Der Gesetzgeber muss bei Regelungen zur Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten nach Art. 30 und Art. 83 ff. GG die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen.
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Urteil | |
des Ersten Zweiten Senats vom 15. Juli 2003 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2003 | |
-- 2 BvF 6/98 -- | |
in dem Verfahren über den Antrag festzustellen, dass § 50 Absatz 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) mit Artikel 83 und 84 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig ist, Antragsteller: Senat der Freien und Hansestadt Hamburg, vertreten durch den Präsidenten, Drehbahn 36, 20354 Hamburg -- Bevollmächtigter: Professor Dr. Georg Hermes, Egenolffstraße 21, 60316 Frankfurt am Main --. | |
Entscheidungsformel:
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§ 50 Absatz 4 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (Bundesgesetzblatt Teil I Seite 1120) ist mit Artikel 30 in Verbindung mit den Artikeln 86 und 87f Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.
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Gründe: | |
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in § 50 Abs. 4 des Telekommunikationsgesetzes, welche die Zuständigkeit für die Erteilung der Zustimmung zur Verlegung oder Änderung von Telekommunikationslinien, die die Verkehrswege nutzen, vom Wegebaulastträger auf die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post verlagert, sofern der Wegebaulastträger selbst als Lizenznehmer auf dem Telekommunikationsmarkt tätig oder mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zusammengeschlossen ist.
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I. | |
1. § 50 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) -- TKG -- lautet:
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§ 50 Grundsatz der Benutzung öffentlicher Wege
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(1) Der Bund ist befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit nicht dadurch der Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird (Nutzungsberechtigung). Als Verkehrswege gelten die öffentlichen Wege, Plätze und Brücken sowie die öffentlichen Gewässer.
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(2) Der Bund überträgt das Recht nach Abs. 1 auf Lizenznehmer nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 im Rahmen der Lizenzerteilung nach § 8. Telekommunikationslinien sind so zu errichten und zu unterhalten, dass sie den Anforderungen der Sicherheit und Ordnung sowie den anerkannten Regeln der Technik genügen.
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(3) Die Verlegung neuer Telekommunikationslinien und die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien bedürfen der Zustimmung der Träger der Wegebaulast. Bei der Verlegung oberirdischer Leitungen sind die Interessen der Wegebaulastträger, der Lizenznehmer und die städtebaulichen Belange abzuwägen. Die Zustimmung kann mit technischen Bedingungen und Auflagen versehen werden, die diskriminierungsfrei zu gestalten sind.
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(4) Ist der Wegebaulastträger selbst Lizenznehmer oder mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 23 Abs. 2 oder 3 [Fn. 1: Jetzt § 37 Abs. 1 oder 2.] des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zusammengeschlossen, so ist die Regulierungsbehörde für die Zustimmungserteilung nach Absatz 3 zuständig, wenn ein anderer Lizenznehmer die Verkehrswege des Wegebaulastträgers nutzen will. | |
2. a) Bis zum Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes im Jahre 1996 war die Telekommunikationsordnung in Deutschland durch staatliche Monopole gekennzeichnet. Die Post führte Aufgaben im Bereich des Fernmeldewesens zunächst als Sondervermögen des Bundes in bundesunmittelbarer Verwaltung aus. Dem Bund war ein umfassendes Verwaltungsmonopol vorbehalten. Gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 1 GG a.F. wurde die Bundespost in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführt. Dem Bund stand auf der Grundlage von § 1 Abs. 1 Satz 1 des Fernmeldeanlagengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. März 1977 (BGBl. I S. 460) insbesondere das ausschließliche Recht zu, Fernmeldeanlagen zu errichten und zu betreiben. Gleichzeitig verlieh § 1 Abs. 1 Satz 1 des Telegrafenwegegesetzes vom 18. Dezember 1899 (RGBl. S. 705) der (Bundes-) "Telegraphenverwaltung" die Befugnis, Verkehrswege für Telegrafenlinien, die öffentlichen Zwecken dienen, unentgeltlich zu benutzen, soweit dadurch nicht der Gemeingebrauch dauernd beschränkt wurde; unter Telegrafenlinien waren auch Fernsprechlinien zu verstehen.
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b) Die so genannte Postreform I durch das Poststrukturgesetz vom 8. Juni 1989 (BGBl. I S. 1026) bezweckte eine Trennung von hoheitlichen und unternehmerischen Aufgaben der Post. Als Teilbereiche wurden drei teilrechtsfähige öffentliche Unternehmen geschaffen (Telekom, Postdienst, Postbank), denen die unternehmerischen Aufgaben übertragen wurden. Gleichzeitig wurde das Verwaltungsmonopol des Bundes im Fernmeldebereich in Teilen aufgehoben. Der Markt für Endgeräte sowie für Telekommunikationsdienste -- mit Ausnahme der traditionellen Sprachdienste -- wurde geöffnet. Das Netzmonopol, also das Recht, Übertragungswege zu errichten und zu betreiben, behielt sich der Bund vor. Im neu gefassten Telegrafenwegegesetz wurde das Fernmeldeleitungsrecht auf die Deutsche Bundespost Telekom übertragen (vgl. Bekanntmachung vom 24. April 1991,BGBl. I S. 1053).
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c) Der Rat der Europäischen Gemeinschaften beschloss, die Telekommunikationsinfrastrukturen und den öffentlichen Telefondienst in den Mitgliedstaaten zum 1. Januar 1998 zu liberalisieren (vgl. Entschließungen vom 22. Juli 1993 und 22. Dezember 1994, ABlEG Nr. C 213/1 vom 6. August 1993 und Nr. C 379/4 vom 31. Dezember 1994). Diese Vorgabe wurde durch eine Reihe von Richtlinien der Kommission umgesetzt, insbesondere durch die Richtlinie 90/388/EWG über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste in der Fassung der Änderungs-Richtlinie 96/19/EG (ABlEG Nr. L 192/10 vom 24. Juli 1990 und Nr. L 74/13 vom 22. März 1996). Nach deren Art. 4 Abs. 1 sind die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Bedingungen für den Zugang zu den öffentlichen Telekommunikationsnetzen objektiv und nicht diskriminierend zu gestalten; nach Art. 4d haben die Mitgliedstaaten zudem dafür Sorge zu tragen, dass Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bei der Erteilung von Wegerechten für die Bereitstellung solcher Netze nicht diskriminiert werden. Diese Diskriminierungsverbote wurden in Art. 11 der neuen Rahmenrichtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (ABlEG Nr. L 108/33 vom 24. April 2002) konkretisiert; sie ist bis zum 24. Juli 2003 von den EU-Mitgliedstaaten umzusetzen. Hiernach haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass bei öffentlichen Behörden oder Gebietskörperschaften, die an Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste beteiligt sind oder diese kontrollieren, eine tatsächliche strukturelle Trennung zwischen der für die Erteilung der Wegenutzungsrechte zuständigen Stelle und den Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle besteht.
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d) Die so genannte Postreform II hat mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 30. August 1994 (BGBl. I S. 2245) die Art. 87f und Art. 143b in das Grundgesetz eingefügt, welche die Privatisierung der Organisation und der Dienstleistungsaufgaben des Postwesens und der Telekommunikation vorsehen. Im Zentrum der neuen Vorschriften steht der in Art. 87f Abs. 2 GG normierte Grundsatz der Trennung von einerseits privatwirtschaftlich zu erfüllenden Dienstleistungsaufgaben, die zu erbringen den aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen (Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG, Deutsche Telekom AG; vgl. Art. 3 des Postneuordnungsgesetzes vom 14. September 1994,BGBl. I S. 2325 ) und anderen privaten Anbietern vorbehalten ist, und andererseits Hoheitsaufgaben, für die ausschließlich der Bund zuständig bleibt.
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e) Das Telekommunikationsgesetz vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) -- TKG -- ist in weiten Teilen -- so auch die zur Prüfung gestellte Regelung in § 50 Abs. 4 -- am 1. August 1996 in Kraft getreten. Gleichzeitig trat das Telegrafenwegegesetz außer Kraft. Wichtigstes Ziel des Telekommunikationsgesetzes ist die Umsetzung der in Art. 87f GG und im EG-Recht vorgezeichneten Entscheidung für eine vollständige Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes durch die Aufhebung des Sprachtelefondienstmonopols ab 1. Januar 1998. Zur Ausführung der auf dem Gebiet des Postwesens und der Telekommunikation verbleibenden Hoheitsaufgaben wurde als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post eingerichtet, die zum 1. Januar 1998 ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Das zentrale Instrument zur Regulierung des Telekommunikationsmarktes ist die in den §§ 6 bis 16 TKG geregelte Lizenz. Lizenzpflichtig sind gemäß § 6 Abs. 1 TKG das Betreiben von Übertragungswegen, welche die Grenze eines Grundstücks überschreiten und für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit genutzt werden, und das Anbieten von Sprachtelefondiensten. Im Lizenzantrag ist das Gebiet zu bezeichnen, in dem die lizenzpflichtige Tätigkeit ausgeübt werden soll. Nach Maßgabe des § 8 TKG besteht grundsätzlich ein Anspruch auf Erteilung einer (gebührenpflichtigen) Lizenz.
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3. Gemäß § 50 Abs. 1 und 2 TKG steht dem Bund das Recht zu, Verkehrswege unentgeltlich für Telekommunikationslinien zu nutzen, die öffentlichen Zwecken dienen; im Rahmen der Lizenzerteilung überträgt er dieses Recht auf die Lizenznehmer. Bei der Verlegung neuer und der Änderung vorhandener Telekommunikationslinien ist nach § 50 Abs. 3 Satz 1 TKG die Zustimmung des Trägers der Wegebaulast einzuholen. Ist dieser selbst Lizenznehmer oder mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 GWB zusammengeschlossen, so ist gemäß § 50 Abs. 4 TKG die Regulierungsbehörde für die Zustimmungserteilung nach Absatz 3 zuständig, wenn ein anderer Lizenznehmer die Verkehrswege des Wegebaulastträgers nutzen will.
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Zur Vereinfachung des Verfahrens der Zustimmungserteilung in den Fällen des § 50 Abs. 4 TKG wurde vom früheren Bundesministerium für Post und Telekommunikation mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände ein bundesweit einheitlicher Verfahrensablauf vereinbart, der in einem von der Regulierungsbehörde herausgegebenen "Arbeitsbehelf für die Wegebaulastträger zur Durchführung des Zustimmungsverfahrens nach § 50 Abs. 4 TKG" festgelegt ist (abgedruckt als Anhang 2 zu § 50 in: Scheurle/Mayen, TKG-Kommentar, 2002). In der Vereinbarung heißt es:
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"Der Lizenznehmer legt seinen Antrag auf Zustimmung zur Benutzung öffentlicher Wege nach § 50 Abs. 4 TKG bei der Regulierungsbehörde oder zur Verwaltungsvereinfachung direkt beim Wegebaulastträger vor. Folgende Arbeitsschritte sind nach dem Eingang eines Antrags durchzuführen:
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1. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung soll im Falle des § 50 Abs. 4 TKG hinsichtlich der Vorbereitung der Zustimmungserklärung so verfahren werden, als ob es sich um einen Fall nach § 50 Abs. 3 TKG handelt -- vgl. Empfehlungen der kommunalen Spitzenverbände mit Schreiben Az. 17.08.09/10 vom 20.2.1997/Stb Abschnitt III.
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2. Abgabe des gesamten Antrags -- einschließlich aller vom Lizenznehmer bzw. vom Wegebaulastträger erstellten Anlagen -- an die zuständige Außenstelle der Regulierungsbehörde unter Verwendung eines Schreibens gemäß Anlage 2.
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weiter bei der Regulierungsbehörde: (zur Information)
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-- Die Regulierungsbehörde prüft den Vorgang und stellt fest, ob gegebenenfalls erfolgte Vorgaben (technische Bedingungen oder Auflagen) des Wegebaulastträgers diskriminierungsfrei erfolgt sind.
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-- Bei Bedarf erfolgt eine Rücksprache/Abstimmung mit dem Wegebaulastträger.
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-- Die Regulierungsbehörde erteilt in eigener Verantwortung die Zustimmung und erlässt einen Bescheid an den Antragsteller. Der Wegebaulastträger erhält ebenfalls einen Bescheid.
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-- Nach Ablauf der Widerspruchsfrist sendet die Regulierungsbehörde den Antrag nebst Anlagen -- sofern kein Widerspruch eingelegt wurde -- dem Wegebaulastträger zurück.
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-- Eventuelle Gebühren sind vom Wegebaulastträger direkt beim Antragsteller geltend zu machen. Diesbezügliche Rechtsmittel richten sich direkt gegen den Wegebaulastträger.
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-- Rechtsmittel in Verbindung mit dem Zustimmungsverfahren nach § 50 Abs. 4 TKG richten sich gegen die Regulierungsbehörde."
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Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg beantragt, § 50 Abs. 4 TKG für mit Art. 83 und Art. 84 des Grundgesetzes unvereinbar und deshalb nichtig zu erklären.
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1. Die in § 50 Abs. 4 TKG geregelte Zuständigkeitsverlagerung von den regelmäßig als Wegebaulastträger zuständigen Behörden der Länder und Gemeinden auf eine Bundesoberbehörde sei ein verfassungsrechtlich unzulässiger Eingriff in die sich aus Art. 83 GG ergebende Verwaltungshoheit der Länder. Aus Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG lasse sich keine entsprechende Bundesverwaltungskompetenz herleiten. Die Zustimmung nach § 50 Abs. 4 TKG gehöre nicht zu den Hoheitsaufgaben des Bundes im Bereich der Telekommunikation und habe auch keinen spezifischen Bezug zu diesen Hoheitsaufgaben. Die Zuständigkeitsverlagerung auf eine Bundesbehörde erfülle auch nicht die Voraussetzungen für eine Bundesverwaltungskompetenz kraft Sachzusammenhangs. Dies werde durch einen Vergleich von Abs. 3 und Abs. 4 des § 50 TKG deutlich. Wenn der Träger der Wegebaulast bei der Verlegung neuer oder der Änderung vorhandener Telekommunikationslinien gemäß § 50 Abs. 3 TKG zustimme, vollziehe er Normen des Bundesrechts, die keinen spezifisch telekommunikationsrechtlichen Gehalt aufwiesen. Grundlage hierfür seien Art. 83 und Art. 84 Abs. 1 GG. Der Zustimmung nach § 50 Abs. 4 TKG könne keine andere Qualität beigemessen werden als derjenigen gemäß § 50 Abs. 3 TKG, weil in beiden Fällen technische und organisatorische Konflikte bei einer Leitungsverlegung im Straßenraum zu lösen seien.
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2. Die Regelung des § 50 Abs. 4 TKG, die das Verfahren der Zustimmungserteilung erheblich verzögere, sei zudem ungeeignet, eine Interessenkollision zwischen Wegebaulastträger und Konkurrent abzuwehren. Der Interessenkonflikt werde nur auf eine andere Ebene verlagert: Die Deutsche Telekom AG überweise jährlich Milliardenbeträge an den Bund; deshalb sei die Gefahr einer Beeinflussung der Regulierungsbehörde zugunsten der Deutschen Telekom AG sogar höher einzustufen als bei fortbestehender Entscheidungszuständigkeit des Wegebaulastträgers. Der Bund habe ein erhebliches Interesse an einer möglichst starken Marktposition der Deutschen Telekom AG; hieraus resultiere die Vermutung einer "Befangenheit" der Behörden des Bundes. Das sich in der angegriffenen Regelung widerspiegelnde Misstrauen gegenüber den Behörden der Wegebaulastträger sei dagegen unberechtigt.
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3. § 50 Abs. 4 TKG umgehe die in Art. 84 GG getroffene Regelung der Befugnisse des Bundes zur Einwirkung auf die Verwaltung der Länder bei der Ausführung von Bundesgesetzen als eigene Angelegenheit. Das Tätigwerden der Regulierungsbehörde sei seiner Funktion nach Rechtsaufsicht des Bundes über die Länder und Gemeinden, ohne den Anforderungen des Art. 84 Abs. 4 GG zu genügen. Der Form nach stehe es in der Nähe zu einer Einzelweisung nach Art. 84 Abs. 5 GG, ohne aber dessen Voraussetzungen zu erfüllen. Zudem erfolge ein verfassungsrechtlich unzulässiger "Durchgriff" auf die Gebietskörperschaften; dies werde durch die Verwaltungspraxis bestätigt.
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III.
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Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung und den Regierungen der Länder Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
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Namens der Bundesregierung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Stellung genommen. Es hält den Normenkontrollantrag für unbegründet.
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1. Der Bund sei nach Art. 73 Nr. 7 GG für den Erlass des § 50 Abs. 4 TKG zuständig. Nach Art. 87f Abs. 1 GG habe der Bund nach Maßgabe eines zustimmungsbedürftigen Bundesgesetzes in den Bereichen Post und Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten, die gemäß Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG von privaten Anbietern zu erbringen seien. Aus Art. 73 Nr. 7 und Art. 87f Abs. 1 GG folge nicht nur die Gesetzgebungskompetenz, sondern auch ein entsprechender Gesetzgebungsauftrag an den Bund. Dieser grundgesetzliche Infrastrukturgewährleistungsauftrag schließe eine Regelung über die Nutzung öffentlicher Verkehrswege zur Verlegung von Telekommunikationslinien notwendig ein. Das Nutzungsrecht wäre aber ohne eine Verfahrensbestimmung über die Zustimmung des Wegebaulastträgers nicht durchführbar.
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2. Die wettbewerbsrechtliche Vorgabe in Art. 87f Abs. 1 GG, die auch vor dem Hintergrund der europarechtlichen Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes zu sehen sei, finde in § 50 Abs. 4 TKG ihren Niederschlag. Für die Gewährleistung angemessener und ausreichender Telekommunikationsdienstleistungen müssten die Leistungen zu erschwinglichen Preisen angeboten werden können. Die Preise würden auch von den Kosten für Telekommunikationslinien beeinflusst. Wenn der für die Zustimmung an sich zuständige Wegebaulastträger selbst als Konkurrent auf dem Telekommunikationsmarkt tätig sei, bestehe die Gefahr einer Verzerrung des Preiswettbewerbs.
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3. Der Bund besitze gemäß Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG auch die Verwaltungskompetenz für die Vollziehung des § 50 Abs. 4 TKG durch eigene Behörden. Bei der Zustimmung nach § 50 Abs. 3 TKG gehe es allein um die Einhaltung der §§ 52 und 54 TKG und die technische Abstimmung mit straßenbaulichen und ähnlichen Belangen. Bei der Zustimmungserteilung durch die Regulierungsbehörde gemäß § 50 Abs. 4 TKG stünden hingegen telekommunikationsrechtliche Aspekte der Gewährleistung des Wettbewerbs, des regulatorischen Ausgleichs der Interessen zweier Konkurrenten, im Vordergrund. Der selbst auf dem Telekommunikationsmarkt tätige Wegebaulastträger habe hinsichtlich der wegerechtlichen Zustimmung eine Machtposition inne, deren missbräuchliche Ausnutzung gegenüber dem Konkurrenten sich jedenfalls nicht ausschließen lasse. Der Liberalisierungsauftrag des Art. 87f GG verlange rechtliche Rahmenbedingungen, die bei den Investoren im Telekommunikationsbereich Vertrauen auf die Neutralität des Staates begründe.
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4. Art. 84 GG werde weder verletzt noch umgangen. Im Falle des § 50 Abs. 4 TKG liege die Verantwortung für die Erteilung der Zustimmung allein beim Bund. Der Regulierungsbehörde obliege es, vom Wegebaulastträger gelieferte Beiträge zur Vorbereitung der Entscheidung in eigener Verantwortung umfassend hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Verwaltungspraxis zeige, dass bei der Zustimmungserteilung auf die Belange der Wegebaulastträger weitgehend Rücksicht genommen werde. Die Einschätzungen der Regulierungsbehörde beschränkten sich auf die telekommunikationsrechtlichen Aspekte der Wegenutzung. Durch die organisatorische Trennung der Verwaltung der Bundesbeteiligung an der Deutschen Telekom AG beim Bundesfinanzministerium und der Erfüllung der Regulierungsaufgaben durch die im Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie tätige Regulierungsbehörde sei eine neutrale Entscheidung gesichert.
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IV.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihr schriftsätzliches Vorbringen bekräftigt und vertieft. Als Auskunftspersonen haben sich für den antragstellenden Senat aus der Behörde für Bau und Verkehr Senator Mettbach und Amtsrat Jacobs und für die Bundesregierung Ministerialdirigent Messing und namens der Regulierungsbehörde Regierungsdirektor Zerres insbesondere zu Fragen der Verwaltungspraxis des Zustimmungsverfahrens nach § 50 Abs. 4 TKG geäußert.
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Der Antrag ist zulässig. Das objektive Interesse an der Klarstellung, ob die zur Prüfung gestellte Norm gültig ist (vgl. BVerfGE 6, 104 [110]; 101, 1 [30]), wird durch die vom Antragsteller dargelegten Zweifel ausreichend verdeutlicht (vgl. BVerfGE 52, 63 [80]). Ein darüber hinausgehendes individuelles Rechtsschutzinteresse ist nicht erforderlich (vgl. BVerfGE 2, 213 [217]; 20, 350 [351]; 52, 63 [80]).
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§ 50 Abs. 4 TKG ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig.
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I.
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Die Regelung über die Zuständigkeit für die Erteilung der Zustimmung in § 50 Abs. 4 TKG verstößt gegen Art. 30 in Verbindung mit Art. 86, Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG.
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1. Nach dem für die deutsche bundesstaatliche Ordnung grundlegenden Verfassungsrechtssatz des Art. 30 GG sind die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Entsprechend bestimmt Art. 83 GG, dass die Länder grundsätzlich auch die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit ausführen. Unter Ausführung von Bundesgesetzen ist die verwaltungsmäßige Ausführung zu verstehen. In diesem Bereich spricht eine Vermutung für die Landeszuständigkeit (vgl. BVerfGE 11, 6 [15]). Das Grundgesetz hat es dem Bundesgesetzgeber nicht freigestellt, ob und in welcher Weise er die Länder an der Ausführung von Bundesgesetzen beteiligen will. Es hat diese Aufgabe vielmehr prinzipiell den Ländern übertragen. Daraus folgt, dass die Länder berechtigt und verpflichtet sind, zur Ausführung von Bundesgesetzen in eigener Verantwortung verwaltend tätig zu werden (vgl. BVerfGE 37, 363 [384 f.]; 55, 274 [318 f.]).
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2. Bei den Maßnahmen, zu denen § 50 Abs. 3 und 4 TKG ermächtigt, handelt es sich im Sinne von Art. 30 GG um die Ausübung staatlicher Befugnisse und die Erfüllung staatlicher Aufgaben. Es geht um die verwaltungsmäßige Ausführung von Aufgaben des Telekommunikationsgesetzes, die sich auch auf Landesrecht und Normen der kommunalen Ebene auswirken.
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a) Gemäß § 50 Abs. 1 TKG ist der Bund befugt, Verkehrswege für die öffentlichen Zwecken dienenden Telekommunikationslinien unentgeltlich zu benutzen, soweit nicht dadurch der Widmungszweck der Verkehrswege dauernd beschränkt wird. Der Bund kann diese Nutzungsberechtigung nicht selbst in Anspruch nehmen, sondern hat sie nach § 50 Abs. 2 TKG auf Lizenznehmer zu übertragen, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 TKG eine Lizenz zum Betreiben von Übertragungswegen innerhalb eines räumlich abgegrenzten Gebietes erworben haben.
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b) Bevor ein Lizenznehmer durch Verlegung oder Änderung einer Telekommunikationslinie von dem ihm übertragenen Wegenutzungsrecht Gebrauch macht, muss er gemäß § 50 Abs. 3 TKG die "Zustimmung" des Trägers der Wegebaulast einholen. Diese Zustimmung entfaltet nicht mehr die Konzentrationswirkung der früheren Planfeststellung nach § 7 Abs. 1 des Telegrafenwegegesetzes. Mit Ausnahme der straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis müssen deshalb neben der Zustimmung sonstige fachgesetzliche Genehmigungen, z.B. nach Bau-, Wasser-, Natur- oder Denkmalschutzrecht, eingeholt werden (vgl. BTDrucks 13/4438, Anl. 3 zu Nr. 62). Nach dem Willen des Gesetzgebers soll sich die Zustimmung nach § 50 Abs. 3 TKG auf die konkrete Ausgestaltung der Nutzung der Verkehrswege durch Telekommunikationslinien (z.B. Verlegungstiefe, Abstand vom Fahrbahnrand) beschränken, d.h. auf Fragen der technischen Ausgestaltung. Danach ist ein Ermessensspielraum im Allgemeinen nur im Rahmen technischer Vorschriften gegeben; nur bei Verlegung oberirdischer Leitungen soll darüber hinaus eine ermessensfehlerfreie Abwägung der städtebaulichen Belange einerseits und der wirtschaftlichen Interessen eines Lizenznehmers andererseits erfolgen (vgl. BTDrucks 13/3609, S. 49).
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Die Rechtsprechung zu § 50 Abs. 3 TKG zeigt, dass in der Verwaltungspraxis die regelmäßig als Wegebaulastträger zuständigen Länder und Gemeinden Zustimmungsentscheidungen vielfach mit umfangreichen Nebenbestimmungen versehen, die detaillierte, auch auf Landesrecht und kommunalen Normen beruhende straßen-, material-, verkehrs- oder terminbezogene Bauvorgaben enthalten können und insbesondere möglichen Konflikten mit anderen Versorgungsleitungen wie Abwasser, Wasser und Energie im Straßenraum vorbeugen sollen (vgl. etwa VG des Saarlandes, Urteil vom 26. Februar 2002 -- 1 K 87/00 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2000 -- 16 K 1344/98 -- [JURIS]).
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c) Die Zustimmung ändert ihr Wesen nicht, wenn sie gemäß § 50 Abs. 4 TKG in den Fällen, in denen der Wegebaulastträger selbst als konkurrierender Lizenznehmer am Telekommunikationsmarkt tätig oder mit einem solchen im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 GWB zusammengeschlossen ist, von der Regulierungsbehörde erteilt wird. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 50 Abs. 4 TKG, der ausdrücklich von der "Zustimmungserteilung nach Absatz 3" spricht. Die Reichweite des Prüfprogramms ist im Kern identisch; in Absatz 4 tritt lediglich die Aufgabe hinzu, die Diskriminierungsfreiheit der Entscheidung auch im Hinblick auf die Stellung des Wegebaulastträgers als Konkurrent zu gewährleisten. Obwohl § 50 Abs. 4 TKG seinem Wortlaut nach die Zuständigkeitsverlagerung auf die Regulierungsbehörde nur für den Fall vorsieht, dass "ein anderer Lizenznehmer" die Verkehrswege eines Wegebaulastträgers nutzen will, der selbst Lizenznehmer oder mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 37 Abs. 1 oder 2 GWB zusammengeschlossen ist, geht die Verwaltungspraxis davon aus, dass die Vorschrift auch anzuwenden ist, wenn der lizensierte Wegebaulastträger selbst oder der mit ihm zusammengeschlossene Lizenznehmer bereits von anderen Lizenznehmern benutzte Verkehrswege für (weitere) Telekommunikationslinien zu nutzen beabsichtigt. Ist eine Kommune in dieser Weise am Telekommunikationsmarkt tätig, werden sämtliche Zustimmungsentscheidungen im Gemeindegebiet -- unabhängig von der konkreten Betroffenheit des Wegebaulastträgers -- entsprechend den Vorgaben des "Arbeitsbehelfs für die Wegebaulastträger zur Durchführung des Zustimmungsverfahrens nach § 50
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Abs. 4 TKG" von der Regulierungsbehörde getroffen; nach den Angaben des Vertreters der Regulierungsbehörde in der mündlichen Verhandlung setzt die Regulierungsbehörde in diesem Verwaltungsvorgang dann auch die von den Wegebaulastträgern vorgeschlagenen Nebenbestimmungen fest.
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3. Die Zuständigkeit für die Ausführung des Telekommunikationsgesetzes liegt gemäß Art. 30, Art. 83 GG grundsätzlich bei den Ländern. Für eine Kompetenzverlagerung zu Gunsten des Bundes enthält § 50 Abs. 4 TKG keine rechtliche Grundlage, die mit Art. 30 GG in Einklang steht; die Vorschrift ist -- im Zusammenhang mit § 50 Abs. 3 TKG -- widersprüchlich und deshalb verfassungswidrig.
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a) Die Kompetenzaufteilung nach Art. 30 und Art. 83 ff. GG ist eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips im Grundgesetz und zugleich ein Element zusätzlicher funktionaler Gewaltenteilung. Sie verteilt politische Macht und setzt ihrer Ausübung einen verfassungsrechtlichen Rahmen, der diese Machtverteilung aufrechterhalten und ein Zusammenwirken der verschiedenen Kräfte sowie einen Ausgleich widerstreitender Belange ermöglichen soll (vgl. BVerfGE 55, 274 [318 f.]). Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber auch bei der Bestimmung von Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlichen Grundsätze der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit (vgl. BVerfGE 21, 73 [79]; 78, 214 [226]; 98, 106 [119]) zu beachten, um die Länder vor einem Eindringen des Bundes in den ihnen vorbehaltenen Bereich der Verwaltung zu schützen und eine Aushöhlung des Grundsatzes des Art. 30 GG zu verhindern.
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Die Verwaltung des Bundes und die Verwaltungen der Länder sind organisatorisch und funktionell im Sinne von in sich geschlossenen Einheiten prinzipiell voneinander getrennt. Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern ohne verfassungsrechtliche Grundlage sind selbst mit Zustimmung der Beteiligten nicht zulässig. Das Grundgesetz schließt auch eine so genannte Mischverwaltung, soweit sie nicht ausdrücklich zugelassen ist, aus (vgl. BVerfGE 32, 145 [156]; 39, 96 [120]). Die Verwaltungszuständigkeiten des Bundes in der Form der bundeseigenen Verwaltung nach Art. 86 GG sind in den Art. 87 ff. GG grundsätzlich abschließend aufgeführt. Dass das Grundgesetz den Bund stillschweigend ermächtigt, Verwaltungsakte auf Gebieten zu erlassen, die nicht zur bundeseigenen Verwaltung nach Art. 86, Art. 87 ff. GG gehören, kann nur im Ausnahmefall angenommen werden; insbesondere genügt hierfür nicht, dass im Einzelfall die Ausführung eines Gesetzes durch den Bund zweckmäßiger wäre (vgl. BVerfGE 11, 6 [17 f.]; 22, 180 [216 f.]).
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b) Ob für die Zustimmung nach § 50 Abs. 3 und 4 TKG der Bereich der bundeseigenen Verwaltung durch Art. 87f GG eröffnet ist, kann hier offen bleiben. Der Bundesgesetzgeber hat keine folgerichtig hierauf zielende Regelung getroffen. Der Wechsel der Zuständigkeit von den als Trägern der Wegebaulast zuständigen Behörden in den Ländern gemäß § 50 Abs. 3 TKG zur Regulierungsbehörde des Bundes in § 50 Abs. 4 TKG widerspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine hinreichend klare und in sich widerspruchsfreie Bestimmung der Verwaltungszuständigkeit.
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aa) Art. 87f Abs. 1 GG verpflichtet den Bund, auch im Telekommunikationsbereich flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten. Gemäß Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG werden solche Dienstleistungen als privatwirtschaftliche Tätigkeiten durch die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost hervorgegangenen Unternehmen und durch andere Anbieter erbracht; Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation werden nach Abs. 2 Satz 2 in bundeseigener Verwaltung ausgeführt. Der Begriff "Telekommunikation" sollte den in den alten Fassungen der Art. 73 Nr. 7, Art. 80 Abs. 2 GG genutzten Ausdruck "Fernmeldewesen" entsprechend dem international üblichen Sprachgebrauch ohne sachliche Änderungen ersetzen (vgl. BTDrucks 12/7269, S. 4). Das Wort "Hoheitsaufgaben" in Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG sollte das Privatisierungsanliegen der Postreform II verdeutlichen und terminologisch klarstellen, dass die verbliebenen staatlichen Kompetenzen keinesfalls das verwaltungsmäßige Erbringen von Telekommunikationsdienstleistungen umfassen. Der staatliche Handlungsauftrag sollte nicht auf den Ausbau einer optimalen Infrastruktur ausgerichtet sein, sondern auf die Gewährleistung einer flächendeckenden Grundversorgung durch Sicherung der aus der Sicht der Benutzer angemessenen und ausreichenden Telekommunikationsdienstleistungen. Beispielhaft für Hoheitsaufgaben wurden im Grundgesetzänderungsverfahren Fragen der Standardisierung und Normierung, die Funkfrequenzverwaltung, die Erteilung von Genehmigungen für Funkanlagen und die Vorsorge für den Krisen- und Katastrophenfall genannt (vgl. BTDrucks 12/7269, S. 5).
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bb) Die Entscheidung über die Zustimmung zur Benutzung öffentlicher Wege für die Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien könnte zu den so verstandenen Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation im Sinne des Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG gehören. Ob der Auftrag des Bundes, eine flächendeckende Grundversorgung im Telekommunikationsbereich zu gewährleisten, solche verkehrswegebezogenen Regelungen zulässt oder sogar notwendig mit umfasst, bedarf hier keiner Entscheidung; denn die mit dem Normenkontrollantrag zur Prüfung gestellte Bestimmung des § 50 Abs. 4 TKG ist im Zusammenhang mit Absatz 3 der Norm, auf den sie Bezug nimmt, widersprüchlich, verstößt gegen das verfassungsrechtliche Gebot klarer Zuständigkeitsbestimmung und steht schon deshalb mit dem Grundgesetz nicht in Einklang.
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In § 50 Abs. 3 TKG geht der Gesetzgeber von einem eher engen Verständnis des Begriffs "Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation" aus. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Verwaltung jedenfalls der Landes- und Gemeindestraßen grundsätzlich Sache der Länder und Kommunen ist, überträgt er die Entscheidungen über die Zustimmung zur Verlegung neuer oder die Änderung vorhandener Telekommunikationslinien den jeweiligen Wegebaulastträgern. Im Einklang auch mit Art. 30 GG erklärt der Gesetzgeber die Länder und Kommunen ganz überwiegend für zuständig für solche Entscheidungen und ordnet diese prinzipiell dem Bereich der Straßenverwaltung zu.
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An dieser Grundentscheidung muss er sich festhalten lassen. Allein das Hinzutreten eines weiteren Beteiligten und das hierdurch potentiell entstehende Konkurrenzverhältnis zwischen Lizenznehmern und dem die Zustimmung erteilenden Wegebaulastträger rechtfertigen es nicht, in § 50 Abs. 4 TKG dem Bund die volle Entscheidungskompetenz für "die Zustimmungserteilung nach Absatz 3" zu übertragen. Das im Wesentlichen gleichartige Verfahren der Zustimmung zur Verlegung neuer oder zur Änderung vorhandener Telekommunikationslinien kann nicht zugleich einerseits -- im Fall des § 50 Abs. 3 TKG -- dem Bereich der Straßenverwaltung zugerechnet werden und andererseits -- in § 50 Abs. 4 TKG -- nicht dem Bereich der Straßenverwaltung, sondern dem Bereich der Telekommunikation im Sinne des Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG. Regelt der Gesetzgeber die Zustimmungsentscheidung als eine grundsätzlich den Ländern zustehende, kann er der Regulierungsbehörde des Bundes im Einklang mit Art. 30 in Verbindung mit den Art. 86, Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG nur noch ein auf spezifisch telekommunikationsrechtliche Fragen begrenztes Mitentscheidungsrecht einräumen, nicht aber das alle Aspekte der Zustimmung umfassende Alleinentscheidungsrecht.
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Die hier zu prüfende Regelung begründet die verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Gefahr des Eindringens des Bundes in die den Ländern vorbehaltenen Verwaltungsbereiche. Auf der Grundlage des § 50 Abs. 4 TKG wird die Regulierungsbehörde, die das vollständige Prüfprogramm nach § 50 Abs. 3 TKG durchlaufen muss und einen einheitlichen Zustimmungsbescheid mit allen von den Wegebaulastträgern angeregten Nebenbestimmungen erlässt, in der Verwaltungspraxis in die Lage versetzt, gegebenenfalls auch Landesrecht und kommunale Normen zu vollziehen. Anders als der Antragsteller meint, ist insoweit zwar nicht die Ausführung von Bundesgesetzen durch die Länder gemäß Art. 83 und Art. 84 GG angesprochen, wohl aber die verfassungsrechtlich nicht minder sensible Anwendung von Landesrecht durch eine Bundesbehörde.
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4. Die auch europarechtlich begründete Anforderung, dass Betreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze bei der Erteilung von Wegerechten für die Bereitstellung solcher Netze nicht diskriminiert werden (vgl. Art. 4d der Richtlinie 90/388/EWG in der Fassung der Änderungs-Richtlinie 96/19/EG), führt nicht zu einer Zuständigkeit des Bundes in den Fällen des § 50 Abs. 4 TKG. Soweit bei öffentlichen Behörden oder Gebietskörperschaften, die an Betreibern elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste beteiligt sind oder diese kontrollieren, eine tatsächliche strukturelle Trennung zwischen der für die Erteilung von Wegenutzungsrechten zuständigen Stelle und den Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle erforderlich ist (vgl. Art. 11 der Rahmenrichtlinie 2002/21/EG), müssen solche wettbewerbssichernden Maßnahmen nicht durch eine Bundesbehörde getroffen, sondern können auch auf Landesebene umgesetzt werden, zumal eine derartige Wettbewerbssituation nicht auf die Landesebene beschränkt ist, sondern insbesondere auf Bundesebene besteht.
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II.
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Die Rechtsfolgen der Nichtigkeit von § 50 Abs. 4 TKG bestimmen sich nach § 79 Abs. 2 BVerfGG.
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D. | |
Diese Entscheidung ist mit fünf gegen drei Stimmen ergangen.
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