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2. Der Bund kann nicht kraft seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für die Verkehr- und Verbrauchsteuer durch eine Fiktion die in der Veranstaltung von Rundfunksendungen bestehende Tätigkeit der Rundfunkanstalten für den Bereich des Umsatzsteuerrechts in eine Tätigkeit gewerblicher oder beruflicher Art umdeuten.
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des Zweiten Senats vom 27. Juli 1971 auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 1971
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-- 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 -- | |
in dem Verfahren 1. zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 2 Abs. 3 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) vom 29. Mai 1967 (BGBl. I S. 545) - Antrag der Hessischen Landesregierung vom 27. September 1968 -, 2. über die Verfassungsbeschwerden a) des Bayerischen Rundfunks, b) des Hessischen Rundfunks, c) des Norddeutschen Rundfunks, d) des Radio Bremen, e) des Saarländischen Rundfunks, f) des Süddeutschen Rundfunks, g) des Südwestfunks, h) des Westdeutschen Rundfunks gegen § 2 Abs. 3 Satz 2 und § 12 Abs. 2 Nr. 7a des Umsatzsteuergesetzes (Mehrwertsteuer) vom 29. Mai 1967 (BGBl. I S. 545) - Bevollmächtigter zu 1) und 2): Rechtsanwalt Professor Dr. Adolf Arndt, Kassel-Wilhelmshöhe, Im Druseltal 12 -.
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Entscheidungsformel:
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1. § 2 Abs. 3 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer) vom 29. Mai 1967 (Bundesgesetzbl. I S. 545) ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig.
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2. Die Bundesrepublik Deutschland hat den beschwerdeführenden Rundfunkanstalten die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob § 2 Abs. 3 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer) vom 29. Mai 1967 (BGBl. I S. 545) - im folgenden: UStG 1967 -, nach dem die Tätigkeit der Rundfunkanstalten als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes gilt, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Unter "Rundfunk" werden im folgenden Hörfunk und Fernsehen verstanden.
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I.
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1. Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 und 2 Abs. 1 Satz 1 UStG 1967 wie auch ![]() ![]() | |
Nach dem Umsatzsteuergesetz 1951 war die Ausübung der öffentlichen Gewalt keine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit (§ 2 Abs. 3) und unterlag damit nicht der Umsatzbesteuerung. Dazu bestimmte § 19 Abs. 1 Satz 1 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz, daß der Bund, die Länder, die Gemeinden, die Gemeindeverbände, die Zweckverbände und die anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts insoweit nicht gewerblich oder beruflich tätig seien, als sie "öffentlich-rechtliche Aufgaben" erfüllten.
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§ 4 Nr. 7 UStG 1951 erklärte die Umsätze des Bundes im Post- und Fernmeldeverkehr einschließlich des Rundfunks für steuerfrei. Diese aus dem Jahre 1934 stammende, auf die Zuständigkeit des Reiches für das Rundfunkwesen zugeschnittene Bestimmung wurde im Jahre 1957 durch § 4 Nr. 22 UStG 1957 ergänzt (Neuntes Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 18. Oktober 1957 [BGBl. I S. 1743]). Nach dieser Bestimmung waren umsatzsteuerfrei die Umsätze der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, jedoch nur, soweit sie in Rundfunkhörer- und Fernsehteilnehmergebühren bestanden.
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2. Bei Einführung des Mehrwertsteuer-Systems durch das Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer) vom 29. Mai 1967 wurde die Umsatzbesteuerung der Rundfunkanstalten neu geregelt.
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§ 2 Abs. 3 UStG 1967 lautet:
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"Die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Ziff. 6 des Körperschaftsteuergesetzes) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Die Tätigkeit der Rundfunkanstalten gilt als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes."
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Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG 1967 in der Fassung des Gesetzes vom 18. Oktober 1967 (BGBl. I S. 991) beträgt der Steuersatz für die Leistungen der Rundfunkanstalten, soweit die Entgelte in Rundfunkgebühren bestehen, 5+ vom Hundert.
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1. Die Regierung des Landes Hessen hat mit Schriftsatz vom 27. September 1968 beantragt, im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle § 2 Abs. 3 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (Mehrwertsteuer) vom 29. Mai 1967 (BGBl. I S. 545) für nichtig zu erklären.
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Unter Hinweis auf Rechtsgutachten von Rechtsanwalt Dr. Walter Eckhardt, Köln, Professor Dr. Hans Schneider, Heidelberg, und Rechtsanwalt Walter Seuffert, München, die im Gesetzgebungsverfahren erstattet worden sind, führt die Antragstellerin aus:
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Aus dem bundesstaatlichen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland ergebe sich sowohl die gegenseitige Unabhängigkeit und Selbständigkeit der einzelnen Gliedstaaten untereinander und gegenüber dem Bunde als auch der hergebrachte Grundsatz, daß die Ausübung der öffentlichen Gewalt im Sinne von Erfüllung staatlicher Aufgaben nicht steuerbar sei. Der Bund könne, außer durch seine Verfassung, nicht bestimmen, welche Aufgaben als staatliche sich ein Land stelle. Die Kompetenz auf dem Gebiet des Rundfunkwesens, von der Sendetechnik abgesehen, liege ausschließlich bei den Ländern, wie im Fernseh-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 12, 205) näher dargelegt sei. Der Rundfunk in Deutschland sei durch die zuständigen Landesgesetzgeber hoheitlich organisiert. Sobald ein Land als Staat im Rahmen seiner Zuständigkeit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eine Aufgabe durch Gesetz zuweise, habe die juristische Person des öffentlichen Rechts kraft Zuweisung insoweit eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen, das heiße, sie sei in Ausübung öffentlicher Gewalt tätig. An diese Entscheidung der Landesgesetzgeber sei der Bund gebunden und könne auch nicht kraft seiner Umsatzsteuerkompetenz die hoheitliche Tätigkeit der Rundfunkanstalten im Wege einer Fiktion für den Bereich der Umsatzsteuer in eine gewerbliche oder berufliche umdeuten. Die Rundfunk- und Fernsehgebühren, die den Rundfunkanstalten durch Landesrecht zugewiesen würden, seien Mittel der Länder. ![]() ![]() | |
Die Kompetenzüberschreitung des Bundes folge auch daraus, daß die angefochtene Bestimmung nicht Steuerrecht, sondern in Wahrheit Rundfunkrecht setze. Die auf die Rundfunk- und Fernsehgebühren erhobene Steuer sei keine Umsatzsteuer. Die Rundfunkanstalten seien keine Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts. Sie verbreiteten ihre Sendungen unabhängig davon, ob sie empfangen würden oder wer sie außerhalb des den Anstalten zugeordneten Bereichs empfange. Die Gebühren bezögen sich nicht auf die Sendungen, die unentgeltlich seien, sondern auf das Veranstalten der Sendungen. In Wahrheit seien die Sendungen nicht dazu bestimmt, Einnahmen zu erzielen, sondern dienten dazu, die den Rundfunkanstalten durch Gesetz zugewiesene öffentliche Aufgabe der "Nachrichtengebung im weitesten Sinne" zu erfüllen. Es fehlten auch die der Umsatzsteuer wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Lieferung und des Leistungsaustausches. Schließlich sei der Umsatzsteuer wesenseigen, daß sie auf Abwälzbarkeit hin angelegt sei. Eine Belastung gesetzlicher Gebühren mit Umsatzsteuer könne jedoch rechtlich auf Abwälzbarkeit hin nicht angelegt sein.
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Die angefochtene Bestimmung verstoße weiter gegen das Grundrecht der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG). Die Rundfunkfreiheit schütze auch die Mittel, insbesondere die den Rundfunkanstalten nach Landesrecht zur Verfügung gestellten Gelder. Das folge notwendig aus der Sondersituation im Bereich des Rundfunkwesens, die besondere Vorkehrungen zur Verwirklichung und Aufrechterhaltung der in Art. 5 Abs. 1 GG gewähr ![]() ![]() | |
2. Der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, der Norddeutsche Rundfunk, Radio Bremen, der Saarländische Rundfunk, der Süddeutsche Rundfunk, der Südwestfunk und der Westdeutsche Rundfunk haben mit Schriftsatz vom 10. Oktober 1968 Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen §§ 2 Abs. 3 Satz 2 und 12 Abs. 2 Nr. 7a Umsatzsteuergesetz 1967 eingelegt. Die beschwerdeführenden Rundfunkanstalten, die sich dem Bund gegenüber für grundrechtsfähig halten, sehen durch § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 ihre Grundrechte aus den Art. 5 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Gebot bundesfreundlichen Verhaltens verletzt.
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III.
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1. Für die Bundesregierung hat sich der Bundesminister der Finanzen geäußert. Er hält den Antrag der Hessischen Landesregierung und die Verfassungsbeschwerde der Rundfunkanstalten unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Konrad Zweigert, Hamburg, für unbegründet und führt aus: § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 enthalte keine Fiktion, sondern stelle nur klar, daß die Tätigkeit der Rundfunkanstalten eine gewerbliche oder berufliche im Sinne des Umsatzsteuerrechts sei. Die auf die Rundfunk- und Fernsehgebühren erhobene Steuer sei ihrem Wesen nach eine Umsatzsteuer, für die dem Bund die Gesetzgebungskompetenz zustehe. Insbesondere sei ein Leistungsaustausch im Sinne des Umsatzsteuerrechts zwischen Rundfunkanstalten und Rundfunk- bzw. Fernsehteilnehmern anzunehmen. Selbst wenn man der Auffassung zustimme, daß es zu den Wesensmerkmalen der Umsatzsteuer gehöre, die rechtliche Möglichkeit der Abwälzung zu gewährleisten, würde die den Rundfunkanstalten auferlegte Steuer ihren Charakter als Umsatzsteuer nicht verlieren, da die Weiter ![]() ![]() | |
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2. Die Bayerische Staatsregierung, die Regierung des Landes Baden-Württemberg, die Landesregierung des Landes Nordrhein- Westfalen und die Landesregierung von Rheinland-Pfalz haben mitgeteilt, sie hielten den Normenkontrollantrag des Landes Hessen für begründet und schlössen sich den Ausführungen der Hessischen Landesregierung an.
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3. Der Senat hat am 4. Mai 1971 beschlossen, das Normenkontrollverfahren auf Antrag der Hessischen Landesregierung mit dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der Rundfunkanstalten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.
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4. Vizepräsident Seuffert hat vor Verabschiedung des Umsatzsteuergesetzes 1967 als Rechtsanwalt für die Rundfunkanstalten ein Rechtsgutachten zur Frage der Umsatzsteuerpflicht für Rundfunk- und Fernsehgebühren erstattet. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist er daher von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen.
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Gegen die Zulässigkeit des Antrags der Hessischen Landesregierung bestehen keine Bedenken. Auch die Verfassungsbeschwerde der Rundfunkanstalten ist zulässig.
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1. Die beschwerdeführenden Rundfunkanstalten sind rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, ![]() ![]() | |
Etwas anderes gilt dann, wenn ausnahmsweise die betreffende juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen ist (BVerfGE 21, 362 [373]). Aus diesem Grunde hat das Bundesverfassungsgericht die Grundrechtsfähigkeit der Universitäten und Fakultäten für das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG anerkannt (BVerfGE 15, 256 [262]). Entsprechendes gilt für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie sind Einrichtungen des Staates, die Grundrechte in einem Bereich verteidigen, in dem sie vom Staate unabhängig sind. Gerade um die Verwirklichung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit zu ermöglichen, sind die Rundfunkanstalten als vom Staat unabhängige, sich selbstverwaltende Anstalten des öffentlichen Rechts durch Gesetze geschaffen worden; ihre Organisation ist derart, daß ein beherrschender Einfluß des Staates auf die Anstalten unmöglich ist. Der Erlaß solcher Gesetze und eine vom Staat unabhängige Organisation der Rundfunkanstalten sind gerade durch Art. 5 Abs. 1 GG unmittelbar gefordert (BVerfGE 12, 205 ff.). Mit der Verfassungsbeschwerde können die Rundfunkanstalten daher zulässig eine Verletzung ihres Grundrechts auf Rundfunkfreiheit geltend machen.
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2. Die beschwerdeführenden Rundfunkanstalten sind durch § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen (BVerfGE 1, 97 [101 ff.]). Aus dieser Bestimmung in Verbindung mit den allgemeinen technischen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes 1967 ergeben sich unmittelbar Pflichten für die Rundfunkanstalten, ohne daß es eines weiteren Vollzugsaktes bedürfte.
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§ 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 unterstellt die Unternehmereigenschaft der Rundfunkanstalten und wirkt sich daher hinsichtlich ![]() ![]() | |
§ 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 ist nichtig, da der Bund nicht zuständig war (Art. 105 Abs. 2 GG a.F.), die in der Veranstaltung von Rundfunksendungen bestehende Tätigkeit der Rundfunkanstalten als eine Tätigkeit gewerblicher oder beruflicher Art der Umsatzsteuer zu unterwerfen.
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I.
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Der Bundesminister der Finanzen ist der Ansicht, die angefochtene Vorschrift habe nur die Bedeutung, klarzustellen, daß die Tätigkeit der Rundfunkanstalten eine gewerbliche oder berufliche im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei. Für die Rundfunkanstalten gelte § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1967 auch ohne die Klarstellung Dies trifft indessen nicht zu.
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1. Aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG 1967 ergibt sich, daß der Umsatzsteuer nur die Umsätze eines Unternehmers unterliegen. Wer Unternehmer ist, bestimmt § 2 Abs. 1 UStG 1967. Für die ![]() ![]() | |
Der Bundesminister der Finanzen meint, die Rundfunkanstalten seien schon deshalb als Betriebe gewerblicher Art anzusehen, ![]() ![]() | |
2. a) Der Rundfunk ist, nicht zuletzt infolge der Entwicklung der Fernsehtechnik, zu einem der mächtigsten Kommunikationsmittel und Massenmedien geworden, das wegen seiner weitreichenden Wirkungen und Möglichkeiten sowie der Gefahr des Mißbrauchs zum Zweck einseitiger Einflußnahme auf die öffentliche Meinung nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 28. Februar 1961 (BVerfGE 12, 205 (259 ff.) - im folgenden: Fernseh-Urteil) die sich aus der Besonderheit des Rundfunkwesens ergebende Bedeutung des Art. 5 GG dargelegt. Danach verlangt Art. 5 GG, daß dieses "moderne Instrument der Meinungsbildung" weder dem Staat noch einer gesellschaftlichen Gruppe überlassen wird. Zwar spricht Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nur von der ![]() ![]() | |
Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet die institutionelle Freiheit des Rundfunks. Wie das Bundesverfassungsgericht im Fernseh- Urteil ausgeführt hat, wird bei Prüfung der Frage, wie die Freiheit des Rundfunks zu sichern sei, die Besonderheit des Rundfunkwesens - insbesondere verglichen mit der Presse - bedeutsam. Im Bereich des Rundfunks ist - jedenfalls vorerst - sowohl aus technischen Gründen als auch wegen der hohen finanziellen Anforderungen, die der Rundfunkbetrieb mit sich bringt, eine dem Pressewesen entsprechende Vielfalt von miteinander konkurrierenden Darbietungen nicht möglich. Dies erfordert besondere Vorkehrungen zur Verwirklichung und Aufrechterhaltung der in Art. 5 GG gewährleisteten Freiheit, die allgemein verbindlich zu sein haben und daher durch Gesetz zu treffen sind. Alle in Betracht kommenden Kräfte müssen auf die Tätigkeit des Rundfunks Einfluß haben und in dem "von einem Mindestmaß von inhaltlicher Ausgewogenheit, Sachlichkeit und gegenseitiger Achtung" bestimmten Gesamtprogramm zu Worte kommen können (BVerfGE a.a.O., S. 261-263).
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b) Nach 1945 betrieben zunächst die Besatzungsmächte den Rundfunk. Der Übergang in die deutsche Zuständigkeit vollzog sich in den westlichen Besatzungszonen in der Weise, daß teils durch Verordnungen der Militärregierungen, teils durch Gesetze der inzwischen neu geschaffenen Länder Rundfunkanstalten des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung errichtet wurden. Mit dieser stark von den Besatzungsmächten beeinflußten Rundfunkorganisation sollte die Unabhängigkeit der Anstalten vom Staat und ihre politische Neutralität gesichert werden. Seither sind in allen Bundesländern entweder Gesetze über die Anstalten der betreffenden Länder oder Zustimmungsgesetze zu den Staatsverträgen über die für den Bereich mehrerer Länder errichteten Anstalten erlassen worden. Die Rechtsform der Rundfunkanstalten als Anstalten des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung wurde überall beibehalten. Die gesetzlichen Regelungen der verbindlichen Grundsätze für die Sendungen und der Organisation der einzelnen Rundfunkanstalten stimmen im wesentlichen überein.
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Der Rundfunk ist "Sache der Allgemeinheit". Er muß in voller Unabhängigkeit überparteilich betrieben und von jeder Beeinflussung freigehalten werden. Die Darbietungen sollen "Nachrichten und Kommentare, Unterhaltung, Bildung und Belehrung, Gottesdienst und Erbauung vermitteln und dem Frieden, der Freiheit und der Völkerverständigung dienen". Die verschiedenen weltanschaulichen, wissenschaftlichen und künstlerischen Richtungen sind zu berücksichtigen (vgl. z. B. § 3 des Gesetzes über den Hessischen Rundfunk vom 2. Oktober 1948 [GVBl. S. 123] und § 3 des Staatsvertrages über den Norddeutschen Rundfunk vom 16. Februar 1955 [GVBl. Schl-H S. 92]).
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Hinsichtlich der Organe der Anstalten enthalten die Landesgesetze Bestimmungen, die eine weitgehende Beteiligung und Mit ![]() ![]() | |
Schließlich zeigt sich die besondere Natur des Rundfunks als einer der Allgemeinheit verpflichteten Veranstaltung auch in den von den Ländern getroffenen Maßnahmen zur Zusammenarbeit der Rundfunkanstalten. So sind die Anstalten durch das Länderabkommen über die Koordinierung des Ersten Fernsehprogramms vom 17. April 1959 (vgl. z. B. GVBl. NW S. 151) ermächtigt und verpflichtet worden, gemeinsam ein Fernsehprogramm zu gestalten. Durch das Abkommen über einen Finanzausgleich zwischen den Rundfunkanstalten aus dem Jahre 1969 (vgl. z. B. BayGVBl. 1969 S. 380) wurden die Anstalten ermächtigt und verpflichtet, einen angemessenen Finanzausgleich durchzuführen. Im Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts "Zweites Deutsches Fernsehen" vom 6. Juni 1961 (vgl. z. B. GBl. BadWürtt. S. 215) haben die Länder bestimmt, daß diese Anstalt 30 vom Hundert des im Gebiet der vertragschließenden Länder anfallenden Aufkommens aus Fernsehgebühren erhält und daß etwaige Überschüsse an die Länder zur Verwendung für kulturelle Zwecke zurückfließen.
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Die Regelung des Rundfunkwesens in den Ländergesetzen verwirklicht die im Fernseh-Urteil aus Art. 5 GG entwickelten Grundsätze, und es steht mit diesen Verfassungsnormen auch nicht in Widerspruch, daß den mit solchen Sicherungen ausgestatteten ![]() ![]() | |
3. Aus den dargelegten Grundsätzen und Grundzügen der Organisation des Rundfunkwesens ergibt sich, daß die Rundfunkanstalten nicht als Unternehmer, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben, angesprochen werden können. Sie erfüllen in Wirklichkeit öffentlich-rechtliche Aufgaben.
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Den Ländern ist von Verfassungs wegen aufgegeben, durch allgemein verbindliche Normen zu sichern, daß die "für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung" von Nachrichten und Darbietungen durch den Rundfunk staatsfrei und unter Beteiligung aller relevanten gesellschaftlichen Kräfte erfolgt. Die Durchführung dieser Aufgabe haben die Länder den zu diesem Zweck errichteten Anstalten des öffentlichen Rechts zugewiesen und bisher überlassen. Damit haben sie den Rundfunkanstalten eine "Aufgabe der öffentlichen Verwaltung" (BVerfGE a.a.O., S. 246) übertragen, die sie selbst unmittelbar wegen des Gebots der Staatsfreiheit des Rundfunks nicht wahrnehmen können. Die Tätigkeit der Rundfunkanstalten vollzieht sich daher im öffentlich-rechtlichen Bereich. Die Rundfunkanstalten stehen in öffentlicher Verantwortung und erfüllen, indem sie Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehmen, zugleich integrierende Funktionen für das Staatsganze. Ihre Sendetätigkeit ist nicht gewerblicher Art.
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die einzelne Rundfunkanstalt ihre Leistungen gegen eine "Gebühr" erbrächte und auf diese Weise mit dem Rundfunkteilnehmer in eine Beziehung gewerblicher Art träte. Nach § 1 Abs. 2 des Staatsvertrages über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens ist Rundfunkteilnehmer, wer ein Empfangsgerät zum Empfang bereithält, also an der allgemeinen Veranstaltung teilzunehmen in der Lage ist. Wie sehr der Rundfunk als eine Gesamtveranstaltung behandelt wird, ergibt sich insbesondere daraus, daß die Länder in verschiedenen Staatsverträgen die Zusammenarbeit der Anstalten, den Finanzausgleich und die gemeinsame Finanzierung ![]() ![]() | |
Ebensowenig greift der Einwand durch, die Länder könnten bei Zubilligung einer so weiten Gestaltungsfreiheit auch andere Körperschaften des öffentlichen Rechts dem Geltungsbereich des § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1967 entziehen. Die Besonderheit im Bereich des Rundfunkwesens liegt darin, daß die Ländergesetzgeber an gewisse zwingende Gebote des Art. 5 GG gebunden sind. Daß die Rundfunkanstalten eine öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrnehmen und nicht Betriebe gewerblicher oder beruflicher Art sind, ergibt sich aus der noch bestehenden Ordnung des Rundfunkwesens und der Organisation der Rundfunkanstalten. In anderen Fällen der öffentlichen Daseinsvorsorge, in denen öffentliche Körperschaften, insbesondere Gebietskörperschaften beteiligt sind, ergeben sich solche verfassungsrechtlichen Konsequenzen in aller Regel nicht.
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II.
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1. § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 bestimmt, daß die Rundfunkanstalten auf dem Gebiet des Umsatzsteuerrechts so zu behandeln sind, als ob sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübten, obwohl dies, wie zu I dargelegt, in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Dies hat zur Folge, daß die Rundfunkanstalten als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts "gelten", obwohl sie in Wirklichkeit nicht Betriebe gewerblicher Art sind, und daß die Gebühren, obwohl sie nicht als Entgelt für die durch den Rund ![]() ![]() | |
Derartige Fiktionen werden zwar als Mittel der Gesetzestechnik nicht selten verwandt. Es darf indessen nicht außer acht gelassen werden, daß sich der Gesetzgeber nicht beliebig der Fiktion bedienen kann. Ihm sind unter anderem bestimmte Grenzen auch dadurch gesetzt, daß der Verfassungsgesetzgeber, wenn er direkt oder indirekt auf Begriffe Bezug nimmt, die er der allgemeinen Rechtsordnung entlehnt, diese nicht mit einem beliebigen Inhalt füllen kann.
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Hier hat, und zwar in der vor Inkrafttreten des Einundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Finanzreformgesetz) vom 12. Mai 1969 (BGBl. I S. 359) geltenden Fassung, Art. 105 GG als spezielle Kompetenznorm für steuerrechtliche Bestimmungen (BVerfGE 16, 147 [162] mit weiteren Nachweisen) den Bund unter gewissen Voraussetzungen zur konkurrierenden Gesetzgebung auf dem Gebiet der Verbrauch- und Verkehrsteuern und damit auch für deren Hauptanwendungsfall, die Umsatzsteuer, ermächtigt, die von jeher für diesen Bereich typisch war und ihm ihr Gepräge verlieh. Die hierdurch begründete Gesetzgebungskompetenz des Bundes setzte den Gesetzgeber aber nicht in die Lage, nach Belieben einen Tatbestand mit Bindungswirkung einer der in Art. 105 Abs. 2 GG a.F. erwähnten Steuerarten zu unterstellen. Diese waren vom Verfassungsgesetzgeber nicht eigenständig definiert worden. Da er sie der allgemeinen Rechtsordnung entlehnt hat, setzen die diesen Begriffen immanenten objektiven Kriterien auch der Gesetzgebungskompetenz unüberschreitbare Schranken.
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Das Charakteristikum, das das Wesen der hier zur Anwendung kommenden Umsatzsteuer bestimmt, liegt seit jeher in einer allgemeinen Verbrauchsbelastung und Besteuerung jeglichen Leistungsaustausches, der im Wirtschaftsleben vorkommt (Popitz, Umsatzsteuer, in Handwörterbuch für Staatswissenschaften, Bd. 8, 1928, S. 373 f.; Haller, Umsatzsteuer, in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 10, 1959, S. 433; Alfred Hartmann, ![]() ![]() | |
§ 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes vom 24. Dezember 1919 (RGBl. S. 2157) ging von der Steuerpflicht derjenigen Lieferungen und Leistungen aus, die jemand innerhalb der von ihm selbständig ausgeübten gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit im Inland gegen Entgelt ausführt. Nicht einbezogen war die Betätigung öffentlicher Gewalt durch öffentlich-rechtliche Verbände, in der etwas von der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Wesensverschiedenes gesehen wurde (Popitz-Kloß-Grabower, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl. 1928, Anm. B I 2 [S. 291] und B V 7 [S. 343] zu § 1 Nr. 1). Auf der gleichen Linie bewegte sich das Umsatzsteuergesetz vom 17. Oktober 1934 (RGBl. I S. 942) - vgl. § 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 a.a.O. -. Es grenzte in § 2 Abs. 3 a.a.O. die Ausübung öffentlicher Gewalt sogar ausdrücklich von der beruflichen oder gewerblichen Sphäre ab. Die Körperschaften des öffentlichen Rechts konnten danach nur dann und insoweit zur Umsatzsteuer herangezogen werden, als sich ihre Tätigkeit im privatwirtschaftlichen Bereich vollzog (Hartmann- Metzenmacher, Das Umsatzsteuergesetz, 1935, Anm. D I zu § 2). Das Umsatzsteuergesetz in der Fassung vom 1. September 1951 (BGBl. I S. 791) - wie im übrigen auch das Umsatzsteuergesetz 1967 (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 a.a.O.) - änderte, wie dargelegt ist, an dieser grundsätzlichen Differenzierung nichts. Auch im Schrifttum wurde die Erfüllung öffentlicher Aufgaben dann bejaht, wenn der Daseinszweck einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht auf privatwirtschaftliche, sondern auf hoheitsrechtliche Betätigung gerichtet ist und die in Frage stehende Tätigkeit in den so umschriebenen Rahmen des Eigenlebens der Körperschaft fällt; als wesentlicher Gesichtspunkt wurde die ausdrückliche Zuweisung der Tätigkeit durch Gesetz oder Verordnung hervorgehoben (Hartmann-Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 2 Nr. 231).
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2. Da § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 schon wegen Überschreitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nichtig ist, braucht nicht erörtert zu werden, ob die angefochtene Bestimmung auch gegen andere Verfassungsnormen verstößt.
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III.
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1. Die zulässige Verfassungsbeschwerde führt zu einer Prüfung der angefochtenen Bestimmung unter allen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten. Insbesondere kann das Bundesverfassungsgericht im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde gegen ein Bundesgesetz von Amts wegen prüfen, ob eine Zuständigkeit des Bundes zur Gesetzgebung bestanden hat (BVerfGE 1, 264 [271 und Leitsatz 1]; seither ständige Rechtsprechung; vgl. u. a. auch: BVerfGE 3, 58 [74]; 6, 376 [385]; 17, 319 [329]). Wie sich erwiesen hat, ist § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 schon deshalb nichtig, weil der Bundesgesetzgeber nicht befugt ist, die in der Veranstaltung von Rundfunksendungen bestehende Tätigkeit der Rundfunkanstalten in eine Tätigkeit gewerblicher oder beruflicher Art umzudeuten. Unter diesen Umständen bedarf es nicht mehr der Prüfung der weiteren, von den Rundfunkanstalten vorgetragenen Gesichtspunkte. Mit dem Ausspruch der Nichtigkeit der angefochtenen Vorschrift in dem mit der Verfassungsbeschwerde verbundenen Verfahren der Normenkontrolle ist auch das von den ![]() ![]() | |
2. Weitergehend als der Normenkontrollantrag der Hessischen Landesregierung beantragen die Rundfunkanstalten, auch § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG 1967 für nichtig zu erklären. Diese Bestimmung regelt lediglich die Höhe des Steuersatzes und hat neben § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 keine selbständige Bedeutung. Mit der Nichtigerklärung des § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 wird § 12 Abs. 2 Nr. 7a UStG 1967 gegenstandslos.
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3. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34 Abs. 4 BVerfGG. Erstattungspflichtig ist die Bundesrepublik Deutschland, der der von den Rundfunkanstalten erfolgreich gerügte Verfassungsverstoß zuzurechnen ist.
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IV.
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Die Entscheidung zu C ist mit 4 gegen 3 Stimmen ergangen.
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Wir stimmen der Begründung des Urteils zu C.II zu, sind jedoch der Meinung, daß die angefochtene Bestimmung schon deshalb nichtig ist, weil dem Bund den Ländern gegenüber die Gesetzgebungskompetenz fehlt.
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1. Eine Gesetzesfiktion ist in aller Regel dann anzunehmen, wenn der Gesetzgeber einen bestimmten Rechtssatz oder einen Komplex von Rechtssätzen für einen neuen Tatbestand anwend ![]() ![]() | |
Im Fall des § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 liegen der Tatbestand, der "umgedacht" wird, und der Komplex von Rechtssätzen, dem der neue Tatbestand unterworfen werden soll, in verschiedenen Bereichen. Das Umsatzsteuerrecht fällt in die Zuständigkeit des Bundes. Auf dem Gebiet des Rundfunkwesens steht dem Bund dagegen lediglich die Kompetenz zur Regelung des sendetechnischen Bereichs unter Ausschluß der sogenannten Studiotechnik zu. Er ist nicht befugt, die Organisation der Veranstaltung und die innere Organisation der Veranstalter von Rundfunksendungen zu regeln. Insoweit sind ausschließlich die Länder zuständig (BVerfGE 12, 205 [225 ff.]). Hier stellt sich daher die Frage, ob die Umsatzsteuerkompetenz auch die Befugnis einschließt, den Rundfunktatbestand vermittels der Fiktion so "umzudenken", daß er dem Umsatzsteuerrecht unterworfen wird. Diese Frage ist zu verneinen.
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Die Fiktion bedeutet nicht lediglich einen gedanklichen Vorgang derart, daß ein Sachverhalt anders angesehen wird, als er in ![]() ![]() | |
2. Der Bundesminister der Finanzen trägt in Übereinstimmung mit dem Gutachten Zweigert vor, daß es auf die Formulierung des § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 nicht entscheidend ankommen könne, da der Bundesgesetzgeber das von ihm gewünschte Ergebnis unschwer auch hätte erreichen können, indem er die Umsätze der Rundfunkanstalten ausdrücklich für steuerbar erklärte.
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Dies hätte indessen bedeutet, daß die Rundfunkanstalten anders als die sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften zur Um ![]() ![]() | |
-- 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 -- | |
§ 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 ist mit dem Grundgesetz vereinbar:
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I.
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1. Die Veranstaltung von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen ist eine öffentliche Aufgabe. Daran ist mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 (BVerfGE 12, 205 [243, 246]) festzuhalten. Sie kann nach Art. 5 GG nicht Sache des Staates sein, also weder unmittelbar noch mittelbar zur staatlichen Aufgabe gemacht werden. Art. 5 GG verweist sie in den Raum der Gesellschaft. Sie darf auch nicht ausschließlich oder einseitig einer Gruppe der Gesellschaft überlassen werden. Vielmehr verlangt Art. 5 GG, daß an dieser öffentlichen Aufgabe alle gesellschaftlich relevanten Gruppen mit ihren Vorstellungen, Überzeugungen, Meinungen und Wertungen beteiligt werden und in ![]() ![]() | |
2. Zur Veranstaltung von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen bedarf es eines Trägers, einer technisch und wirtschaftlich leistungsfähigen Institution, die die Gewähr bietet, daß im Rahmen des Möglichen die öffentliche Aufgabe in Einklang mit den genannten Forderungen des Art. 5 GG erfüllt wird. Die Errichtung solcher Einrichtungen kann im Hinblick auf die Eigenart des Rundfunks und Fernsehens, insbesondere im Hinblick auf die technischen Gegebenheiten (beschränkte Zahl der für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Frequenzen, Rücksicht auf störungsfreien Empfang usw.) und die Kostspieligkeit der Studiotechnik sowie den außerordentlich großen Aufwand für die Programmgestaltung zur Zeit nicht dem freien Belieben von Einzelnen oder von Gruppen überlassen werden, da dies mit Sicherheit dazu führen würde, daß sich einige wenige kapitalkräftige Interessierte oder einseitig nur die eine oder andere gesellschaftlich mächtige Gruppe jener öffentlichen Aufgabe bemächtigte. Das würde sich erst ändern, wenn allen daran interessierten Gruppen oder allen Gemeinschaften von kooperationswilligen Gruppen eine Frequenz zugewiesen werden könnte und sich auf diese Weise ein Pluralismus der Meinungen und Anschauungen ähnlich wie im Bereich der Presse auch im Bereich von Rundfunk und Fernsehen herstellen ließe.
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Deshalb fordert Art. 5 GG, indem er sich für die Freiheit im Bereich der Massenkommunikationsmittel entscheidet, daß zur Zeit noch der Gesetzgeber besondere Rechtsformen für die Organisierung von Trägern von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen schafft, die die genannte Gefahr abwehren. Es gibt also zwar keine staatliche Zuständigkeit, auf die Veranstaltung von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen, auf ihre inhaltliche Gestaltung, auf das Programm, also auch nur mittelbar auf die Art der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe einzuwirken, wohl aber - solange es notwendig ist - eine staatliche Zuständigkeit, die Organisations- ![]() ![]() | |
Durch die gesetzgeberische Entscheidung für die eine oder andere Organisationsform des Trägers ändert sich nichts an der rechtlichen Charakterisierung der öffentlichen Aufgabe, wie sie unter 1) dargestellt und durch Art. 5 GG bestimmt ist. Öffentlichrechtliche Anstalten - gleichgültig, in welcher Ausformung der ausgewogenen Mitwirkung der gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen - und privatrechtliche Einrichtungen nehmen rechtlich dieselbe öffentliche Aufgabe in derselben von Art. 5 GG gebotenen Weise wahr. Wenn Art. 5 GG fordert, daß die öffentliche Aufgabe der Darbietung von Rundfunk- und Fernsehveranstaltungen staatsfrei zu erfüllen ist und jede nach dem Stand der Technik und der wirtschaftlichen Vernunft mögliche Verwirklichung von Freiheit auf diesem Gebiet auch zu gewähren ist, dann hat der staatliche Gesetzgeber alle dazu nötigen Organisationsformen zur Verfügung zu stellen. Das Niveau des Programms ![]() ![]() | |
Das verfassungsrechtlich Besondere an den deutschen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten ist: Hier wird nicht, wie es die Regel ist, eine öffentliche Aufgabe zur staatlichen Aufgabe gemacht und aus Gründen der Zweckmäßigkeit einer dem Staat inkorporierten öffentlich-rechtlichen Anstalt zur staatsmittelbaren Verwaltung gegeben - genau das verbietet, wie das Bundesverfassungsgericht früher dargelegt hat, Art. 5 GG -, sondern die öffentliche Aufgabe als eine staatsfremde einem Träger überantwortet, der nach seiner Organisationsform die Gewähr dafür bietet, daß ![]() ![]() | |
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1961 (BVerfGE 12, 205) wird also mißverstanden, wenn angenommen wird, die öffentliche Aufgabe, der die öffentlich-rechtlichen Anstalten dienen und die sie zu erfüllen haben, werde in ihrer Hand zu einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe und zu einem Stück mittelbarer Staatsverwaltung. Die Ausführungen des Gerichts zu E.-I. der Begründung dieses Urteils (BVerfGE 12, 205 [243 ff.]) betreffen ausschließlich die Frage der Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern im Bundesstaat nach Art. 30 GG. In diesem Zusammenhang und nur für diesen Zusammenhang ist einleitend gesagt: "Wenn sich der Staat mit dieser Aufgabe befaßt, wird sie zu einer 'staatlichen Aufgabe', deren Erfüllung nach Art. 30 GG Sache der Länder ist"; dabei sind die Worte "staatliche Aufgabe" mit Bedacht in Anführungszeichen gesetzt. Der Satz sagt deutlich, daß nur, wenn - und selbstverständlich nur insoweit - der Staat überhaupt eine Kompetenz besitzt, die kompetenzgemäßen Maßnahmen (z. B. Erlaß eines Organisationsgesetzes, limitierte Rechtsaufsicht über die Trägerorganisationen von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen, gesetzliche Fixierung der Rundfunkgebühr) staatliche Aufgaben werden. Folgerichtig heißt es weiter (a.a.O., S. 244): Unter die Kompetenznorm des Art. 30 GG fällt "diejenige Betätigung des Staates, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dient, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob Mittel des öffentlichen oder des privaten Rechts verwendet werden". Und zusammenfassend wird festgestellt, "daß der Rundfunk zu einer öffentlichen Einrichtung geworden ist und in öffentlicher Verantwortung steht. Wenn sich der Staat mit dem Rundfunk in irgendeiner Form befaßt, so nimmt er damit eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung wahr" (a.a.O., S. 246).
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Die formale Organisation der Träger von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen als öffentlich-rechtliche Anstalten kann - ![]() ![]() | |
3. Die öffentliche Aufgabe, die in der dargestellten Weise die Massenkommunikationsmittel erfüllen, umfaßt alle Darbietungen des Sendeprogramms, also Information, Kritik und Kommentar über aktuelle politische Vorgänge, über gesellschaftliche Prozesse und über kulturelle Erscheinungen im weitesten Sinn, Darbietungen kultureller und bildender Art - Konzerte, Fernsehspiele, Theater und wissenschaftliche Vorträge -, Unterrichts- und Fortbildungsprogramme (z. B. das Schulfernsehen) und Darbietungen der Unterhaltung (Film, Kabarett, Revue, Sportschau und Showgeschäft). Die Erfüllung dieser Aufgabe impliziert die Konzipierung des Programms, die einschließt die Planung und Entscheidung über den Anteil der genannten Arten von Darbietungen am Gesamtprogramm und über ihre Unterbringung in der Sendefolge sowie über die Entwicklung von Form und Inhalt der einzelnen Sendung und die Verwirklichung des Programms, also die "Herstellung" des sendereifen Manuskripts des Fernsehspiels, des Dokumentarfilms, der Aufzeichnung einer Unterhaltungssendung usf. Die Erfüllung der Aufgabe erfordert einen umfangreichen, komplizierten, aufwendigen Produktionsprozeß, der endet mit ![]() ![]() | |
4. Die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe durch die Träger von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen kostet Geld. Der Gesamtaufwand aller Rundfunk- und Fernsehanstalten der Bundesrepublik Deutschland belief sich 1970 auf weit über 1 Milliarde DM. Das Rückgrat ihrer Einnahmen bilden die Rundfunk- und Fernsehgebühren, soweit sie den Anstalten zufließen. 1969 (vor der Erhöhung der Rundfunk- und Fernsehgebühr) betrug bei den Landesrundfunkanstalten das Nettoeinkommen aus Gebühren rund 786 Millionen DM, der Nettogewinn aus Werbung rund 117 Millionen DM (vgl. Tabelle 3 und 17, 18 der Finanzstatistik im ARD-Jahrbuch 1970, S. 252, 267).
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Was die Rundfunk- und Fernsehgebühr anlangt, ist soviel sicher: Sie ist keine Lizenzgebühr für die Aufstellung und Inbetriebnahme des Empfangsgeräts als einer "Sendeanlage". Sie ist festgesetzt und ab 1. Januar 1970 erhöht worden im Hinblick auf den Finanzbedarf der Träger der Rundfunk- und Fernsehdarbietungen. Sie fließt nicht der Bundespost zu als Behörde, die die Erlaubnis zum Aufstellen und Inbetriebnehmen des Empfangsgeräts erteilt; die Bundespost ist nur "Einzugsstelle" für die Gebühren. Gläubiger der Gebühr sind die Rundfunkanstalten, ![]() ![]() | |
Für die Finanzierung der Träger von Rundfunk- und Fernsehdarbietungen, die ihr Programm ausstrahlen (also nicht die Technik der Kassette und der Verkabelung wählen), gibt es praktisch nur einen Weg, der verfassungsrechtlich unbedenklich und praktikabel ist. Die Finanzierung aus dem öffentlichen Haushalt der Länder (oder des Bundes) wäre im Hinblick auf die von Art. 5 GG geforderte Freiheit und Unabhängigkeit aller potentiellen Träger - auch der Rundfunkanstalten! - vom Staat ebenso unzulässig wie die unbegrenzte oder überwiegende Finanzierung der politischen Parteien aus den öffentlichen Haushalten; denn dadurch gerieten die Anstalten (jedweder rechtlichen Organisationsform) hinsichtlich ihrer öffentlichen Aufgabe, Rundfunk- und Fernsehdarbietungen anzubieten und auszustrahlen, in eine Abhängigkeit vom Staat (vgl. BVerfGE 20, 56 [97-112]). Soll die ![]() ![]() | |
II.
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1. Im System der deutschen Umsatzsteuer sind seit je auch öffentlich-rechtlich organisierte Unternehmen steuerbar (Popitz in Popitz-Kloß-Grabower, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., 1928, S. 100, 342 ff.). Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Satz, der die Besteuerung in Rücksicht auf die öffentlich ![]() ![]() | |
2. Soweit öffentlich-rechtliche Körperschaften (Anstalten und Stiftungen) als steuerpflichtige Unternehmen in Betracht gezogen werden, entsteht das Problem der Abgrenzung der Steuerpflicht. Öffentlich-rechtliche Körperschaften erzielen im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben in der verschiedensten Weise Einkünfte: aus der Veräußerung von Verwaltungsmaterial (Kraft ![]() ![]() | |
Das Umsatzsteuergesetz 1967 bestimmt - in Einklang mit der allgemeinen Tendenz der Bemühungen in der Vergangenheit - die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerpflichtiger Tätigkeit und nicht umsatzsteuerpflichtiger Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft durch die neue Formulierung, daß Körperschaften des öffentlichen Rechts "nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerb ![]() ![]() ![]() ![]() | |
Nur Verwaltungen, die obrigkeitlich (unter Einsatz von Befehl, Gebot und Zwang) handeln, nicht auch Verwaltungen, die "schlicht hoheitlich" handeln, sind seit je von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen, selbst wenn sie dabei Einnahmen erzielen. "Dem Begriff der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit widerspricht lediglich diejenige Tätigkeit öffentlicher Körperschaften, die in Ausübung der öffentlichen Gewalt erfolgt. Insoweit hierbei also in der Form von Gebühren oder sonstigen Zahlungen Entgelte vereinnahmt werden, tritt keine Steuerpflicht ein" (Popitz, a.a.O., S. 101). "Grundsätzlich auszuscheiden aus der Umsatzsteuerpflicht, als nicht gewerblich oder beruflich, ist die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Verbände, die sich als Ausfluß der öffentlich-rechtlichen Gewalt darstellt... Statt von öffentlich-rechtlicher Gewalt kann man auch von obrigkeitlicher Tätigkeit im Gegensatz zur sozialen Tätigkeit des Staates sprechen (vgl. Jellinek, Recht des modernen Staates, 3. Aufl. 1919, S. 606)... Das entscheidende Merkmal kann allein der Wirkung des Verwaltungsakts entnommen werden: Er muß auf eine öffentlich-rechtliche Wirkung gerichtet sein. Diese Wirkung wird stets unmittelbar oder mittelbar mit der allein der öffentlichen Gewalt wesentlichen Macht, die sich in Zwang äußern kann, in Verbindung stehen ..." (Popitz a.a.O., S. 343 f.).
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3. Die bisher deutlich gewordene Schwierigkeit der Abgrenzung, in welchem Umfang die Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Umsatzsteuer heranzuziehen ist, beseitigt für die Rundfunk- und Fernsehanstalten § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG, indem er bestimmt: "Die Tätigkeit der Rundfunkanstalten gilt als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes". Der Gesetzgeber verwendet hier die rechtstechnische Figur einer Fik ![]() ![]() ![]() ![]() | |
4. Die Vorschrift könnte nur noch verfassungsrechtlich bedenklich sein, wenn die Regelung, weil unvereinbar mit der Systematik des Umsatzsteuergesetzes, inhaltlich willkürlich wäre. Davon kann keine Rede sein: Die Systematik des alten und neuen Umsatzsteuergesetzes ist eindeutig die, daß in § 2 allgemein der Kreis der steuerrechtlich erfaßten Unternehmen bestimmt ist und in § 4 für eine Reihe der zu jenem Kreis gehörenden Unternehmen in bestimmtem Umfang Steuerbefreiung gewährt wird. Wenn also durch das Umsatzsteueränderungsgesetz vom 18. Oktober 1957 in § 4 Nr. 22 UStG für steuerfrei erklärt wurden "die Umsätze der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, jedoch nur, soweit sie in Rundfunkhörer- und Fernsehteilnehmergebühren bestehen", so kann das nur dahin verstanden werden, daß auch nach der Systematik des Umsatzsteuergesetzes 1957 die Rundfunk- und Fernsehanstalten an sich zum Kreis der umsatzsteuerbaren Unternehmen gehören. Und das stimmt materiell mit der Systematik des Umsatzsteuergesetzes in allen seinen verschiedenen Fassungen der Vergangenheit überein, die von einem "Unternehmen" ausgeht, das Umsätze bewirkt durch Lieferungen oder sonstige Leistungen gegen Entgelt. Genau das trifft, wie unter I dargelegt, für die Rundfunk- und Fernsehanstalten zu.
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5. Der Bundesgesetzgeber hat mit der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Satz 2 auch in keiner Weise in die Ordnung des Rundfunk- und Fernsehwesens eingegriffen. Ein und derselbe Tatbestand kann in verschiedenen rechtlichen Zusammenhängen auch verschieden bewertet werden; eine Institution verliert nicht ihre rechtliche Bestimmung dadurch, daß sie auch Objekt einer gesetzlich begründeten Last wird; es ändert sich beispielsweise an der Charakterisierung der politischen Partei als einer notwendigen Institution des Verfassungslebens nichts dadurch, daß sie registerrechtlich u.U. als eingetragener Verein zu behandeln ist. Indem der Bun ![]() ![]() | |
Die Sache läge anders, wenn der Bund es unternommen hätte, mit der Heranziehung der Rundfunk- und Fernsehanstalten zur Umsatzsteuer "Rundfunkpolitik zu machen" oder - wie im Falle einer sog. Erdrosselungssteuer - versucht hätte, die Arbeit der Rundfunk- und Fernsehanstalten zu erschweren oder sie daran zu hindern, ihr Programm in dem von ihnen für richtig gehaltenen Umfang und mit dem von ihnen für richtig gehaltenen Aufwand zu verwirklichen. Davon kann jedoch keine Rede sein. Eine "normale" Belastung mit der Umsatzsteuer stellt für niemanden, auch nicht für die Rundfunk- und Fernsehanstalten, eine rechtlich unzulässige Beschränkung ihrer in Art. 5 GG garantierten Freiheit dar.
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6. Keine Frage der Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeit im Bundesstaat, sondern eine Frage der Begrenzung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes wird aufgeworfen, wenn das Land Hessen vorträgt, "mit der Besteuerung des Umsatzes der Rundfunk- und Fernsehanstalten verstoße der Bund gegen den Verfassungsgrundsatz der Impermeabilität". Was immer darunter als Verfassungsgrundsatz verstanden werden mag, hier soll er verbieten, daß der Bund im Wege der Gesetzgebung eindringt in das Internum des Gliedstaates, indem er unmittelbar gegenüber einer ![]() ![]() | |
7. Schließlich ist die Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 auch nicht unvereinbar mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Gleichheitssatz verbietet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Willkür, d.h. eine Wertung, die sich loslöst von der Orientierung am Gedanken der Gerechtigkeit und bar jeder sachlich zureichenden Begründung ist; eine gesetzliche Regelung ist dann willkürlich, wenn sich für sie ein sachlich vertretbarer, plausibler Grund nicht anführen läßt. Der Gleichheitssatz verlangt nicht, daß die gesetzgeberische Lösung die beste, vollkommenste, dem Ideal am nächsten kommende Lösung ist. Wo es mehrere inhaltlich verschiedene, sachlich vertretbare Regelungen für einen Tatbestand gibt, hat der Gesetzgeber die Freiheit der Wahl und der Entscheidung. Daß die Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 nach der Anlage des Umsatzsteuergesetzes systemgerecht ist, ist schon dargelegt. Im ![]() ![]() | |
8. Hält sich der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz und ist seine Regelung materiellrechtlich mit dem Grundgesetz vereinbar - wenn auch nur eine unter verschiedenen möglichen verfassungsrechtlichen unbedenklichen Regelungen -, so kann sie im Bundesstaat noch kollidieren mit dem Verfassungsgrundsatz der Bundestreue, d.h. unvereinbar sein mit der Pflicht des Bundesgesetzgebers zu bundesfreundlichem Verhalten. Der Grundsatz entspringt dem eigentümlichen Grundverhältnis von Gesamtstaat und Gliedstaaten im Bundesstaat; es ist ein spezifisch bundesstaatlicher Verfassungsrechtssatz. Er kann aus diesem Zusammenhang nicht herausgelöst werden. Seine Funktion ![]() ![]() | |
Der Verfassungsgrundsatz der Bundestreue kann auch einmal im Steuerrecht eine Rolle spielen. Beispielsweise wenn der Bund bei der Regelung der Verteilung des Steueraufkommens aus der Umsatzsteuer einseitig nur die Deckung seiner Ausgaben im Auge ![]() ![]() | |
Im vorliegenden Fall ist aber der Grundsatz der Bundestreue nicht tangiert: Es fehlt schon im Ansatz an einem dem bundesstaatlichen Bund-Länder-Verhältnis eigentümlichen Interessengegensatz, bei dem der Bund seine eigenen Interessen zum Nachteil und unter Vernachlässigung oder Außerachtlassung von spezifischen Landesinteressen mit seiner Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 2 UStG 1967 durchgesetzt hat. Der Bund hat ein Unternehmen mit seinen Umsätzen (die Rundfunk- und Fernsehanstalten mit ihrem Gebührenaufkommen) steuerpflichtig gemacht; steuerliche Interessen des Landes oder der Länder können dadurch nicht verletzt sein: Sie partizipieren an diesem Steueraufkommen wie an dem übrigen Aufkommen aus der Umsatzsteuer; sie verlieren mit dieser Regelung auch sonst keine Steuerquelle; sie haben nicht einmal zu fürchten, daß ein steuerbares Unternehmen wegen dieser Regelung seinen Sitz in ein anderes Land oder ins Ausland verlegt. Die Länder können nicht einmal ein besonderes eigenes Interesse geltend machen, daß der Bund darauf verzichtet, die Rundfunk- und Fernsehanstalten umsatzsteuerpflichtig zu machen; dieses letztere Interesse ist nicht ein Interesse des Landes im Bundesstaat, sondern ein Interesse der Rundfunk- und Fernsehanstalten selbst. Auch die Entscheidung des Landes, ihre Rundfunk- und Fernsehanstalten als Anstalten des öffentlichen Rechts zu organisieren, ist nicht getroffen worden, um sie der Umsatzsteuerpflicht zu entziehen; sie beruht, wie dargelegt, auf ganz anderen Überlegungen. Und diese anderen Überlegungen - nämlich entsprechend der Forderung des Art. 5 GG, sicherzustellen, daß die Aufgabe, Rundfunk und Fernsehen zu veranstalten, staatsfrei bleibt und nicht in die Hand einzelner potenter gesellschaftlicher Kräfte fällt, sondern unter angemessener und ausgewogener Beteiligung aller gesellschaftlich relevanten Kräfte erfüllt wird - sind ebenso ein Interesse der Länder wie ein Interesse des Bundes, also ein gemeinsames Interesse, hinsichtlich dessen die Länder und der Bund überhaupt nicht in einen Widerstreit geraten können und ![]() ![]() | |