1. Das Recht des Bürgers, durch Ausübung der Versammlungsfreiheit aktiv am politischen Meinungsbildungsprozeß und Willensbildungsprozeß teilzunehmen, gehört zu den unentbehrlichen Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens. Diese grundlegende Bedeutung des Freiheitsrechts ist vom Gesetzgeber beim Erlaß grundrechtsbeschränkender Vorschriften sowie bei deren Auslegung und Anwendung durch Behörden und Gerichte zu beachten.
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2. Die Regelung des Versammlungsgesetzes über die Pflicht zur Anmeldung von Veranstaltungen unter freiem Himmel und über die Voraussetzungen für deren Auflösung oder Verbot (§§ 14, 15) genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn bei ihrer Auslegung und Anwendung berücksichtigt wird, daß
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a) die Anmeldepflicht bei Spontandemonstrationen nicht eingreift und ihre Verletzung nicht schematisch zur Auflösung oder zum Verbot berechtigt,
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b) Auflösung und Verbot nur zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen dürfen.
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3. Die staatlichen Behörden sind gehalten, nach dem Vorbild friedlich verlaufender Großdemonstrationen versammlungsfreundlich zu verfahren und nicht ohne zureichenden Grund hinter bewährten Erfahrungen zurückzubleiben. Je mehr die Veranstalter ihrerseits zu einseitigen vertrauensbildenden Maßnahmen oder zu einer demonstrationsfreundlichen Kooperation bereit sind, desto höher rückt die Schwelle für behördliches Eingreifen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.
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4. Steht nicht zu befürchten, daß eine Demonstration im ganzen einen unfriedlichen Verlauf nimmt oder daß der Veranstalter und sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben oder zumindest billigen, bleibt für die friedlichen Teilnehmer der von der Verfassung jedem Staatsbürger garantierte Schutz der Versammlungsfreiheit auch dann erhalten, wenn mit Ausschreitungen durch einzelne oder eine Minderheit zu rechnen ist. In einem solchen Fall setzt ein vorbeugendes Verbot der gesamten Veranstaltung strenge Anforderungen an die Gefahrenprognose sowie die vorherige Ausschöpfung aller sinnvoll anwendbaren Mittel voraus, welche den friedlichen Demonstranten eine Grundrechtsverwirklichung ermöglichen.
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5. Die Verwaltungsgerichte haben schon im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, daß der Sofortvollzug eines Demonstrationsverbotes in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung führt.
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6. Zu den Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 14. Mai 1985
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-- 1 BvR 233, 341/81 -- | |
Entscheidungsformel:
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I. Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für Länder Niedersachen und Schleswig-Holstein vom 28. Februar 1981 - 12 OVG B 26/81 und 12 OVG B 28/81 - verletzen die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Artikel 8 in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes, soweit den Beschwerden gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen stattgegeben worden ist. Insoweit werden sie aufgehoben. Die Sachen werden an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
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II. Die weitergehenden Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu II. werden zurückgewiesen.
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III. Das Land Schleswig-Holstein hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerden betreffen das Verbot von Demonstrationen, die gegen die Errichtung des Kernkraftwerks Brokdorf geplant waren. Ihr wesentlicher Gegenstand ist der vom Oberverwaltungsgericht bestätigte Sofortvollzug eines generellen Demonstrationsverbotes, das der zuständige Landrat in Form einer Allgemeinverfügung vorbeugend erlassen hatte.
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I.
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1. Als verfassungsrechtliche Grundlage für die Gewährleistung der Demonstrationsfreiheit kommt neben der Meinungsfreiheit insbesondere das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in Betracht:
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"Art. 8
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(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
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Eine nähere gesetzliche Regelung enthält das Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz) vom 24. Juli 1953 in der Neufassung vom 15. November 1978 (BGBl. I S. 1789). Es bekräftigt in § 1 das Recht eines jeden, öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Im III. Abschnitt enthält es folgende Vorschriften für "öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge":
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"§ 14
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(1) Wer die Absicht hat, eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug zu veranstalten, hat dies spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstandes der Versammlung oder des Aufzuges anzumelden.
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(2) In der Anmeldung ist anzugeben, welche Person für die Leitung der Versammlung oder des Aufzuges verantwortlich sein soll.
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§ 15
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(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist.
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(2) Sie kann eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen, wenn sie nicht angemeldet sind, wenn von den Angaben der Anmeldung abgewichen oder den Auflagen zuwider gehandelt wird oder wenn die Voraussetzungen zu einem Verbot nach Absatz 1 gegeben sind.
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(3) Eine verbotene Veranstaltung ist aufzulösen."
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§ 18 schreibt für Versammlungen unter freiem Himmel die entsprechende Anwendung einiger Vorschriften über Veranstaltungen in geschlossenen Räumen vor (Notwendigkeit und Aufgaben eines Versammlungsleiters, Zuziehung von Ordnern, Ausschluß von Störern, Entfernungspflicht der Teilnehmer nach Auflösung); § 19 trifft besondere Vorschriften für Aufzüge. Der IV. Abschnitt enthält Strafvorschriften und Bußgeldvorschriften, unter anderem für Veranstalter oder Leiter verbotener oder nicht angemeldeter Veranstaltungen (§ 26) sowie für die Teilnahme an verbotenen Versammlungen (§ 29 [1] Nr. 1).
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2. Das Oberverwaltungsgericht und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz haben im vorliegenden Verfahren mit unterschiedlicher Begründung den Standpunkt vertreten, daß die gesetzliche Regelung für Großdemonstrationen der in Brokdorf geplanten Art. nicht ausreiche. Zur Klärung der Frage, welches Vorgehen der Behörden und der Veranstalter zum friedlichen Verlauf von Großdemonstrationen beitragen kann, hat der Bundesminister des Innern Erfahrungsberichte der zuständigen Landesinnenminister vorgelegt. Die Brokdorf-Demonstration führte zu Gesprächen zwischen Vertretern der Polizei, Mitgliedern von Umweltschutzverbänden und Repräsentanten gesellschaftlicher Kräfte über eine gewaltfreie Austragung von Umweltkonflikten, deren Ergebnis als Orientierungshilfe veröffentlicht wurde (Stuttgarter Gespräche, Bonn 1984). Darin heißt es:
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Es sei für die Polizei eine erstrangige Aufgabe, die ungehinderte Ausübung der für die gesellschaftliche Konfliktregulierung wichtigen Grundrechte der Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten. Ökologiebewegung und Friedensbewegung müßten schon nach ihrem Selbstverständnis darauf hinwirken, daß politische Konflikte nicht gewaltsam verliefen. Besonders wichtig sei die grundsätzliche Gesprächsbereitschaft aller Beteiligten und der sich daraus ergebende laufende Kontakt. Dieser fördere das gegenseitige Verständnis, erleichtere allen Beteiligten die Lagebeurteilung und die Durchführung ihrer Aufgaben und führe dazu, daß man entkrampfter auf Konfliktsituationen zugehe. Die Polizei könne Rechtsbrüche nicht hinnehmen, bemühe sich jedoch, durch lageangepaßte, flexible und verhältnismäßige Reaktionen Eskalationen zu vermeiden, bei der Wahrnehmung des staatlichen Gewaltmonopols Zurückhaltung zu üben und sich auf neue gewaltfreie Aktionsformen durch entsprechend defensives Auftreten und Einschreiten einzustellen. Alle Beteiligten sollten bestrebt sein, Maßnahmen folgender Art. zu vermeiden:
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- das Nichtankündigen von Versammlungen und Aktionen,
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- die Bewaffnung von Demonstranten, das gegenseitige Verhöhnen oder Beleidigen,
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- Aktionen und Maßnahmen, die Personen unverhältnismäßig behindern, bedrohen oder gefährden,
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- aggressiv wirkendes Auftreten von Demonstranten und Polizeikräften,
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- unnötig, überzogen oder unverständlich wirkende polizeiliche Einsatzmaßnahmen,
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- unnötige Machtdemonstrationen von Seiten der Polizei und der Verbände oder der Veranstalter, aber auch der Politiker.
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II.
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1. Planung und Errichtung des Kernkraftwerks in Brokdorf waren Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren und seit 1976 von Demonstrationen begleitet, die teilweise unfriedlich verliefen. Nachdem Ende 1980 nach einem vierjährigen Baustopp bekanntgeworden war, daß mit einer Fortsetzung der Bauarbeiten zu rechnen sei, begannen Anfang 1981 Vorbereitungen für eine Großdemonstration. Bei einer vorbereitenden Zusammenkunft von 30 Bürgerinitiativen in Kollmar wurde beschlossen, zu einer internationalen Großdemonstration aufzurufen. Auf einem Treffen in Hannover am 14. Februar 1981 einigten sich etwa 400 Vertreter von 60 Bürgerinitiativen und anderen Vereinigungen auf Samstag, den 28. Februar 1981, als Demonstrationstermin. Dazu wurde im gesamten Bundesgebiet durch Flugblätter, Plakate und Zeitungsaufrufe eingeladen. Die Presse befaßte sich von Anfang an mit der vorgesehenen Demonstration und ging von einem gewalttätigen Verlauf aus.
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Nach Darstellung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz konnte die endgültige Konzeption für die Demonstration erst am 21. Februar 1981 verabschiedet werden. Danach sollten sich die nach und nach eintreffenden Teilnehmer auf einer Auftaktkundgebung in dem etwa 9 km vom Bauplatz entfernten Städtchen Wilster sammeln; gegen 11.00 Uhr sollte ein Demonstrationszug in Richtung Brokdorf beginnen, wo gegen 13.00 Uhr eine Abschlußkundgebung in der Nähe des Bauplatzes auf einer Wiese stattfinden sollte, die ein Bauer zur Verfügung gestellt habe. Diese Veranstaltungen hätten am folgenden Montag, dem 23. Februar 1981, angemeldet werden sollen.
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2. Der Landrat des Kreises Steinburg hatte seinerseits im Januar 1981 mit vorbereitenden Planungen begonnen. Mitte Februar erwog er, als erste Maßnahme eine "Abmahnung" für den Fall vorzunehmen, daß eine Demonstration nicht alsbald angemeldet werde. Ohne eine solche Abmahnung erließ er am Montag, dem 23. Februar 1981, eine Allgemeinverfügung, durch die er die beabsichtigte Demonstration sowie jede andere gegen das Kernkraftwerk gerichtete Demonstration in der Zeit vom 27. Februar bis 1. März 1981 am Baugelände und in einem etwa 210 qkm umfassenden Gebiet der Wilstermarsch verbot.
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In der Begründung heißt es, entgegen der gesetzlichen Regelung sei eine Anmeldung bisher nicht erfolgt. Aber auch eine angemeldete Veranstaltung müsse untersagt werden. Es sei davon auszugehen, daß den Aufrufen zur Demonstration möglicherweise bis zu 50.000 Teilnehmer folgen würden, unter denen sich in erheblicher Anzahl Personen befänden, die eine gewaltsame Besetzung und Zerstörung des Bauplatzes sowie Gewalttaten gegen Personen und Sachen beabsichtigten. Außerdem sei mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit zu befürchten, daß es bei der Durchführung der Veranstaltung zu schwerwiegenden Straftaten und Ordnungswidrigkeiten kommen werde. Diese Befürchtung basiere zum einen auf Zeitungsberichten und insbesondere auf den näher zitierten Angaben in Flugblättern mehrerer Gruppierungen, die eindeutig erkennen ließen, daß diese eine unfriedliche, auf Gewaltanwendung ausgerichtete Veranstaltung zu einem erheblichen Teil selbst wollten, zumindest aber Gewaltanwendung guthießen. Zum anderen hätten die bisherigen Erfahrungen - namentlich Demonstrationen in Brokdorf am 21. Dezember 1980 und am 2. Februar 1981 in Hamburg - gezeigt, daß sich potentielle Störer und Gewalttäter bewußt die bloße Präsenz friedlicher Demonstranten zunutze machten, indem sie diese als ihren Schutzschild mißbrauchten. Es sei nahezu mit Gewißheit davon auszugehen, daß sich die gewalttätigen Teilnehmer der genannten Demonstrationen auch an der Veranstaltung in Brokdorf in gewalttätiger Form beteiligen würden.
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Ferner ordnete der Landrat gemäß § 80 II Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung seiner Allgemeinverfügung an. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug begründete er damit, daß - wie bereits in der Verbotsbegründung zum Ausdruck gekommen sei - Nachteile für das Wohl der Allgemeinheit, Gesundheitsschäden und Sachschäden sowie die Verletzung von Rechtsnormen zu befürchten seien; der Schutz dieser Rechtsgüter sei höher zu bewerten als das mögliche Interesse an einer Durchführung der Veranstaltung.
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3. Ebenso wie einige weitere Personen hatten nach Erlaß des Verbotes auch die Beschwerdeführer zu II. als Vorstandsmitglieder des "Weltbunds zum Schutze des Lebens - Landesverband Hamburg eV" mit Schriftsatz vom 24. Februar 1981 (Dienstag) eine Demonstration für den 28. Februar 1981 im Bereich des Bauplatzes des Kernkraftwerks angemeldet. Mit Schreiben vom 25. Februar 1981 wies der Landrat auf seine Allgemeinverfügung und das darin enthaltene Verbot hin. Dagegen sowie gegen die Allgemeinverfügung legten die Beschwerdeführer alsbald Widerspruch ein. Auch die Beschwerdeführer zu I. erhoben gegen die Allgemeinverfügung mit Schreiben vom 26. Februar 1981 (Donnerstag) Widerspruch und zeigten mit zwei weiteren Schreiben gleichen Datums an, daß sie am 28. Februar 1981 in Wilster auf dem dortigen Marktplatz - die Beschwerdeführerin zu I. 2. außerdem in Brokdorf - mit ihrem eigenen Anhang gegen den Weiterbau des Kernkraftwerks demonstrieren würden.
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Über die Widersprüche hat der Landrat zunächst nicht entschieden. Auf Antrag der Beschwerdeführer ordnete das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht durch Beschlüsse vom 27. Februar 1981 die teilweise Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche an. Es hielt den Sofortvollzug des Verbotes aufrecht für einen Bereich, der durch diejenigen Punkte begrenzt wurde, an denen die Polizei in einer Entfernung zwischen etwa 4,5 km bis 9 km vom Bauplatz Straßensperren vorbereitet hatte; ferner war ein Sicherheitsabstand von maximal 100 m vor den Straßensperren einzuhalten. In der Beschlußbegründung äußert das Verwaltungsgericht erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung; es sei insbesondere zweifelhaft, ob sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge. Aus den vorliegenden Unterlagen lasse sich lediglich mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß Gewaltanwendung gegen die Baustelleneinrichtungen, insbesondere gegen den Bauzaun um das künftige Kraftwerksgelände zu erwarten seien. Da indessen die Rechtmäßigkeit des Verbotes im summarischen Verfahren nicht abschließend geklärt werden könne, sei eine Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Beachtung des hohen Stellenwerts des Grundrechts der Versammlungsfreiheit einerseits und des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung andererseits erforderlich. Das Grundrecht schütze grundsätzlich auch die Befugnis, sich dort zu versammeln, wo die Veranstalter es für wünschenswert hielten; dabei sei es naheliegend, daß eine Demonstration von Kernkraftgegnern am Bauplatz des Kraftwerks oder zumindest in größtmöglicher Nähe angestrebt werde. Zur Vermeidung einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erscheine es aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse gerechtfertigt, um das Kernkraftwerk einen gewissen Bereich festzulegen, in dem nicht demonstriert werden dürfe. Ein Versammlungsverbot für die gesamte Region sei aber zu weitgehend, da sich aus den vorliegenden Unterlagen für Ausschreitungen an anderen Orten keine Anzeichen ergäben. Die bloße Möglichkeit und der Hinweis auf frühere Ausschreitungen anläßlich einer Demonstration in Hamburg reichten nicht aus; mit einer solchen Begründung ließe sich jede Demonstration untersagen.
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4. Obwohl es in der Rechtsmittelbelehrung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen hieß, diese seien - auch für die Beigeladenen - unanfechtbar, soweit dem Antrag stattgegeben worden sei, erhoben die beigeladenen Gemeinden und Amtspersonen, der Landrat und der Vertreter des öffentlichen Interesses am Nachmittag des 27. Februar 1981 (Freitag) Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht. In einer am Abend dieses Tages anberaumten mündlichen Verhandlung legten die Beschwerdeführer zu II. ebenfalls Beschwerde ein. Mit den in der Nacht zum 28. Februar 1981 ergangenen Beschlüssen (DÖV 1981, S. 461) änderte das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlichen Entscheidungen und wies auf die Beschwerde der Beigeladenen die Anträge auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung in vollem Umfang zurück. Die Beschwerden des Landrats und des Vertreters des öffentlichen Interesses beurteilte es gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 VwGO aF als unzulässig, die Beschwerde der Beschwerdeführer zu II. als unbegründet.
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In seiner Begründung legt das Oberverwaltungsgericht dar, es halte nach dem zur Stunde übersehbaren Sachverhalt das strittige Verbot für gerechtfertigt. Jedenfalls müsse die gebotene Interessenabwägung zur Bestätigung der Rechtmäßigkeit des Sofortvollzuges in vollem Umfang führen. Bei dieser Beurteilung gehe das Gericht davon aus, daß die meisten Demonstrationsteilnehmer in friedlicher Weise ihrer Überzeugung Ausdruck geben wollten, sie hätten allergrößte Sorge wegen der Energieerzeugung durch Atomkraft. Die große und gewiß überwiegende Zahl der gutwilligen Demonstranten biete aber keine Gewähr dafür, daß sie die kleineren, der Zahl nach aber doch umfangreichen Gruppen der zu Gewalttaten entschlossenen Demonstranten von ihrem Vorhaben abhalten würden. Anzeichen dafür, daß die Demonstration von einer großen Anzahl von Teilnehmern nicht friedlich und unter Gewaltanwendung durchgeführt werden solle, ergäben sich aus Flugblättern und sonstigen öffentlichen Verlautbarungen sowie aus den von den Behörden und den Bewohnern der Region gemachten Erfahrungen bei früheren Demonstrationen. Den Schilderungen verantwortlicher Vertreter der Gemeinwesen sei zu entnehmen, daß Bürger der Region ihre Häuser mit Schutzeinrichtungen gegen befürchtete Beschädigungen versehen, sogar ihre Wohnungen verlassen und sich hilfesuchend an die Behörden gewandt hätten. Somit sei ein Maß an Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erreicht gewesen, das die verantwortliche Behörde verpflichtet habe, diesen Gefahren mit geeigneten Mitteln entgegenzutreten. Angesichts des außergewöhnlichen Umfangs der Demonstration und der örtlichen Besonderheiten hätten Sicherheitsmaßnahmen während der Demonstration allenfalls erfolgversprechend sein können, wenn die zuständige Behörde rechtzeitig Absprachen mit einer verantwortlichen Veranstaltungsleitung hätte treffen können. Dabei sei auch zu erörtern gewesen, ob die Großdemonstration statt auf den Feldern und Wegen sowie in den kleinen Ortschaften des vorgesehenen Demonstrationsgebietes nicht an einem geeigneteren Ort hätte durchgeführt werden sollen; dafür hätten Großstadien und andere für Massenveranstaltungen geeignete Räume in der gesamten Bundesrepublik vorgeschlagen und ohne Beeinträchtigung des beabsichtigten nachhaltigen Ausdrucks der Demonstrationsabsicht gewählt werden können. Der Behörde seien aber weder eine verantwortliche Leitung noch eine Konzeption bekanntgewesen; fünf Tage vor der Demonstration, die eine bisher kaum bekannte Größe habe erreichen sollen, sei diese trotz der Vorschrift des § 14 VersG noch nicht angemeldet gewesen. Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit habe nicht nur für den vom Verwaltungsgericht umrissenen Raum bestanden, sondern auch für das in der Allgemeinverfügung bezeichnete weitere Gebiet.
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Nach alledem könne in dem Demonstrationsverbot und der Anordnung seines Sofortvollzuges ein Ermessensfehler nicht erkannt werden. Die verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit werde nach Art. 8 II GG für Versammlungen unter freiem Himmel ausdrücklich durch das Versammlungsgesetz eingeschränkt. Wer dessen Regeln mißachte, müsse mit behördlichen Maßnahmen bis hin zum vorbeugenden Verbot rechnen. Überhaupt sei fraglich, ob eine nicht angemeldete Versammlung den Schutz des Grundgesetzes genießen könne, dessen Garantie durch die versammlungsrechtlich vorgesehene Anmeldepflicht eingeschränkt sei. Abschließend sei die Frage aufzuwerfen, ob eine Demonstration des beabsichtigten Umfangs von den Regeln des Versammlungsgesetzes in seiner gegenwärtig geltenden Fassung überhaupt erfaßt werden könne. Die Meinungsäußerungsfreiheit und Versammlungsfreiheit lege den Veranstaltern von Großdemonstrationen - wie das Gericht in anderem Zusammenhang andeutet - gewichtige Pflichten auf, die im Versammlungsgesetz nur unvollkommen geregelt seien und die für die vom Gesetzgeber seinerzeit nicht gesehenen Gemeinschaftsprobleme fortentwickelt werden müßten.
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5. Die Beschwerdeführer zu I. hatten noch in der Nacht zum 28. Februar 1981 Verfassungsbeschwerde eingelegt. Ihr gleichzeitiger Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung blieb erfolglos (BVerfGE 56, 244). Gleichwohl hat die Großdemonstration unter Teilnahme von weit mehr als 50.000 Personen stattgefunden. Dabei ist es zu Ausschreitungen gekommen. Über die Frage, ob die Demonstration gleichwohl insgesamt als friedlich zu beurteilen sei, herrscht keine Einigkeit. Die Polizei hatte sich entschlossen, die Teilnehmer nach Durchsuchung auch die Sperren auf der vom Verwaltungsgericht vorgesehenen Linie passieren zu lassen.
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Über die Widersprüche der Beschwerdeführer hat der Landrat erst nach Einlegung der Verfassungsbeschwerden im Sommer 1981 entschieden und sie zurückgewiesen. Dagegen haben die Beschwerdeführer zu II. Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Nach Meinung der Beschwerdeführer zu I. hatte sich der Anlaß zur Klageerhebung durch Zeitablauf erledigt; hingegen bestehe das Rechtsschutzbedürfnis für ihre gegen den Sofortvollzug des Verbotes gerichtete und schon vor dem Demonstrationstermin erhobene Verfassungsbeschwerde weiter fort.
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Mit ihren Verfassungsbeschwerden wenden sich die Beschwerdeführer gegen den Sofortvollzug der Allgemeinverfügung und gegen die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts. Die Beschwerdeführer zu II. greifen ferner das erstinstanzliche Urteil an, soweit es den Sofortvollzug des Demonstrationsverbotes auch für das Gebiet außerhalb einer engeren "Bannmeile" um die Baustelle hatte bestehen lassen.
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1. Die Beschwerdeführer zu I. rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 8 und 5 GG. Das Oberverwaltungsgericht habe die Erfolgsaussichten in der Hauptsache unzutreffend beurteilt und eine unzureichende Interessenabwägung vorgenommen. Es sei bereits fraglich, ob die weitgefaßten Generalklauseln des § 15 VersG mit den Grundrechten aus Art. 5 und 8 GG vereinbar seien und deren fundamentaler Bedeutung für die Meinungsbildung im demokratischen Staat gerecht würden. Keinesfalls dürfe eine Behörde eine friedliche Demonstration deshalb untersagen, weil nach ihrer Prognose sich unter die friedlichen Demonstranten Personen mischen könnten, die unter Umständen gegen das Demonstrationsobjekt Gewalttätigkeiten begehen wollten. Kleine Minderheiten, die andere Ziele verfolgten und Gewalttätigkeiten versuchten, könnten durch verständiges Handeln auf beiden Seiten in ihre Schranken verwiesen werden. Voraussetzung sei, daß die Behörden nicht durch emotionalisierend wirkende Erklärungen zur Verschärfung beitrügen. Da die Beschwerdeführer selbst jedenfalls friedlich zu demonstrieren beabsichtigt und dafür persönlich Gewähr geboten hätten, sei es Aufgabe der Behörden gewesen, etwaige Maßnahmen gegen Störer zu richten und die friedlichen Demonstrationsteilnehmer zu schützen. Tatsächlich sei die Demonstration im wesentlichen friedlich verlaufen. Die Befürchtungen der Bürger hätten nicht zuletzt auf der behördlichen Pressepolitik und dem permanenten Angstschüren in den Medien beruht. Jedenfalls habe das weiträumige präventive Demonstrationsverbot gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die in der Allgemeinverfügung genannten Erkenntnisse hätten lediglich auf Gewaltausübung durch kleinere Gruppen am Bauplatz hingewiesen. Zumindest hätte im Hinblick auf die vorhandenen Polizeikräfte eine Demonstration in Wilster unter Auflagen zugelassen werden müssen. Auch alle Landtagsfraktionen seien in einer einmütigen Resolution am 24. Februar 1981 dafür eingetreten, zwar keine Veranstaltung am Bauplatz oder in der Gemeinde Brokdorf durchzuführen, hingegen friedliche Demonstrationen in der übrigen Region zu akzeptieren.
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2. Die Beschwerdeführer zu II. fühlen sich in ihren Grundrechten bereits dadurch verletzt, daß das Oberverwaltungsgericht die Beschwerden der Beigeladenen entgegen der klaren Regelung des § 80 VI 2 VwGO a.F. für zulässig erachtet habe. In der mündlichen Verhandlung sei das Gebot eines fairen Verfahrens verletzt worden, da das Gericht sich einseitig von den Schreckensdarstellungen des Vertreters des Landkreises und der Beigeladenen habe beeindrucken lassen. Das angeordnete weiträumige Demonstrationsverbot setze praktisch die Grundrechte aus Art. 5 und 8 GG außer Kraft. Bei Großdemonstrationen der strittigen Art. handele es sich um ein spontanes Geschehen. Es gebe keine eigentlichen Veranstalter, sondern bestenfalls Ansprechpersonen; selbstverständlich könne bei der Vielzahl der beteiligten Gruppen nicht die eine für die andere die Verantwortung übernehmen. Nach dem Grundgesetz der Verhältnismäßigkeit sei allenfalls ein Demonstrationsverbot innerhalb einer "Bannmeile" von etwa 2 km um den Bauplatz herum angemessen gewesen; an diesem habe sich im Zeitpunkt der Demonstration nichts befunden, was überhaupt hätte zerstört werden können. Im Vergleich zu Manöverschäden habe das Betreten des gefrorenen Bodens durch Demonstranten nicht als echte Schädigung angesehen werden können. Unzulässig sei es, im Hinblick auf schwer überprüfbare behördliche Erkenntnisse über zu erwartende Gewaltanwendungen Demonstrationen generell zu unterbinden. Auch sei nicht in ausreichendem Maße die Bedeutung des unstreitig problematischen Demonstrationsobjekts berücksichtigt worden. Inzwischen hätten die Hamburgischen Elektrizitätswerke ihre Anteile am Atomkraftwerk zur Vermeidung von Überkapazitäten mit hohem Verlust verkauft; führende Politiker hätten diese Überkapazitäten als politische und unternehmerische Fehlentscheidungen anerkannt.
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IV.
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Zu den Verfassungsbeschwerden haben der Bundesminister des Innern namens der Bundesregierung, der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein für die Landesregierung, der Landrat des Kreises Steinburg als Beteiligter des Ausgangsverfahrens, die Gewerkschaft der Polizei und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Stellung genommen.
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1. Nach Ansicht des Bundesministers des Innern genügen die normativen Regelungen des Versammlungsgesetzes, die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegen, den Anforderungen der Art. 8 und 5 GG auch dann, wenn dabei berücksichtigt wird, daß die Versammlungsfreiheit für die freiheitliche demokratische Grundordnung konstituierend sei. Die in § 14 VersG vorgeschriebene, nur unerheblich belastende Anmeldepflicht solle einerseits einen möglichst störungsfreien Verlauf der Veranstaltung gewährleisten, andererseits die Interessen anderer und der Gemeinschaft schützen. Sie enthalte zugleich ein behördliches Angebot zur Kooperation im Interesse einer gedeihlichen Verwirklichung des Versammlungszweckes. Ein frühzeitiger Dialog zwischen Veranstalter und Behörde, eine im gegenseitigen Benehmen vorgenommene Prüfung der wechselseitigen Belastbarkeit sowie eine Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der jeweiligen Interessen trügen gerade bei Großdemonstrationen zur Vermeidung späterer Konfliktsituationen bei. § 15 VersG stelle die logische Konsequenz der Anmeldepflicht dar; er sehe abgestufte Eingriffsmöglichkeiten vor. Entgegen dem Gesetzeswortlaut könne eine Versammlung bei unterbliebener Anmeldung nicht nur aufgelöst, sondern auch verboten werden. Die generalklauselartige Weite dieser Vorschrift werde zwar im Schrifttum vereinzelt beanstandet. Werde aber die grundsätzliche Vermutung für die Zulässigkeit jeder friedlichen Versammlung berücksichtigt, dann werde der Wesensgehalt des Art. 8 GG durch die generelle Regelung des § 15 VersG nicht berührt. Auch bleibe es nicht dem Ermessen der Exekutive überlassen, die Grenze der Freiheit im einzelnen zu bestimmen; denn die Begriffe öffentliche Sicherheit und Ordnung hätten im Polizeirecht längst einen gefestigten, dem Rechtsstaatsprinzip genügenden Inhalt erfahren.
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Zur Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelung werden in der Stellungnahme insbesondere Erwägungen zur Nachprüfbarkeit, zur Güterabwägung, zu den Eingriffskriterien, zur Gefahrenprognose und zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angestellt. Da nach Versammlungsverboten eine Grundrechtsverwirklichung oftmals nur über den vorläufigen Rechtsschutz erreichbar sei, könne es angemessen erscheinen, daß das Bundesverfassungsgericht sein besonderes Augenmerk auf die Frage richte, ob die Verwaltungsgerichte im Eilverfahren der Situationsabhängigkeit der auf einen einmaligen Anlaß bezogenen Grundrechtsverwirklichung gerecht geworden seien. Behörde und Gerichte hätten bei Auslegung und Anwendung des Versammlungsgesetzes von einer ähnlichen Wechselwirkung zwischen beschränkendem Gesetz und Grundrechtsgewährleistung auszugehen wie bei gesetzlichen Beschränkungen der Meinungsfreiheit. Die wertsetzende Bedeutung des Grundrechts beeinflusse insbesondere die Auslegung der unbestimmten Gesetzesbegriffe "öffentliche Sicherheit" und "öffentliche Ordnung". Anders als der Begriff der öffentlichen Sicherheit, der zentrale Rechtsgüter umfasse und auf den das Oberverwaltungsgericht primär abgestellt habe, sei der Begriff der öffentlichen Ordnung derart weit, daß er nicht ohne weiteres Schranke zulässiger Grundrechtsausübung sein könne; Ordnungsverstöße in Form von bloßen, wenn auch zuweilen nachhaltigen Belästigungen müßten nach übereinstimmender Ansicht in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich hingenommen werden. Kernproblem jedes vorbeugenden Versammlungsverbotes sei die Herausarbeitung einer aus erkennbaren Tatsachen zu gewinnenden Prognose, ob die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet sei. Umfang und Schwere der prognostizierten unmittelbaren Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum anderer könnten bei Großdemonstrationen die Schwelle zulässiger Untätigkeit der Behörden absenken. Entscheide sich die Behörde im Rahmen des ihr eingeräumten Entschließungsermessens zum Eingreifen, habe sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Demgemäß seien Auflagen vorrangig vor Verboten, die nur ultima ratio sein könnten. Der Erlaß bestimmter Auflagen setze aber gerade bei Großdemonstrationen Verantwortliche als Adressaten und Ansprechpartner voraus. Auflagen reichten dann nicht mehr aus, wenn zu Gewalttätigkeiten aufgerufen werde. Soweit allerdings bei Großdemonstrationen damit zu rechnen sei, daß eine gewaltorientierte Minderheit die Demonstration mißbrauche, stelle sich die Frage, ob solche Unfriedlichkeiten nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz in beschränktem Umfang in Kauf zu nehmen seien, um die Grundrechtsausübung der friedlichen Demonstrationsteilnehmer zu gewährleisten. Der räumliche Umfang eines Verbotes könne sich auch aus polizeitaktischen Gesichtspunkten ergeben; der Polizei müsse der effektive Schutz des Demonstrationsobjektes möglich sein. Andererseits gewährleiste das Grundrecht der Versammlungsfreiheit auch eine konkrete räumliche Kommunikation; sei ein bestimmtes Demonstrationsobjekt vorhanden, müsse ein gewisser räumlicher Bezug dazu noch gewährleistet bleiben.
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Zur Würdigung des konkreten Demonstrationsverbotes in Brokdorf führt der Minister aus, das Oberverwaltungsgericht habe das Spannungsverhältnis zwischen dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit und den geschützten Gemeinschaftsinteressen und Individualinteressen eingehend erörtert. Unter Zugrundelegung der in Beweisaufnahme und Beweiswürdigung herausgearbeiteten Lagebeurteilung, wie sie sich unmittelbar vor Beginn der beabsichtigten Großdemonstration dargestellt habe, ließen die angegriffenen Entscheidungen weder bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Verbotes noch bei der Interessenabwägung eine unrichtige Auffassung von der Bedeutung der als verletzt gerügten Grundrechte erkennen.
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2. Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein hält die Verfassungsbeschwerden für unzulässig und für unbegründet. Das beanstandete Verbot beruhe auf einer verfassungsrechtlich unbedenklichen gesetzlichen Grundlage. Eine summarische Prüfung der Sachlage und Rechtslage ergebe ferner, daß auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Verbot vorgelegen hätten. Die Bedingungen, die bei anderen Großdemonstrationen einen friedlichen Verlauf garantiert hätten - frühzeitige Anmeldung und Bereitschaft zur Zusammenarbeit, Wille zur friedlichen Durchführung der Demonstration, straffe und wirksame Organisation -, hätten in Brokdorf gefehlt. Das im Bau befindliche Kernkraftwerk sei seit geraumer Zeit Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen gewesen. Am 30. Oktober 1976 sei es erstmals mit etwa 5.000 Kernkraftgegnern und sodann am 16. November 1976 zu einer Demonstration mit 20.000 Teilnehmern gekommen. Beide Demonstrationen seien nicht angemeldet gewesen; auf beiden sei es zu erheblichen Gewalttätigkeiten gekommen. So seien bei der zweiten 81 Polizeibeamte verletzt worden, und es sei ein Schaden von einer halben Million DM entstanden. Am 21. Dezember 1980 seien auf einer angemeldeten Demonstration des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz von 4.000 Teilnehmern wiederum erhebliche Gewalttätigkeiten begangen worden, bei denen 15 Polizisten verletzt worden seien. Angesichts dieser Erfahrungen, der vorliegenden Flugblätter und Aufrufe habe am 28. Februar 1981 mit etwa einem Zehntel gewaltgeneigter Teilnehmer und daher mit einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechnet werden müssen. Bei der Größe des Geländes und der Zahl der zu erwartenden Demonstranten sei es selbst bei Aufbieten aller verfügbaren Polizeikräfte - Bund und Länder hätten insgesamt etwa 10.000 Polizeibeamte bereitgestellt - unmöglich erschienen, einen gewaltfreien Verlauf dieser Demonstration sicherzustellen. Daß diese Prognose der Behörde zutreffend gewesen sei, lasse sich durch die während der Demonstration begangenen Gewalttätigkeiten untermauern. Schon am frühen Morgen des Demonstrationstages seien 1.000 überwiegend mit Helmen ausgerüstete Demonstranten an einer Sperre südlich Itzehoe gegen die Polizei so vorgegangen, daß diese sich habe zurückziehen müssen. Am Nachmittag sei es am Kernkraftwerk zu Gewalttaten gekommen, an denen 2.000 bis 3.000 Demonstranten teilgenommen hätten. Insgesamt seien sieben Beamte schwer, etwa 40 mittelschwer und etwa 80 leicht verletzt worden. Daß es nicht zu einer höheren Anzahl an Verletzten und nicht zu größeren Sachschäden gekommen sei, beruhe allein auf dem Konzept der Polizei und ihrer flexiblen Vorgehensweise. Das grundsätzlich gerechtfertigte Eingreifen der Behörde habe auch nicht gegen das Übermaßverbot verstoßen. Eine Erteilung von Auflagen sei schon deshalb nicht möglich gewesen, weil ein verantwortlicher Veranstalter gefehlt habe. Die räumliche Ausdehnung des Verbotes sei erforderlich gewesen, weil im Falle einer Sperrung des Bauplatzes an anderen Orten, die in Aufrufen als Sammelpunkte genannt worden seien, Gewalttätigkeiten zu befürchten gewesen seien; zudem seien die kleinen Ortschaften sowie das Straßennetz und Wegenetz als völlig ungeeignet für eine Großdemonstration erschienen.
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Bei der erforderlichen Abwägung habe das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Verbotes eindeutig schwerer gewogen als das Privatinteresse an der Durchführung der Demonstration, weil diese nicht nur wegen der fehlenden Anmeldung, sondern vor allem wegen ihres gewalttätigen Verlaufs offenkundig rechtswidrig gewesen sei und nicht dem grundrechtlichen Schutz unterstanden habe. Für die Anordnung des Sofortvollzuges habe auch das in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung geforderte besondere öffentliche Interesse vorgelegen, da ein bloßes Demonstrationsverbot ohne gleichzeitigen Sofortvollzug praktisch sinnlos gewesen wäre. Den Beschwerdeführern werde nicht unterstellt, daß sie ihrerseits unfriedliche Demonstrationen am Bauplatz und in Wilster beabsichtigt hätten. Die von ihnen angemeldeten Demonstrationen hätten aber gegen Tausende zu Gewalttaten bereite Personen nicht wirksam abgeschirmt werden können. Zudem hätten die Beschwerdeführer eine solche Abschirmung offensichtlich nicht gewollt.
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3. Auch nach Meinung des Landrats des Kreises Steinburg ist das Demonstrationsverbot und die Anordnung seiner sofortigen Vollziehung nicht zu beanstanden. Die Behörde sei bei Erlaß des Verbotes davon ausgegangen, daß der größte Teil der Demonstrationsteilnehmer in friedlicher Weise ihrer Sorge vor den Gefahren der Kernenergienutzung hätten Ausdruck verleihen wollen. Für die Lagebeurteilung seien aber die Erfahrungen mit früheren Demonstrationen wesentlich gewesen, ferner die zwischenzeitliche Radikalisierung bei beteiligten Bürgerinitiativen, die vermutliche Beteiligung von 5% bis 10% Gewalttätern, das voraussichtliche Verkehrschaos, die wachsende Unruhe in der Bevölkerung und insbesondere auch die fehlende Anmeldung. Erfahrungsgemäß verliefen angemeldete Demonstrationen eher friedlich, während bei fehlender Anmeldung und Verantwortlichkeit eines Veranstalters Ausschreitungen zu befürchten seien. Trete zum Mangel der Anmeldung noch eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hinzu, so gerate eine Demonstration außerhalb des verfassungsrechtlich gewährleisteten Bereichs. Im vorliegenden Fall habe nach allen Erfahrungen und vorliegenden Erkenntnissen eine wilde, ungeordnete, von niemandem gelenkte, auch überhaupt nicht steuerbare und mit erheblichen gewalttätigen Ausschreitungen verbundene Demonstration bislang nicht gekannten Ausmaßes bevorgestanden. Zwar werde eine Veranstaltung nicht schon deshalb zur Störung der öffentlichen Sicherheit, weil sie Gewalttätern Anlaß und Gelegenheit zu Ausschreitungen gebe. Hier habe aber die öffentliche Sicherheit durch ein bloßes Vorgehen gegen die Störer nicht gewährleistet werden können. Die Richtigkeit der polizeilichen Prognose sei durch den späteren tatsächlichen Verlauf bestätigt worden. Die Rechtmäßigkeit des Verbotes lasse sich auch nicht damit anzweifeln, daß die Polizei aus taktischen Gründen abweichend von den erstinstanzlichen Entscheidungen die Sperren geöffnet und durch ihr flexibles Verhalten ein gewisses Maß an Kontrolle über den Ablauf erreicht habe.
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4. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die erstinstanzlichen Entscheidungen für angemessen. Die Beschwerdeentscheidungen würden hingegen den Grundrechten nicht gerecht.
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Die gesetzliche Regelung genüge auch dann den verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn der besondere demokratische Rang des Rechts zur Demonstration berücksichtigt werde. Den bisherigen Stellungnahmen zu § 15 VersG sei im wesentlichen zuzustimmen. Allerdings enthalte dessen Absatz 1 nur eine Ermächtigung zum Verbot einer konkreten Versammlung; demgemäß fehle für eine Allgemeinverfügung, die sich an mehrere Veranstalter richte und mehrere Veranstaltungen gleichzeitig verbiete, die gesetzliche Grundlage. Zweck der in § 14 I VersG geregelten Anmeldepflicht sei es primär, Versammlungen und Aufzüge zu ermöglichen und zu schützen entsprechend der Schutzpflicht, die dem Staat aus Art. 5 und Art. 8 GG erwachse. Auch die ungestörte Ausübung dieser verfassungsmäßigen Rechte gehöre zum Schutzbereich der öffentlichen Sicherheit und damit zum Kern der polizeilichen Aufgaben. Da eine Anmeldung es der zuständigen Behörde ermögliche, die Interessen von Veranstaltern und Teilnehmern zu schützen und gleichzeitig Vorsorge zu treffen, daß Gemeinschaftsinteressen und Einzelinteressen nicht in unnötiger Weise verletzt oder gefährdet würden, entspreche die Vorschrift des § 14 I VersG der Wertentscheidung der Verfassung.
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Das geltende Demonstrationsrecht müsse in friedensstiftender Weise angewendet werden. Bei konfliktträchtigen Veranstaltungen sei vom Grundsatz "Prävention vor Repression" auszugehen. Ferner seien neue Strategien zu entwickeln, um Gewaltanwendung bereits im Zeitpunkt ihres Entstehens verhindern zu können. Erfahrungen bei anderen Großdemonstrationen hätten gezeigt, daß durch Gespräche zwischen Polizei und Demonstrationsveranstaltern Einsichten vermittelt und Absprachen getroffen werden könnten, die es gutwilligen Veranstaltern ermöglichten, auf der Grundlage polizeilicher Beratung selbst und wirkungsvoll den potentiellen Störern zu begegnen. Auch sei es wünschenswert, daß sich Gutwillige ohne allzu große Besorgnis um mögliche persönliche Konsequenzen bereit erklären könnten, die Verantwortung allein oder zu mehreren bei Großveranstaltungen zu übernehmen; werde dies durch drohende Sanktionen verhindert, so seien diffuse Vorbereitungen die Folge. Ebenso führe ein allgemeines präventives Demonstrationsverbot, das sich nicht am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientiere, zu unnötigen Konfrontationen und zerstöre Ansätze vertrauensvoller Zusammenarbeit. Sei gleichwohl in einer besonders gefahrenträchtigen Situation ein allgemeines Demonstrationsverbot in Betracht zu ziehen - für Brokdorf sei das zu verneinen -, erscheine es bei angekündigten Großveranstaltungen mit überwiegend friedlich gesonnenen Teilnehmern unerläßlich, daß eine solche außergewöhnliche Maßnahme zuvor öffentlich und unter Fristsetzung angekündigt werde, wobei innerhalb der Frist Gelegenheit zur Anmeldung der Veranstaltung unter pflichtgemäßer Erörterung drohender Gefahren zu geben sei. Diese verfahrensrechtlichen Mindestanforderungen seien im Falle Brokdorf nicht erfüllt gewesen.
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Die Anwendung der gesetzlichen Regelung durch das Oberverwaltungsgericht sei vom Bundesverfassungsgericht eingehend zu überprüfen; denn der Sofortvollzug eines Demonstrationsverbotes führe im Zweifel zu einer erheblichen Verkürzung freiheitlicher Betätigung. Die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts beruhten in mehrfacher Hinsicht auf Erwägungen, bei denen die Ausstrahlungswirkung der Art. 8 und 5 GG verkannt worden sei. Während die Jugend-Enquete-Kommission des Bundestages zu Recht fordere, stärker als bisher zwischen gewalttätigen und friedfertigen Demonstranten zu unterscheiden, neige das Gericht zu einer undifferenzierten Betrachtung. Den friedlichen Verlauf einer Veranstaltung zu "garantieren", sei nicht Sache der Teilnehmer, sondern der Polizei; reichten andere Maßnahmen nicht aus, einen unfriedlichen Verlauf zu unterbinden, komme das Mittel der Auflösung in Betracht. Soweit das Gericht darauf abstelle, daß sich eine für Absprachen verantwortliche Leitung nicht gemeldet habe, bleibe außer acht, daß diese Unterlassung auch und vor allem auf das Verfahren beim Erlaß des Demonstrationsverbotes zurückzuführen gewesen sei; im übrigen hätten die Behörden jedenfalls gewußt, wer zu der Brokdorf-Demonstration öffentlich aufgerufen habe. In der Begründung des Gerichts fehlten Anhaltspunkte, weshalb an anderen Orten als dem Demonstrationsobjekt Gefahren gedroht hätten. Bei der Beurteilung der Gefahrenlage hätte das Gericht von gesicherten Erkenntnissen und nicht von bloßen Befürchtungen in der Bevölkerung ausgehen und sich fragen müssen, ob nicht das Klima vor Ort in erheblichem Maße von außen, vor allem durch die Presse, beeinflußt worden sei. Mit der vom Gericht erwogenen Verlegung einer Massenversammlung in Großstadien werde den Demonstranten angesonnen, unter sich zu bleiben; zudem garantiere auch diese Veranstaltungsform keine Sicherheit. Die mit solchen Veranstaltungen verbundenen Belästigungen (Verkehrschaos) träten auch bei vergleichbaren Großereignissen wie Wahlkampfveranstaltungen, Sportveranstaltungen und Kulturveranstaltungen auf. Abgesehen von diesen Beanstandungen, deren jede einzelne zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidungen nötige, lasse sich nicht ausschließen, daß die Entscheidungen auch von einer unzulässigen grundsätzlich negativen Einstufung von Großdemonstrationen mitgetragen werde.
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5. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hält die Verfassungsbeschwerden ebenfalls für begründet. Er geht davon aus, daß Art. 8 GG nicht lediglich ein individuelles Freiheitsrecht gewährleiste, sondern ein politisches und demokratisches Grundrecht konstituiere, das Bestandteil der Volkssouveränität und des Demokratieprinzips sei und das dem Staat die Schutzpflicht auferlege, die Wahrnehmung dieses Freiheitsrechts zu ermöglichen (vgl. im einzelnen Geulen, Kritische Justiz 1983, S 189 ff.). Diesem Grundrechtsverständnis werde das Versammlungsgesetz nicht hinreichend gerecht. Dieses Gesetz erkläre sich aus der obrigkeitlichen Geschichte des deutschen Vereinsrechts und Versammlungsrechts und orientiere sich am herkömmlichen Typ hierarchisch-organisierter, disziplinierter Versammlungen unter der Leitung eines bestimmten Veranstalters. Davon unterschieden sich diametral die größeren Demonstrationen, die seit Mitte der siebziger Jahre insbesondere gegen die Errichtung umweltschädigender Großvorhaben stattfänden. Veranstalter und Leiter im Sinne des Versammlungsgesetzes gebe es hier nicht. Demonstrationen würden vielmehr pluralistisch von einer größeren Zahl grundsätzlich gleichberechtigter Gruppen und Personen mit teils erheblichen Meinungsunterschieden vorbereitet und längerfristig auf größeren Treffen in völliger Öffentlichkeit diskutiert. Es spreche nichts dafür, daß Art. 8 GG lediglich den traditionellen Typus von Versammlungen und Demonstrationen schützen wolle. Weil die gesetzlich vorgeschriebene Anmeldepflicht diesen traditionellen Typ voraussetze und weil Art. 8 I GG die Freiheit zur Durchführung von Versammlungen auch ohne Anmeldung garantiere, sei § 14 VersG verfassungswidrig. Ebenso verfassungswidrig sei die in § 15 VersG geregelte Ermächtigung zum Verbot von Versammlungen im Freien, weil die Vorschrift die tatbestandlichen Eingriffsvoraussetzungen nicht klar genug regele. Mit den Voraussetzungen, wie sie dem strittigen Verbot zugrunde lägen, könne praktisch jede größere Demonstration verboten werden; für jede lägen "Erkenntnisse" vor, die auf einen unfriedlichen Verlauf schließen lassen könnten.
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Die strittige Verbotsverfügung verletze das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 8 I GG schon deshalb, weil die zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften verfassungswidrig seien. Unter Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip bleibe jedenfalls außer acht, daß die weitaus meisten Teilnehmer - darunter zahlreiche ortsansässige Landwirte - in friedlicher Form hätten demonstrieren wollen; die Flugblätter einiger kleiner Randgruppen rechtfertigten nicht das Verbot. Soweit es zu vereinzelten Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen sei, beruhe dies auf dem unverhältnismäßigen Verbot. Dieses könne mit der unterbliebenen Anmeldung um so weniger gerechtfertigt werden, als die Behörde die beabsichtigte Anmeldung unterlaufen habe und im übrigen an allen Sitzungen Behördenvertreter teilgenommen hätten.
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Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
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I.
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Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Überprüfung ist der Sofortvollzug der Demonstrationsverbote und dessen verwaltungsgerichtliche Bestätigung. Unmittelbar beschwert sind die Beschwerdeführer nur insoweit, als diese Maßnahmen die von ihnen persönlich angemeldeten Demonstrationen betrafen. Deren Verbot kann indessen - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat - nicht losgelöst vom Sofortvollzug der Allgemeinverfügung beurteilt werden, welche alle Demonstrationen umfaßte, die im fraglichen Zeitraum gegen das strittige Kernkraftwerk beabsichtigt waren, und welche daher zu Recht im Mittelpunkt der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung stand.
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Durch den Sofortvollzug der Demonstrationsverbote und deren gerichtliche Bestätigung sind die Beschwerdeführer gehindert worden, an den der Behörde angegebenen Orten zum vorgesehenen Termin befugtermaßen zu demonstrieren. In diesen Akten der öffentlichen Gewalt erblicken die Beschwerdeführer einen Eingriff in ihre grundrechtlich geschützten Rechtspositionen. Da sie diese Akte gerichtlich angefochten haben und da insoweit der Rechtsweg erschöpft ist, sind für ihre fristgerecht eingelegten Verfassungsbeschwerden die gesetzlich vorgeschriebenen Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben (Art. 93 I Nr. 4a, Art. 94 II GG, §§ 90 ff. BVerfGG). Der Zulässigkeit ihrer Verfassungsbeschwerden steht nach gefestigter Rechtsprechung nicht entgegen, daß der Rechtsweg im Verfahren der Hauptsache nicht erschöpft ist; denn gegenüber diesem Verfahren ist das vorläufige Verfahren gemäß § 80 V VwGO rechtlich selbständig (BVerfGE 53, 30 [52]; 59, 63 [82] m.w.N).
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II.
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Die vom Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten und vom Landrat des Kreises Steinburg geltend gemachten Bedenken gegen die Zulässigkeit sind auch unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität und des Rechtsschutzbedürfnisses nicht begründet.
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1. Der Grundsatz der Subsidiarität kann überhaupt nicht eingreifen, soweit die Beschwerdeführer Grundrechtsverletzungen rügen, die - wie die Anerkennung eines Beschwerderechts der Beigeladenen durch das Oberverwaltungsgericht - nur für das vorläufige Verfahren bedeutsam sind und die daher im Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgeräumt werden könnten. Im übrigen betreffen die Rügen der Beschwerdeführer zwar vor allem die Rechtmäßigkeit des Demonstrationsverbotes, die erst im Hauptsacheverfahren abschließend zu beurteilen ist, während im Eilverfahren insoweit nur eine summarische Überprüfung erfolgt. Schon der Bundesminister des Innern hat indessen zutreffend auf die bisherige Rechtsprechung verwiesen, wonach auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Subsidiarität Verfassungsbeschwerden gegen letztinstanzliche Beschwerdeentscheidungen im summarischen Verfahren gemäß § 80 V VwGO ausnahmsweise dann als zulässig behandelt werden können, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und wenn diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 II BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (BVerfGE 53, 30 [53 f.]; 58, 257 [263]). Solche Ausnahmen erscheinen namentlich dort gerechtfertigt, wo ein Sofortvollzug die beabsichtigte Grundrechtsausübung endgültig verhindert und wo daher dem vorläufigen Rechtsschutz gesteigerte Bedeutung zukommt (vgl. BVerfGE 56, 216 [234]).
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Diese Voraussetzungen können gerade auch bei der sofortigen Vollziehung des Verbotes von Demonstrationen vorliegen, die auf einen einmaligen Anlaß bezogen sind. Hier übernimmt - wie auch in der Begründung für eine Änderung des § 80 VwGO eingeräumt wird (BTDrucks 9/1905, S. 5) - das summarische Verfahren praktisch die Bedeutung des Verfahrens in der Hauptsache. Im vorliegenden Fall ist die den Kern des Verfahrens bildende Frage von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung, wie die maßgeblichen Vorschriften des Versammlungsgesetzes verfassungsrechtlich zu beurteilen und auszulegen sind und welche Kriterien beim Verbot von Großdemonstrationen und dessen Sofortvollzug im Hinblick auf die Grundrechtsgewährleistung aus Art. 8 GG beachtet werden müssen. Sie rechtfertigt um so mehr eine Bejahung der Zulässigkeit, als bislang eine verfassungsgerichtliche Rechtsprechung zu diesem Grundrecht fehlt. Die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden setzt keine weiteren tatsächlichen Ermittlungen voraus.
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2. Den Verfassungsbeschwerden fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist insbesondere nicht dadurch entfallen, daß der Demonstrationstermin verstrichen und damit der Sofortvollzug des Verbotes gegenstandslos geworden ist. Nach gefestigter Rechtsprechung besteht ein Rechtsschutzbedürfnis selbst nach Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens jedenfalls dann fort, wenn anderenfalls die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung unterbleiben würde und der Eingriff ein besonders bedeutsames Grundrecht betraf (vgl. BVerfGE 33, 247 [257 ff.]; 50, 244 [247 f.]; 53, 30 [54]). Daß diese Voraussetzungen vorliegen, ergibt sich bereits aus den bisherigen Erwägungen.
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Dieses schutzwürdige Interesse kann auch für die Beschwerdeführer zu I. bejaht werden, obwohl diese nach Zurückweisung ihres Widerspruchs keine Klage in der Hauptsache erhoben haben. Gegen ihre Verfassungsbeschwerde, die bereits in der Nacht vor der geplanten Demonstration erhoben worden war, bestanden ursprünglich keinerlei Zulässigkeitsbedenken (vgl. den Beschluß über die beantragte einstweilige Anordnung, BVerfGE 56, 244 [246]). Ihr Rechtsschutzbedürfnis könnte daher lediglich durch nachträgliche Umstände fortgefallen sein. Über das mit ihrer Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren muß aber im Verfahren der Beschwerdeführer zu II. ohnehin entschieden werden; daher besteht kein Anlaß, an den Fortbestand des Rechtsschutzbedürfnisses für die Beschwerdeführer zu I. als Voraussetzung der Zulässigkeit strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfGE 50, 290 [320]; 62, 117 [144]). Da - wie erwähnt - das Verfahren gemäß § 80 V VwGO für die verfassungsgerichtliche Überprüfung als rechtlich selbständig anzusehen ist und da die Beschwerdeführer zu I. an der verfassungsgerichtlichen Klärung interessiert sind, unter welchen Voraussetzungen der Sofortvollzug des Demonstrationsverbotes angeordnet werden durfte, nötigt der bloße Umstand, daß sie nach Verstreichen des Demonstrationstermins keine verwaltungsgerichtliche Klage in der Hauptsache mehr erhoben haben, nicht zu der Annahme, das ursprünglich vorhandene Rechtsschutzinteresse sei nachträglich fortgefallen.
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Die Verfassungsbeschwerden sind begründet, soweit sie sich dagegen richten, daß das Oberverwaltungsgericht auf die Beschwerde der Beigeladenen den Sofortvollzug des Demonstrationsverbotes über den vom Verwaltungsgericht gebilligten Umfang hinaus bestätigt hat. Die mittelbar beanstandeten Vorschriften des Versammlungsgesetzes halten, soweit sie für die angegriffenen Entscheidungen erheblich sind, einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
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I.
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Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG).
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1. Die in den Ausgangsverfahren angegriffenen Maßnahmen sowie die zugrunde liegenden gesetzlichen Vorschriften beschränkten die Beschwerdeführer in der Freiheit, die geplanten Demonstrationen durchzuführen. Diese Freiheit ist in Art. 8 GG gewährleistet, der Versammlungen und Aufzüge - im Unterschied zu bloßen Ansammlungen oder Volksbelustigungen - als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung schützt. Dieser Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfaßt vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen. Es gehören auch solche mit Demonstrationscharakter dazu, bei denen die Versammlungsfreiheit zum Zwecke plakativer oder aufsehenerregender Meinungskundgabe in Anspruch genommen wird. Da in den Ausgangsverfahren Anhaltspunkte dafür fehlen, daß die Äußerung bestimmter Meinungsinhalte - etwa in Aufrufen, Ansprachen, Liedern oder auf Transparenten - behindert werden sollte, bedarf es keiner Prüfung, in welcher Weise bei Maßnahmen gegen Demonstrationen ergänzend zu Art. 8 GG auch das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Prüfungsmaßstab herangezogen werden könnte.
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2. Als Abwehrrecht, das auch und vor allem andersdenkenden Minderheiten zugute kommt, gewährleistet Art. 8 GG den Grundrechtsträgern das Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art. und Inhalt der Veranstaltung und untersagt zugleich staatlichen Zwang, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fernzubleiben. Schon in diesem Sinne gebührt dem Grundrecht in einem freiheitlichen Staatswesen ein besonderer Rang; das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln, galt seit jeher als Zeichen der Freiheit, Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewußten Bürgers. In ihrer Geltung für politische Veranstaltungen verkörpert die Freiheitsgarantie aber zugleich eine Grundentscheidung, die in ihrer Bedeutung über den Schutz gegen staatliche Eingriffe in die ungehinderte Persönlichkeitsentfaltung hinausreicht. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis war die im naturrechtlichen Gedankengut verwurzelte Versammlungsfreiheit schon früh als Ausdruck der Volkssouveränität und demgemäß als demokratisches Bürgerrecht zur aktiven Teilnahme am politischen Prozeß verstanden worden (vgl. Quilisch, Die demokratische Versammlung, 1970, S. 36 ff.; Schwäble, Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, 1975, S. 17 ff.). Diese Bedeutung des Freiheitsrechts wird ebenfalls in den Stellungnahmen des Bundesministers des Innern, der Gewerkschaft der Polizei und des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz hervorgehoben; im Schrifttum wird sie inzwischen durchgängig anerkannt.
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(Vgl. im einzelnen Blumenwitz, Versammlungsfreiheit und polizeiliche Gefahrenabwehr bei Demonstrationen, in: Festschrift für Samper, 1982, S. 131 [132]; Blanke/Sterzel, Inhalt und Schranken der Demonstrationsfreiheit des Grundgesetzes, Vorgänge 1983, S. 67 [72 ff.]; Denninger, Zwölf Thesen zur Demonstrationsfreiheit, DRiZ 1969, S. 70 ff.; Dietel/Gintzel, Demonstrationsfreiheit und Versammlungsfreiheit, 8. Aufl, 1985, Einl S. 1, RdNr. 18 ff. zu § 1 und RdNr. 7 f. zu § 14 VersG; Frankenberg, Demonstrationsfreiheit - eine verfassungsrechtliche Skizze, Kritische Justiz 1981, S. 370 [371 ff.]; Frowein, Versammlungsfreiheit und Versammlungsrecht, NJW 1969, S. 1081 ff.; Geulen, Versammlungsfreiheit und Großdemonstrationen, Kritische Justiz 1983, S. 189 [192]; Herzog, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz 1981, RdNr. 1 ff. zu Art. 8; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 14. Aufl, 1984, S. 157; Hoffmann-Riem, Alternativkommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 1984, RdNr. 27 ff. zu Art. 8; v. Münch, Grundgesetzkommentar, 2. Aufl, 1981, RdNr. 1 f. zu Art. 8; Ossenbühl, Versammlungsfreiheit und Spontandemonstration, Der Staat 1971 [10], S. 53 [59 ff.]; Ott, Kommentar zum Versammlungsgesetz, 4. Aufl 1983, S. 27 ff.; Quilisch, a.a.O., S. 108 ff.; P. Schneider, Demokratie in Bewegung, Probleme der Versammlungsfreiheit, in: Festschrift für Mühlmann, 1969, S. 249 [257 f.]; Schwäble, a.a.O., S. 18, 65 ff.)
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a) In der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, die sich bislang mit der Versammlungsfreiheit noch nicht befaßt hat, wird die Meinungsfreiheit seit langem zu den unentbehrlichen und grundlegenden Funktionselementen eines demokratischen Gemeinwesens gezählt. Sie gilt als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit und als eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt, welches für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend ist; denn sie erst ermöglicht die ständige geistige Auseinandersetzung und den Kampf der Meinungen als Lebenselement dieser Staatsform (vgl. BVerfGE 7, 198 [208]; 12, 113 [125]; 20, 56 [97]; 42, 163 [169]). Wird die Versammlungsfreiheit als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe verstanden, kann für sie nichts grundsätzlich anderes gelten. Dem steht nicht entgegen, daß speziell bei Demonstrationen das argumentative Moment zurücktritt, welches die Ausübung der Meinungsfreiheit in der Regel kennzeichnet. Indem der Demonstrant seine Meinung in physischer Präsenz, in voller Öffentlichkeit und ohne Zwischenschaltung von Medien kundgibt, entfaltet auch er seine Persönlichkeit in unmittelbarer Weise. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, wobei die Teilnehmer einerseits in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen - schon durch die bloße Anwesenheit, die Art. des Auftretens und des Umganges miteinander oder die Wahl des Ortes - im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen. Die Gefahr, daß solche Meinungskundgaben demagogisch mißbraucht und in fragwürdiger Weise emotionalisiert werden können, kann im Bereich der Versammlungsfreiheit ebensowenig maßgebend für die grundsätzliche Einschätzung sein wie auf dem Gebiet der Meinungsfreiheit und Pressefreiheit.
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b) Die grundsätzliche Bedeutung der Versammlungsfreiheit wird insbesondere erkennbar, wenn die Eigenart des Willensbildungsprozesses im demokratischen Gemeinwesen berücksichtigt wird. Über die freiheitliche demokratische Ordnung heißt es im KPD-Urteil, sie gehe davon aus, daß die bestehenden, historisch gewordenen staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig seien; damit werde eine nie endende Aufgabe gestellt, die durch stets erneute Willensentscheidung gelöst werden müsse (BVerfGE 5, 85 [197]). Der Weg zur Bildung dieser Willensentscheidungen wird als ein Prozeß von "trial and error" beschrieben, der durch ständige geistige Auseinandersetzung, gegenseitige Kontrolle und Kritik die beste Gewähr für eine (relativ) richtige politische Linie als Resultante und Ausgleich zwischen den im Staat wirksamen politischen Kräften gebe (a.a.O. [135]; vgl. auch BVerfGE 12, 113 [125]). An diese Erwägungen knüpft das spätere Urteil zur Parteienfinanzierung an und betont, in einer Demokratie müsse die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen und nicht umgekehrt verlaufen; das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußere sich nicht nur in der Stimmabgabe bei Wahlen, sondern auch in der Einflußnahme auf den ständigen Prozeß der politischen Meinungsbildung, die sich in einem demokratischen Staatswesen frei, offen, unreglementiert und grundsätzlich "staatsfrei" vollziehen müsse (BVerfGE 20, 56 [98 f.]).
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An diesem Prozeß sind die Bürger in unterschiedlichem Maße beteiligt. Große Verbände, finanzstarke Geldgeber oder Massenmedien können beträchtliche Einflüsse ausüben, während sich der Staatsbürger eher als ohnmächtig erlebt. In einer Gesellschaft, in welcher der direkte Zugang zu den Medien und die Chance, sich durch sie zu äußern, auf wenige beschränkt ist, verbleibt dem Einzelnen neben seiner organisierten Mitwirkung in Parteien und Verbänden im allgemeinen nur eine kollektive Einflußnahme durch Inanspruchnahme der Versammlungsfreiheit für Demonstrationen. Die ungehinderte Ausübung des Freiheitsrechts wirkt nicht nur dem Bewußtsein politischer Ohnmacht und gefährlichen Tendenzen zur Staatsverdrossenheit entgegen. Sie liegt letztlich auch deshalb im wohlverstandenen Gemeinwohlinteresse, weil sich im Kräfteparallelogramm der politischen Willensbildung im allgemeinen erst dann eine relativ richtige Resultante herausbilden kann, wenn alle Vektoren einigermaßen kräftig entwickelt sind.
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Nach alledem werden Versammlungen in der Literatur zutreffend als wesentliches Element demokratischer Offenheit bezeichnet: "Sie bieten ... die Möglichkeit zur öffentlichen Einflußnahme auf den politischen Prozeß, zur Entwicklung pluralistischer Initiativen und Alternativen oder auch zu Kritik und Protest ...; sie enthalten ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren" (Hesse, aa0, S. 157; übereinstimmend Blumenwitz, a.a.O. [132 f.]). Namentlich in Demokratien mit parlamentarischem Repräsentativsystem und geringen plebiszitären Mitwirkungsrechten hat die Versammlungsfreiheit die Bedeutung eines grundlegenden und unentbehrlichen Funktionselementes. Hier gilt - selbst bei Entscheidungen mit schwerwiegenden, nach einem Machtwechsel nicht einfach umkehrbaren Folgen für jedermann - grundsätzlich das Mehrheitsprinzip. Andererseits ist hier der Einfluß selbst der Wählermehrheit zwischen den Wahlen recht begrenzt; die Staatsgewalt wird durch besondere Organe ausgeübt und durch einen überlegenen bürokratischen Apparat verwaltet. Schon generell gewinnen die von diesen Organen auf der Grundlage des Mehrheitsprinzips getroffenen Entscheidungen an Legitimation, je effektiver Minderheitenschutz gewährleistet ist; die Akzeptanz dieser Entscheidungen wird davon beeinflußt, ob zuvor die Minderheit auf die Meinungsbildung und Willensbildung hinreichend Einfluß nehmen konnte (vgl. BVerfGE 5, 85 [198 f.]). Demonstrativer Protest kann insbesondere notwendig werden, wenn die Repräsentativorgane mögliche Mißstände und Fehlentwicklungen nicht oder nicht rechtzeitig erkennen oder aus Rücksichtnahme auf andere Interessen hinnehmen (vgl. auch BVerfGE 28, 191 [202]). In der Literatur wird die stabilisierende Funktion der Versammlungsfreiheit für das repräsentative System zutreffend dahin beschrieben, sie gestatte Unzufriedenen, Unmut und Kritik öffentlich vorzubringen und abzuarbeiten, und fungiere als notwendige Bedingung eines politischen Frühwarnsystems, das Störpotentiale anzeige, Integrationsdefizite sichtbar und damit auch Kurskorrekturen der offiziellen Politik möglich mache (Blanke/Sterzel, a.a.O. [69]).
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II.
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1. Trotz ihres hohen Ranges ist die Versammlungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet. Art. 8 GG garantiert lediglich das Recht, sich "friedlich und ohne Waffen zu versammeln" (vgl. dazu unten III 3.a)*), und stellt zudem dieses Recht für Veranstaltungen unter freiem Himmel unter Gesetzesvorbehalt. Damit trägt die Verfassung dem Umstand Rechnung, daß für die Ausübung der Versammlungsfreiheit unter freiem Himmel wegen der Berührung mit der Außenwelt ein besonderer, namentlich organisationsrechtlicher und verfahrensrechtlicher Regelungsbedarf besteht, um einerseits die realen Voraussetzungen für die Ausübung zu schaffen, andererseits kollidierende Interessen anderer hinreichend zu wahren.
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Während die Weimarer Verfassung in Art. 123 ausdrücklich bestimmte, daß Versammlungen unter freiem Himmel "durch Reichsgesetz anmeldepflichtig gemacht und bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden" konnten, begnügt sich das Grundgesetz mit einem einfachen, scheinbar gegenständlich unbeschränkten Gesetzesvorbehalt. Dies bedeutet aber nicht, daß die Geltungskraft dieser Grundrechtsverbürgung auf den Bereich beschränkt bleibt, den der Gesetzgeber ihr unter Respektierung ihres Wesensgehaltes beläßt. Wie auch der Bundesminister des Innern zutreffend ausgeführt hat, gilt vielmehr das gleiche wie bei der Meinungsfreiheit, die nach dem Verfassungswortlaut zwar ihre Schranken in den Grenzen der allgemeinen Gesetze findet, deren Reichweite aber nicht beliebig durch einfache Gesetze relativiert werden darf (dazu grundlegend BVerfGE 7, 198 [207 f.]; vgl. ferner BVerfGE 7, 377 [404]). Bei allen begrenzenden Regelungen hat der Gesetzgeber die erörterte, in Art. 8 GG verkörperte verfassungsrechtliche Grundentscheidung zu beachten; er darf die Ausübung der Versammlungsfreiheit nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit begrenzen.
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Wenn Behörden und Gerichte die vom Gesetzgeber normierten grundrechtsbeschränkenden Gesetze auslegen und anwenden, gilt ebenfalls das gleiche wie bei der Auslegung von Vorschriften über die Beschränkung der Meinungsfreiheit (vgl. dazu BVerfGE 7, 198 [208]; 60, 234 [240]; zum Versammlungsrecht BVerwGE 26, 135 [137]). Eine Notwendigkeit zu freiheitsbeschränkenden Eingriffen kann sich im Bereich der Versammlungsfreiheit daraus ergeben, daß der Demonstrant bei deren Ausübung Rechtspositionen Dritter beeinträchtigt. Auch bei solchen Eingriffen haben die staatlichen Organe die grundrechtsbeschränkenden Gesetze stets im Lichte der grundlegenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlichen demokratischen Staat auszulegen und sich bei ihren Maßnahmen auf das zu beschränken, was zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Mit diesen Anforderungen wären erst recht behördliche Maßnahmen unvereinbar, die über die Anwendung grundrechtsbeschränkender Gesetze hinausgehen und etwa den Zugang zu einer Demonstration durch Behinderung von Anfahrten und schleppende vorbeugende Kontrollen unzumutbar erschweren oder ihren staatsfreien unreglementierten Charakter durch exzessive Observationen und Registrierungen (vgl. dazu BVerfGE 65, 1 [43]) verändern.
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2. Von den Vorschriften des Versammlungsgesetzes, die der Gesetzgeber kraft des Gesetzesvorbehalts in Art. 8 II GG erlassen hat, sind für die Ausgangsverfahren lediglich die in § 14 I geregelte Anmeldepflicht und der in § 15 enthaltene Auflösungstatbestand und Verbotstatbestand entscheidungserheblich. Keiner Nachprüfung bedürfen die versammlungsrechtlichen Vorschriften über die Anmeldefrist und die Angabe eines verantwortlichen Leiters; weder die Verwaltungsbehörde noch die Gerichte haben ihre Entscheidungen mit diesen Vorschriften begründet.
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a) Die in § 14 I VersG geregelte Anmeldepflicht war in der Weimarer Verfassung ausdrücklich als zulässige Beschränkung der Versammlungsfreiheit vorgesehen. Nach Meinung des Bundesverwaltungsgerichts schränkt sie das Grundrecht im Regelfall nur unerheblich ein (BVerwGE 26, 135 [137 f.]). Der Bundesgerichtshof (vgl. BGHSt 23, 46 [58 f.]) und ebenso die ganz herrschende Lehre halten die Regelung für verfassungsgemäß. Dem ist zuzustimmen, wenn dabei berücksichtigt wird, daß die Anmeldepflicht nicht ausnahmslos eingreift und daß ihre Verletzung nicht schon schematisch zum Verbot oder zur Auflösung einer Veranstaltung berechtigt.
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Die Anmeldepflicht gilt nur für Versammlungen unter freiem Himmel, weil diese wegen ihrer Außenwirkungen vielfach besondere Vorkehrungen erfordern. Die mit der Anmeldung verbundenen Angaben sollen den Behörden die notwendigen Informationen vermitteln, damit sie sich ein Bild darüber machen können, was einerseits zum möglichst störungsfreien Verlauf der Veranstaltung an Verkehrsregelungen und sonstigen Maßnahmen veranlaßt werden muß und was andererseits im Interesse Dritter sowie im Gemeinschaftsinteresse erforderlich ist und wie beides aufeinander abgestimmt werden kann (vgl. BTDrucks 8/1845, S. 10). Nach ganz herrschender Ansicht entfällt die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung bei Spontandemonstrationen, die sich aus aktuellem Anlaß augenblicklich bilden (vgl. etwa BVerwGE 26, 135 [138]; BayObLG, NJW 1970, S. 479; Dietel/Gintzel, a.a.O., RdNr. 23 zu § 1 und RdNr. 18 ff. zu § 14 VersG; Herzog, a.a.O., RdNr. 48, 82 und 95 zu Art. 8 GG; v. Münch, a.a.O., RdNr. 10 zu Art. 8 GG; Hoffmann-Riem, a.a.O., RdNr. 47 zu Art. 8 GG; Frowein, a.a.O. [1085 f.]; Ossenbühl, a.a.O. [65 ff.]; P. Schneider, a.a.O. [264 f.]). Sie unterstehen der Gewährleistung des Art. 8 GG; versammlungsrechtliche Vorschriften sind auf sie nicht anwendbar, soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht erreicht werden könnte. Ihre Anerkennung trotz Nichtbeachtung solcher Vorschriften läßt sich damit rechtfertigen, daß Art. 8 GG in seinem Absatz 1 grundsätzlich die Freiheit garantiert, sich "ohne Anmeldung oder Erlaubnis" zu versammeln, daß diese Freiheit zwar nach Absatz 2 für Versammlungen unter freiem Himmel auf gesetzlicher Grundlage beschränkbar ist, daß solche Beschränkungen aber die Gewährleistung des Absatz 1 nicht gänzlich für bestimmte Typen von Veranstaltungen außer Geltung setzen dürfen, daß vielmehr diese Gewährleistung unter den genannten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht befreit.
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Diese Beurteilung von Spontandemonstrationen beruht darauf, daß die versammlungsrechtlichen Ordnungsvorschriften im Lichte des Grundrechts der Versammlungsfreiheit angewendet werden und gegebenenfalls hinter ihm zurücktreten müssen. Das Grundrecht und nicht das Versammlungsgesetz verbürgt die Zulässigkeit von Versammlungen und Aufzügen; das Versammlungsgesetz sieht lediglich Beschränkungen vor, soweit solche erforderlich sind. Damit stimmt überein, daß eine Verletzung der Anmeldepflicht nicht schon automatisch zum Verbot oder zur Auflösung einer Veranstaltung führt. Zwar macht sich strafbar, wer als Veranstalter oder Leiter eine nicht angemeldete Versammlung "durchführt" (§ 26 VersG). Im übrigen bestimmt aber das Versammlungsgesetz in § 15 II lediglich, daß die zuständige Behörde Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge auflösen "kann", wenn sie nicht angemeldet werden. Der Bundesminister des Innern hält als Sanktion ferner ein präventives Verbot für möglich, wenn und soweit dies ein milderes Mittel als die im Gesetz ausdrücklich genannte Auflösung darstellt. Auflösung und Verbot sind aber jedenfalls keine Rechtspflicht der zuständigen Behörde, sondern eine Ermächtigung, von welcher die Behörde angesichts der hohen Bedeutung der Versammlungsfreiheit im allgemeinen nur dann pflichtgemäß Gebrauch machen darf, wenn weitere Voraussetzungen für ein Eingreifen hinzukommen; die fehlende Anmeldung und der damit verbundene Informationsrückstand erleichtern lediglich dieses Eingreifen.
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Gilt die Anmeldepflicht nicht ausnahmslos und führt ihre Verletzung nicht automatisch zu Auflösung und Verbot, dann ist nicht erkennbar, daß die auf gewichtigen Gemeinwohlbelangen beruhende Pflicht im Regelfall unverhältnismäßig sein könnte. Ob und wieweit für Großdemonstrationen Besonderheiten bestehen, die ähnlich wie bei Spontandemonstrationen eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten, ist in anderem Zusammenhang zu erörtern (siehe unten III.2.*).
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b) Einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung hält bei verfassungskonformer Auslegung ebenfalls die Vorschrift des § 15 VersG stand, wonach die zuständige Behörde die Versammlung von bestimmten Auflagen abhängig machen oder verbieten oder auflösen darf, "wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist".
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Die Beschwerdeführer und der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz erheben Bedenken wegen der Unbestimmtheit der Eingriffsvoraussetzungen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung", die um so problematischer sei, als die Entscheidung über die Eingriffe im Ermessen der unteren Verwaltungsbehörden und der Vollzugspolizei liege. Die genannten Begriffe haben indessen - wie der Bundesminister des Innern zutreffend darlegt - durch das Polizeirecht einen hinreichend klaren Inhalt erlangt (vgl. etwa Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 8. Aufl, 1977, Bd 2, S. 117 f. und 130 f.). Danach umfaßt der Begriff der "öffentlichen Sicherheit" den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht. Unter "öffentlicher Ordnung" wird die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln verstanden, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerläßliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird.
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Diese Begriffsklärungen allein stellen allerdings noch keine verfassungskonforme Gesetzesanwendung sicher. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung bedeutsam sind zwei Einschränkungen, die im Gesetz selbst angelegt sind und die zur Folge haben, daß Verbote und Auflösungen im wesentlichen nur zum Schutz elementarer Rechtsgüter in Betracht kommen können, während eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung im allgemeinen nicht genügen wird.
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Verbot oder Auflösung setzen zum einen als ultima ratio voraus, daß das mildere Mittel der Auflagenerteilung ausgeschöpft ist (so auch BVerwGE 64, 55). Das beruht auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser begrenzt aber nicht nur das Ermessen in der Auswahl der Mittel, sondern ebenso das Entschließungsermessen der zuständigen Behörden. Die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit hat nur dann zurückzutreten, wenn eine Güterabwägung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Freiheitsrechts ergibt, daß dies zum Schutz anderer gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Demgemäß rechtfertigt keinesfalls jedes beliebige Interesse eine Einschränkung dieses Freiheitsrechts; Belästigungen, die sich zwangsläufig aus der Massenhaftigkeit der Grundrechtsausübung ergeben und sich ohne Nachteile für den Veranstaltungszweck nicht vermeiden lassen, werden Dritte im allgemeinen ertragen müssen. Aus bloßen verkehrstechnischen Gründen werden Versammlungsverbote um so weniger in Betracht kommen, als in aller Regel ein Nebeneinander der Straßenbenutzung durch Demonstranten und fließenden Verkehr durch Auflagen erreichbar ist.
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Die behördliche Eingriffsbefugnis wird zum anderen dadurch begrenzt, daß Verbote und Auflösungen nur bei einer "unmittelbaren Gefährdung" der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung statthaft sind. Durch das Erfordernis der Unmittelbarkeit werden die Eingriffsvoraussetzungen stärker als im allgemeinen Polizeirecht eingeengt. Erforderlich ist im konkreten Fall jeweils eine Gefahrenprognose. Diese enthält zwar stets ein Wahrscheinlichkeitsurteil; dessen Grundlagen können und müssen aber ausgewiesen werden. Demgemäß bestimmt das Gesetz, daß es auf "erkennbaren Umständen" beruhen muß, also auf Tatsachen, Sachverhalten und sonstigen Einzelheiten; bloßer Verdacht oder Vermutungen können nicht ausreichen. Unter Berücksichtigung der grundlegenden Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde insbesondere bei Erlaß eines vorbeugenden Verbotes keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen, zumal ihr bei irriger Einschätzung noch die Möglichkeit einer späteren Auflösung verbleibt. Welche Anforderungen im einzelnen geboten sind, haben im übrigen zunächst die Fachgerichte zu beurteilen (vgl. etwa einerseits Dietel/Gintzel, a.a.O., RdNr. 12 zu § 15 VersG unter Hinweis auf BVerwGE 45, 51 [61]; andererseits Ott, a.a.O., RdNr. 5 zu § 15 VersG und Werbke, NJW 1970, S. 1 [2]; ähnlich OVG Bremen, DÖV 1972, S. 101 [102]; OVG Saarlouis, DÖV 1973, S. 863 [864] und auch der Bericht des Rechtsausschusses zur Gesetzesnovelle 1978, BTDrucks 8/1845, S. 11). Sie lassen sich schwerlich losgelöst von den konkreten Umständen von Verfassungs wegen vorschreiben, sondern können davon abhängen, wie weit etwa bei Großdemonstrationen eine Bereitschaft der Veranstalter zu kooperativen Vorbereitungen besteht und ob Störungen nur von dritter Seite oder durch eine kleine Minderheit befürchtet werden (vgl. dazu unten III.1.* und 3.*). Insgesamt ist § 15 VersG jedenfalls dann mit Art. 8 GG vereinbar, wenn bei seiner Auslegung und Anwendung sichergestellt bleibt, daß Verbote und Auflösungen nur zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und nur bei einer unmittelbaren, aus erkennbaren Umständen herleitbaren Gefährdung dieser Rechtsgüter erfolgen.
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III.
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Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die zuvor erörterten versammlungsrechtlichen Vorschriften auch für Großdemonstrationen gelten. Jedoch sind bei ihrer Anwendung diejenigen Erfahrungen zu nutzen, die inzwischen in dem Bestreben gesammelt und erprobt worden sind, die friedliche Durchführung auch solcher Demonstrationen zu ermöglichen.
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1. Nach den in den Ausgangsverfahren eingeholten Erfahrungsberichten und nach dem Ergebnis der Stuttgarter Gespräche (vgl. oben A.I.2.*) können zur friedlichen Durchführung von Veranstaltungen nach Art. des Gorleben-Trecks 1979, der Bonner Friedensdemonstration 1981 oder der Süddeutschen Menschenkette 1983 mehrere Umstände beitragen. Dazu gehört neben der rechtzeitigen Klarstellung der Rechtslage, daß beiderseits Provokationen und Aggressionsanreize unterbleiben, daß die Veranstalter auf die Teilnehmer mit dem Ziel friedlichen Verhaltens und der Isolierung von Gewalttätern einwirken, daß sich die Staatsmacht - gegebenenfalls unter Bildung polizeifreier Räume - besonnen zurückhält und übermäßige Reaktionen vermeidet und daß insbesondere eine rechtzeitige Kontaktaufnahme erfolgt, bei der beide Seiten sich kennenlernen, Informationen austauschen und möglicherweise zu einer vertrauensvollen Kooperation finden, welche die Bewältigung auch unvorhergesehener Konfliktsituationen erleichtert.
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Es kann dahinstehen, ob eine Verpflichtung zur Berücksichtigung dieser Erfahrungen bereits aus der Schutzpflicht herleitbar wäre, welche den staatlichen Behörden nach Meinung der Gewerkschaft der Polizei aus der verfassungsrechtlichen Grundentscheidung des Art. 8 GG in ähnlicher Weise wie bei anderen hochrangigen Grundrechtsgewährleistungen erwächst und die darauf zielt, die Durchführung von Versammlungen und Aufzügen zu ermöglichen sowie die Grundrechtsausübung vor Störungen und Ausschreitungen Dritter zu schützen. Jedenfalls ist die neuere verfassungsgerichtliche Rechtsprechung heranzuziehen, wonach die Grundrechte nicht nur die Ausgestaltung des materiellen Rechts beeinflussen, sondern zugleich Maßstäbe für eine den Grundrechtsschutz effektuierende Organisationsgestaltung und Verfahrensgestaltung sowie für eine grundrechtsfreundliche Anwendung vorhandener Verfahrensvorschriften setzen (vgl. die Nachweise BVerfGE 53, 30 [65 f. und 72 f.]; aus der Folgezeit ferner BVerfGE 56, 216 [236] und 65, 76 [94]; 63, 131 [143]; 65, 1 [44, 49]). Es bestehen keine Bedenken, diese Rechtsprechung auch auf die Versammlungsfreiheit anzuwenden, zumal dieses Grundrecht auch einen wesentlichen verfahrensrechtlichen und organisationsrechtlichen Gehalt hat; als Freiheitsrecht enthält es keine Aussagen zur inhaltlichen Gestaltung von Versammlungen und Aufzügen, sondern überläßt diese der freien Selbstbestimmung der Veranstalter und begnügt sich mit organisatorischen Vorgaben für die Durchführung. Die Forderung an die staatlichen Behörden, nach dem Vorbild friedlich verlaufener Großdemonstrationen versammlungsfreundlich zu verfahren und nicht ohne zureichenden Grund hinter bewährten Erfahrungen zurückzubleiben, entspricht dem Bestreben nach verfahrensrechtlicher Effektuierung von Freiheitsrechten. Eine Verpflichtung, diese Erfahrungen nicht nur in Erwägung zu ziehen, sondern auch tatsächlich zu erproben, läßt sich verfassungsrechtlich zusätzlich damit rechtfertigen, daß dies das mildere Mittel gegenüber Eingriffen in Gestalt von Verboten oder Auflösungen ist. Je ernsthafter sich die staatlichen Behörden auf diese Weise für die friedliche Durchführung von Großdemonstrationen einsetzen, desto eher werden andererseits nach dem Scheitern ihrer Bemühungen spätere Verbote oder Auflösungen einer verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung standhalten.
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Schon gegenüber den staatlichen Behörden dürfen die genannten verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht so weit gespannt werden, daß sie den Charakter der polizeilichen Aufgabe als Gefahrenabwehr grundsätzlich verändern oder etwa die Anwendung flexibler Einsatzstrategien unmöglich machen. Ebenso und erst recht dürfen gegenüber den Veranstaltern und Teilnehmern von Großdemonstrationen keine Anforderungen gestellt werden, welche den Charakter von Demonstrationen als prinzipiell staatsfreie unreglementierte Beiträge zur politischen Meinungsbildung und Willensbildung sowie die Selbstbestimmung der Veranstalter über Art. und Inhalt der Demonstrationen aushöhlen würden. Dies geschieht nicht, soweit von Veranstaltern und Teilnehmern lediglich verlangt wird, unfriedliches Verhalten zu unterlassen und die Beeinträchtigung von Drittinteressen zu minimalisieren. Eine solche Pflicht folgt schon unmittelbar aus der Grundrechtsgewährleistung und deren Abstimmung auf die Grundrechte anderer. Weitergehende verfahrensrechtliche Obliegenheiten ließen sich möglicherweise mit der Gemeinschaftsbezogenheit der Grundrechtsausübung und mit der Verursachermitverantwortung für die Auswirkungen von Großdemonstrationen rechtfertigen. Solche Obliegenheiten im Rahmen und in den Grenzen des Gesetzesvorbehalts unter Auswertung der erwähnten Erfahrungen auf der Ebene des einfachen Rechts zu präzisieren, muß dem Gesetzgeber überlassen bleiben. Auch ohne eine gesetzgeberische Präzisierung tun freilich Veranstalter und Teilnehmer gut daran, die aus bewährten Erfahrungen herleitbaren Empfehlungen für Großdemonstrationen möglichst von sich aus zu berücksichtigen. Verwaltungspraxis und Rechtsprechung sind jedenfalls verfassungsrechtlich gehalten, eine entsprechende Bereitschaft zu begünstigen: Je mehr die Veranstalter anläßlich der Anmeldung einer Großdemonstration zu einseitigen vertrauensbildenden Maßnahmen oder sogar zu einer demonstrationsfreundlichen Kooperation bereit sind, desto höher rückt die Schwelle für behördliches Eingreifen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
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2. Entgegen der Meinung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, Großdemonstrationen ähnlich wie Spontandemonstrationen von der Anmeldepflicht des § 14 VersG auszunehmen.
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Es ist zwar richtig, daß sich das Versammlungsgesetz aus dem Jahre 1953 an den herkömmlichen, straff organisierten und geleiteten Veranstaltungen orientiert (vgl. auch Sten Berichte über die 83. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 12. September 1950, S. 3123 ff.). Demgegenüber bahnt sich seit einigen Jahren ein Wandel sowohl in der Trägerschaft als auch in der Durchführung von Demonstrationen an. Eine Vielzahl von Einzelgruppen und Initiativen ohne bestimmten organisatorischen Zusammenhalt und mit teilweise abweichenden Zielvorstellungen engagieren sich aus einheitlichem Anlaß - vornehmlich für Themen aus den Bereichen Umweltschutz und Friedenssicherung - und initiieren, diskutieren und organisieren gemeinsame Demonstrationsveranstaltungen. Da alle Beteiligten bei Vorbereitung und Durchführung grundsätzlich als gleichberechtigt gelten, passen die ursprünglich unproblematischen Vorstellungen vom Veranstalter und Leiter nicht mehr so recht. Im übrigen dürfte die Bereitschaft Einzelner, als Veranstalter und Leiter verantwortlich in Erscheinung zu treten, auch deshalb abgenommen haben, weil das Risiko, strafrechtlich und haftungsrechtlich herangezogen zu werden, mangels klarer Vorschriften und kalkulierbarer Rechtsprechung zumindest zeitweise unabsehbar war.
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Es ist indessen in erster Linie Sache des Gesetzgebers, aus solchen Veränderungen Konsequenzen zu ziehen und die Regelung des Versammlungsgesetzes fortzuentwickeln. Solange das nicht geschieht, läßt sich nicht ausschließen, daß die versammlungsrechtliche Regelung als lückenhaft beurteilt werden muß und daß der Schutz des Art. 8 GG über solche Versammlungen hinausreicht, für welche der Gesetzgeber des Jahres 1953 Regelungen getroffen hat. Die angedeuteten Veränderungen führen aber nicht zu einem verfassungsrechtlich gebotenen Fortfall der Anmeldepflicht bei Großdemonstrationen, sondern lediglich zu einer veränderten Funktion der Anmeldung:
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Durch die Publizität und öffentliche Diskussion, die einer von zahlreichen Gruppen getragenen Demonstration vorauszugehen pflegen, wird die zuständige Behörde im allgemeinen bereits über Zeitpunkt und Ort und auch über konzeptionelle Einzelheiten informiert sein. Gleichwohl behält auch bei solchen Großveranstaltungen die Anmeldung schon deshalb einen vernünftigen Sinn, weil der Erlaß von Auflagen, der auch bei Großdemonstrationen vorrangig in Betracht zu ziehen ist, Adressaten voraussetzt. Davon abgesehen ermöglicht die mit der Anmeldung verbundene Kontaktaufnahme über das gegenseitige Kennenlernen hinaus einen Dialog und eine Kooperation, zu denen die Behörde aus den erörterten Gründen bereit sein muß und die sich auch für die Demonstrationsträger im eigenen Interesse empfehlen. Dabei werden schon im Vorfeld kollidierende Interessen, etwaige Konfliktsituationen und wechselseitige Belastbarkeiten deutlich. Ferner erhöht sich die Prognosesicherheit und die Reaktionsschwelle der zuständigen Behörden. Die sorgfältige Vorbereitung einer Großdemonstration durch Veranstalter und Ordnungskräfte sowie eine entsprechende Kooperation verringern zugleich die Gefahr, daß Demonstrationen unfriedlich verlaufen. Bei dieser Sachlage kann und muß es bei der grundsätzlichen Geltung der Anmeldepflicht verbleiben. Wegen der Vielschichtigkeit der Trägerorganisation bei Großveranstaltungen erscheint allerdings eine verfassungskonforme Interpretation des § 14 i.V.m. § 15 II VersG dann angezeigt, wenn sich einzelne Gruppen oder Personen außerstande sehen, eine Gesamtanmeldung oder Gesamtleitung vorzunehmen. Schon ein nur beschränkt erteiltes Mandat und eine nur begrenzt vorhandene Bereitschaft, sich dialogfähig zu zeigen und Verantwortlichkeit zu übernehmen, darf bei der Prüfung etwaiger Sanktionen wegen unterbliebener Anmeldung nicht außer acht bleiben. Das Fehlen eines gesamtverantwortlichen Anmelders hat lediglich zur Folge, daß die Eingriffsschwelle der zuständigen Behörde bei Störungen - ähnlich wie bei einer Spontandemonstration - absinken kann, sofern die Behörde ihrerseits alles getan hat, um in Erfüllung ihrer Verfahrenspflichten - etwa durch ein Angebot zur fairen Kooperation - die Durchführung einer friedlich konzipierten Demonstration zu ermöglichen.
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3. Namentlich bei Großdemonstrationen stellt sich häufiger die auch im Ausgangsverfahren bedeutsame Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Ausschreitungen Einzelner oder einer Minderheit ein Verbot der Demonstration oder ihre Auflösung wegen unmittelbarer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß § 15 VersG rechtfertigen.
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a) Die Verfassung gewährleistet lediglich das Recht, sich "friedlich und ohne Waffen zu versammeln". Mit dem Erfordernis der Friedlichkeit, das schon in der Paulskirchen-Verfassung und ebenso in der Weimarer Verfassung enthalten war, wird etwas klargestellt, was bereits aus der Rechtsnatur der Versammlungsfreiheit folgt, soweit sie als Mittel zur geistigen Auseinandersetzung und zur Einflußnahme auf die politische Willensbildung verstanden wird (vgl. auch BGH, NJW 1972, S. 1571 [1573]). Der Ausgangsfall, bei dem es zu Gewalttätigkeiten gekommen ist, gibt keinen Anlaß zur genaueren Grenzziehung zwischen hinnehmbaren Einwirkungen und unfriedlichem Verhalten. Ein Teilnehmer verhält sich jedenfalls dann unfriedlich, wenn er Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen begeht. Auf deren Vermeidung muß eine Rechtsordnung, die nach Überwindung des mittelalterlichen Faustrechts die Ausübung von Gewalt nicht zuletzt im Interesse schwächerer Minderheiten beim Staat monopolisiert hat, strikt bestehen. Das ist Vorbedingung für die Gewährleistung der Versammlungsfreiheit als Mittel zur aktiven Teilnahme am politischen Prozeß und - wie die Erfahrungen mit den Straßenkämpfen während der Weimarer Republik gezeigt haben - für eine freiheitliche Demokratie auch deshalb unverzichtbar, weil die Abwehr von Gewalttätigkeiten freiheitsbegrenzende Maßnahmen auslöst. Von den Demonstranten kann ein friedliches Verhalten um so mehr erwartet werden, als sie dadurch nur gewinnen können, während sie bei gewalttätigen Konfrontationen am Ende stets der Staatsgewalt unterliegen werden und zugleich die von ihnen verfolgten Ziele verdunkeln.
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b) Die Anordnung eines Versammlungsverbotes wirft verfassungsrechtlich auch bei Großdemonstrationen keine besonderen Probleme auf, wenn die Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, daß der Veranstalter und sein Anhang Gewalttätigkeiten beabsichtigen oder ein solches Verhalten anderer zumindest billigen werden. Eine derartige Demonstration wird als unfriedlich von der Gewährleistung des Art. 8 GG überhaupt nicht erfaßt; ihre Auflösung und ihr Verbot können daher dieses Grundrecht nicht verletzen. Ähnlich klar erscheint die Rechtslage, wenn sich umgekehrt der Veranstalter und sein Anhang friedlich verhalten und Störungen lediglich von Außenstehenden (Gegendemonstrationen, Störergruppen) ausgehen. Für diesen Fall wird in der Literatur zutreffend gefordert, daß sich behördliche Maßnahmen primär gegen die Störer richten müssen und daß nur unter den besonderen Voraussetzungen des polizeilichen Notstandes gegen die Versammlung als ganze eingeschritten werden dürfe (Hoffmann-Riem, a.a.O., RdNr. 23 und 53 zu Art. 8 GG; Dietel/Gintzel, a.a.O., RdNr. 14 zu § 15 VersG; vgl. v. Münch, a.a.O., RdNr. 39 zu Art. 8 GG; Drosdzol, Grundprobleme des Demonstrationsrechts, JuS 1983, S. 409 [414]; Frowein, a.a.O. [1084]).
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Steht kollektive Unfriedlichkeit nicht zu befürchten, ist also nicht damit zu rechnen, daß eine Demonstration im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt (vgl. § 13 I Nr. 2 VersG) oder daß der Veranstalter oder sein Anhang einen solchen Verlauf anstreben (vgl. § 5 Nr. 3 VersG) oder zumindest billigen, dann muß für die friedlichen Teilnehmer der von der Verfassung jedem Staatsbürger garantierte Schutz der Versammlungsfreiheit auch dann erhalten bleiben, wenn einzelne andere Demonstranten oder eine Minderheit Ausschreitungen begehen (vgl. v. Münch, a.a.O., RdNr. 18 zu Art. 8 GG; Herzog, a.a.O., RdNr. 59 f., 89 f. zu Art. 8 GG; Hoffmann-Riem, a.a.O., RdNr. 23 zu Art. 8 GG; Blanke/Sterzel, a.a.O. [76]; Schwäble, a.a.O., S. 229 und 234; Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 6. Aufl, 1983, RdNr. 4 zu Art. 8). Würde unfriedliches Verhalten Einzelner für die gesamte Veranstaltung und nicht nur für die Täter zum Fortfall des Grundrechtsschutzes führen, hätten diese es in der Hand, Demonstrationen "umzufunktionieren" und entgegen dem Willen der anderen Teilnehmer rechtswidrig werden zu lassen (so schon OVG Saarlouis, DÖV 1973, S. 863 [864 f.]); praktisch könnte dann jede Großdemonstration verboten werden, da sich nahezu immer "Erkenntnisse" über unfriedliche Absichten eines Teiles der Teilnehmer beibringen lassen.
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Der sonach fortwirkende Schutz des Art. 8 GG muß sich auf die Anwendung grundrechtsbeschränkender Rechtsnormen auswirken (für strafrechtliche und haftungsrechtliche Maßnahmen bei teilweise unfriedlich verlaufenen Demonstrationen vgl. BGHSt 32, 165 [169]; BGHZ 89, 383 [395]; vgl. ferner die Entscheidung der Europäischen Kommission für Menschenrechte, EuGRZ 1981, S 216 [217]). Die unter Gesetzesvorbehalt stehende Grundrechtsgewährleistung schließt es nicht aus, auf der Grundlage des § 15 VersG auch gegen die gesamte Demonstration behördliche Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit bis hin zu einem Verbot anzuordnen. Jedoch ist bevorzugt eine nachträgliche Auflösung zu erwägen, die den friedlichen Teilnehmern die Chance einer Grundrechtsausübung nicht von vornherein abschneidet und dem Veranstalter den Vorrang bei der Isolierung unfriedlicher Teilnehmer beläßt. Ein vorbeugendes Verbot der gesamten Veranstaltung wegen befürchteter Ausschreitungen einer gewaltorientierten Minderheit ist hingegen - das gebietet die Pflicht zur optimalen Wahrung der Versammlungsfreiheit mit den daraus folgenden verfahrensrechtlichen Anforderungen - nur unter strengen Voraussetzungen und unter verfassungskonformer Anwendung des § 15 VersG statthaft. Dazu gehört eine hohe Wahrscheinlichkeit in der Gefahrenprognose (vgl. OVG Saarlouis, DÖV 1973, S. 863 [864]; BayVGH, DÖV 1979, S. 569 [570]; ähnlich Schwäble, a.a.O., S. 229 und Drosdzol, a.a.O. [415]) sowie die vorherige Ausschöpfung aller sinnvoll anwendbaren Mittel, die eine Grundrechtsverwirklichung der friedlichen Demonstranten (zB durch die räumliche Beschränkung eines Verbotes) ermöglichen. Insbesondere setzt das Verbot der gesamten Demonstration als ultima ratio voraus, daß das mildere Mittel, durch Kooperation mit den friedlichen Demonstranten eine Gefährdung zu verhindern, gescheitert ist oder daß eine solche Kooperation aus Gründen, welche die Demonstranten zu vertreten haben, unmöglich war. Wird aufgrund der näheren Umstände ein allgemeines vorbeugendes Demonstrationsverbot erwogen, so erscheint es bei Großdemonstrationen mit weit überwiegend friedlich gesonnenen Teilnehmern in aller Regel geboten, daß eine solche außergewöhnliche und einschneidende Maßnahme zuvor unter Fristsetzung angekündigt wird, wobei innerhalb der Frist Gelegenheit zur Erörterung der befürchteten Gefahren und geeigneter Gegenmaßnahmen besteht.
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Da nach alledem die für die Ausgangsverfahren maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften bei verfassungskonformer Auslegung nicht zu beanstanden sind, verletzen die angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen nicht schon deshalb Grundrechte der Beschwerdeführer, weil sie auf diesen Vorschriften beruhen. Die Anwendung der gesetzlichen Regelung hält hingegen einer verfassungsgerichtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
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1. Die Gerichte sind in beiden Instanzen in Übereinstimmung mit der allgemeinen Auffassung davon ausgegangen, daß die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges einer behördlichen Maßnahme eine Interessenabwägung erfordert, wenn sich die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme bei summarischer Überprüfung nicht hinreichend übersehen läßt. Sie haben nicht verkannt, daß in Fällen der vorliegenden Art. eine intensivere Überprüfung geboten ist.
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Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits in seiner ersten Grundsatzentscheidung im Zusammenhang mit der sofortigen Vollziehung von Ausweisungsverfügungen klargestellt, daß der Rechtsschutzanspruch des Bürgers um so weniger zurücktreten dürfe, je schwererwiegend die ihm auferlegte Belastung sei und je mehr die Maßnahme der Verwaltung Unabänderliches bewirke (BVerfGE 35, 382 [402]). Dieser Ansatz wurde in der Entscheidung zum Sofortvollzug von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen für den Fall fortentwickelt, daß ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird (BVerfGE 67, 43 [61 f.]). Wegen der Auswirkungen einer solchen Ablehnung und im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes wird hier verlangt, daß sich das Verwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht mit einer bloßen Prognose zur voraussichtlichen Richtigkeit des "Offensichtlichkeitsurteils" zufrieden gibt, sondern die Frage der Offensichtlichkeit erschöpfend klärt und insoweit über eine lediglich summarische Prüfung hinausgeht. Das stimmt mit dem verwaltungsrechtlichen Schrifttum überein, wonach die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage im Eilverfahren dann stärker zu berücksichtigen sind, wenn die Vollziehungsanordnung später praktisch nicht mehr rückgängig zu machen ist (Kopp, VwGO, 6. Aufl, 1984, RdNr. 82 zu § 80; Eyermann/Fröhler, VwGO, 7. Aufl, 1977, RdNr. 47b zu § 80). Es liegt auf der Linie dieser Auffassung, wenn der Bundesminister des Innern und die Gewerkschaft der Polizei auf die gesteigerte Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes auch in Demonstrationsverfahren hinweisen und darlegen, die Verwaltungsgerichte müßten schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung tragen, daß hier die Grundrechtsverwirklichung vielfach situationsabhängig, nämlich auf einen einmaligen Anlaß bezogen ist und daß daher der Sofortvollzug eines Verbotes in der Regel zu ihrer endgültigen Verhinderung führt. Die inzwischen erfolgte Änderung des § 80 VI VwGO ist gerade auch damit begründet worden, daß im Bereich des Demonstrationsrechts das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren praktisch die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt (BTDrucks 9/1905, S. 5). Machen die Behörden eine hinreichend intensive Prüfung im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren unmöglich, indem sie ihre Entscheidung ohne zureichende Gründe verzögern, kann sich dies zugunsten der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels auswirken.
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Der danach gebotenen intensiveren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle haben die Gerichte im vorliegenden Fall genügt. Beim Verwaltungsgericht hat dies zur teilweisen Aufhebung der behördlichen Anordnung geführt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anordnung zwar in vollem Umfang bestätigt; es hat aber nicht in erster Linie auf eine Interessenabwägung abgestellt, sondern im wesentlichen - ähnlich wie im Hauptsacheverfahren - die Rechtmäßigkeit des strittigen Verbotes überprüft und seine Entscheidung maßgeblich damit begründet.
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2. Es kann dahinstehen, ob angesichts der erwähnten Besonderheiten auch die verfassungsgerichtliche Nachprüfung intensiver als sonst sein müßte (für den Normalfall vgl. BVerfGE 53, 30 [61 f.]). Selbst bei Anlegung eines strengeren Maßstabes hält die erstinstanzliche Entscheidung dieser Nachprüfung stand.
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Das Verwaltungsgericht betont in seiner Entscheidung zutreffend den hohen Rang des Grundrechts der Versammlungsfreiheit, das auch das Recht umfasse, sich dort zu versammeln, wo die Veranstalter es für wünschenswert hielten. Es stellt nicht auf die unterbliebene Anmeldung, sondern gemäß § 15 VersG auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch gewalttätige Ausschreitungen ab. Dabei geht es in Übereinstimmung mit der Verbotsbegründung und der späteren Beurteilung des Oberverwaltungsgerichts ersichtlich von der Annahme aus, daß solche Ausschreitungen nur von einer kleinen Minderheit der Teilnehmer zu befürchten waren. Unter dieser Voraussetzung bewirkte der für die Masse der friedlichen Teilnehmer fortbestehende Grundrechtsschutz, daß ein auf § 15 VersG gestütztes vorbeugendes Demonstrationsverbot eine erhöhte Wahrscheinlichkeit in der Gefahrenprognose voraussetzte sowie die vorherige Ausschöpfung aller sinnvoll anwendbaren Mittel, die den friedlichen Demonstranten eine Grundrechtsverwirklichung ermöglichten. Dem hat das Verwaltungsgericht hinreichend Rechnung getragen, indem es den Sofortvollzug des Verbotes auf die nähere Umgebung des Bauvorhabens beschränkte.
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Bei dieser Entscheidung hat das Gericht schon im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Verbotes und erneut bei der Interessenabwägung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und darauf abgestellt, daß Gewaltanwendungen gegen die Baustelleneinrichtungen, insbesondere gegen den Bauzaun durchaus zu befürchten waren, während für sonstige Ausschreitungen hinreichende Anhaltspunkte fehlten. Diese Prognose beruhte auf den vorliegenden Unterlagen, also auf erkennbaren Umständen; sie wurde im übrigen später dadurch bestätigt, daß es in der Nähe des Baugeländes tatsächlich zu Ausschreitungen gekommen ist. Demgemäß haben die Beschwerdeführer zu I. den Sofortvollzug in dem vom Verwaltungsgericht angeordneten Umfang auch nicht beanstandet. Nur die Beschwerdeführer zu II. meinen, zum Schutz der Baustelle hätte eine enger gezogene "Bannmeile" genügt. Sie lassen aber außer acht, daß die emotionalisierende Nähe eines umstrittenen Bauvorhabens gefahrenträchtige Entwicklungen auslösen kann, so daß in aufgeheizten Situationen bei Großdemonstrationen ein größerer Abstand erforderlich sein kann (vgl. auch die eingangs genannten "Stuttgarter Gespräche" Ziff III. 5. sowie den Erfahrungsbericht des nordrhein-westfälischen Innenministers zur Großdemonstration 1977 in Kalkar). Insbesondere verkennen die Beschwerdeführer den Entscheidungsspielraum, der in diesem Zusammenhang der Behörde zur Anordnung effektiver Schutzmaßnahmen gebührt und den das Verwaltungsgericht dadurch respektiert hat, daß es die Abgrenzung an den polizeilich vorbereiteten Straßensperren orientierte. Das Bundesverfassungsgericht kann diese Abgrenzung um so weniger von Verfassungs wegen beanstanden, als auch die Beschwerdeführer nicht geltend machen, daß die Demonstranten ihrerseits etwas dazu beigetragen hätten, gefahrenträchtige Entwicklungen zu unterbinden und - durch Kontaktaufnahme mit der Behörde und durch Einwirkung auf die Teilnehmer, sich friedlich zu verhalten und Gewalttäter zu isolieren - die Schwelle für behördliches Eingreifen anzuheben.
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3. Aus den zuvor erörterten Gründen ist auch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, soweit es die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und die Beschwerde der Beschwerdeführer zu II. zurückgewiesen hat. Die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts verletzen hingegen alle Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 8 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, soweit das Oberverwaltungsgericht den Beschwerden der Beigeladenen stattgegeben und den Sofortvollzug des Demonstrationsverbotes über den vom Verwaltungsgericht gebilligten Umfang hinaus für das Gebiet der gesamten Wilstermarsch bestätigt hat.
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a) Nach Meinung der Gewerkschaft der Polizei beruht die Anwendung der gesetzlichen Regelung durch das Oberverwaltungsgericht in mehrfacher Hinsicht auf Erwägungen, bei denen die Anforderungen des Art. 8 GG verkannt worden seien (vgl. oben A.IV.4.*; kritisch auch Drosdzol, a.a.O. (415); Jacob, DÖV 1981, S. 463).
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Der Kritik ist zuzugeben, daß sofort vollziehbare Verbote von Großdemonstrationen nach dem inzwischen gewonnenen Erkenntnisstand verfassungsrechtlich künftig schwerlich gebilligt werden könnten, wenn sie in dem Umfang und mit der Begründung angeordnet werden wie im vorliegenden Fall. Weder die Behörde noch das Oberverwaltungsgericht haben hinreichende rechtliche Konsequenzen daraus gezogen, daß die weit überwiegende Mehrzahl der Demonstranten friedlich demonstrieren wollten (vgl. dazu oben C.III.3.b*). Demgemäß stellt das Oberverwaltungsgericht keine ausreichenden Anforderungen an die Gefahrenprognose für das Gebiet außerhalb des vom Verwaltungsgericht aufrechterhaltenen Verbotsbereichs, obwohl das Verwaltungsgericht ausdrücklich festgestellt hatte, es fehlten ausreichende Anhaltspunkte dafür, daß es in diesem Gebiet zu Ausschreitungen gegen Personen und Sachen kommen werde. Es begründet die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit in der übrigen Wilstermarsch lediglich damit, daß "die gutwilligen und böswilligen Demonstranten, die aus allen Teilen der Bundesrepublik anreisen wollen, sich in dem gesamten Raum sammeln, ihn in Richtung Brokdorf durchziehen und in großen Scharen auch in den kleinen Ortschaften auftreten werden, obgleich es unter ihnen niemanden gibt, der nach vorheriger Anmeldung und Absprache mit den Behörden irgendeine Verantwortung trägt". Diese Begründung enthält nicht einmal für die böswilligen Demonstranten konkrete Anhaltspunkte dafür, weshalb diese sich in dem fraglichen Bereich gewalttätig verhalten sollten. Von der Prüfung, ob nicht ein auf die Umgebung des Bauplatzes beschränktes Verbot zum Schutz der öffentlichen Sicherheit ausreichend gewesen wäre, lenken die Erwägungen des Gerichts über Unruhe und Befürchtungen in der Bevölkerung und über die mangelnde Eignung der Wilstermarsch für Großdemonstrationen ab. Grundlage für den weitreichenden Eingriff eines vorbeugenden Demonstrationsverbotes können aber nicht Befürchtungen Dritter, sondern nur "erkennbare Umstände" für eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit sein; die Erwägung, eine Demonstration mit lokalem Bezug in irgendein Stadion zu verlegen, läßt den schon vom Verwaltungsgericht betonten Zusammenhang zwischen Demonstrationsanlaß und Demonstrationsort außer acht. Soweit das Oberverwaltungsgericht zutreffend auf die unterbliebene Anmeldung und die daraus folgende Schwierigkeit für geeignete Absprachen abstellt, zieht es keine Konsequenzen daraus, daß die Behörde - obwohl ihr das Vorhaben nach Zeit, Ort und beteiligten Trägergruppen bekannt war - die von ihr ursprünglich selbst erwogene "Abmahnung" nicht vorgenommen hat, um auf diese Weise zu einer kooperativen Vorbereitung hinzuwirken.
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Insgesamt spricht manches dafür, daß erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des ungewöhnlich weitreichenden Verbotes bestanden, welches das Grundrecht der Versammlungsfreiheit auch für die große Mehrzahl der friedlichen Demonstranten für mehrere Tage in einem Gebiet von etwa 210 qkm praktisch außer Geltung setzte. Andererseits könnte zu berücksichtigen sein, daß wesentliche Erkenntnisse zur friedlichen Durchführung von Großdemonstrationen erst später gewonnen worden sind und daß auch von den Initiatoren der Brokdorf-Demonstration mehr hätte erwartet werden können, um deren friedlichen Ablauf zu gewährleisten. Ob es bei dieser Sachlage und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Eilverfahrens verfassungsgerichtlich noch hinzunehmen ist, daß das Oberverwaltungsgericht im Zeitpunkt seiner Entscheidungen das Verbot bei summarischer Prüfung als rechtmäßig beurteilt hat, kann indessen offenbleiben. Denn den Verfassungsbeschwerden ist jedenfalls deshalb stattzugeben, weil das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlichen Entscheidungen nach der damals geltenden Rechtslage überhaupt nicht zum Nachteil der Beschwerdeführer ändern durfte:
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b) Die Verwaltungsgerichtsordnung bestimmte in dem für die angegriffenen Beschlüsse maßgeblichen Zeitpunkt in § 80 VI 2, daß verwaltungsgerichtliche Entscheidungen unanfechtbar waren, soweit sie Anträgen auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels stattgegeben hatten. Entgegen dieser klaren gesetzlichen Regelung hat das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde der Beigeladenen gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen als zulässig erachtet. Damit hat es unter Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung überschritten. Zugleich wird dadurch das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 8 GG verletzt; denn die rechtsstaatswidrige Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidungen hatte zur Folge, daß die Beschwerdeführer in der übrigen Wilstermarsch an der Ausübung der Versammlungsfreiheit gehindert wurden. Ihren zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden, die sich übereinstimmend gegen diese Behinderung richten und auf die Verletzung des Art. 8 GG stützen, ist ohne Rücksicht darauf stattzugeben, wer von ihnen die Unanfechtbarkeit der erstinstanzlichen Entscheidungen geltend gemacht hat.
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aa) Daß die Verfahrensweise des Oberverwaltungsgerichts mit der damaligen Fassung des § 80 VI 2 VwGO nicht vereinbar war, hat auch der Bundesminister des Innern in seiner Stellungnahme als möglich erachtet. Dem entspricht es, daß der Gesetzgeber eine Änderung dieser Regelung durch das Gesetz vom 20. Dezember 1982 (BGBl. I S. 1834) gerade deshalb für erforderlich gehalten hat, um eine Anfechtbarkeit erstinstanzlicher Beschlüsse zu eröffnen, welche die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels wiederherstellen (vgl. BTDrucks 9/1905, S. 5). Dem Oberverwaltungsgericht kann auch nicht in der von ihm sowie vom schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten vertretenen Ansicht gefolgt werden, die frühere Gesetzesfassung habe insoweit eine Regelungslücke enthalten, die im Wege zulässiger Auslegung habe geschlossen werden können:
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Schon in der vom Oberverwaltungsgericht zitierten Grundsatzentscheidung (BVerfGE 35, 263) hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich klargestellt, es sei nicht verfassungswidrig, daß die Beschwerde einer Behörde durch § 80 VI 2 VwGO aF ausgeschlossen war. Nur bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung, die den einen Bürger begünstigen und gleichzeitig einen anderen belasten, sei die Vorschrift verfassungskonform dahin auszulegen, daß nach dem Grundsatz der prozessualen Chancengleichheit beide beschwerdebefugt sein müßten. Ein Versammlungsverbot nach § 15 VersG ist nach Regelungsinhalt und Regelungsadressat gerade kein derartiger Verwaltungsakt mit Doppelwirkung. Dessen Besonderheit besteht darin, daß sich die Begünstigung der einen mit der Beeinträchtigung einer anderen Person wechselseitig bedingen, so daß der eine Betroffene ein positives, der andere ein negatives Interesse an Entstehung, Fortbestand und Beseitigung des Aktes hat (vgl. Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, 1967, S. 1 f., 29). Dabei genügt es nicht, daß irgendwelche Interessen Dritter beeinträchtigt werden; erforderlich ist vielmehr ein Nachteil im Sinne einer Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen, die Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Klage sein könnten (Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl, 1979, S. 171 f.; Laubinger, a.a.O., S. 14 f.), wie das bisher in Rechtsprechung und Lehre für baurechtliche und immissionsschutzrechtliche Nachbarklagen oder Konkurrentenklagen anerkannt worden ist (vgl. Erichsen/Martens, a.a.O.; Meyer/Borgs, VwVfG, 2. Aufl, 1982, RdNr. 10 zu § 13; Knack, VwVfG, 2. Aufl, 1982, RdNr. 5.3.1 zu § 35). Bei Verwaltungsakten dieser Art. war es ein Gebot der Waffengleichheit und gehörte zur Garantie des effektiven Rechtsschutzes, beiden Beteiligten ein Beschwerderecht zuzubilligen und die insoweit bestehende Regelungslücke im Wege der Auslegung zu schließen.
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Versammlungsverbote gemäß § 15 VersG richten sich demgegenüber ausschließlich an Teilnehmer und Veranstalter einer geplanten Demonstration und schränken deren Grundrechte ein. Sie ergehen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; soweit sie auch für Dritte bedeutsam sind, handelt es sich um Reflexwirkungen, die nach Inhalt und Adressat höchst unbestimmt sind (vgl. auch Jacob, DÖV 1981, S. 463). Angesichts dieser unterschiedlichen Interessenlage ist nicht erkennbar, daß hier eine ähnliche Regelungslücke bestand wie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung. Hier greift vielmehr ein, was das Bundesverfassungsgericht schon in der erwähnten Grundsatzentscheidung ausgeführt hat: Den von der Behörde zu wahrenden öffentlichen Belangen und überwiegenden Interessen Dritter, denen im Rahmen des verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutzes ebenfalls Rechnung zu tragen ist, wird in ausreichendem Maße dadurch genügt, daß die Behörden die sofortige Vollziehung anordnen und nach Satz 1 des § 80 VI VwGO jederzeit eine Änderung der gerichtlichen Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung verlangen können (BVerfGE 35, 263 [275]).
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Dem Oberverwaltungsgericht kann sonach nicht gefolgt werden, wenn es meint, es habe die Beigeladenen entgegen der damaligen Gesetzesfassung als beschwerdebefugt behandeln dürfen. Bei diesen handelte es sich um Vertreter von Behörden im Bereich des Demonstrationsverbotes. Soweit das Oberverwaltungsgericht davon spricht, die Beigeladenen seien teils selbst betroffene Bürger, läßt es außer acht, daß die in den Entscheidungen genannten Verfahrensbeteiligten allenfalls als Behördenvertreter, nicht hingegen als Privatpersonen die Voraussetzungen einer Beiladung (§ 65 VwGO) erfüllten und durch die Entscheidungen der Vorinstanz jedenfalls nicht in eigenen Rechten verletzt waren (vgl. dazu auch BayVGH, BayVBl. 1983, S. 85).
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bb) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war nicht nur mit der früheren Gesetzesfassung unvereinbar, sondern überschreitet auch die verfassungsrechtlichen Grenzen einer erlaubten richterlichen Rechtsfortbildung. Das Bundesverfassungsgericht hat Aufgabe und Befugnis der Gerichte zur Rechtsfortbildung stets anerkannt (BVerfGE 34, 269 [287 f.]). Es hat aber wiederholt betont, daß dieser Befugnis durch den rechtsstaatlichen Grundsatz der richterlichen Rechtsbindung und Gesetzesbindung Grenzen gezogen sind (BVerfGE 49, 304 [318 f.]; 57, 220 [248]; 59, 330 [334]; 65, 182 [190 f., 194 f.]). Diese Grenze wird überschritten, wenn ein Gericht Rechtspositionen verkürzt, die der Gesetzgeber unter Konkretisierung allgemeiner verfassungsrechtlicher Prinzipien gewährt hat (vgl. BVerfGE 49, 304 [319 f.]).
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Im vorliegenden Fall hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner gegen den Gesetzeswortlaut gerichteten Auslegung die verfassungsrechtliche Relevanz des in § 80 VwGO geregelten Rechtsschutzsystems außer acht gelassen. Der dort vorgesehene Suspensiveffekt von Rechtsmitteln gilt als fundamentaler Grundsatz des öffentlichen Prozesses. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung des von der Behörde angeordneten Sofortvollzuges ist eine adäquate Ausprägung des grundgesetzlich garantierten Rechtsschutzes, die den Betroffenen davor bewahren soll, daß die Verwaltung vor Unanfechtbarkeit eines belastenden Verwaltungsaktes vollendete Tatsachen schafft (BVerfGE 35, 263 [272 ff.]; vgl. auch BVerfGE 51, 268 [284]; 67, 43 [58]). Diesem Ziel diente auch die Unanfechtbarkeit von Entscheidungen, welche die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels anordnen. Auch wenn die Verfassung den Gesetzgeber nicht zwingend zu einer solchen Regelung verpflichtete, so war es doch nicht Sache der Gerichte, die bestehende gesetzliche Regelung eigenmächtig im Wege einer Auslegung contra legem zu ändern und eigene rechtspolitische Auffassungen zur Geltung zu bringen.
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Die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts waren daher aufzuheben, soweit es den Beschwerden der Beigeladenen stattgegeben hatte. Die Entscheidung über die Erstattung der Auslagen beruht auf § 34 III und IV BVerfGG.
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