1. Die Vorschrift des § 80 Abs. 4 BVerfGG ist nicht anzuwenden, wenn die Vorlage eines Gerichtes gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 Abs. 1 BVerfGG vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 21. Juli 1956 dem Bundesverfassungsgericht in einer Weise zugegangen ist, die den damaligen Verfahrensbestimmungen genügte.
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2. Die Befugnis und Verpflichtung zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG bezieht sich auf alle Spruchstellen, die sachlich unabhängig, in einem formell gültigen Gesetz mit den Aufgaben eines Gerichtes betraut und als Gerichte bezeichnet sind.
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3. Die unverändert gebliebene Norm eines nach Verkündung des Grundgesetzes im übrigen geänderten Gesetzes kann dann nicht als vorkonstitutionelles Recht im Sinne der Entscheidung vom 24. Februar 1953 (BVerfGE 2, 124 [128 ff.]) angesehen werden, wenn ein an das Grundgesetz gebundener Gesetzgeber auch jene Bestimmung in seinen Willen aufgenommen hat.
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4. Das Ermessen des Gesetzgebers wird auch durch Grundsatznormen begrenzt, in denen für bestimmte Bereiche der Rechts- und Sozialordnung Wertentscheidungen des Verfassungsgebers ausgedrückt sind. Wird die Unvereinbarkeit einer gesetzlichen Bestimmung mit einer solchen speziellen Grundsatznorm festgestellt, ist für eine verfassungsrechtliche Prüfung derselben Vorschrift unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) kein Raum mehr.
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5. Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht nur ein "klassisches Grundrecht" zum Schutze der spezifischen Privatsphäre von Ehe und Familie sowie Institutsgarantie, sondern darüber hinaus zugleich eine Grundsatznorm, das heißt eine verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts.
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Er ist mindestens insoweit den Gesetzgeber aktuell bindendes Verfassungsrecht, als er eine Beeinträchtigung von Ehe und Familie durch störende Eingriffe des Staates selbst verbietet. Die Schlechterstellung der Ehegatten durch die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer - § 26 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 17. Januar 1952 - EStG 1951 - (BGBl. I S. 33) - stellt einen solchen störenden Eingriff dar.
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6. Zur Gleichberechtigung der Frau gehört, daß sie die Möglichkeit hat, mit gleichen rechtlichen Chancen marktwirtschaftliches Einkommen zu erzielen wie jeder männliche Staatsbürger.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 17. Januar 1957
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-- 1 BvL 4/54 -- | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 26 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 17. Januar 1952 - EStG 1951 - (BGBl. I S. 33) auf Antrag des Finanzgerichts München.
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Entscheidungsformel:
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§ 26 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 17. Januar 1952 - EStG 1951 - (BGBl. I S. 33) ist nichtig.
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Gründe: | |
A. | |
Nach § I Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung vom 17. Januar 1952 - EStG 1951 - (BGBI. I S. 33) sind "natürliche Personen ... einkommensteuerpflichtig". Grundlage für die Bemessung der Einkommensteuer nach einem progressiv gestalteten Tarif ist der Gesamtbetrag der Einkünfte des Steuerpflichtigen (§ 2 Abs. 1).
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Von diesem Grundsatz der Individualbesteuerung macht abgesehen von der Zusammenveranlagung des Haushaltsvorstandes mit seinen Kindern, für die ihm Kinderermäßigung zusteht (§ 27) - nur § 26, die in diesem Verfahren zur Nachprüfung gestellte Vorschrift, eine Ausnahme:
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§ 26 Haushaltsbesteuerung: Ehegatten
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(1) Ehegatten werden zusammen veranlagt, solange beide unbeschränkt steuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben. Diese Voraussetzungen müssen im Veranlagungszeitraum mindestens vier Monate bestanden haben.
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(2) Bei der Zusammenveranlagung sind die Einkünfte der Ehegatten zusammenzurechnen.
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§ 43 Haushaltsbesteuerung mit Bezug auf die Ehegatten
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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der Ehefrau in einem dem Ehemann fremden Betrieb scheiden bei der Zusammenveranlagung aus.
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B. -- I. | |
Die Eheleute S. in P. wurden für das Jahr 1951 gemäß §26 EStG 1951 durch Steuerbescheid des Finanzamts Deggendorf zusammen veranlagt; der Ehemann hatte als ein im Ruhestand befindlicher Beamter Ruhegehalt und die Ehefrau Einkünfte aus ihrem Einzelhandelsgeschäft bezogen. Gegen den Bescheid erhoben die Eheleute S. Einspruch; sie wandten sich vor allem gegen ihre Zusammenveranlagung, weil sie dadurch bei der progressiven Gestaltung des Tarifs mehr Steuern zu zahlen hatten als bei getrennter Veranlagung. Das Finanzamt wies den Einspruch, soweit er gegen die Zusammenveranlagung gerichtet war, als unbegründet zurück. Dagegen legten die Eheleute S. Berufung ein. Der Vorsitzende der II. Kammer des Finanzgerichts München setzte durch Beschluß vom 21. Dezember 1953 FG II 293/53 - "gemäß § 264 Abs. 2 RAO" das Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit des § 26 EStG 1951 mit dem Grundgesetz aus. Die Kammer bestätigte diesen Beschluß durch Urteil vom 25. Februar 1954 Und legte die Akten dem Bundesverfassungsgericht unmittelbar vor. Das Finanzgericht ist der Auffassung, § 26 EStG 1951 sei "wegen Beeinträchtigung der steuerlichen Gleichstellung von verheirateten Staatsbürgern mit nicht verheirateten Staatsbürgern" unvereinbar mit Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GG - aber auch mit Art. 3 Abs. 1 GG, wie sich aus der Bezugnahme auf BGHZ 11, Anh. S. 34 (78) ergibt.
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Das Bundesverfassungsgericht hat zunächst dem Bundesfinanzhof durch Übermittlung der Akten von der Vorlage Kenntnis gegeben. Gemäß § 82 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 77 BVerfGG haben der Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und die Landesregierungen sowie die Parteien des Ausgangsverfahrens Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Der Bundesminister der Finanzen hat namens der Bundesregierung von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, ohne dem Verfahren beizutreten. Die Eheleute S. und das Finanzamt Deggendorf haben sich ebenfalls geäußert.
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Der Bundesminister der Finanzen hält die Vorlage in erster Linie für unzulässig, weil § 26 EStG 1951 dem § 26 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Februar 1939 (RGBI. I S. 297) entspreche und somit als vorkonstitutionelles Recht im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Februar 1953 (BVerfGE 2, 124 [128 ff.]) angesehen werden müsse.
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Auch in der Sache selbst tritt der Bundesminister der Finanzen der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts entgegen:
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Dem in Art. 3 Abs. 2 GG ausgesprochenen Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau könne § 26 EStG deshalb nicht widersprechen, weil die Haushaltsbesteuerung Mann und Frau in gleicher Weise treffe.
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Auch aus einem Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG könne eine Grundgesetzwidrigkeit nicht hergeleitet werden. Dieser Bestimmung kommt vor allem "nur eine programmatische Bedeutung im Sinne einer Garantie der Institutionen der Ehe und der Familie" zu; sie diene insbesondere nicht der Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG, zwinge den Gesetzgeber also nicht, verheiratete Personen "in jeder Beziehung genauso wie unverheiratete Personen" zu behandeln. Es sei dem Gesetzgeber vielmehr gestattet, "an den Tatbestand der Eheschließung Rechtsfolgen mit gewissen wirtschaftlichen Auswirkungen" zu knüpfen. Nur dann könne von einer Verletzung der Institutsgarantie des Art. 6 Abs. 1 GG, die Rede sein, "wenn die steuerliche Belastung von Ehegatten ein so außergewöhnlich großes Ausmaß erreichen würde, daß die Mehrzahl aller Personen, die eine Ehe schließen wollen, allein wegen der steuerlichen Belastung von der Eingehung einer Ehe abgehalten würden". Tatsächlich ziehe der Gesetzgeber durch die Zusammenveranlagung nur die Folgerung aus der mit der Eheschließung verbundenen Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - eine Folgerung, die überdies im Zusammenhang mit den die Familie begünstigenden Bestimmungen des Einkommensteuerrechts gesehen werden müsse: mit der Einstufung der Ehegatten in die Steuerklasse II und damit, daß bei der Zusammenveranlagung Verluste des einen Ehegatten mit dem Einkommen des anderen Ehegatten ausgeglichen werden können.
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Auch Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt, da die Differenzierung der Einkommensteuer durch Zusammenveranlagung von Ehegatten auf sachlichen Gründen beruhe, die sich aus der Natur der Sache ergäben. Einer der maßgebenden Gesichtspunkte für die Bemessung der Einkommensteuer sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit; das Steueropfer solle nach Möglichkeit für alle "gleich schwer empfindlich" sein. Da die gemeinsamen Bedürfnisse in Ehe und Familie regelmäßig mit Hilfe der Einkünfte beider Ehegatten befriedigt würden, sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Ehegatten, die gesonderte marktwirtschaftliche Einkommen erzielten, insgesamt ebenso groß wie die marktwirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei Ehegatten, von denen nur einer marktwirtschaftliche Einkünfte in der gleichen Höhe habe. Das allein sei aber für den Steuergesetzgeber ausschlaggebend. Wenn verheiratete Personen genauso behandelt würden wie unverheiratete Personen, so würde dies eine Aufgabe des das gesamte Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatzes der Bemessung des Steueropfers nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bedeuten. Eine getrennte Veranlagung der Ehegatten würde zu dem als grobe Ungerechtigkeit anzusehenden Ergebnis führen, daß Ehegatten nur deshalb eine geringere Steuerlast zu tragen hätten, weil beide Teile Einkünfte beziehen.
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Aber auch wenn man Ehegatten mit Alleinstehenden vergleiche, ergebe sich kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sei infolge der durch gemeinsame Wirtschaftsführung möglichen Ersparnisse bei Ehegatten größer als bei zwei alleinstehenden, selbständig Haushalt führenden Personen. Das zeige sich allgemein bei den Kosten für Verpflegung, Wohnung, Wohnungseinrichtung, laufende Unterhaltung der Wohnung - bei höheren Einkünften z. B. in der gemeinsamen Anschaffung eines Autos oder nur eines Wohnhauses. Wollte der Gesetzgeber diese größere steuerliche Leistungsfähigkeit der Ehegatten nicht berücksichtigen, so würde das eine Benachteiligung der unverheirateten Personen herbeiführen, "weil diese Personen dieselbe steuerliche Belastung wie Ehegatten tragen müßten, obwohl bei ihnen die Möglichkeit von Ersparnissen durch eine gemeinsame Haushaltsführung mit einer anderen Person in der Regel nicht gegeben ist.
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Endlich sei es nach der Natur der Sache berechtigt, bei der Zusammenveranlagung aus den mannigfaltigen Haushaltsgemeinschaften gerade die eheliche herauszugreifen; denn Ehe und Familie stellten "die natürliche Lebensgemeinschaft dar, deren Schutz gesetzlich verankert ist": für die Ehegatten durch die in § 1353 Abs. 1 BGB begründete Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft, für Kinder durch das Sorgerecht des Vaters, insbesondere sein Recht, den Wohnsitz des Kindes zu bestimmen ( §§ 1627, 1631 BGB). In den Fällen dieser Gemeinschaften könne daher "von einem gesetzlich festliegenden Tatbestand des Zusammenlebens ausgegangen werden." Alle sonstigen Zusammenschlüsse zu gemeinsamer Haushaltsführung seien dagegen jederzeit auflösbar. Daher müsse es im Endergebnis als geradezu unvereinbar mit Art. 6 Abs. 1 GG erscheinen, wenn vom Gesetzgeber verlangt werde, durch Beseitigung der Haushaltsbesteuerung bei der steuerlichen Behandlung der Ehegatten die Tatsache der Eheschließung zu ignorieren. Endlich würde die steuerliche Erfassung von anderen Haushaltsgemeinschaften als von Ehe und Familie erhebliche verwaltungsmäßige Schwierigkeiten, besonders bei der Ermittlung des Tatbestandes bereiten.
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Das Finanzamt Deggendorf hält ebenso wie der Bundesfinanzminister § 26 EStG 1951 für grundgesetzmäßig. Die Eheleute S. schließen sich der Auffassung des vorlegenden Gerichts an; sie weisen außerdem darauf hin, daß Art. 3 GG auch durch die unterschiedliche Behandlung von Ehepaaren verletzt werde, da nach § 43 EStDV 1951 Einkünfte der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit bei der Zusammenveranlagung ausscheiden, die Einkünfte des Ehemannes aus nichtselbständiger Arbeit hingegen nicht.
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Der Bundesfinanzhof hat bei Rücksendung der Akten mitgeteilt, daß der zuständige IV. Senat die Verfassungsmäßigkeit des § 26 EStG in ständiger Rechtsprechung anerkannt habe.
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In der entgegen § 80 BVerfGG in der Fassung vom 12. März 1951 erfolgten Übersendung der Akten unmittelbar an das Bundesverfassungsgericht lag ein Verfahrensmangel, der dadurch geheilt worden ist, daß das Bundesverfassungsgericht die Akten dem Bundesfinanzhof zugeleitet hat (vgl. BVerfGE 2, 124 [127]).
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Obwohl nach Eingang der Vorlage das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 21. Juli 1956 eine Übermittlung gerichtlicher Vorlagebeschlüsse an sämtliche oberen Bundesgerichte angeordnet hat (§ 80 Abs. 4 BVerfGG), war es nicht erforderlich, noch nachträglich den übrigen oberen Bundesgerichten die Vorlage des Finanzgerichts München zur Kenntnis zu bringen. Zwar gelten nach allgemeinen Grundsätzen des Verfahrensrechts neue Verfahrensvorschriften auch für anhängige Verfahren; diese werden in der Lage, in der sie sich beim Inkrafttreten der neuen Vorschriften befinden, von diesen ergriffen und nach ihnen weitergeführt (BVerfGE 1, 4). Dies gilt jedoch nicht, soweit sich aus dem neuen Recht etwas anderes ergibt. Das ist hier der Fall; denn die Vorschrift über die Anhörung sämtlicher oberen Bundesgerichte steht in engem Zusammenhang mit der Neuregelung des Vorlageweges, der nunmehr unmittelbar von dem vorlegenden Gericht an das Bundesverfassungsgericht führt. Daraus folgt, daß die Vorschrift des § 80 Abs. 4 BVerfGG nicht anzuwenden ist, wenn die Vorlage vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes dem Bundesverfassungsgericht in einer Weise zugegangen ist, die den damaligen Verfahrensbestimmungen genügte.
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II.
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Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da kein zum Beitritt Berechtigter dem Verfahren beigetreten ist (vgl. BVerfGE 2, 213 [217 f.]).
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III.
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Der Antrag des Finanzgerichts München ist zulässig.
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1. Das Finanzgericht München ist ein "Gericht" im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG.
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Vorlage im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG ist nicht der Beschluß des Vorsitzenden vom 21. Dezember 1953, sondern das Urteil der Kammer vom 25. Februar 1954; denn vorlageberechtigt ist nur das Gericht, das über die Berufung zu entscheiden hat (vgl. BVerfGE 1, 80 [81]). Das Gericht hat zwar für seine Vorlagebefugnis nicht Art. 100 Abs. 1 GG i. V. m. § 80 BVerfGG, sondern den hier nicht anwendbaren § 264 RAO angeführt. Das ist jedoch unschädlich, da eine ausdrückliche Bezugnahme auf Art. 100 Abs. 1 GG nicht erforderlich ist und das Urteil vom 25. Februar 1954 inhaltlich die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 BVerfGG erfüllt.
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Die Kammer war am 25. Februar 1954 mit dem Regierungsdirektor Dr. W. als Vorsitzendem, dem Regierungsrat W. als beamtetem Beisitzer und mit drei ehrenamtlichen Beisitzern besetzt. Diese Besetzung entspricht § 2 Abs. 3 des bayerischen Gesetzes zur Wiederherstellung der Finanzgerichtsbarkeit vom 19. Mai 1948 (GVBl. S. 87). Bedenken gegen den Charakter der bayerischen Finanzgerichte als "Gerichte" im Sinne des Grundgesetzes könnten - trotz ihrer Bezeichnung als "Gerichte" - bestehen, weil "die beamteten Beisitzer" jederzeit abberufen werden konnten (§ 2 Abs. 4 Satz 4) und weil der Vorsitzende und der beamtete Beisitzer (ständiges Mitglied) im Gesetz als "Beamte der Finanzverwaltung" bezeichnet sind (§ 2 Abs. 3). Im Hinblick auf diese Bestimmungen könnte es zweifelhaft sein, ob die Verfassungsgrundsätze der Unabhängigkeit der Gerichte und der Trennung der Gewalten gewahrt sind und ob daher der Weg zu den bayerischen Finanzgerichten der Rechtsweggarantie im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG genügt. Diese Frage bedarf jedoch im Zusammenhang mit der Prüfung der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages keiner Entscheidung.
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Zwar sind nach Art. 100 Abs. 1 GG nur "Gerichte" vorlageberechtigt. Das ist aber nicht dahin zu verstehen, daß hierunter nur Spruchkörper fallen, die materiell als Gerichte im Sinne des Grundgesetzes anzusehen sind und deren Spruchtätigkeit damit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG genügt. Der auch dieser Vorschrift zugrunde liegende Begriff "Gericht" hat hier und in Art. 100 Abs. 1 GG verschiedene Bedeutung, weil beide Normen verschiedenen Zielen dienen. Art. 19 Abs. 4 GG hat die verfassungsrechtliche und -politische Aufgabe, den Rechtsschutz des Staatsbürgers zu gewährleisten; deshalb muß bei der Frage, ob ein Spruchkörper "Gericht" im Sinne dieser Vorschrift ist, ein strenger Maßstab angelegt werden, wie er in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 9. November 1955 (BVerfGE 4, 331 [344 ff.]) aufgestellt worden ist. Demgegenüber dient Art. 100 Abs. 1 GG der Wahrung der Autorität des Gesetzgebers im Verhältnis zur Rechtsprechung und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu verfassungsrechtlichen Fragen (BVerfGE 1, 184 [197 ff.]; 2, 124 [128 ff.]). Dieses verfassungsrechtliche und -politische Ziel verlangt, daß die Befugnis und Verpflichtung zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG sich auf alle Spruchstellen bezieht, die sachlich unabhängig, in einem formell gültigen Gesetz mit den Aufgaben eines Gerichts betraut und als Gerichte bezeichnet sind. Es ist nicht zweifelhaft, daß die bayerischen Finanzgerichte jedenfalls in diesem Sinne "Gerichte" sind. Das Finanzgericht München ist daher vorlageberechtigt.
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Das entspricht auch der Ansicht des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs in seinem Urteil vom 26. November 1954 (VGHE NF 7 II, 107 [110]), in dem er auf Vorlage eines Finanzgerichts die Bestimmung des bayerischen Gesetzes über die Finanzgerichtsbarkeit für verfassungswidrig erklärt hat, nach der die beamteten Beisitzer des Finanzgerichts jederzeit vorzeitig abberufen werden konnten. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte die Zulässigkeit der Vorlage nach Art. 92 bayerischen Verfassung zu prüfen, der zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofs nur einen "Richter" verpflichtet, der ein Gesetz für verfassungswidrig hält. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Zulässigkeit der Vorlage mit der Begründung bejaht, daß es für die Frage der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 92 der bayerischen Verfassung genüge, "wenn der vorlegenden Behörde in der für sie geltenden gesetzlichen Regelung die Eigenschaft eines Gerichtes zuerkannt ist, ohne daß zu prüfen wäre, ob diese Regelung insoweit der Verfassung entspricht oder nicht."
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2. Es handelt sich bei der zur Nachprüfung gestellten Vorschrift nicht um vorkonstitutionelles Recht im Sinne der Entscheidung vom 24. Februar 1953 (BVerfGE 2, 124 [128 ff.]); sie unterliegt also der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Obwohl § 26 EStG in dem Wortlaut, wie er hier am Grundgesetz gemessen werden soll, bereits seit 1939 geltendes Recht ist, stellt er doch kein vorkonstitutionelles Recht dar, weil der Bundesgesetzgeber die Frage der Beibehaltung einer Zusammenveranlagung von Ehegatten im Zusammenhang mit der Beratung von Einkommensteuer-Änderungsgesetzen wiederholt erörtert und bejaht hat.
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§ 26 EStG ist zwar seit dem Einkommensteuergesetz vom 16. Oktober 1934 (RGBI. I S. 1005) inhaltlich, seit 1939 (Bekanntmachung der neuen Fassung des Einkommensteuergesetzes vom 27. Februar 1939 - RGBI. I S. 297 -) auch seinem Wortlaut nach bis zu dem Veranlagungsjahr 1951 unverändert geblieben; doch ist das Einkommensteuergesetz im übrigen vielfach geändert worden, für das Veranlagungsjahr 1951 durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (ESt- und KSt-Änderungsgesetz 1951) vom 27. Juni 1951 (BGBI. I S. 411).
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Auf die Normen eines solchen, nach Verkündung des Grundgesetzes geänderten Gesetzes können die in der Entscheidung vom 24. Februar 1953 entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres angewandt werden. Die Verneinung einer Prüfungszuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts für vorkonstitutionelle Normen liegt in seiner Aufgabe begründet, "zu verhüten, daß jedes einzelne Gericht sich über den Willen des Bundes- oder Landesgesetzgebers hinwegsetze, indem es die von ihnen beschlossenen Gesetze nicht anwendet, weil sie nach Auffassung des Gerichts gegen das Grundgesetz oder die bundesstaatliche Rangordnung von Bundes- und Landesrecht verstoßen" (BVerfGE 2, 124 [129]). Dieser Gedanke rechtfertigt es jedenfalls dann nicht, die unverändert gebliebenen Bestimmungen eines nach Verkündung des Grundgesetzes im übrigen geänderten Gesetzes als vorkonstitutionelles Recht zu behandeln, wenn der an das Grundgesetz gebundene Gesetzgeber, hier der Bundesgesetzgeber, auch jene Bestimmungen in seinen Willen aufgenommen hat. Ob das der Fall ist, muß jeweils ermittelt werden.
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Hier ergibt sich die Willensentscheidung des Bundesgesetzgebers daraus, daß § 26 EStG im Gesetzgebungsverfahren eingehend erörtert und - jedenfalls bei der Beratung des Änderungsgesetzes vom 27. Juni 1951 - eine Änderung ausdrücklich abgelehnt worden ist: Schon in der ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (BT I/1949, Drucks. Nr. 1982) am 7. März 1951 (BT I/1949, 123. Sitzung, Prot. S. 4690 [4697 D]) wurde die Regelung der Ehegattenbesteuerung kritisiert. Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen schlug vor, die bisher in § 43 EStDV enthaltene Regelung als dritten Absatz in § 26 EStG zu übernehmen (BT I/1949, zu Drucks. Nr. 2212 Ziff. 1 a; Bericht des Abgeordneten Neuburger in der 142. Sitzung am 22. Mai 1951, Prot. S. 5612 D). Auf Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP (BT I/1949, Umdruck 179 Ziff. 3) wurde in der zweiten Beratung dieser Vorschlag des Ausschusses nach eingehender Aussprache abgelehnt (BT I/1949, 142. Sitzung am 22. Mai 1951, Prot. S. 5632 C ff., S. 5636 C).
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Zur dritten Beratung lagen wiederum Anträge mehrerer Fraktionen vor, die auf Wiederherstellung der Ausschußvorlage abzielten (BT I/1949, Umdrucke 192 Ziff. 1; 195 Ziff. 4; 196 Ziff. 2; 199) und eine erneute ausführliche Debatte auslösten (BT I/1949, 145. Sitzung am 31. Mai 1951, Prot. S. 5722 C bis 5733 C). Sie führte schließlich zur Annahme eines Eventualantrages (BT I/1949, Umdruck 199), durch den § 26 EStG einen teilweise mit § 43 EStDV übereinstimmenden dritten Absatz erhielt (BT I/1949, Prot. S. 5734 B).
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Nach Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat (BT I/1949, Drucks. Nr. 2321 Ziff. 4) erklärte die Bundesregierung - in Abweichung von früheren Äußerungen des Bundesfinanzministers vor dem Bundestag (BT I/1949, 145. Sitzung am 31. Mai 1951, Prot. S. 5725 C) - ihre Absicht, es auch künftig in den Fällen des § 43 EStDV bei der getrennten Besteuerung der Ehefrau belassen zu wollen (BT I/1949, Drucks. Nr. 2365 Ziff. 3). Daraufhin wurde in der 155. Sitzung am 21. Juni 1951 (Prot. S. 6157, 6160 B) der Absatz 3 des § 26 EStG wieder gestrichen. Für 1951 verblieb es also bei der bis dahin geltenden Fassung des § 26 EStG und des § 43 EStDV.
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Hiernach hat der Bundesgesetzgeber § 26 EStG ausdrücklich in seiner Geltung bestätigt, so daß die Vorschrift, ebenso wie eine neuerlassene Bestimmung, der ausschließlichen Verwerfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts unterliegt.
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Die Ansicht des Finanzgerichts München, daß § 26 EStG 1951 mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, ist begründet.
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I.
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Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung ist nicht die Frage, ob abstrakt die Zusammenveranlagung mehrerer Personen überhaupt oder der Ehegatten im besonderen mit dem Grundgesetz vereinbar ist; sondern es handelt sich darum, ob die Zusammenveranlagung von Ehegatten im Rahmen des Einkommensteuergesetzes 1951, das auf der progressiven Besteuerung des einzelnen Steuerpflichtigen beruht, verfassungswidrig ist. Es könnte verfassungsrechtlich unbedenklich sein, der Besteuerung statt des Einkommens einer einzelnen Person die Summe der Einkünfte mehrerer, in Haushaltsgemeinschaft lebender Personen zugrunde zu legen, sei es, daß man überhaupt das Prinzip der Haushaltsbesteuerung wählt, sei es, daß man - bei Aufrechterhaltung des Grundsatzes der Individualbesteuerung einen Proportionaltarif einführt. Hier ist entscheidend die Tatsache, daß Ehegatten durch die Zusammenveranlagung angesichts des auf die Leistungsfähigkeit des Einzelnen hin angelegten progressiven Steuertarifs im wirtschaftlichen Ergebnis schlechter gestellt werden als andere Personen - wobei noch die an die Zusammenveranlagung anknüpfende gesamtschuldnerische Haftung hinzukommt (§ 7 Abs. 2 und 3 des Steueranpassungsgesetzes in der Fassung vom 1. Dezember 1936 - RGBI. I S. 961 [977] -).
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In diesem auf dem Grundsatz der Individualbesteuerung beruhenden System des modernen Einkommensteuerrechts bilden die beiden Fälle der Zusammenveranlagung (§§ 26, 27 EStG) einen Fremdkörper. Eine geschichtliche Betrachtung zeigt, daß es sich um den Rest einer ursprünglich allgemeinen Haushaltsbesteuerung handelt.
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Das erste Gesetz, das in Deutschland in bedeutenderem Umfange eine der heutigen Einkommensteuer vergleichbare Steuer einführte, war das preußische Gesetz wegen Einführung einer Klassensteuer vom 30. Mai 1820 (GS S. 140). Hier geschah die Hebung der Steuer "in der Regel nach Haushaltungen" (§ 4 lit a); ein "genaues Eindringen in die Vermögensverhältnisse" sollte vermieden werden, der Pflichtige nach einer "auf wenigen und leicht erkennbaren Merkmalen beruhenden Abstufung" besteuert werden (Instruktion vom 25. August 1820, abgedruckt bei Schimmelpfennig, Die Preußischen direkten Steuern, 2. Theil, 1843, S. 10). Zur Haushaltung gehörten der "Hausherr" oder die selbständig wirtschaftende "Hausfrau" mit ihren Angehörigen, denen sie "Wohnung und Unterhalt" gaben (§ 4 lit b). Wer weder eine eigene Haushaltung führte noch einer besteuerten Haushaltung angehörte, zahlte die Hälfte des Steuersatzes seiner Klasse (§ 3 Abs. 1) als Personensteuer (§ 4 lit d). Es handelte sich also um eine echte Haushaltsbesteuerung, bei der die ganze Familie als Einheit behandelt wurde. Weder das Gesetz von 1820 noch das Gesetz, betr. die Einführung einer Klassen- und klassifizierten Einkommensteuer vom 1. Mai 1851 (GS S. 193) kannten eine Deklarationspflicht. Die Einstufung in die Steuerklassen erfolgte auf Grund von Schätzungen (§ 7 Abs. 1 des Gesetzes von 1851).
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Durch die spätere Gesetzgebung wurden allmählich verschiedene Gruppen von Haushaltsangehörigen aus der gemeinsamen Besteuerung herausgelöst. Schon in dem preußischen Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 (GS S. 175) blieb von der alten Haushaltsbesteuerung tatsächlich nur eine Ehegattenbesteuerung erhalten, wenn das auch im Wortlaut des Gesetzes nicht eindeutig zum Ausdruck kam (vgl. Fuisting-Strutz, Komm. z. [preuß.] EStG, 8. Aufl., 1915, Anm. 2 zu § 10, S. 458); denn von nun an wurden im Ergebnis nur noch die Einkommen der Ehegatten zusammengerechnet (§ 11). Das Einkommensteuergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juni 1906 (GS S. 259) sprach das auch unzweideutig aus (§ 10); es wurde nicht einmal das Wort "Haushaltung" gebraucht, vielmehr davon gesprochen, daß dem Einkommen des Mannes das Einkommen der Ehefrau hinzugerechnet werde. Das (Reichs-) Einkommensteuergesetz vom 29. März 1920 (RGBI. S. 359) brachte allerdings außer der Zusammenveranlagung von Ehegatten (§ 16) wieder eine begrenzte Zurechnung auch des Einkommens minderjähriger Kinder (§ 17); ihre praktische Bedeutung war jedoch gering, weil der bei Minderjährigen häufigste Fall von Einkünften, nämlich der von Arbeitseinkommen aus nichtselbständiger und selbständiger Tätigkeit, von der Zusammenveranlagung ausgenommen war und weil die Nutzungen des Kindesvermögens nach bürgerlichem Recht ohnehin dem Vater unmittelbar zustanden, also sein eigenes Einkommen waren.
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Das Änderungsgesetz zum Einkommensteuergesetz vom 24. März 1921 (RGBI. S. 313) brachte schließlich auch eine Einschränkung der Zusammenveranlagung von Ehegatten: Das Einkommen der Ehefrau aus selbständiger Tätigkeit und aus nichtselbständiger Arbeit in einem dem Ehemann fremden Betrieb schied aus der Zusammenveranlagung aus, und die Ehefrau wurde insoweit selbständig veranlagt (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 9). Dabei verblieb es auch in dem Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925 - RGBI. I S. 189 - (§ 22 Abs. 4 i.V.m. § 6 Abs. 1; vgl. Strutz, Komm. z. EStG 1925, 2. Band, 1929, Anm. 2 und 21 zu § 22, S. 136 f., 152 f.).
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Durch die nationalsozialistische Steuergesetzgebung wurden jedoch im Einkommensteuergesetz v. 16. Oktober 1934 (RGBI I S. 1005) diese Ausnahmen von der Zusammenveranlagung der Ehegatten beseitigt und sämtliche Einkünfte der Ehefrau in die Zusammenveranlagung mit einbezogen (§ 26). Die Maßnahme diente nach einer Äußerung des damaligen Staatssekretärs im Reichsfinanzministerium arbeitsmarktpolitisch bedingten Bestrebungen, die Frau vom Arbeitsmarkt zu verdrängen (Reinhardt, Die neuen Steuergesetze, 1934, S. 98). Als man während des Krieges auf die Frauen als Arbeitskräfte zurückgreifen mußte, wurden durch §19 EStDV 1941 vom 7. Dezember 1941 (RGBI. I S. 751) die Einkünfte der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit aus der gemeinsamen Besteuerung gelöst, die Regelung des Einkommensteuergesetzes von 1921 wurde also teilweise wiederhergestellt. Bei dieser Rechtslage hinsichtlich der Zusammenveranlagung von Ehegatten ist es bis zu dem hier maßgebenden Steuerjahr 1951 verblieben.
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Die Zusammenveranlagung von Ehegatten hatte somit ihren Ursprung in einem System der allgemeinen Haushaltsbesteuerung und dort auch ihre Berechtigung. Nachdem der Gesetzgeber allgemein vom Prinzip der Haushaltsbesteuerung zum Prinzip der Individualbesteuerung übergegangen ist, bildet sie, von ihrem Ursprung gelöst, ein systemwidriges Element des heutigen Einkommensteuerrechts.
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Bis zum Ende des ersten Weltkrieges war die Zusammenveranlagung sowohl für den Steuerpflichtigen wie für den Staat wirtschaftlich wenig relevant, weil die Progression des Tarifs sehr bescheiden war und die Steuersätze niedrig blieben. Erst nachdem sich der Gedanke durchgesetzt hatte, daß bei den direkten Steuern die Steuergerechtigkeit eine steiler progressive Staffelung des Steuertarifs erfordere, und seitdem diese Staffelung zu einer erheblichen Spannung zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Steuersatz geführt hat, tritt durch die Zusammenveranlagung eine empfindliche Mehrbelastung der Ehegatten ein. Das wird auch durch die Bildung mehrerer Steuerklassen, d. h. durch die in den Tarif eingearbeiteten festen - nicht progressiven - steuerfreien Einkommensteile für die Ehefrau (und für die Kinder) nicht ausgeglichen. Diese Freibeträge berücksichtigen nur die Erhöhung des Existenzminimums, die mit der Unterhaltsverpflichtung des einzelnen Steuerpflichtigen gegenüber seinen Familienangehörigen verbunden ist, ändern also nichts an dem Grundsatz der progressiven Individualbesteuerung. Zugleich ist die mit der Zusammenveranlagung verbundene steuerliche Mehrbelastung zu einer Quelle erhöhter Einkünfte für den Staat geworden, während sie früher lediglich der Verwaltungsvereinfachung gedient hatte (vgl. Begründung zu § 11 des Entwurfs eines [preußischen] Einkommensteuergesetzes: Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen des Hauses der Abgeordneten während der 3. Session der 17. Legislatur-Periode 1890/91, 1. Band, Aktenstück No. 5, S. 222).
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II.
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Eine solche, an die Eheschließung anknüpfende steuerliche Mehrbelastung der Ehegatten, wie sie auch § 26 EStG 1951 herbeiführt, ist mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar.
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1. Das Grundgesetz enthält - anders aIs die Weimarer Reichsverfassung in Artikel 134 - keine ausdrückliche Bestimmung darüber, nach welchem Grundsatz die Staatsbürger an den öffentlichen Lasten zu beteiligen sind. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß der Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden ist, der sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergibt.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt der Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG "zu einem wesentlichen Teil darin, daß nicht alle tatsächlichen Verschiedenheiten zu unterschiedlicher Behandlung im Recht führen dürfen, sondern nur solche tatsächliche Ungleichheiten, denen aus Erwägungen der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit auch für das Recht unterscheidende Bedeutung zukommt. Dies zu entscheiden ist in erster Linie Sache des Gesetzgebers" (BVerfGE 3, 225 [240]). Das Ermessen des Gesetzgebers findet jedoch seine Grenze nicht nur im Willkürverbot und in den "Konkretisierungen" des allgemeinen Gleichheitssatzes (insbesondere Art. 3 Abs. 2 und 3 GG), sondern auch in sonstigen Grundsatznormen, in denen für bestimmte Bereiche der Rechts- und Sozialordnung Wertentscheidungen des Verfassungsgebers ausgedrückt sind. Kommen solche Grundsatznormen in Betracht, so ist eine Bestimmung zunächst darauf zu prüfen ob sie mit ihnen vereinbar ist; wird das verneint, dann ist für eine Prüfung unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) kein Raum mehr. Daher hat das Finanzgericht München zutreffend Art. 3 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 GG als besondere Prüfungsmaßstäbe bezeichnet. Da § 26 EStG 1951 an den Tatbestand der "Ehe" anknüpft, ist seine Verfassungsmäßigkeit in erster Linie an Art. 6 Abs. 1 GG zu messen.
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2. Art. 6 Abs. 1 GG ist eine wertentscheidende Grundsatznorm. Er stellt Ehe und Familie als die Keimzelle jeder menschlichen Gemeinschaft, deren Bedeutung mit keiner anderen menschlichen Bindung verglichen werden kann, unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung.
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Es handelt sich dabei zunächst um eine Bestimmung im Sinne der klassischen Grundrechte, die angesichts der Erfahrungen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft dem Schutz der spezifischen Privatsphäre von Ehe und Familie vor äußerem Zwang durch den Staat dienen soll. In Abkehr von der Allstaatlichkeit des Nationalsozialismus bekennt sich das Grundgesetz auch für diesen Lebensbereich zur Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit des Menschen.
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Unbestritten umschließt das verfassungsrechtliche Bekenntnis zu Ehe und Familie zugleich die Gewährleistung beider Lebensordnungen, enthält also eine sogenannte Instituts- oder Einrichtungsgarantie. In dieser Eigenschaft sichert er Ehe und Familie lediglich in ihrer wesentlichen Struktur, so daß insoweit seine juristische Wirkungskraft in der Rechtswirklichkeit nur darin besteht, einen Normenkern des Ehe- und Familienrechts verfassungsrechtlich zu gewährleisten.
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Die rechtliche Wirkung des Art. 6 Abs. 1 GG erschöpft sich jedoch nicht in diesen Funktionen. Wie eine ganze Reihe von Verfassungsnormen - insbesondere solche, die das Verhältnis des Bürgers zum Staat bestimmen oder das Gemeinschaftsleben regeln - erfüllt Art. 6 Abs. 1 GG mehrere Funktionen, die miteinander verbunden sind und ineinander übergehen. Aufgabe der Verfassungsrechtsprechung ist es, die verschiedenen Funktionen einer Verfassungsnorm, insbesondere eines Grundrechts, zu erschließen. Dabei ist derjenigen Auslegung der Vorzug zu geben, "die die juristische Wirkungskraft der betreffenden Norm am stärksten entfaltet" (Thoma).
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Eine Interpretation von Art. 6 Abs. 1 GG nach diesem Prinzip zeigt, daß er nicht nur ein Bekenntnis enthält und als Institutsgarantie wirkt, sondern darüber hinaus zugleich eine Grundsatznorm darstellt, das heißt eine verbindliche Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts.
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Art. 6 Abs. 1 GG gebietet nach seinem Wortlaut schlechthin den besonderen Schutz von Ehe und Familie durch die staatliche Ordnung. Schon diese weite Formulierung kennzeichnet die Bestimmung eindeutig - auch - als Grundsatznorm für das gesamte, Ehe und Familie betreffende Recht. Nur diese Deutung wird auch dem leitenden Prinzip des sozialen Rechtsstaats und der Einordnung der Norm in den Grundrechtsteil der Verfassung gerecht.
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Die Ehe steht als Grundlage des Familienlebens und der Erhaltung und Vermehrung der Nation unter dem besonderen Schutz der Verfassung. Sie beruht auf der Gleichberechtigung der beiden Geschlechter.
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Die Reinerhaltung, Gesundung und soziale Förderung der Familie ist Aufgabe des Staats und der Gemeinden. Kinderreiche Familien haben Anspruch auf ausgleichende Fürsorge.
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In dieser breiteren Fassung bezieht sich die Schutzbestimmung ausdrücklich auch auf das übrige, Ehe und Familie betreffende private und öffentliche Recht.
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Trotz der gegenüber Art. 119 WRV kürzeren Formulierung in Art. 6 Abs. 1 GG spricht nichts dafür, daß der Grundgesetzgeber den Wirkungsbereich der Schutznorm im Gegensatz zu der Weimarer Reichsverfassung auf die das Institut formenden Normen des Ehe- und Familienrechts beschränken wollte: In dem Herrenchiemsee-Entwurf war keine dem Art. 119 WRV entsprechende Bestimmung vorgesehen. Gleich der erste formulierte Vorschlag, der von Abgeordneten der CDU-Fraktion gemacht wurde, faßte die Schutzbestimmung für Ehe und Familie in einem Satze zusammen:
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"Die Ehe als die rechtmäßige Form der dauernden Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und die aus ihr wachsende Familie sowie die aus der Ehe und der Zugehörigkeit zur Familie fließenden Rechte und Pflichten stehen unter dem besonderen Schutz der Verfassung."
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(24. Sitzung des Grundsatzausschusses, StenProt. S. 34).
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Der Vorschlag wurde zunächst damit begründet, daß diese Fassung inhaltlich dem Entwurf der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen entspreche, wonach die Familie das natürliche und fundamentale Element der Gesellschaft ist und Recht auf Schutz hat (vgl. JÖR NF Bd. 1, S. 93 Anm. 2). Im Laufe der Beratungen wies die CDU-Fraktion wiederholt darauf hin, daß der Schutz von Ehe und Familie auch schon in der Weimarer Reichsverfassung bestanden habe. Niemals ist in den wiederholten Erörterungen darüber gesprochen worden, daß die verfassungsrechtliche Gewährleistung sich nur auf einen Normenkern des Ehe- und Familienrechts beziehen, also weniger besagen solle als die Parallelbestimmung der Weimarer Reichsverfassung.
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Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen, Art. 6 Abs. 1 GG könne deshalb keine objektiv-rechtliche Bedeutung für das Steuerrecht haben, weil er im wesentlichen eine Institutsgarantie darstelle und darüber hinaus nur Programmsatzcharakter habe, findet keine Rechtfertigung in einer Stellungnahme des Allgemeinen Redaktionsausschusses des Parlamentarischen Rates, auf die der Bundesminister der Finanzen sich bezogen hat. Es handelt sich um eine Anmerkung zu dem damaligen Artikel 7 a (in der Fassung der 1. Lesung des Hauptausschusses), der folgenden Wortlaut hatte:
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"(1) Die Ehe als die rechtmäßige Form der fortdauernden Lebensgemeinschaft von Mann und Frau und die mit ihr gegebene Familie sowie die aus der Ehe und der Zugehörigkeit zur Familie erwachsenden Rechte und Pflichten stehen unter dem besonderen Schutz der Verfassung.
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(2) Jede Mutter hat gleichen Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
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(3) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihr leibliche, seelische und gesellschaftliche Entwicklung zu schaffen, wie den ehelichen Kindern." (PR Drucks. Nr. 340)
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Die "Anmerkung" des Allgemeinen Redaktionsausschusses, wie sie in PR Drucks. Nr. 370 vom 13. Dezember 1948 veröffentlicht wurde, lautet:
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"Anmerkung zu Art. 7 a:
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Wenn Ehe und Familie unter dem Schutz der staatlichen Ordnung gestellt werden, so sind damit zugleich die aus ihnen fließenden Rechte unter deren Schutz gestellt. Im übrigen bedarf es keines Hinweises auf die rechtmäßige Form der fortdauernden Lebensgemeinschaft von Mann und Frau, wenn die Ehe als solche unter den besonderen Schutz des Staates gestellt wird. Unterstreichung vom Gericht Er stellt grundsätzlich nur Richtlinien für den Gesetzgeber auf und hat darüber hinaus nur den Charakter einer Auslegungsvorschrift für die rechtsanwendenden Instanzen. Damit wird der Grundsatz durchbrochen, in den Grundrechtsteil nur unmittelbar geltendes Recht aufzunehmen."
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Die Anmerkung wurde jedoch berichtigt (PR Drucks. Nr. 394 vom 18. Dezember 1948, S. 3) und ist mit dem berichtigten Wortlaut in der gedruckten Fassung der Entwürfe des Grundgesetzes (Formulierungen der Fachausschüsse, des Allgemeinen Redaktionsausschusses, des Hauptausschusses und des Plenums: S. 87) wiedergegeben worden. Der entscheidende Satz lautet dort:
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"Artikel 7 a Unterstreichung vom Gericht hat nur programmatische Bedeutung."
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Die Bedenken des Allgemeinen Redaktionsausschusses bezogen sich also - entgegen der Auffassung des Bundesfinanzministers - gerade nicht auf den hier allein interessierenden Absatz 1 (die Ausführungen in JÖR NF Bd. 1, S. 97 f., sind unzutreffend).
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Der Bundesminister der Finanzen hat sich weiterhin zur Begründung seiner Auffassung auf Ausführungen des Abgeordneten Dr. Greve im Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates (Prot. S. 554) bezogen. Abgesehen davon, daß die Meinung einer einzelnen, an der Gesetzgebung beteiligten Person über Sinn und Bedeutung einer Norm für ihre Auslegung nicht maßgebend sein kann (BVerfGE 1, 299 [312]), zeigt die nur beiläufige Bemerkung des Abgeordneten zu einer dem Art. 6 Abs. 1 GG im wesentlichen entsprechenden Bestimmung des Entwurfs, daß er zwar in der rechtlichen Tragweite dieser Vorschrift Zweifel hatte, ohne sich jedoch schon eine feste Meinung gebildet zu haben.
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Die Entstehungsgeschichte des Art. 6 Abs. 1 GG ergibt also, daß der Wirkungsbereich der Schutzvorschrift für Ehe und Familie nach dem Willen des Verfassungsgebers gegenüber der entsprechenden Bestimmung der Weimarer Reichsverfassung nicht eingeschränkt werden sollte, und bestätigt damit die aus der Textinterpretation erschlossene Funktion der Bestimmung als wertentscheidende Grundsatznorm.
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3. Aus dieser Funktion des Art. 6 Abs. 1 GG als einer wertentscheidenden Grundsatznorm ergeben sich die rechtlichen Grenzen für die Freiheit des gesetzgeberischen Ermessens.
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Wie jede Verfassungsnorm ist Art. 6 Abs. 1 GG nur insoweit den Gesetzgeber aktuell bindendes Recht, als seine Fassung bestimmt genug ist, eine Norm niederen Ranges daran zu messen. Hier ergibt sich das Maß der Bestimmtheit aus dem Begriff des "Schützens"; er bedeutet seinem Wortsinn nach die Förderung des Schutzgutes, die Abwehr von Störungen oder Schädigungen und vor allem den Verzicht des Staates auf eigene störende Eingriffe. Der in Art. 6 Abs. 1 GG statuierte besondere Schutz der staatlichen Ordnung für Ehe und Familie umschließt hiernach zweierlei: positiv die Aufgabe für den Staat, Ehe und Familie nicht nur vor Beeinträchtigungen durch andere Kräfte zu bewahren, sondern auch durch geeignete Maßnahmen zu fördern, negativ das Verbot für den Staat selbst, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch bei Erfüllung der positiven Schutzfunktion des Art. 6 Abs. 1 GG Fälle denkbar sind, in denen seine Fassung bestimmt genug ist, um eine Norm niederen Ranges daran zu messen. Jedenfalls verbietet er mit Bestimmtheit - negativ - eine Beeinträchtigung von Ehe und Familie durch störende Eingriffe des Staates selbst, ist also insoweit aktuelles Verfassungsrecht.
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Selbstverständlich verbietet Art. 6 Abs. 1 GG auch in der Funktion als Grundsatznorm nicht, an den Tatbestand der Eheschließung Rechtsfolgen mit gewissen wirtschaftlichen Auswirkungen zu knüpfen, wie der Bundesminister der Finanzen befürchtet. Einmal steht Art. 6 Abs. 1 GG nicht einer Begünstigung, sondern nur einer Benachteiligung von Verheirateten entgegen: Die Einführung begünstigender steuerrechtlicher Vorschriften (z. B. des "splitting") wäre daher unter diesem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich unbedenklich. Weiterhin liegt auf der Hand, daß die Ehe Anknüpfungspunkt für wirtschaftliche Rechtsfolgen sein kann, soweit das der Natur des geregelten Lebensgebietes entspricht. Das gilt insbesondere für die Beziehungen der Familienangehörigen untereinander und für die darreichende Verwaltung, soweit der soziale Rechtsstaat die früheren Fürsorgepflichten der Großfamilie oder die Unterhaltspflichten eines Verstorbenen oder Leistungsunfähigen übernimmt.
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Ferner kann aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht die Folgerung gezogen werden, daß solche Vorschriften mit der Verfassung unvereinbar sind, die nur in bestimmten Fällen die unbeabsichtigte Nebenfolge haben, sich als Beschwer der Ehe auszuwirken.
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4. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 26 EStG 1951 ist jedenfalls die Wirkung des Art. 6 Abs. 1 GG als aktuelle Schutznorm maßgebend; denn die Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer durchbricht den Grundsatz der Individualbesteuerung, und zwar zum Nachteil der im Ehestand Lebenden, stellt also einen störenden Eingriff in die Ehe dar. Die gegen diese Folgerung erhobenen Einwendungen entbehren der Berechtigung.
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Die Zusammenveranlagung kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß sie nicht an die Ehe, sondern an die (angeblich) durch gemeinsame Haushaltsführung erzielten Einsparungen und eine dadurch erhöhte "Leistungsfähigkeit" anknüpfe, so daß es sich bei der erhöhten Besteuerung der Ehegatten lediglich um eine ungewollte Nebenfolge handle. Die Möglichkeit von Einsparungen in der Lebenshaltung wird aber im gesamten übrigen Einkommensteuerrecht als Faktor der Leistungsfähigkeit nicht berücksichtigt; dieser Gesichtspunkt ist also systemfremd. Vor allem aber trifft es nicht zu, daß die erhöhte Besteuerung der Ehegatten nur eine ungewollte Nebenfolge sei; denn die Zusammenveranlagung ist nicht nur rechtsgrundsätzlich an die Ehe gebunden, sondern die dadurch eintretende Wirkung erhöhter Besteuerung ist geradezu der Hauptzweck dieser Bestimmung.
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Wäre die erhöhte Leistungsfähigkeit auf Grund gemeinsamer Haushaltsführung der wahre Anknüpfungspunkt, so dürfte nicht einzig die eheliche Haushaltsgemeinschaft besteuert werden, zumal sie keineswegs der typische Fall der Haushaltsgemeinschaft mehrer Personen mit marktwirtschaftlichem Einkommen ist. Während es z.B. im Jahre 1950 von insgesamt 12,6 Millionen Mehrpersonen-Haushaltungen 5,7 Millionen Haushaltungen mit mehr als einem Einkommensbezieher (mithelfende Familienmitglieder nicht eingerechnet) gab, betrug die Zahl der erwerbstätigen Ehefrauen, die mit ihrem Ehemann in einem eigenen Haushalt zusammenlebten, in diesem Jahr nur 0,74 Millionen, wobei die im Betrieb des Ehemannes Mithelfenden nicht berücksichtigt sind (Wirtschaft und Statistik, 1954, S. 214 und 326). Nicht einmal jeder siebente Fall eines Zusammentreffens mehrerer Personen mit selbständigem marktwirtschaftlichem Einkommen in einem Haushalt beruhte also auf der marktwirtschaftlichen Tätigkeit der Ehefrau. Ein Verzicht auf die Zusammenveranlagung von Ehegatten würde also auch nicht, wie der Bundesminister der Finanzen meint, eine Ungerechtigkeit gegenüber den Unverheirateten bedeuten, weil bei diesen die Möglichkeit eines Zusammenwirtschaftens mehrerer Personen in aller Regel nicht bestünde.
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Die Ursächlichkeit der Ehe als solcher, nicht der gemeinsamen Haushaltsführung, für die Zusammenveranlagung wird durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ausdrücklich bestätigt. Dieser hat durch Urteil vom 2. Juli 1953 (BStBl. 1953 III S. 256 Nr. 217) die Einwendungen zweier erwerbstätiger Ehegatten (beide Geschäftsführer verschiedener Unternehmen) gegen die Zusammenveranlagung zurückgewiesen, obwohl die Ehegatten ihre beiden bereits vor der Eheschließung bestehenden Haushaltungen, die etwa 10 km voneinander entfernt lagen, unverändert und dauernd aufrechterhielten. Der Bundesfinanzhof führt in seiner Entscheidung aus, daß Eheleute nur dann getrennt veranlagt werden können, "wenn das Getrenntsein sich nicht nur auf den Haushalt und die Wirtschaftsführung, sondern auch auf das eheliche Leben erstreckt." Nicht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs liegt dauernde Trennung im Sinne von § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nur bei einer Trennung von Tisch und Bett vor. Er folgt damit der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RStBl. 1937 S. 435), die seit langem ihren Niederschlag in den Einkommensteuer-Richtlinien gefunden hat (z.B. EStR 1951 vom 31. Mai 1952 - BStBl. 1952 I S. 289 [380] - Abschn. 190): "Ehegatten leben im Sinn des § 26 EStG dauernd getrennt, wenn sich die Trennung auf das eheliche Leben, den Haushalt und die Wirtschaftsführung erstreckt und eine Ehegatte die Absicht hat, diese Trennung für längere Zeit aufrechtzuerhalten."
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Die mit der Zusammenveranlagung verbundene Verschärfung des Steuerdrucks ist auch nicht nach dem Wesen des Einkommensteuerrechts im Charakter der Ehe begründet; denn es liegt auf der Hand, daß bei einer rein abgabenrechtlichen Bestimmung die Anknüpfung an den Ehestand nicht in der Natur der Sache liegt, wie etwa im Familienrecht oder auf gewissen Gebieten des Fürsorgerechts. Wenn im Einkommensteuerrecht als Anknüpfungspunkt gelten soll, daß Ehe und Familie "nicht nur als die Summierung zweier Ehepartner und ihrer Kinder..., sondern als eine höhere Einheit" (Denkschrift des Bundesministers der Finanzen zur Frage der Ehegattenbesteuerung: BT Il/1953, Drucks. 1866, Anl. 1 S. 17) anzuerkennen sind, so könnte man damit allenfalls eine steuerliche Besserstellung der Ehegatten begründen. Es ist nicht verständlich, wie eine steuerliche Schlechterstellung der Ehegatten mit der höheren sittlichen Bewertung ihres der Besteuerung zugrunde liegenden Status sollte gerechtfertigt werden können.
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Es ist ferner versucht worden, die mit der Zusammenveranlagung verbunde Benachteiligung der Ehegatten damit zu rechtfertigen, daß die Rücksicht auf solche Ehegatten, von denen nur einer marktwirtschaftliches Einkommen bezieht, insbesondere auf die Kinderreichen, und daß die angebliche Notwendigkeit, "die Ehefrau ins Haus zurückzuführen", die Zusammenveranlagung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 Abs. 1 GG geradezu forderten.
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Die Aufhebung der Zusammenveranlagung würde - so wird gesagt - eine ungerechte Benachteiligung der Familien bedeuten, in denen die Hausfrau und Mutter einem marktwirtschaftlichen Erwerb nicht nachgeht oder nicht nachgehen kann. Es ist nicht einzusehen, inwiefern die Familie mit nur einem Einkommensbezieher gerade gegenüber den Ehegatten, die beide Einkommen haben, ungerecht benachteiligt sein soll: denn wenn man eine solche "Benachteiligung" annimmt, so besteht sie genauso jedem anderen Steuerpflichtigen gegenüber, der für eine geringere Zahl von Personen aufzukommen hat als der allein verdienende Familienvater, und diese "Benachteiligung" kann nicht dadurch behoben werden, daß aus der großen Zahl der "Begünstigten" nur die Ehegatten mit zwei selbständigen Einkommen erhöhter Besteuerung unterworfen werden. Will man aus dem Gesichtspunkt der Sozialstaatlichkeit und des Schutzes von Ehe und Familie der besonderen Lage des Ehemannes und Familienvaters, der für mehrere Personen aufzukommen hat, Rechnung tragen, so gibt es dazu verschiedene, in der Öffentlichkeit bereits erörterte Wege (Erhöhung der Freibeträge, Einführung des "splitting"). Die Zusammenveranlagung ist dazu nicht geeignet, da sie nur einen Teil der Ehepaare höher belastet, ohne den anderen zu nützen. Versteht man den Einwand, die Rücksicht auf die kinderreichen Familien erfordere die Zusammenveranlagung von Ehegatten, dahin, daß das Mehraufkommen aus der Zusammenveranlagung zugunsten der Kinderreichen verwandt werden solle, so läuft das - abgesehen davon, daß eine Kontrolle dieser Verwendung nach den geltenden Haushaltsgrundsätzen nicht möglich wäre - auf die Begründung hinaus, der allgemeine Finanzbedarf des Staates erfordere diese Einnahmen. Der Finanzbedarf des Staates ist aber niemals geeignet, eine verfassungswidrige Steuer zu rechtfertigen.
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Dem Ziel, "die Ehefrau ins Haus zurückzuführen", dem sogenannten Edukationseffekt, soll die Zusammenveranlagung dadurch dienen, daß die damit verknüpfte erhöhte steuerliche Belastung die Ehefrau von der Berufstätigkeit zurückhält (vgl. z.B. Denkschrift des Bundesministers der Finanzen, S. 14). An sich bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, mit einer Steuer außer der Erzielung von Einkünften auch andere Zwecke mit zu verfolgen. Das gilt jedoch nur mit der Einschränkung, daß diese Nebenzwecke selbst verfassungsrechtlich neutral sind und mit verfassungsrechtlich unbedenklichen Steuern verfolgt werden. Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten aber wird der Edukationseffekt einmal zur Rechtfertigung einer schon aus anderem Grunde verfassungswidrigen Bestimmung herangezogen. Zum anderen betrifft der Erziehungszweck selbst ein Gebiet, das bereits durch verfassungsgesetzliche Entscheidung umgrenzt ist, auf dem also der einfache Gesetzgeber nicht mehr völlig frei Wertentscheidungen treffen kann: Das ergibt sich sowohl aus Art. 6 Abs. 1 GG selbst wie auch aus Art. 3 Abs. 2 und 3 GG.
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Wie bereits oben dargelegt, ist Art. 6 Abs. 1 GG im Sinne der klassischen Grundrechte ein Bekenntnis zur Freiheit der spezifischen Privatsphäre für Ehe und Familie; es entspricht damit einer Leitidee unserer Verfassung, nämlich der grundsätzlichen Begrenztheit aller öffentlichen Gewalt in ihrer Einwirkungsmöglichkeit auf das freie Individuum. Aus diesem Gedanken folgt allgemein die Anerkennung einer Sphäre privater Lebensgestaltung, die staatlicher Einwirkung entzogen ist (BVerfGE 5, 85 [200, 204]; 7, 32). Zu dem Gehalt solcher privaten Entscheidungsfreiheit der Ehegatten gehört auch die Entscheidung darüber, ob eine Ehefrau sich ausschließlich dem Haushalt widmet, ob sie dem Manne im Beruf hilft oder ob sie eigenes marktwirtschaftliches Einkommen erwirbt. Das zur Rechtfertigung der Zusammenveranlagung angeführte Ziel, die erwerbstätige Ehefrau "ins Haus zurückzuführen", entspricht einer bestimmten Vorstellung von der besten Art der Ehegestaltung. Das Gebot des Schutzes von Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG aber bezieht sich auf jede Ehe und Familie, die den heute in der Bundesrepublik gesetzlich normierten bürgerlich-rechtlichen Instituten Ehe und Familie entspricht, überläßt also die Gestaltung der Privatsphäre in diesem Rahmen den Ehegatten selbst. Der Gesetzgeber dürfte daher eine bestimmte Gestaltung der privaten Sphäre der Ehe nicht unmittelbar erzwingen. Ist aber ein solcher unmittelbarer Zwang verfassungswidrig, so kann dasselbe Ziel auch nicht geeignet sein, eine Maßnahme zu legitimieren, die, wie die Zusammenveranlagung mittelbar diesem Ziel dienen soll.
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Die Untauglichkeit des sogenannten Edukationseffektes zur Rechtfertigung der Zusammenveranlagung folgt ebenso aus dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter (Art. 3 Abs. 2 und 3 GG). Das Grundgesetz geht davon aus, daß die Gleichberechtigung mit dem Schutz von Ehe und Familie vereinbar ist (vgl. BVerfGE 3, 225 [241]), so daß auch die Gesetzgebung nicht von einem Widerspruch beider Prinzipien ausgehen darf. Zur Gleichberechtigung der Frau gehört aber, daß sie die Möglichkeit hat, mit gleichen rechtlichen Chancen marktwirtschaftliches Einkommen zu erzielen wie jeder männliche Staatsbürger. Die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Frau von vornherein als ehezerstörend zu werten, widerspricht nicht nur dem Grundsatz, sondern auch dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 2 GG. Die Zweckrichtung des Gesetzes, die Ehefrau von marktwirtschaftlicher Tätigkeit zurückzuhalten, ist ungeeignet, die Zusammenveranlagung zu rechtfertigen.
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5. Aus all dem folgt, daß § 26 EStG 1951 eine benachteiligende Ausnahmevorschrift gegen Verheiratete bildet und damit zu Lasten der Ehe gegen die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG verstößt.
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Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob § 26 EStG 1951 auch unter anderen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG, verfassungswidrig ist. In diesem Zusammenhang würden eine Reihe von Fragen durch die sachliche Verknüpfung von § 26 EStG 1951 mit § 43 EStDV 1951 aufgeworfen werden, der - wie die oben geschilderte Entstehungsgeschichte des Einkommensteuergesetzes 1951 zeigt nach dem Willen des Gesetzgebers einen wesentlichen Bestandteil der Gesamtregelung der Ehegattenbesteuerung bildet. Diese schafft nach der Art der Einkünfte eine Ungleichheit innerhalb der Gruppe der Verheirateten; denn nur wenn die Frau Lohnempfängerin ist, wird getrennt veranlagt, bei allen anderen Einkommensarten der Frau zusammen (Frage der Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG). In der Bestimmung liegt außerdem eine ungleiche Behandlung nach dem Geschlecht: nur wenn die Frau Lohnempfängerin ist, wird getrennt veranlagt, ist der Mann Lohnempfänger, wird zusammen veranlagt (Frage der Verletzung von Art. 3 Abs. 2 und 3 GG). Ferner könnten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsvorschrift des § 51 EStG 1951 geltend gemacht werden sowie Zweifel bestehen, ob sich § 43 EStDV 1951 im Rahmen der Ermächtigung hält. Alle diese Gesichtspunkte können jedoch unerörtert bleiben, da schon § 26 EStG 1951 als solcher wegen Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 GG nichtig und § 43 EStDV 1951 damit gegenstandslos ist.
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Im Hinblick auf dieses Ergebnis können verwaltungstechnische Erwägungen, die zur Rechtfertigung der Zusammenveranlagung angeführt worden sind - z. B. die leichtere Erfaßbarkeit der ehelichen Gemeinschaft im Vergleich zu anderen Haushaltsgemeinschaften und die Möglichkeit einer Verhinderung steuerlicher Manipulationen unter Ehegatten -, nicht maßgeblich sein. Gegenüber Art. 6 Abs. 1 GG sind sie ihrer Natur nach als rechtliche Argumente ungeeignet, weil der Vorrang der verfassungsrechtlichen Wertungen es dem Gesetzgeber verbietet, Zweckmäßigkeitserwägungen unter Verletzung solcher Wertungen Raum zu geben. Damit ist jedoch nicht ausgesprochen, daß solche verwaltungstechnischen Gesichtspunkte ohne Bedeutung sein müßten, wenn ein Steuergesetz ausschließlich am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, also auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der allgemeinen Steuergerechtigkeit, zu prüfen ist. Im übrigen würden auch besondere gesetzliche Bestimmungen, die lediglich Umgehungen der Steuerpflicht durch eine vorgeschobene zivilrechtliche Verteilung der Einkünfte - namentlich aus Kapitalvermögen - zwischen Ehegatten verhindern sollen, niemals eine durch Art. 6 Abs. 1 GG verbotene Benachteiligung der Ehe und Familie darstellen.
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III.
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§ 26 EStG 1951 ist nach alledem mit Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar und daher nichtig.
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Obwohl in einzelnen Fällen - nämlich beim Zusammentreffen von Gewinnen des einen Ehegatten mit Verlusten des anderen die Zusammenveranlagung sich für die Steuerpflichtigen auch vorteilhaft auswirken kann, muß die Nichtigerklärung schlechthin ausgesprochen werden, da § 26 EStG 1951 - anders als etwa § 69 Abs. 2 des Soforthilfegesetzes (BVerfGE 4, 331 [332]) eine einheitliche Vorschrift ist, die nur im ganzen gültig oder nichtig sein kann.
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