Eine vorkonstitutionelle Norm ist in den Willen des nachkonstitutionellen Gesetzgebers nur dann aufgenommen, wenn sich ein Bestätigungswille aus dem Inhalt des Gesetzes selbst oder - bei Gesetzesänderungen - auch aus dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen unveränderten und geänderten Normen objektiv erschließen läßt.
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Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 17. Mai 1960
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- 2 BvL 11/59, 11/60 - | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 401 Reichsabgabenordnung - Vorlagebeschlüsse des Landgerichts Waldshut vom 6. April 1959 (Ns 106/58) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. November 1959 (1 Ss 925/59).
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Die Vorlagen sind unzulässig.
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Gründe: | |
A. - I. | |
1. § 401 der Reichsabgabenordnung (AO) vom 22. Mai 1931 (RGBl. I S. 161) lautet in der jetzt geltenden Fassung:
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(1) Bei Verurteilung wegen Steuerhinterziehung (§ 396) ist neben der Strafe auf Einziehung der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer die Hinterziehung begangen worden ist, sowie der Beförderungsmittel, die der Täter zur Begehung der Tat benutzt hat, zu erkennen. Der Einziehung nach Satz 1 unterliegen nicht solche Beförderungsmittel, die dem allgemeinen Verkehr dienen und unabhängig von den Weisungen des Fahrgastes oder Benutzers verkehren.
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(2) Kann die Einziehung der Erzeugnisse oder Waren nicht vollzogen werden, so ist auf Erlegung ihres Wertes und, soweit dieser nicht zu ermitteln ist, auf Zahlung einer Geldsumme bis zu einhunderttausend Deutsche Mark zu erkennen.
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Das Landgericht Waldshut und das Oberlandesgericht Hamm haben bei ihnen anhängige Steuerstrafverfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 401 AO mit dem Grundgesetz vereinbar ist, soweit er die Nebenstrafen der Einziehung und des Wertersatzes zwingend vorschreibt. Zur Begründung führen sie aus, § 401 AO sei nachkonstitutionelles Recht. Der Bundesgesetzgeber habe im Jahr 1956 nur einige besonders dringende Änderungen des Dritten Teils der Reichsabgabenordnung vorgenommen und damit seinen Willen bekundet, die nicht geänderten Bestimmungen, zu denen auch § 401 AO gehöre, bis zu einer allgemeinen Strafrechtsreform aufrechtzuerhalten. Dadurch habe er § 401 AO bestätigt. Diese Bestimmung sei jedoch mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Sie sehe eine obligatorische Nebenstrafe vor, die in manchen Fällen ohne Rücksicht auf den Grad des Verschuldens nach zufälligen außerstrafrechtlichen Umständen so übermäßig hoch festgesetzt werden müsse, daß die Existenz des Täters vernichtet werde. Das verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit von Schuld und Strafe und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip und die Menschenwürde (Art. 20 und 1 GG).
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2. In dem beim Landgericht Waldshut anhängigen Verfahren - Ns 106/58 - hatte der Angeklagte bei der Rückkehr von einer Urlaubsfahrt Zigaretten, Kaffee und andere zollpflichtige Waren im Wert von insgesamt 40 DM in seinem Personenkraftwagen Mercedes Typ 219 versteckt, um den Zoll zu hinterziehen, der später auf 39,95 DM festgesetzt wurde. Durch Urteil des Amtsgerichts Waldshut wurde gegen ihn wegen versuchter Steuerhinterziehung auf eine Geldstrafe von 100 DM und gemäß § 401 AO auf Einziehung der beschlagnahmten Waren sowie des Kraftfahrzeugs im Wert von etwa 10.000 DM erkannt.
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In dem beim Oberlandesgericht Hamm anhängigen Verfahren - 1 Ss 925/59 - war der Angeklagte zu 3.000 DM Geldstrafe und gemäß § 401 AO zu 77.232,10 DM Wertersatz verurteilt worden. Er hatte als Geschäftsführer eines Bergbauunternehmens beim Verkauf von Steinkohle die Bergarbeiterwohnungsabgabe von je 1,- DM pro Tonne nicht an die Steuerbehörde abgeführt, sondern im Betrieb des Unternehmens verwirtschaftet. Als Wertersatz wurde der Wert der verkauften Kohle (40 DM je Tonne) zugrunde gelegt.
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II.
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Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, den Landesregierungen, den oberen Bundesgerichten sowie den Beteiligten der Ausgangsverfahren Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
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Der Bundesminister der Finanzen hält die Vorlage für unzulässig, da es sich bei § 401 AO um vorkonstitutionelles Recht handle. Diese Bestimmung habe schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes bestanden und sei später weder geändert noch vom Gesetzgeber bestätigt worden.
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Die durch die Vorlagebeschlüsse anhängig gewordenen beiden Verfahren sind zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden.
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Die Vorlagen sind unzulässig.
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I.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegen Normen, die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, dem 24. Mai 1949, verkündet worden sind (sogenannte vorkonstitutionelle Gesetze), grundsätzlich nicht der Prüfung nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 2, 124 [128 ff.]; 3, 45 [48]; 4, 331 [341]; 10, 129 [131]).
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Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1957 für diejenigen vorkonstitutionellen Normen, die der Gesetzgeber nach Inkrafttreten des Grundgesetzes "in seinen Willen aufgenommen" hat (BVerfGE 6, 55 [65]; ferner 7, 282 [290]; 8, 210 [213 f.]; 9, 39 [46]; 10, 129 [132]; 10, 185 [191]).
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Gegen die Begründung dieser Entscheidung sind teilweise Bedenken erhoben worden.
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Vgl. Vangerow, StuWi. 1957, 262; Klein, DÖV 1957, 567; Sievers, DRiZ 1957, 78; Hildegard Krüger in: Krüger/Breetzke/Nowack, Gleichberechtigungsgesetz, 1958, S.106 ff.; Oswald, DVBl.1958, 563; Forsthoff in: Festschrift für Carl Schmitt, 1959, S. 57; Herholz, DÖV 1959, 371.
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Einige Autoren meinen, das Gericht messe dem Willen der an der Gesetzgebung beteiligten Organe auch dann Bedeutung zu, wenn dieser Wille im Gesetz selbst nicht zum Ausdruck gekommen sei. Eine solche Auffassung wird jedoch in der Entscheidung vom 17. Januar 1957 nicht vertreten. Sie widerspräche auch den vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Grundsätzen über Ziel und Methoden der Gesetzesauslegung.
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Während die "subjektive" Theorie auf den historischen Willen des "Gesetzgebers" = Gesetzesverfassers, auf dessen Motive in ihrem geschichtlichen Zusammenhang abstellt, ist nach der "objektiven" Theorie, die in Rechtsprechung und Lehre immer stärkere Anerkennung gefunden hat, Gegenstand der Auslegung das Gesetz selbst, der im Gesetz objektivierte Wille des Gesetzgebers. "Der Staat spricht nicht in den persönlichen Äußerungen der an der Entstehung des Gesetzes Beteiligten, sondern nur im Gesetz selbst. Der Wille des Gesetzgebers fällt zusammen mit dem Willen des Gesetzes" (Radbruch, Rechtsphilosophie, 4. Aufl. 1950, S. 210 f.).
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Diesem Auslegungsziel dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) und aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung).
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Um den objektiven Willen des Gesetzgebers zu erfassen, sind alle diese Auslegungsmethoden erlaubt. Sie schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig. Das gilt auch für die Heranziehung der Gesetzesmaterialien, soweit sie auf den objektiven Gesetzesinhalt schließen lassen. Freilich sind die "Vorarbeiten eines Gesetzes für dessen Auslegung immer nur mit einer gewissen Zurückhaltung, in der Regel bloß unterstützend, zu verwerten" (RGZ 128, 111). Sie dürfen nicht dazu verleiten, die Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen dem objektiven Gesetzesinhalt gleichzusetzen (z. B. schon RGZ 27, 411, ferner BayerVerfGH VGHE NF Bd. 3 II 1950 S. 15 [24]). Der Wille des Gesetzgebers kann bei der Auslegung des Gesetzes nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat (vgl. z. B. BGH L/M Nr. 3 zu § 133 BGB).
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Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 21. Mai 1952 (BVerfGE 1, 299 [312]) ausgesprochen, daß für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend ist, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, und daß der Entstehungsgeschichte einer Vorschrift für deren Auslegung nur insofern Bedeutung zukommt, "als sie die Richtigkeit einer nach den angegebenen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die auf dem angegebenen Weg allein nicht ausgeräumt werden können". In seiner Entscheidung vom 15. Dezember 1959 (BVerfGE 10, 234 [244]) hat das Gericht diese Grundsätze erneut bestätigt.
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2. Der "Wille des Gesetzgebers" ist der im Gesetz objektivierte Wille. Eine vorkonstitutionelle Norm ist in den Willen des nachkonstitutionellen Gesetzgebers nur dann aufgenommen, wenn sich ein Bestätigungswille aus dem Inhalt des Gesetzes selbst oder - bei Gesetzesänderungen - auch aus dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen unveränderten und geänderten Normen objektiv erschließen läßt. Die Motive und Vorstellungen der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften sind dabei nicht entscheidend, soweit sie nicht im Gesetz ihren Ausdruck gefunden haben.
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Es bedeutet darum noch keine Bestätigung, wenn der Gesetzgeber eine schon vor dem Grundgesetz bestehende Norm nur hinnimmt und ihre Änderung oder Aufhebung vorerst unterläßt. Auch aus der Änderung einzelner Bestimmungen eines vorkonstitutionellen Gesetzes läßt sich noch nicht ohne weiteres entnehmen, daß der Gesetzgeber die übrigen Bestimmungen geprüft und bestätigt habe. Die Meinung, jede Änderung eines vorkonstitutionellen Gesetzes durch den Bundesgesetzgeber mache das ganze Gesetz zu einem nachkonstitutionellen, weil der Gesetzgeber damit bekunde, daß er den nicht abgeänderten Teil für grundgesetzmäßig halte, wird der Wirklichkeit nicht gerecht. Besonders bei umfangreichen Gesetzen kann nicht die irreale Unterstellung gemacht werden, der Gesetzgeber habe aus Anlaß einzelner Änderungen jeweils die Verfassungsmäßigkeit des gesamten Gesetzes geprüft und bejaht.
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Um eine vorkonstitutionelle Norm zu einer nachkonstitutionellen zu machen, muß der Gesetzgeber vielmehr seinen konkreten Bestätigungswillen im Gesetz zu erkennen geben. Das ist z. B. der Fall, wenn die alte Norm als Gesetz neu verkündet wird, wenn die neue (nachkonstitutionelle) Norm auf die alte Norm verweist, oder wenn ein begrenztes und überschaubares Rechtsgebiet vom nachkonstitutionellen Gesetzgeber durchgreifend geändert wird und aus dem engen sachlichen Zusammenhang der geänderten mit der alten Vorschrift offensichtlich ist, daß der nachkonstitutionelle Gesetzgeber die alte Vorschrift nicht ungeprüft übernommen haben kann.
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II.
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Der Bundesgesetzgeber hat § 401 AO nicht als nachkonstitutionelles Recht bestätigt ("in seinen Willen aufgenommen").
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1. Die jetzige Fassung des § 401 AO beruht im wesentlichen auf dem Zweiten Teil § 3 Nr. 2 der Anpassungsverordnung vom 23. Dezember 1931 (RGBl. I S. 779) und Kap. II Art. 2 Nr. 2 der Verordnung vom 18. März 1933 (RGBl. I S.109).
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§ 401 AO wurde nach Erlaß des Grundgesetzes nicht geändert. Jedoch erfolgten nach diesem Zeitpunkt Änderungen des Steuerstrafrechts durch das Gesetz zur Änderung des § 410 der Reichsabgabenordnung vom 7. Dezember 1951 (BGBl. I S. 941) - Änderungsgesetz 1951 - und durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Dritten Teils der Reichsabgabenordnung vom 11. Mai 1956 (BGBl. I S. 418) - Änderungsgesetz 1956. Diese beiden Gesetze haben den § 401 AO jedoch nicht bestätigt.
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2. Das Änderungsgesetz 1951 bezog sich lediglich auf die Selbstanzeige (§ 410 AO): es schränkte die durch Gesetz vom 20. April 1949 (WiGBl. S. 69) erweiterte Möglichkeit, durch Selbstanzeige Straffreiheit zu erlangen, wieder ein. Diese Änderung hängt mit § 401 AO nicht zusammen; sie hat diese Bestimmung nicht bestätigt.
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3. Auch dem Änderungsgesetz 1956 läßt sich für § 401 AO ein Bestätigungswille des Gesetzgebers nicht entnehmen.
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a) Dieses Gesetz hat von den insgesamt 27 Paragraphen des Steuerstrafrechts (§§ 391 bis 419 AO) nur 6 geändert oder neu eingeführt. Dabei handelte es sich nicht um durchgreifende Änderungen. Ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den geänderten Normen und § 401 AO ist nicht ersichtlich. Die Änderungen beschränkten sich darauf, einige angedrohte Gefängnis- und Geldstrafen zu mildern und einige Straftatbestände zu präzisieren. § 401 AO befaßt sich mit einer Nebenstrafe, der Einziehung, und schreibt diese im Gegensatz zu § 40 StGB zwingend vor. Aus der Milderung einiger Strafen folgt aber nicht kraft engen sachlichen Zusammenhangs, daß damit die Nebenstrafe des § 401 AO ausdrücklich bestätigt werden sollte. Im Gegenteil spricht die allgemeine Milderungstendenz des Gesetzes gegen eine solche Annahme. Es wäre nicht recht verständlich, daß der Gesetzgeber einerseits die Strafen mildern wollte, andererseits aber die starre Nebenstrafe des § 401 AO in seinen Willen aufgenommen und bestätigt haben sollte. Wahrscheinlicher ist es, daß er an die möglichen harten Straffolgen des § 401 AO gar nicht gedacht hat.
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Daraus, daß auf die Nebenstrafe des § 401 AO nur bei Steuerhinterziehung (§ 396 AO) zu erkennen ist und § 396 AO durch das Änderungsgesetz 1956 neu gefaßt wurde, läßt sich ein Bestätigungswille des nachkonstitutionellen Gesetzgebers nicht entnehmen, denn die Bezugnahme des § 401 auf § 396 AO bestand schon vor Inkrafttreten des Grundgesetzes.
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b) Die Entstehungsgeschichte spricht gleichfalls nicht dafür, daß der Gesetzgeber § 401 AO bestätigen wollte. § 401 AO wurde weder in der amtlichen Begründung und in den Ausschußberatungen noch im Plenum des Bundestags und des Bundesrats erwähnt.
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Vgl. hinsichtlich des Änderungsgesetzes 1951: BT I/1949, Drucks. 2395 und 2751; 159. Sitzung vom 10. Juli 1951, Prot. S. 6349 C 174. Sitzung vom 14. November 1951, Prot. S. 7160 C ff. - Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, 99. und 103. Sitzung, Prot. vom 24. Oktober und 7. November 1951; BR, 73. Sitzung vom 23. November 1951, Prot. S. 794 D f.;
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hinsichtlich des Änderungsgesetzes 1956: BT II/1953, Drucks. 1593, 1731, 1731 (neu); 98. Sitzung vom 14. Juli 1955, Prot. S. 5515; 136. Sitzung vom 21. März 1956, Prot. S. 7037 ff.; Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, 70. und 83. Sitzung, Prot. vom 15. September 1955 und 1. Februar 1956; Rechtsausschuß, 95. und 96. Sitzung, Prot. vom 11. und 12. Januar 1956; BR-Drucks 110/1/56 vom 13. April 1956; 157. Sitzung vom 20. April 1956, Prot. S.131 f.
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Aus den Gesetzgebungsmaterialien geht weiterhin hervor, daß die gesetzgebenden Körperschaften eine umfassende Änderung des Steuerstrafrechts (große Steuerstrafrechtsreform) für geboten hielten, diese aber im Hinblick auf die in Vorbereitung befindliche große Strafrechtsreform zurückstellten und sich damit begnügten, in dem Änderungsgesetz von 1956 einige Änderungen vorzunehmen, die besonders dringlich erschienen.
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Wie schon dargelegt wurde, macht die stillschweigende Hinnahme und Nichtänderung einer vorkonstitutionellen Norm diese noch nicht zu einer nachkonstitutionellen. Vielmehr müssen die gesetzgebenden Körperschaften den dahingehenden Entschluß fassen und im Gesetz zu erkennen geben. Wenn der Bundestag und der Bundesrat die Gesamtheit des Steuerstrafrechts als änderungsbedürftig ansahen - ohne dabei den § 401 AO auch nur zu erwähnen - und wenn sie von der Bundesregierung eine Reform des gesamten Steuerstrafrechts forderten, so ergibt sich hieraus für § 401 AO kein Bestätigungswille. Die gesetzgebenden Körperschaften betrachteten das Steuerstrafrecht der Reichsabgabenordnung als das Werk einer vergangenen staatsrechtlichen Epoche, das den heutigen Rechtsauffassungen entsprechend geändert werden müsse. Sie billigten die unverändert gelassenen Paragraphen nicht, sondern forderten von der Bundesregierung eine allgemeine Reform des Steuerstrafrechts. Ein derart distanziertes Verhalten der gesetzgebenden Körperschaften gegenüber den nicht geänderten Normen der Reichsabgabenordnung - und mithin auch gegenüber dem nicht erwähnten § 401 AO - kann aber nicht dahin gewertet werden, daß diese Norm fortan als vom Bundesgesetzgeber geprüft, gebilligt und bestätigt angesehen werden könnte. Vielmehr nahmen die gesetzgebenden Körperschaften diese Norm einstweilen auf Grund der gegebenen Umstände hin. Sie konnten § 401 AO schon deshalb nicht sofort aufheben, weil die Bundesregierung im Änderungsgesetz 1956 lediglich einige wenige Änderungen vorgeschlagen hatte und eine umfassendere Änderung im damaligen Zeitpunkt auf erhebliche gesetzgeberische Schwierigkeiten gestoßen wäre, vor allem im Hinblick auf die erst in Vorbereitung befindliche allgemeine Strafrechtsreform, die bei einer Änderung des Steuerstrafrechts zugrunde gelegt werden sollte.
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In der amtlichen Begründung zum Änderungsgesetz 1956 erklärte die Bundesregierung, es müßten "alle zur Zeit nicht unbedingt dringlichen steuerstrafrechtlichen Änderungen zurückgestellt werden". Es sei "nicht tragbar, jetzt eine größere Steuerstrafrechtsreform einzubringen und nach der allgemeinen Großen Strafrechtsreform erneut eine Steuerstrafrechtsreform durchzuführen" (BT-Drucks. 1593 vom 11. Juli 1955, S. 4). Der Berichterstatter des Finanzausschusses betonte, "daß es sich bei diesem Gesetz nur um Stückwerk handelt. Nur bruchstückweise sollten die dringlichsten Dinge geändert werden, weil ja eine größere Strafrechtsreform vor der Tür steht"
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136. Sitzung vom 21. März 1956, BT-Prot., S. 7040; vgl. auch die Ausführungen des Staatssekretärs des Bundesfinanzministeriums, a.a.O. S. 7042.
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In der einstimmigen Entschließung des Bundestags vom 21. März 1956, BT-Prot., Bd. 28 S. 7046 C hieß es u.a.:
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"Das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Dritten Teils der Reichsabgabenordnung regelt zwar einige besonders dringende Fragen des Steuerstrafrechts, ist aber nicht als Grundlage für eine allgemeine Reform des Steuerstrafrechts anzusehen. Eine solche allgemeine Reform ist notwendig; insbesondere muß das Steuerstrafrecht daraufhin überprüft werden, ob es mit rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar ist."
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Der Bundesrat hielt in einer Entschließung ebenfalls "eine allgemeine Reform des Steuerstrafrechts für erforderlich", sah jedoch kein dringendes Bedürfnis dafür, diese noch vor einer großen Strafrechtsreform durchzuführen.
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BR-Drucks. 110/56 vom 20. April 1956; 157. Sitzung vom 20. April 1956, BR-Prot. S.132 B.
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Aus diesen Erklärungen ergibt sich, daß der Bundestag und der Bundesrat die unverändert gelassenen Bestimmungen des Steuerstrafrechts und mithin auch § 401 AO weder erörtert noch geprüft oder zum Gegenstand von Beschlüssen gemacht, sondern daß sie das geltende Steuerstrafrecht in seiner Gesamtheit nicht gebilligt und seine Reform gewünscht haben.
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Nach dem Inhalt und Zweck des Änderungsgesetzes 1956 in Verbindung mit seiner Entstehungsgeschichte ist somit nicht zu erweisen, daß § 401 AO in den im Änderungsgesetz 1956 objektivierten Willen des Bundesgesetzgebers aufgenommen und damit zu nachkonstitutionellem Recht gemacht worden ist. Daher gelten die allgemeinen Grundsätze für die Prüfung vorkonstitutioneller Normen, die das Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 24. Februar 1953 (BVerfGE 2, 124 [128 ff.]) aufgestellt hat. Die verfassungsrechtliche Prüfung des § 401 AO ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, sondern der vorlegenden Gerichte.
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