Beschluß | |
des Zweiten Senats vom 13. Dezember 1983
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-- 2 BvL 13/82 -- | |
in den Verfahren zur Prüfung der Frage, ob § 186 c Abs. 2 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz, eingefügt durch das Gesetz über das Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl. I S. 1481) insoweit das Grundgesetz verletzt, als diese Vorschrift nur einen Teil der Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Pflicht ausnimmt - Aussetzungs- und Vorlagebeschlüsse des Bundessozialgerichts - 10. Senat - vom 17. September 1981: 1. 10/8b/12 RAr 16/79 - 2 BvL 13/82 -; 2. 10/8b/12 RAr 2/79 - 2 BvL 14/82 -; 3. 10/8b RAr 16/80 - 2 BvL 15/82 -.
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Entscheidungsformel:
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Nach § 186 c Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes sind im Blick auf § 213 der Konkursordnung und Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 137 Absatz 3 Satz 1, Absatz 5 und 6 der Weimarer Reichsverfassung die Kirchen und ihre Organisationen, soweit sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld ausgenommen. Insoweit ist § 186 c Absatz 2 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes mit dem Grundgesetz vereinbar.
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Gründe: | |
A. | |
Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 186 c Abs. 2 Satz 2 Arbeitsförderungsgesetz mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar ist. Nach dieser Vorschrift werden zwar der Bund, die Länder und die Gemeinden sowie diejenigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist oder bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert, nicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld herangezogen; die kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts sind aber nach dem Gesetzeswortlaut zur Zahlung der Umlage verpflichtet.
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I.
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1. Durch das Gesetz über das Konkursausfallgeld vom 17. Juli 1974 (BGBl. I S. 1481) haben Arbeitnehmer, denen bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers für die vorangegangenen drei Monate noch Arbeitsentgelt zusteht, einen Anspruch auf Konkursausfallgeld erhalten. Dieses wird vom Arbeitsamt gezahlt, das auch die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und Rentenversicherung sowie die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit für denselben Zeitraum entrichtet.
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Art. I Nr. 9 des Gesetzes über das Konkursausfallgeld regelt, wie die dafür erforderlichen Mittel aufgebracht werden. Mit ihm wurde in das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 -- AFG -- (BGBl. I S. 582) u. a. § 186 c eingefügt. Diese Vorschrift lautet auszugsweise:
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(1) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft bringen die Mittel für das Konkursausfallgeld auf, soweit diese nicht von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§ 186 d) aufgebracht werden. Sie zahlen ihre Anteile bis zum 30. Juni eines jeden Jahres an die Bundesanstalt.
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(2) Der Anteil jeder Berufsgenossenschaft an den aufzubringenden Mitteln entspricht dem Verhältnis ihrer Lohnsumme zu der Gesamtlohnsumme der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft. Unberücksichtigt bleiben die Lohnsummen des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und solcher juristischer Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert.
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(3) Die gewerblichen Berufsgenossenschaften und die See-Berufsgenossenschaft legen den von ihnen aufzubringenden Anteil nach dem Entgelt der Versicherten in den Unternehmen auf ihre Mitglieder um; hierbei bleiben die in Absatz 2 Satz 2 genannten Mitglieder unberücksichtigt ...
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Soweit hiernach die öffentlichen Dienstherren und Arbeitgeber bei dem internen Umlageverfahren unberücksichtigt bleiben, beruht dies darauf, daß ihre Arbeitnehmer einer Absicherung durch das Konkursausfallgeld nicht bedürfen.
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2. Ein Gesetz, durch das der Bund, ein Land oder eine Gemeinde die Zahlungsfähigkeit der Kirchen sichert, gibt es nicht. Die Kirchen sind daher nach § 186 c Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz in Verbindung mit § 186 c Abs. 2 Satz 2 2. Alternative AFG nicht von der Pflicht ausgenommen, die Umlage für das Konkursausfallgeld an die Berufsgenossenschaften zu entrichten. Eine solche Ausnahme ist aber gegeben, wenn der Konkurs bei den kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht zulässig ist (§ 186 c Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz, Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG).
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II.
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1. Kläger des Ausgangsverfahrens 2 BvL 13/82 ist das Bistum Rottenburg-Stuttgart, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts; es ist Mitglied der beklagten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft. Diese zog es mit Bescheid vom 10. März 1978 zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld der Jahre 1974 bis 1976 heran. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Sozialgericht Reutlingen ab. In seinem Urteil führte es aus:
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Der Kläger sei nicht nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 2. Alternative AFG von der Pflicht, die Umlage für das Konkursausfallgeld zu entrichten, befreit, weil weder der Bund noch das Land noch eine Gemeinde kraft Gesetzes seine Zahlungsfähigkeit sichere. Eine Freistellung nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG scheide gleichfalls aus; der Konkurs des Klägers sei nicht unzulässig. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV rechtfertige keine andere Beurteilung. Die Konkursordnung gelte auch für kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts. Wenn eine solche infolge eines Konkurses erlösche, sei dies verfassungsrechtlich unbedenklich.
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Gegen dieses Urteil legte der Kläger Sprungrevision ein. Er rügt die Verletzung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG und trägt vor: Die Kirche sei eine durch die Verfassung herausgehobene öffentlich-rechtliche Körperschaft, die mit den sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht gleichgesetzt werden könne. Ein Konkursverfahren über das Vermögen der Diözese sei im Hinblick auf den verfassungsrechtlich geschützten Aufgabenbereich der Katholischen Kirche unzulässig. Zudem sei die Zahlungsfähigkeit der Diözese kraft Gesetzes sowohl durch den Bund als auch durch das Land Baden-Württemberg gesichert, weil das Besteuerungsrecht der Kirche verfassungsrechtlich (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV) und völkerrechtlich (Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich vom 20. Juli 1933 -- RGBl. II S. 679 -) gewährleistet sei.
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2. Kläger des Ausgangsverfahrens 2 BvL 14/82 ist der Evangelische Kirchenkreis Hildesheim. Auch er ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts Mitglied der beklagten Verwaltungs- Berufsgenossenschaft, die ihn mit Bescheiden vom 9. März 1978 zur Zahlung der Beiträge für das Konkursausfallgeld der Jahre 1975 und 1976 heranzog. Auf seine Klage hin hob das Sozialgericht Hildesheim die Beitragsbescheide auf. Es legte in seinem Urteil dar: Der Kläger sei von der Beteiligung an der Konkursausfallgeldumlage nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG befreit. Es fehle zwar eine gesetzliche Regelung, die die Konkursfähigkeit der Kirchen und ihrer Körperschaften ausdrücklich ausschließe. Die Unzulässigkeit eines Konkursverfahrens über deren Vermögen ergebe sich aber aus allgemeinen übergeordneten Rechtsnormen und -grundsätzen. Der Konkurs einer kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts würde ihre verfassungsrechtliche Stellung nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 und 5 WRV beeinträchtigen. Es verstieße gegen das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, wenn die Existenz einer kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts durch einen Konkurs beendet werden könnte. Davon abgesehen wäre ein solches Konkursverfahren zur Befriedigung der Gläubiger ungeeignet, weil das kirchliche Vermögen nahezu ausschließlich für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sei.
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Gegen dieses Urteil legte die beklagte Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Sprungrevision ein, mit der sie eine Verletzung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG rügt. Sie trägt vor: Da ungeachtet aller Privilegien der kirchlichen Körperschaften die Einzelzwangsvollstreckung gegen diese nach § 882 a Abs. 3 ZPO zulässig sei, müsse dies auch für die Gesamtvollstreckung im Rahmen eines Konkursverfahrens gelten. Eine kirchliche Körperschaft beende zwar nach dem Konkurs ihre "juristische weltliche Existenz". Das hindere ihre Mitglieder aber nicht, ihren Glauben auch weiterhin frei und ungehindert auszuüben. Wenn auch ein Konkurs der Katholischen oder Evangelischen Kirche in Deutschland aus tatsächlichen Gründen nicht zu befürchten sei, so komme es bei Anwendung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG doch nur auf die rechtlichen Eigenschaften der zur Zahlung der Umlage zum Konkursausfallgeld Verpflichteten an. Danach gebe es für keine Religionsgemeinschaft eine Ausnahme von der Zahlungspflicht.
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3. Klägerin des Ausgangsverfahrens 2 BvL 15/82 ist die Evangelische Gesamtgemeinde Mainz, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Mitglied der beklagten Verwaltungs-Berufsgenossenschaft ist. Mit Bescheiden vom 10. März 1978 forderte die Beklagte von ihr die Umlage für das Konkursausfallgeld der Jahre 1974 bis 1976. Ihre hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Sozialgericht Mainz erfolglos. Zur Begründung des Urteils führte das Gericht aus: Bei Körperschaften des öffentlichen Rechts sei ein Konkursverfahren weder bundes- noch landesrechtlich ausgeschlossen. Der Konkurs der Klägerin sei auch nicht von Verfassungs wegen unzulässig. Da er keine unpfändbaren Gegenstände erfasse, beeinträchtige er nicht den Kernbestand der Religionsgemeinschaften. Er bewirke zudem nicht zwingend den Verlust der Rechtspersönlichkeit, so daß der Klägerin die Erfüllung ihrer Aufgaben nach wie vor möglich wäre. Zu ihrer Befreiung von der Umlagezahlungspflicht genüge es nicht, daß ein Konkurs bei ihr praktisch ausgeschlossen oder für die Gläubiger wenig sinnvoll sei. Schließlich sei die Zahlungsfähigkeit der Klägerin nicht durch den Bund, durch ein Land oder durch eine Gemeinde kraft Gesetzes gesichert. Die Befugnis, Steuern zu erheben, sichere nicht in jedem Fall ihre finanzielle Leistungsfähigkeit. Auch bedeute der verfassungsrechtliche Bestandsschutz der Religionsgemeinschaften nicht, daß die öffentliche Hand für alle ihre Verpflichtungen einzutreten habe.
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Mit der Sprungrevision gegen dieses Urteil rügt die Klägerin die Verletzung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG. Sie trägt vor: Bei ihr sei ein Konkurs aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig. Er würde ihre kirchliche Tätigkeit unterbinden. Die Schranke des Art. 137 Abs. 3 WRV, die diese Tätigkeit unter den Vorbehalt der allgemeinen Gesetze stelle, ergebe nichts anderes. Denn ein Konkursverfahren würde die Kirche härter als andere Rechtssubjekte treffen; die Konkursordnung sei deshalb kein für alle geltendes Gesetz in diesem Sinne.
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4. Das Bundessozialgericht hat die Verfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 GG ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob die Regelung der Umlagezahlungspflicht zum Konkursausfallgeld in § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG mit Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar sei.
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a) Auf die Gültigkeit des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG komme es bei der Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten an. Sei die Vorschrift verfassungsgemäß, so seien die Revisionen des Bistums Rottenburg (im Verfahren 2 BvL 13/82) und der Evangelischen Gesamtgemeinde Mainz (im Verfahren 2 BvL 15/82) zurückzuweisen, der Revision der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (im Verfahren 2 BvL 14/82) sei hingegen stattzugeben, weil dann die kirchlichen Körperschaften jeweils zur Zahlung der Umlage zum Konkursausfallgeld verpflichtet seien. Das Bundessozialgericht erachte jedoch § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG für verfassungswidrig und könne deshalb nicht abschließend entscheiden. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift sei nicht möglich; sie würde die Grenzen, die sich aus dem Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergäben, überschreiten.
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b) Im einzelnen führt das Bundessozialgericht aus:
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Für die Befreiung von der Umlage sei nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG lediglich entscheidend, ob die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts zulässig sei, nicht dagegen, ob dies überhaupt vorkommen könne. Diese Auslegung ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien und aus dem systematischen Zusammenhang der Regelungen der Konkursausfallversicherung. Grundsätzlich sei bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Konkurs zulässig (§ 213 KO), soweit er nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei; davon sei ersichtlich auch der Gesetzgeber in § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG ausgegangen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts dürften zwar nur durch Gesetz oder durch einen anderen auf eine gesetzliche Ermächtigung gestützten Hoheitsakt wieder aufgelöst werden. Die Eröffnung, Abwicklung und Beendigung des Konkursverfahrens habe aber nicht diese Folge, wie sich aus § 89 Abs. 2 BGB ergebe; vielmehr könnten die Betroffenen ihre Aufgaben auch im Falle eines Konkurses weiter wahrnehmen, zumal nach § 1 Abs. 1 KO, § 882 a Abs. 2, 3 ZPO nicht diejenigen Sachen zur Konkursmasse gehörten, die für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben unentbehrlich seien oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegenstehe. Wegen dieser Rechtslage sei ebenso wie bei Rundfunkanstalten auch bei kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts der Konkurs zulässig.
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Die den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften eingeräumten verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 bis 139, 141 WRV würden durch einen Konkurs nicht verletzt; denn dieser ändere nichts an dem Fortbestand der kirchlichen Körperschaft. Eine Kirche könne auch nach dem Konkurs ihren Auftrag wahrnehmen. Die Sachen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben unentbehrlich seien oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegenstehe, fielen nicht in die Konkursmasse. Das gelte auch für die Steuern, die für Zeiten nach der Konkurseröffnung entrichtet würden. Die Konkursordnung sei ein für alle und damit nach Art. 137 Abs. 3 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG auch für die Kirchen geltendes Recht. Sie schränke den religiösen Auftrag der Kirche nicht ein.
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Die Zahlungsfähigkeit der Kläger der Ausgangsverfahren sei auch nicht kraft Gesetzes durch den Bund, ein Land oder eine Gemeinde gesichert (§ 186 c Abs. 2 Satz 2 2. Alternative AFG). Eine bloße faktische Absicherung der Zahlungsfähigkeit, etwa durch die staatliche Rechtsaufsicht im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung mit dem Recht, Beiträge, Gebühren oder Steuern zu erheben, durch eine staatliche Gewährträgerhaftung in einer Satzung oder durch gewohnheitsrechtliche Grundsätze der "Anstaltslast" reichten nicht aus. Diese Auslegung werde durch die Gesetzesmaterialien zum Arbeitsförderungsgesetz gestützt.
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Der Senat sei indessen der Überzeugung, daß die Freistellungsvorschrift des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG zu eng gefaßt sei und deshalb den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG verletze: Es sei sachlich nicht gerechtfertigt und daher willkürlich, nur die in § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG genannten öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber von der Zahlung der Umlage zum Konkursausfallgeld auszunehmen und alle übrigen öffentlichrechtlichen Rechtsträger hieran zu beteiligen. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts hätten einen gegen den Gesetzgeber gerichteten Anspruch auf sachgerechte Auswahl bei der Bildung von Solidargemeinschaften.
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Willkürlich sei es auch, wenn § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG den Kreis der umlagefreien Arbeitgeber nach dem Konkursrisiko anstatt nach dem Insolvenzrisiko abgrenze. Der Gesetzgeber sei gehalten gewesen, alle diejenigen Arbeitgeber freizustellen, die kein Sonderinteresse an der Konkursausfallversicherung haben könnten. Der Vorteil des Konkursausfallgeldes bestehe für den Arbeitgeber darin, daß im Falle seiner möglicherweise nur vorübergehenden Zahlungsunfähigkeit seine Arbeitnehmer nicht umgehend eine neue Arbeitsstelle suchen und ihn im Stich lassen müßten. Diese vertrauensbildende Wirkung der Konkursausfallversicherung begründe das Sonderinteresse der Arbeitgeber, das ihre Umlagezahlungspflicht rechtfertige. Es fehle aber bei denjenigen Arbeitgebern, bei denen die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit nicht bestehe. Sachgerecht sei deshalb nur eine Abgrenzung, die auf die tatsächliche Gefahr der Zahlungsunfähigkeit abstelle.
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Bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern trete ein Konkursverfahren generell nicht ein und sei auch wegen ihrer Organisationsform nicht vorstellbar. Haushalts- und Wirtschaftsführung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts würden durch den Bundesrechnungshof oder einen Landesrechnungshof kontrolliert. Soweit die staatliche Aufsicht nicht ausreiche, um Finanzierungslücken zu verhindern, griffen die Grundsätze der Gewährträgerhaftung oder der Anstaltslast ein.
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Sei die staatliche Aufsicht aus verfassungsrechtlichen Gründen eingeschränkt oder fast nicht vorhanden, wie bei den Rundfunkanstalten und den kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts, so bestehe dennoch in irgendeiner Form eine staatliche Kontrolle ihres Finanzgebarens. Die Kirchen seien zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen von allen öffentlich-rechtlichen Körperschaften am weitesten staatsfrei. Ein vom Staat ausgehender Zwang zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung bestehe aber mittelbar dadurch, daß zur Anhebung der Kirchensteuersätze die Zustimmung des Staates erforderlich sei. Könne trotzdem die kirchliche Finanzlast nicht gedeckt werden, so könnten kraft des verfassungsrechtlich gewährleisteten Steuererhebungsrechts die kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts die Steuersätze mit staatlicher Genehmigung erhöhen.
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Zu den Vorlagebeschlüssen hat für die Bundesregierung der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Stellung genommen. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat eine Äußerung des 3. Revisionssenats vorgelegt. Ferner haben sich die Parteien der Ausgangsverfahren geäußert.
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1. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat ausgeführt:
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Religionsgesellschaften mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft seien nicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld verpflichtet, weil bei ihnen der Konkurs nicht zulässig sei (§ 186 c Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz in Verbindung mit § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG). Deshalb könnten sich schon Bedenken gegen die Zulässigkeit der Vorlagen ergeben. Jedenfalls verstoße die gesetzliche Regelung bei verfassungskonformer Auslegung nicht gegen das Grundgesetz.
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Bei Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts seien, sei wegen der verfassungsrechtlichen Gewährleistung ihres Status und ihrer Eigenständigkeit gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 und 5 WRV ein Konkursverfahren rechtlich nicht zulässig; andernfalls verlören sie diesen Status. Er könne nur durch verfassungsänderndes Gesetz entzogen werden.
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Würde bereits der Konkurs zur Aufhebung dieses Status führen, so wäre der Verstoß gegen Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 WRV offenkundig. Hätte der Konkurs nicht unmittelbar diese Folge, so führe er jedenfalls zu einer Beeinträchtigung der Dispositionsbefugnis der Religionsgesellschaften über ihre Mittel und damit zu einer Behinderung der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben. Er wäre deshalb mit Sinn und Zweck der in Art. 137 Abs. 5 WRV gegebenen Garantie, aber auch mit dem in Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften nicht vereinbar. Dieses Recht sei zwar durch die für alle geltenden Gesetze beschränkt. Die Bestimmungen der Konkursordnung, die in die eigenständige Vermögensverwaltung der kirchlichen Körperschaften eingreifen würden, gehörten aber nicht dazu, weil ein solcher Eingriff die Kirchen bei der Erfüllung ihres besonderen, traditionell weitläufigen kirchlichen Auftrags beeinträchtigen würde.
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Dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen werde nicht schon durch die Vorschriften des § 882 a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 ZPO Genüge getan, wonach das Konkursverfahren nur solche Sachen erfasse, die für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Kirchen entbehrlich seien oder deren Veräußerung kein öffentliches Interesse entgegenstehe. Zum einen sei bei den traditionell öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften eine Trennung zwischen dem unmittelbar kirchlichen Zwecken gewidmeten Vermögen und anderen, für die Erfüllung dieser Zwecke entbehrlichen Vermögensgegenständen nicht möglich. Zum anderen sei es mit dem Selbstverständnis der Kirchen kaum vereinbar, wenn Dritte, der Konkursverwalter oder das Gericht, darüber entschieden, welche Gegenstände für die Erfüllung des kirchlichen Auftrags entbehrlich seien und welche nicht. Solche Entscheidungen seien staatlicher Regelungskompetenz entzogen und gehörten zum Bereich "innerer kirchlicher Angelegenheiten".
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2. Der 3. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts führt aus:
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Er sei in zwei Urteilen vom 10. Dezember 1981 zu der mit § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG teilweise wortgleichen Vorschrift des § 17 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) von der grundsätzlichen Zulässigkeit des Konkurses auch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts ausgegangen. Dabei habe er § 17 Abs. 2 BetrAVG dahingehend ausgelegt, daß von der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen an den Träger der Insolvenzsicherung neben Bund, Ländern und Gemeinden nur solche Körperschaften des öffentlichen Rechts befreit seien, bei denen der Konkurs durch Rechtsvorschrift ausdrücklich für unzulässig erklärt sei oder deren Zahlungsfähigkeit kraft Gesetzes durch eine der genannten Gebietskörperschaften ausdrücklich abgesichert worden sei.
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Die Verfassungsmäßigkeit der Freistellungsregelung in § 17 Abs. 2 BetrAVG habe der Senat bejaht. Er teile auch die Auffassung des Bundessozialgerichts, daß durch Art. 140 GG der Anwendungsbereich des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG nicht berührt werde. Seiner uneingeschränkten Anwendung stehe insbesondere Art. 137 Abs. 3 WRV nicht entgegen.
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3. a) Der Kläger des Ausgangsverfahrens 2 BvL 13/82 ist der Auffassung, er sei von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld befreit, weil §§ 186 c ff. AFG für kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts im Hinblick auf Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV generell nicht gelten könnten. Jene Vorschriften seien nämlich wegen zahlreicher Ausnahmen kein für alle geltendes Gesetz im Sinne der Verfassung. Nur ein solches Gesetz könnte aber den Kirchen Schranken setzen.
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Er sei im übrigen nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG von der Pflicht zur Zahlung der Umlage auch deshalb befreit, weil bei ihm der Konkurs verfassungsrechtlich unzulässig sei. Ein Bistum genieße als kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV sowie nach Art. 1 des Reichskonkordats einen existenziellen Bestandsschutz. Im übrigen gelte für das Bistum auch die Konkursordnung generell nicht. Denn sie sei ebenfalls kein für alle geltendes Gesetz im Sinne der angeführten Verfassungsnormen; sie erfasse nur einen Teil aller juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Der Konkurs über das Vermögen des Bistums sei darüber hinaus auch im Hinblick auf seine Aufgabenstellung unzulässig. Die Kirche würde in ihrem Selbstverständnis und ihrem geistig-religiösen Auftrag durch die nach der Konkursordnung möglichen Eingriffe besonders betroffen. Die Durchführung eines Konkursverfahrens würde sie z. B. wegen der zahlreichen unvermeidbaren Meinungsunterschiede mit dem Konkursverwalter oder Konkursrichter in eine unübersehbare Zahl gerichtlicher Verfahren verwickeln. Schon allein die Verfahrensdauer würde die Handlungsfreiheit des Bischofs und seiner Mitarbeiter schwer beeinträchtigen.
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Eine Zahlungspflicht scheide ferner nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 2. Alternative AFG aus. Die Zahlungsfähigkeit des Bistums werde durch den Bund und das Land Baden-Württemberg kraft Verfassungsrechts gesichert. § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG erfordere keine ausdrücklich in einem Gesetz festgelegte Einstandspflicht des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde. Ausreichend sei die mehrfache rechtliche Absicherung des Steuererhebungsrechts der Kirchen. Das Bistum könne so seine Einnahmen selbst bestimmen und eventuellen Steigerungen der Ausgaben jederzeit wirksam begegnen. Die Zahlungsfähigkeit der Kirchen würde davon abgesehen kirchenrechtlich durch eine strenge Überwachung und eine restriktive Handhabung ihrer Ausgaben sichergestellt. Es sei kein Fall festzustellen, daß irgendeine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts jemals zahlungsunfähig geworden sei.
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b) Der Kläger des Ausgangsverfahrens 2 BvL 14/82 und die Klägerin des Ausgangsverfahrens 2 BvL 15/82 halten in gleichlautenden Stellungnahmen § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG für verfassungsgemäß. Die Religionsgemeinschaften mit Körperschaftsstatus unterlägen nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG nicht der Umlagezahlungspflicht für das Konkursausfallgeld, weil sie nicht konkursfähig seien. Der Gesetzgeber habe sich in § 186 c Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz AFG bei der Ausnahme von der Pflicht zur Zahlung der Umlage zwar für eine formale Abgrenzung entschieden, wonach der Konkurs durch eine Rechtsvorschrift ausgeschlossen sein müsse. Ein solcher Ausschluß könne sich aber auch aus der Verfassung ergeben. So sei es bei den Kirchen. Nach Art. 137 Abs. 3 WRV hätten die Religionsgemeinschaften selbst zu bestimmen, was "ihre eigenen Angelegenheiten" seien. Diese verfassungsrechtliche Gewährleistung ergänze der den Kirchen in Art. 137 Abs. 5 WRV verliehene Körperschaftsstatus. Er bekräftige die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Kirche vom Staat und ihre originäre Gewalt. Das Institut der Kirchensteuer (Art. 137 Abs. 6 WRV) garantiere zudem die wirtschaftliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Kirchen und sei eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage ihrer steten Zahlungsfähigkeit und damit ihrer Konkursunfähigkeit.
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§ 213 KO, wonach auch über das Vermögen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Konkurs zulässig sei, gelte für Kirchen nicht. Die Konkursordnung sei kein "für alle geltendes Gesetz" im Sinne des Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV. Diese Vorschrift erfahre durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG eine materielle Verstärkung. Das führe zu einer restriktiven Auslegung der Schrankenvorbehaltsklausel.
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Nach dem Selbstverständnis der evangelischen Landeskirchen wäre mit der Durchführung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen und das ihrer lokalen Untergliederungen mit Körperschaftsstatus ein substantieller Eingriff in die kirchliche Autonomie verbunden, der sie außerstande setzte, weiterhin ihren spezifischen Auftrag in der Welt zu erfüllen.
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4. Die Beklagte der Ausgangsverfahren bestreitet die Entscheidungserheblichkeit der vom Bundessozialgericht zur Prüfung gestellten Norm. Davon abgesehen seien die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gerichts unbegründet. Dies gelte sowohl bei abstrakter als auch bei konkreter Betrachtung anhand der Verhältnisse der Kläger der Ausgangsverfahren. Bei abstrakter Betrachtung komme man zu dem Ergebnis, § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG sei verfassungsgemäß. Er verstoße weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Rechtsstaatsgebot, weil die vom Gesetzgeber getroffene Abgrenzung zwischen den zur Zahlung der Umlage verpflichteten und den hiervon befreiten juristischen Personen des öffentlichen Rechts in jeder Hinsicht sachgerecht sei. Eine Betrachtung anhand der konkreten Verhältnisse der Kläger der Ausgangsverfahren bestätige dieses Ergebnis. Die Kirchen würden ohne Verfassungsverstoß zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld herangezogen. Ihre Insolvenz sei durchaus möglich.
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Die Frage der Insolvenz kirchlicher juristischer Personen sei nicht einheitlich zu beantworten. Aus staatskirchenrechtlicher Sicht gebe es drei Arten von Religionsgemeinschaften: Solche in Form privatrechtlicher Vereine unterlägen ungeachtet ihres verfassungsrechtlich garantierten Freiraums dem bürgerlichen Recht. Sie seien ebenso konkursfähig wie die zu Körperschaften des öffentlichen Rechts erhobenen Religionsgesellschaften. Neben diesen beiden Arten von Religionsgemeinschaften gebe es die großen christlichen Kirchen, die sich noch aus der Zeit des Staatskirchentums einen hervorragenden Status erhalten hätten. Er sei durch gewohnheitsrechtliche Sätze des Staatskirchenrechts und auf evangelischer Seite durch zahlreiche Kirchenverträge, auf katholischer Seite durch die Konkordate abgesichert.
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Die Katholische Kirche habe personelle Körperschaften und Gebietskörperschaften; sie gliedere sich in Teilkirchen. Vermögensrechtlich sei keine einheitliche Systematik gewahrt; vielmehr seien die einzelnen Körperschaften, Anstalten oder sonstigen juristischen Personen Träger des ihnen gehörenden Vermögens.
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Die Kirchenverträge, die mit der Evangelischen Kirche abgeschlossen worden seien, ordneten die Beziehungen zu den Landeskirchen. Diese nähmen auf ihrem Kirchengebiet Gebietshoheit in Anspruch einschließlich des Rechts, über das Kirchengebiet zu verfügen. Gegenüber den ihnen eingegliederten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen hätten sie eine der staatlichen Souveränität ähnliche Regelungsgewalt, die durch die Synoden und Kirchenleitungen wahrgenommen würde. Insolvenzrechtlich sei zu beachten, daß die Landeskirchen in eine große Zahl von einzelnen juristischen Personen zerfielen. Diese hätten fast immer einen eigenen Haushalt, über den sie selbst beschließen würden. Allerdings stünden sie mit der jeweiligen Landeskirche, in die sie inkorporiert seien, in einem Finanzverbund und unterstünden finanzrechtlich ihrer Aufsicht. Dennoch könnten sie Fehler begehen, die möglicherweise ihre Leistungs- und Zahlungsfähigkeit bedrohten.
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Eine Betrachtung der Verhältnisse der Kläger der Ausgangsverfahren ergebe zwar, daß die kirchliche Organisation hinsichtlich der Frage, ob die Gefahr einer Insolvenz bestehe, in ähnlicher Weise Sicherungen biete wie der Staat und die Kommunen. Doch hänge die finanzielle Situation der Kirchen von der Möglichkeit ab, mit Hilfe der Arbeitgeber und der staatlichen Finanzämter Steuern zu erheben. All das sei verfassungsrechtlich nicht garantiert. Insbesondere bedeute das kirchliche Steuererhebungsrecht (Art. 137 Abs. 6 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG) nicht die Garantie der Erhebung kirchlicher Steuern durch staatliche Behörden. Die allgemeine kirchenpolitische Situation lasse es also keinesfalls als sicher erscheinen, daß ein Konkurs bei den Kirchen nicht vorkomme. Daher sei es durchaus sachgerecht, auch die Kirchen zur Umlage für das Konkursausfallgeld heranzuziehen. § 186 c AFG stelle nicht auf die tatsächliche Möglichkeit des Konkursfalles, sondern auf die rechtliche Möglichkeit der Konkurseröffnung ab. Der Bundesgesetzgeber habe einer Fülle höchst unterschiedlicher kirchlicher Rechtsgebilde Rechnung tragen müssen. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, wenn er bei der Differenzierung in § 186 c Abs. 2 AFG auch im kirchlichen Bereich in erster Linie auf die Möglichkeit der Konkurseröffnung abgestellt habe.
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Die zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Vorlagen sind zulässig.
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1. Das Bundessozialgericht hat in einer den Anforderungen des Art. 100 Abs. 1 GG und des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargelegt, daß es für die von ihm zu treffenden Entscheidungen auf die Gültigkeit des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG, soweit er zur Prüfung gestellt ist, ankommt. Ist diese Vorschrift verfassungsgemäß, so wären die Revisionen der Kläger der Ausgangsverfahren zu 2 BvL 13/82 und 2 BvL 15/82 unbegründet, die Revision der Beklagten des Ausgangsverfahrens zu 2 BvL 14/82 wäre begründet, weil dann feststünde, daß die Kläger zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld verpflichtet sind. Der Auffassung des Bundessozialgerichts, eine verfassungskonforme Auslegung scheide aus, ist zu entnehmen, daß es jeweils gegenteilig entscheiden würde, wenn aufgrund einer solchen Auslegung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG die kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts von der Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld ausgenommen wären. Wäre die Vorschrift mit der Verfassung insoweit unvereinbar, als nur ein Teil der Körperschaften des öffentlichen Rechts, jedoch nicht die Kirchen, von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld befreit sind, so müßte das Gericht das Verfahren aussetzen, bis der Gesetzgeber neu regelt. Auch dies wäre eine andere Entscheidung als im Falle der Gültigkeit des Gesetzes (vgl. BVerfGE 17, 210 [215 f.]; 23, 74 [78]; 23, 135 [142 f.]; 49, 280 [282]; 56, 1 [11]; st. Rspr.).
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2. Die Vorlagefrage muß jedoch dahingehend eingeschränkt werden, daß die Vereinbarkeit des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG mit dem Grundgesetz nur insoweit zur Prüfung gestellt ist, als diese Vorschrift -- nach Auffassung des Bundessozialgerichts -- die kirchlichen Körperschaften nicht von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld ausnimmt. Es ist hier kein Grund gegeben, darüber hinaus zu prüfen, ob der Bundesgesetzgeber die Ausnahmeregelung auch noch auf andere Körperschaften des öffentlichen Rechts hätte erstrecken müssen.
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Die Vorlagen sind unbegründet.
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Die dem Vorlagebeschluß zugrundeliegenden Erwägungen und Folgerungen zur Auslegung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG treffen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zu. Die zur Prüfung gestellte gesetzliche Regelung ist mit Blick auf § 213 KO, Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 und 6, Art. 138 WRV zu sehen. Dies führt zu dem Ergebnis, daß die Kirchen und ihre Organisationen, die im Sinne des Art. 137 Abs. 5 WRV als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind, von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld ausgenommen bleiben. Ihre Konkursunfähigkeit folgt unmittelbar aus dem Grundgesetz.
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I.
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1. Nach § 186 c Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG sind von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld u. a. die Körperschaften des öffentlichen Rechts befreit, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist. Wortlaut und Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift deuten darauf hin, daß die rechtliche Zulässigkeit, nicht die tatsächliche Möglichkeit eines Konkurses entscheidend sein soll. Es kam dem Gesetzgeber darauf an, für die Kosten der Konkursausfallversicherung ausnahmslos alle Arbeitgeber zur Umlage heranzuziehen, bei denen der Konkurs nicht rechtlich ausgeschlossen ist (Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf eines Gesetzes über das Konkursausfallgeld, BTDrucks. 7/2260, S. 3). Nach seiner Vorstellung sollten lediglich die Lohnsummen der "konkursunfähigen" Betriebe unberücksichtigt bleiben, weil diese nicht zahlungsunfähig werden können und ihre Arbeitnehmer deshalb keines Schutzes durch die Konkursausfallversicherung bedürfen (Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks. 7/1750, S. 15, zu § 186 c Abs. 2 AFG). § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG ist nicht unmittelbar zu entnehmen, welche Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts zur Zahlung der Umlage zum Konkursausfallgeld verpflichtet sein sollen. Der Kreis der Beitragsverpflichteten läßt sich erst bei Berücksichtigung derjenigen Vorschriften erschließen, die die Konkursfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts regeln. Grundlegend ist hier § 213 KO. Allerdings ist umstritten, ob nach dieser Vorschrift bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts der Konkurs immer zulässig ist, sofern er nicht ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen ist (Böhle/Stamschräder/Kilger, Konkursordnung, 13. Aufl., 1981, § 213 Anm. 1; Everhardt/Gaul, BB 1976, S. 467; Jaeger/Weber, Konkursordnung, 8. Aufl., 1973, 2. Bd., 2. Halbbd., § 213 Rdnr. 2; Mentzel/Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 9. Aufl., 1979, § 213 Rdnr. 1), oder ob sich auch aus allgemeinen rechtlichen Erwägungen der Ausschluß des Konkurses ergeben kann (vgl. hierzu Jauernig, Zwangsvollstreckung und Konkursrecht, 16. Aufl., 1983, § 40 I [S. 168]; Baumann, Konkurs und Vergleich, 2. Aufl., 1981, § 9 I 1 c [S. 79]; O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, 3. Aufl., 1924, 2. Bd., S. 350 f., Fußnote 18; Roth, BayVBl. 1981, S. 491 [494]; Säuberlich, BB 1979, S. 168 [169]). Indessen kann diese Frage offenbleiben, denn für die Kläger der Ausgangsverfahren folgt der Ausschluß des Konkurses aus der Verfassung selbst.
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2. Die Kläger der Ausgangsverfahren sind der Katholischen bzw. der Evangelischen Kirche zugehörende Körperschaften des öffentlichen Rechts. Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistet, daß sie ihre Angelegenheiten ihrem kirchlichen Auftrag und ihrem Selbstverständnis entsprechend eigenständig ordnen und verwalten können. Mit dieser verfassungsrechtlichen Garantie ist jedenfalls bei ihnen die Anwendung konkursrechtlicher Vorschriften unvereinbar.
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a) Nach dem kirchenpolitischen System des Grundgesetzes ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes (Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV). Der Staat erkennt die Kirchen als Institutionen mit dem Recht der Selbstbestimmung an, die ihrem Wesen nach unabhängig vom Staat sind und ihre Gewalt nicht von ihm herleiten (vgl. BVerfGE 18, 385 [386]; 19, 1 [55]; 30, 415 [428]; 42, 312 [321 f., 332]; 46, 73 [94]; 57, 220 [244]). Die Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind angesichts der religiösen und konfessionellen Neutralität des Staates nicht mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zu vergleichen, die in den Staat organisch eingegliederte Verbände sind (vgl. BVerfGE 18, 385 [386]; 19, 1 [5]; 30, 415 [428]; 42, 312 [321 f., 332]). Ihr öffentlich-rechtlicher Status bedeutet nur eine Heraushebung über andere Religionsgemeinschaften, weil der Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Überzeugung des Staates von der besonderen Wirksamkeit dieser Kirchen, von ihrer gewichtigen Stellung in der Gesellschaft und der sich daraus ergebenden Gewähr der Dauer zugrunde liegt (Art. 137 Abs. 5 WRV; vgl. BVerfGE 18, 385 [387]; 19, 129 [134]). Eine Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts ist damit nicht verbunden. Die Garantie freier Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten erweist sich auch hier als notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben unerläßliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt (vgl. BVerfGE 42, 312 [332]; 53, 366 [401]; 57, 220 [244]).
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b) Daraus folgt allerdings nicht schon, daß die Frage der Zulässigkeit eines Konkurses bei kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts eine rein innere kirchliche Angelegenheit beträfe, bei der der Staat keinerlei Schranken in Gestalt allgemeiner Gesetze errichten könnte (BVerfGE 42, 312 [334]). Ein Konkurs setzt die Betätigung im allgemeinen Wirtschaftsleben voraus, an dem auch die Kirchen teilnehmen. Andererseits wäre auch der Schluß verfehlt, auf die Kirchen müßten schon deshalb alle Gesetze Anwendung finden, durch die der Staat den Rechtsverkehr und das Wirtschaftsleben ordnet und gestaltet. Denn der Vorbehalt des Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 WRV verwehrt es dem Staat, seinen Gesetzen in beliebigem Umfang im Bereich der Kirchen Geltung zu verschaffen. Zu den "für alle geltenden Gesetzen" können nur solche rechnen, die für die Kirche dieselbe Bedeutung haben wie für jedermann (BVerfGE 42, 312 [332 f., 334] mit umfassenden Nachweisen aus der Literatur).
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Danach liegt es jedenfalls bei Fallgestaltungen wie in den Ausgangsverfahren keineswegs fern zu fragen, ob die Konkursordnung als ein für alle geltendes Gesetz im Sinne der Verfassung anzusehen ist. Denn mit Eröffnung des Konkursverfahrens verliert der Gemeinschuldner die Befugnis, sein zur Konkursmasse gehöriges Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen; das Verwaltungs- und Verfügungsrecht wird durch einen Konkursverwalter ausgeübt (§ 6 KO). Daraus ergäben sich schwerwiegende Störungen im Wirkungsbereich einer Kirche. § 882 a Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 ZPO, wonach die Zwangsvollstreckung in solche Sachen ausgeschlossen ist, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Kirchen unentbehrlich sind, verhinderte dies nicht. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die besonders bei Kirchen die Bestimmung der unter § 882 a Abs. 2 Satz 1 ZPO fallenden Gegenstände bereiten würde, wäre die Verwirklichung des kirchlichen Auftrags in vieler Hinsicht nahezu unmöglich, wenn ein Konkursverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Kirchenvermögen erhielte. Zu den verfassungsrechtlich geschützten Aufgaben der hier angesprochenen kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören nicht nur Lehre, Seelsorge, Gottesdienst und Sakramentenspendung; hierzu zählen auch alle Tätigkeiten, zu denen diese Kirchen nach ihrem Selbstverständnis berufen sind, ein Stück Auftrags der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl. BVerfGE 46, 73 [85 ff.]; 53, 366 [391]). Sie erfordern den Einsatz finanzieller Mittel; hierfür ist das Verwaltungs- und Verfügungsrecht der kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts und ihrer Organe über das Kirchenvermögen nur schwer entbehrlich. Nähme der Konkursverwalter diese Rechte wahr, könnten gerade die hier betroffenen Kirchen ihrem umfassenden, über die organisationsmäßigen Grenzen hinausreichenden religiösen Auftrag kaum mehr so nachkommen, wie dies durch die ihnen verfassungsrechtlich gewährleistete Autonomie garantiert ist. Daran änderte es wenig, daß künftige Einnahmen eines Gemeinschuldners, bei den kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts insbesondere künftige Steuereinnahmen, nach § 1 Abs. 1 KO nicht in die Konkursmasse fallen.
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Selbst wenn aber die Konkursordnung von ihrer Zielsetzung und ihrer rechtspolitischen Bedeutung her prinzipiell ein für alle geltendes Gesetz im Sinne von Art. 137 Abs. 3 WRV ist, ist damit nicht gesagt, daß diese staatliche Regelung in jedem Fall dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht vorgeht (BVerfGE 53, 366 [400]; Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 140 [Art. 137 WRV] Rdnr. 20). Die inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung bilden mit dem Grundgesetz ein organisches Ganzes (BVerfGE 19, 206 [219]; 19, 226 [236]; 53, 366 [400]). Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV gewährleistet mit Rücksicht auf das zwingende Erfordernis des friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirche (vgl. BVerfGE 42, 312 [330 ff., 340]) sowohl das selbständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Kirchen als auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen. Dabei ist dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beizumessen (vgl. BVerfGE 53, 366 [401]). Ihren auch im Schutzbereich des Art. 4 GG wurzelnden Anliegen stehen hier die Interessen des Staates gegenüber, der durch das Konkursverfahren die bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung des Gemeinschuldners (vgl. § 213 in Verbindung mit § 207 KO) erforderliche sachgerechte Verteilung des noch vorhandenen verwertbaren Vermögens unter den Gläubigern erreichen will. Ein Vorrang dieser staatlichen Regelung, eine Schrankenwirkung im Sinne des Art. 137 Abs. 3 WRV, wäre nur in Betracht zu ziehen, wenn dies zur Erfüllung der staatlichen Aufgabe und im Blick auf das Gemeinwohl als unumgänglich erschiene. Dies aber läßt sich gegenüber kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts gerade nicht ins Feld führen. Das Konkursverfahren wäre hier weder hinreichend geeignet, seiner Zielsetzung zu genügen, noch von der Sache her im Allgemeininteresse veranlaßt. Um einer Kirche, die wegen ihrer Bedeutung den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts innehat und damit öffentliche Gewalt ausübt (vgl. hierzu BVerfGE 19, 129 [134 f.]), auch im Konkurs die Möglichkeit zu erhalten, ihrem diesem Status und ihrem Selbstverständnis entsprechenden Gesamtauftrag nachzukommen (§ 882 a ZPO), müßten ihr von vornherein weite Teile ihres Vermögens belassen werden, und zwar nicht nur die Gegenstände, die sie zur Erfüllung ihres Auftrags im engeren Sinne (res sacrae) benötigt, sondern auch alle Mittel, die für ihre kirchliche Tätigkeit, für ihre Sendung insgesamt unentbehrlich sind (res circa sacra). Es verbliebe bei einer Vielzahl kirchlicher Körperschaften nur ein verhältnismäßig kleiner Teil kirchlichen Vermögens, der für die Verteilung an Gläubiger zur Verfügung stünde, häufig aber nicht einmal die Massekosten decken würde. Ein solches Konkursverfahren dürfte weder dem staatlichen Interesse noch dem der Gläubiger entsprechen, die, sollte das Konkursverfahren ein Erlöschen der kirchlichen Körperschaft tatsächlich zur Folge haben, auch jede Zugriffsmöglichkeit auf künftiges Vermögen, auf künftige Steuereinnahmen, verlören.
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Durch die Ausübung aller Verwaltungs- und Verfügungsrechte über das Vermögen einer kirchlichen Körperschaft des öffentlichen Rechts durch einen Konkursverwalter würde überdies in die innerkirchlichen Beziehungen eingegriffen werden können. Es wäre etwa angesichts des Rechts des Konkursverwalters zur Empfangnahme und Öffnung der Posteingänge (vgl. § 121 KO) eine vertrauliche Kommunikation zwischen den Amtsträgern der Kirche und ihren Mitgliedern, die wesentlicher Teil der Religionsausübung ist, nahezu unmöglich. Den Tätigkeitsbereich des Konkursverwalters allein auf die rein vermögensrechtliche Seite zu beschränken, wäre konkursrechtlich bedenklich, insbesondere aus praktischen Erwägungen heraus aber auch kaum durchführbar. Dabei mag dahinstehen, ob § 213 KO, der ersichtlich auf juristische Personen des Privatrechts zugeschnitten ist, den Anforderungen genügt, die für eine Übertragung von Verwaltungsfunktionen an Private im Rahmen von Körperschaften des öffentlichen Rechts und diesen statusmäßig gleichgestellten Religionsgemeinschaften zu stellen sind (vgl. hierzu OVG Münster, DÖV 1980, S. 528).
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c) Ein weiteres kommt hinzu: Die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit ist bei den hier in Rede stehenden kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgrund ihres großen Mitgliederbestandes, ihrer Vermögenssubstanz und ihres Steuererhebungsrechts praktisch nicht gegeben. Nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 WRV sind die kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts berechtigt, Steuern zu erheben. Ohne Rücksicht auf die Modalitäten des Steuererhebungsverfahrens und auf möglicherweise rückläufige Steuereinnahmen durch sinkende Einkommen und zahlenmäßige Rückgänge der Mitglieder der Religionsgemeinschaften ist ihnen damit ein finanzieller Status gesichert, der ihnen in ausreichendem Umfang die Mittel zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen beläßt. Dies zeigt sich auch darin, daß bisher noch keine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts in Zahlungsschwierigkeiten im Sinne der Konkursordnung geraten ist. Sie verfügen nicht nur über die laufenden Einkünfte aus den Steuereinnahmen; sie haben außerdem als Rückhalt die Möglichkeit des Finanzausgleichs innerhalb der gesamten Kirchenorganisation. Das unterscheidet sie grundlegend von juristischen Personen des Privatrechts einschließlich verselbständigter, in den Rechtsformen des Privatrechts organisierter kirchlicher Einrichtungen. Ihr Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts setzt voraus, daß sie nach ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben, von ihrem Mitgliederstand und ihren Vermögensverhältnissen her in der Lage sind, ihren finanziellen Verpflichtungen auf Dauer nachzukommen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, wird, der verfassungsrechtlichen Unterscheidung in Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV folgend, bei jeder Entscheidung besonders sorgfältig zu prüfen sein, die die Anerkennung einer Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts zum Inhalt hat (vgl. hierzu auch BVerfGE 19, 129 [134]).
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d) Erscheint danach das Konkursverfahren bei kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts -- für kirchliche Einrichtungen in der Rechtsform des Privatrechts mag anderes gelten -- als ungeeignet, die staatlichen Erwartungen zu erfüllen, so sind die hiermit verbundenen tiefen Eingriffe in die von der Verfassung geschützten Rechte und Aufgabenbereiche dieser Körperschaften schlechthin unvertretbar (vgl. BVerfGE 53, 366 [404 f.]). Dies gilt auch im Blick auf das Interesse der in Solidargemeinschaft stehenden Gläubiger an einer gesetzlich geordneten Zwangsliquidation des Schuldnervermögens. Der Ausschluß des Konkurses bei kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts -- nur hierüber ist zu entscheiden -- mag die Rechtsstellung der Gläubiger zwar tangieren; eine wirtschaftlich erhebliche Beeinträchtigung ihrer Position scheidet jedoch nach der Sach- und Rechtslage aus, zumal ihnen die Einzelzwangsvollstreckung offensteht.
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3. Folgt nach allem die Unzulässigkeit des Konkurses bei kirchlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts aus der Verfassung selbst (Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3, 5 und 6 WRV), so sind diese bereits nach dem Wortlaut des § 186 c Abs. 2 Satz 2 1. Alternative AFG von der Pflicht zur Zahlung der Umlage für das Konkursausfallgeld befreit.
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Auf die Verfassungsmäßigkeit des § 186 c Abs. 2 AFG im übrigen kommt es für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts nicht mehr an. Denn selbst wenn diese Vorschrift im Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG zu eng gefaßt wäre, würde das hier die Gültigkeit der Ausnahmeregelung nicht in Frage stellen.
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