2. Art. 5 Abs. 1 GG gebietet, § 5 Abs. 1 des Überwachungsgesetzes vom 24. mai 1961 (BGBL. I S. 607) dahin auszulegen, daß nur die Einfuhr von Filmen verboten ist, deren Inhalt tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Gedankens der Völkerverständigung gerichtet ist, und diese Schutzgüter gefährdet.
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4. a) "Zensur" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG ist nur die Vorzensur.
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b) Das Zensurverbot stellt eine absolute Eingriffsschranke dar, die keine Ausnahme, auch nicht durch allgemeine Gesetze nach Art. 5 Abs. 2 GG zuläßt.
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5. Die Vorlagepflicht nach § 5 Abs. 2 des Überwachungsgesetzes verstößt nicht gegen das Zensurverbot.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 25. April 1972
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-- 1 BvL 13/67 -- | |
in dem Verfahren wegen verfassungsrechtlicher Prüfung des § 5 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 (BGBl. I S. 607) - Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichtes Frankfurt/Main vom 22. Mai 1967 (II/1 - 1118/66) -.
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Entscheidungsformel:
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§ 5 Absatz 1 und Absatz 2 des Gesetzes zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 (Bundesgesetzbl. I S. 607) sind in der sich aus den Gründen ergebenden Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Gründe: | |
A. -- I. | |
1. Das Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 - BGBl. I S. 607 - (im folgenden: Überwachungsgesetz - GÜV -) enthält in seinem Zweiten Abschnitt ein Verbringungsverbot für verfassungsfeindliche Filme.
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§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 GÜV lauten:
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(1) Es ist verboten, Filme, die nach ihrem Inhalt dazu geeignet sind, als Propagandamittel gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu wirken, in den räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes zu verbringen, soweit dies dem Zwecke der Verbreitung dient. Dieses Verbot steht der Abfertigung durch die Zolldienststellen nicht entgegen. ![]() | |
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Durch Verordnung vom 12. Oktober 1961 (BGBl. I S. 1873) hat die Bundesregierung Filme zahlreicher Ursprungsländer - jedoch nicht der Ostblockstaaten - von der Vorlagepflicht befreit.
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Ist ein Film entgegen dem mit keiner Strafsanktion bewehrten Verbot des § 5 Abs. 1 GÜV in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht worden, so stellt das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft gemäß § 5 Abs. 4 GÜV unverzüglich den Verstoß gegen das Verbot fest und fordert den Verbringenden auf, die eingeführten Kopien des Films auszuhändigen.
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2. Der Kläger des Ausgangsverfahrens besuchte im Jahre 1966 die Leipziger Messe. Von dort brachte er eine Kopie des DEFA-Films "Der lachende Mann" mit in die Bundesrepublik. Den Film führte er an verschiedenen Orten des Bundesgebietes öffentlich vor.
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Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft forderte den Kläger auf, eine Kopie des Films gemäß § 5 Abs. 2 GÜV unverzüglich dem Amt vorzulegen. Dies lehnte der Kläger ab. Daraufhin wiederholte das Bundesamt seine Aufforderung unter der Androhung eines Zwangsgeldes. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, den das Bundesamt als unbegründet zurückwies. Nunmehr erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Frankfurt Anfechtungsklage.
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II.
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Das Verwaltungsgericht hat das Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 5 Abs. 1 und Abs. 2 des Überwachungsgesetzes in Verbindung mit der Verordnung vom 12. Oktober 1961 die Art. 5 Abs. 1, 19 Abs. 1 und 70 bis 75 des Grundgesetzes verletzen. ![]() | |
1. Dem Bund fehle die Zuständigkeit zum Erlaß dieser Bestimmungen. Sie ergebe sich weder ausdrücklich aus dem Katalog der Art. 73 ff. GG noch aufgrund Sachzusammenhangs mit den in Art. 73 Nr. 1 und Nr. 5, Art. 74 Nr. 11 und Art. 75 Nr. 2 GG dem Bund zugewiesenen Kompetenzen noch aus der Natur der Sache.
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2. § 5 Abs. 1 GÜV schränke die Freiheit der Berichterstattung - der Film "Der lachende Mann" sei ein Dokumentarfilm und damit ein berichterstattender Film im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - und die Informationsfreiheit jedes Staatsbürgers ein. Beide Grundrechte seien zwar durch allgemeine Gesetze einschränkbar; diese Gesetze dürften sich jedoch nicht gegen eine Meinung als solche richten und müßten dem Schutz eines Gemeinschaftswertes dienen, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang habe.
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Durch die Verordnung vom 12. Oktober 1961 würden nur Filme aus den Ostblockländern der Vorlagepflicht unterworfen; damit werde die Durchsetzungsfähigkeit des Verbots nach § 5 Abs. 1 GÜV auf eine bestimmte Berichterstattung beschränkt, was effektiv eine Diskriminierung der sozialistischen (kommunistischen) Gesellschaftsauffassung bedeute. § 5 Abs. 1 GÜV sei daher kein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG. Er dehne den Schutz des Staates gegenüber den durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Grundrechten über das erforderliche Maß hinaus aus. Die Überwachung des berichterstattenden Films auf verfassungsfeindliche Darstellungen lasse sich auch ohne diskriminierende Maßnahmen erreichen. Lebenselement der Demokratie sei der Kampf der Meinungen. Die Informationsfreiheit, beruhend auf der Berichterstattungsfreiheit, garantiere "ein Maximum an Mannigfaltigkeit von Einsatzpunkten im öffentlichen Meinungsprozeß". Die öffentliche Auseinandersetzung gerade mit der sozialistischen (kommunistischen) Gesellschaftsauffassung sei von entscheidender Wichtigkeit. Der Staatsschutz stehe zu dieser Wer ![]() ![]() | |
3. Die Vorlagepflicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GÜV verstoße gegen das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG. Unter Zensur sei das Abhängigmachen der Verbreitung von Geisteswerken von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung ihres Inhalts zu verstehen. Zulässig seien daher Vorschriften, die Filmaufführungen nicht für erlaubnispflichtig, sondern nur für anzeigepflichtig oder verbietbar im Falle eines Verstoßes gegen allgemeine Gesetze erklärten. Der faktische Verfahrensablauf nach dem Überwachungsgesetz stelle jedoch eine Vorzensur dar. Die Filmkopie müsse innerhalb einer Woche nach dem Verbringen in die Bundesrepublik vorgelegt werden. Der Verbringende werde häufig schon aus finanziellen Gründen keine weitere Kopie herstellen lassen können. Auch würden Filmaufführungen langfristig geplant. Der Verbringende stehe zudem unter der Strafdrohung des § 93 StGB (a. F.) und werde deshalb zunächst eine Entscheidung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft abwarten. Die Möglichkeit der Filmaufführung ohne behördliche Vorprüfung sei daher tatsächlich nicht gegeben.
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III.
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1. Der Bundesminister des Innern, der sich namens der Bundesregierung geäußert hat, hält die Vorlage für zulässig; die beanstandete Regelung ist nach seiner Ansicht verfassungsgemäß.
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Die Kompetenz des Bundes zum Erlaß des Überwachungsgesetzes ergebe sich unmittelbar aus Art. 73 Nr. 5 GG, der den Gesetzgeber auch zur Anordnung einer Kontrolle des Warenverkehrs aus polizeilichen Gründen ermächtige.
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Es könne dahingestellt bleiben, ob die Einfuhr von Filmen überhaupt in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG falle. Jedenfalls stelle § 5 GÜV eine nach Art. 5 Abs. 2 GG zulässige Schranke der freien Meinungsäußerung dar. § 5 Abs. 1 GÜV räume dem Schutz des Staates in verfassungsmäßiger Weise einen höheren Rang ein als der unbeschränkten Verbringung von Filmen.
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Das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG sei nicht verletzt. Verboten sei nur die Vorzensur als staatliches Genehmigungsverfahren, das sich auf den geistigen Inhalt eines Presse- oder Filmerzeugnisses erstrecke.
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Im übrigen beziehe sich die Wochenfrist des § 5 Abs. 2 Satz 1 GÜV allein auf die Vorlagepflicht. Maßnahmen gegen den Film könnten schon vor Ablauf der Wochenfrist getroffen werden, wie umgekehrt der Film auch nach Ablauf dieser Frist bis zur Entscheidung nach § 5 Abs. 4 GÜV frei vorführbar bleibe. Eine Zensur werde auch nicht dadurch geschaffen, daß der Importeur mit einer Absetzung des Films vom Spielplan rechnen müsse. Das Risiko, gegen gesetzliche Verbote zu verstoßen, müsse jeder tragen.
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2. Das Bundesverwaltungsgericht (VII. Senat) neigt dazu, die Verfassungsmäßigkeit des § 5 GÜV zu bejahen.
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3. Die vom Kläger des Ausgangsverfahrens erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken decken sich im wesentlichen mit den Gründen, die das Verwaltungsgericht zur Vorlage veranlaßt haben. Zur Frage einer Verletzung des Zensurverbots führt er noch ![]() ![]() | |
Die Vorlage ist zulässig.
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Das Verwaltungsgericht hat § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GÜV zur Prüfung gestellt. Unmittelbare rechtliche Entscheidungsgrundlage ist für das vorlegende Gericht allerdings nur § 5 Abs. 2 GÜV. Entfiele die dort festgelegte Pflicht zur Vorlage des Films, so würde das Gericht anders entscheiden als bei Gültigkeit dieser Norm. Hingegen spielt die materielle Verbotsvorschrift des § 5 Abs. 1 GÜV im Ausgangsverfahren unmittelbar keine Rolle; denn Gegenstand dieses Verfahrens ist nur die Pflicht, den Film beim Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft vorzulegen.
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Für die Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG genügt jedoch auch mittelbare Entscheidungserheblichkeit (BVerfGE 20, 296 [303]; 20, 312 [316 f.], jeweils mit Nachweisen), die das Verwaltungsgericht für § 5 Abs. 1 GÜV ersichtlich angenommen hat. Zwar käme es auf die Gültigkeit des § 5 Abs. 1 GÜV nicht mehr an, wenn § 5 Abs. 2 GÜV schon aus sich heraus wegen Verstoßes gegen das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG nichtig wäre. Gleichwohl ist die mittelbare Entscheidungserheblichkeit des § 5 Abs. 1 GÜV angesichts der engen Verknüpfung beider Absätze - auch aus prozeßökonomischen Gründen - zu bejahen. Entfiele nämlich das Verbot des § 5 Abs. 1 GÜV, so würde damit auch § 5 Abs. 2 GÜV gegenstandslos; denn diese Bestimmung sichert nicht auch zugleich die strafrechtlichen Verbringungsverbote. Dies ergibt die Gesetzessystematik des § 5 GÜV, der in unmittelbarem Anschluß an die Normierung des ![]() ![]() | |
Nach dem Tenor des Vorlagebeschlusses soll eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt werden, ob § 5 Abs. 1 und 2 GÜV ... "in Verbindung mit" der Durchführungsverordnung zum Überwachungsgesetz das Grundgesetz verletzen. Hätte das Verwaltungsgericht damit auch die Durchführungsverordnung im Rahmen des Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung stellen wollen, so wäre dies allerdings unzulässig (vgl. BVerfGE 1, 184 [189 ff., 201] und ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Ersichtlich sollte jedoch der Hinweis auf die Durchführungsverordnung nur verdeutlichen, daß die in § 5 Abs. 2 GÜV normierte Pflicht auf eine Diskriminierung bestimmter Gesellschaftsauffassungen angelegt sei. Ob diese Ansicht des Ver ![]() ![]() | |
§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 GÜV sind bei verfassungskonformer Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar.
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I.
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Dem Bund steht die Gesetzgebungskompetenz zum Erlaß dieser Bestimmungen zu.
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1. Dem vorlegenden Gericht ist allerdings darin beizupflichten, daß diese Zuständigkeit nicht aus Art. 73 Nr. 1 GG abgeleitet werden kann. Auswärtige Angelegenheiten im Sinne dieser Grundgesetzvorschrift sind nur die Beziehungen, die sich aus der Stellung der Bundesrepublik als Völkerrechtssubjekt zu anderen Staaten ergeben. § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GÜV haben als Normadressaten Einzelpersonen.
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2. Die Bundeskompetenz zum Erlaß dieser Vorschriften ergibt sich vielmehr unmittelbar aus Art. 73 Nr. 5 GG ("Freizügigkeit des Warenverkehrs" und "Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande").
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a) Unbedenklich ist es in diesem Zusammenhang, daß das Verbot des § 5 Abs. 1 GÜV auch die Verbringung von Filmen aus der DDR trifft. Die Handelsbeziehungen zwischen den Währungsgebieten der DM-West und der DM-Ost gehören auf jeden Fall zu den in Art. 73 Nr. 5 GG bezeichneten Sachgebieten, auf denen dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit zusteht.
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b) Das Verbringen von Filmen in den Geltungsbereich des Überwachungsgesetzes ist "Warenverkehr" im Sinne des Art. 73 Nr. 5 GG. Waren sind bewegliche Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sein können (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2 AWG). Nur das Abstellen auf die abstrakte Eignung als Gegenstand des Handelsverkehrs wird dem Sinn und Zweck des Art. 73 Nr. 5 GG gerecht. Ob der Verkehrsvorgang im Einzelfall - wie hier im Ausgangsverfahren - unentgeltlich erfolgt, ist in diesem Zusammen ![]() ![]() | |
c) Gegen die Zuständigkeit des Bundes nach Art. 73 Nr. 5 GG wird das Bedenken erhoben, es handle sich bei dem Verbot des § 5 Abs. 1 GÜV und der Vorlagepflicht gemäß § 5 Abs. 2 GÜV um "reines Sicherheitsrecht unter dem Blickpunkt des Staatsschutzes". Der Film werde hier nicht als Ware, sondern als Mittler von Meinungen angesprochen. Für das Verbringungsverbot des § 5 Abs. 1 GÜV seien, wie die Entstehungsgeschichte der Vorschrift deutlich zeige (vgl. zu BTDrucks. III/2386 S. 9), wirtschaftspolitische Erwägungen ohne jede Bedeutung gewesen. Auf dem Gebiet des Polizeirechts stehe dem Bund aber keine Gesetzgebungskompetenz zu. Einfuhrverbote aus polizeilichen Gründen unterfielen nicht dem Art. 73 Nr. 5 GG (vgl. Wohland, DVBl. 1969, S. 486 [489] mit weiteren Nachweisen).
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Diese Bedenken erweisen sich jedoch als unbegründet.
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Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt darauf hingewiesen, daß im Grundgesetz die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes im Blick auf die Weimarer Reichsverfassung (WRV) formuliert worden sind (BVerfGE 3, 407 [414 f.]; 12, 205 [226]; 26, 281 [299]). Soweit das Grundgesetz "Materien aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen hat, muß angenommen werden, daß sie in demselben Sinne zu verstehen sind, wie dies in der Weimarer Reichsverfassung der Fall war" (BVerfGE 3, 407 [415]). Als Vorgänger des Art. 73 Nr. 5 GG kommen die Art. 6 Nr. 6 und 82 Abs. 6 der Weimarer Reichsverfassung in Betracht, die ihrerseits Unklarheiten über die Kompetenzverteilung im Kaiserreich ausräumen sollten.
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Die Reichsverfassung von 1871 (RV) hatte das Prinzip der Einheit des deutschen Zoll- und Handelsgebietes in Art. 33 zum Reichsverfassungsrecht erhoben. Nach Art. 35 stand dem Reich ![]() ![]() | |
In Friedenszeiten scheint diese Kontroverse im staatsrechtlichen Schrifttum keine große Bedeutung für die Staatspraxis gewonnen zu haben. Hingegen ergaben sich im ersten Weltkrieg offenbar Unzuträglichkeiten infolge von einzelstaatlichen und kommunalen Absperrungen bei der Lebensmittelversorgung. Die Beratungen in der verfassungsgebenden Weimarer Nationalversammlung wurden durch den Wunsch bestimmt, solchen Mißbräuchen in der neuen Verfassung vorzubeugen (vgl. Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung - Verfassungsausschuß -, 39. Sitzung, S. 22 ff.). Eingriffe in die Freizügigkeit des Warenverkehrs sollten in Zukunft von Verfassungs wegen dem Reiche vorbehalten bleiben. Dieses Bestreben fand in der Weimarer Verfassung seinen Niederschlag in zweifacher Hinsicht:
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Artikel 6
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Das Reich hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
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1. bis 5. ...
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6. das Zollwesen sowie die Einheit des Zoll- und Handelsgebiets und die Freizügigkeit des Warenverkehrs;
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7....
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Dem Art. 82, der im Anschluß an Art. 33 RV Deutschland als einheitliches Zoll- und Handelsgebiet statuierte, wurde der folgende Absatz 6 angefügt:
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die sich im freien Verkehre des Reichs befinden, dürfen über die Grenze der Länder und Gemeinden ein-, aus- oder durchgeführt werden. Ausnahmen sind auf Grund eines Reichsgesetzes zulässig.
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Ein im § 80 Abs. 5 des Regierungswurfs (= Art. 82 Abs. 6 WRV) enthaltener Zusatz
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"Ausnahmen können für Gegenstände der Staatsmonopole sowie aus militärischen oder polizeilichen Gründen für den ganzen Umfang oder einen Teil des Reichsgebiets angeordnet werden"
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wurde gestrichen, weil man befürchtete, daraus könne eine Länderzuständigkeit hergeleitet werden.
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Nach dieser Entwicklung war es im wissenschaftlichen Schrifttum zur Weimarer Verfassung, soweit ersichtlich, einmütige Ansicht, daß Ein- und Ausfuhrverbote - sei es für aus dem Ausland oder aus anderen deutschen Ländern stammende Waren - nur vom Reich erlassen werden könnten (vgl. Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reiches, 14. Aufl. 1933, Art. 82 Anm. 5; Hatschek, a.a.O., S. 501 f., jeweils mit weiteren Nachweisen; Gebhard, Handkommentar zur Verfassung des Deutschen Reiches, 1932, Art. 82 Anm. 12). Dabei wurde es als unerheblich angesehen, ob die Verbote aus außenpolitischen, militärischen, wirtschaftlichen, finanziellen oder polizeilichen Gründen ergingen; ![]() ![]() | |
In Art. 73 Nr. 5 GG sind die Wendungen "Einheit des Zoll- und Handelsgebietes" und "Freizügigkeit des Warenverkehrs" unverändert aus Art. 6 Nr. 6 WRV übernommen worden. Sie wurden ergänzt durch den Ausdruck "Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande". Aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates (vgl. JbÖffR N. F., Bd. 1, S. 475) ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß man mit diesen Begriffen andere Vorstellungen über die Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern verbunden hätte, als dies bei Art. 6 Nr. 6 WRV für das Verhältnis Reich - Länder der Fall war.
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Dagegen läßt sich nicht einwenden, die Zuständigkeit des Reichs für Einfuhrverbote aus polizeilichen Gründen habe sich unter der Herrschaft der Weimarer Verfassung nicht allein aus Art. 6 Nr. 6, sondern aus dieser Vorschrift in Verbindung mit Art. 82 Abs. 6 und Art. 9 Nr. 2 WRV ergeben. Daß im Grundgesetz eine diesen Bestimmungen der Weimarer Verfassung entsprechende Vorschrift fehlt, ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos; denn auch in der Weimarer Zeit ist die Gesetzgebungszuständigkeit des Reichs allein aus Art. 6 Nr. 6 WRV hergeleitet worden (vgl. Anschütz und Gebhard, a.a.O.).
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Nach alledem ist Art. 73 Nr. 5 GG in Übereinstimmung mit Art. 6 Nr. 6 WRV dahin auszulegen, daß dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit für alle Wareneinfuhr- und -ausfuhrverbote - auch aus polizeilichen Gründen - zusteht.
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3. Bei dieser Rechtslage kann offenbleiben, ob sich eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes auch aus Art. 75 Nr. 2 GG (Allgemeine Rechtsverhältnisse der Presse und des Films) herleiten ließe. Jedenfalls würde die Regelung einer Einzelfrage die Grenzen der Rahmengesetzgebung dann noch nicht überschreiten, wenn an der einheitlichen Regelung dieser Frage ein besonders starkes und legitimes Interesse besteht (vgl. BVerfGE 7, 29 [41 f.]).
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§ 5 Abs. 1 GÜV ist verfassungskonform dahin auszulegen, daß das Einfuhrverbot nur Filme trifft, deren Inhalt tendenziell auf die Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Gedankens der Völkerverständigung gerichtet ist und diese Schutzgüter gefährdet.
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1. Das Verbringungsverbot des § 5 Abs. 1 GÜV bewirkt, daß Bürger der Bundesrepublik daran gehindert werden, bestimmte Filme zu sehen. Dies berührt das Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Informationsfreiheit). Inhalt und Tragweite dieses selbständigen und gleichwertig neben den anderen Rechten aus Art. 5 GG stehenden Grundrechts hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 3. Oktober 1969 (BVerfGE 27, 71 [80 ff.]) des näheren bestimmt.
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a) Filme gehören zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen, da sie technisch geeignet und dazu bestimmt sind, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen. Die allgemeine Zugänglichkeit richtet sich allein nach tatsächlichen Kriterien; durch Rechtsvorschriften - wie hier durch ein gesetzliches Verbringungsverbot - wird sie nicht in Frage gestellt. Es genügt für die Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 1 GG, daß die Informationsquelle im Ausland allgemein zugänglich ist (BVerfGE 27, 71 [83 f.]).
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b) Liegt demnach eine Beeinträchtigung der Informationsfreiheit vor, so beurteilt sich ihre Zulässigkeit nach Art. 5 Abs. 2 GG.
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Das Verwaltungsgericht ist - in erster Linie zwar für die Berichterstattungsfreiheit, aber auch für die Informationsfreiheit - der Ansicht, § 5 GÜV beschränke einseitig in unzulässiger Weise die Informationen aus sozialistischen (kommunistischen) Quellen; denn die Vorlagepflicht des § 5 Abs. 2 GÜV bestehe zufolge der Verordnung der Bundesregierung nur für Filme aus den Ostblockländern.
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Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.
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Zwar gestattet Art. 5 Abs. 2 GG die Beschränkung der Infor ![]() ![]() | |
§ 5 GÜV ist entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ein "allgemeines Gesetz" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG; denn die Vorschrift richtet sich nicht gegen eine bestimmte Meinung, sondern gegen alle, möglicherweise auf ganz verschiedenen politischen Ansichten beruhenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen.
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c) Ob eine wirksame Schranke der Informationsfreiheit durch ein allgemeines Gesetz gemäß Art. 5 Abs. 2 GG vorliegt, hängt demnach von der verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung zwischen der Informationsfreiheit und den durch § 5 GÜV geschützten Rechtsgütern ab (BVerfGE 27, 71 [85 f.]).
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Das Verwaltungsgericht hat § 5 Abs. 1 GÜV dahin ausgelegt, er verbiete jede Form der Propaganda gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Gedanken der Völkerverständigung. Der Begriff des Propagandamittels sei denkbar schillernd und nur in geringem Umfange "sachlogisch interpretierbar". Er biete die Möglichkeit, politische Meinung zu beeinflussen und zu manipulieren sowie politische Information zu unterschlagen.
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In der Tat kann die Eignung eines Filminhalts, propagandistisch in einer bestimmten Richtung zu wirken, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch schon dann bejaht werden, wenn die Möglichkeit einer solchen Wirkung besteht. Bei dieser Art der Be ![]() ![]() | |
Wäre diese Auslegung, die in ähnlicher Weise auch im Schrifttum zum Teil vertreten wird (vgl. Wohland, Informationsfreiheit und politische Filmkontrolle, 1968, S. 159 f., S. 186 ff.; derselbe in DVBl. 1969, S. 486 [490]), unabweisbar, so wäre § 5 Abs. 1 GÜV mit dem Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren. Der Verbotstatbestand des § 5 Abs. 1 GÜV würde einen weiten Bereich filmischer Darstellungen erfassen, die nur mittelbar die Schutzgüter dieser Vorschrift - die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Gedanken der Völkerverständigung - berühren. Dadurch würde ein ziemlich breites Informationsfeld für den Bürger der Bundesrepublik gesperrt. Darin läge bei der gebotenen Abwägung mit einer möglichen Gefährdung der Schutzgüter des § 5 Abs. 1 GÜV ein unverhältnismäßig starker Eingriff in das Grundrecht der Informationsfreiheit.
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Indessen ist diese weite Auslegung des § 5 Abs. 1 GÜV nicht zwingend. Wortlaut und Sinngehalt dieser Bestimmung lassen auch eine einschränkende Auslegung zu. Auf eine Beschränkung weist schon die Wendung "nach ihrem Inhalt" hin. Danach muß die verfassungsfeindliche Wirkung unmittelbar in der filmischen Darstellung liegen. Es genügt nicht, daß der Inhalt des Films durch das Hinzutreten anderer Umstände verfassungsfeindliches Gepräge erhält, etwa dadurch, daß sich Verfassungsgegner des ![]() ![]() | |
Der Begriff "Propagandamittel" ist nicht so "schillernd" und unbestimmt, wie das Verwaltungsgericht meint. Daß er genau umschrieben und sehr restriktiv ausgelegt werden kann, zeigt § 86 Abs. 2 StGB in der Fassung des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 25. Juni 1968 (BGBl. I S. 741). Danach sind Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 dieser Vorschrift nur solche Schriften, Tonträger, Abbildungen oder Darstellungen, deren Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist. Da es das erklärte Ziel dieser Gesetzesnovelle war, das Staatsschutzstrafrecht rechtsstaatlichen Erfordernissen besser anzupassen und insbesondere der Forderung des Grundgesetzes nach Freiheit der Information und der geistigen Auseinandersetzung Rechnung zu tragen, bestehen keine Bedenken, diese Begriffsbestimmung auch für die Auslegung des § 5 Abs. 1 GÜV fruchtbar zu machen. Der Inhalt eines Films ist nicht schon dann gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung "gerichtet", wenn darin die obersten Grundsätze einer freiheitlichen Demokratie (vgl. BVerfGE 2, 1 [12]) nicht anerkannt, sondern abgelehnt, ihnen andere entgegengesetzt werden. Bloße Kritik an diesen Grundsätzen ist nicht untersagt. Die Zielrichtung, die in dem Film verkörpert ist, muß vielmehr Ausdruck einer Haltung sein, wie sie das Bundesverfassungsgericht bei der Anwendung des Art. 21 Abs. 2 GG auf politische Parteien vorausgesetzt hat (BVerfGE 5, 85 [141 ff.] - KPD-Urteil).
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Eine solche einschränkende Auslegung führt dazu, daß nur ![]() ![]() | |
Wägt man die Erfordernisse wirksamen Staatsschutzes und das Gewicht des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG (hier: Informationsfreiheit) gegeneinander ab, so muß ein Verbringungsverbot von Filmen, die diese Merkmale aufweisen, als gerechtfertigt angesehen werden. Eine so begrenzte Beeinträchtigung dieses Grundrechts greift nicht über das zur Abwehr von Angriffen gegen die in § 5 Abs. 1 GÜV genannten Schutzgüter Erforderliche hinaus und verletzt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht.
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d) Nur bei dieser einschränkenden Auslegung kann § 5 Abs. 1 GÜV gegenüber der Ausstrahlungswirkung des Grundrechts auf Informationsfreiheit Bestand haben. Diese Auslegung ist mit dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 GÜV vereinbar und beläßt der Vorschrift einen vernünftigen, dem erkennbaren Gesetzeszweck jedenfalls nicht zuwiderlaufenden Sinn (vgl. BVerfGE 9, 194 [200]). Deshalb ist dieser Auslegung der Vorzug zu geben und von ihr aus die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung zu würdigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Willen des Gesetzgebers die weite Auslegung des Verwaltungsgerichts eher entsprochen hätte. Zwar war es der erklärte Zweck des § 5 GÜV, die Eingriffsmöglichkeiten gegenüber dem Strafrecht, d. h. gegenüber dem damals geltenden § 93 StGB zu erweitern. Die Überlegungen des Gesetzgebers gingen dahin, daß § 93 StGB in seiner bis zur Aufhebung durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz geltenden Fassung nicht ausreichend zur Abwehr verfassungsfeindlicher Filme aus dem Ausland sei (vgl. Bericht des Außenhandelsausschusses, ![]() ![]() | |
2. Es bedarf keiner näheren Erörterung, ob und inwieweit durch § 5 Abs. 1 GÜV auch die Grundrechte der freien Meinungsäußerung und die Freiheit der Berichterstattung durch Film (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) berührt werden. Hier gelten für die erforderliche Abwägung zwischen diesen Grundrechtspositionen und den vom § 5 Abs. 1 GÜV geschützten Rechtsgütern die Überlegungen zum Grundrecht der Informationsfreiheit entsprechend. Im Umfange der dargelegten einschränkenden Auslegung des § 5 Abs. 1 GÜV müssen auch diese Grundrechte gegenüber einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und des Gedankens der Völkerverständigung zurücktreten.
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3. Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß es sich bei dem hier in Rede stehenden Film, der ein Interview über den Kongokrieg wiedergibt, um ein Werk der Kunst im Sinne von Art. 5 Abs. 3 GG handelt. Deshalb bedarf die Frage, ob die Regelung des § 5 Abs. 1 GÜV mit der in Art. 5 Abs. 3 GG gewährleisteten Kunstfreiheit vereinbar ist, hier keiner vertieften Erörterung. Allgemein mag aber darauf hingewiesen werden, daß, wenn im Einzelfall einem Film der Charakter eines Kunstwerkes zuzuerkennen wäre, für die Zulässigkeit eines Einfuhrverbots die Grundsätze maßgebend sein wür ![]() ![]() | |
Die Freistellung künstlerischer Filme vom Verbot des § 5 Abs. 1 GÜV berührt nicht die Vorlagepflicht nach § 5 Abs. 2 GÜV. Es handelt sich um eine reine Ordnungsvorschrift, die lediglich eine Prüfung ermöglichen soll, ob der Film von einem Einfuhrverbot betroffen ist.
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III.
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§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 GÜV verstoßen nicht gegen das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG, das nach jetzt allgemeiner und zutreffender Ansicht auch für Filme jeder Art gilt.
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1. Mit der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden Meinung ist unter "Zensur" im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG nur die Vorzensur zu verstehen (vgl. LVG von Rheinland-Pfalz, DÖV 1952, S. 664 [665]; OVG Lüneburg, DVBl. 1953, S. 83 ![]() ![]() | |
Als Vor- oder Präventivzensur werden einschränkende Maßnahmen vor der Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerkes, insbesondere das Abhängigmachen von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung seines Inhalts (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) bezeichnet. Bezogen auf Filmwerke bedeutet danach Zensur das generelle Verbot, ungeprüfte Filme der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, verbunden mit dem Gebot, Filme, die öffentlich vorgeführt werden sollen, zuvor der zuständigen Behörde vorzulegen, die sie anhand von Zensurgrundsätzen prüft und je nach dem Ergebnis ihrer Prüfung die öffentliche Vorführung erlaubt oder verbietet (sog. formeller Zensurbegriff; vgl. Noltenius, Die freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft und das Zensurverbot des Grundgesetzes, 1958, S. 32 und S. 106 mit Nachweisen). Schon die Existenz eines derartigen Kontroll- und Genehmigungsverfahrens lähmt das Geistesleben. Das Zensurverbot soll die typischen Gefahren einer solchen Präventivkontrolle bannen. Deswegen darf es keine Ausnahme vom Zensurverbot geben, auch nicht durch "allgemeine Gesetze" nach Art. 5 Abs. 2 GG. Die Verfassung kann mit diesem kategorischen Verbot jeder Zensur nur die Vorzensur gemeint haben. Ist das Geisteswerk erst einmal an die Öffentlichkeit gelangt und vermag es Wirkung auszuüben, so gelten die allgemeinen Regeln über die Meinungs- und Pressefreiheit und ihre Schranken, wie sie sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie Abs. 2 GG ergeben. Diese würden gegenstandslos, wenn das Zensurverbot auch die Nachzensur umfaßte, d. h. Kontroll- und Repressivmaßnahmen, die erst nach der Veröffentlichung eines Geisteswerkes einsetzen. ![]() | |
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2. a) Das materielle Verbringungsverbot des § 5 Abs. 1 GÜV steht mit dem Verbot der Vorzensur nicht in Widerspruch.
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Zwar meint das vorlegende Gericht, eine Verbreitung des eingeführten Films sei im Hinblick auf das Verbot des § 5 Abs. 1 GÜV vor Abschluß des Prüfungsverfahrens nach § 5 Abs. 2 bis 4 GÜV tatsächlich nicht möglich, da sich bei der Unsicherheit der Rechtslage keine Abnehmer fänden. Das zeige den Präventivcharakter. Jedoch wird hierbei verkannt, daß die Verwertungschancen jedes Geistesprodukts dadurch beeinträchtigt werden können, daß nachträgliche (repressive) Maßnahmen drohen. Es bleibt der Entscheidung des einzelnen überlassen, ob er dieses Risiko eingeht, während eine Zensur verhindern würde, daß sich eine Risikobereitschaft überhaupt bilden kann. Die Lage ist ähnlich wie bei einer Strafdrohung. Strafen sind der klassische Fall repressiver Maßnahmen. Strafdrohungen knüpfen an die Erfüllung eines Tatbestandes Rechtsfolgen, überlassen aber dem Handelnden selbst die vorherige Prüfung und Entscheidung, ob der Tatbestand erfüllt ist.
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b) Auch die Verfahrensregelung des § 5 Abs. 2 GÜV ist mit ![]() ![]() | |
Unbegründet ist auch der Einwand, die Filmkontrolle des Überwachungsgesetzes führe wegen der Besonderheiten des Verfahrens faktisch zu einem generellen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, dem klassischen Fall einer Vorzensur; denn man müsse die Verbindung mit dem Verfahren nach dem Außenwirtschaftsgesetz beachten. Dort sei eine Genehmigung, wenn auch nach wirtschaftspolitischen Erwägungen, vorgesehen (vgl. M. Rehbinder, Film und Recht, 1967, S. 47 [50]).
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Nach § 17 A WG können Rechtsgeschäfte über den Erwerb von Vorführungsrechten an Filmen von Ausländern beschränkt werden, "um der Filmwirtschaft des Wirtschaftsgebiets ausreichende Auswertungsmöglichkeiten auf dem inneren Markt zu erhalten". Beschränkungen sind nur zulässig, "wenn ohne sie ein erheblicher Schaden für die Filmwirtschaft des Wirtschaftsgebiets eintritt oder einzutreten droht und wenn dieser Schaden im Interesse der Allgemeinheit abgewendet werden muß". In Ausführung ![]() ![]() | |
Ein Verstoß gegen das Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG könnte erst dann in Betracht kommen, wenn das Vorlageverfahren mit Inhaltsprüfung gemäß § 5 Abs. 2 GÜV und das Genehmigungsverfahren nach § 48 AWV (oder nach den einschlägigen Interzonenhandelsvorschriften, falls es sich um einen Film aus der DDR handelt) als eine einheitliche Gesamtregelung anzusehen wären mit der Folge, daß die Erteilung einer Vorführungsgenehmigung von einer vorhergehenden inhaltlichen Prüfung und Unbedenklichkeitserklärung des Films abhängig wäre.
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Ein solcher Zusammenhang besteht weder rechtlich noch kann ![]() ![]() | |
An dieser rechtlichen Beurteilung ändert auch der Hinweis des Verwaltungsgerichts nichts, der Verbringende eines Films sei nor ![]() ![]() | |
IV.
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§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 GÜV verletzen bei der dargelegten einschränkenden Auslegung auch keine anderen Vorschriften des Grundgesetzes.
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Zwar besteht für die Herstellung und Verbreitung inländischer Filme keine entsprechende Verbotsbestimmung. Darin liegt jedoch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG; denn der Gesetzgeber konnte davon ausgehen, daß eine Gefährdung der in § 5 Abs. 1 GÜV bezeichneten Schutzgüter durch Filme, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hergestellt worden sind, wegen der dort fehlenden Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Verfassungsordnung der Bundesrepublik eher zu befürchten ist.
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Entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts ist das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt; denn es handelt sich bei § 5 Abs. 1 GÜV - wie oben dargelegt - um ein allgemeines ![]() ![]() | |
zum Beschluß des Ersten Sentas des Bundesverfassungsgerichtes vom 25. April 1972
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-- 1 BvL 13/67 -- | |
Wir stimmen der Mehrheit des Senats darin zu, daß die in § 5 des Überwachungsgesetzes enthaltene Verbots- und Überwachungsregelung in ihrem zur Prüfung vorgelegten uneingeschränkten Wortlaut verfassungsrechtlich nicht tragbar ist. Dieses Prüfungsergebnis nötigt aber nach unserer Ansicht dazu, die Norm für nichtig zu erklären.
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Der Versuch der Mehrheit, die zugestandenen Bedenken gegen die gesetzliche Regelung durch eine einschränkende "verfassungskonforme Auslegung" auszuräumen, läuft Sinn und Zweck einer solchen Auslegung zuwider und erweist sich als Verlagerung gesetzgeberischer Verantwortung auf das Gericht. Die Argumentation des Senatsbeschlusses trägt weder dem deutlich erkennbaren Willen des Gesetzgebers noch der unbestritten grundlegenden Bedeutung der Informationsfreiheit genügend Rechnung. Sie vermag die von § 5 Abs. 1 GÜV ausgehende Gefährdung dieses Grundrechts um so weniger zu beseitigen, als die zur Gesetzesanwendung zuständigen Stellen überfordert werden und das Vorlageverfahren gemäß § 5 Abs. 2 GÜV einer Zensur mindestens sehr nahekommt.
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I.
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Schon der Weg, auf dem die Kompetenz des Bundesgesetzgebers zum Erlaß der beanstandeten Vorschrift begründet wird, erscheint ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Die von der Senatsmehrheit offengelassene Frage, ob und inwieweit die Spezialnorm des Art. 75 Nr. 2 GG den Bundesgesetzgeber befugt, in einzelnen Beziehungen abschließende Regelungen für den Inhalt von Filmen zu erlassen, bedarf auch von unserem Standpunkt aus keiner Vertiefung, weil die hier zur Prüfung stehende Regelung in ihrem materiellen Inhalt mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar ist.
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II.
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Nach Meinung der Senatsmehrheit ist § 5 Abs. 1 GÜV verfassungsrechtlich allenfalls tragbar, wenn er auf ein Einfuhrverbot für solche Filme reduziert wird, die nach ihrem Inhalt eine aktiv kämpferische aggressive Tendenz gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung aufweisen und die ferner eine Gefährdung dieser Schutzgüter bewirken.
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1. Die Senatsmehrheit verkennt nicht, daß sich diese einschränkende Auslegung schon mit dem Wortlaut des Gesetzes schwer vereinbaren läßt. Denn da § 5 Abs. 1 GÜV abstrakt auf die "Eignung" eines Filmes, "als Propagandamittel ... zu wirken", abstellt, könnte für ein Einfuhrverbot bereits die bloße Möglichkeit einer propagandistischen Wirkung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung genügen; es kommt nach dem Gesetzeswortlaut weder auf die inhaltliche Tendenz noch auf eine wirkliche Gefährdung der Schutzgüter noch auf den Grad dieser Gefährdung an. Tatsächlich ist die Verbotsvorschrift in der Praxis vorwiegend in dem weiteren Sinne verstanden und angewendet worden. Nach Mitteilung des Bundesamtes für gewerbliche Wirtschaft wurden beispielsweise Filme mit der Begründung beanstandet, daß sie sowjetische Arbeitsverhältnisse idealisierten, daß in ihnen die unter polni ![]() ![]() | |
2. Dem Versuch einer einschränkenden Auslegung steht aber nicht allein der Wortlaut, sondern insbesondere die Systematik des Gesetzes und der vom Gesetzgeber verfolgte Gesetzeszweck entgegen. Das Überwachungsgesetz verpflichtet bereits in § 1 die zuständigen Behörden, sicherzustellen, "daß nicht Gegenstände unter Verstoß gegen ein Strafgesetz, das ihre Einfuhr oder Verbreitung aus Gründen des Staatsschutzes verbietet, in diesen Bereich verbracht werden". Zu diesen Strafbestimmungen gehörte bei Erlaß des Gesetzes besonders § 93 StGB, nach dessen damals geltender Fassung vom 4. August 1953 (BGBl. I S. 735) sich u. a. strafbar machte, wer zur Verbreitung oder Vervielfältigung Schriften oder Darstellungen in den räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes einführte, "durch deren Inhalt Bestrebungen herbeigeführt oder gefördert werden sollen, die darauf gerichtet sind, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder zur Unterdrückung der demokratischen Freiheit einen der in § 88 bezeichneten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben". Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes war diese Strafbestimmung nur auf Publikationen mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung anzuwenden; es genügte insbesondere nicht, daß die Publikation lediglich geeignet erschien, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu fördern (BGHSt 19, 245 [247 f.] mit weiteren Nachweisen). Gerade wegen dieser einengenden Auslegung der Strafvorschrift sah der Gesetzgeber den strafrechtlichen Schutz gegen ausländische Filme nicht als ausreichend an und erließ die zusätzliche Regelung des § 5 GÜV, die den Staatsschutz in das Vorfeld des allgemeinen ![]() ![]() | |
Diese Absicht des Gesetzgebers wird durch die Entstehungsgeschichte bestätigt. So heißt es im Bericht des Außenhandelsausschusses des Bundestages zum Entwurf des Überwachungsgesetzes, bei § 5 Abs. 1 GÜV sei an Filme gedacht, "die in offener oder versteckter Form für eine unfreiheitliche oder undemokratische Staats- und Gesellschaftsordnung werben. Eines solchen Verbotes bedarf es, da die Erfahrung gezeigt hat, daß derartige Filme mit den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs allein nicht wirksam aus der Bundesrepublik ferngehalten werden können, weil sie zumeist nicht in offener Form die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen" (BTDrucks. III/2387 S. 2). Entsprechend erklärte der Vertreter des Bundesministeriums des Innern im Rechtsausschuß des Bundestages, es kämen immer wieder Filme vor, die man mit § 93 StGB nicht fassen könne, da der Bundesgerichtshof diese Vorschrift eng auslege; denn die verfassungswidrige Tendenz müsse unmittelbar am Inhalt erkennbar sein, eine bloße mittelbare "Untergrabung" durch negative Darstellung der Zustände im Westen reiche für ein strafrechtliches Einschreiten nicht aus (Prot. der 121. Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages vom 9. November 1960, 3. Wp., S. 28, 31).
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3. Aus Wortlaut, Gesetzessystematik und Gesetzeszweck ist sonach klar erkennbar, daß der Gesetzgeber die Eingriffsmöglichkeiten in bezug auf ausländische Filme über den Wirkungsbereich des § 1 GÜV in Verbindung mit § 93 StGB a. F. hinaus erweitern wollte. Demgegenüber führt die Auslegung durch die Senatsmehrheit - wie sie selbst einräumt - zu dem gerade entgegengesetzten Ergebnis, daß der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 GÜV praktisch mit dem des § 1 GÜV in Verbindung mit § 93 StGB a. F. zusammenfällt. Durch ein solches Vorgehen wird das Mittel der ![]() ![]() | |
4. Die in der Methode an das Vorgehen des Prokrustes erinnernde Auslegung läßt sich auch nicht damit rechtfertigen, daß mit dem Achten Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968 (BGBl. I S. 741) an die Stelle der strengeren Strafrechtsnorm des § 93 StGB a. F. die mildere Vorschrift des § 86 StGB n. F. getreten und damit der für das Vorfeld des Strafrechts bestimmten Norm des § 5 Abs. 1 GÜV gewissermaßen ein neues Wirkungsfeld im Grenzbereich zwischen den Tatbeständen der beiden Strafvorschriften eröffnet worden sei. War § 5 Abs. 1 GÜV im Zeitpunkt seines Erlasses verfassungswidrig, weil das gewollte, über den Tatbestand der damaligen Strafvorschrift hinausgehende Verbot dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zuwiderlief, so konnte dieses Verbot durch eine spätere Rücknahme des strafrechtlichen Schutzes nicht wieder zum Leben erweckt werden. Wenn im übrigen der Gesetzgeber des Jahres 1968 sogar eine wesentliche Einschränkung des strafrechtlichen Schutzes gegen verfassungsfeindliche ausländische Geistesprodukte für geboten hielt, bestand um so weniger Anlaß, an seiner Stelle im Wege vermeint ![]() ![]() | |
III.
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Schon nach den bisherigen Erwägungen ist es unzulässig, einer vom Gesetzgeber beschlossenen, in Wortlaut und Zweck als verfassungswidrig erkannten Norm im Wege der Auslegung einen anderen Normgehalt zu unterlegen, um die Erklärung ihrer Nichtigkeit zu vermeiden. Ein solches Verfahren ist besonders gefährlich auf einem Gebiet, wo es um die Abgrenzung zwischen wichtigen Grundfreiheiten und den Belangen des politischen Staatsschutzes geht.
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1. Wie das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung und in Entscheidungen zu verschiedenen Verfassungsnormen immer wieder hervorgehoben hat, ist die freie geistige Auseinandersetzung ein Lebenselement der freiheitlichen demokratischen Ordnung in der Bundesrepublik und für diese Ordnung schlechthin konstituierend (vgl. BVerfGE 5, 85 [205]; 7, 198 [208]; 10, 118 [121]; 12, 113 [125]; 20, 56 [97 f.]; 20, 162 [174 f.]; 25, 256 [265]). Sie beruht entscheidend auf der Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, die als gleichwertige Garanten selbständig nebeneinander stehen. Demgemäß ist das Grundrecht der Informationsfreiheit "eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie ... Erst mit seiner Hilfe wird der Bürger in den Stand gesetzt, sich selbst die notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen, um im demokratischen Sinne verantwortlich handeln zu können. Mit zunehmender Informiert ![]() ![]() | |
Nimmt man die fundamentale Bedeutung der Informationsfreiheit ernst, dann können Einschränkungen dieses Rechts immer nur unter sehr strengen Voraussetzungen zulässig sein (vgl. BVerfGE 7, 198 [208 ff.]). Das beruht nicht zuletzt auf dem eigentümlichen Spannungsverhältnis zwischen den Erfordernissen des politischen Staatsschutzes und den politischen Freiheitsrechten, das schon in dem von der Mehrheit zitierten KPD-Urteil anschaulich beschrieben worden ist (BVerfGE 5, 85 [134 ff.]). Daß dieses Spannungsverhältnis nicht von vornherein und allgemein zum Nachteil der Grundfreiheiten gelöst werden darf, wird im Spiegel-Urteil ausdrücklich hervorgehoben (BVerfGE 20, 162 [177 f.]). Nach dem Wertsystem des Grundgesetzes dient eben der politische Staatsschutz nicht der Absicherung irgendeiner beliebigen, sondern ganz speziell derjenigen politischen Ordnung, für die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit konstitutiv sind. Daraus folgen im Bereich des politischen Staatsschutzes unverkennbare Schwierigkeiten, die ihn von Vorschriften zum Schutz anderer Rechtsgüter charakteristisch unterscheiden: Je perfekter der Schutz wird, je stärker also jene Grundrechte einge ![]() ![]() | |
2. Im Lichte dieser Grundsätze und auf dem erwähnten historischen Hintergrund erscheint die Abschirmung der Bürger der Bundesrepublik vor staatsgefährdenden Einflüssen vermittels einer Informationsbeschränkung generell als denkbar ungeeignetes Mittel, um den Bestand der Bundesrepublik einschließlich ihrer freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu sichern. Ein freiheitlicher demokratischer Staat, der in enger Nachbarschaft zu totalitär regierten, auf einer anderen Gesellschaftsauffassung beruhenden Staaten lebt, kann seine eigenständige Ordnung nicht wirksam verteidigen, indem er Augen und Ohren seiner Bürger vor den von draußen kommenden Informationen und Einflüssen verschließt. Sein Weiterbestand beruht vielmehr primär darauf, daß die als mündig vorausgesetzten Bürger in der Lage und willens sind, in offener Auseinandersetzung mit solchen Informationen und Einflüssen ihren Staat in seiner freiheitlichen Struktur zu schützen. "It is liberty alone which fits men for liberty." Auch im Interesse des Staatsschutzes kann daher eine Informationsbeschränkung der vorliegenden Art nur ausnahmsweise, bei einer besonders akuten, anders nicht zu bekämpfenden Gefahr in Betracht kommen (vgl. BVerfGE 27, 71 [85 ff.]).
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Die Beurteilung und Entscheidung, ob unter den jeweils gegebenen politischen Bedingungen eine derart akute, anders nicht ![]() ![]() | |
3. Das Bedenkliche eines solchen Vorgehens tritt gerade im vorliegenden Fall klar zutage. Hier sah sich die Mehrheit genötigt, ihrerseits unter Abweichung von der bisherigen Güterabwägung des Gesetzgebers beurteilen zu müssen, ob und inwieweit ein dringendes Bedürfnis dafür bestand und unter Berücksichtigung der seit 1961 eingetretenen Entwicklung weiterhin besteht, über die strafrechtlichen Sanktionen gegen verfassungsfeindliche Filme hinaus eine zusätzliche Sicherung speziell gegen ausländische Filme in Form des Einfuhrverbots des § 5 Abs. 1 GÜV und des Kontrollverfahrens nach § 5 Abs. 2 bis 4 GÜV vorzusehen. Dafür, daß dies zur Bekämpfung einer akuten Gefahr wirklich geboten ist, fehlt indessen in der Beschlußbegründung jeder überzeugende Nachweis. Sie begnügt sich mit einer wesentlich im Formalen bleibenden Güterabwägung und der mehr theoretischen Erwägung, es ließen sich "Situationen denken, in denen ein admi ![]() ![]() | |
IV.
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1. Nach dem Senatsbeschluß ist die Anwendung des Einfuhrverbots davon abhängig, daß im Einzelfall das betreffende Filmwerk durch seinen Inhalt eine Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Gedankens der Völkerverständigung bewirkt oder daß durch die Wirkung solcher Filme, denen die Eigenschaft als Kunstwerk zukommt, eine unmittelbare und gegenwärtige Gefahr für den Bestand der Bundesrepublik und ihrer Grundordnung herbeigeführt wird. Indem aber die Verantwortung für den Schutz der Informations- und Kunstfreiheit und die richtige Güterabwägung bei deren Beschränkung allein den gesetzesausführenden Stellen aufgeladen wird, werden diese überfordert, zumal da die im Senatsbeschluß zwangsläufig nur allgemein umschriebene Auslegung im Wortlaut der Vorschrift keinen Anhaltspunkt findet.
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2. Die deswegen bei weiterer Anwendung der Vorschrift zu besorgende Rechtsunsicherheit mit allen denkbaren Nachteilen für das betroffene Grundrecht wiegt um so schwerer, weil das zur Sicherung des Einfuhrverbots dienende Kontrollverfahren mindestens praktisch einer Zensur sehr nahekommt. Die Ausführungen des Senatsbeschlusses zu diesem Punkt, die demgegenüber auf die Möglichkeit abstellen, einen eingeführten Film trotz der Vor ![]() ![]() | |
Es ist nicht zutreffend, wenn der Senatsbeschluß einen solchen typischen Präventivcharakter des Verbots leugnen will, und meint, es handle sich lediglich um eine zulässige repressive Maßnahme ähnlich einer Strafdrohung. Der entscheidende Unterschied zu den Wirkungen einer Strafdrohung besteht in dem generellen Charakter des Überwachungsverfahrens: Während die Strafdrohung nur akut wird, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für die Erfüllung des Tatbestandes bestehen, muß nach § 5 Abs. 2 GÜV ebenso wie bei einer Vorzensur jeder eingeführte Film einer Verwaltungsbehörde zur Prüfung vorgelegt werden, ob er unter das Einfuhrverbot des § 5 Abs. 1 GÜV fällt. Damit wird der Einführer zwangsläufig von vornherein dem Risiko der weiten oder engen Auslegung der wenig bestimmten Tatbestandsmerkmale durch diese Behörde ausgesetzt. Man stelle sich vor, nach gesetzlicher Vorschrift müßte jeder - im In- oder Ausland hergestellte - Film alsbald nach seiner Herstellung einer Verwaltungsbehörde vorgelegt werden zur Prüfung, ob er eine Strafvorschrift verletzt, und die Behörde könnte bejahendenfalls sofort sämtliche Kopien des Films einziehen! Eine solche Regelung ![]() ![]() | |
Die vorliegende Regelung ist im Ergebnis nicht anders zu beurteilen. Dabei kommt es von unserem Standpunkt nicht darauf an, ob eine direkte Kollision mit dem Zensurverbot des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG vorliegt. Auch wenn dies zu verneinen wäre, sind die aus dem generellen Charakter des Kontrollverfahrens herrührenden, einer Vorzensur jedenfalls nahekommenden Wirkungen geeignet, die bereits gegen das Einfuhrverbot an sich bestehenden Bedenken zu verstärken, und tragen dazu bei, die Gesamtregelung als nicht in Einklang mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG stehend erscheinen zu lassen.
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Auch wenn der Gesetzgeber nach dem Beschluß der Mehrheit gerade "noch einmal davongekommen ist", wäre er gut beraten, die ganze einer freiheitlichen Demokratie wahrlich nicht zum Ruhme gereichende Regelung aus eigenem Antrieb zu beseitigen.
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