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2. Art. 33 Abs. 5 GG räumt auch den Richtern entsprechende grundrechtsähnliche Individualrechte ein, soweit sich für sie vom Gesetzgeber zu beachtende hergebrachte Grundsätze des richterlichen Amtsrechts nachweisen lassen, die gerade die persönliche Rechtsstellung der Richter mitgestalten.
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3. Die richterliche Unabhängigkeit fordert, daß das Aufsteigen des Richters im Gehalt gesetzlich normiert wird und daß ein Aufrücken in der Besoldung in den Fällen, in denen es nicht die Folge der Zuweisung einer anderen, mit höherer Verantwortlichkeit verbundenen Dienstaufgabe ist, nicht in das Ermessen der Exekutive gestellt wird. ![]() | |
des Zweiten Senats vom 24. Januar 1961
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-- 2 BvR 74/60 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Landgerichtsrats ..., gegen das Landesbesoldungsgesetz für Baden-Württemberg, vom 27. Januar 1958 (Bad.-Württ. GBl. S. 17).
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Entscheidungsformel:
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Die dem Landesbesoldungsgesetz für Baden-Württemberg vom 27. Januar 1958 (Bad.-Württ.GBl. S. 17) als Anlage I beigefügte Besoldungsordnung A ist mit Artikel 33 Absatz 5 des Grundgesetzes insofern nicht vereinbar und deshalb nichtig, als sie das Aufrücken der in der Besoldungsgruppe A 13 aufgeführten Richter in die Besoldungsgruppe 14 von einer Ermessensentscheidung der vollziehenden Gewalt abhängig macht.
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Gründe: | |
A. -- I. | |
Das Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 993) enthält in Kapitel III Rahmenvorschriften für die Regelung der Dienstbezüge der Beamten der Länder und schreibt vor, daß die Dienstbezüge sowie die allgemeine Einreihung der Ämter in die Gruppen der Besoldungsordnungen -- unter Berücksichtigung der gemeinsamen Belange aller Dienstherren- durch Gesetz zu regeln seien (vgl. § 49 BBesG). In § 53 BBesG heißt es dazu u.a.:
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(1) Für die Beamten und Richter, die die gleiche Grundamtsbezeichnung tragen, sind in den Besoldungsordnungen für aufsteigende Gehälter von allen Dienstherren einheitlich bezeichnete Besoldungsgruppen nach folgender Übersicht vorzusehen: Grundamtsbezeichnung: Besoldungsgruppe ... Regierungsrat, Landgerichtsrat,Verwaltungsgerichtsrat: A 13 Oberregierungsrat, Landgerichtsrat, Verwaltungsgerichtsrat: A 14 ... ![]() | |
Am 31. Januar 1958 ist in Baden-Württemberg das neue Landesbesoldungsgesetz -- LBesG -- vom 27 Januar 1958 (Bad.- Württ. GBl. S. 17) verkündet worden, mit dem die Besoldung der Landesbeamten an die Rahmenvorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes angepaßt wurde. Das Gesetz ist nach § 44 Abs. 1 am 1. April 1957 in Kraft getreten. Die dem Gesetz als Anlage I beigefügte Besoldungsordnung A führt in der Besoldungsgruppe A 13 u.a. folgende Amtsbezeichnungen auf:
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Amtsgerichtsräte, Arbeitsgerichtsräte, Finanzgerichtsräte, Landgerichtsräte, Sozialgerichtsräte, Verwaltungsgerichtsräte
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und zwar sämtlich mit dem Zusatz: "soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 14". Die gleichen Amtsbezeichnungen finden sich auch in der Besoldungsgruppe A 14, dort mit der Fußnote: "Nur in den vom Finanzministerium und dem beteiligten Fachministerium bestimmten Stellen, jedoch nicht vor der neunten Dienstaltersstufe". Nach der gemäß § 24 Abs. 1 LBesG für die Überleitung der am 1. April 1957 vorhandenen Beamten und Richter maßgeblichen, dem Gesetz als Anlage IV beigefügten Überleitungsübersicht sind Besoldungsempfänger, die sich am 31. März 1957 in der besonderen Besoldungsgruppe A 2 c 2 für Richter befanden, bis zur achten Dienstaltersstufe in die Besoldungsgruppe A 13 und von der neunten Dienstaltersstufe an in die Besoldungsgruppe A 14 übergeleitet.
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II.
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Der Beschwerdeführer war am 31. März 1957 -- dem für die Überleitung nach § 24 Abs. 1 LBesG maßgeblichen Stichtag -- Landgerichtsrat bei dem Landgericht Freiburg und erhielt Dienst ![]() ![]() | |
III.
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Mit seiner am 25. Januar 1959 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde beantragt der Beschwerdeführer
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1. festzustellen, der Gesetzgeber des Landes Baden-Württemberg habe Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5, ferner Art. 97 und Art. 75 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 1 GG dadurch verletzt, daß er in der von ihm am 27. 1. 1958 beschlossenen und im Gesetzblatt Baden-Württemberg vom 31.1.1958 (Seite 17 ff.) als Teil des Landesbesoldungsgesetzes verkündeten Baden-Württembergischen Besoldungsordnung in der Eingangsgruppe der Laufbahn der Richter das Aufsteigen aus Besoldungsgruppe 13 zu den Bezügen der Besoldungsgruppe 14 von einer Ermessensentscheidung der vollziehenden Gewalt abhängig gemacht hat;
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2. folgenden Satzteil der Fußnote 1 zu der Besoldungsgruppe 14 der Baden-Württembergischen Besoldungsordnung (B.-W.Ges.Bl. S. 47) "Nur in den vom Finanzministerium mit dem beteiligten Fachministerium bestimmten Stellen, jedoch" ![]() ![]() | |
3. den abschriftlich beigefügten Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 9. 10. 1958, P 186/... insoweit aufzuheben, als darin abgelehnt wird, ihn ab 1. 5 1958 in die Besoldungsgruppe A 14 zu überführen.
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Zur Begründung trägt er vor: Das Grundgesetz unterscheide den Richter ausdrücklich vom Beamten. Diese Unterscheidung fordere auch eine eigene "Richterbesoldung". Es sei ein hergebrachter Grundsatz des Berufsrichtertums, daß die Besoldung eines Richters bei Fortdauer des ihm übertragenen Richteramts allein und abschließend durch Gesetz zu regeln sei und nicht in das Ermessen der Exekutive gestellt werden dürfe. Gegen diesen durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Grundsatz verstoße es, wenn nach dem neuen Landesbesoldungsgesetz die Exekutive das Recht erhalte, im Einzelfall zu entscheiden, ob der Richter nach den ersten acht Dienstaltersstufen der Besoldungsgruppe A 13 -- ohne Einweisung in eine andere Planstelle -- es verdiene, in die Besoldungsgruppe A 14 aufzurücken.
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Da den Richtern, die bereits am 31. März 1957 die neunte Dienstaltersstufe erreicht hatten, kraft Gesetzes und ohne eine besondere Prüfung ihrer "Würdigkeit" die Besoldungsgruppe 14 zugestanden worden sei, verletze diese -- durch sachliche Gründe nicht zu rechtfertigende -- unterschiedliche Behandlung gleichgelagerter Tatbestände zugleich Art. 3 Abs. 1 GG.
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Überdies stehe die in Baden-Württemberg getroffene Regelung auch mit der Rahmenvorschrift des § 53 BBesG im Widerspruch. Diese lasse der Landesgesetzgebung nur die Wahl, entweder eine besondere Richtergruppe als Eingangsgruppe einzuführen, die mit den Bezügen der Besoldungsgruppe A 13 beginnt und mit dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 14 endet, oder die beiden Besoldungsgruppen nebeneinander bestehen zu lassen und im Gesetz zu bestimmen, mit welcher Dienstaltersstufe der Übertritt von der einen in die andere Besoldungsgruppe stattfindet. ![]() | |
IV.
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Die Regierung des Landes Baden-Württemberg hat sich wie folgt geäußert:
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Nach § 53 BBesG sei das Land nicht verpflichtet, die Besoldung der Richter in der Eingangsgruppe ihrer Laufbahn so zu regeln, daß die Bezüge sich unmittelbar aus dem Gesetz ergeben.
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Der Gleichheitssatz werde durch die im Gesetz für die Richter der Eingangsgruppe getroffene Besoldungsregelung nicht verletzt. Wenn der Gesetzgeber von dem für den Regelfall aufgestellten Grundsatz, daß ein Richter nur dann in die Besoldungsgruppe A 14 aufrücken solle, wenn seine Leistungen dies gerechtfertigt erscheinen lassen, bei der Überleitungsregelung abgewichen sei und ein automatisches Aufrücken der beim Inkrafttreten des Gesetzes bereits in der neunten Dienstaltersstufe befindlichen Richter angeordnet habe, so seien dafür Zweckmäßigkeitserwägungen, insbesondere Gesichtspunkte der Verwaltungsvereinfachung entscheidend gewesen.
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Einen hergebrachten Grundsatz des Berufsrichtertums, daß ein Aufsteigen im Gehalt eines Richters bei Fortdauer des ihm übertragenen Richteramts allein und abschließend durch Gesetz zu regeln sei und nicht in das Ermessen der Exekutive gestellt werden dürfe, kenne das deutsche Recht nicht. Die Vorschrift des § 7 GVG besage nur, daß dem Richter ein gesetzlich geregeltes Gehalt unter Ausschluß von Gebühren zustehen müsse.
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V.
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Der Beschwerdeführer hat auf mündliche Verhandlung verzichtet. ![]() | |
Die Verfassungsbeschwerde gegen das Landesbesoldungsgesetz ist zulässig.
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1. Der Beschwerdeführer behauptet, daß er durch das Landesbesoldungsgesetz und nicht erst durch den Erlaß vom 16. Juni und den Bescheid vom 9. Oktober 1958 in den ihm durch Art. 3 und 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Rechten verletzt sei.
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Art. 33 Abs. 5 GG gibt mit der unmittelbaren objektiven Gewährleistung des angemessenen Lebensunterhalts dem einzelnen Beamten zugleich auch ein grundrechtsähnliches Individualrecht gegenüber dem Staat, dessen Verletzung nach § 90 Abs. 1 BVerfGG mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann (BVerfGE 8, 1 [16 ff.]).
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Darin erschöpft sich aber der Gehalt des Art. 33 Abs. 5 GG nicht. Soweit Art. 33 Abs. 5 GG die Beachtung -- und nicht nur die Berücksichtigung -- eines bestimmten, die persönliche Rechtsstellung des Beamten betreffenden "hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums" fordert und garantiert, verleiht er in jedem Fall dem Beamten einen subjektiven grundrechtsähnlichen Anspruch. gegen den Staat, der dahin geht, daß der Staat nicht die durch den hergebrachten Grundsatz geschaffene persönliche Rechtsstellung des Beamten verletzt. Zwar spricht Art. 33 Abs. 5 GG nur vom "Berufsbeamtentum". Der Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht, erlaubt aber keinen Zweifel, daß sie sich auch auf das richterliche Amt und auf die persönliche Rechtsstellung der Berufsrichter bezieht. Art. 33 Abs. 5 GG räumt auch den Richtern entsprechende grundrechtsähnliche Individualrechte ein, soweit sich für sie vom Gesetzgeber zu beachtende hergebrachte Grundsätze des richterlichen Amtsrechts nachweisen lassen, die gerade die persönliche Rechtsstellung der Richter mitgestalten.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt. Das von dem Beschwerdeführer angegriffene Landesbesoldungsgesetz ist nach seinem § 44 Abs. 1 am 1. April 1957 in Kraft getreten. Es ist aber erst am 31. Januar 1958 verkündet worden. Erst damit begann der Lauf der Jahresfrist, innerhalb deren die Verfassungs ![]() ![]() | |
3. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Bescheid des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 9. Oktober 1958 wendet, ist sie unzulässig, weil der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).
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Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist auch begründet:
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Die nach dem Landesbesoldungsgesetz für die Besoldung der Richter in der Eingangsstelle maßgebliche Regelung verstößt gegen Art. 33 Abs. 5 GG.
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Was zu den für das Amtsrecht der Richter charakteristischen hergebrachten Grundsätzen im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG gehört, braucht im vorliegenden Fall nicht abschließend erörtert zu werden. Jedenfalls gehört dazu der elementare Grundsatz der persönlichen und sachlichen Unabhängigkeit des Richters. Die dem Richter vom Grundgesetz garantierte sachliche und persönliche Unabhängigkeit bedeutet nicht nur, daß der Richter keinerlei Weisungen unterworfen und nicht wider seinen Willen aus seinem Amt entfernt werden darf. Ein wirksamer Schutz der richterlichen Unabhängigkeit erfordert mehr. Zu den Voraussetzungen für die Unabhängigkeit des Richterstandes gehört mindestens die angemessene -- feste -- Besoldung (vgl. § 7 GVG) und der Ausschluß jeder vermeidbaren Einflußnahme der Exekutive auf den Status des einzelnen Richters. Das letztere bedeutet insbesondere, daß das Aufsteigen des Richters im Gehalt gesetzlich normiert sein muß, und daß ein Aufrücken in der Besoldung in den Fällen, in denen es nicht die Folge der Zuweisung einer anderen, mit höherer Verantwortlichkeit verbundenen Dienstaufgabe (der Einweisung in ein anderes Amt) ist, nicht in das Ermessen der Exekutive gestellt werden darf.
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Das wird eindrücklich durch die geschichtliche Entwicklung des ![]() ![]() | |
"Der Kreisrichter Riel hat durch sein Auftreten als Abgeordneter in der Nationalversammlung von 1848 bestätigt, daß er der verderblichen Richtung der äußersten Linken derselben sich angeschlossen hatte. Derselbe hat auch für die Steuerverweigerung gestimmt, und soll noch gegenwärtig nur Umgang mit Leuten haben, welche die öffentliche Stimme zu den Demokraten zählt. Der Justizminister kann daher den Antrag nur befürworten, wenn die bezeichneten Beamten zuvor dargetan haben, daß sie ihr früheres Verhalten aufrichtig und ernstlich bereuen, daß sie sich in Zukunft unter allen Umständen als treue Diener des Königs bewähren und sich von allem politischen Treiben fernhalten wollen, und wenn dieselben zugleich durch ihre bisherige Führung die Gewähr bieten, daß es mit der etwa erklärten Sinnesveränderung ernstlich gemeint sei."
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Auch auf zwei weitere Anträge des Appellationsgerichts erteilte der Justizminister den Bescheid, daß eine Zulage nicht eher bewilligt werden könne, als bis der Richter die Erklärung abgegeben habe, daß er sich "in Zukunft von allen regierungsfeindlichen Bestrebungen fernhalte, denselben vielmehr entgegentreten und in der Treue gegen Seine Majestät den König nicht wanken wolle". Nachdem alsdann auf Gegenvorstellungen des Richters, dem es, wie er ausdrückt betonte, nicht um das Geld, sondern allein um das Prinzip ging, das Staatsministerium in einem von sämt ![]() ![]() | |
ob es gesetz- und verfassungsmäßig feststehe, daß die Richter nach ihrer Anciennität in die etatsmäßigen Gehaltserhöhungen einrücken.
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Obgleich das Abgeordnetenhaus die Staatsregierung bereits am 16. April 1859 anläßlich einer Budget-Beratung aufgefordert hatte, von dem Grundsatz, daß die Richter nach ihrer Anciennität im Gehalt aufrücken, niemals abzuweichen, vertrat die Staatsregierung anläßlich der durch die genannte Petition ausgelösten Debatte in der Kommission für das Justizwesen die Ansicht, das Aufrücken der Richter im Gehalt sei mangels einer gesetzlichen Bestimmung, die ausdrücklich das Gegenteil besage, allein "durch das Allerhöchste Ermessen des Staatsoberhauptes und die Bestimmung des Ressortchefs, welchem die Befugnis hierzu übertragen worden, bedingt". Die Mitglieder der Kommission hingegen gelangten nach eingehender Aussprache zu dem Ergebnis, "daß nach Wort, Sinn und Zusammenhang der Verfassung, Art. 86-90, der Verordnung vom 2. Januar 1849 und des Allerhöchsten Erlasses vom 19. März 1850 ein Rechtsanspruch der Mitglieder der Kreis- und der Appellationsgerichte zum Aufrücken in die höhere Gehaltsstufe nach Maßgabe des festgestellten Etats bereits bestehendes Recht" sei. Die Kommission kam allerdings zu dem Schluß, daß es nicht ratsam sei, "den Weg einer gesetzlichen Deklaration zu betreten", weil, "was in Verfassung und Gesetz bereits enthalten sei, nicht auf dem Wege der Deklaration erst ausgesprochen zu werden brauche". Sie schlug statt dessen vor, das Abgeordnetenhaus wolle beschließen,
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"aus Veranlassung dieser Petition und mit Bezugnahme auf den Beschluß vom 16. April 1859 die Erwartung auszusprechen, die Königliche Staatsregierung werde den Grundsatz, die Richter nach ihrer ![]() ![]() | |
Dieser Antrag, den der Abgeordnete Rudolf von Gneist als Berichterstatter einbrachte, wurde vom Abgeordnetenhaus mit großer Mehrheit angenommen (vgl. StenBerichte über die Verhandlungen des Preuß. Abgeordnetenhauses, Bd. 2 [1860] S. 1200 f.). Das Abgeordnetenhaus hat also damals schon ausdrücklich die Auffassung vertreten, der Grundsatz, daß das Aufrücken der Richter im Gehalt gesetzlich normiert sein müsse und nicht von einer Ermessensentscheidung der Exekutive abhängen dürfe, ergebe sich unmittelbar aus dem in Art. 86 der Preußischen Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 normierten Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit.
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Später ist dann bei der Beratung des Gerichtsverfassungsgesetzes versucht worden, diesem Grundsatz reichsrechtliche Anerkennung zu verschaffen: Der Entwurf des Gerichtsverfassungsgesetzes sah zu diesem Zwecke vor, dem jetzigen § 7 des Gesetzes einen zweiten Absatz folgenden Inhalts anzufügen:
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Sind für einzelne Klassen der Richter verschiedene Gehaltsstufen festgesetzt, so erfolgt das Aufrücken in die höhere Gehaltsstufe nur nach Maßgabe des Dienstalters in der betreffenden Klasse.
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Diese allgemeine Bestimmung, die offensichtlich darauf abzielte, Ermessensentscheidungen der Dienstbehörde auszuschließen, war in der ersten Lesung ohne weitere Erörterung angenommen worden (vgl. Hahn, Die gesamten Materialien zu dem Gerichtsverfassungsgesetz, Erste Abteilung, Berlin 1879, S. 372, 385). In der zweiten Lesung hingegen wurde sie mit der Begründung, daß die Vorschrift tief in die inneren Verhältnisse der einzelnen Staaten eingreife, und daß ihre praktische Durchführung ![]() ![]() | |
Die Richter haben einen Rechtsanspruch auf Verleihung der Gehaltszulagen, und zwar:
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2. die Landrichter und die Amtsrichter von dem Zeitpunkt ab, an welchem eine dem Richter nach der Reihenfolge im Besoldungsetat (§ 3) zustehende Zulage verfügbar geworden ist.
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Daß die preußischen Richter auf Grund dieser Vorschrift einen von einer Verleihung unabhängigen Rechtsanspruch darauf hatten, nach der durch das Dienstalter bestimmten Reihenfolge in die etatmäßigen Gehaltszulagen aufzurücken, hat auch das Reichsgericht in zwei Entscheidungen vom 25. September 1883 (RGZ 11, 289) und vom 1. März 1886 (RGZ 15, 274) ausdrücklich anerkannt.
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Ähnliche Regelungen gab es auch in anderen deutschen Bundesstaaten (vgl. z. B. Badische Gehaltsordnung vom 12. August 1908 [BadGVBl. S. 376], insbesondere § 30; Sächsisches Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 1. März 1879 [Sächs. GBl. S. 59], § 16 [zu §§ 6 und 7 GVG]).
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In anderen Bundesstaaten war für die einzelnen Gruppen von Richtern jeweils nur eine einheitliche Besoldungsgruppe vorgesehen, so daß das Problem des Aufrückens in den Besoldungsgruppen nicht entstehen konnte.
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In einigen deutschen Ländern gab es indessen auch zeitweilig Regelungen, die das Aufrücken der Richter innerhalb der Besoldungsgruppen in beschränktem Umfang von dem Ermessen der Exekutive abhängig machten: In Baden erhielten, nachdem die Gehaltsordnung vom 12. August 1908 durch das Besoldungsgesetz vom 21. Mai 1920 (BadGVBl. S. 287) abgelöst worden war, Amtsrichter, Oberamtsrichter und Landgerichtsräte grundsätzlich Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe X; Amtsrichter, Oberamtsrichter und Landgerichtsräte in "gehobenen Stellen" wurden nach Besoldungsgruppe XI besoldet. Diese Regelung bot dem Ermessen der Exekutive insofern einen gewissen Spielraum, als sie bestimmen konnte, welche Richter in die sogenannten gehobenen Stellen einrückten; jenen "gehobenen Stellen" entsprach aber eine ![]() ![]() | |
Soweit diese Beamten nicht schon früher nach BesGr. 2 c befördert worden sind, rücken sie kraft Gesetzes in die für sie in BesGr. 2 c vorgesehenen Stellen auf, sobald sie in der BesGr. 2 d ein Besoldungsdienstalter von 16 Jahren erreicht haben. Zu diesen kraft Gesetzes nötigen Stellen treten im Staatsvoranschlag noch so viele Stellen hinzu, daß von den für 2 c und 2 d gemeinsamen Stellen mindestens die Hälfte in BesGr. 2 c erscheint. ![]() | |
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Nur in den von den Reichsministern der Finanzen und der Justiz bestimmten Stellen.
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Diese Regelung ist unverändert in die dem Gesetz zur Ergänzung des Reichsbesoldungsrechts usw. vom 30. März 1943 (RGBl. I S.189) als Anlage 1 beigefügte Neufassung der Besoldungsordnung A übernommen worden und hat damit praktisch bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes und in einzelnen Ländern auch noch darüber hinaus gegolten.
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Soweit nach diesem Überblick der Grundsatz, daß das Aufrücken der Richter innerhalb verschiedener Besoldungsgruppen gesetzlich normiert sein muß und -- ohne Übertragung eines neuen Amtes -- nicht von einer Ermessensentscheidung der Exekutive abhängen darf, vorübergehend und in beschränktem Umfang durchbrochen worden ist, kann daraus nicht geschlossen werden, daß die Abweichungen von jenem Grundsatz die sachliche und persönliche Unabhängigkeit der Richter unberührt lasse. In Wahrheit zeigen jene Ausnahmen und Durchbrechungen nur, daß die richterliche Unabhängigkeit tatsächlich eben nicht in allen deutschen Ländern immer in dem Maße gewährleistet war, wie es den Verfassungen dieser Länder und später der Reichsverfassung vom 11. August 1919 entsprochen hätte. Wenn das Reichsgericht in zwei Entscheidungen vom 27. November 1925 (JR Bd. II [HRR] 1926, Sp. 244 Nr. 313) und vom 11. Februar 1927 ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Die angegriffene landesrechtliche Regelung weicht übrigens von den -- in diesem Punkt unter sich übereinstimmenden und der Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit im Rahmen des Möglichen Rechnung tragenden -- Regelung aller übrigen Länder der Bundesrepublik ab. Sie macht den Übergang eines Richters der Eingangsstelle von der Besoldungsgruppe A 13 in die Besoldungsgruppe A 14 nach Erreichung der neunten Dienstaltersstufe von ![]() ![]() ![]() |