landesverbänden und bei größeren Standesämtern, deren Antworten wohl einen repräsentativen Querschnitt aus mehreren tausend Eheschließungen der letzten Jahre darstellten, habe ergeben, dass die Beschränkung des Namensbestimmungsrechts in § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB in der Praxis keine große Rolle spiele. Wenn den Eheschließenden dargelegt werde, warum die von ihnen gewünschte Namensführung nicht möglich sei, gäben sie sich regelmäßig mit dieser Rechtslage zufrieden. § 1355 Abs. 4 Satz 2 und 3 BGB bezweckten, mehrgliedrige Namen zu vermeiden. Dies sei nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts dem Gesetzgeber nicht verwehrt, damit künftigen Generationen die Funktion des Familiennamens gesichert werde. Diese Erwägungen seien auch beim Begleitnamen anzustellen, weil dieser nach Scheidung und Wiederverheiratung zusammen mit dem Ehenamen zum echten Doppelnamen erstarken und an die nächste Generation weitergegeben ![]() ![]() | 20 |
B. | |
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die mit ihr angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB, auf dem sie beruhen, ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Der durch die Vorschrift erfolgende Eingriff in den von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährten Schutz des geführten Namens eines Ehegatten ist gerechtfertigt und verhältnismäßig (I.). Auch andere Grundrechte werden durch die Norm nicht verletzt (II.).
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I. | |
Es stellt keine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG dar, dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Ausgestaltung des Familiennamensrechts durch § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB einem Ehegatten die Möglichkeit vorenthalten hat, seinen Namen dem Ehenamen als Begleitnamen hinzuzufügen, wenn der zum Ehenamen gewählte Name des anderen Ehegatten schon aus mehreren Namen besteht.
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1. Das Familiennamensrecht zu konstituieren und auszugestalten ist Sache des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 78, 38 [49]). Dabei muss er dem Familiennamen nicht nur die Funktion beimessen, dem Einzelnen Ausdruck seiner Individualität zu geben. Der Familienname kann auch dazu dienen, Abstammungslinien nachzuzeichnen, familiäre Zusammenhänge darzustellen oder den Familienstatus eines Menschen zu verdeutlichen. Soll der Familienname die Zusammengehörigkeit von Personen zum Ausdruck bringen, bedarf es Regeln, nach denen er vergeben oder ausgewählt werden kann und die auch die Belange der Allgemeinheit berücksichtigen. Die mit der Ausgestaltung des Familiennamensrechts vom Gesetzgeber verfolgten Ziele müssen dabei im Einklang mit den ![]() ![]() | 23 |
2. a) Bei der Ausgestaltung des Namensrechts der Ehegatten hat der Gesetzgeber den Schutz der von den Ehegatten bis zur Ehe geführten Namen zu respektieren, der vom Persönlichkeitsrecht der Namensträger aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst ist. Denn der Name eines Menschen ist Ausdruck seiner Identität und Individualität und begleitet die Lebensgeschichte seines Trägers, die unter dem Namen als zusammenhängende erkennbar wird (vgl. BVerfGE 84, 9 [22]; 97, 391 [399]). Wegen der sonstigen Funktionen, die der Gesetzgeber dem Namen beimessen kann, hat der Einzelne jedoch kein uneingeschränktes Recht auf Beibehaltung seines bisher geführten Namens. Allerdings dürfen Eingriffe in das Recht am eigenen Namen nur unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen (vgl. BVerfGE 78, 38 [49]).
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b) Wie das Bundesverfassungsgericht schon in seiner Entscheidung vom 8. März 1988 (BVerfGE 78, 38) festgestellt und in seiner Entscheidung vom 30. Januar 2002 (BVerfGE 104, 373) noch einmal bestätigt hat, ist es danach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber in § 1355 Abs. 1 BGB für Ehegatten das Führen eines Ehenamens als Regel vorgegeben hat, um der Einheit der Familie im gemeinsamen Namen Ausdruck zu verleihen, ohne jedoch das Führen eines gemeinsamen Ehenamens zur Pflicht zu erheben. § 1355 Abs. 1 BGB eröffnet Ehegatten die Möglichkeit, einen Ehenamen zu führen. Bei der Wahl des gemeinsamen Ehenamens ist keinem der bisher von den Ehegatten geführten Namen der Vorrang eingeräumt. Einigen sich die Ehegatten nicht auf einen Ehenamen oder wollen sie keinen führen, tragen sie ihre bisherigen Namen weiter. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber sowohl dem Gleichberechtigungsgebot aus Art. 3 Abs. 2 GG Rechnung getragen als auch dem Schutz des geführten Namens aus Art. 2 Abs. 1 GG als Ausdruck der Persönlichkeit jedes einzelnen Ehegatten Nachdruck verliehen (vgl. BVerfGE 104, 373 [388]). ![]() | 25 |
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3. a) § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB, der für den Fall, dass der von den Ehegatten zum Ehenamen gewählte Name des einen Ehegatten aus mehreren Namen besteht, es ausschließt, dass der andere Ehegatte dem Ehenamen seinen Namen als Begleitnamen hinzufügt, hat für den Ehegatten, dessen Name nicht zum Ehenamen gewählt worden ist, eingriffsgleiche Wirkung in Bezug auf das den Namensschutz umfassende allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Denn der Ehegatte wird hier vor die Alternative gestellt, entweder auf seinen eigenen Namen oder auf das Führen eines gemeinsamen Ehenamens zu verzichten.
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b) Diese Regelung verfolgt aber ein legitimes gesetzgeberisches Ziel.
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aa) Der Gesetzgeber hat bei seiner Konzeption des Familiennamensrechts dem Namen mehrere Funktionen gegeben. Zum einen soll der Namensträger die Möglichkeit erhalten, sich selbst im Namen zu finden und Ausdruck zu geben. Zum anderen hat das Namensrecht die Funktion, den Namensträger familial klar zuzuordnen sowie dem Namen seine Identifikationskraft zu erhalten und ![]() ![]() | 29 |
(1) So hat der Gesetzgeber im Falle des Wunsches von Ehegatten, einen Ehenamen zu führen, es nicht zugelassen, als Ehenamen einen aus den bisher geführten Namen der Ehegatten zusammengesetzten Doppelnamen zu bestimmen. Damit soll verhindert werden, dass ein Kind, dessen Geburtsname gemäß § 1616 BGB dem Ehenamen folgt, um seine familiäre Zuordnung zum Ausdruck zu bringen, Träger eines Doppelnamens wird, sodass sich bei seiner Eheschließung schon vierfache Namensketten als Ehenamen bilden könnten, die sich über die Generationen hinweg bei Eheschließungen weiter potenzieren könnten. Aus demselben Grund hat er in § 1617 Abs. 1 BGB bestimmt, dass ein Kind, dessen Eltern keinen Ehenamen führen, nur den Namen entweder der Mutter oder den des Vaters als Geburtsnamen erhalten kann. Die damit erreichte Verhinderung von Mehrfachnamensketten lässt sich nicht nur mit Praktikabilitätserwägungen begründen, sondern dient auch dem Schutz künftiger Namensträger, da mit dem Anwachsen der Namensanzahl die identitätsstiftende Funktion des Namens verloren zu gehen droht (vgl. BVerfGE 104, 373 [389]).
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(2) Dem legitimen gesetzgeberischen Anliegen, Namen zu bilden, die einerseits auch im Rechts- und Geschäftsverkehr praktikabel sind und in nachfolgenden Generationen nicht zu Namensketten führen, denen dann bei diesen rechtlich Einhalt geboten werden müsste, um dem Namen seine identitätsstiftende Funktion zu erhalten, folgt auch die Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB. Sie verhindert zum einen, dass ein Namensträger einen Namen führt, der, aus Ehename und Begleitname zusammengesetzt, im Falle von bisher von den Ehegatten geführten echten Doppelnamen aus bis zu vier Namen bestehen kann. Zum anderen schließt auch er damit aus, dass Kinder einen mehrgliedrigen, aus drei Namen bestehenden Geburtsnamen erhalten können.
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So regelt § 1617 Abs. 1 BGB, dass Eltern, die keinen Ehenamen ![]() ![]() | 32 |
bb) Allerdings folgt die Regelung des § 1617 Abs. 1 BGB aufgrund der vom Gesetzgeber vorgenommenen Streichung, den Begleitnamen nach § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB nicht auf das Kind übertragen zu können, nicht mehr in voller Konsequenz dem gesetzgeberischen Ziel, Doppel- und Mehrfachnamen zur besseren Praktikabilität und Identifikation des Namensträgers zu vermeiden. Denn sie eröffnet Eltern die Möglichkeit, den aus früherer Ehe geführten und gemäß § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB um den eigenen Namen als Begleitnamen ergänzten Ehenamen eines Elternteils in vollem Umfang zum Geburtsnamen ihres Kindes zu bestimmen, womit es einen echten Doppelnamen erhält, jedoch nicht aus den Namen seiner Eltern zusammengesetzt, sondern als Name eines Elternteils des Kindes, der nun sein Geburtsname wird.
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Entsprechendes gilt für § 1617a BGB, wonach ein Kind den Namen seines alleinsorgeberechtigten Elternteils erhält, wenn die Eltern keinen Ehenamen führen und der sorgeberechtigte Eltern ![]() ![]() | 34 |
cc) Es stellt sich die Frage, weshalb der Gesetzgeber zwar die Übertragung eines aus früherem Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamens eines Elternteils auf ein Kind zulässt, aber die Bildung eines Doppelnamens aus den Namen der Ehegatten als Ehenamen oder aus den Namen der Eltern als Geburtsname ihres Kindes untersagt. Auch wenn der Gesetzgeber mit diesen Regelungen sein Ziel, schon Doppelnamen vor allem als Geburtsnamen von Kindern zu vermeiden, nicht konsequent verfolgt, dient § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB jedenfalls dem legitimen Zweck, das Entstehen von geführten Namen, die aus mehr als zwei Namen bestehen, auszuschließen und damit auch zu verhindern, dass diese zum Geburtsnamen von Kindern werden.
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c) Die Norm ist auch geeignet und erforderlich, die vom Gesetzgeber gewünschte Eindämmung von Namensketten zu erreichen. Gerade wenn es aufgrund der Regelungen in § 1355 Abs. 2, § 1617 Abs. 1 und § 1617a BGB in Zukunft vermehrt zu echten Doppelnamen kommen kann, die zum Ehenamen bestimmt werden dürfen, verhindert § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB durch sein Unterbinden, einem Ehedoppelnamen seitens des Ehegatten, dessen Name nicht Ehename geworden ist, seinen geführten Namen als Begleitnamen hinzuzufügen, dass damit Namen entstehen, die sich aus drei oder vier Namen zusammensetzen und gegebenenfalls als geführte Namen eines Ehegatten später in neuer Ehe- oder Elternkonstellation zum Geburtsnamen eines hieraus erwachsenden Kindes bestimmt werden können. ![]() | 36 |
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aa) Zwar reichen die von der Bundesregierung und den Gerichten angeführten Praktikabilitätsgründe allein nicht aus, um die Regelung zu rechtfertigen. Wie in der Stellungnahme des Deutschen Familiengerichtstags ausgeführt, erlaubt es heute die Technik, im Rechts- und Geschäftsverkehr einerseits auch mit längeren Namen umzugehen und andererseits zur Identifikation einer Person immer mehr nicht auf den Namen, sondern auf Codes oder Nummern zurückzugreifen, anhand derer Handlungen und Daten einer Person zugeordnet werden. Auch der Umstand, dass aus mehreren Namen bestehende Namen im alltäglichen Gebrauch nur selten in vollem Umfang ausgesprochen oder benutzt werden, trägt für sich noch nicht, den Eingriff in den von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Namen für zumutbar zu erachten. Hierdurch werden möglicherweise Recht und Wunsch des Namensträgers konterkariert, mit seinem vollen Namen angeredet zu werden, damit auf diese Weise sowohl seine Herkunft und Individualität als auch seine familiäre Zugehörigkeit zum Ausdruck kommen. Allein die Handhabung eines Namens durch andere oder den Namensträger selbst ist aber kein hinreichender Grund, rechtlich das Führen eines bisherigen Namens sogar dann, wenn er lediglich Begleitname werden soll, im Rahmen des Ehenamensrechts zu unterbinden.
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bb) Demgegenüber hat jedoch das gesetzgeberische Anliegen Gewicht, nicht nur Mehrfachnamen, die über Doppelnamen hinausgehen, generell auszuschließen, um hierdurch die auch durch § 12 BGB geschützte identifikationsstiftende Funktion des Namens zu bewahren, sondern darüber hinaus zu verhindern, dass sich solche Namen auf nachfolgende Generationen übertragen, immer häufiger geführt werden und dann bei Eheschluss in der ![]() ![]() | 39 |
Um dieser Gefahr der sich mehrenden Namen entgegenzuwirken, wäre es dem Gesetzgeber zwar auch möglich gewesen, es einem Ehegatten entgegen der Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB zu gestatten, auch einem gewählten Ehedoppelnamen seinen bisher geführten Namen hinzuzufügen, diesen Begleitnamen dann aber bei der Wahl des Geburtsnamens eines Kindes nicht zum Tragen kommen zu lassen beziehungsweise die Wahl auf entweder den früheren Ehenamen oder den Begleitnamen des betreffenden Elternteils zu beschränken. Diese Lösung würde aber durch den Nachteil erkauft, dass ein Kind nicht den geführten vollen Namen eines Elternteils zum Geburtsnamen erhalten kann. Es liegt insoweit in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob er lange Namensketten schon dort verhindert, wo es um die Möglichkeit eines Ehegatten geht, seinen bisherigen Namen neben dem von beiden Ehegatten gewählten Ehedoppelnamen zu führen, oder ob er die Reduktion von Namen höchstens auf Doppelnamen erst bei der Übertragung der von den Eltern geführten Namen auf ihre Kinder vornimmt.
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cc) Schließlich ist die Einschränkung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB auch zumutbar, weil der Gesetzgeber im Rahmen seiner namensrechtlichen Konzeption den Ehegatten trotz des Ausschlusses, einem gewählten Ehedoppelnamen einen Begleitnamen hinzuzufügen, bei der Wahl ihrer nach Eheschluss geführten Namen eine große Varianz von Möglichkeiten belassen hat, die es ihnen in hinreichendem Maße erlaubt, ihren Bedürfnissen nach Ausdruck der eigenen Identität wie der Zusammengehörigkeit im Namen nachkommen zu können.
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So werden sie nicht gezwungen, einen Ehenamen zu wählen, und können ihre bisher geführten Namen weiter tragen, sodass kein Ehegatte seinen Namen aufgeben muss. Sie können auch den Namen des Ehegatten zum Ehenamen bestimmen, der nur einen Namen trägt. Dann ist es dem anderen Ehegatten mit Doppelna ![]() ![]() | 42 |
II. | |
1. § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB verletzt auch nicht Art. 6 Abs. 1 GG, der den Schutz der Ehe gewährleistet. Diese Grundrechtsnorm gebietet nicht die Wahl eines einheitlichen Ehenamens (vgl. BVerfGE 78, 38 [49]); sie unterstützt allerdings den Wunsch von Ehegatten, ihre Zusammengehörigkeit in einem gemeinsamen Ehenamen zum Ausdruck bringen zu können. Diesem Anliegen hat der Gesetzgeber durch § 1355 BGB Rechnung getragen, indem er den Ehegatten die Möglichkeit eröffnet hat, einen ihrer bisher geführten Namen zum Ehenamen zu bestimmen. Dass er es dabei nicht erlaubt, neben einem gewählten Ehedoppelnamen noch einen Begleitnamen zu führen, betrifft nur indirekt das Recht auf Wahl eines Ehenamens. Dies ist nur dann der Fall, wenn der Ehegatte, dessen Name aufgrund von § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB zum Wegfall käme, dann aus diesem Grund der Wahl eines Ehe ![]() ![]() | 43 |
2. Gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt die Regelung ebenfalls nicht. § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB kommt keine berufsregelnde Tendenz zu. Der Gesetzgeber wollte mit der Vorschrift generell verhindern, dass Namensketten entstehen und nicht speziell den Geschäftsverkehr regeln. Zwar können auch nicht unmittelbar auf die berufliche Betätigung abzielende Maßnahmen infolge ihrer spürbaren Auswirkungen geeignet sein, den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG mittelbar erheblich zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 81, 108 [121 f.]). Lediglich Rückwirkungen einer Rechtsnorm auf die Berufstätigkeit reichen allerdings nicht aus, um von einer mittelbaren Beeinträchtigung der Berufsausübung auszugehen, die einem Eingriff gleichkommt (vgl. BVerfGE 95, 267 [302]). Wenn die Änderung des Familienstandes zur Wahl eines Ehenamens und damit zu einer selbst gewünschten Änderung des bisherigen Namens eines Ehegatten führt mit der Folge, dass dann sein bisher geführter Name entfällt, liegt darin keine eingriffsgleiche Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit, zumal es dem betroffenen Ehegatten unbenommen bleibt, keinen Ehenamen zu bestimmen und seinen bisherigen Namen weiterzuführen, oder bei Wahl eines Ehedoppelnamens jedenfalls als berufliche Bezeichnung unter seinem bisherigen Namen weiter aufzutreten.
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3. Schließlich ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt, weil es Ehegatten von Doppelnamensträgern, deren Namen zum Ehenamen gewählt wird, anders als Ehegatten, deren anderer Ehegatte nur einen Namen oder einen aus mehreren Worten zusammengesetzten Namen trägt, nicht erlaubt ist, ihren bisher geführten Namen dem Ehenamen hinzuzufügen. Abgesehen davon, dass hier ![]() ![]() | 45 |
III. | |
Da sich § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB als verfassungsgemäß erweist, sind die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen gerichtlichen Entscheidungen, die auf der Vorschrift beruhen, ebenfalls nicht zu beanstanden und haben Bestand.
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Die Entscheidung ist mit 5:3 Stimmen ergangen.
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