BVerfGE 21, 271 - Südkurier | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: A. Tschentscher, Djamila Strößner | |||
1. Die Frist für die Einlegung der Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung. |
2. Das Grundrecht der Pressefreiheit kann einer inländischen juristischen Person zustehen. |
3. Die Pressefreiheit umfaßt auch den Anzeigenteil. |
4. Das Verbot der Veröffentlichung von Stellenangeboten für eine Beschäftigung von Arbeitnehmern im Ausland (§ 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG) verstößt gegen das Grundrecht der Pressefreiheit. |
Urteil |
des Ersten Senats vom 4. April 1967 auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 1967 |
- 1 BvR 414/64 - |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der ... - Bevollmächtigte. Rechtsanwalt ..., Rechtsanwalt ... - unmittelbar gegen 1. die Verfügung des Arbeitsamts Konstanz vom 19. Juni 1959, 2. den Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts Konstanz vom 27. Juli 1959 - I a 5742-W 179 - 3. das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 1961 - L 5 a Ar 1423/60 - 4. das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. Februar 1964 - 7 Rar 15/62 -, mittelbar gegen § 37 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (BGBl. I S. 321). |
Entscheidungsformel: |
1. Die Verfügung des Arbeitsamts Konstanz vom 19. Juni 1959, der Widerspruchsbescheid des Arbeitsamts Konstanz vom 27. Juli 1959 - I a 5742-W 179 -, das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. November 1961 - L 5 a Ar 1423/60 - und das Urteil des Bundessozialgerichts vom 14. Februar 1964 - 7 RAr 15/62 - verletzen das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes und werden aufgehoben. |
2. § 37 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. April 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 321) ist nichtig. |
3. Die Sache wird an das Bundessozialgericht zurückverwiesen. |
Gründe: | |
A. - I. | |
Die Arbeitsvermittlung, die das Monopol der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung ist (siehe hierzu das Urteil vom 4. April 1967 - 1 BvR 126/65 -), besteht nach der Definition des § 37 Abs. 1 AVAVG in einer
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Gegenüber der Tätigkeit der Presse ist die Arbeitsvermittlung im nächsten Absatz wie folgt abgegrenzt:
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Die Herausgabe von Listen über Stellenangebote und -gesuche fällt unter das Vermittlungsmonopol (§ 37 Abs. 2 Satz 1). Die Veröffentlichung von Stellenangeboten und -gesuchen allgemein (praktisch für das Inland) ist der Presse erlaubt (ebenda Satz 2), sofern dies nicht der Hauptzweck des Presseerzeugnisses ist. Die Veröffentlichung von Stellenangeboten für eine Beschäftigung im Ausland ist jedoch nur mit der vorherigen Zustimmung der Bundesanstalt gestattet (ebenda Satz 3).
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Dementsprechend lautet § 37 Abs. 2 AVAVG:
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Als Arbeitsvermittlung gilt auch die Herausgabe und der Vertrieb sowie der Aushang von Listen über Stellenangebote und Stellengesuche einschließlich der den Listen gleichzuachtenden Sonderdrucke und Auszüge aus periodischen Druckschriften sowie die Bekanntgabe von Stellenangeboten und Stellengesuchen im Rundfunk. Die Aufnahme von Stellenangeboten und Stellengesuchen in Zeitungen, Zeitschriften, Fachblättern und ähnlichen periodisch erscheinenden Druckschriften wird hierdurch nicht eingeschränkt, es sei denn, daß die Veröffentlichung von Stellenangeboten und Stellengesuchen Hauptzweck der Presseerzeugnisse ist. Die Veröffentlichung von Stellenangeboten für eine Beschäftigung von Arbeitnehmern im Ausland bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung der Bundesanstalt.
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Weiterhin bestimmt § 42 Abs. 1 Satz 1 AVAVG:
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Die Arbeitsvermittlung und Anwerbung von Arbeitnehmern für eine Beschäftigung im Ausland ... führt ... die Bundesanstalt durch.
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II. | |
1. Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, verlegt in Konstanz die Tageszeitung "Südkurier". Im Jahre 1959 beantragte sie beim Arbeitsamt nach § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG die Zustimmung zur Veröffentlichung von fünf Stellenangeboten, mit denen Schweizer Arbeitgeber Schneiderinnen, eine Friseuse, je einen Schreiner, Drucker und Hochbauingenieur für eine Beschäftigung in der Schweiz suchten. Das Arbeitsamt hat die Zustimmung versagt, und zwar, wie der Widerspruchsbescheid ergibt, weil die gesuchten Arbeitnehmer zu den "Mangelberufen" gehörten.
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2. Das Sozialgericht legt die Vorschrift dahin aus, daß sie nur angemessene Arbeitsbedingungen sichern und nicht die Abwerbung von Fachkräften, die den Mangelberufen angehörten, hindern solle, und hat daher zugunsten der Beschwerdeführerin entschieden. Das Landessozialgericht und das Bundessozialgericht haben den Standpunkt des Arbeitsamts gebilligt.
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Das Bundessozialgericht (BSG 20, 169) hält sowohl das Monopol an sich als auch die besondere Vorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG für verfassungsmäßig. Letztere hindere nicht die freie Wahl des Arbeitsplatzes für die Arbeitnehmer, da ihnen der Wechsel des Arbeitsplatzes nicht beschränkt werde. Für die Zeitungsverleger enthalte sie nur eine Berufsausübungsregelung; diese sei durch die Nachteile geboten, die durch eine Abwerbung von Arbeitskräften ins Ausland, insbesondere in Mangelberufen, der deutschen Volkswirtschaft drohten. Die Vorschrift sei ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und genüge dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Bindung der Verwaltung an das Gesetz.
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Mit der Pressefreiheit sei sie vereinbar. Diese umfasse zwar auch den Anzeigenteil, finde aber ihre Grenze in den allgemeinen Gesetzen. Dazu gehörten die Gesetze, die höherrangige Rechtsgüter schützten, hier die Interessen der Allgemeinheit, die durch die Abwerbung von Fachkräften aus Mangelberufen ins Ausland geschädigt werden würden. Dies gelte auch für die Informationsfreiheit. Eine Zensur entfalle schon deshalb, weil die Tätigkeit der Bundesanstalt nicht gegen eine bestimmte Meinungsäußerung oder Meinungsbildung gerichtet sei. Im übrigen schütze die Verfassung nicht die Presse als Einnahmequelle des Verlegers, sondern wegen ihrer besonderen Funktion im Interesse der Öffentlichkeit.
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III. | |
Dieses Urteil bekämpft die Beschwerdeführerin, weil es die Art. 5, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG verletze; sie erstrebt die Aufhebung auch der dem Urteil des Bundessozialgerichts vorausgegangenen, ihr ungünstigen Hoheitsakte.
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Die grundsätzliche Frage der Verfassungsmäßigkeit des Vermittlungsmonopols läßt sie dahinstehen. Sie greift nur das Verbot des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG an, das sie für nichtig hält, vornehmlich weil es gegen die Pressefreiheit verstoße, die auch den Anzeigenteil umfasse. Es überschreite die der Arbeitsvermittlung gesetzte Aufgabe, die Übervorteilung der Arbeitsuchenden durch gewerbsmäßige Arbeitsvermittler zu verhindern und eine Vollbeschäftigung anzustreben; nur die so begriffene Arbeitsvermittlung rechtfertige das Monopol.
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Der natürliche Begriff der Arbeitsvermittlung und die Verkehrsauffassung sprächen dagegen, in der Veröffentlichung des Stellenmarktes durch die Presse eine Arbeitsvermittlung zu sehen. Ebensowenig liege eine Anwerbung vor.
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Es handele sich also um eine partielle Nachrichtensperre und nicht um ein allgemeines Gesetz i. S. des Art. 5 Abs. 2 GG. Im übrigen könne ein solches das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG nicht unbeschränkt ausschalten, sondern nur, soweit im einzelnen Fall die durch das allgemeine Gesetz geschützten Rechtsgüter den Vorrang vor den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG hätten.
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Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stelle eine Zensur dar; diese sei uneingeschränkt und selbst beim etwaigen Vorliegen eines allgemeinen Gesetzes verboten. Dem Bund fehle nach Art. 74 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz für das Verbot. Hilfsweise habe die Verletzung des Zitiergebots aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG die Nichtigkeit der Gesetzesbestimmung zur Folge. Das Fehlen jeden gesetzlichen Anhalts dafür, unter welchen Voraussetzungen die Bundesanstalt die Erlaubnis zu erteilen oder zu versagen habe, verstoße gegen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Das Publikationsverbot lege auch durch eine einseitig die inländischen Arbeitgeber begünstigende Politik den Zeitungsverlegern unzumutbare Sonderopfer auf und verletze damit Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG.
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IV. | |
Die Bundesregierung und die Bundesanstalt halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Das zur Rede stehende Verbot sei ein allgemeines Gesetz und daher mit der Pressefreiheit vereinbar, die auch den Anzeigenteil umfasse.
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Durch die Veröffentlichung des Stellenmarktes betreibe die Presse eine jedem verbotene Arbeitsvermittlung. Die Legaldefinition der Arbeitsvermittlung in § 37 Abs. 1 AVAVG sei der Rechtslehre und Rechtsprechung entnommen und umfasse auch alle im Absatz 2 dieser Vorschrift aufgeführten Tätigkeiten. Die Presse übe eine Mittlerfunktion aus: durch die Aufnahme einer Anzeige eröffne sie die Möglichkeit, daß die künftigen Partner eines Arbeitsvertrags Verbindung miteinander aufnähmen. Die Einbeziehung der in § 37 Abs. 2 Satz 1 AVAVG bezeichneten Tätigkeiten in das Monopol diene lediglich der Klarstellung und erweitere es nicht. Umgekehrt enthalte die Herausnahme der Veröffentlichung des inländischen Stellenmarktes aus dem Monopol durch den folgenden Satz eine konstitutive Ausnahme, die deshalb gerechtfertigt sei, weil Mißbräuche hier nicht vorkämen.
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Anders liege es aber bei den Stellenangeboten für das Ausland. Deren Einschränkung sei aus dem übergeordneten Grunde der staatlichen Daseinsvorsorge erforderlich; dem Mangel an inländischen Arbeitskräften solle vorgebeugt, deutsche Arbeiter sollten vor einer unbesonnenen Aufnahme von Arbeit im Ausland bewahrt werden; zur Bekämpfung des Mädchenhandels sei das Verbot unentbehrlich. Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt sei auch das mildere Mittel gegenüber einem an sich zulässigen Verbot an den ausländischen Arbeitgeber, Stellen für eine Beschäftigung im Ausland anzubieten oder auch nur Verbindung mit deutschen Arbeitnehmern aufzunehmen.
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Wenn nicht unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsvermittlung, so sei das Verbot jedenfalls deshalb ein allgemeines Gesetz, weil es die durch § 42 Abs. 1 Satz 1 AVAVG jedem untersagte Anwerbung für das Ausland betreffe; hierunter fielen auch Zeitungsanzeigen. Zu den allgemeinen Gesetzen i. S. des Art. 5 GG gehöre das Verbot schließlich deshalb, weil die von ihm geschützten Gemeinschaftswerte einen höheren Rang hätten als der Wert der insoweit nur geringfügig eingeschränkten Pressefreiheit.
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Für den Regelfall genüge die Beschränkung der inländischen Presse; die Veröffentlichung des Stellenmarktes durch ausländische Zeitungen habe nur eine geringe Wirkungsbreite. Die Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Frankfurt/Main gewähre interessierten Arbeitnehmern Auskünfte über bestimmte Arbeitsmöglichkeiten im Ausland. Im ganzen beeinträchtige das Verbot die wirtschaftliche Existenzmöglichkeit der Presse nicht. Von den Anträgen auf Zustimmung würden weniger als 20%, in manchen Landesarbeitsämtern nur 7% abgelehnt. Nur in den an der Grenze gelegenen Arbeitsämtern steige die Ablehnungsquote bis auf 30%, vornehmlich weil Arbeitnehmer gerade aus Mangelberufen angeworben oder deutsche Arbeitnehmer geschützt werden sollten.
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Die übrigen Rügen der Verfassungsbeschwerde seien unbegründet.
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B. | |
1. Die Verfassungsbeschwerde ist rechtzeitig. Zwar ist das Urteil des Bundessozialgerichts am 14. Februar 1964 verkündet worden, die Verfassungsbeschwerde aber erst am 17. Juli 1964 eingegangen. Die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde begann jedoch nicht schon mit der Verkündung, sondern erst mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung (BVerfGE 18, 192); denn nach §§ 135, 136 SGG ist eine solche Zustellung - auch der unanfechtbaren Urteile - von Amts wegen vorzunehmen. Sie ist am 23. Juni 1964 erfolgt.
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2. Das Grundrecht der Pressefreiheit ist nicht auf natürliche Personen oder Personengesellschaften (vgl. BVerfGE 20, 162 [171]) beschränkt. Auch ein Zeitungsverlag, der, wie hier, in der Rechtsform einer inländischen GmbH betrieben wird, ist im Pressewesen tätig (BVerfGE 10, 118 [121]); insoweit ist das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG seinem Wesen nach auf eine inländische juristische Person anwendbar.
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C. | |
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen das Urteil des Bundessozialgerichts und die ihm vorausgehenden, der Beschwerdeführerin ungünstigen Hoheitsakte, mittelbar und vornehmlich gegen das Verbot des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG, das die unmittelbar angegriffenen Hoheitsakte für verfassungsmäßig angesehen und zuungunsten der Beschwerdeführerin angewandt haben.
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Das bezeichnete Verbot verstößt gegen die Pressefreiheit.
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I. | |
Die Pressefreiheit umfaßt auch den Anzeigenteil.
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Allerdings äußert der Verlag, der eine Anzeige drucken läßt, keine eigene Meinung; zu dem Inhalt der Anzeige verhält er sich neutral, eine Verantwortung für seine Richtigkeit übernimmt er nicht. Daß es im freien Belieben des Verlages steht, die Annahme gewisser, ihm nicht genehmer Anzeigen abzulehnen, ist praktisch ohne Bedeutung.
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Das Grundrecht der Freiheit der Presse beschränkt sich aber nicht darauf, Presseorgane vor Eingriffen der öffentlichen Gewalt in die Verbreitung ihrer eigenen Meinung zu schützen. In weitem Umfange begnügt sich die Presse in ihrem redaktionellen Teil damit, reine Nachrichten weiterzugeben, und enthält sich dabei der Stellungnahme zu der Richtigkeit der verbreiteten Nachricht und erst recht der Verwertung dieser Nachricht als einer Grundlage für eine eigene Meinungsäußerung. Dabei ist es selbstverständlich, daß die Schriftleitung unter den ihr zugegangenen Nachrichten eine gewisse Auswahl treffen muß zwischen ihr wichtig, also zur Verbreitung geeignet erscheinenden und weniger wichtigen oder unwichtigen, die sie von der Verbreitung ausschließt. Daß auch eine solche Verbreitung reiner Nachrichten ohne eigene Stellungnahme von der Pressefreiheit geschützt ist, kann nicht zweifelhaft sein; diese läßt eine Nachrichtensperre nicht zu. Daher beginnt die Pressefreiheit nicht erst mit der pressemäßigen Verbreitung einer eigenen Meinung, sondern umfaßt bereits die Beschaffung der Information und deren Verbreitung (so die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, zuletzt BVerfGE 20, 162 [176]).
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Auch eine Anzeige stellt eine Nachricht dar. In der Regel gibt die Anzeige keine Meinung des Anzeigenden wieder, sondern fordert lediglich nicht bekannte mögliche Leser auf, ihm ein Angebot zum Abschluß eines Vertrags über den in der Anzeige bezeichneten Gegenstand zu machen. Es kommt aber auch vor, daß der Anzeigende seine eigene Meinung verbreiten will; so bedienen sich politische Parteien, wirtschaftliche und kulturelle Vereinigungen sowie Einzelpersonen häufig des Anzeigenteils von Zeitungen, um ihren Standpunkt der Allgemeinheit gegenüber zu vertreten und für ihre Bestrebungen zu werben. In allen diesen Fällen bringt die Presse die Anzeige, ebenso wie Nachrichten im redaktionellen Teil, ihren Lesern ohne eigene Stellungnahme zur Kenntnis und informiert sie lediglich über die in den Anzeigen enthaltenen wirtschaftlichen Möglichkeiten oder über die in ihnen etwa enthaltenen, von anderen geäußerten Meinungen. Dies gehört zu der typischen Aufgabe der Presse.
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Außerdem ist der Anzeigenteil allgemein geeignet, die Anliegen der inserierenden Stellen zu offenbaren, und läßt daher einen gewissen Schluß auf die kulturelle, politische und wirtschaftliche Lage im Bereich des Verbreitungsgebietes der Zeitung zu. Diese Möglichkeit sucht gerade ein der Pressefreiheit abgeneigter Staat zu behindern, indem er auch den Anzeigenteil kontrolliert.
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Das Ergebnis, daß in der Veröffentlichung von Anzeigen die Weiterverbreitung von Nachrichten liegt und daß schon deshalb auch der Anzeigenteil von der Pressefreiheit umfaßt ist, enthebt das Gericht der Prüfung der weiteren Frage, ob die Einnahmen aus dem Anzeigenteil die unentbehrliche wirtschaftliche Voraussetzung für das Bestehen einer vom Staat unabhängigen Presse sind und auch aus diesem Grunde durch staatliche Maßnahmen nicht beeinflußt werden dürfen.
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II. | |
Demnach enthält das Verbot des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG eine Beschränkung der Pressefreiheit; es hindert den Verlag, Anzeigen nach seinem eigenen Ermessen zu veröffentlichen. Vor dem Grundrecht der Pressefreiheit vermag es daher nur zu bestehen, wenn es ein allgemeines Gesetz i. S. von Art. 5 Abs. 2 GG ist. Als solches kann es aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn die im Verbot bezeichnete Tätigkeit nur der Presse und nicht auch jedermann verboten ist. Das Verbot trifft aber nur die Presse.
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1. Die angegriffene Vorschrift wäre ein allgemeines Gesetz, wenn die Veröffentlichung des Stellenmarktes den Begriff der jedermann verbotenen Arbeitsvermittlung erfüllen würde.
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a) Die erstmalig durch das Gesetz vom 23. Dezember 1956 geschaffene Legaldefinition der Arbeitsvermittlung in § 37 Abs. 1 AVAVG ist nach ihrem Wortlaut sehr allgemein gefaßt und spannt den Kreis der von der Arbeitsvermittlung umfaßten Tätigkeit sehr weit. Es genügt jede Tätigkeit, die auch nur darauf abzielt, arbeitsuchende Arbeitnehmer mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen; nicht erforderlich ist, daß das Bemühen der vermittelnden Stelle ein Zusammenführen oder gar die Begründung eines Arbeitsverhältnisses erreicht.
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Bei einer nur auf diesen Wortlaut abstellenden Auslegung könnte die Veröffentlichung des Stellenmarktes allerdings die Merkmale einer solchen Tätigkeit erfüllen. Dann enthielte die Herausnahme des inländischen Stellenmarktes aus dem Monopol durch § 37 Abs. 2 Satz 2 AVAVG eine konstitutive Ausnahme, das hier zur Rede stehende Verbot der Veröffentlichung des ausländischen Stellenmarktes durch den Satz 3 dagegen lediglich die ausdrückliche Bestätigung des ohnehin bestehenden Umfangs des Monopols.
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b) Indes bedarf die nach dem Wortlaut der Legaldefinition erfaßte Tätigkeit einer vernünftigen und sinnvollen Umgrenzung, soll sie nicht ins Uferlose ausgeweitet werden. Für eine engere Auslegung spricht zunächst folgender Gedanke:
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Die bezeichnete weite, im wesentlichen dem Wortlaut folgende Auslegung der Legaldefinition führt zu einer Beschränkung des Grundrechts der Pressefreiheit. Ein allgemeines Gesetz ist aber im Lichte der Bedeutung des Grundrechts zu sehen und daher so auszulegen, daß der Wertgehalt des Grundrechts auf jeden Fall gewahrt bleibt und daß der grundsätzlichen Vermutung für die vom Grundrecht gewährte Freiheit Rechnung getragen wird. Die Auslegung eines allgemeinen Gesetzes ist stets an dem Grundwert der Pressefreiheit zu orientieren (BVerfGE 7, 198 [208 ff.]; 20, 162 [177]).
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c) Der Arbeitsvermittlung ist eigentümlich, daß zwischen die beiden möglichen Partner eines künftigen Arbeitsvertrags sich der beide Teile kennende Vermittler einschaltet und sich bemüht, daß beide sich zunächst noch nicht kennenden Teile zusammenfinden, um über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses miteinander zu verhandeln. Dieses Dazwischentreten des Vermittlers unterscheidet die Arbeitsvermittlung deutlich von der Selbstsuche; hier sucht ein einzelner Arbeitnehmer unmittelbar einen Arbeitsplatz, ein Arbeitgeber unmittelbar eine Arbeitskraft, ohne sich einer Mittelsperson zu bedienen. Diese Selbstsuche wird durch das Monopol nicht ausgeschlossen; einen Vermittlungszwang enthält das Monopol nicht.
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Eine Arbeitsvermittlung erfordert eine eigene, irgendwie geartete Bemühung des Vermittlers, die darauf gerichtet ist, beide Teile zusammenzuführen. Eine rein mechanische, nur einen fremden Willen übermittelnde Tätigkeit ohne die Entwicklung einer eigenen Initiative kann nicht genügen.
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Das ist auch offenbar die Meinung des Gesetzgebers. Danach hat die Bundesanstalt "die besonderen Verhältnisse der freien Arbeitsplätze, die persönliche Eignung der Arbeitsuchenden und ihre sozialen Verhältnisse zu berücksichtigen" (§ 39 Abs. 1 Satz 2 AVAVG), sowie "die besonderen Verhältnisse der Arbeitsuchenden, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, gebührend zu berücksichtigen" (§ 39 Abs. 2 AVAVG). Ferner soll der Arbeitsvermittler "an dem Zustandekommen von Beschäftigungsverhältnissen zu tarifwidrigen Bedingungen nicht mitwirken, wenn ihm die Tarifgebundenheit des Arbeitnehmers und Arbeitgebers sowie der Inhalt des geltenden Tarifvertrags bekannt sind" (§ 40 Satz 1 AVAVG). Er hat "dem Arbeitsuchenden und dem Arbeitgeber von der Tatsache des Arbeitskampfes Kenntnis zu geben und die Vermittlung nur dann vorzunehmen, wenn sie trotzdem verlangt wird" (§ 41 Abs. 2 AVAVG).
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d) Von diesem Blickpunkt aus enthält die Veröffentlichung des Stellenmarktes durch die Presse nur die Weitergabe des Stellenangebotes oder -gesuches an einen unbekannten Kreis von Lesern; dabei bleibt der Verlag selbst neutral und enthält sich einer eigenen Bemühung, durch die er darauf Einfluß nehmen könnte, daß der Inserierende mit einem ihm noch unbekannten, möglichen Vertragspartner zusammenfindet. Die auf die Anzeige gemachten Offerten gehen, wenn die Anzeige den Anzeigenden erkennen läßt, unmittelbar an diesen, im Falle einer Chiffre- Anzeige zwar zunächst an den Verlag, der sie aber ungeöffnet und ungeprüft an den Anzeigenden weiterleitet.
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Danach bleibt die Veröffentlichung des Stellenmarktes im Vorhof einer Arbeitsvermittlung stehen; sie erschöpft sich in dem Hinweis auf die Gelegenheit zum Abschluß eines Arbeitsvertrags und überläßt es dem durch die Zeitungsanzeige eine Arbeitsstelle suchenden Arbeitnehmer und dem durch die Anzeige eine Arbeitsstelle anbietenden Arbeitgeber, selbst den gewünschten Vertragspartner überhaupt erst ausfindig zu machen. Die Zeitungsanzeige ist abstrakt; weder nennt sie in jedem Falle die inserierende Person noch wendet sie sich an einen bestimmten Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, sondern an einen unbeschränkten Kreis möglicher, ihrer Person nach noch unbekannter Interessenten. Auch hier macht sie bereits an einer Grenze halt, hinter der die möglichen Vertragspartner überhaupt erst voneinander Kenntnis erlangen und so zueinander finden können.
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Ob diese Erwägungen auch für die in § 37 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Halbsatz 2 AVAVG besonders geregelten Sachverhalte zutreffen, braucht hier nicht entschieden zu werden.
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e) Weiterhin ist bei der Auslegung der Legaldefinition folgendes von Bedeutung. Das Monopol ist überhaupt nur so weit gerechtfertigt, als es zum Schutze überragender Gemeinschaftsgüter unerläßlich ist (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 1967 - 1 BvR 126/65 -). Es geht nicht an, das Monopol über seinen hiernach gerechtfertigten Umfang hinaus dahin auszudehnen, daß ihm gewissermaßen fiktiv andere Lebensvorgänge angegliedert werden, für die die bezeichneten Voraussetzungen nicht erfüllt sind (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 1967 - 1 BvR 84/65 -). Für die Veröffentlichung des Stellenmarktes fehlen aber diese Voraussetzungen; es liegt fern, daß der Gesetzgeber diese Grenze hat überschreiten wollen.
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Die Nachteile der gewerblichen Arbeitsvermittlung, nämlich ihre allgemeine Unzulänglichkeit, die mögliche Übervorteilung oder Ausbeutung der Arbeitsuchenden sowie die Gefahr der Verleitung zum Vertragsbruch, können bei der Veröffentlichung des Stellenmarktes gar nicht oder jedenfalls nicht in höherem Maße auftreten als sonst bei der Selbstsuche.
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Die geschichtliche Entwicklung beweist, daß das Verbot der Veröffentlichung des Stellenmarktes durch die Presse nicht unerläßlich ist, um die hier in Frage kommenden Gemeinschaftsgüter zu schützen. Für § 34 der Gewerbeordnung in der Fassung vom 30. Juni 1900 (RGBl. S. 321), die den Gewerbebetrieb der dort noch nicht näher definierten Stellenvermittlung dem Erlaubniszwang unterworfen hatte, begriff das Reichsgericht (RGSt 36, 223 [224 f.]) die Stellenvermittlung als eine Tätigkeit, "welche auf Abschluß eines Vertrags über die gesuchte oder angebotene Stelle nach beiden Seiten, sowohl nach der Seite des Arbeitgebers als des Arbeitsuchenden, hin gerichtet ist, beide einander zuzuführen und näherzubringen und zwischen ihnen zu vermitteln sucht"; es sah eine Tätigkeit nicht für ausreichend an, die in entfernterer Weise geeignet sein mochte, "einseitig und ohne Berührung mit beiden Teilen die Erlangung oder Besetzung einer Stelle zu fördern und zu erleichtern". Die Aufnahme von Inseraten über Stellengesuche und -angebote durch eine Zeitung oder periodische Druckschrift hatte es daher nicht als Stellenvermittlung angesehen.
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Dem folgte offenbar das Stellenvermittlergesetz vom 2. Juni 1910, das den Erlaubniszwang bestätigte und im übrigen die Tätigkeit des gewerbsmäßigen Stellenvermittlers näher regelte. Nach ihm war noch nicht gewerbsmäßiger Stellenvermittler, wer lediglich die "Gelegenheit zur Erlangung einer Stelle nachweist", vielmehr war darüber hinaus erforderlich, daß er "sich zu diesem Zwecke mit Arbeitgebern oder Arbeitnehmern in besondere Beziehungen setzt" (§ 1 Nr. 2). Jedenfalls das zweite Begriffsmerkmal ist für die Presse, die in ihrem Anzeigenteil den Stellenmarkt veröffentlicht, nicht erfüllt.
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Das Arbeitsnachweisgesetz vom 22. Juli 1922, das die öffentlichen Arbeitsnachweise zwingend einführte und die gewerbsmäßige Stellenvermittlung für die Zeit ab 1. Januar 1931 verbot, enthielt sich einer abschließenden Definition des Begriffs sowohl der hoheitlichen wie der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung. Es bestimmte jedoch in § 48 Abs. 4 neu:
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Als gewerbsmäßige Stellenvermittlung gilt auch die gewerbsmäßige Herausgabe von Stellenlisten einschließlich ihnen gleichzuachtender Sonderdrucke und Auszüge aus periodischen Druckschriften. Dagegen werden Zeitungen, Zeitschriften, Fachblätter oder ähnliche periodisch erscheinende Druckschriften von den Bestimmungen dieses Paragraphen nicht betroffen.
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Diese Rechtslage übernahm das ursprüngliche AVAVG vom 16. Juli 1927, das ebenfalls von einer umfassenden Definition der hoheitlichen Arbeitsvermittlung abgesehen hat. Die Definition der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung in § 54 Abs. 1 entnahm es wörtlich zunächst dem Stellenvermittlergesetz und erweiterte sie im Absatz 2, genau wie das Arbeitsnachweisgesetz, durch die Einbeziehung von Stellenlisten usw., klammerte aber wiederum den von der Presse veröffentlichten Stellenmarkt aus; in diesem Zusammenhang machte es keinen Unterschied zwischen dem inländischen und ausländischen Stellenmarkt. Auch die Verordnung über Vermittlung, Anwerbung und Verpflichtung von Arbeitnehmern nach dem Ausland vom 28. Juni 1935 (RGBl. I S. 903; BGBl. III 810-7) berührte den von der Presse veröffentlichten inländischen Stellenmarkt nicht. Dagegen behielt sie die Vermittlung von Arbeitnehmern nach dem Ausland der Reichsanstalt vor (§ 1), unterstellte die Anwerbung von Arbeitnehmern ins Ausland durch einzelne Arbeitgeber (also die Selbstsuche des Arbeitgebers), in welcher Form die Anwerbung auch geschehen mochte, der Genehmigung der Reichsanstalt (§ 3) und bestimmte in § 4:
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Als Vermittlung und Anwerbung gilt auch die Vermittlung und Anwerbung durch Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften, Stellenlisten und ähnlichen Verzeichnissen.
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Diese "Fiktion" beschränkte sich also auf die Vermittlung und Anwerbung ins Ausland, erfaßte aber gerade nicht den inländischen Arbeitsmarkt.
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Erst die Novelle vom 23. Dezember 1956 (BGBl. I S. 1018), die der Bekanntmachung der Neufassung des AVAVG vom 3. April 1957 (BGBl. I S. 321) zugrunde liegt, gibt erstmals - mit Wirkung vom 1. April 1957 - eine Legaldefinition der hoheitlichen Arbeitsvermittlung und zwar mit dem anfangs zitierten Wortlaut des § 37 Abs. 1 AVAVG.
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Die Veröffentlichung des inländischen Stellenmarktes durch die Presse war hiernach grundsätzlich bis zur Novelle von 1956 nicht in den Begriff der hoheitlichen Arbeitsvermittlung eingeschlossen. Das Verbot dieser Veröffentlichung kann daher auch nicht durch das Schutzbedürfnis, das das Monopol an sich rechtfertigt, geboten sein.
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f) Schließlich sprechen auch die Strafbestimmungen gegen die Auffassung, dieses Verbot bestätige nur für den ausländischen Stellenmarkt die Regel der §§ 35 und 37 Abs. 1 AVAVG. Wenn dies zuträfe, wäre die ohne die Zustimmung der Bundesanstalt erfolgte Veröffentlichung von Stellenangeboten für das Ausland bereits durch die Strafbestimmung des § 210 AVAVG erfaßt, die die unbefugte Arbeitsvermittlung als Vergehen pönalisiert; einer weiteren Strafsanktion gerade gegenüber der Presse hätte es nicht bedurft. Das Gesetz unterstellt aber eine solche Presseveröffentlichung gerade nicht der Strafsanktion des § 210 AVAVG, sondern qualifiziert sie als besondere Ordnungswidrigkeit nach § 217 Nr. 2 AVAVG. Diese Sonderbestimmung findet keine genügende Erklärung darin, daß der Gesetzgeber, wie die Bundesregierung und die Bundesanstalt meinen, für die Presse eine gegenüber sonstigen gewerblichen Arbeitsvermittlern minder schwere Sühne für ausreichend erachtet habe.
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2. Nach dem Erörterten betreibt die Presse dadurch, daß sie den Stellenmarkt überhaupt oder auch nur den ausländischen Stellenmarkt veröffentlicht, jedenfalls keine Arbeitsvermittlung. Unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsvermittlung, die jedermann verboten ist, ist das Verbot der bezeichneten Tätigkeit also kein allgemeines Gesetz.
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Ein solches ist es aber auch nicht deshalb, weil die Presse durch die Veröffentlichung eine Anwerbung als eigene Tat oder eine Beihilfe zu einer Anwerbung für eine Beschäftigung im Ausland durch einen anderen betreibe und damit eine jedermann verbotene Tätigkeit ausübe.
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a) Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 AVAVG ist nicht nur die Arbeitsvermittlung, sondern auch die Anwerbung für eine Beschäftigung von Arbeitnehmern im Ausland der Bundesanstalt vorbehalten. Wie die Anführung der Anwerbung neben der Arbeitsvermittlung in dieser Bestimmung zeigt, wird die Anwerbung von der Arbeitsvermittlung unterschieden; auch eine unmittelbare Selbstsuche eines ausländischen Arbeitgebers kann danach Anwerbung sein. Näher abgegrenzt hat das Gesetz diesen Begriff gegenüber der Arbeitsvermittlung und der üblichen Selbstsuche jedoch nicht.
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Der Zweck der Beschränkung der Anwerbung ist es offenbar, gewisse inländische Arbeitnehmer vor den bei einer Beschäftigung im Ausland möglichen Nachteilen oder Gefahren zu schützen sowie einer Abwanderung von für die inländischen Bedürfnisse schwer entbehrlichen Arbeitskräften vorzubeugen. Dieser Zweck ist aber zu allgemein, als daß er einen Schluß auf den genauen Begriff der Anwerbung zuließe.
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Auch die geschichtliche Entwicklung der Vorschrift gibt kein klares Bild. Schon § 60 des Arbeitsnachweisgesetzes vom 22. Juli 1922 ermächtigte den Reichsarbeits- und Reichsinnenminister, die Anwerbung von Arbeitnehmern nach dem Ausland zu regeln, und drohte gleichzeitig den dieser Regelung Zuwiderhandelnden Strafe an. Die hierauf ergangene Verordnung vom 4. Oktober 1923 (RGBl. I S. 960) bestimmt in § 9:
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Wer ... für sich ... im Laufe eines Kalenderjahres mehr als drei Arbeitnehmer ins Ausland anwerben will, bedarf der vorherigen Erlaubnis ...
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Auch die bereits oben (C II 1 e) erwähnte Verordnung über Vermittlung, Anwerbung und Verpflichtung von Arbeitnehmern nach dem Ausland vom 28. Juni 1935, deren Weitergeltung, da sie eine andere Rechtslage zur Voraussetzung hat, nicht sicher ist, die aber gleichwohl einen Hinweis für den überkommenen Begriff der Anwerbung geben könnte, enthält sich einer klaren Definition; sie macht nur in § 3 eine Tätigkeit genehmigungspflichtig, durch die Personen "für sich oder einen Dritten einen oder mehrere Arbeitnehmer ins Ausland ... anwerben oder verpflichten wollen"; nach § 4 gilt als Anwerbung auch "die Anwerbung durch Anzeigen in Zeitungen, Zeitschriften ...". Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat die ihm in § 42 Abs. 2 AVAVG aufgegebene Rechtsverordnung nicht erlassen, durch die er "Vorschriften über die Voraussetzungen und das Verfahren der ... Anwerbung" geben kann. § 4 der vom Verwaltungsrat der Bundesanstalt erlassenen Vorschriften über Arbeitsvermittlung und Lehrstellenvermittlung im Auftrage der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Dezember 1959 (ANBA 1960 S. 105 = BArbBl. 1960 S. 292) gibt zwar gewisse Richtlinien dafür, unter welchen Voraussetzungen die Anwerbung von Arbeitnehmern für eine Beschäftigung im Ausland erlaubt werden soll, läßt aber nicht erkennen, was unter Anwerbung verstanden wird.
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Für die Auslegung des hiernach nicht klaren Begriffs der Anwerbung muß wiederum die oben (C II 1 b) dargelegte Regel gelten, daß sich die Auslegung eines allgemeinen Gesetzes an dem Grundwert der Pressefreiheit zu orientieren hat. Eine weite, die Pressefreiheit einschränkende Auslegung des Begriffs der Anwerbung wird daher hinter einer engeren, die Pressefreiheit weniger berührenden Auslegung zurückzustehen haben.
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Danach geht es jedenfalls nicht an, unter dem Begriff der Anwerbung für eine Beschäftigung im Ausland jede irgendwie geartete Werbetätigkeit zu verstehen, die darauf gerichtet ist, einen noch gar nicht feststehenden arbeitsuchenden Arbeitnehmer ausfindig zu machen und für eine Beschäftigung im Ausland zu gewinnen; dies um so weniger, als eine solche Werbetätigkeit mindestens teilweise mit der Arbeitsvermittlung zusammenfallen könnte, die ohnedies untersagt ist, wenn sie sich, obgleich sie vom Ausland ausgeht, auf das Inland erstreckt. Von einer Anwerbung kann daher nur dann die Rede sein, wenn sie von dem die Arbeitsstelle im Ausland anbietenden Arbeitgeber ausgeht und sich an eine bestimmte Person, nicht an einen unbestimmten Personenkreis wendet. Eine noch unbekannte Person kann ein Arbeitgeber nicht "anwerben". Bevor der anwerbende Arbeitgeber mit dem bestimmten Arbeitnehmer, den er anwerben möchte, den ersten Kontakt aufgenommen hat, ist eine Anwerbung oder der Versuch einer solchen nicht denkbar.
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b) Aus diesem so begrenzten Begriff der Anwerbung folgt zunächst, daß der inländische Verlag durch die Veröffentlichung des ausländischen Stellenangebots keine Anwerbung als eine eigene Tätigkeit betreiben kann. Für seinen eigenen Betrieb sucht der Verlag keinen Arbeitnehmer. Daß er einem unbekannten Leserkreis den Willen des inserierenden ausländischen Arbeitgebers übermittelt, einen Arbeitnehmer einer bestimmten Art einzustellen, mag als Werbetätigkeit in einem weiteren Sinne verstanden werden können; solange die anzuwerbende Person erst ausfindig gemacht werden muß, sind jedenfalls die Begriffsmerkmale der Anwerbung nicht erfüllt.
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c) Durch die Veröffentlichung des ausländischen Stellenmarktes würde sich der Verlag daher höchstens der - jedermann verbotenen - Beihilfe zu einer nach § 211 AVAVG strafbaren Anwerbung unter der Voraussetzung schuldig machen, daß der ausländische Arbeitgeber durch die Bekanntgabe seines Inserats eine vollendete oder versuchte Anwerbung begehen würde. Daß die Tätigkeit des Inserierenden in der Regel vom Ausland ausgeht, würde der Strafbarkeit an sich nicht im Wege stehen; denn der Erfolg tritt im Inland ein (§ 3 Abs. 3 StGB). Indes stellt das Inserieren des ausländischen Arbeitgebers noch keine Anwerbung dar.
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Der Arbeitgeber, der eine Anzeige aufgibt, kennt die Person seines künftigen Arbeitnehmers, den er erst sucht, überhaupt noch nicht; er wendet sich lediglich an einen unbestimmten inländischen Personenkreis mit der Aufforderung, eine etwa in Frage kommende Person möge ihm ein Angebot machen oder wenigstens ihr Interesse mitteilen. Erst wenn sich aufgrund der Anzeige ein Arbeitnehmer meldet, steht eine bestimmte Person, die Gegenstand der Anwerbung sein könnte, fest, und ist für den Beginn einer Anwerbung Raum. Bis dahin kann nicht einmal von dem Versuch einer Anwerbung gesprochen werden.
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d) Dem entspricht auch die Rechtswirklichkeit in dem Falle, daß der ausländische Arbeitgeber, der einen inländischen Arbeitnehmer anwerben möchte, nicht den Weg der Zeitungsanzeige (oder die auch ihm offenstehende Vermittlung des deutschen Arbeitsamts) wählt. In der Regel wird er dann eine ihm bekannte inländische Person oder Stelle bitten, ihm einen geeigneten Arbeitnehmer zu benennen; eine solche Benennung stellt in der Regel keine Arbeitsvermittlung dar (§ 37 Abs. 5 AVAVG). In der Bitte des Arbeitgebers um Benennung eines geeigneten Arbeitnehmers schon eine Anwerbung oder auch nur den Versuch einer solchen, in der Auskunft des Gebetenen eine Beihilfe dazu zu sehen, würde den Lebenswirklichkeiten nicht gerecht werden. Wie die Bundesregierung und die Bundesanstalt angeben, kommt es praktisch auch nicht vor, daß der einzelne Arbeitgeber in einem solchen Falle die vorherige Genehmigung der Bundesanstalt erbittet. Selbst wenn dann wirklich ein Arbeitsvertrag zustande kommt, wird von der Bundesanstalt keine Genehmigung eingeholt; diese erfährt den Vorgang, wenn überhaupt, erst nachträglich von dem inländischen Arbeitgeber, dem eine Arbeitskraft durch den ausländischen Betrieb abgeworben worden ist. Diesen Zustand nimmt die Bundesanstalt hin; geregelt hat sie das Verfahren der Zustimmung in einem solchen Falle nicht.
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Dem inländischen Arbeitnehmer selbst ist es auch nicht verboten, eine Stellung im Auslang in irgendeiner Weise zu suchen oder anzunehmen. Der ausländischen Presse, die Stellenangebote für das Ausland, sei es in deutscher, sei es in fremder Sprache, veröffentlicht, ist der Weg ins Inland nicht behindert.
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Bei dieser Situation trifft das Verbot des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG auch praktisch nur den Anzeigenteil der inländischen Presse und nicht allgemein jedermann; es kann daher nicht als Ausfluß eines allgemeinen Verbots der Anwerbung für eine Beschäftigung im Ausland angesehen werden.
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e) Dies hat der Gesetzgeber auch offenbar erkannt. Ebensowenig wie er die ohne Zustimmung erfolgte Veröffentlichung von Stellenangeboten für eine Beschäftigung im Ausland als eine nach § 210 AVAVG strafbare Arbeitsvermittlung angesehen hat (oben C II 1 f), hat er sie als eine Anwerbung oder eine Beihilfe zu ihr gewertet, die schon durch § 211 AVAVG unter Strafe gestellt ist, sondern nur der besonderen Bußvorschrift des § 217 Nr. 2 AVAVG unterworfen.
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f) Das Bundesverfassungsgericht verkennt nicht, daß eine Wirtschaftspolitik mit der Verfassung vereinbar sein könnte, die im Rahmen der Grundrechte das Ziel verfolgt, die inländischen Arbeitskräfte vor den Gefahren zu schützen, die mit einer Beschäftigung im Ausland etwa verbunden sind, sowie die für die wirtschaftlichen und sonstigen Aufgaben des Inlands nicht entbehrlichen Arbeitskräfte im Inland zurückzuhalten. Ob dieses Ziel auf dem Wege eines unmittelbaren Verbots der unerwünschten Abwanderung ins Ausland erreicht werden könnte, braucht hier nicht erörtert zu werden. Auch wenn dies zu verneinen wäre, würde es nicht gerechtfertigt sein, das Ziel wenigstens dadurch anzustreben, daß den inländischen Arbeitnehmern die Information über Arbeitsmöglichkeiten im Ausland durch die inländische Presse vorenthalten wird. Dieses Mittel steht nicht nur, wie gezeigt, mit der Pressefreiheit in Widerspruch, sondern ist auch mit der ebenfalls in Art. 5 Abs. 1 GG garantierten Informationsfreiheit des Bürgers nicht vereinbar.
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III. | |
Da hiernach das der angegriffenen Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrunde liegende Verbot des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG nicht vereinbar und daher schon aus diesem Grunde nichtig ist, braucht nicht erörtert zu werden, ob, wie die Beschwerdeführerin weiter rügt, die bezeichnete Vorschrift oder ihre Anwendung weitere Grundrechtsverstöße enthält, insbesondere das Zensurverbot verletzt.
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Die hiernach gebotene Nichtigerklärung des § 37 Abs. 2 Satz 3 AVAVG hat zur Folge, daß im Ausgangsverfahren für eine Entscheidung zur Sache kein Raum bleibt; die dort von der Beschwerdeführerin begehrte, in den angefochtenen Hoheitsakten versagte Zustimmung der Bundesanstalt entfällt. Nur die Entscheidung über die Kosten des Ausgangsverfahrens ist offen. Dies rechtfertigt die Zurückverweisung an das Bundessozialgericht (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).
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Müller Berger Scholtissek Stein Ritterspach Haager Rupp-v. Brünneck Böhmer | |
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