BVerfGE 19, 268 - Kirchenlohnsteuer II | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: A. Tschentscher, Marcel Schröer | |||
2. Das gleiche gilt, wenn die Kirchenlohnsteuer aus der Hälfte der Lohnsteuer berechnet wird, die von dem keiner Kirche angehörenden Ehegatten einbehalten wird. |
3. Staatliche Behörden dürfen kirchliche Steuergesetze, die die Erhebung der Kirchensteuer bei glaubensverschiedenen Ehen nach dem Halbteilungsgrundsatz regeln, nicht anwenden. |
Urteil |
des Ersten Senats vom 14. Dezember 1965 auf die mündliche Verhandlung vom 13. und 14. Juli 1965 |
-- 1 BvR 606/60 -- |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Frau... - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte... - gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 24. Oktober 1960 - III 83, 87 - 91/60 |
Entscheidungsformel: |
Gründe: | |
A. -- I. | |
Die Evangelisch-lutherische Kirche im Hamburgischen Staate hat die Kirchensteuerpflicht glaubensverschiedener Ehegatten erstmals für das Kirchensteuerjahr 1936 durch die Kirchensteuerordnung vom 16. Dezember 1935 (Gesetze, Verordnungen und Mitteilungen aus der Hamburgischen Kirche 1935 S. 107) geregelt. Danach beträgt bei Ehen, in denen ein Ehegatte der Evangelisch-lutherischen Kirche angehört, der andere Ehegatte Dissident ist, die Kirchensteuer des evangelisch-lutherischen Ehegatten die Hälfte des Kirchensteuerbetrages, der zu zahlen wäre, wenn beide Ehegatten der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate angehörten. Dieser sog. Halbteilungsgrundsatz liegt auch der Kirchensteuerordnung der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate vom 18. März 1947 in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. März 1959 -- KiStO -- (Gesetze, Verordnungen und Mitteilungen der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate 1959 S. 28) zugrunde, die auf die Veranlagung zur Kirchensteuer vom Kalenderjahr 1949 ab Anwendung findet, soweit eine rechtskräftige Veranlagung noch nicht vorliegt.
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§ 3 dieser Kirchensteuerordnung lautet:
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(1) Gehört nur ein Ehegatte der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate oder der Römisch-katholischen Gemeinde in Hamburg an, so wird die Kirchensteuer erhoben, a) wenn die Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden, nach der Hälfte der Einkommensteuer, b) wenn die Ehegatten zur Einkommensteuer getrennt veranlagt werden und nicht dauernd getrennt leben, nach der Hälfte der zusammengerechneten Einkommensteuer beider Ehegatten. Dies gilt auch, wenn Einkünfte gemäß § 26 c und 26 d Einkommensteuergesetz 1957 als ausscheidende Einkünfte gesondert veranlagt werden, c) wenn ein Ehegatte lohnsteuerpflichtig ist, nach der halben Lohnsteuer des lohnsteuerpflichtigen Ehegatten oder wenn beide Ehegatten lohnsteuerpflichtig sind, nach der Hälfte der Lohnsteuer jedes Ehegatten. | 3 |
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ehegatten dauernd getrennt leben und deswegen getrennt zur Einkommensteuer veranlagt werden. In diesem Falle wird von jedem kirchensteuerpflichtigen Ehegatten unter Zugrundelegung seiner Einkommensteuer (Lohnsteuer) die volle Kirchensteuer erhoben.
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(3) Absatz 1 und 2 gelten entsprechend für die Kirchensteuer, die nach dem Maßstab der Vermögensteuer erhoben wird.
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(4) Sofern ein Ehegatte der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate und der andere Ehegatte der Römisch- katholischen Gemeinde in Hamburg angehört, wird die Kirchensteuer, wenn die Ehegatten zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden, in voller Höhe vom Ehemann durch die Religionsgemeinschaft erhoben, zu der der Ehemann gehört. Das gleiche gilt, wenn ausscheidende Einkünfte vorliegen. Werden Ehegatten zur Einkommensteuer getrennt veranlagt, so wird von jedem Ehegatten unter Zugrundelegung seiner Einkommensteuer die volle Kirchensteuer durch die Religionsgemeinschaft erhoben, der er angehört.
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II. | |
Die Beschwerdeführerin gehört der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate an, ihr Ehemann keiner Religionsgemeinschaft. Beide Ehegatten beziehen Einkommen und sind für die Jahre 1949 bis 1954 getrennt zur Einkommensteuer veranlagt worden. Das Finanzamt Hamburg-Mitte-Altstadt hat die von der Beschwerdeführerin für diesen Zeitraum zu zahlende Kirchensteuer auf insgesamt 21 254,60 DM festgesetzt; dabei ist es von der Hälfte der Einkommensteuer ausgegangen, die insgesamt von beiden Ehegatten entrichtet worden ist, nicht aber von der nur 1916.- DM betragenden Einkommensteuerschuld der Beschwerdeführerin, der eine Kirchensteuer von 153,25 DM entsprochen hätte.
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Gegen die Kirchensteuerbescheide hat die Beschwerdeführerin insoweit Einspruch eingelegt, als die Kirchensteuer auf einen höheren Betrag als 153,25 DM festgesetzt worden ist. Das Finanzamt wies den Einspruch, das Finanzgericht die Berufung -- unter Berichtigung eines Fehlers bei der Berechnung der Höhe der Kirchensteuer -- als unbegründet zurück. Zur Begründung hat das Finanzgericht ausgeführt: Die Berechtigung der Evangelisch-lutherischen Kirche zur Steuererhebung ergebe sich aus dem im hamburgischen Staate geltenden Gewohnheitsrecht. Ein Gewohnheitsrecht, das die Evangelisch-lutherische Kirche ermächtige, wegen der Kirchensteuerschuld des der Kirche angehörenden Ehegatten auch den ihr nicht angehörenden Ehegatten in Anspruch zu nehmen, lasse sich mit Sicherheit nicht feststellen. § 3 KiStO sei nicht verfassungswidrig; er verstoße insbesondere nicht gegen die Art. 3 und 6 des Grundgesetzes. Die Bestimmungen seien im Verhältnis der Kirche zu ihren Mitgliedern -- so wie in einem besonderen Gewaltverhältnis -- nur beschränkt anwendbar. Dem § 3 KiStO liege die Kirchliche Auffassung von der Ehe zugrunde. Diese Auffassung müsse gegen sich gelten lassen, wer der Kirche angehöre, nicht aber der Ehegatte, der der Kirche nicht angehöre. Im übrigen könnten in eine Satzung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur Vorschriften aufgenommen werden mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen.
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Das Urteil enthält eine eingehend begründete Rechtsmittelbelehrung dahin gehend, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei. Deshalb hatte die Beschwerdeführerin zunächst davon Abstand genommen, das Urteil mit der Rechtsbeschwerde anzufechten. Nachdem der Bundesfinanzhof in einem anderen Verfahren entschieden hatte, daß gegen Urteile des Finanzgerichts Hamburg in Kirchensteuersachen die Rechtsbeschwerde gegeben sei, hat die Beschwerdeführerin nachträglich Rechtsbeschwerde erhoben, über die der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden hat.
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III. | |
1. Die Beschwerdeführerin hat gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügt, daß die angefochtene Entscheidung ihre Grundrechte aus Art. 3, 4, 6 Abs. 1, Art. 9 und 14 GG verletze. Es verstoße gegen den Gleichheitssatz, daß die Verpflichtung zur Entrichtung der Kirchensteuer nach § 3 Abs. 1 und § 3 Abs. 4 der Kirchensteuerordnung unterschiedlich geregelt sei, je nachdem, ob nur ein Ehegatte einer steuerberechtigten Kirche angehöre oder ob beide Ehegatten Mitglieder verschiedener steuerberechtigter Kirchen seien. Auch die Grundrechte der Glaubens- und Vereinigungsfreiheit würden durch die Regelung verletzt, weil sie einen unmittelbaren Zwang auf den einer Kirche angehörenden Ehegatten ausübten, sich zu entscheiden, ob er die wirtschaftliche Mehrbelastung durch die Kirchensteuer in Kauf nehmen oder aus der Kirche austreten wolle. Die Regelung verstoße schließlich gegen das Gebot, Ehe und Familie zu schützen; denn sie gehe von der Ehe als einer Wirtschaftsgemeinschaft aus, die im allgemeinen nicht vorliege. Wegen ihres konfiskatorischen Charakters verletze die Kirchensteuer auch die Eigentumsgarantie.
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Bundesminister der Finanzen, dem Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, der Evangelisch-lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate und der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland zugestellt worden.
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Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig und unbegründet. Die Beschwerdeführerin habe den Rechtsweg nicht erschöpft. Ihre Verfassungsbeschwerde sei weder von allgemeiner Bedeutung noch entstehe ihr ein schwerer und unabwendbarer Nachteil, falls sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen werde. Im übrigen lasse die angefochtene Entscheidung Grundrechtsverletzungen nicht erkennen.
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Die Evangelisch-lutherische Kirche im Hamburgischen Staate schließt sich hinsichtlich der Frage der Erschöpfung des Rechtsweges der Ansicht des Senats an und ist der Meinung, daß § 3 KiStO mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
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B. | |
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Zwar hat die Beschwerdeführerin den Rechtsweg noch nicht erschöpft; aber die Verfassungsbeschwerde ist von allgemeiner Bedeutung. § 3 KiStO wirft grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen auf; auch schafft die zu erwartende Entscheidung über den Einzelfall hinaus Klarheit über die Rechtslage in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle und über ähnliche Bestimmungen in Kirchensteuergesetzen anderer deutscher Länder. Die Voraussetzungen des § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG liegen daher vor.
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C. | |
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, weil die angefochtene Entscheidung das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Für die kirchliche Regelung, daß bei glaubensverschiedenen Ehen die Kirchensteuer des einer steuerberechtigten Religionsgesellschaft angehörenden Ehegatten nach der Hälfte der zusammengerechneten Einkommensteuer beider Ehegatten erhoben wird, fehlt es an einer verfassungsmäßigen staatlichen Ermächtigung im Sinne des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV.
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I. | |
1. In der Freien und Hansestadt Hamburg beruht das Recht der Evangelisch-lutherischen Kirche, Kirchensteuern zu erheben, zwar nicht auf einem Gesetz im formellen Sinne oder einem Kirchenvertrag, sondern auf staatlicher Anerkennung. Diese bildet aber eine ausreichende Rechtsgrundlage der Kirchensteuererhebung im Sinne des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Dezember 1965 in Sachen 1 BvR 571/60 entschieden hat. Dieses vom hamburgischen Staate der Evangelisch-lutherischen Kirche verliehene Hoheitsrecht besteht nach dem gleichzeitig verkündeten Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den Verfahren 1 BvL 31/62 und 1 BvL 32/62 nur gegenüber ihren Angehörigen, bei glaubensverschiedenen Ehen also nur gegenüber den ihr angehörigen Ehegatten. Der der Kirche nicht angehörende Ehegatte darf weder als Steuerschuldner noch im Wege der Haftung zur Erfüllung dieser Steuerpflicht herangezogen werden.
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Wenn die Kirche nur den ihr angehörigen Ehegatten besteuern darf, dann wäre bei der Anknüpfung der Kirchensteuer an die staatliche Einkommensteuer die natürliche Folge die, als Bemessungsgrundlage nur das Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten zugrunde zu legen. Der sog. Halbteilungsgrundsatz des § 3 KiStO zieht jedoch das Einkommen des nicht der Kirche angehörigen Ehegatten insofern mit heran, als er dieses Einkommen mit dem des kirchensteuerpflichtigen Ehegatten zusammenrechnet und die Kirchensteuer "nach der Hälfte der zusammengerechneten Einkommensteuer beider Ehegatten" bemißt -- dies selbst dann, wenn die Ehegatten zur Einkommensteuer getrennt veranlagt werden.
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2. Dieses System steht mit den Grundsätzen einer gerechten Besteuerung nicht in Einklang, weil ihm der sachgerechte Besteuerungsmaßstab fehlt und § 3 KiStO zur Anwendung des Halbteilungsgrundsatzes einen unausweichlichen Zwang schafft, ein solcher Zwang aber der verfassungsgemäßen Ordnung widerspricht. Wenn die Kirche nur den ihr angehörigen Ehegatten besteuern darf, dann darf sie bei der Wahl des Besteuerungsmaßstabes nur an Merkmale anknüpfen, die in dessen Person gegeben sind. Wählt sie das Einkommen im Sinne des Einkommensteuerrechtes als Maßstab, dann muß es das marktwirtschaftliche Einkommen (im Sinne des Einkommensteuergesetzes) des kirchenangehörigen Ehegatten sein. Dies ist aber bei der Regelung des § 3 KiStO nicht der Fall.
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a) Soweit zur Rechtfertigung des Halbteilungsgrundsatzes auf die bei der Einkommensteuer eintretende Zusammenveranlagung von Ehegatten verwiesen wird, ist allerdings davon auszugehen, daß dieser Besteuerungsform die Vorstellung von der Halbierung der Einkünfte zugrunde liegt. Sie findet aber nur statt, um das Splitting zu ermöglichen, das der Progression des Tarifs entgegenwirkt, also zugunsten der Ehegatten. Die Halbierung ist nur eine Methode zur Berechnung der Einkommensteuer und hat keine steuerbegründende Wirkung.
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Dies zeigt sich deutlich bei der Lohnsteuer. Lohnsteuerpflichtige Ehemänner, deren Ehefrauen nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, werden in die Splitting-Steuerklasse III eingereiht. Sie allein sind lohnsteuerpflichtig (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG). Die durch das Splitting-Verfahren bewirkte rechnerische Halbierung hat nicht zur Folge, daß die ein Einkommen im Sinne des Einkommensteuerrechts nicht beziehende Ehefrau hinsichtlich der ihr zugerechneten Hälfte des Arbeitslohnes des Ehemannes lohnsteuerpflichtig würde. Auch wenn beide Ehegatten lohnsteuerpflichtig sind und deshalb die Splitting-Steuerklasse IV anzuwenden ist, bedeutet dies trotz der wechselseitigen Zurechnung der hälftigen Einkünfte nicht, daß einer der beiden Ehegatten mehr Steuer zu zahlen hat, als sich auf Grund seiner individuellen Steuerpflicht ergibt.
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Auch bei der Zusammenveranlagung gemäß § 26 Abs. 1 EStG n.F. führt das Splitting nur zu einer technisch-tariflichen Zurechnung der hälftigen Einkünfte; der ein Einkommen im Sinne des Einkommensteuerrechts nicht beziehende Ehepartner wird nicht etwa mit der Hälfte der gesamten Einkünfte zur Einkommensteuer herangezogen. Zwar haftet er nach § 7 Abs. 2 StAnpG als Gesamtschuldner für die gesamte Steuer, d.h. nicht nur hinsichtlich der ihm "zugerechneten" Hälfte. Der andere Ehegatte kann aber nach § 7 Abs. 3 Satz 4 StAnpG beantragen, daß die Steuerschuld nach dem Verhältnis der Beträge aufgeteilt wird, die sich bei getrennter Veranlagung ergeben würden. Daher kann sogar bei Zusammenveranlagung der Ehegatten kein Ehegatte gegen seinen Willen für die Einkommensteuerschuld des anderen Ehegatten in Anspruch genommen werden. Bei getrennter Veranlagung haftet nach § 26a EStG jeder Ehegatte ohnehin nur für die auf seinen eigenen Einkünften ruhende Steuer.
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Der späte Zeitpunkt der Aufteilung und das Erfordernis des Antrages ändern nichts daran, daß das Splitting-Verfahren nur eine Berechnungsmethode ist und die Fiktion gleich hoher Einkommen auf Antrag eines Ehegatten widerlegt werden kann. Dem steht auch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 5. Dezember 1963 (BStBl. 1964 Teil III S. 96) nicht entgegen. Hier bezeichnet der Bundesfinanzhof bei der Zusammenveranlagung der Ehegatten zwar das Gesamteinkommen der Eheleute als Einkommen im Sinne des § 13 Abs. 3 Satz 2 EStG, räumt aber ein, "daß das Gesetz letzten Endes nur im Wege einer Fiktion zu einem in Wahrheit aus dem zusammengerechneten Einkommen zweier Personen bestehenden Einkommen jedes der einzelnen Ehegatten kommt", und nimmt zu der Frage des § 7 Abs. 3 und 4 StAnpG keine Stellung.
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Zusammenfassend ist festzustellen: Der Zusammenveranlagung in dem ab 1958 geltenden Steuerrecht kommt eine andere Bedeutung zu, als sie der Begriff bis dahin gehabt hatte. Das Steuerrecht kannte bis zum Jahre 1957/58 nur -- von einem geringfügigen Ausnahmefall abgesehen -- die unbeschränkbare Zusammenveranlagung, wie sich aus § 7 StAnpG a.F. ergibt. Seit 1958 ist Zusammenveranlagung nur zulässig, wenn beide Ehegatten sie beantragen. Aber auch dann kann ein Ehegatte nicht gezwungen werden, mehr Einkommensteuer zu zahlen, als er bei getrennter Veranlagung zu zahlen hätte.
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Schließlich hat die Anwendung des Splitting-Verfahrens sowohl beim Steuerabzug vom Arbeitslohn in den Steuerklassen III und IV (§ 7 Abs. 7 Ziff. 1 und § 7 Abs. 8 LStDV) als auch bei der Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 EStG zur Voraussetzung, daß beide Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig im Sinne des § 1 EStG sind. Bei der Kirchensteuer aber ist von vornherein nur der kirchenangehörige Ehegatte steuerpflichtig. Bei einer glaubensverschiedenen Ehe besteht also gerade keine gemeinsame unbeschränkte Steuerpflicht gegenüber demselben Steuergläubiger. Es fehlt daher einer solchen Ehe rechtlich die Möglichkeit, in Anwendung der Grundsätze des Splitting dem kirchenangehörigen Ehegatten Einkünfte zuzurechnen, die dem nicht der Kirche angehörenden Eheteil zufließen.
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Die fiktive Zurechnung des halben gemeinsamen Einkommens an den kirchenangehörigen Ehegatten würde dazu führen, daß Einkommen eines Nichtsteuerpflichtigen zur Berechnung der Steuer eines Steuerpflichtigen herangezogen würde und sich dadurch in vielen Fällen dessen Steuerleistung beträchtlich erhöhte. Ist z.B. ein Ehegatte vor der Ehe nicht erwerbstätig gewesen oder hat er für seine Arbeit nur ein Entgelt bezogen, für das keine Lohnsteuer zu entrichten ist, dann wird nach der Kirchensteuerordnung durch seine Ehe seine Kirchensteuerpflicht begründet oder erhöht, weil ihm nunmehr für die Bemessung der Kirchensteuer die Hälfte des Arbeitsentgeltes seines Ehepartners zugerechnet wird. Dies führt zu einer Mehrbelastung der Eheleute, wenn nur der nicht erwerbstätige Ehegatte einer Kirche angehört, die zur Erhebung von Kirchensteuer berechtigt ist. Wenn nur der erwerbstätige Ehegatte der Kirche angehört, erwächst allerdings den Eheleuten ein Steuervorteil; denn dieser hat nunmehr nur noch die Hälfte der Kirchensteuer zu zahlen, die er vor seiner Eheschließung entrichten mußte. § 3 KiStO ist aber eine in sich einheitliche Vorschrift, deren verfassungsrechtliche Bedeutung nicht von ihren verschiedenen Auswirkungen im Einzelfall abhängig gemacht werden kann (vgl. BVerfGE 6, 55 [84]). In dem nicht seltenen Fall, daß die Ehefrau vor ihrer Ehe keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist oder im Vergleich zu dem jetzigen Einkommen des Ehemannes nur ein geringes steuerfreies Entgelt bezogen hat, wird ihre Kirchensteuerpflicht erst durch die Eheschließung begründet; zumindest erhöht sich die von ihr zu entrichtende Kirchensteuer, unter Umständen sogar in einem sehr beträchtlichen Ausmaß.
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b) Die hälftige Zurechnung der Einkünfte des der Kirche nicht angehörigen Ehegatten zur Begründung der Kirchensteuerpflicht des kirchenangehörigen Ehegatten läßt sich auch nicht mit Vorschriften des Ehegüterrechts begründen. Soweit die Kirchensteuer an die Lohn- und Einkommensteuer anknüpft, sind die güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten ohne Bedeutung. Sie können aber auch nicht in ihrer Auswirkung auf das Unterhaltsrecht die hälftige Zurechnung rechtfertigen.
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Beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verbleibt nicht nur das Vermögen, das der einzelne Ehegatte in die Ehe eingebracht hat, sein Eigentum. Auch an dem Vermögen, das während der Ehe erworben wird, besteht ausschließliches Eigentum dessen, dem es zugeflossen ist. Lediglich bei Beendigung der Ehe wird ein Ausgleich des Zugewinns vorgenommen (§ 1371 Abs. 1, § 1372 BGB). Es entsteht weder gemeinschaftliches Eigentum, noch besteht eine dingliche Beteiligung eines Ehegatten an dem während der Ehe erworbenen Vermögen des anderen. Bezüglich der Substanz der Vermögensmassen sind die Eheleute so zu behandeln, wie wenn sie unverheiratet wären (vgl. BVerfGE 13, 290 [308]; 15, 328 [332]; 16, 203 [209]). Damit ist auch die im früheren Güterstand der Verwaltung und Nutznießung bestehende gesamtschuldnerische Haftung des Mannes für die Verbindlichkeiten der Frau (§§ 1385-1387, § 1388 BGB a.F.) entfallen.
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Die Einkünfte aus selbständiger wie aus abhängiger Tätigkeit fallen sonach ebenfalls in das Eigentum des Ehegatten, der sie erzielt hat. Für eine wechselseitige hälftige Zurechnung der Einkünfte der Ehegatten zum Zwecke der Heranziehung zur Kirchensteuer nach der Kirchensteuerordnung mögen die gleichen Erwägungen maßgebend gewesen sein, wie sie dem § 1388 BGB a.F. zugrunde lagen oder wie sie dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft entsprechen würden. Mit der gegenwärtigen Rechtslage nach gesetzlichem Güterrecht ist die wechselseitige hälftige Zurechnung nicht vereinbar.
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Die Zurechnung kann auch nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, während der Ehe bestehe ein Anwartschaftsrecht auf Zugewinnausgleich, so daß mit der Besteuerung des hälftigen Einkommensanteils nur an den wirtschaftlichen Vermögenszuwachs angeknüpft werde, der sich in dem -- durch die Beendigung des Güterstandes aufschiebend bedingten -- Ausgleichsanspruch niederschlage. Der Ausgleichsanspruch entsteht erst mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes. Vor diesem Zeitpunkt steht weder fest, ob ein Zugewinn vorhanden ist, noch welchem Ehegatten ein Ausgleichsanspruch zusteht.
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c) Die Zurechnung kann auch nicht mit den -- zum Teil auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG gestützten -- Erwägungen gerechtfertigt werden, mit denen die Einführung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft bei Schaffung des Gleichberechtigungsgesetzes begründet wurde.
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Diese Überlegungen gehen im wesentlichen dahin, daß die Hausarbeit der Frau auch in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für die Ehe anerkannt werden müsse; die Frau müsse daher einen Anteil an dem erhalten, was in der Ehe erworben werde. Alle diese Erwägungen beziehen sich auf das Problem der Bewertung der Hausarbeit der Frau im Vergleich zu der regelmäßig außerhäuslichen Erwerbstätigkeit des Mannes. Sie befassen sich also mit einem reinen Internum der Ehe und dessen Auswirkungen auf die wirtschaftlichen und sozialrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander. Insofern gebietet Art. 3 Abs. 2 GG, die Arbeit der Frau als Mutter, Hausfrau und Mithelfende mit ihrem tatsächlichen Wert als Unterhaltsleistung gerecht zu berücksichtigen (BVerfGE 17, 1 [13, 16, 36], 38 [49 f.]).
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Aus der Gleichbewertung der Hausfrauentätigkeit im Innenverhältnis der Ehegatten und dem daraus hergeleiteten Anspruch auf die Hälfte des während der Ehe erzielten Zugewinns folgt jedoch nicht, daß die Tätigkeit der Frau nach außen mit der Hälfte der Einkünfte des Ehemannes bewertet und dementsprechend besteuert werden kann. Zwar kann die Tätigkeit der Frau auch nach außen steuerlich relevant werden, z.B., wenn sie in einem echten Arbeitsverhältnis zu ihrem Ehemann steht oder wenn zwischen beiden Ehegatten beim gemeinsamen Betrieb eines Geschäfts eine sog. Innengesellschaft anzunehmen ist (vgl. BVerfGE 13, 290; 16, 241 [243]). Die reine Bewertung der Hausarbeit der Ehefrau stellt jedoch ein ausschließlich das Innenverhältnis der Ehegatten betreffendes Problem dar. Aus der zugunsten der Ehefrau vorgenommenen internen Gleichbewertung der Hausarbeit mit der Arbeitstätigkeit des Ehemannes kann nicht zu ihrem Nachteil die Konsequenz gezogen werden, die Ehefrau dürfe hinsichtlich des Wertes ihrer Hausarbeit zur Kirchensteuer herangezogen werden. Im übrigen versagt dieses Argument überall da, wo die Kirchensteuer an das Vermögen oder an den Grundbesitz des keiner Kirche angehörenden Ehegatten anknüpft.
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d) Die Anknüpfung der Kirchensteuer an das Familieneinkommen würde nach diesen Darlegungen also zu einer Art Haushaltsbesteuerung führen, wie sie vor 1958 im Einkommensteuerrecht gegolten hat. Da aber im heutigen staatlichen Einkommensteuerrecht das Steuerverhältnis ein individuelles ist und die Ehe über die Unterhaltsgemeinschaft hinaus keine enge Wirtschaftsgemeinschaft begründet (vgl. BVerfGE 13, 290 [308]), entspricht der sog. Halbteilungsgrundsatz weder dem heutigen Einkommensteuerrecht noch dem modernen Familiengüterrecht. Diese Systemwidrigkeit wird besonders darin deutlich, daß 1. die Zusammenveranlagung der Einkommen für die Kirchensteuer auch dann stattfindet, wenn die Ehegatten bei der Einkommensteuer getrennt veranlagt werden, 2. hier das Einkommen eines steuerpflichtigen mit dem eines nichtsteuerpflichtigen Ehegatten zusammengerechnet wird.
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e) Die Berufung darauf, daß der Halbteilungsgrundsatz herkömmlicher Bestandteil des deutschen Kirchensteuerrechtes sei, kann gegenüber den Vorschriften des Grundgesetzes keine ausschlaggebende Bedeutung haben (vgl. BVerfGE 15, 337 [345]; Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezember 1965 -- 1 BvR 413/60, 1 BvR 416/60 -- S. 23).
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Eine staatliche Regelung, die den Halbteilungsgrundsatz zwangsweise -- d.h. unausweichlich und ohne Rücksicht auf den Willen der beteiligten Ehegatten -- anordnet, ist mit Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Ob eine dem § 3 KiStO entsprechende Kirchensteuerberechnung vor dem Grundgesetz Bestand haben würde, wenn sie von dem Einverständnis beider Ehegatten abhängig gemacht würde, kann offenbleiben.
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II. | |
1. § 3 Abs. 1b KiStO überschreitet damit die für die Bemessung der Kirchensteuer gezogenen staatlichen Grenzen, die sich im hamburgischen Staate mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung unmittelbar aus der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes ergeben. Eine verfassungskonforme Auslegung dieser Vorschrift dahin, daß bei getrennter Veranlagung zur Einkommensteuer die Kirchensteuer nur aus dem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten zu berechnen sei, scheitert an dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung. Ebensowenig ist es möglich, die Vorschrift so auszulegen, daß die hier vorgesehene Regelung nur gelten solle, wenn die Ehegatten ihr zustimmen. Deshalb darf § 3 Abs. 1b KiStO im staatlichen Bereich nicht angewandt werden. Aus den gleichen Gründen dürfen staatliche Behörden auch § 3 Abs. 1a und c KiStO nicht anwenden. § 3 Abs. 3 ist für die staatlichen Behörden gegenstandslos, soweit er den Absatz 1 dieser Vorschrift für anwendbar erklärt.
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Da der Halbteilungsgrundsatz des § 3 KiStO das Grundrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, kommt es auf deren weiteres Vorbringen nicht mehr an.
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Aus den vorstehenden Gründen ist das angefochtene Urteil aufzuheben und an das Finanzgericht Hamburg zur anderweiten Entscheidung zurückzuverweisen.
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2. Es könnte unbillig erscheinen, wenn ein einer steuerberechtigten Kirche angehörender Ehegatte, dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sich durch die Ehe erhöht hat, weil sein -- der Kirche nicht angehörender -- Ehegatte ein hohes Einkommen bezieht, mangels eigenen Einkommens im Sinne des Einkommensteuergesetzes kirchensteuerfrei bliebe. Wenn diesen Bedenken Rechnung getragen werden soll, müßten, da die Kirche nur den ihr angehörenden Ehegatten besteuern darf, Besteuerungsmerkmale gewählt werden, die in dessen Person gegeben sind. Gegenstand der Besteuerung dürfte dann nicht das Einkommen (im Sinne des Einkommensteuerrechts) des anderen Ehegatten, sondern könnte etwa der "Lebensführungsaufwand" des kirchenangehörigen Ehegatten sein. Die Kirchensteuer müßte dann aber ihrer Höhe nach in angemessenem Verhältnis zu dem tatsächlichen Lebenszuschnitt des steuerpflichtigen Ehegatten stehen; sie dürfte nicht schematisch jeder Veränderung des Einkommens des anderen Ehegatten unbegrenzt folgen, weil jeder normale Lebensaufwand bestimmte Grenzen nicht überschreitet.
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