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Zitiert durch:
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Zitiert selbst:
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A.
I.
1. Mit seinem (ersten) Asylantrag vom November 1981, mit dem er g ...
2. Unter Berufung auf einen Brief seines Bruders aus Ghana stellt ...
II.
III.
B.
I.
1. Vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde muß der Beschwerd ...
2. Ausnahmen von dem Erfordernis, vor Erhebung der Verfassungsbes ...
II.
Bearbeitung, zuletzt am 14.12.2023, durch: Sabrina Gautschi, A. Tschentscher
BVerfGE 70, 180 (180)Zur Geltendmachung der Verletzung rechtlichen Gehörs im Verfahren gemäß § 80 Abs. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde.
 
 
Beschluß
 
des Zweiten Senats vom 18. Juni 1985
 
– 2 BvR 414/84 –  
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn O... – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Ingo Emigholz, Repsoldstraße 49, Hamburg l – gegen den Beschluß des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 6. März 1984 – OVG Bs VII 140/84 –.
 
 
Entscheidungsformel:
 
Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
 
 
Gründe:
 
 
A.
 
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluß eines Oberverwaltungsgerichts. Er rügt, daß dieses in dem asylrechtlichen Verfahren wegen AnordBVerfGE 70, 180 (180)BVerfGE 70, 180 (181)nung der aufschiebenden Wirkung (§§ 14 Abs. 2, 10 Abs. 3 des Gesetzes über das Asylverfahren [Asylverfahrensgesetz – AsylVfG] vom 16. Juli 1982 [BGBl. I S. 946] in Verbindung mit § 80 Abs. 5 VwGO) seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe.
I.
 
Der Beschwerdeführer ist ghanaischer Staatsangehöriger. Er begehrt, als asylberechtigt anerkannt zu werden.
1. Mit seinem (ersten) Asylantrag vom November 1981, mit dem er geltend machte, er müsse wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration seine Verhaftung befürchten, hatte er keinen Erfolg. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte den Antrag ab. Das Verwaltungsgericht Hamburg wies seine Klage ab, die Berufung ließ es nicht zu (vgl. § 32 Abs. 1 und 2 AsylVfG). Seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung (§ 32 Abs. 4 AsylVfG) wies das Hamburgische Oberverwaltungsgericht zurück (§ 32 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
2. Unter Berufung auf einen Brief seines Bruders aus Ghana stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag (§ 14 AsylVfG). Diesen behandelte die Ausländerbehörde als unbeachtlich (§§ 14 Abs. 2, 10 Abs. 1 AsylVfG); mit Bescheid vom 12. September 1983 drohte sie dem Beschwerdeführer für den Fall, daß er nicht binnen zwei Wochen ausreise, die Abschiebung an (§ 10 Abs. 2 AsylVfG).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Klage und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 10 Abs. 3 AsylVfG). Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht ab. In seinem Beschluß vom 11. Januar 1984 führte es aus, daß ein beachtlicher Folgeantrag nicht vorliege, weil die Sachlage sich nicht entsprechend den Erfordernissen der § 14 AsylVfG, § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG geändert habe: Soweit der Beschwerdeführer sich auf die Mitteilung seines Bruders aus Ghana berufe, daß ihm vorgeworfen werde, anläßlich der Teilnahme an einer Demonstration eine Million Cedis gestohlen zu haben, handele es sich – die Richtigkeit des Vorbringens unterstellt – lediglichBVerfGE 70, 180 (181) BVerfGE 70, 180 (182)um ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ohne politischen Bezug. Auch dem weiteren vom Beschwerdeführer eingereichten Brief, der von seiner Mutter stammen solle, komme kein Beweiswert zu; denn bei ihm handele es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung. Die Ausländerbehörde habe auch ohne Ermessensfehler davon abgesehen, dem Beschwerdeführer ungeachtet der Entscheidung über den Folgeantrag den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Die ihm eingeräumte Ausreisefrist sei nicht zu kurz bemessen.
Gegen diesen Beschluß legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Er machte geltend, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht den Folgeantrag als unbeachtlich angesehen, und überreichte zur weiteren Begründung ein mit Datum vom 4. Januar 1984 versehenes, in englischer Sprache abgefaßtes Schreiben nebst deutscher Übersetzung: In dem Schreiben berichte sein ghanaischer Rechtsanwalt, daß sein Fall an das Special Tribunal weitergeleitet worden und seine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe von drei bis fünf Jahren zu erwarten sei sowie seine Verhaftung für den Fall seiner Rückkehr anstehe; die Verteidigung sei erschwert, seit die Organisation Ghana Bar Association im Oktober 1982 verboten worden sei. Der Beschwerdeführer reichte dem Gericht ferner ein Schriftstück ein, bei dem es sich um einen Steckbrief der ghanaischen Polizei handele.
Durch Beschluß vom 6. März 1984 wies das Hamburgische Oberverwaltungsgericht die Beschwerde zurück. Es nahm auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug und fügte ergänzend hinzu, daß der Inhalt der Briefe des Bruders und der Mutter – die Echtheit der Briefe unterstellt – frei erfunden sei. Zu dem Schreiben des ghanaischen Rechtsanwalts und dem Steckbrief führte es aus:
    Das im Beschwerdeverfahren vorgelegte angebliche Anwaltsschreiben vom 4.1.1984 ist bereits im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung nicht als echt anzusehen. Auch inhaltlich zeigt sich, daß es nicht von einem Anwalt herrührt. So ist auszuschließen, daß der Antragsteller mit seinem Anwalt unter der Angabe eines eigenenBVerfGE 70, 180 (182) BVerfGE 70, 180 (183)Geschäftszeichens korrespondiert. Es gibt kein "Special Tribunal", sondern ein "Public Tribunal". Die Ghana Bar Association ist keineswegs im Oktober 1982 verboten worden (vgl. West Africa 1984 S. 302). Das Schreiben wird schließlich auch nicht in dem eingereichten Briefumschlag ohne Absenderangabe nach Deutschland gelangt sein.
    Der überreichte Steckbrief schließlich ist gefälscht. Das ergibt die unübliche Ausstellung. So fehlt eine Unterschrift (vgl. die Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 6.1. und 25.3.1981, Dokumentation AA 1981/1 und 1981/12). Nummer und Datum stammen nicht aus demselben Jahr (vgl. Auskunft vom 11.12.1981, AA 1981/31).
Die verwaltungsgerichtlichen Akten enthalten keinerlei Hinweis darauf, daß einer der Verfahrensbeteiligten oder das Oberverwaltungsgericht die seinem Beschluß zugrunde gelegten Tatsachen (daß es ein Special Tribunal nicht gebe sowie daß die Ghana Bar Association nicht verboten worden sei) und die von ihm herangezogenen Informationsgrundlagen (den Bericht der Zeitschrift "West Africa" und die Auskünfte des Auswärtigen Amtes, aus denen es den Mangel der Echtheit des Steckbriefes folgerte) in den Prozeß eingeführt hätte.
II.
 
Gegen den Beschluß des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde erhoben. Er rügt eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG: Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sei für ihn überraschend. Dieses habe keinerlei Beweisaufnahme durchgeführt. Zu den Gründen, die zur Nichtbeachtung des Anwaltsschreibens und des Steckbriefes geführt hätten, sei er nicht gehört worden. Wären ihm die Gründe hierfür bekannt gewesen, so hätte er hiergegen vorgebracht:
Zwar treffe es zu, daß die offizielle Bezeichnung der Gerichtsbarkeit "Public Tribunal" laute; sie werde aber vielfach, insbesondere von Kritikern des gegenwärtigen Regimes, als "Special Tribunal" bezeichnet. Die Ghana Bar Association sei zur Zeit zwar nicht formal verboten, aber faktisch vollständig blockiert.BVerfGE 70, 180 (183) BVerfGE 70, 180 (184)Bei den zwei Geschäftszeichen könne es sich um eine Doppelbezeichnung des ghanaischen Rechtsanwalts oder um ein Büroversehen von ihm handeln; das Fehlen der Absenderangabe erkläre sich aus der Postkontrolle in Ghana.
Die unterschiedlichen Daten des Steckbriefes erklärten sich daraus, daß nicht-vollzogene Haftbefehle in Ghana mit einer neuen Nummer in das neue Jahr übernommen würden. Nur das Original werde persönlich unterschrieben; er habe aber nie behauptet, den mit der persönlichen Unterschrift versehenen Original-Steckbrief erhalten und dem Gericht eingereicht zu haben.
Zu allen diesen Angaben hätte Beweis erhoben werden können durch Einholung von Auskünften des Auswärtigen Amtes oder der Organisation amnesty international oder der Ghana Bar Association.
III.
 
Zu der Verfassungsbeschwerde hat sich für den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg der Staatsrat der Justizbehörde geäußert. Er hält den Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht für begründet. Die von dem Oberverwaltungsgericht verwendeten Kenntnisse über "Special Tribunal" und über die "Ghana Bar Association" seien für den Beschwerdeführer nicht überraschend gewesen; dieser beanstande letztlich nur, daß er die Schlußfolgerungen des Gerichts nicht erwartet habe, zu denen dieses aber kein Gehör zu gewähren brauche. Das Gericht sei auch nicht gehalten gewesen, seine Bedenken gegen die Echtheit des Steckbriefes mit dem Beschwerdeführer zu erörtern; denn dieser habe ausreichend Gelegenheit zum Vortrag gehabt; er habe sich offenbar darauf beschränkt, den Steckbrief einzureichen, ohne dazu weitere Erläuterungen zu geben.
Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts hat die Stellungnahme des 1. Senats mitgeteilt. Dieser verweist auf die Rechtsprechung des Gerichts, wonach die Gerichte grundsätzlich nicht verpflichtet seien, ihre Schlußfolgerungen aus den Beweisergebnissen und ihre Auffassung über den Wert einzelner Beweismittel den Beteiligten vor der Entscheidung mitzuteilen. Im EinBVerfGE 70, 180 (184)BVerfGE 70, 180 (185)zelfall jedoch könne ein Gericht zur Vermeidung einer unzulässigen Uberraschungsentscheidung verpflichtet sein, auf eine bis dahin nicht erörterte rechtliche oder tatsächliche Schlußfolgerung hinzuweisen, wenn diese dem Rechtsstreit eine Wendung gebe, mit der die Beteiligten nicht zu rechnen brauchten. Ein Gericht verletze den Anspruch auf rechtliches Gehör auch dann, wenn es seine Entscheidung auf ihm bekannte amtliche Auskünfte oder andere Quellen stütze, ohne den Beteiligten von deren Heranziehung Kenntnis und zugleich Gelegenheit zur Äußerung zu geben; dies gelte ebenso, wenn das Gericht die Quellen lediglich zur Bestätigung und Absicherung seiner tatsächlichen Würdigung verwerte. Ob das Oberverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe, sei den vorliegenden Aktenauszügen nicht zu entnehmen.
 
B.
 
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
I.
 
1. Vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde muß der Beschwerdeführer gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG den in der maßgeblichen Prozeßordnung vorgesehenen Rechtsweg erschöpfen. Außerdem muß er – gemäß dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde – zunächst die behauptete Grundgesetzverletzung im Interesse einer ordnungsgemäßen Vorprüfung der Beschwerdepunkte auch in allen weiteren fachgerichtlichen Verfahren geltend machen, die zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes führen könnten (vgl. BVerfGE 59, 63 [82 f.]; 63, 77 [78]; 68, 376 [379 f.] m.w.N.).
Das Erfordernis, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde alle nach Lage der Sache sonst zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zu ergreifen, um die Verfassungsverletzung auszuräumen, umfaßt auch diejenigen, deren Zulässigkeit in der bisherigen fachgerichtlichen Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt ist. Auch bei solchen Rechtsbehelfen muß dem Vorrang des VerfahBVerfGE 70, 180 (185)BVerfGE 70, 180 (186)rens der Fachgerichte Rechnung getragen werden. Der subsidiären Funktion der Verfassungsbeschwerde würde es zuwiderlaufen, sie anstelle oder gleichsam wahlweise neben einem möglicherweise anderweit zulässigen Rechtsbehelf zuzulassen (vgl. BVerfGE 68, 376 [381]).
Wenn eine Verfassungsbeschwerde erhoben wird, ohne daß der Beschwerdeführer die behauptete Grundgesetzverletzung zuvor in allen nach Lage der Sache in Betracht kommenden fachgerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, ist seine Verfassungsbeschwerde grundsätzlich als unzulässig zu verwerfen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob jener Rechtsbehelf an eine Frist gebunden ist und also der Beschwerdeführer durch die Verwerfung seiner Verfassungsbeschwerde in aller Regel endgültig seine Rechtsschutzmöglichkeiten verliert, oder ob der Rechtsbehelf keiner Frist unterliegt und der Beschwerdeführer ihn deshalb nach der Verwerfung seiner Verfassungsbeschwerde noch ergreifen kann (zu Fällen befristeter Rechtsbehelfe vgl. BVerfGE 16, 1 [2 f.]; 68, 376 [381 ff.]; zu nicht-befristeten Rechtsbehelfen vgl. BVerfGE 33, 192 [194 f.]; 42, 243 [247 ff.]).
2. Ausnahmen von dem Erfordernis, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG und auch alle sonstigen fachgerichtlichen Verfahren auszuschöpfen, sind eng zu begrenzen (vgl. BVerfGE 68, 376 [380]). Sie kommen im Anwendungsbereich des § 90 Abs. 2 BVerfGG nach Maßgabe von dessen Satz 2 in Betracht. Die Pflicht, auch solche Rechtsbehelfe zu ergreifen, die nicht mehr zum Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG gehören, kann dann entfallen, wenn das dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden könnte.
Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Rechtsbehelf im Hinblick auf eine entgegenstehende Rechtsprechung der Fachgerichte von vornherein als aussichtslos erscheinen muß (vgl. BVerfGE 20, 271 [275]; 49, 24 [51]; 68, 376 [380 f.] m.w.N.). Allein der Umstand, daß eine solche Rechtsprechung zugunsten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs noch nicht vorliegt,BVerfGE 70, 180 (186) BVerfGE 70, 180 (187)wird in der Regel nicht genügen; das Bundesverfassungsgericht hat diesen Umstand nur ausnahmsweise ausreichen lassen (vgl. BVerfGE 17, 252 [257]; 22, 349 [358 f.]; 39, 302 [311 f.]; 60, 7 [13]; 64, 203 [206] m.w.N.; 69, 233 [242 f.]; vgl. auch BVerfGE 63, 77 [79]; vgl. ferner BVerfGE 53, 30 [55] zum Sonderfall eines bereits einmal abgelehnten Änderungsantrages gemäß § 80 Abs. 6 VwGO).
II.
 
Nach den dargelegten Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.
Zwar hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft: Das Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist durch den angegriffenen Beschluß des Oberverwaltungsgerichts letztinstanzlich entschieden; gegen ihn ist ein Rechtsmittel nicht mehr gegeben (§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Verfassungsbeschwerde ist aber im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz ihrer Subsidiarität unzulässig. Der Beschwerdeführer hat die von ihm behauptete Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG noch nicht im Verfahren nach § 80 Abs. 6 VwGO geltend gemacht, das zur Beseitigung des geltend gemachten Verfassungsverstoßes führen kann.
Diesen Weg zu beschreiten, ist dem Beschwerdeführer auch zuzumuten:
a) Rechtsprechung, die einen solchen Änderungsantrag eindeutig als aussichtslos erscheinen lassen könnte, liegt nicht vor. Vielmehr ist es nach der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte durchaus möglich, daß ein Antrag des Beschwerdeführers, die im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO getroffene Entscheidung zu ändern, als zulässig und begründet angesehen wird.
Für die Zulässigkeit von Anträgen gemäß § 80 Abs. 6 VwGO wird zwar überwiegend das Vorliegen veränderter Umstände gefordert (vgl. z.B. VGH Bad.-Württ., ESVGH 16 [1967], 26BVerfGE 70, 180 (187) BVerfGE 70, 180 (188)[27]; NJW 1970, S. 165; OVG Bremen, NJW 1973, S. 341 [342 a.E.]; OVG NW, OVGE 32 [1978], 144; OVG Rh.-Pf., NJW 1981, S. 364; anderer Ansicht die früheren Entscheidungen OVG NW, DÖV 1970, S. 247 und OVG Rh.-Pf., AS 9 [1967], 280 [284 f.]; differenzierend zwischen Änderungen auf Antrag und Änderungen von Amts wegen BayVGH, DVBl. 1982, S. 210 [211 f.]; BayVBl. 1983, S. 503). Es wird dafür aber nicht unbedingt eine Änderung der Sach- oder Rechtslage und ebensowenig das Vorliegen neuer Beweismittel für erforderlich gehalten; auch die bloße Änderung der Prozeßlage wird als ausreichend angesehen (vgl. VGH Bad.-Württ., a.a.O.; Hess. VGH, NJW 1978, S. 182; DÖV 1975, S. 865 [Leitsatz Nr. 222 b]; OVG Rh.-Pf., AS 16 [1982], 11 [13]; vgl. auch BVerwG, NJW 1978, S. 2211; anderer Ansicht OVG NW, OVGE 32 [1978], 144 [146]). Bei dieser Auslegung des § 80 Abs. 6 VwGO erscheint es durchaus möglich, daß die Verwaltungsgerichte auch im Fall des Beschwerdeführers angesichts seines neuen, ihnen bisher nicht bekannten Vorbringens einen solchen Antrag für zulässig erachten. Denn es liegt nicht fern, bei der herausragenden Bedeutung, die dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz des rechtlichen Gehörs als grundsätzlich unabdingbarem objektivrechtlichen Prinzip für ein gerichtliches Verfahren und als prozessualem Urrecht des Menschen zukommt (vgl. BVerfGE 55, 1 [6] m.w.N.), § 80 Abs. 6 VwGO im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG so auszulegen, daß über die Änderung der Sach- und Rechtslage bzw. der Prozeßlage hinaus auch eine substantiierte Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs den Antrag zulässig macht. Die Verwaltungsgerichte haben schon bisher von dem Grundsatz der Unabänderlichkeit unanfechtbarer Entscheidungen dann Ausnahmen zugelassen, wenn die Gewährung des rechtlichen Gehörs unterblieben war (vgl. BVerwGE 11, 322 f.; BVerwG, NVwZ 1984, S. 450). Speziell für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes hat das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen, daß das rechtliche Gehör noch nachträglich gewährt werden muß, wenn die vorherige Anhörung den ZweckBVerfGE 70, 180 (188) BVerfGE 70, 180 (189)des Verfahrens vereitelt hätte und deshalb unterblieben war (BVerfGE 49, 329 [342] [m.]w.N.). Es hat weiter allgemein ausgeführt, daß die Gerichte die überragende Bedeutung des Art. 103 Abs. 1 GG und seine Einwirkung auf das gerichtliche Verfahren auch bei der Abänderbarkeit ihrer Beschlüsse zu beachten haben (BVerfGE 55, 1 [5] m.w.N.). Auch im Asylverfahren gilt, daß die Gerichte nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse – einschließlich Presseberichten und Behördenauskünften – verwerten dürfen, die von einem Verfahrensbeteiligten oder dem Gericht im einzelnen bezeichnet zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurden und zu denen die Parteien sich äußern konnten (vgl. BVerfGE 10, 177 [182 f.]; 20, 347 [349]).
Die Frage abschließend zu entscheiden, ob ein Antrag des Beschwerdeführers, die im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO getroffene Entscheidung zu ändern, zulässig ist, ist zunächst den Verwaltungsgerichten vorbehalten, die als Fachgerichte in ihrem Bereich für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts primär zuständig sind (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]; ständige Rechtsprechung; vgl. im übrigen BVerfGE 68, 376 [381]; 69, 233 [242 f.]).
b) Den Beschwerdeführer darauf zu verweisen, er müsse vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde die Änderung der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO getroffenen Entscheidung beantragen, ist für ihn auch nicht etwa mit der Begründung unzumutbar, daß einem solchen Antrag nicht die aufschiebende Wirkung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 7 AsylVfG zukomme.
Die sofortige Zulassung der Verfassungsbeschwerde würde ihn in diesem Punkt nicht besser stellen. Dieser kommt ebensowenig wie dem Antrag gemäß § 80 Abs. 6 VwGO eine aufschiebende Wirkung zu. Für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde ist zwar in § 32 BVerfGG ausdrücklich die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung vorgesehen. Entsprechende Möglichkeiten haben aber auch die Verwaltungsgerichte für die Dauer des Verfahrens gemäß § 80 Abs. 6 VwGO: Sofern dieses Verfahren – im Hinblick auf die Rüge der Verletzung des rechtBVerfGE 70, 180 (189)BVerfGE 70, 180 (190)lichen Gehörs – hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und sofern nach den konkreten Umständen des Einzelfalles keine Anhaltspunkte bestehen, daß der Asylsuchende den Verfahrensabschluß lediglich zu verschleppen beabsichtigt, ist ihm ungeachtet der Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 7 AsylVfG wegen Art. 16 Abs. 2 Satz 2, 19 Abs. 4 GG weiterhin vorläufig der Aufenthalt zu gestatten. Auf welchem verfahrensrechtlichen Weg die Verwaltungsgerichte diesen Schutz gewähren, falls die Ausländerbehörde nicht schon von sich aus mit der Abschiebung zuwartet, ist von ihnen im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften zu entscheiden.
c) Daß es dem Beschwerdeführer nicht zugemutet werden könne, vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde die Änderung der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO getroffenen Entscheidung zu beantragen, läßt sich noch weniger daraus herleiten, daß im Verfahren nach § 80 Abs. 6 VwGO nach der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nur eine neue sachliche Regelung der aufschiebenden Wirkung für die Zukunft getroffen werden könne, die bisherige Regelung der aufschiebenden Wirkung aber für die Vergangenheit und auch der belastende Kostenausspruch bestehen bleibe (vgl. BayVGH, DVBl. 1982, S. 210 [212] m.w.N.). Zum einen erscheint nicht ausgeschlossen, daß die Verwaltungsgerichte, falls sie Anträge außer wegen nachträglicher Änderungen der Sach- oder Rechtslage bzw. der Prozeßlage auch wegen ursprünglicher (damals nicht erkannter) Rechtsfehler zulassen, insoweit den früheren Kostenausspruch überprüfen. Zum anderen ist aber jedenfalls zu beachten, daß allein der Gesichtspunkt, daß der Beschwerdeführer durch die Nebenentscheidung über die Kosten belastet ist, die verfassungsgerichtliche Überprüfung der gesamten Gerichtsentscheidung auch hinsichtlich der Hauptsache nicht eröffnen kann (vgl. BVerfGE 33, 247 [256 ff., 259]; 59, 336 [349]).
(gez.) Rinck Dr. Dr. h. c. Niebler Steinberger Träger Mahrenholz Böckenförde KleinBVerfGE 70, 180 (190)