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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Jens Krüger, A. Tschentscher | |||
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b) Der Umstand, daß ein rechtskräftiges ausländisches Urteil nach dem Recht des erlassenden Staates ausnahmsweise vernichtbar ist, schließt die Vollstreckbarerklärung gemäß § 722 ZPO so lange nicht aus, bis das Urteil im Erststaat aufgehoben ist. |
c) Die Tatsache allein, daß einem US-amerikanischen Urteil eine pre-trial discovery vorausgegangen ist, hindert dessen Anerkennung in Deutschland nicht. |
d) Kann ein ausländisches Urteil wegen einzelner Ansprüche im Inland nicht für vollstreckbar erklärt werden, so hindert das die Vollstreckbarerklärung im übrigen nicht. |
e) Bei Anwendung des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist auch auf Ausmaß und Bedeutung der Inlandsbeziehung des Sachverhalts abzustellen, der dem ausländischen Urteil zugrunde liegt. |
f) Gewährt das ausländische Recht einen Anspruch auf Ersatz von Heilungskosten ohne Rücksicht darauf, ob der Verletzte gegenwärtig die bestimmte Absicht hat, sich der Heilbehandlung zu unterziehen, so begründet das kein Anerkennungshindernis im Sinne von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZP O. |
g) Spricht ein zuständiges ausländisches Gericht dem ausländischen Prozeßbevollmächtigten des obsiegenden ausländischen Klägers aufgrund des dort geltenden Rechts ein Erfolgshonorar von 40% aller eingehenden Schadensersatzleistungen zu, so begründet das für sich allein in Deutschland kein Anerkennungshindernis. |
i) Zur Anerkennung eines US-amerikanischen Urteils auf Zahlung eines für inländische Verhältnisse außerordentlich hohen Schmerzensgeldbetrages (damages for pain and suffering). |
j) In Deutschland kann ein ausländisches Urteil unabhängig davon für vollstreckbar erklärt werden, ob es Art. 5 Abs. 1 Satz 2 oder Art. 38 EGBGB entspricht. |
ZPO §§ 265 Abs. 2, 328, 722, 723; BGB §§ 249, 253, 847; EGBGB (1986) Art. 5 Abs. 1 Satz 2, 38 |
IX. Zivilsenat |
Urteil |
vom 4. Juni 1992 |
i. S. G. D. S. (Kl.) w. E. S. (Bekl.) |
- IX ZR 149/91 - |
I. Landgericht Düsseldorf |
II. Oberlandesgericht Düsseldorf | |
Der Kläger begehrt, ein US-amerikanisches Schadensersatzurteil in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären. Er ist Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Beklagte hat seit der Geburt die deutsche und erwarb dazu die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Beide Parteien lebten in S./Kalifornien.
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Am 10. Mai 1984 verließ der Beklagte, der von einem US-amerikanischen Gericht wegen sexuellen Mißbrauchs von Jugendlichen zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, die USA. Er lebt nunmehr in Deutschland, wo er über Grundvermögen verfügt.
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Durch Urteil des Superior Court of the State of California in and for the County of San Joaquin (im folgenden: Superior Court) vom 24. April 1985 wurde dem - 1968 geborenen - Kläger unter dem Decknamen John Doe gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch in Höhe von US-Dollar 750260 zuerkannt. Das Urteil enthält keine ins einzelne gehende Darstel ![]() ![]() | 3 |
Beide Rechtsmittel hatten nur teilweise Erfolg.
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Aus den Gründen: | |
A. Zur Revision des Beklagten | |
I. | |
Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits die ihm durch das Urteil des Superior Court zuerkannte Forde ![]() ![]() | 5 |
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht die Prozeßführungsbefugnis des Klägers aus § 265 Abs. 2 ZPO hergeleitet und insoweit deutsches Verfahrensrecht angewandt (vgl. Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 10. Aufl. vor § 50 Rdn. 22; Wieczorek, ZPO 2. Aufl. § 722 Anm. C II b 2; Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht - nachfolgend IZPR - Rdn. 2041 f.). Der Gegenansicht, die zur Prozeßführungsbefugnis allgemein auf die für den materiell-rechtlichen Streitstoff maßgebliche Rechtsordnung abstellen will (Grunsky ZZP 89, 241, 257 f.), kann jedenfalls insoweit nicht gefolgt werden, als sich die Prozeßführungsbefugnis - wie nach § 265 Abs. 2 ZPO - unmittelbar aus dem im deutschen Gerichtsstand anwendbaren Prozeßrecht ergibt. Wegen des Zwecks dieser Vorschrift, das Prozeßrechtsverhältnis vor materiell-rechtlichen Änderungen abzuschirmen, gilt sie für jedes von ihr erfaßte Verfahren (Riezler, Internationales Zivilprozeßrecht S. 427 f.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht - nachfolgend IZVR - Rdn. 552; Nagel, Internationales Zivilprozeßrecht 3. Aufl. Rdn. 281).
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Entgegen der Ansicht der Revision steht der Rechtsgrundsatz, daß § 265 ZPO für die Übertragung eines titulierten Anspruchs im inländischen Volltreckungsverfahren nicht gilt (BGHZ 92,347, 349 f. m. w.Nachw.), der Prozeßführungsbefugnis des Klägers nicht entgegen. Das Urteil des Superior Court kann und soll hier nicht Grundlage einer Zwangsvollstreckung im Inland sein. Maßgeblicher Titel dafür ist allein die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung (vgl. BGH, Urt. v. 6. November ![]() ![]() | 7 |
2. Es ist entgegen der Ansicht der Revision auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Umstellung des Klageantrags nicht für notwendig erachtet hat. Zwar führt eine nach Rechtshängigkeit vorgenommene Forderungsabtretung ungeachtet der nach § 265 Abs. 2 ZPO fortbestehenden Prozeßführungsbefugnis regelmäßig dazu, daß nur auf Leistung an den neuen Gläubiger geklagt werden kann (BGHZ 26,31, 37; BGH, Urt. v. 18. März 1986 - X ZR 4/85, NJW-RR 1986,1182). Der alte Gläubiger ist dann nicht mehr in der Lage, Leistung an sich selbst zu fordern, weil die Abtretung sachlich-rechtliche Wirksamkeit entfaltet. Einer Umstellung des Klageantrags bedarf es gleichwohl nicht, wenn der alte Gläubiger trotz der Abtretung die Ermächtigung zur Einziehung der Forderung behalten hat (RGZ 166, 218, 217). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den zwischen ihm und dem neuen Gläubiger getroffenen Vereinbarungen. Dabei handelt es sich um eine materiell-rechtliche Frage, die im Streitfall gemäß Art. 33 Abs. 1,27 EGBGB nach ausländischem Recht zu beurteilen ist (vgl. Schack IZVR Rdn. 558), hier also nach kalifornischem Recht. Die Revision legt nicht in der Form des § 554 Abs. 3 Nr. 3 b ZPO dar, daß das ![]() ![]() | 8 |
II. | |
Zu Unrecht rügt die Revision das Fehlen tatrichterlicher Feststellungen zu der Frage, ob das Urteil des Superior Court gemäß § 723 Abs. 2 Satz 1 ZPO nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die formelle Rechtskraft erlangt hat (wird ausgeführt).
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III. | |
...
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1. Dem Beklagten ist die verfahrenseinleitende Klageschrift (complaint) rechtzeitig zugestellt worden, und er hat sich darauf - vor dem international zuständigen Gericht (§ 328 Abs. 1 Nr. 1, §§ 12 f., 32 ZPO) - auch eingelassen, § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Daß die Klage unter einem Decknamen für den Kläger erhoben war, machte sie nicht unwirksam. Denn sie enthielt jedenfalls so viele Einzelangaben, daß der Beklagte sich dagegen in vollem Umfange verteidigen konnte. Aus ihr ergab sich, daß Streitgegenstand ein Anspruch auf Zahlung von Ersatz für materielle und immaterielle Schäden sowie von Strafschadensersatz wegen sexueller Handlungen sein sollte, die der Beklagte in seinem Hause in der Zeit von Februar bis August 1982 am minderjährigen Kläger angeblich vorgenommen hatte.
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2. Der Beklagte hat das Gutachten eines amerikanischen Rechtsanwalts vorgelegt, das zu dem Ergebnis gelangt, das Urteil des Superior Court verstoße gegen die amerikanische Bundesverfassung und die Verfassung des Staates von Kalifornien, weil es unter Überschreitung der Rechtsprechungsbefugnis (jurisdiction) des Gerichts ergangen sei. Dies folge daraus, daß weder der Beklagte noch Rechtsanwalt J. zu der mündlichen Verhandlung vom 23. April 1985 geladen worden sei. Dem Beklagten könne die an Rechtsanwalt G. gerichtete Ladung nicht zugerechnet werden, weil dieser nicht wirksam zu seinem Prozeßbevollmächtigten bestellt worden sei. Das Urteil des ![]() ![]() | 12 |
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, die Frage der Nichtigkeit des kalifornischen Urteils sei im Rahmen des Verfahrens auf Verleihung der Vollstreckbarkeit von den deutschen Gerichten nur beschränkt zu überprüfen. Im Grundsatz seien ausländische Urteile zu respektieren. Dazu gehöre in erster Linie, den ausländischen Hoheitsakt als nach ausländischem Recht existent zu betrachten, sofern nicht seine Nichtigkeit auf der Hand liege. Von einer ganz offenkundigen und unzweifelhaften Nichtigkeit könne hier jedoch keine Rede sein. Es sei nicht Aufgabe des deutschen Richters, in Zweifelsfällen über die Vereinbarkeit US-amerikanischer Urteile mit der US-amerikanischen Bundesverfassung und der Verfassung der jeweiligen Einzelstaaten zu entscheiden.
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Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.
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a) Wirkungen eines ausländischen Urteils können allerdings nur dann auf das Inland erstreckt werden, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem das Urteil ergangen ist, überhaupt eintreten. Urteile, die nach der Rechtsordnung des Entscheidungsstaats schlechthin nichtig oder unwirksam (ungültig) sind, sind deshalb nicht gemäß §§ 722,723 ZPO für vollstreckbar zu erklären (Martiny, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts - nachfolgend Handbuch - Bd. III/1 Rdn. 485; Stein-Jonas/Schumann aaO § 328 Rdn. 105; Geimer/Schütze aaO Bd. I/1 § 139 I 1; MünchKomm ZPO/Gottwald § 328 Rdn. 51; Nussbaum, 41 Columbia Law Review 221,231). Ist das Urteil nach dem Recht des Erststaates hingegen lediglich anfechtbar, so schließt dies seine Anerkennung nicht aus, solange es nicht aufgehoben ist (Martiny, Handbuch Rdn. 486; Geimer IZPR Rdn. 2236; Geimer/Schütze aaO Bd. I/1 § 195 I; Zöller/Geimer aaO § 328 Rdn. 91 m. w.Nachw.). Das gilt - vorbehaltlich des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO - auch dann, wenn die Entscheidung, der im Inland die Vollstreckbarkeit verliehen werden soll, im Erlaßstaat in einem neuen Verfahren, wie etwa auf eine Verfassungsbeschwerde oder Wiederaufnahme des Verfahrens, beseitigt werden könnte (vgl. Martiny aaO Rdn. 489 ![]() ![]() | 15 |
Für die Abgrenzung zwischen der Nichtigkeit einer ausländischen Entscheidung und deren bloßer Aufhebbarkeit ist zu beachten, daß Fälle, in denen ein Urteil ohne Rechtswirkungen bleibt, auch in ausländischen Rechtsordnungen die Ausnahme bilden und in der Regel die Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung lediglich dazu führt, daß diese mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (vgl. Geimer/Schütze aaO Bd. I/1 § 139 I 3). Nach amerikanischem Recht gilt ebenfalls eine Vermutung für die Wirksamkeit des Urteils (Engelmann-Pilger, Die Grenzen der Rechtskraft des Zivilurteils im Recht der Vereinigten Staaten S. 39 m. w.Nachw.). Verfahrensfehler können grundsätzlich nur durch Rechtsmittel gegen das Urteil selbst (direct attack) geltend gemacht werden (vgl. Teply/Whitten, Civil Procedure S. 59, 665, 669 f.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist es entgegen der Ansicht der Revision nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, das Vorbringen des Beklagten zur Frage der Nichtigkeit des Urteils des Superior Court stehe einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen (wird ausgeführt).
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c) Der Senat ist gemäß §§ 559 Abs. 2 Satz 2,565 Abs. 4 ZPO befugt, selbst die Schlüssigkeit der auf ausländisches Recht gestützten Behauptung nachzuprüfen, wenn - wie im Streitfall - Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu fehlen. Denn die vom Beklagten nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO erhobene Rüge einer Verletzung des § 293 ZPO durch das Berufungsgericht kann nur berechtigt sein, wenn die Behauptung in der Berufungsinstanz objektiv geeignet war, eine Pflicht des Tatrichters zur Ermittlung des ausländischen Rechts auszulösen. Dies hängt auch davon ab, ob die Parteien zu den Erkenntnisquellen ![]() ![]() | 18 |
Danach stellt es hier im Ergebnis keinen Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 293 ZPO dar, wenn es zur Frage der Nichtigkeit des Urteils des Superior Court nach amerikanischem Recht keine weiteren Ermittlungen vorgenommen hat... .
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3. Das Berufungsgericht hat die Umstände, die dazu führten, daß der Beklagte im Termin vom 23. April 1985 vor dem Superior Court nicht vertreten war, desweiteren gemäß § 723 Abs. 2,328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO auf ihre Vereinbarkeit mit dem verfahrensrechtlichen ordre public untersucht und ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, ein unerträglicher Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts liege nicht vor. Entgegen der Auffassung der Revision hält auch das einer rechtlichen Überprüfung stand.
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a) Zutreffend hat das Berufungsgericht insoweit von einer Überprüfung der Frage abgesehen, ob der Beklagte aufgrund der am 16. Januar 1985 an Rechtsanwalt G. gerichteten Ladung nach den für den Zivilprozeß in Kalifornien geltenden Regeln ordnungsgemäß über den Termin vom 23. April 1985 benachrichtigt war. Der Superior Court hat dies ausdrücklich bejaht. Eine Nachprüfung der sachlichen Richtigkeit der Feststellung ist dem deutschen Gericht gemäß § 723 Abs. 1 ZPO (Verbot der révision au fond) im Verfahren über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils verwehrt (BGHZ 53,357, 363).
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b) Ein die Anerkennung ausschließender Verstoß gegen den ordre public im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO n.F. läge vor, wenn die Anerkennung des Urteils des Superior Court zu einem Ergebnis führte, das mit den Grundrechten oder sonst offensichtlich mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar wäre. Hiervon ist bei Verfahrensverstößen nur auszugehen, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, ![]() ![]() | 22 |
Dem Beklagten war die in Kalifornien gegen ihn anhängige Zivilklage des Klägers bekannt, und er hatte bereits geraume Zeit vor seiner Flucht aus den USA Rechtsanwalt J. zu seinem Prozeßbevollmächtigten bestellt, der ihn zunächst im amerikanischen Rechtsstreit auch vertrat. Damit war der Beklagte jedenfalls in der Lage, sich gegenüber der Klage vor dem kalifornischen Gericht zu verteidigen. Die nach seinem Verlassen der USA eingetretene weitere Entwicklung seiner Vertretung im amerikanischen Prozeß vermag eine Verletzung der Grundsätze ![]() ![]() | 23 |
Zu Recht führt das Berufungsgericht aus, es sei schon deutschen Rechtsvorstellungen nicht fremd, eine Partei unter diesen Umständen als ordnungsgemäß geladen anzusehen. Seinen Ausdruck findet das in der Vorschrift des § 176 ZPO, derzufolge Zustellungen im anhängigen Rechtsstreit an den bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen müssen. Die Zustellung an einen von mehreren Prozeßbevollmächtigten genügt (Zöller/Stephan aaO § 176 Rdn. 13). Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, ob der Rechtsanwalt tatsächlich Prozeßvollmacht hatte. Entscheidend ist im Hinblick auf den erforderlichen Vertrauensschutz für die Gegenseite und auf § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO allein, ob er sich ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten zum Prozeßbevollmächtigten bestellt hat (BGH, Beschl. v. 23. November 1978 - II ZB 7/78, VersR 1979,155 m. w.Nachw.; v. 21. Mai 1986 - VIII ZB 17/86, VersR 1986, 993, 994; v. 22. Oktober 1986 - VIII ZB 40/86, NJW 1987,440; MünchKomm ZPO/v. Feldmann § 176 Rdn. 4,8). Eine spätere Beendigung des Mandats berührt die Wirksamkeit der Zustellung nicht. Das Interesse der Partei, für die ein nicht bevollmächtigter Rechtsanwalt aufgetreten ist, wird durch die je nach Lage des Falles bestehenden Möglichkeiten, das Urteil anzufechten oder sich an dem vollmachtlosen Vertreter schadlos zu halten, hinreichend gewahrt (BGH, Beschl. v. 23. November 1978 - II ZB 7/78, aaO).
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Darüber hinaus gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG nur die - von Staats wegen ungehinderte - Gelegenheit, sich am Gerichtsverfahren zu beteiligen. Der Berechtigte kann sie durch schuldhaftes Verhalten verwirken oder von der Ausübung des Rechts ![]() ![]() | 25 |
Nach alledem liegt in dem Unterlassen der Ladung des Beklagten und des Rechtsanwalts J. kein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public... .
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4. Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Verstoß gegen den prozessualen ordre public angesichts der übrigen Umstände des Verfahrens vor dem Superior Court verneint hat, sind ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
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a) Insbesondere geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, allein die Tatsache, daß dem Urteil des Superior Court eine Ladung des Beklagten zur pre-trial discovery vorausgegangen sei, stehe einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen. Die Durchführung eines solchen Beweis- und Beweisermittlungs- Verfahrens zwischen Klageerhebung und mündlicher Verhandlung (trial) unter weitgehender Parteiherrschaft in den USA begründet für sich noch keinen Verstoß gegen den ordre public im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (ebenso Martiny, Handbuch Rdn. 1109; Schack, IZVR Rdn. 865; Stürner ZVglRWiss Bd. 81, 159, 200; Stiefel/Stürner VersR 1987, 819, 830 f.; Heidenberger RIW 1990, 804, 807; Zekoll, US-Amerikanisches Produkthaftpflichtrecht vor deutschen Gerichten - nachfolgend Produkthaftpflichtrecht - S. 137 ff., 148 f. und RIW 1990, 302, 305; v. Westphalen PHI 1988, 18, 20; Veltins DB 1987,2396, ![]() ![]() | 28 |
Dafür ist hier nichts dargetan. Im Gegenteil erstreckt sich nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts die vom Superior Court an das Ausbleiben des Beklagten im pre-trial discovery-Verfahren geknüpfte Säumnisfolge nur auf die Tatsachen zum Anspruchsgrund, die schon durch das amerikanische Strafverfahren gegen den Beklagten aufgedeckt waren und die er bis heute nicht bestreitet. Deshalb ist es aus ![]() ![]() | 29 |
b) Entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht (Schütze WM 1979, 1174, 1176) bestehen auch keine allgemeinen Bedenken gegen die Anerkennung US-amerikanischer Zivilurteile deswegen, weil diese grundsätzlich keine Kostenerstattung zugunsten der obsiegenden Partei vorsehen (Jestaedt RIW 1986,95 f.). Für einen ausländischen Beklagten ist es sogar unter Berücksichtigung der ihn in jedem Falle treffenden, beträchtlichen Kostenlast nicht unzumutbar, sich auf ein solches Verfahren einzulassen. Aus deutscher Sicht folgt die Verteilung der Kostenlast für streitige Verfahren je nach dem Verfahrensausgang aus dem Veranlassungsprinzip (BGHZ 60,337, 343; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht 14. Aufl. § 87 V 5, S. 500; Becker-Eberhard, Grundlagen der Kostenerstattung bei der Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche S. 25 ff.; Hommelsheim, Kostentragung und -ausgleichung im amerikanischen Zivilprozeß, Diss. Bonn 1990 S. 65 f.). Es erscheint als ein Gebot der Billigkeit, nicht stets den jeweiligen Antragsteller als Veranlasser anzusehen, sondern denjenigen, der durch unberechtigtes Verhalten Anlaß zum Einschreiten der Gerichte geboten hat. Davon gibt es - vor allem aus sozialen Gründen - Ausnahmen (§ 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 193 Abs. 1 SGG). Im übrigen entspricht es vor allem der Zweckmäßigkeit, die Berechtigung der vorprozessualen Standpunkte der Parteien im wesentlichen schematisch am Prozeßausgang zu messen. In Einzelfällen, etwa nach § 91 a ZPO, kann das Ergebnis der prozessualen Kostenentscheidung, wenn es dem materiellen Recht widerspricht, durch eine hierauf zu stützende Klage berichtigt werden.
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Demgegenüber wird der Ausschluß der Kostenerstattung gemäß der American rule of costs vor allem mit der Notwendigkeit begründet, den Zugang zu den Gerichten durch ein verringertes Kostenrisiko zu erleichtern (The American Law Institute, Enterprise Responsibility for Personal Injury Vol. II S. 174 f.; Hommelsheim aaO S. 81 f., 155 f.). Hierdurch wird teilweise zugleich die weitgehend fehlende Prozeßkostenhilfe ersetzt (Hommelsheim aaO S. 94 f.; Großfeld RabelsZ 1975,5, ![]() ![]() | 31 |
Danach bestimmen vor allem wertende und rechtspolitische Gesichtspunkte die unterschiedlichen Kostenregelungen. Aus deutscher Sicht verletzt der regelmäßige Ausschluß der Kostenerstattung im US-amerikanischen Zivilprozeß weder Grundrechte der Parteien noch grundlegende Gebote der Rechtsstaatlichkeit. Er ist hinzunehmen (ebenso MünchKomm ZPO/Gottwald § 328 Rdn. 21 a.E.; Zekoll 37 AmJCompL 301,322 f.; vgl. auch Martiny, Handbuch Rdn. 1111). Fällen bewußten Mißbrauchs (dazu Stiefel/Stürner aaO S. 831) ist mit den dafür allgemein vorgesehenen Mitteln zu begegnen, soweit der Titel, der im Inland für vollstreckbar erklärt werden soll, darauf beruht. Zudem beschwert gerade das Ergebnis dieser Anwendung der American rule of costs im vorliegenden Falle nicht den Beklagten.
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5. Von der Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) im Verhältnis zu Kalifornien nach geltendem Recht gehen die Parteien zutreffend selbst aus (vgl. dazu Schütze, Urteilsanerkennung S. 43 f. und JR 1986,177 ff., 235; Geimer/Schütze aaO Bd. I 2 § 246 S. 1917 f.; Martiny, Handbuch Rdn. 1534; Hoechst, Produzentenhaftung S. 123; Brenscheidt RIW/AWD 1976, 554, 556,558 jeweils m. w.Nachw.).
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IV. | |
Soweit das Berufungsgericht die Höhe des dem Kläger im Urteil des Superior Court zuerkannten Ersatzes für selbst erlittene materielle und immaterielle Schäden gemäß §§ 713 Abs. 2 Satz 2,328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO an den Erfordernissen des materiellen ordre public gemessen hat, lassen seine Ausführungen Rechtsfehler zum Nachteil des Beklagten nicht erkennen.
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1. Als Haftungsgrundlage nimmt der Superior Court einen Fall von battery an, also eine nicht - rechtswirksam - erlaubte absichtliche körperliche Berührung (zum Begriff vgl. Prosser, Handbook of die Law of Torts 2nd ed. S. 30 ff.; Kionka, Torts in ![]() ![]() | 35 |
2. Anhaltspunkte dafür, daß die nach amerikanischem Recht erfolgte Verurteilung des Beklagten zur Zahlung tatsächlich angefallener Heilaufwendungen in Höhe von US-Dollar 260 gegen den ordre public verstoßen könnte, werden von der Revision nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. 3. Das Berufungsgericht hat ferner insoweit eine Verletzung des materiellen ordre public verneint, als der Superior Court dem Kläger für eine zu erwartende psychologische Behandlung US-Dollar 100000 und für aus diesem Anlaß zu erwartende Unterbringungskosten US-Dollar 50000 unabhängig davon zugesprochen hat, ob er sich tatsächlich für die Durchführung einer Heilbehandlung entscheidet. Es hat festgestellt, daß der Superior Court nach Anhörung eines Sachverständigen eine solche Behandlung sowie die berechneten Kosten für objektiv nötig hielt, und als entscheidend angesehen, daß auch der deutschen Rechtsordnung in Ausnahmefällen die Ersatzfähigkeit fiktiver Reparaturkosten nicht fremd sei.
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Dieses Ergebnis ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Revision ist zwar zuzugeben, daß im deutschen Schadensersatzrecht dem Geschädigten bei Personenschäden - anders als bei Sachschäden (BGHZ 66,239, 241 ff. - keine Dispositionsbefugnis darüber eingeräumt ist, ob er den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag tatsächlich zur Schadensbeseitigung verwenden will, und er deshalb keine fiktiven Behandlungskosten ersetzt verlangen kann (BGHZ 97,14, 18 ff.). Allein dies hindert jedoch die Anerkennung des Urteils des Superior Court nicht.
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a) Die insoweit nach deutschem Recht maßgeblichen §§ 249 ff. BGB gelten hier weder über Art. 5 noch über Art. 38 EGBGB.
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aa) Gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB geht zwar bei Doppelstaatern die deutsche Staatsangehörigkeit auch dann vor, wenn die sonstigen Anknüpfungstatsachen auf Auslandsrecht verweisen. Diese Vorschrift regelt jedoch allein das für den deutschen Richter maßgebliche materielle internationale Privatrecht, ![]() ![]() | 39 |
bb) Art. 38 EGBGB, demzufolge gegen einen Deutschen aus einer im Ausland begangenen unerlaubten Handlung keine weitergehenden Ansprüche geltend gemacht werden können als nach den deutschen Gesetzen, schließt die Vollstreckbarerklärung ebenfalls nicht aus. Für den Geltungsbereich des Art. 27 Nr. 1 EGÜbk hat der Bundesgerichtshof (BGHZ 88,17, 24 mit zustimmender Anm. Kropholler JZ 1983, 905, 906) bereits entschieden, Art. 12 EGBGB a.F. - dem die Neuregelung des Art. 38 n.F. entspricht - könne nicht so verstanden werden, daß jede ausländische Verurteilung eines deutschen Schädigers, die dem ebenfalls deutschen Geschädigten weitergehende Ansprüche zuspricht als nach den deutschen Gesetzen begründet werden, gegen den deutschen ordre public verstoße und deshalb nicht anerkannt werden dürfe. Dem folgt der erkennende Senat auch für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile gemäß §§ 722,723 ZPO. Sachliche Unterschiede bestehen insoweit nicht. Außerhalb des Geltungsbereichs des Art. 5 Nr. 3 EGÜbk steht dem Geschädigten ebenfalls eine Klage im ausländischen deliktischen Gerichtsstand frei (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; dazu oben III 1). Nicht nur gemäß Art. 29 EGÜbk, sondern allgemein nach § 723 Abs. 1 ZPO ist für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile festgelegt, daß sie nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit zu überprüfen sind.
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Gegen eine zwingende und uneingeschränkte Anwendung des Art. 38 EGBGB im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO spricht, daß die letztgenannte Vorschrift in der Neufassung des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. Juli 1986 (BGBl I 1142,1151) eine eigenständige, abschlie ![]() ![]() ![]() | 41 |
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b) § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO hindert die Urteilsanerkennung wegen des hier fraglichen Schadensersatzanspruchs nicht. Mit dem materiellen ordre public ist ein ausländisches Urteil nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter, hätte er den Prozeß entschieden, aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre als das ausländische Gericht (vgl. Zöller/Geimer aaO § 328 Rdn. 152 m. w.Nachw.). Maßgebend ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und der in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, daß es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (sogen. ordre public international - BGHZ 50,370, 375 f.; 75,32, 43; BGH, Urt. v. 21. Januar 1991 - II ZR 50/90, NJW 1991, 1418, 1410). Dementsprechend verstößt es ebensowenig gegen die deutsche öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 27 Nr. 1 EGÜbk, wenn das ausländische Recht die Haftung des Kraftfahrzeughalters neben der des Fahrers über die deutschen ![]() ![]() | 43 |
Im Rahmen von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nimmt die deutsche Rechtsordnung es hin, wenn der Verletzte Heilungskosten ersetzt verlangen kann, ohne daß er gegenwärtig die bestimmte Absicht hat, sich der Heilbehandlung zu unterziehen. Die abweichende Regelung des deutschen Rechts, das für Personenschäden keine Dispositionsfreiheit kennt, beruht vor allem darauf, daß ein Ersatz für nicht zu behandelnde und damit letztlich hingenommene körperliche oder geistig-seelische Schäden in Wahrheit eine Entschädigung für die fortdauernde Gesundheitsbeeinträchtigung unter Umgehung von § 253 BGB darstellen würde (BGHZ 97,14, 19). Für einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung ist es jedoch unerheblich, ob das ausländische und das inländische Gesetz auf widerstreitenden Prinzipien beruhen; allein entscheidend ist, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu mißbilligen ist (BGHZ 39,173, 177 m.Nachw.).
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Daran gemessen, hat hier der Superior Court dem Kläger den Ersatz von Heilungskosten zugesprochen, die auch nach deutschem Recht unter gleichen Voraussetzungen erstattungsfähig sein könnten. Die Haftung des Beklagten dafür ist im Ergebnis nicht als grob ungerecht zu mißbilligen. Der Grund für die frühzeitige Zuerkennung von Heilungskosten liegt darin, daß nach US-amerikanischem Recht der gesamte mögliche Ersatz für jeden Schadensfall in einer einheitlichen Summe (lump sum) in einem einzigen Prozeß abschließend zuerkannt werden muß (Fleming aaO S. 231; Kionka aaO S. 354). Wenn das kalifornische Recht hierzu dem Geschädigten die Dispositionsfreiheit nicht nur bezüglich der Integrität seiner Sachen, sondern auch seines Körpers sowie seiner geistig-seelischen Gesundheit einräumt, wird dadurch keine schutzwürdige Position des Schädigers beeinträchtigt: Für ihn hängt es auch nach deutschem Recht allein vom freien Willen seines Opfers ab, ob die Heilungskosten zu erstatten sind oder nicht. Die deutsche Rechtsordnung insgesamt endlich wird durch die andersartige ausländische ![]() ![]() | 45 |
4. Gegen die Zuerkennung von Schmerzensgeld (damages for anxiety, pain and suffering) aufgrund des ausgeurteilten Sachverhalts sind dem Grunde nach keine selbständigen Rügen erhoben.
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5. Endlich hindert es die Anerkennung nicht, daß der Kläger nach dem Urteil des Superior Court 40% aller eingehenden Gelder als Erfolgshonorar an seinen Rechtsanwalt abzuführen hat.
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Zwar wäre nach deutschem Rechtsverständnis eine entsprechende Vereinbarung mit einem deutschen Rechtsanwalt in der Regel gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig (vgl. BGHZ 34,64, 70 ff.; Senatsurt. v. 31. Oktober 1991 - IX ZR 303/90, WM 1992, 279, 281 m. w.Nachw.). Dieser Grundsatz ist jedoch für deutsche Gerechtigkeitsvorstellungen nicht so wesentlich, daß er in jedem Falle weltweit unbedingte Geltung beansprucht. Der Bundesgerichtshof hat für Vergütungsvereinbarungen zwischen Deutschen und ausländischen Rechtsanwälten nach ausländischem Recht, die aufgrund deutschen materiellen internationalen Privatrechts auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 30 EGBGB a.F. zu überprüfen waren, entschieden, daß eine Erfolgshonorarvereinbarung nicht am ordre public scheitern muß (BGHZ 22,162, 166; 44,183, 190 f.), Anders als im Falle BGHZ 51,290, 293 ff. , in dem einem ausländischen Rechtsanwalt - gemäß § 183 Abs. 1 BEG - die Befugnisse eines inländischen Rechtsanwalts zugebilligt worden waren, liegt dem Erfolgshonorar hier eine im Ausland geschlossene Vereinbarung einer ausländischen Partei mit ihrem ausländischen Rechtsanwalt für die Führung eines Prozesses im Ausland zugrunde. Wenn das ausländische Gericht nach dem von ihm anzuwendenden Recht eine solche Absprache durchsetzt, berührt das die deutsche öffentliche Ordnung nicht in unerträglicher Weise. Die Vertragsbeziehungen waren vollständig im Ausland abzuwickeln. Es steht grundsätzlich jeder Rechtsordnung frei, welche standesrechtlichen Beschränkungen sie ihrer eigenen Rechtsanwaltschaft auferlegt (vgl. Martiny Handbuch Rdn. 1111). ![]() | 48 |
![]() | 49 |
Die Höhe der dem Anwalt vorliegend zugebilligten Erfolgsquote hindert ebenfalls nicht die Anerkennung. Der Superior Court hat sie ausdrücklich mit der Komplexität und Schwierigkeit der Rechtsverfolgung begründet. Soweit in BGHZ 44,183, 190 f. der vereinbarte Anteil am Erstrittenen im Hinblick auf Art. 30 EGBGB a.F. herabgesetzt wurde, kann daraus zur Konkretisierung dessen, was unter Beachtung des ordre public im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO hinzunehmen ist, für einen Fall mit dem hier fraglichen Auslandsbezug nichts hergeleitet werden (a.A. Stiefel/Stürner aaO S. 842). Die Höhe des zuerkannten Erfolgshonorars entspricht dem nach amerikanischen Verhältnissen Üblichen (vgl. Lange/Black aaO Rdn. 117; Fleming aaO S. 199; Stiefel/Stürner aaO S. 831 m. w.Nachw.; Kölnische Rück/Zeller, Zur Produkthaftpflicht aus Exporten nach USA und ihrer Versicherung Rdn. 51; v. Westphalen RIW/AWD 1981, 141, 147; Völz VersR 1987, 229, 235 f.; Sabella VersR 1990, 1186, 1191), wobei zu berücksichtigen ist, daß bei dieser Art der Vereinbarung der amerikanische Rechtsanwalt die Kosten der Rechtsverfolgung vorschießen muß und das Risiko des rechtlichen wie wirtschaftlichen Mißerfolgs trägt (vgl. Zekoll Produkt ![]() ![]() | 50 |
V. | |
Erfolg hat die Revision, soweit im Urteil des Superior Court zugunsten des Klägers ein Anspruch auf exemplary and punitive damages in Höhe von US-Dollar 400000 tituliert ist. Hierzu hat das Berufungsgericht die Auffassung vertreten, eine Vollstreckbarerklärung könne - nur - in dem Umfang stattfinden, in dem durch diese Summe Anwaltskosten abgedeckt seien, deren Höhe jedoch ebenfalls einer ordre public-Kontrolle unterzogen werden müsse. Dies führe dazu, daß nicht die im Urteil des Superior Court ausgewiesene Höhe von 40% der jeweiligen Urteilssumme, sondern lediglich eine solche von 25% anerkannt werden könne. Demnach ergebe sich ein für vollstreckbar zu erklärender Teil der punitive damages in Höhe von US-Dollar 55065.
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Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision des Beklagten nicht stand. Ein ausländisches Urteil auf Strafschadensersatz von nicht unerheblicher Höhe, der über den Ausgleich erlittener materieller und immaterieller Schäden hinaus pauschal zuerkannt wird, kann insoweit in Deutschland regelmäßig insgesamt nicht für vollstreckbar erklärt werden.
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1. Punitive or exemplary damages werden nach dem Recht der meisten Einzelstaaten der USA - einschließlich Kaliforniens ![]() ![]() ![]() ![]() | 53 |
Die Höhe der zuerkannten Beträge richtet sich nach dem Ermessen des Gerichts, das üblicherweise den Charakter der Verletzungshandlung, Art und Ausmaß der Beeinträchtigung für den Kläger (Großfeld aaO S. 63; Stiefel/Stürner aaO S. 835), aber auch die Vermögensverhältnisse des Schädigers berücksichtigt (Prosser aaO S. 11 f.; Ed. note in 70 Harvard Law Review 517,528, jeweils m. w.Nachw.; Kionka aaO S. 374; The American Law Institute aaO S. 253; Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 68). Teilweise wird ein Vielfaches der auszugleichenden sonstigen Schäden festgesetzt (Hoechst, Produzentenhaftung S. 73 f. und VersR 1983, 13, 14; so auch im Ausgangsfall bei Drolshammer/Schärer SJZ 1986, 309, 310). Zuweilen werden zugesprochene Schmerzensgeldbeträge (damages for pain and suffering) und Strafschadensersatz - anders als im vorliegenden Falle - nicht getrennt ausgewiesen, so daß eine einheitliche Summe zur Abgeltung anderer als materieller Schäden zugleich einen Schmerzensgeldanteil enthält (Großfeld aaO S. 62; Hoechst VersR 1983, 13, 15; vgl. aber auch Stoll, Encyclopedia Anm. 8-107 über Fußn. 801 und 802). Nicht einmal Verdienstausfallschäden werden - bei Jury-Entscheidungen - stets ausgesondert (Heidenberger RIW 1990, 804, 807).
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Werden mehrere durch eine einzige Handlung geschädigt, so kann im allgemeinen jedem Opfer selbständig Strafschadensersatz in voller Höhe zuerkannt werden (Fleming aaO S. 220 f.; The American Law Institute aaO S. 260 f.).
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2. Auf dieser Grundlage ist das Berufungsgericht zutreffend und unangefochten davon ausgegangen, daß es sich bei der Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von punitive damages nicht um eine Kriminalstrafe handelt, die der Vollstreckbarerklärung gemäß § 722,723 ZPO von vornherein entzogen wäre, sondern daß sie einen zivilrechtlichen Zahlungsanspruch zum Gegenstand hat. Hierfür bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob diese Frage allein nach ausländischem Recht, allein nach deutschem Recht oder im Wege einer Doppelqualifikation nach beiden Rechtsordnungen übereinstimmend zu beantworten ist (vgl. hierzu Martiny, Handbuch Rdn. 500 und 35 AmJCompL ![]() ![]() | 56 |
Nach amerikanischem Rechtsverständnis werden punitive damages ungeachtet ihrer Bestrafungs- und Abschreckungsfunktion allgemein dem Zivilrecht zugeordnet (Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr S. 255; Kionka aaO S. 373; Großfeld aaO S. 61 f.; Stürner/Stadler IPrax 1990, 157, 158, jeweils m. w.Nachw.). Mit dieser Begründung hat der US Supreme Court einen Verstoß des Strafschadensersatzes unter anderem gegen das Verbot der Doppelbestrafung ausgeschlossen (vgl. Peterson IPrax 1990,187 ff.; Ebke RIW 1990,145 f.).
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Aus deutscher Sicht gilt nichts anderes. Danach sind Urteile in Zivilsachen (§ 13 GVG), also jedenfalls Entscheidungen über das Bestehen oder Nichtbestehen privater Rechte und Rechtsverhältnisse gleichgeordneter Parteien (vgl. zu dieser Abgrenzung GmS-OGB BGHZ 97,312, 313 f.; 102,280, 283 f.; 108,284, 286 f.; BGH, Urt. v. 28. Februar 1991 - III ZR 53/90, NJW 1991, 1686, 1687), anerkennungsfähig. In diesem Sinne stellen punitive damages grundsätzlich eine besondere Art des Schadensersatzes zwischen Privatpersonen dar, unabhängig von den rechtspolitischen Erwägungen, aus denen dieser eingeführt worden ist. Er wird auf Veranlassung eines Einzelnen beigetrieben. Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - der Strafschadensersatz an den Geschädigten selbst zu entrichten ist, handelt es sich um den Gegenstand einer Zivilsache (OLG München NJW 1989,3102 mit insoweit zustimmender Anm. v. Greger S. 3103; Zöller/Geimer aaO § 328 Rdn. 77; Linke aaO Rdn. 374 a.E.; Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 151 und 37 AmJCompL 301,324 f.; Schack, IZPR Rdn. 605,818 und Einführung S. 35; Stiefel/Stürner aaO S. 837; Stürner/Stadler aaO S. 158; Siehr aaO S. 808; v. Westphalen RIW/AWD 1981, 141, 143; Böhmer NJW 1990, 3049, 3051; für das Schweizer Recht: Zivilgericht Basel in Basler JurMitt 1991, 31, 32 f.; Bezirksgerichtspräsidium von Sargans bei Drolshammer/Schärer aaO S. 310 - a.A. Schütze FS Nagel S. 397 und WM 1986, 633, 635; Wölki RIW 1985,530, ![]() ![]() | 58 |
3. Die Vollstreckbarerklärung des US-amerikanischen Urteils, das die Verpflichtung zur Zahlung von punitive damages ausspricht, scheitert jedoch regelmäßig am materiellen ordre public gemäß §§ 723 Abs. 2 Satz 2,328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO (ebenso Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 152 ff.; Schack IZVR Rdn. 869; Hoechst, Produzentenhaftung S. 122 und VersR 1983, 13, 16 f.; Schütze, Urteilsanerkennung S. 163,169 ff. und FS Nagel S. 399 f.; Greger NJW 1989, 3103, 3104 in Anm.; für das Schweizer Recht: Drolshammer/Schärer aaO S. 315 ff. - a. A. wohl v. Westphalen RIW/AWD 1981, 141, 148 f.).
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a) Die moderne deutsche Zivilrechtsordnung sieht als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung nur den Schadensausgleich (§§ 249 ff. BGB), nicht aber eine Bereicherung des Geschädigten vor (Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich Bd. II S. 17 ff.). Frühere Privatstrafklagen, insbesondere wegen Beleidigung, sollten ausgeschlossen sein (Bericht der Reichstags-Kommission über den Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und Einführungsgesetzes S. 98). Das gilt unabhängig davon, ob der Ersatzanspruch vor dem Zivilgericht oder im Anhangsverfahren vor dem Strafgericht (§§ 403 ff. StPO) geltend gemacht wird. Die Bestrafung und - im Rahmen des Schuldangemessenen - Abschreckung sind mögliche Ziele der Kriminalstrafe (§§ 46 f. StGB), die als Geldstrafe an den Staat fließt, nicht des Zivilrechts.
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Auch die Erwägung, dem Opfer als Kläger eine Vergünstigung zukommen zu lassen, findet ihre Erklärung in einem Verständnis des Privatrechts als Lebensordnung mit generalpräventiver Wirkung (Stürner, Festschrift für Stiefel S. 763,783): Anstelle des Staates tritt der Einzelne als privater Staatsanwalt ![]() ![]() | 61 |
Die nach US-amerikanischem Verständnis im Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigte Bestrafungs- und Abschreckungsfunktion der punitive damages kann insbesondere nicht mit der Genugtuungsfunktion verglichen werden, die nach inländischen Grundsätzen im Bereich der Zumessung von Schmerzensgeld nach § 847 BGB und bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu berücksichtigen ist (vgl. dazu Großer Senat für Zivilsachen in BGHZ 18,149, 154 ff.; BGHZ 26,349, 353 ff.; 39,124, 133; BGH, Urt. v. 16. Dezember 1975 - VI ZR 175/74, JZ 1976,599, v. 11. Juni 1982 - VI ZR 247/80, NJW 1982,2123). Zum einen steht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht sie, sondern die Rücksicht auf Höhe und Maß der Lebensbeeinträchtigung (Grad und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen) im Vordergrund, während das Rangverhältnis der übrigen Umstände den Besonderheiten des Einzelfalles zu entnehmen ist (vgl. BGH, Urt. v. 3. November 1959 - VI ZR 193/58, VersR 1960, 252, 253). Zum anderen begründet die Genugtuungsfunktion keinen unmittelbaren Strafcharakter des Schmerzensgeldes (BGHZ 18,149, 155). Sie ist vielmehr untrennbar mit der dem Schmerzensgeldanspruch zugleich innewohnenden Ausgleichsfunktion verknüpft (BGH, Urt. v. 6. Dezember 1960 - VI ZR 73/60, VersR 1961,164 f.) und bringt immer eine gewisse, durch den Schadensfall hervorgerufene persönliche Beziehung zwischen Schädiger und Geschädigtem zum Ausdruck (BGHZ 18,149, 157). Dies ändert sich auch dann nicht, wenn die Genugtuungsfunktion im Einzelfall in den Vordergrund der Schmerzensgeldbemessung tritt, weil angesichts der Unmöglichkeit eines Ausgleichs immaterieller Schäden nur ![]() ![]() | 62 |
Für die Bestimmung des nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu beachtenden ordre public kann die Genugtuungsfunktion eines Schmerzensgeldanspruchs nach deutschem Recht mithin nur herangezogen werden, soweit die punitive damages auch immaterielle Schäden ausgleichen sollen (Stiefel/Stürner aaO S. 841; Siehr aaO S. 707; a.A. wohl v. Westphalen RIW/AWD 1981, 141, 147 ff.). Im Streitfall ist dies aber bereits durch gesondertes Zuerkennen einer Entschädigung für pain and suffering uneingeschränkt geschehen. Für ein darüber hinausgehendes Genugtuungsbedürfnis des Klägers ist sogar unter voller Berücksichtigung der hohen Bedeutung, die nach dessen Darstellung die körperliche Unversehrtheit in den USA genießt, nichts ersichtlich.
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b) Anders kann es sich möglicherweise verhalten, soweit mit der Verhängung von Strafschadensersatz restliche, nicht besonders abgegoltene oder schlecht nachweisbare wirtschaftliche Nachteile pauschal ausgeglichen oder vom Schädiger durch die unerlaubte Handlung erzielte Gewinne abgeschöpft werden sollen (so Zivilgericht Basel in Basler JurMitt 1991, 31, 36 f.; vgl. auch Assmann BB 1985, 15, 23). In diesem Zusammenhang kommt allgemein auch die Abwälzung der Prozeßkosten oder anderer nicht selbständig ersatzfähiger Verzugsschäden auf den Beklagten in Betracht (vg. Martiny, Handbuch Rdn. 507). Jedoch enthalten hier weder das Urteil noch die Verhandlungsniederschrift des Superior Court zuverlässige Hinweise darauf, daß mit der Zubilligung von punitive damages die Gesamtprozeßkostenlast des Klägers erfaßt werden sollte. Der Anteil von 40%, welcher seinem Rechtsanwalt als Vergütung zuerkannt wurde, fällt auf sämtliche tatsächlich entrichteten Schadensersatzbeträge unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung an. Die zum Ausgleich für Heilungskosten sowie als Schmerzensgeld (damages for pain and suffering) ausgewiesenen Summen sind auch nicht etwa so genau und knapp kalkuliert, daß sie nicht ihrerseits schon einen Kostenanteil umfassen könnten. Die Erwägung des Gerichts - vor allem einer Jury -, einen Kostenausgleich zu schaffen, kann in den USA allgemein schon zu erhöhten compensatory damages führen (Fleming aaO S. 226; Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 153 f.; v. Hülsen RIW/AWD 1982, 1, 9). ![]() | 64 |
![]() | 65 |
c) Eine solche Verallgemeinerung wird aber weder von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts noch von den Behauptungen des Klägers getragen.
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Erhebungen darüber, wie oft US-amerikanische Gerichte mit der Verhängung von Strafschadensersatz unter anderem bezwecken, Kläger von ihrer gesamten Last an außergerichtlichen Kosten freizustellen, fehlen (vgl. im Gegenteil Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 117). In älteren Veröffentlichungen wird ein solcher Beweggrund überhaupt noch nicht genannt (vgl. die Nachweise bei Großfeld aaO S. 50,52 f.). Sogar neuere Entscheidungen erwähnen ein derartiges Motiv nur ausnahmsweise (vgl. die Zusammenstellung bei v. Westphalen RIW/AWD 1981, 141, 144 ff.). Im Staate New York werden beispielsweise bei der Jury-Belehrung allein Bestrafung und Abschreckung als Zwecke der punitive damages genannt (vgl. Madden aaO S. 317 Fn. 6).
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Ohne eindeutig nachvollziehbare Hinweise des ausländischen Gerichts selbst ist das um die Vollstreckbarerklärung angegangene deutsche Gericht gehindert, die tatsächlichen Beweggründe im Einzelfalle zu erforschen. Wie ausgeführt (oben 1), kann ein solcher US-amerikanischer Spruch regelmäßig auf mehreren verschiedenen Motiven jeweils allein oder in Verbindung mit anderen beruhen, sofern er überhaupt den aner ![]() ![]() | 68 |
Der Senat hält es auch nicht für zulässig, insoweit für das ausländische Urteil stets den für eine Anerkennung günstigsten denkbaren Fall einer möglichst vollständigen Wahrung der Ausgleichsfunktion zu unterstellen (so aber im Ergebnis Stiefel/ Stürner aaO S. 837,840 f.). Das entspräche nicht der Rechtswirklichkeit, weil diese Sichtweise für den erkennenden Richter im Ausland belanglos war. Zudem liefe ein solcher Ansatz auf eine einseitige Besserstellung des Gläubigers im Verhältnis zum Schuldner ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Inhalt des ausländischen Urteils, also möglicherweise auf eine Haftungserweiterung hinaus. Eine solche Betrachtungsweise wird nicht einmal durch die Rücksichtnahme auf den konkreten ausländischen Hoheitsakt geboten.
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Unerheblich ist hierfür die Frage nach der Teilbarkeit einer Anerkennung des ausländischen Urteils, die auch der Senat grundsätzlich bejaht. Sie kann immer erst in Betracht kommen, wenn das ausländische Urteil, das eine einheitliche Rechtsfolge mit mindestens teilweise, möglicherweise aber vollständig ordre public-widrigem Inhalt ausspricht, selbst genügend Anhaltspunkte für eine sichere Aufspaltung in hinzunehmende oder für die deutsche Rechtsordnung schlechthin unverträgliche Rechtsfolgen enthält. Eine Aufteilung nach dem freien Ermessen des deutschen Anerkennungsrichters ist insoweit ausgeschlossen.
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d) Statt dessen ist in derartigen Fällen auf den Schwerpunkt der nicht im einzelnen aufteilbaren Rechtsfolge abzustellen, die das ausländische Urteil als Einheit ausspricht. Vorrangig sind dabei die nach dem Urteil im jeweiligen Einzelfalle maßgeblichen Umstände auszuwerten. Legt das Urteil sie, wie hier, nicht offen, so ist das zugrundeliegende ausländische Rechtsinstitut als Ganzes zu erfassen. Entscheidend ist sodann, welche ![]() ![]() | 71 |
Bei dieser Sicht wird der US-amerikanische Strafschadensersatz geprägt durch die Momente der Bestrafung und Abschreckung (ebenso The American Law Institute aaO S. 231, 236, 247; Madden aaO S. 316; Kionka aaO S. 374; Fleming aaO S. 214; Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 152 f., 156 und 37 AmJ- CompL 301,325 ff.). Aus ihnen ist er geschichtlich hervorgegangen (Großfeld aaO S. 49 ff.; Ed. note in 70 Harvard Law Review 517,518 ff.; Siehr aaO 705 f.), sie wirken auch heute noch regelmäßig mit auf die Festsetzung ein (Großfeld aaO S. 69 f.; Schütze, FS Nagel S. 397; vgl. auch die Einzelnachweise bei v. Westphalen RIW/AWD 1981, 141, 144 ff.). Maßgebliche Voraussetzung ist allein der gesteigerte Schuldvorwurf. Das Fehlen eines Rechtsanspruchs des Geschädigten zeigt das untergeordnete Gewicht seiner privaten Interessen. Da zudem keine meßbare allgemeine Beziehung der festzusetzenden Beträge zu den erlittenen Schäden besteht, tritt der Ausgleichsgedanke im Regelfalle zurück (ebenso Großfeld aaO S. 63; Siehr aaO S. 707).
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e) Davon ausgehend, ist es mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar, pauschal zuerkannten Strafschadensersatz von nicht unerheblicher Höhe im Inland zu vollstrecken.
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aa) Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehört der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der auch in der Zivilrechtsordnung Geltung beansprucht (Stiefel/Stürner aaO S. 840 f.; Stürner/Stadler aaO S. 159; v. Westphalen PHI 1988, 18, 21 f.; LG Heilbronn RIW 1991, 343, 344; vgl. auch BVerfGE 34, 269, 285 f. und § 251 Abs. 2 BGB). Ihm trägt im Zivilrecht unter anderem der Kompensationsgedanke beim Schadensersatz Rechnung: Regelmäßig ist allein der Ausgleich der durch den rechtswidrigen Eingriff gestörten Vermögensverhältnisse der unmittelbar Beteiligten das angemessene Ziel des über den Eingriff geführten Zivilprozesses. Darauf sind dessen Verfahrens- und Beweisregeln zugeschnitten, die den Parteien einen vielfältig bestimmenden Ein ![]() ![]() | 74 |
Hingegen fallen Sanktionen, die der Bestrafung und Abschreckung - also dem Schutz der Rechtsordnung im allgemeinen - dienen, nach deutscher Außassung grundsätzlich unter das Strafmonopol des Staates. Er übt es im öffentlichen Interesse in einer besonderen Verfahrensart aus, in dem einerseits die Amtsermittlung eine höhere Gewähr für die Richtigkeit der Sachentscheidung bieten soll und andererseits die Rechte des Beschuldigten stärker geschützt sind. Aus hiesiger Sicht erscheint es unerträglich, in einem Zivilurteil eine erhebliche Geldzahlung aufzuerlegen, die nicht dem Schadensausgleich dient, sondern wesentlich nach dem Interesse der Allgemeinheit bemessen wird und möglicherweise neben eine Kriminalstrafe für dasselbe Vergehen treten kann (ebenso Greger NJW 1989,3103 f. in Anm.).
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So verhält es sich im Ergebnis mit dem vorliegenden Fall. Der verhängte Strafschadensersatz ist höher als die Summe aller zugesprochenen Ausgleichsbeträge. Sogar das hierauf anfallende Anwaltshonorar zusammen könnte nur gut ein Drittel der punitive damages ausmachen. Für einen sonstigen auszugleichenden Schaden ist nichts ersichtlich. Dann würde eine Vollstreckung den Beklagten übermäßig treffen.
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bb) Die ohne festes Verhältnis zum eingetretenen Schaden nach dem Ermessen des Gerichts verhängten, teilweise außerordentlich hohen punitive damages haben in den USA im Ergebnis mit zu einem raschen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Schadensersatzlast bis an die Grenze des kalkulierbaren und versicherbaren Risikos geführt (vgl. Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 84 ff., 155 f.; Hoechst VersR 1983, 13, 15; Stiefel/ Stürner aaO S. 835: Völz aaO S. 233 f.; Sabella aaO S. 1188,1190 f.).
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Aus deutscher Sicht wären die zivilrechtsfremden Beweggründe sowie das Fehlen hinreichend bestimmter und zuverlässiger Begrenzungen im Falle der Anerkennung derartiger Urteile geeignet, die gesamten inländischen Haftungsmaßstäbe ![]() ![]() | 78 |
cc) Damit ist eine Vollstreckung in Deutschland insoweit ausgeschlossen. Es braucht nicht mehr entschieden zu werden, ob die Vollstreckung von Strafschadensersatz die deutsche öffentliche Ordnung noch aus weiteren Gründen verletzte. Insbesondere kann es offenbleiben, ob die wenig bestimmbaren Voraussetzungen für den Erlaß eines Urteils auf punitive damages und für deren Höhe an Art. 103 Abs. 2 GG zu messen sind, sowie ob die Verurteilung zu Strafschadensersatz neben einer Kriminalstrafe aus deutscher Sicht unter das Verbot der Mehrfachbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) fiele (vgl. dazu Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 152 f.; Hoechst VersR 1983, 13, 17).
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VI. | |
Der Umstand, daß das Urteil des Superior Court wegen des darin verhängten Strafschadensersatzes in Deutschland nicht für vollstreckbar erklärt werden kann, hindert die Anerkennung im übrigen nicht. Entgegen der Meinung der Revision zwingt die Tatsache, daß der Streitgegenstand des Vollstreckungsurteils nicht in dem materiell-rechtlichen Anspruch besteht, der dem ausländischen Titel zugrunde liegt, sondern durch das Begehren des Gläubigers bestimmt wird, diesem Titel im Inland Vollstreckbarkeit zu verleihen, nicht dazu, über die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Zahlungsurteils hinsichtlich der ![]() ![]() | 80 |
Ob eine Teilanerkennung auch hinsichtlich eines einheitlichen materiellen Anspruchs zulässig ist (bejahend Schack, IZVR Rdn. 869 a.E.,1026; Stiefel/Stürner aaO S. 842 f.; Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 123,156 und 37 AmJCompL 301,330; Siehr aaO S. 709: vgl. auch Stürner/Stadler aaO S. 159; Geimer/ Schütze aaO Bd. I/2 § 214,4; Zöller/Geimer aaO § 328 Rdn. 169 - verneinend LG Berlin RIW 1989, 988, 990: für österreichisches Recht Matscher aaO S. 38; für Schweizer Recht Kaufmann-Kohler aaO S. 244), braucht nach dem vom Senat gefundenen Ergebnis nicht entschieden zu werden.
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B. Zur Revision des Klägers | |
I. | |
Der Superior Court hat dem Kläger für Nichtvermögensschäden in Form erlittener Ängste, Schmerzen und Leiden einen Betrag in Höhe von US-Dollar 200000 zuerkannt. Nach den unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts beruht das kalifornische Urteil insoweit auf der Überzeugung, der Kläger sei durch das Verhalten des Beklagten in seiner seelisch- ![]() ![]() | 82 |
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der vom Superior Court ausgesprochenen Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von US-Dollar 200000 soll ein von den getrennt zuerkannten punitive damages zu unterscheidender Ausgleich immaterieller Schäden erfolgen (vgl. hierzu The American Law Institute aaO S. 199 f.; Madden aaO S. 313 f., 324 f., 328 f.; Kionka aaO S. 357 f.; Stiefel/Stürner aaO S. 843; Schütze, FS Nagel S. 396; Siehr aaO S. 707). Dem kann im deutschen Schadensersatzrecht mit einem Schmerzensgeldanspruch gemäß § 847 BGB annähernd Rechnung getragen werden. Sogar wenn der vom Superior Court zur Abgeltung der Nichtvermögensschäden in Ansatz gebrachte Betrag um ein Vielfaches über der Höhe desjenigen liegt, was nach deutschen Vorstellungen bei den zugrunde gelegten tatsächlichen Umständen als Schmerzensgeld in Betracht gekommen wäre, ist der Teil des Urteils, mit dem der Beklagte zur Zahlung von US-Dollar 200000 für immaterielle Schäden des Klägers verurteilt wurde, hier dennoch anzuerkennen.
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1. Wie ausgeführt (oben A IV 3 b), liegt ein Verstoß gegen §§ 723 Abs. 2,328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nur vor, wenn das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts den Grundgedanken ![]() ![]() ![]() ![]() | 84 |
2. In jedem Falle einer Vollstreckung in inländisches Vermögen sind allerdings die Grundrechte zu wahren (vgl. § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und BVerfGE 52, 214, 219). Die Überprüfung, ob durch ein ausländisches Urteil, das nach deutschen Maßstäben weit überhöhte Schadensersatzbeträge zuerkennt, der materielle ordre public verletzt ist, muß sich am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausrichten (oben A V 3 e aa). Die Grenze, bei deren Überschreiten demnach ein im Ausland gewährter Schadensersatzanspruch nicht mehr anerkannt werden kann, ist in jedem Einzelfalle gesondert zu bestimmen. Soweit in der Literatur für die Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Urteile aufgrund Produzentenhaftung gegen deutsche Firmen eine formelhafte Typisierung der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgeschlagen wird (Stiefel/Stürner aaO S. 840,844; vgl. dagegen Martiny, Handbuch Rdn. 1046; Zekoll, Produkthaftpflichtrecht S. 40 und RIW 1990, 302, 305), kann sie jedenfalls für den hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht gelten. Jene Fälle unterscheiden sich im allgemeinen schon durch ihren weitaus stärkeren Inlandsbezug (dazu oben 1) maßgeblich vom vorliegenden Streitfall.
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Umfang und Gewicht des Inlandsbezuges prägen zugleich die für die Verhältnismäßigkeit maßgebenden Wertungen mit. Die deutsche Rechtsordnung nimmt in gewissen Grenzen auch abweichende fremde Wertmaßstäbe hin, die einen ausländischen Richterspruch bestimmt haben. Jedenfalls dann, wenn beide Parteien US-amerikanische Staatsbürger sind, der Tatort in den USA gelegen ist und zudem der Verurteilte zur Zeit der Tat und des Beginns der Rechtshängigkeit des amerikanischen Schadensersatzprozesses dauernden Wohnsitz in Amerika hatte, liegt sogar unter Berücksichtigung der gleichzeitig vorhandenen deutschen Staatsangehörigkeit des Verurteilten ein dermaßen ![]() ![]() | 86 |
Das trifft um so mehr zu, wenn - wie im Streitfall - die zuerkannte Schadensersatzforderung die Sanktion für ein vorsätzliches, eine Straftat darstellendes Verhalten des Schädigers darstellt, dessen Konsequenzen nach US-amerikanischem Recht für ihn bei der Tatbegehung absehbar gewesen sein müssen. Gewichtige inländische allgemeine Interessen werden dann nicht berührt.
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Anhaltspunkte dafür, daß der dem Kläger für seinen immateriellen Schaden zugesprochene Betrag sich nicht mehr im Rahmen dessen bewegt, was nach US-amerikanischem, insbesondere kalifornischem Recht, zur Abgeltung sogenannter noneconomic damages üblich ist, liegen nicht vor (vgl. hierzu The American Law Institute aaO S. 202 f., 220,223; Stiefel/Stürner aaO S. 843 f.; Schubert aaO S. 39; Sabella aaO S. 1190 jeweils m. w.Nachw.).
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3. Ob anderes gelten müßte, wenn die dem Kläger zuerkannten Schadensersatzbeträge zu der finanziellen Leistungskraft des Beklagten außer jedem Verhältnis stünden, kann offenbleiben. Dazu behauptet der Beklagte selbst nichts. Aus den Feststellungen zu seiner Vermögenssituation, die im Protokoll des Superior Court vom 23. April 1985 enthalten sind, ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.
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...
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C. | |
Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts im Ergebnis insoweit teilweise aufzuheben, als es dem Urteil des Superior Court die Vollstreckbarerklärung über einen Betrag von US-Dollar 275325 hinaus versagt hat, § 564 Abs. 1 ZPO. Da ![]() ![]() ![]() | 91 |
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