2. Unter der Voraussetzung einer Mitwirkungspflicht des Beklagten ist es in Fällen dieser Art. verfassungsrechtlich nicht geboten, von der allgemeinen Regel des Zivilprozeßrechts abzugehen, daß dem Kläger der Beweis der seinen Anspruch begründenden Umstände obliegt.
| |
Beschluß | |
des Ersten Senats vom 3. Juni 1980
| |
-- 1 BvR 185/77 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn Dr. Erhard Eppler - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Albert Gerhardt und Günther Schmohl, Königstraße 18, Stuttgart 1 - gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 9. Februar 1977 - 4 U 117/76 -.
| |
Entscheidungsformel:
| |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
| |
Gründe: | |
A. - I. | |
1. Der Beschwerdeführer ist Vorsitzender des Landesverbandes Baden-Württemberg der SPD; Beklagter des Ausgangsverfahrens war der Landesverband Baden-Württemberg der CDU. Dieser hatte seinen Kreisrednern im Landtagswahlkampf 1976 einen Rednerdienst mit einer Musterrede zur Verfügung gestellt, in der es unter der Überschrift "Sozialisten am Werk" unter anderem hieß:
| |
"Besonders verhängnisvoll ist, daß die sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Vorstellungen der SPD eindeutig sozialistisch geprägt sind. Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik werden als Gegensätze begriffen. In solch einer politischen Gedankenwelt reifen die Forderungen nach Verstaatlichung von Banken und Schlüsselindustrien, entstehen die Forderungen nach Investitionslenkung und nach einer Mitbestimmung, die nichts anderes ist als Fremdbestimmung. Hier schließlich will man - wie E. und S. es formuliert haben - die Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen; so als handele es sich bei der Wirtschaft um einen Motor, den man so stark beanspruchen kann, bis er abgewürgt ist, und den man dann nach Belieben wieder starten kann".
| |
2. Der Beschwerdeführer, der sich hierdurch in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt sah, erhob Unterlassungsklage; weder wörtlich noch sinngemäß habe er jemals geäußert, man müsse die Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen. Das Landgericht wies die Klage ab; die Berufung blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Oberlandesgericht aus:
| |
Zwar könne nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer geäußert habe, man müsse die Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen. Ihm sei auch zuzugeben, daß die Folgen des sich hierdurch ergebenden non liquet grundsätzlich der Beklagte zu tragen habe, wenn die behauptete Äußerung - was zugunsten des Beschwerdeführers unterstellt werden solle - Tatsachenbehauptung im Sinne von § 186 StGB sei. Hier entfalle jedoch diese Beweislastregel, da sich der Beklagte auf Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen könne. Beweispflichtig sei somit der Beschwerdeführer, der indessen nicht habe dartun können, daß er die streitige Äußerung nicht getan habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht, wenn der Unterlassungsanspruch des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts geprüft werde.
| |
Im übrigen erfülle die vom Beschwerdeführer angegriffene Unterstellung nicht den Tatbestand der üblen Nachrede und verletze auch nicht sein Persönlichkeitsrecht. Insoweit sei maßgeblich, ob die streitige Behauptung - deren Unrichtigkeit unterstellt - geeignet gewesen sei, ein falsches Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers zu zeichnen. Dies sei jedoch nicht der Fall; Äußerungen des Beschwerdeführers in anderem Zusammenhang zeigten vielmehr deutlich, daß sich seine Auffassungen von den Äußerungen S. - die unstreitig gefallen seien - allenfalls unwesentlich unterschieden. Die streitige Behauptung habe daher kein unrichtiges Bild des Beschwerdeführers vermittelt.
| |
II.
| |
1. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 4 und Art. 5 GG. Mit dem Persönlichkeitsrecht sei es nicht zu vereinbaren, wenn das Oberlandesgericht ihm die Beweislast dafür aufbürde, er habe eine bestimmte Äußerung nicht getan. Auch gehe es nicht an, ihm eine bestimmte Äußerung zuzuschreiben, von der feststehe, daß er sie nicht getan habe, nur weil Dritte der Auffassung seien, eine solche sei einer anderen, möglicherweise tatsächlich gemachten Äußerung gleichwertig. Ebensowenig dürfe einem Politiker eine Aussage, von der feststehe, daß er sie nicht getan habe, mit der Begründung unterschoben werden, ein anderer Politiker der gleichen Partei habe sich ähnlich geäußert. Schließlich sei es mit dem Persönlichkeitsrecht auch nicht vereinbar, dem Beschwerdeführer eine nicht getane Äußerung mit der Begründung zu unterstellen, er könne sie durchaus getan haben, weil sie seinem Persönlichkeitsbild nicht widerspreche.
| |
2. Das Justizministerium Baden-Württemberg hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Auf die vom Beschwerdeführer beanstandete Beweislastverteilung komme es nicht an, da es sich insoweit nur um Hilfserwägungen des Oberlandesgericht handele. Tragende Erwägung sei, daß eine üble Nachrede gerade nicht vorliege. Hierin liege keine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers. Der Sache nach habe das Oberlandesgericht erkennbar auf den sozialen Geltungsanspruch sowie darauf abgestellt, daß dem Beschwerdeführer nicht die Äußerung eines für seine unausgereiften Überlegungen bekannten einfachen Parteimitgliedes zugeschrieben worden sei. Bei dieser Sachlage sei jedoch der Geltungsanspruch des Beschwerdeführers nicht verletzt. Selbst wenn gegen die Auffassung des Oberlandesgerichts einfachrechtliche Bedenken bestehen sollten, so lägen doch keinesfalls die Voraussetzungen von Willkür vor. Zu Recht sei das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, daß die beanstandete Äußerung, die in Ausübung der freien Meinungsäußerung erfolgt sei, weder das Recht des Beschwerdeführers am eigenen Wort noch dessen sonstige Individualsphäre verletze. Namentlich von einer unrichtigen oder verfälschenden Darstellung seines Persönlichkeitsbildes könne nicht ausgegangen werden. Im übrigen sei darauf hinzuweisen, daß nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts gerade nicht feststehe, der Beschwerdeführer habe die streitige Äußerung nicht getan.
| |
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht begründet.
| |
I.
| |
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen eine zivilgerichtliche Entscheidung über einen bürgerlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch. Die dafür maßgeblichen Bestimmungen auszulegen, ist Aufgabe der ordentlichen Gerichte, die bei ihrer Entscheidung dem Einfluß der Grundrechte auf das bürgerliche Recht Rechnung tragen müssen. Dem Bundesverfassungsgericht obliegt lediglich, die Beachtung der grundrechtlichen Normen und Maßstäbe durch die ordentlichen Gerichte sicherzustellen; im Rahmen dieser Aufgabe hat es zu prüfen, ob die angegriffene Entscheidung Auslegungsfehler erkennen läßt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und auch für den materiellen Rechtsfall von einigem Gewicht sind (BVerfGE 42, 143 [147 ff.] - DGB - mwN). Für eine weitergehende Prüfung (vgl. BVerfG aaO [149]; Beschluß vom 13. Mai 1980 - 1 BvR 103/77 -, Umdruck S 8 f.) ist hier kein Raum: Zwar kann es bei einer abweisenden Entscheidung nicht darauf ankommen, ob das Klagebegehren nur auf Unterlassung oder aber auf Widerruf oder die Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichtet war; doch kann das sachliche Gewicht der von dem Beschwerdeführer geltend gemachten Grundrechtsbeeinträchtigung keinen Anlaß geben, über den dargelegten grundsätzlichen Prüfungsumfang hinauszugehen. Insbesondere ist das Bundesverfassungsgericht nicht befugt, die tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts und deren Würdigung zu überprüfen oder sie sogar durch eigene zu ersetzen.
| |
II.
| |
Bei Berücksichtigung dieser Grenzen verfassungsgerichtlicher Nachprüfung läßt das angegriffene Urteil im Ergebnis keinen Grundrechtsverstoß erkennen.
| |
1. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts geltend, das er durch die Rechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet sieht; ergänzend beruft er sich auf die in der Verfassungsbeschwerde aufgeführten Einzelgrundrechte. Daran ist zutreffend, daß auch die Einzelgrundrechte im Rahmen ihrer jeweiligen Tragweite dem Schutz der Persönlichkeit dienen. Anhaltspunkte für eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 und 3, Art. 4 und Art. 5 GG sind jedoch weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere kann davon, daß das angegriffene Urteil auf Willkür im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beruhe und deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, keine Rede sein (vgl. BVerfGE 4, 1 [7]). Ebensowenig schützt Art. 5 Abs. 1 GG gegen Mißverständnisse oder Verfälschungen einer geäußerten Meinung durch andere; vollends kann dieses Grundrecht keinen Anspruch auf staatlichen Schutz vor der Verbreitung von Meinungen begründen, die man nicht geäußert hat.
| |
2. a) Kommt hiernach eine Verletzung von Einzelgrundrechten nicht in Betracht, so bleibt als Prüfungsmaßstab nur das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht.
| |
Dieses ergänzt als "unbenanntes" Freiheitsrecht die speziellen ("benannten") Freiheitsrechte, die, wie etwa die Gewissensfreiheit oder die Meinungsfreiheit, ebenfalls konstituierende Elemente der Persönlichkeit schützen. Seine Aufgabe ist es, im Sinne des obersten Konstitutionsprinzips der "Würde des Menschen" (Art. 1 Abs. 1 GG) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen; diese Notwendigkeit besteht namentlich auch im Blick auf moderne Entwicklungen und die mit ihnen verbundenen neuen Gefährdungen für den Schutz der menschlichen Persönlichkeit. Wie der Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 1 GG zeigt, enthält das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 GG ein Element der "freien Entfaltung der Persönlichkeit", das sich als Recht auf Respektierung des geschützten Bereichs von dem "aktiven" Element dieser Entfaltung, der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. BVerfGE 6, 32), abhebt. Demgemäß müssen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts enger gezogen werden als diejenigen der allgemeinen Handlungsfreiheit: Es erstreckt sich nur auf Eingriffe, die geeignet sind, die engere Persönlichkeitssphäre zu beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 34, 238 [247] - heimliche Tonbandaufnahme; BGHZ 24, 72 [81]; 27, 284 [287]).
| |
Wegen der dargelegten Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, ebenso wie die des Bundesgerichtshofs, den Inhalt des geschützten Rechts nicht abschließend umschrieben, sondern seine Ausprägungen jeweils anhand des zu entscheidenden Falles herausgearbeitet. So sind als Schutzgüter des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anerkannt die Privatsphäre, Geheimsphäre und Intimsphäre (vgl. etwa BVerfGE 27, 1 [6] - Mikrozensus; 27, 344 [350 f.] - Scheidungsakten; 32, 373 [379] - Arztkartei; 34, 238 [245 f.] - heimliche Tonbandaufnahme; 47, 46 [73] - Sexualkundeunterricht; 49, 286 [298] Transsexuelle), die persönliche Ehre, das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person (BVerfGE 35, 202 [220] Lebach), das Recht am eigenen Bild und am gesprochenen Wort (BVerfGE 34, 238 [246]) und unter bestimmten Umständen das Recht, von der Unterschiebung nicht getaner Äußerungen verschont zu bleiben (vgl. BVerfGE 34, 269 [282 f.] - Soraya). Diese Ausformungen des verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht müssen entsprechend beachtet werden, wenn es sich um gerichtliche Entscheidungen über kollidierende Interessen nach Vorschriften des Privatrechts handelt (vgl. BVerfGE 35, 202 [221]).
| |
b) Den bisherigen Konkretisierungen des durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten Persönlichkeitsrechts unterfällt der der Verfassungsbeschwerde zugrunde gelegte Sachverhalt nicht. Die Privatsphäre, Geheimsphäre oder Intimsphäre des Beschwerdeführers ist nicht betroffen. Ebensowenig enthält die Behauptung, gegen die der Beschwerdeführer sich wendet, eine Ehrenkränkung; das ist im Urteil des Oberlandesgerichts im Ergebnis zutreffend ausgeführt. Die Forderung, man solle die Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen, ist als solche nicht etwas Unehrenhaftes; sie enthält auch keine Aufforderung zu einem verfassungswidrigen Vorgehen, so daß dem Äußernden der möglicherweise ehrenrührige Vorwurf gemacht werden könnte, er stehe nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. Daß der Beschwerdeführer Politiker ist und die Behauptung, eine solche von vielen abgelehnte Forderung erhoben zu haben, ihm bei der Verfolgung seiner politischen Ziele unter Umständen abträglich sein könnte, ist jedenfalls keine Frage der persönlichen Ehre. Schließlich kann auch nicht unmittelbar auf das Recht am gesprochenen Wort zurückgegriffen werden (vgl. zu diesem BGHZ 13, 334 [338 f.] - Schacht-Brief). Denn hier geht es gerade darum, daß dem Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen eine Äußerung zugeschrieben wurde, die weder gefallen noch geeignet ist, frühere Äußerungen des Beschwerdeführers zu verfälschen und deshalb ein unrichtiges Persönlichkeitsbild zu vermitteln.
| |
Auch gegen das Unterschieben nicht getaner Äußerungen kann indessen das durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht schützen. Dies ist der Fall, wenn zugleich ein anerkanntes Schutzgut des Persönlichkeitsrechts, etwa die Privatsphäre, verletzt wird, wie bei der Verbreitung eines erfundenen Interviews, welches das Privatleben des Verletzten betrifft (BGH, NJW 1965, S 685 - Soraya; vgl. auch BVerfGE 34, 269 [282 f.]). Sofern ein solches Schutzgut nicht beeinträchtigt ist, bedeutet es gleichfalls einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, wenn jemandem Äußerungen in den Mund gelegt werden, die er nicht getan hat und die seinen von ihm selbst definierten sozialen Geltungsanspruch beeinträchtigen. Dies folgt aus dem dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrecht zugrundeliegenden Gedanken der Selbstbestimmung: Der Einzelne soll - ohne Beschränkung auf seine Privatsphäre - grundsätzlich selbst entscheiden können, wie er sich Dritten oder der Öffentlichkeit gegenüber darstellen will, ob und inwieweit von Dritten über seine Persönlichkeit verfügt werden kann; dazu gehört im besonderen auch die Entscheidung, ob und wie er mit einer eigenen Äußerung hervortreten will. Insofern gilt das gleiche wie für das Recht am gesprochenen Wort, das die Befugnis des Menschen schützt, selbst zu bestimmen, ob seine Worte einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen (BGHZ 27, 284 [286]) oder ob und von wem seine auf einem Tonträger aufgenommenen Worte wieder abgespielt werden dürfen (BVerfGE 34, 238 [246 f.]). Im Zusammenhang hiermit kann es nur Sache der einzelnen Person selbst sein, über das zu bestimmen, was ihren sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll; insoweit wird der Inhalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts maßgeblich durch das Selbstverständnis seines Trägers geprägt (vgl. - für die Kultusfreiheit - BVerfGE 24, 236 [247 f.]).
| |
Es wäre daher mit Art. 2 Abs. 1 GG unvereinbar, für die Frage, ob das Unterschieben einer nicht getanen Äußerung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen beeinträchtigt, nicht maßgebend auf dessen Selbstdefinition, sondern auf das Bild abzustellen, das sich andere - begründet oder unbegründet - von ihm machen oder machen könnten. Diese mögen zu einem solchen Vorgehen durch ihre Grundrechte, insbesondere das Recht der freien Meinungsäußerung berechtigt sein: Den Inhalt des Grundrechts des Betroffenen kann ihre Auffassung nicht konstituieren, wenn anders das Persönlichkeitsrecht nicht um seinen eigentlichen Gehalt des Ureigenen und Nicht-Vertretbaren gebracht werden soll, das zu schützen es bestimmt ist.
| |
3. a) In dieser Bedeutung konnte die verfassungsrechtliche Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die Beurteilung der materiellen Rechtslage des Ausgangsverfahrens nur unter der Voraussetzung von Gewicht sein, daß der Beschwerdeführer die Äußerung, man solle die Belastbarkeit der Wirtschaft prüfen, nicht getan hatte. Soweit das Oberlandesgericht dies unterstellt und gleichwohl einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers verneint, verkennt es nicht nur den dargelegten Inhalt dieses Rechts; es verstößt insoweit seinerseits gegen Art. 2 Abs. 1 GG, weil es seiner Prüfung den Maßstab eines von ihm selbst entworfenen Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers zugrunde legt und an diesem mißt, ob die dem Beschwerdeführer zugeschriebene Äußerung dessen Persönlichkeitsbild verfälsche. Damit wird der soziale Geltungsanspruch des Beschwerdeführers in seinem Inhalt nicht von ihm selbst, sondern von dem Gericht bestimmt; auch wenn dieses an Äußerungen anknüpft, die der Beschwerdeführer in anderen Zusammenhängen getan hat, ist ein solches Vorgehen mit Art. 2 Abs. 1 GG unvereinbar.
| |
b) Allerdings konnte es für das angegriffene Urteil auf diese Erwägungen nur ankommen, wenn feststand, daß der Beschwerdeführer die streitige Äußerung nicht getan hatte. Insoweit ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, daß das Ergebnis der Beweisaufnahme eine Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit der Behauptung des Beklagten des Ausgangsverfahrens nicht zulasse. Die Beweiswürdigung, auf der dies beruht, unterliegt nicht der Nachprüfung des Bundesverfassungsgerichts. Wenn die Verfassungsbeschwerde geltend macht, das Oberlandesgericht habe bei seinen Erwägungen über die Beweislast den Einfluß des Persönlichkeitsrechts auf das anzuwendende Verfahrensrecht verkannt, so kann dem nicht gefolgt werden.
| |
Ob in diesem Zusammenhang die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Beweislast bei einer Anwendung des § 186 StGB zutreffen, kann dahingestellt bleiben; diese Ausführungen sind nicht entscheidungserheblich, weil das Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, daß die streitige Behauptung nicht geeignet sei, den Beschwerdeführer verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Maßgeblich ist allein, ob ein Verstoß gegen Verfassungsrecht in der Auffassung des Oberlandesgerichts liegt, der Beschwerdeführer hätte eine rechtswidrige Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dartun und beweisen müssen. Diese Auffassung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
| |
Ein verfassungsrechtlicher Gesichtspunkt, der dazu zwingen würde, in Fällen der vorliegenden Art von den allgemein für den Zivilprozeß geltenden Beweisregeln abzugehen, ist nicht erkennbar. Der nach diesen Regeln dem Verletzten obliegende Beweis seines Anspruchs kann zwar auf Schwierigkeiten stoßen, wenn zu erweisen ist, daß er eine streitige Äußerung nicht getan habe. Damit wird ihm indessen nicht etwas Unmögliches angesonnen. Denn dem Beklagten obliegt eine Mitwirkung: Er muß die Behauptung, daß der Kläger etwas geäußert habe, substantiieren; es müssen also insbesondere Angaben über Zeit, Art und Adressatenkreis der Äußerung gemacht werden. Diese Angaben sind einer Widerlegung zugänglich. Auch im vorliegenden Fall sind solche Angaben gemacht, eingehend geprüft und gewürdigt worden. Unter anderem war Gegenstand einer Beweisaufnahme, ob der Beschwerdeführer die streitige Äußerung bei einer Diskussionsveranstaltung in Heilbronn getan habe; hierüber sind mehrere Zeugen vernommen worden, von denen zwei sich der Äußerung (sinngemäß) zu erinnern glaubten, während andere sich nicht entsinnen konnten, sie gehört zu haben. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts, daß der Beschwerdeführer beweisfällig geblieben sei, beruhte mithin auf dem Ergebnis einer Beweisaufnahme. Bei einer solchen Sachlage ist es aber unter der Voraussetzung der Mitwirkungspflicht des Beklagten verfassungsrechtlich nicht geboten, von der allgemeinen Beweislastregelung für den Zivilprozeß abzugehen.
| |
c) Bei Zugrundelegung der ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Oberlandesgerichts kann mithin nicht davon ausgegangen werden, daß dem Beschwerdeführer unter Verletzung seines - selbst definierten - sozialen Geltungsanspruchs eine Äußerung in den Mund gelegt worden ist, die er nicht getan hat. Dies wäre aber die erste Voraussetzung für die Annahme eines Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht. Auf die Frage, ob der Beklagte des Ausgangsverfahrens sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen konnte und dem Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers durch dieses Recht Grenzen gezogen sein könnten, kommt es daher nicht mehr an.
| |