BVerfGE 109, 190 - Nachträgliche Sicherungsverwahrung |
1. a) Zum Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gehört die Regelung aller staatlichen Reaktionen auf Straftaten, die an die Straftat anknüpfen, ausschließlich für Straftäter gelten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat beziehen. |
b) Bei der Straftäterunterbringung nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz und dem Unterbringungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt handelt es sich um Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. |
2. Die Länder sind nicht befugt, die Straftäterunterbringung zu regeln; der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich abschließend Gebrauch gemacht. |
Urteil |
des Zweiten Senats vom 10. Februar 2004 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2003 |
-- 2 BvR 834, 1588/02 -- |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. des Herrn H... -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Dr. Johannes Driendl, Maximilianstraße 29, 95444 Bayreuth -- gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 3. Mai 2002 -- Ws 234/02 --, b) den Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 10. April 2002 -- StVK 88/01 --, c) mittelbar das Bayerische Gesetz zur Unterbringung von besonders rückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern (BayStrUBG) vom 24. Dezember 2001 (GVBl S. 978) -- 2 BvR 834/02 --, 2. des Herrn O... -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Volker Buchwald, Hansering 3, 06108 Halle -- gegen a) den Beschluss des Landgerichts Halle vom 13. August 2003 -- 31 StVK 93/03 --, b) den Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 2. September 2002 -- 1 Ws 362/02 --, c) den Beschluss des Landgerichts Halle vom 15. August 2002 -- 30 StVK 513/02 --, d) mittelbar das Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (UnterbringungsG -- UBG) vom 6. März 2002 (GVBl LSA S. 80) -- 2 BvR 1588/02 --. |
Entscheidungsformel: |
1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. |
2. a) Das Bayerische Gesetz zur Unterbringung von besonders rückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern (BayStrUBG) vom 24. Dezember 2001 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 978) ist mit Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Artikel 70 Absatz 1 und Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar. |
b) Das Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (UnterbringungsG -- UBG) vom 6. März 2002 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Sachsen-Anhalt Seite 80) ist mit Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Artikel 70 Absatz 1 und Artikel 72 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar. |
c) Die Gesetze bleiben nach Maßgabe der Gründe bis zum 30. September 2004 anwendbar. Soweit Unterbringungen auf Grund dieser Gesetze vollzogen werden, haben die zuständigen Gerichte unverzüglich zu überprüfen, ob die Unterbringungsentscheidungen der Maßgabe der nachfolgenden Entscheidungsgründe genügen. |
3. Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. |
4. a) Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer zu 1. die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
b) Das Land Sachsen-Anhalt hat dem Beschwerdeführer zu 2. die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
Gründe: |
A. |
Die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Unterbringung von Straftätern -- nach Vollverbüßung ihrer Freiheitsstrafe -- auf landesgesetzlicher Rechtsgrundlage (so genannte nachträgliche Sicherungsverwahrung). Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Länder derartige Regelungen über die präventive Verwahrung rechtskräftig Verurteilter erlassen durften, obwohl der Bund die sichernde Unterbringung auf Grund eines Strafurteils im Strafgesetzbuch geregelt hat.
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I. |
1. Die sichernde Unterbringung von Strafgefangenen ist zunächst nur im Bundesrecht, insbesondere durch die Bestimmungen über die Maßregel der Sicherungsverwahrung, geregelt gewesen.
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a) Die Maßregel der Sicherungsverwahrung wurde mit dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (Gewohnheitsverbrechergesetz, RGBl I S. 995) durch §§ 20a, 42e ff. RStGB in das deutsche Strafgesetzbuch eingeführt. Art. 5 Nr. 2 Gewohnheitsverbrechergesetz eröffnete in einer Übergangsvorschrift die Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung nachträglich anzuordnen, auch wenn das erkennende Gericht im Strafurteil keine Sicherungsverwahrung verhängt hatte. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung unterschied sich in ihrer damaligen Form von der Sicherungsverwahrung nach §§ 20a, 42e RStGB lediglich durch den Anordnungszeitpunkt.
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b) Das Strafgesetzbuch von 1953 übernahm die Regelungen über die Sicherungsverwahrung aus §§ 20a, 42e ff. RStGB unverändert. Ersatzlos entfielen dagegen die Übergangsvorschriften des Art. 5 Gewohnheitsverbrechergesetz. Dennoch spielte die Entwicklung des Straftäters zwischen Urteilsrechtskraft und Strafende bei der Entscheidung über die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach wie vor eine Rolle. Bis zum Ersten Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 645) war für die Gefahrenprognose im Rahmen des § 42e StGB a.F. nicht der Zeitpunkt des Urteils, sondern der künftige Entlassungstag maßgebend. Erst seit der umfassenden Novellierung des Maßregelrechts durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts (1. Strafrechtsreformgesetz vom 25. Juni 1969, BGBl. I S. 645) kommt es für die Anordnung der Sicherungsverwahrung grundsätzlich auf die Gefährlichkeit des Verurteilten zum Zeitpunkt der Verurteilung an. Gemäß § 67c StGB hängt es von der Gefährlichkeit bei Strafende ab, ob die im Urteil angeordnete Sicherungsverwahrung vollzogen oder zur Bewährung ausgesetzt wird. Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3344) konnte sich danach die nachträgliche Änderung von für die Gefahrenprognose bedeutsamen Umständen oder Erkenntnissen nur zugunsten, nicht jedoch zu Lasten des Verurteilten auswirken.
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c) Dieser Rechtszustand wurde vielfach als unbefriedigend empfunden. Daher bemühte sich seit Mitte der neunziger Jahre ein Teil der Länder um die neuerliche Einführung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung auf Bundesebene.
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Noch keinen entsprechenden Vorschlag enthielten die Entwürfe zum Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 160), obwohl dieses Gesetz das Recht der Sicherungsverwahrung im Übrigen weit reichend reformiert hat. In den Beratungen des Rechtsausschusses stellte die Fraktion der SPD allerdings den Antrag, für die Sicherungsverwahrung einen Anordnungsvorbehalt vorzusehen, der in bestimmten Fällen die endgültige Entscheidung über die Verhängung der Maßregel auf einen Zeitpunkt während der Vollstreckung verschob. Dadurch sollten die Entscheidungsgrundlage verbessert und eine höhere Prognosesicherheit erreicht werden. Die damaligen Koalitionsfraktionen lehnten den Antrag ab, weil sie von der späteren Anordnung keinen Erkenntnisgewinn erwarteten und die Notwendigkeit der Regelung bezweifelten (vgl. BTDrucks 13/9062, S. 8).
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2. a) Im September 1997 präsentierte das Land Bayern im Bundesrat einen ersten Gesetzesantrag zur nachträglichen Sicherungsverwahrung, der sich als Ergänzung der vorliegenden Entwürfe zum Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten verstand (vgl. BRDrucks 699/97). Nach diesem Gesetzentwurf sollte § 66a StGB-Entw. das Gericht dazu ermächtigen, die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nach Rechtskraft des Strafurteils anzuordnen, sofern sich erst im Verlauf des Strafvollzugs ergab, dass der Täter für die Allgemeinheit im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB gefährlich war, und die sonstigen Voraussetzungen des § 66 StGB vorlagen.
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Die Gesetzesbegründung wies auf die Lückenhaftigkeit der bestehenden Gesetzeslage hin: Entsetzliche Verbrechen aus jüngster Zeit, die von einschlägig vorbestraften Personen begangen worden seien, hätten deutlich gemacht, dass der Schutz der Allgemeinheit vor Sexualdelikten und anderen schweren Straftaten dringend der Verbesserung bedürfe. Das geltende Recht gewähre keine ausreichenden Möglichkeiten, gegen Straftäter vorzugehen, deren Gefährlichkeit sich erst im Lauf des Strafvollzugs ergebe. Sie seien nach Vollverbüßung zu entlassen, auch wenn die Gefahr weiterer schwerer Straftaten drohe und dieser Gefahr insbesondere mit dem Instrument der Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB) nicht wirksam begegnet werden könne. Auch die Unterbringungsgesetze der Länder böten regelmäßig keine Handhabe gegen zur Entlassung anstehende hochgefährliche Straftäter, bei denen zwar eine schwere Persönlichkeitsstörung, jedoch keine psychische Erkrankung bestehe, die eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rechtfertigen könnte.
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Der Bundesrat lehnte die Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag ab. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung durchbreche die materielle und formelle Rechtskraft des Strafurteils. Ein Verfahren, bei dem diese Rechtsfolge durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer verhängt werde, unterlaufe die rechtsstaatlichen Garantien der Strafprozessordnung über die Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Verurteilten. Des Weiteren sei die Abwehr von Gefahren, die von einem Täter allein auf Grund seiner psychischen Verfassung ohne Anknüpfung an eine Anlasstat ausgingen, nicht Aufgabe der Strafjustiz, sondern präventiv-polizeiliche Pflicht. Schließlich bleibe der Entwurf einen überzeugenden Beleg für seine Notwendigkeit schuldig. Sicherheitslücken seien jüngst durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 geschlossen worden (vgl. BRDrucks 854/98).
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b) Im Februar 1999 richtete die Bundesministerin der Justiz schriftliche Anfragen an alle Länder, um den praktischen Bedarf für eine bundesgesetzliche nachträgliche Sicherungsverwahrung zu ermitteln. Das Ergebnis dieser Umfrage teilte sie den Landesministern der Justiz durch Schreiben vom 13. September 1999 mit. Sie wies darauf hin, dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung, die eine Maßnahme der Gefahrenabwehr darstelle, höchst zweifelhaft sei. Im Hinblick auf die überwiegend verneinte Notwendigkeit einer (bundes-)gesetzlichen Regelung wie auch angesichts der Möglichkeit, dass die Länder im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz für den Bereich "Gefahrenabwehr" eigene Regelungen schaffen könnten, sehe sie hier kaum eine Möglichkeit für den Bundesgesetzgeber, tätig zu werden. Sie bitte vielmehr, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob landesrechtliche Regelungen geschaffen werden müssten und wie diese auszugestalten seien.
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c) Ein weiterer erfolgloser Gesetzesantrag Bayerns vom 1. März 2000 entsprach dem ersten bayerischen Entwurf in Wortlaut und Begründung (vgl. BRDrucks 144/00). In der Beratung über diesen Entwurf rückte neben materiell-verfassungsrechtlichen Fragen das Problem der Gesetzgebungskompetenz in den Mittelpunkt. Während der Rechtsausschuss des Bundesrats die Auffassung vertrat, der Bundesgesetzgeber sei auf Grund historisch geprägter Kompetenz zur Regelung der Rechtsfolgen von Straftaten auch befugt, den bayerischen Gesetzesantrag umzusetzen (vgl. Bundesrat, Rechtsausschuss, Niederschrift der 764. Ausschuss-Sitzung vom 22. März 2000, S. 9 f.), äußerte der Vertreter des Bundesjustizministeriums im Bundesrat Bedenken. Die missverständlich so bezeichnete nachträgliche Sicherungsverwahrung sei keine sichernde Sanktion aus Anlass einer Straftat, sondern sichernder Gewahrsam zur Abwehr künftiger Gefahren. Hierfür besitze der Bund keine allgemeine Gesetzgebungskompetenz, während das Landesrecht schon jetzt zahlreiche Regelungen präventiven Freiheitsentzugs kenne (vgl. Bundesrat, Plenarprotokoll, Stenografischer Bericht der 749. Sitzung vom 17. März 2000, S. 131).
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d) Parallel beriet der Bundesrat eine Gesetzesinitiative Baden-Württembergs vom März 2000, welche die nachträgliche Sicherungsverwahrung über den Weg einer Öffnungsklausel im Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch einzurichten suchte (vgl. BRDrucks 159/00): Die Länder sollten ermächtigt werden, Regelungen über eine nachträgliche Sicherungsverwahrung unter den formellen Voraussetzungen des § 66 StGB zu treffen. Die näheren Anordnungsvoraussetzungen sowie Zuständigkeit und Verfahren sollten sie eigenständig normieren dürfen. In seiner Begründung zum Gesetzesantrag stellte das Land ausdrücklich auf die umfassende Bundeskompetenz für das Recht der Sicherungsverwahrung ab. Der Rechtsausschuss des Bundesrats erklärte die Öffnungsklausel ebenfalls für kompetenzrechtlich unbedenklich. Dennoch lehnte der Bundesrat den Antrag insbesondere wegen der zu befürchtenden Rechtszersplitterung ab (vgl. Bundesrat, Rechtsausschuss, Niederschrift der 764. Ausschuss-Sitzung vom 22. März 2000, S. 56).
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e) Ein Entschließungsantrag Hessens zur nachträglichen Sicherungsverwahrung vom Dezember 2000 (BRDrucks 822/00) scheiterte ebenso im Bundesrat wie ein neuerlicher Gesetzesantrag Bayerns vom März 2001 (BRDrucks 176/01). Auch der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag vom Juli 2001 wurde im April 2002 im Bundestag abgelehnt (vgl. BTDrucks 14/6709). Schon zuvor hatte sich im Anschluss an Baden-Württemberg das Land Bayern zum Erlass eines Straftäterunterbringungsgesetzes entschlossen (dazu unten 3.). Dennoch strebten die Länder unter Hinweis auf die Unzulänglichkeit dieser Gesetze nach wie vor eine bundeseinheitliche Lösung an. Der Gesetzesantrag Baden-Württembergs und Thüringens vom Januar 2002 (BRDrucks 48/02) zielte erstmals auf die Verhängung nachträglicher Sicherungsverwahrung für Ersttäter und löste sich insoweit von den Voraussetzungen des § 66 StGB.
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Trotz Ablehnung im Bundesrat wiederholten Baden-Württemberg und Thüringen ihre Initiative in unveränderter Form noch zweimal. Die Gesetzesanträge vom April und vom Juni 2002 (BRDrucks 304/02 und 507/02) verstehen sich auch als bessere Alternative zur so genannten Vorbehaltslösung, die damals kurz vor ihrer Verabschiedung im Bundestag stand.
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f) Das Gesetz zur Einführung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3344) präsentiert in § 66a StGB einen Kompromiss zwischen der klassischen Form der Sicherungsverwahrung und deren nachträglicher Anordnung. Die neue Vorschrift räumt dem erkennenden Gericht in den Fällen des § 66 Abs. 3 StGB die Option ein, im Urteil die spätere Anordnung der Maßregel vorzubehalten, und sieht ein Nachverfahren vor dem Gericht des ersten Rechtszuges (vgl. § 275a StPO) zur Entscheidung über die Anordnung der Maßregel vor.
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g) Auch mit der Einführung der Vorbehaltslösung auf Bundesebene endete die Debatte über verbleibende Schutzlücken nicht. Moniert werden nach wie vor einerseits der beschränkte Anwendungsbereich des neuen § 66a StGB, andererseits die Unzulänglichkeit der landesrechtlichen Straftäterunterbringungsgesetze. Schon im November 2002 brachten daher die Länder Bayern und Baden-Württemberg sowie Thüringen erneut Gesetzesanträge in den Bundesrat und die CDU/CSU-Fraktion einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein (vgl. BRDrucks 850/02; 860/02; BTDrucks 15/29), jeweils mit dem Ziel der Einführung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung. Diese Gesetzesanträge sind in einen Gesetzentwurf des Bundesrats eingemündet, über den bislang noch nicht entschieden ist (BTDrucks 15/899).
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3. Parallel zu diesen bundesrechtlichen Initiativen kam es in einigen Ländern zum Erlass eigener Straftäterunterbringungsgesetze. Nachdem ein vom baden-württembergischen Justizministerium in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten die Verfassungsmäßigkeit landesgesetzlicher Regelung unter engen Voraussetzungen bejaht hatte (vgl. Würtenberger/Sydow, NVwZ 2001, S. 1201), erließ als erstes das Land Baden-Württemberg ein Gesetz über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Straftäter (vom 14. März 2001, GBl.BW S. 188). Bayern übernahm die Regelung wenig später fast vollständig. Dagegen weichen das Regelwerk aus Sachsen-Anhalt vom März 2002, das Thüringer Gesetz vom März 2003 (GVBl S. 195) sowie das Niedersächsische Gesetz vom Oktober 2003 (GVBl S. 368) in einigen Punkten vom baden-württembergischen und vom bayerischen Vorbild ab.
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Im Gesetzgebungsverfahren haben alle Länder die Vorzugswürdigkeit einer bundesrechtlichen Regelung der Materie im Strafgesetzbuch unterstrichen. Auch haben sie stets die Auffassung vertreten, die bundesgesetzliche Regelung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 StGB sei erschöpfend und könne vom Landesgesetzgeber "unter strafrechtlichen Aspekten weder geändert noch ergänzt" werden. Dennoch gingen die Länder von ihrer Kompetenz für ein sicherheitsrechtlich ausgestaltetes Institut der Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Straftäter "außerhalb des Strafrechts" aus (vgl. nur Bayerischer Landtag, Drucks. 14/7642, S. 1, 5).
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a) Das Bayerische Gesetz zur Unterbringung von besonders rückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern (BayStrUBG) vom 24. Dezember 2001 (GVBl S. 978) trat am 1. Januar 2002 in Kraft. In Art. 1 BayStrUBG sind die Voraussetzungen für die Unterbringung geregelt. Er lautet:
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(1) Gegen einen Strafgefangenen, der in einer Justizvollzugsanstalt des Freistaates Bayern unter den Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 bis 4 des Strafgesetzbuchs eine zeitige Freiheitsstrafe verbüßt, kann das Gericht die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt anordnen, wenn auf Grund von Tatsachen, die nach der Verurteilung eingetreten sind, davon auszugehen ist, dass von dem Betroffenen eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgeht, insbesondere weil er im Vollzug der Freiheitsstrafe beharrlich die Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels (§ 2 des Strafvollzugsgesetzes) verweigert, namentlich eine rückfallvermeidende Psycho- oder Sozialtherapie ablehnt oder abbricht.
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(2) Die Anordnung unterbleibt oder ist aufzuheben, wenn und solange gegen den Betroffenen eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach §§ 63 oder 66 des Strafgesetzbuchs angeordnet ist.
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(3) Die Anordnung unterbleibt oder ist aufzuheben, wenn gegen den Betroffenen eine Unterbringung nach dem Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung (Unterbringungsgesetz -- UnterbrG) angeordnet ist. Das Gesetz über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung bleibt im Übrigen unberührt.
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Nach Art. 3 Abs. 1 BayStrUBG ist für die Entscheidung über Anordnung, Fortdauer, Aussetzung, Widerruf der Aussetzung und Erledigung der Unterbringung die Strafvollstreckungskammer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zuständig. Den Antrag auf Unterbringung stellt gemäß Art. 4 Abs. 1 BayStrUBG die Justizvollzugsanstalt, in die der Betroffene eingewiesen ist. Vor der Anordnung einer Unterbringung hat das Gericht Gutachten von zwei Sachverständigen zur Gefährlichkeit des Betroffenen einzuholen. Einer der Sachverständigen darf weder mit der Behandlung des Betroffenen in der Justizvollzugsanstalt befasst noch regelmäßig in einer Justizvollzugsanstalt beschäftigt sein (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 und 3 BayStrUBG). Das Gesetz betont den Grundsatz umfassender Amtsermittlung (Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayStrUBG) und ordnet Pflichtverteidigung, ein öffentliches Anhörungsverfahren mit Fragerechten der Beteiligten sowie öffentliche Entscheidung an (Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 3 BayStrUBG). Der Beschluss über die Unterbringung ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar (Art. 3 Abs. 4 BayStrUBG).
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Die Unterbringung wird regelmäßig unbefristet angeordnet (Art. 2 Abs. 2 BayStrUBG). Sie wird nur befristet, wenn zu erwarten ist, dass die vom Betroffenen ausgehende Gefahr nach einer bestimmten Zeit nicht mehr besteht (Art. 2 Abs. 1 BayStrUBG). Das Gericht kann auf Antrag jederzeit prüfen, ob die weitere Vollziehung der Unterbringung erforderlich ist, von Amts wegen muss es dies alle zwei Jahre tun (Art. 5 Abs. 1 BayStrUBG). Falls das Gericht die Unterbringung nicht mehr für erforderlich hält, setzt es ihre Vollstreckung für ein Jahr zur Bewährung aus. Nach anstandslosem Ablauf der Bewährungsfrist erklärt es die Unterbringung für erledigt (Art. 5 Abs. 3 bis 5 BayStrUBG).
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Nach Art. 6 BayStrUBG wird die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt nach den Vorschriften über den Vollzug der Sicherungsverwahrung (§§ 129 bis 135 StVollzG) vollzogen.
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b) Das Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung (UnterbringungsG -- UBG LSA) vom 6. März 2002 (GVBl LSA S. 80) bestimmt in § 1:
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(1) Gegen eine Person, die in einer Justizvollzugsanstalt des Landes unter den Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 bis 4 des Strafgesetzbuches eine zeitige Freiheitsstrafe verbüßt, kann das Gericht die Unterbringung in einer Justizvollzugsanstalt anordnen, wenn aufgrund von Tatsachen, die nach der Verurteilung bekannt geworden sind, davon auszugehen ist, dass von dem Betroffenen eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgeht, insbesondere weil er im Vollzug der Freiheitsstrafe beharrlich die Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels (§ 2 des Strafvollzugsgesetzes) verweigert, namentlich eine rückfallvermeidende Psycho- oder Sozialtherapie ablehnt oder abbricht.
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(2) Die Anordnung unterbleibt, wenn und solange gegen den Betroffenen eine Maßregel der Besserung und Sicherung nach §§ 63 oder 66 des Strafgesetzbuches angeordnet ist oder in einem anhängigen Strafverfahren noch angeordnet werden kann.
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(3) Die Anordnung unterbleibt oder ist aufzuheben, wenn gegen den Betroffenen eine Unterbringung nach dem Gesetz über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Januar 1992 (GVBl. LSA S. 88) angeordnet ist. Das Gesetz über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt bleibt im Übrigen unberührt.
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Anders als nach Art. 2 Abs. 2 BayStrUBG wird in Sachsen-Anhalt die Unterbringung gemäß § 2 Abs. 1 UBG LSA befristet angeordnet. Bei der ersten Anordnung darf sie die Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten. Stellt das Gericht spätestens einen Monat vor Fristablauf fest, dass die vom Betroffenen ausgehende Gefahr fortbesteht, beschließt es die Fortdauer der Unterbringung für längstens zwölf Monate (§ 2 Abs. 2 UBG LSA). Dementsprechend sind auch die Fristen kürzer bemessen, innerhalb deren der Betroffene erneut eine Überprüfung beantragen kann. Sie betragen in Sachsen-Anhalt lediglich drei Monate (§ 5 Abs. 2 UBG LSA).
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Beim Sachsen-Anhaltischen Straftäterunterbringungsgesetz handelt es sich im Gegensatz zur bayerischen Regelung um ein Zeitgesetz: Gemäß § 9 UBG LSA tritt das Gesetz zwei Jahre nach seinem In-Kraft-Treten, das heißt am 8. März 2004, außer Kraft. Derzeit berät der Landtag über eine Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes.
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II. |
1. a) Der inzwischen 69-jährige Beschwerdeführer zu 1. wurde zweimal als Sexualstraftäter verurteilt. Die Verfolgung weiterer Sexualdelikte wurde aus prozessualen Gründen eingestellt.
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Von 1980 an unterhielt der Beschwerdeführer ein außereheliches Verhältnis. Seit dieser Zeit missbrauchte er die damals 7-jährige Tochter seiner Freundin mindestens einmal wöchentlich. Etwa seit 1982 ließ sich der Beschwerdeführer regelmäßig auch von der damals noch 14-jährigen älteren Tochter seiner Freundin sexuell befriedigen. Diese Handlungen waren bereits verjährt, als die Opfer sie Jahre später zur Anzeige brachten.
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Im Spätsommer 1982 überredete der Beschwerdeführer die nunmehr 15-jährige ältere Tochter seiner Freundin, gegen Bezahlung geschlechtlich mit ihm zu verkehren. Nach Beginn des Geschlechtsverkehrs bat ihn das Mädchen wegen starker Schmerzen, aufzuhören, und begann sich heftig zu wehren. Dennoch ließ der Beschwerdeführer nicht von dem Mädchen ab und vollzog gegen ihren Willen gewaltsam den Beischlaf bis zum Samenerguss. Das Verfahren wegen dieser Tat stellte die Strafkammer im Hinblick auf die nachfolgend genannte Verurteilung gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein.
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Im Sommer 1986 vergewaltigte der Beschwerdeführer die damals 12-jährige jüngere Tochter seiner Freundin im Abstand von zwei Wochen zweimal. Nach den Urteilsfeststellungen ist es dem Opfer als seelische Folge der Tat nicht möglich, eine natürliche Beziehung zum anderen Geschlecht aufzubauen. Wegen dieser beiden Vorfälle verurteilte das Landgericht Passau den Beschwerdeführer 1999 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Zu seinen Gunsten ging das Tatgericht von verminderter Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB aus. Die Maßregel der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 3 StGB wurde nicht erwogen, weil der Beschwerdeführer die abgeurteilten Taten vor dem 31. Januar 1998 begangen hatte (vgl. Art. 1a Abs. 2 EGStGB).
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Im Frühjahr 1993, also nach den vorstehenden Taten, aber vor deren Aufklärung, missbrauchte der Beschwerdeführer wiederholt eine damals neun Jahre alte Schülerin. Wegen dieser Taten wurde er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt und Ende 1997 erlassen wurde.
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Der Beschwerdeführer verbüßte die vom Landgericht Passau verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bis zum 13. April 2002 vollständig. In der Haft unterzog er sich keiner Therapie. Kurz nach Strafantritt, am 4. Januar 2000, hatte ihm die Anstalt ein Merkblatt über bestehende Therapiemöglichkeiten ausgehändigt. Den angefügten Fragebogen gab der Beschwerdeführer mit dem schriftlichen Vermerk zurück, er sei unschuldig verurteilt. Er wünsche keine Therapie, weil er niemanden vergewaltigt habe. Der Beschwerdeführer nahm in der Folge zwar Kontakt mit dem Anstaltspsychologen auf, beteuerte aber weiterhin seine Unschuld. Deshalb konnte er nicht in eine Therapiemaßnahme vermittelt werden.
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Das Gesundheitsamt Bayreuth hat es abgelehnt, den Beschwerdeführer nach Strafende auf Grund des Bayerischen Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung vom 5. April 1992 (GVBl S. 60) in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen.
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b) Mit Beschluss vom 10. April 2002 ordnete die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Justizvollzugsanstalt nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz an.
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Nach den übereinstimmenden und überzeugenden Gutachten der beiden angehörten Sachverständigen, denen sich die Kammer anschließe, hätten sich bei dem Beschwerdeführer nach der Verurteilung neue Tatsachen ergeben, auf Grund deren angenommen werden müsse, dass von ihm gegenwärtig eine erhebliche Gefahr für die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgehe. Der Beschwerdeführer sei krankheitsbedingt nicht mehr zur Reflexion über sexuell abweichendes Verhalten fähig. Weiterhin verstärke sein zunehmendes Alter nach statistischer Erfahrung die Zuwendung zu Kindern als Ersatzobjekten.
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Diese Umstände seien erst während der Haft aufgetreten oder fortgeschritten. Auf Grund dieser neuen Tatsachen seien vom Beschwerdeführer Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung anderer zu erwarten. Insbesondere im Bereich des "Begrapschens" von Kindern oder vermeintlicher Aufklärungshandlungen sei das Rückfallrisiko überdurchschnittlich groß. Angesichts der kognitiven Defizite des Beschwerdeführers bestehe situationsbedingt immer die konkrete Gefahr, dass sich aus Opferreaktionen gravierende Straftaten entwickelten.
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2. a) Der heute 38-jährige Beschwerdeführer zu 2. wurde bislang zweimal wegen Tötungsdelikten bestraft.
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Am 3. August 1984 verurteilte ihn das Bezirksgericht Halle wegen Mordes. Zur Tatzeit wohnte der damals siebzehnjährige Beschwerdeführer im Elternhaus seiner Verlobten. In deren Abwesenheit fasste er eines Nachts den Entschluss, den Geschlechtsverkehr mit der nebenan wohnenden Schwägerin seiner Verlobten auszuüben, obwohl diese ein solches Ansinnen früher abgelehnt hatte. Er drückte ein Fenster des Nachbarhauses mit einem Zimmermannshammer auf, drang in das Haus ein und begab sich in das Schlafzimmer, in dem die junge Frau mit ihrem zweijährigen Sohn schlief. Als sie erwachte und ankündigte, sie werde die Polizei rufen, erschlug der Beschwerdeführer die Frau mit dem Zimmermannshammer. Bei Entdeckung der Tat zwei Tage später hockte das Kind blutverschmiert und unterkühlt neben dem Leichnam seiner Mutter.
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Der Beschwerdeführer wurde zu der nach DDR-Recht höchstmöglichen Jugendstrafe von 15 Jahren verurteilt. 1991 setzte das Kreisgericht Naumburg die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung aus.
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Nur knapp zwei Monate nach seiner Entlassung beging der Beschwerdeführer einen versuchten Totschlag. Er hatte sein späteres Opfer, eine 20 Jahre alte Frau, in einer Gaststätte kennen gelernt und nach Hause begleitet. Enttäuscht über die Zurückweisung seiner Annäherungsversuche, stach er im Hausflur in Tötungsabsicht mit einem Springmesser auf sie ein und würgte sie. Als die Eltern seines Opfers durch Hilfeschreie erwachten und herbeieilten, ergriff er die Flucht. Die Verletzungen der Frau führten zu Nervenschädigungen und einer Gehbehinderung.
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Wegen dieser Tat verurteilte das Landgericht Magdeburg den Beschwerdeführer im November 1992 zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren; die früher gewährte Strafrestaussetzung wurde widerrufen. Die Sicherungsverwahrung konnte schon deshalb nicht angeordnet werden, weil das Recht der Sicherungsverwahrung damals in dem Gebiet der ehemaligen DDR nicht galt (vgl. Art. 1a Abs. 1 EGStGB). Beide Freiheitsstrafen hat der Beschwerdeführer bis zum 19. März 2002 vollständig verbüßt.
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Während des Strafvollzugs führte der Beschwerdeführer zwar mehrfach therapeutische Einzelgespräche mit Anstaltspsychologen. Zu einer konsequenten und längerfristigen Therapie kam es jedoch -- einerseits wegen ungenügender Ausstattung der Justizvollzugsanstalt mit Therapieangeboten, andererseits wegen der Weigerung des Beschwerdeführers -- nicht.
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b) Einen Tag vor Strafende, am 18. März 2002, beschloss die Strafvollstreckungskammer die Unterbringung des Beschwerdeführers für die gesetzliche Höchstdauer von sechs Monaten nach dem Sachsen-Anhaltischen Straftäterunterbringungsgesetz. Zur Begründung führte das Gericht aus, der Beschwerdeführer habe nach anfänglicher Therapiebereitschaft seit 1999 beharrlich rückfallvermeidende Psycho- und Sozialtherapien abgelehnt oder abgebrochen. Die Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt sowie die Fortführung und spätere Wiederaufnahme einer externen Psychotherapie habe er jeweils unter einem Vorwand verweigert.
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Der Anstaltspsychologe sowie drei externe Sachverständige seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass von dem Verurteilten auf Grund seiner schweren Persönlichkeitsstörung weiterhin eine erhebliche gegenwärtige Gefahr ausgehe. Der Anstaltspsychologe rechne sehr schnell nach Entlassung mit neuerlichen schweren Straftaten. Nach Ansicht eines Sachverständigen seien auf Grund der hohen Reizbarkeit und Impulsivität des Beschwerdeführers weitere erhebliche Gewalttaten sehr wahrscheinlich. Ein zweiter Sachverständiger habe ein hohes Maß an Gewalt- und Rückfallbereitschaft diagnostiziert; ihm zufolge sprächen Psychopathologie und Motivation sowie Einstellungen des Beschwerdeführers für einen äußerst ungünstigen psychiatrischen Verlauf. Schließlich könne nach Meinung eines dritten Gutachters der Beschwerdeführer unmöglich die Freiheit bewältigen. Der Gutachter halte den Rückfall für vorprogrammiert und habe eindringlich vor einer Entlassung gewarnt.
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Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde verwarf das Oberlandesgericht als unbegründet. Das in der Gefangenenakte dokumentierte Vollzugsverhalten begründe den Verdacht, dass der Beschwerdeführer gegenwärtig eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben anderer darstelle. So sei es im Laufe des Strafvollzugs immer wieder zu verbalen Angriffen des Betroffenen auf Bedienstete gekommen, die auch wiederholt die Drohung enthielten, den Bediensteten nach der Haftentlassung zu töten. Zudem habe der Betroffene wiederholt eine rückfallvermeidende Sozialtherapie trotz Kenntnis ihrer Erforderlichkeit abgelehnt und dadurch beharrlich die Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels verweigert.
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Mit dem verfahrensgegenständlichen Beschluss ordnete das Landgericht im August 2002 gemäß § 2 Abs. 2 UBG LSA die Fortdauer der Unterbringung an. Der Beschwerdeführer befinde sich seit März 2002 in der sozialtherapeutischen Anstalt Halle. Der als Sachverständiger hinzugezogene Anstaltspsychologe bestätige ebenso wie der weitere psychiatrische Sachverständige, dass bei dem Beschwerdeführer von einer sehr hohen Rückfallgefahr auszugehen sei. Dies decke sich auch mit den in der Vergangenheit erhobenen Befunden. Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers blieb ohne Erfolg.
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Durch Beschluss vom 13. August 2003 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Halle die Unterbringung erneut um weitere zwölf Monate verlängert. Nachdem mehrere Sachverständige übereinstimmend befunden hätten, dass eine Einstellungsänderung des Beschwerdeführers bisher nicht stattgefunden habe, sei seine Entlassung nach wie vor unverantwortlich. Es bestehe frühestens nach einer mehrjährigen Behandlung die Aussicht, dass der Beschwerdeführer Verhaltensmuster erlerne, die ihm ein halbwegs konfliktfreies Leben ermöglichten und die zu einer spürbaren Minderung seiner Gefährlichkeit führten. Diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemacht.
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III. |
Beide Beschwerdeführer rügen in erster Linie die formelle und materielle Verfassungswidrigkeit der ihre Unterbringung legitimierenden Landesgesetze.
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1. Der Beschwerdeführer zu 1. sieht sich in seinen Rechten aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 sowie Art. 103 Abs. 2 GG verletzt. Er trägt vor, dem bayerischen Gesetzgeber habe die Befugnis zum Erlass des Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetzes gefehlt. Das Kriminalstrafrecht sei durch das Strafgesetzbuch und die strafrechtlichen Nebengesetze umfassend kodifiziert, so dass die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen seien.
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Des Weiteren verstoße das Gesetz gegen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG, da es auf bereits verurteilte Inhaftierte Anwendung finde. Hierin liege zugleich eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, handele es sich doch um eine unzulässige echte Rückwirkung. Das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz missachte die Menschenwürdegarantie aus Art. 1 GG, weil der Verurteilte nach dem Gesetz nicht als frei verantwortlicher Mensch, sondern lediglich als Risiko- oder Störfaktor behandelt werde. Das Gesetz taste den Wesensgehalt der Freiheit an und verstoße gegen die Grundsätze "im Zweifel für den Angeklagten" und "keine Strafe ohne Schuld".
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2. Der Beschwerdeführer zu 2. beanstandet einen Verstoß gegen seine Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie aus Art. 103 Abs. 2 und 3 GG.
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Das Sachsen-Anhaltische Straftäterunterbringungsgesetz sei mangels Gesetzgebungskompetenz des Landes verfassungswidrig. Der Erlass des Gesetzes verletze die Sperrklausel des Art. 72 Abs. 1 GG. Jede staatlich angeordnete Unterbringung, die sich als Reaktion auf eine Straftat darstelle, sei Strafrecht und nicht Polizeirecht. Das Sachsen-Anhaltische Straftäterunterbringungsgesetz ergänze das strafrechtliche Institut der Sicherungsverwahrung. An der Anordnung und Überprüfung der Unterbringung seien weder eine Polizeibehörde noch ein Verwaltungsgericht beteiligt; die Unterbringung sei weder in einer Einrichtung der Innenverwaltung noch auf deren Kosten und auch nicht nach polizeilichen Vorschriften zu vollziehen. Infolgedessen könne sie keine polizeirechtliche, sondern nur eine strafrechtliche Maßnahme sein. Von der Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG auf dem Gebiet des Strafrechts habe der Bund abschließend Gebrauch gemacht.
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Ferner stoße die Anordnung der Unterbringung auf Bedenken, weil das Gesetz erst wenige Tage vor dem ursprünglichen Haftentlassungstermin des Beschwerdeführers in Kraft getreten sei. Deshalb habe sich der Beschwerdeführer nicht mehr auf die neue gesetzliche Regelung einstellen können.
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IV. |
Zu den Verfassungsbeschwerden haben sich die Bundesregierung, die Vorsitzende des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, der Generalbundesanwalt, die Bayerische Staatsregierung, der Bayerische Landtag, die Landesregierung von Sachsen-Anhalt, der Landtag von Sachsen-Anhalt sowie die Thüringer Landesregierung schriftlich geäußert.
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1. Nach Auffassung der Bundesregierung verstoßen die Straftäterunterbringungsgesetze nicht gegen die Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes. Sie habe stets die Auffassung vertreten, dass das Institut der so genannten nachträglichen Sicherungsverwahrung als Maßnahme der Gefahrenabwehr der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers zugewiesen sei. Aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG lasse sich bei gebotener strikter Interpretation dieses Kompetenztitels keine Gesetzgebungsbefugnis des Bundes herleiten.
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Die Vorschrift des Art. 5 Nr. 2 des Gewohnheitsverbrechergesetzes von 1933 liefere keinen Beleg für den Charakter der nachträglichen Sicherungsverwahrung als "Strafrecht" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Sie habe lediglich Übergangsregelungen enthalten, ohne ein eigenständiges Rechtsinstitut schaffen zu wollen. Überdies habe sich die Vorschrift bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits erledigt gehabt.
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Eine Zugehörigkeit der Materie zum Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ergebe sich nicht daraus, dass die Unterbringung an eine Straftat "anknüpfe". Denn Hauptzweck der Unterbringung sei nicht die weitere Sanktionierung der in Bezug genommenen Straftaten. Die Straftaten rechtfertigten die Unterbringung nicht. Vielmehr würden sie lediglich im Rahmen der notwendigen Gefahrenprognose herangezogen und hätten dort limitierende Funktion.
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Der Kompetenztitel des Strafvollzugs gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG sei ebenfalls nicht einschlägig. Denn die Anordnung nachträglicher Sicherungsverwahrung bezwecke nicht die Durchführung des ursprünglichen Urteilsinhalts, sondern sie ziele auf eine selbständige, neue freiheitsentziehende Sanktion ab.
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Von der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung nach Bundesrecht unterscheide sich die landesrechtliche Straftäterunterbringung deutlich. Denn die vorbehaltene Sicherungsverwahrung sei eine unmittelbare Reaktion auf begangenes Unrecht. Insofern sei allein der Bundesgesetzgeber zuständig; auch die neuesten Initiativen zur Einführung einer bundesrechtlichen nachträglichen Sicherungsverwahrung unterlägen in Wahrheit der Landeskompetenz.
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Schließlich stehe die Dauer der nachträglichen Sicherungsverwahrung ihrem Charakter als Gefahrenabwehrmaßnahme nicht entgegen. Kurzfristigkeit charakterisiere lediglich den Gewahrsam des allgemeinen Polizeirechts. Dagegen ermöglichten spezielle Eingriffsnormen wie etwa die Landesgesetze über die Unterbringung psychisch Kranker auch eine dauerhafte Freiheitsentziehung.
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2. a) Der Bayerischen Staatsregierung zufolge beruht das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz auf der Ländergesetzgebungskompetenz für das Gefahrenabwehrrecht. Es handele sich nicht um eine Regelung des Strafrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.
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Zwar erfasse der Begriff des Strafrechts im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG aus historischen Gründen das gesamte materielle Strafrecht einschließlich der Maßregeln der Besserung und Sicherung. Die Unterbringung nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz sei jedoch keine solche Maßregel, sondern eine Maßnahme des Gefahrenabwehrrechts. Sie knüpfe in Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG
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an eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für Rechtsgüter Dritter an. Anlass der Freiheitsentziehung sei mithin eine Gefahr, nicht aber eine Straftat.
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Die Maßnahme gleiche insoweit der Unterbringung einer psychisch kranken Person wegen Selbst- oder Fremdgefährdung nach den Landesunterbringungsgesetzen. Diese Unterbringung hänge nicht davon ab, ob der Betroffene eine Straftat begangen habe oder nicht. Wenn das Bayerische Gesetz zur Unterbringung von besonders rückfallgefährdeten hochgefährlichen Straftätern neben der Gefahrensituation verlange, dass der Betroffene sich wegen einer der in § 66 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 bis 4 StGB genannten Straftaten in Haft befinde, so trage das Gesetz damit nur dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung, indem es den Kreis der betroffenen Personen begrenze.
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Auch wenn der Bundesgesetzgeber das strafrechtliche Institut der Sicherungsverwahrung in § 66 StGB abschließend geregelt habe, hindere dies den Landesgesetzgeber nicht, außerhalb des Strafrechts ein sicherheitsrechtlich ausgestaltetes Institut der Unterbringung für solche Fälle zu schaffen, in denen sich bei einem verurteilten Straftäter während des Strafvollzugs eine besondere Gefährlichkeit herausstelle. Mit einer solchen Anordnung sei keine Korrektur des Strafurteils verbunden. Wesentlicher Anknüpfungspunkt für die sicherheitsrechtliche Unterbringung könne nicht die Straftat sein, deretwegen der Gefangene zu einer Freiheitsstrafe (ohne anschließende Sicherungsverwahrung) verurteilt worden sei, sondern die aktuelle -- aus einer Gesamtwürdigung unter besonderer Berücksichtigung des Vollzugsverhaltens sich ergebende -- Gefährlichkeit des vor seiner Entlassung stehenden Gefangenen. Für die Gefahrenprognose könne allerdings berücksichtigt werden, dass der Betroffene bereits in der Vergangenheit schwere Straftaten begangen habe.
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Das Institut einer nachträglichen Sicherungsverwahrung sei rechtspolitisch notwendig, zumal sowohl der neue § 66a StGB als auch die landesrechtlichen Unterbringungsgesetze nach wie vor Sicherheitslücken ließen. Solange eine -- vorzugswürdige -- bundeseinheitliche Regelung nicht existiere, bleibe der Landesgesetzgeber kraft seines Schutzauftrags dazu verpflichtet, die Lücke gefahrenabwehrrechtlich zu schließen.
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b) Mit ähnlichen Argumenten kommt auch der Bayerische Landtag zu dem Ergebnis, das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz verstoße nicht gegen die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung.
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3. Nach Auffassung der Landesregierung von Sachsen-Anhalt ergibt sich aus dem Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG betreffend das "gerichtliche Verfahren" keine Bundeskompetenz für die nachträgliche Sicherungsverwahrung. Zwar gestatte diese Vorschrift Regelungen zur Verhinderung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten. Sie setzten jedoch einen Anfangsverdacht bestimmter strafbarer Handlungen voraus, der bei der Unterbringung zur allgemeinen Verhinderung von Straftaten fehle. Auch habe der Bund das verfahrensgegenständliche Institut nicht kraft Sachzusammenhangs an sich gezogen. Bei den §§ 66, 66a StGB schaffe die Anlasstat diesen Sachzusammenhang. Demgegenüber verzichte § 1 Abs. 1 UBG LSA auf eine Anlasstat als Anknüpfungspunkt.
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Dass die Unterbringung nach dem Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz nicht von einer Polizeibehörde angeordnet, nicht vom Verwaltungsgericht überprüft und nicht nach polizeirechtlichen Vorschriften vollzogen werde, spreche nicht gegen die Zuordnung zum Gefahrenabwehrrecht.
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4. Auch der Landtag von Sachsen-Anhalt hält das Gesetz für verfassungsrechtlich bedenkenfrei.
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Ein Kompetenzverstoß liege nicht vor. Zwar entfalte § 66 StGB eine Sperrwirkung, welche die Länder von jeder weiteren Gesetzgebung ausschließe, soweit sie die Sicherungsverwahrung als Reaktion auf eine Straftat betreffe. Um Sicherungsverwahrung in diesem Sinne handele es sich jedoch bei der Unterbringung nach dem Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz nicht. Vielmehr bezwecke die Straftäterunterbringung allein die Abwehr einer durch Prognose erkannten Gefahr. Sie knüpfe lediglich insofern an die abgeurteilte Straftat an, als diese auf die besondere Gefährlichkeit des Täters hindeute und Anlass zu einer Risikoüberprüfung für die Zeit nach Haftentlassung gebe.
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"Strafvollzug" im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG liege schon deshalb nicht vor, weil die Unterbringung nach dem Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz nicht von Strafvollstreckungsbehörden verhängt oder veranlasst werde. Dass die Unterbringungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer zugewiesen sei, ändere hieran nichts. Hierbei handele es sich um eine "Organleihe", welche die Rechtsnatur der übertragenen Aufgabe unberührt lasse.
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5. In der mündlichen Verhandlung haben die Beschwerdeführer sowie Vertreter der beteiligten Länder und des Bundes ihre schriftsätzlichen Stellungnahmen vertieft.
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B. |
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden haben in der Sache überwiegend Erfolg. Das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz und das Unterbringungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt verstoßen gegen die Kompetenznormen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 und Art. 72 Abs. 1 GG (I.). Die Gesetze sind mit dem Grundgesetz unvereinbar. Sie bleiben jedoch nach Maßgabe der Gründe bis zum 30. September 2004 anwendbar. Daher sind die Verfassungsbeschwerden im Ergebnis zurückzuweisen (II.).
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I. |
Art. 30 GG weist die Ausübung der staatlichen Befugnisse den Ländern zu, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Dementsprechend haben gemäß Art. 70 Abs. 1 GG die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
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Die in den Straftäterunterbringungsgesetzen geregelte Materie ist gemäß Art. 74 Abs. 1 GG Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Es handelt sich um Strafrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (1. und 2.). Der Bund hat von seiner Gesetzgebungszuständigkeit zulässigerweise abschließend Gebrauch gemacht. Deshalb steht den Ländern ein Recht zur Gesetzgebung gemäß Art. 72 Abs. 1 GG nicht zu (3.).
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1. Das Grundgesetz definiert den Begriff des Strafrechts nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat die im Strafgesetzbuch geregelten Maßregeln der Besserung und Sicherung bislang ohne weiteres zum Strafrecht gerechnet (vgl. BVerfGE 85, 134 [142]).
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Eine an Wortlaut, Gesetzesgeschichte, Systematik und Normzweck orientierte Auslegung ergibt, dass zum Strafrecht die Regelung aller, auch nachträglicher, repressiver oder präventiver staatlicher Reaktionen auf Straftaten gehört, die an die Straftat anknüpfen, ausschließlich für Straftäter gelten und ihre sachliche Rechtfertigung auch aus der Anlasstat beziehen.
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a) Nach allgemeinem Sprachgebrauch umfasst das Strafrecht die Gesamtheit der Rechtsnormen, die bestimmte, für das gesellschaftliche Zusammenleben als schädlich angesehene Handlungen unter Strafe stellen und die Höhe der jeweiligen Strafe bestimmen (vgl. Brockhaus Enzyklopädie, 19.Aufl., Bd. 21 s.v. "Strafe"). Entsprechend einem danach möglichen engeren Verständnis ist Strafe zunächst eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein schuldhaftes Verhalten (vgl. BVerfGE 26, 186 [204]). Mit der Strafe wird dem Täter ein Rechtsverstoß vorgehalten und zum Vorwurf gemacht (vgl. BVerfGE 20, 323 [331]). Versteht man unter Strafe eine Maßnahme, die im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme in der Regel -- wenn nicht ausschließlich, so doch auch -- auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt, so sind von diesem engen Verständnis des Strafbegriffs reine Präventionsmaßnahmen nicht umfasst. Die Sicherungsverwahrung des § 66 StGB wäre danach nicht als "Strafrecht" zu qualifizieren.
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Der Begriff des Strafrechts wird jedoch weiter verstanden. Unter ihn lassen sich über repressive, vergeltende Sanktionen hinaus all diejenigen Regelungen fassen, durch die strafwürdiges Verhalten in seinen Voraussetzungen gekennzeichnet und mit staatlicher Sanktion bedroht wird (vgl. Jescheck, in: Leipziger Kommentar (LK), StGB, 11.Aufl., Einl. Rn. 1). Bei einer solchen Auslegung umfasst die Kompetenz des Strafgesetzgebers auch die Regelung von Unrechtsfolgen, die nicht die Schuld des Täters vergelten. Diesem weiteren Sprachgebrauch entsprechend regelt das Strafgesetzbuch nicht nur schuldbezogene Sanktionen, sondern auch weitere Rechtsfolgen, die bei Schuldunfähigkeit oder unabhängig von einem Schuldvorwurf festgesetzt werden können (vgl. etwa §§ 63, 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB). Diese weite Auslegung des Begriffs des Strafrechts nimmt die Gesamtheit der Normen in den Blick, in denen staatliche Reaktionen anlässlich und auf Grund einer Straftat geregelt sind.
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Von einem in diesem Sinne weiten Strafrechtsbegriff in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG geht sowohl die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. z.B. BVerfGE 85, 134 [142]) als auch der überwiegende Teil der Literatur (vgl. z.B. Stettner, in: Dreier, GG, Bd. 2, Art. 74 Rn. 19; Maunz, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 74 Rn. 63; Kunig, in:
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von Münch/Kunig, GG, Bd. 3, 5.Aufl., Art. 74 Rn. 12;
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Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4.Aufl., Art. 74 Rn. 14 f.; Pestalozza, in: v. Mangoldt/Klein/Pestalozza, GG, 3.Aufl., Art. 74 Rn. 63; Rengeling, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts, Bd.IV, 2.Aufl., § 100 Rn. 131; Peglau, NJW 2001, S. 2436 [2437]; Ullenbruch, NStZ 2001, S. 292 [294]; Würtenberger/Sydow, NVwZ 2001, S. 1201 [1202]) aus. Danach ist die Gesamtheit der Rechtsnormen, die für eine rechtswidrige Tat eine Strafe, Buße oder Maßregel der Besserung und Sicherung festsetzen, dem Strafrecht zuzuordnen.
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b) Entstehungsgeschichte und Staatspraxis haben für die Auslegung des Art. 74 GG besonderes Gewicht (vgl. BVerfGE 3, 407 [415]; 7, 29 [40]; 33, 125 [152 f.]; 36, 193 [203]; 36, 314 [319]; 42, 20 [29]; 48, 367 [373]; 61, 149 [175]; 67, 299 [320 f.]; 68, 319 [328]). Der Verfassungsgeber hat insbesondere in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG tradierte Begriffe verwendet und das herkömmliche Verständnis dieser Begriffe zu Grunde gelegt (vgl. BVerfGE 23, 113 [123 f.]; 27, 18 [32]). Die Entstehungsgeschichte bestätigt eine Auslegung, nach der das Strafrecht in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG neben vergeltenden, schuldausgleichenden Sanktionen auch spezialpräventive Reaktionen auf eine Straftat erfasst.
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Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Strafrecht gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG geht auf Art. 4 Nr. 13 der Reichsverfassung von 1871 (RV 1871) und auf Art. 7 Nr. 2 Weimarer Reichsverfassung von 1919 (WRV) zurück. Schon diese Vorschriften verwendeten den Begriff des Strafrechts und bezogen ihn auch auf vorbeugende und sichernde Unrechtsfolgen. Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871 (RGBl S. 127) regelte unter anderem die Polizeiaufsicht (§§ 38, 39 RStGB 1871), die Aberkennung der Eidesfähigkeit (§ 161 RStGB 1871), die Überweisung gemeinlästiger Täter an die Landespolizeibehörden (§ 362 Abs. 2 i.V.m. § 361 Nr. 3 bis 8 RStGB 1871) oder -- im Fall der Wilderei -- die Einziehung von Sachen, die weder dem Täter noch dem Teilnehmer gehörten (vgl. § 295 RStGB 1871). Ferner führte das -- auf Grund der Kompetenzvorschrift des Art. 7 Nr. 2 WRV erlassene -- Jugendgerichtsgesetz von 1923 (RGBl I S. 135) Erziehungsmaßregeln ein, die unabhängig davon eingriffen, ob der Täter strafrechtlich verantwortlich war.
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Mit der Strafrechtsreformbewegung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts setzte sich zunehmend die Auffassung durch, die repressiven Strafen seien um eine so genannte zweite Spur, die Maßregeln, zu ergänzen. Dieses System der Zweispurigkeit findet sich in unterschiedlicher Ausgestaltung sowohl in den unter dem Kaiserreich als auch in den unter der Weimarer Republik entwickelten Entwürfen eines Strafgesetzbuchs. Die Kompetenz des Reiches nach Art. 4 Nr. 13 RV 1871 und Art. 7 Nr. 2 WRV zur Einführung des Maßregelrechts als Ergänzung des "einspurigen" Rechtsfolgensystems des RStGB 1871 stand dabei außer Frage. Bei den Maßregeln der Besserung und Sicherung, die das Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933 (RGBl I S. 995) einführte, handelte es sich daher -- einschließlich der Übergangsregelung aus Art. 5 Nr. 2 -- um "Strafrecht" im Sinne der Weimarer Reichsverfassung.
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Der Parlamentarische Rat fand bei den Beratungen über das Grundgesetz die 1933 geschaffene Zweispurigkeit des Sanktionengefüges ebenso vor wie die schon vor 1933 im Strafgesetzbuch enthaltenen vorbeugenden und sichernden Maßnahmen. Bestrebungen, diese oder die Maßregeln als zweite Säule des Sanktionensystems wieder abzuschaffen, bestanden nicht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Parlamentarische Rat dem Begriff des Strafrechts einen anderen Sinn als zur Weimarer Zeit beigemessen hat (vgl. BVerfGE 27, 18 [32]). Infolgedessen gehören präventive Reaktionen auf Grund einer Straftat aus historischem Blickwinkel zum "Strafrecht" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG (vgl. BVerfGE 85, 134 [142] für die Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB).
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c) Unter systematischem Aspekt folgt die Zuordnung aller ausschließlich für Straftäter geltenden, ihre Rechtfertigung aus der Straftat beziehenden Sanktionen zum Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG aus dem Gedanken des Sachzusammenhangs.
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aa) Die Gesamtheit der Normen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen, bildet keinen selbständigen Sachbereich im Sinne der grundgesetzlichen Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeit zwischen Bund und Ländern (vgl. BVerfGE 8, 143 [149 f.]). Normen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in einem bestimmten Sachbereich dienen, sind für die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenz vielmehr dem Sachbereich zuzurechnen, zu dem sie in einem notwendigen Zusammenhang stehen. Erscheint eine Regelung als Annex zu einem Sachgebiet, auf dem der Bund tätig ist, umfasst die Zuständigkeit zur Gesetzgebung auch präventive Regelungen in diesem Sachbereich. Soweit der Bund ein Recht zur Gesetzgebung in einem bestimmten Sachbereich hat, kann er auch punktuelle Annexregelungen zu einem der Zuständigkeit der Länder unterfallenden Regelungsbereich treffen, sofern diese in einem notwendigen Zusammenhang zu der in der Zuständigkeit des Bundes liegenden Materie stehen und daher für den wirksamen Vollzug der Bestimmungen erforderlich sind (vgl. BVerfGE 22, 180 [210]; 77, 288 [299]).
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Nur solche Regelungen, bei denen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht als Teil einer bundesgesetzlich geregelten Sachmaterie gesetzlich bestimmt ist, können einem selbständigen Sachbereich zugerechnet werden, der als allgemeines Polizeirecht bezeichnet wird und in die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung fällt.
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bb) Im Strafrecht liegt der Sachzusammenhang zwischen Strafe und rein präventiver Sanktion darin begründet, dass sich beide Arten von Sanktionen auf die Anlasstat beziehen: Die (repressive) Strafe hat einen direkten Bezug zur Tat, weil die Umstände der Tat das Maß der Schuld und damit die Strafzumessung wesentlich bestimmen (vgl. § 46 Abs. 1, 2 StGB). Aber auch die auf Spezialprävention gerichteten Rechtsfolgen stehen in unmittelbarem Zusammenhang zu einer Straftat, die notwendige Voraussetzung -- wenn auch nicht hinreichender Grund -- für ihre Verhängung ist. Die tatsächlichen Feststellungen zum Tathergang, zur Genese der Tat und zum Nachtatverhalten sind nicht nur auf der Ebene der Schuld- und Straffrage entscheidungsrelevant, sie stellen zugleich eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für die Gefahrenprognose dar.
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In den Vorschriften über Maßregeln der Besserung und Sicherung kommt der verfassungsrechtlich notwendige Zusammenhang mit einer Anlasstat durch die Formulierung zum Ausdruck, die Gefährlichkeit des Täters müsse sich aus einer "Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat(en)" ergeben (vgl. etwa § 63 -- Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus --, § 66 Abs. 1 Nr. 3 -- Unterbringung in der Sicherungsverwahrung --, § 70 Abs. 1 Satz 2 -- Anordnung des Berufsverbots -- StGB). Die Anlasstat bildet somit einen wesentlichen Prognosefaktor, so dass der Sachzusammenhang die gemeinsame Normierung von vergeltender und vorbeugender Sanktion rechtfertigt.
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Dieser Sachzusammenhang besteht auch dann noch, wenn über Anordnung, Vollstreckung oder Fortdauer präventiver Sanktionen nicht im Zeitpunkt der strafrechtlichen Verurteilung, sondern erst nachträglich während des Vollzugs einer Freiheitsstrafe -- etwa anlässlich einer möglichen Haftentlassung -- entschieden wird. In diesem Fall kann ergänzend das Vollzugsverhalten inhaftierter Straftäter als Prognosefaktor hinzutreten, wenn gleichwohl die Beurteilung maßgeblich durch die abgeurteilte Tat geprägt bleibt. Eine Prognose zum Zeitpunkt der möglichen Entlassung zeichnet sich gerade dadurch aus, dass zusätzliche Erkenntnisse aus dem Vollzug vorliegen, die eine gegenwartsbezogene Entscheidung ermöglichen. Hieraus folgt jedoch nicht, dass sich die Entlassungsprognose ausschließlich auf neu gewonnene Erkenntnisse stützen dürfte. Vielmehr stellt sie sich lediglich umfassender dar als eine frühere Prognose. Der Richter ist gehalten, Persönlichkeit und Straftaten des Verurteilten umfassend in den Blick zu nehmen. Er muss diese Faktoren nunmehr zusätzlich im Lichte der nachträglichen Entwicklung würdigen. Die Prognose hängt indes nach wie vor von einer sorgfältigen Analyse der Anlasstat ab. Denn nur diese Würdigung ermöglicht die Antwort auf die Frage, ob vom Täter nach seinem derzeitigen Entwicklungsstand eine Wiederholung der Anlassdelinquenz droht (vgl. Horstkotte, in: LK, StGB, 10.Aufl., § 67c Rn. 48 bis 89).
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Diesen Sachzusammenhang macht etwa die Regelung über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung gemäß § 66a Abs. 2 StGB deutlich, indem sie voraussetzt, dass "die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs" hinreichend sicher auf seine Gefährlichkeit schließen lässt.
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Demgegenüber besteht kein die Kompetenz des Strafgesetzgebers begründender Sachzusammenhang, wenn Maßnahmen nicht nur gegenüber Straftätern, sondern auch gegenüber anderen Personen ergriffen werden können oder die Anlasstat nicht notwendige Bedingung einer Präventivmaßnahme ist.
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cc) Dem steht nicht entgegen, dass Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht als "Strafe" im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG anzusehen sind (vgl. Urteil in dem Verfahren 2 BvR 2029/01). Denn diese Grundgesetzbestimmung verfolgt einen anderen Zweck als Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Art. 103 Abs. 2 GG verbietet die rückwirkende Begründung und Verschärfung der Strafbarkeit und hat als Abwehrrecht des Bürgers freiheitsgewährleistende Funktion. Demgegenüber regelt die Kompetenzvorschrift des Art. 74 GG kein subjektives Recht des Einzelnen, sondern die Aufteilung der Gesetzgebungsbefugnisse zwischen Bund und Ländern. Auch außerhalb des Maßregelrechts werden beide Grundgesetzbestimmungen nicht immer übereinstimmend interpretiert. So wird etwa auf disziplinar- und ehrengerichtliche Maßnahmen Art. 103 Abs. 2 GG angewandt, da es sich um missbilligende hoheitliche Reaktionen auf schuldhaftes Verhalten handelt (vgl. BVerfGE 26, 186 [203 f.]). Hingegen sind standesrechtliche Sanktionen der öffentlich-rechtlich organisierten Berufs- und Standesvertretungen oder die Disziplinarmaßnahmen des Beamtenrechts vom Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht erfasst (vgl. Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 4.Aufl., Art. 74 Rn. 17).
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d) Das Grundgesetz verfolgt mit den Zuständigkeitskatalogen der Art. 70 ff. GG den Zweck, eine vollständige Verteilung der staatlichen Aufgaben und Befugnisse zwischen Bund und Ländern zu erreichen. Die jeweilige Kompetenzmaterie wird dabei entweder faktisch-deskriptiv durch Benennung der zu regelnden Lebenssachverhalte oder normativ-rezeptiv durch Aufnahme eines vorgefundenen Normbereichs als zu regelnde Materie der Kompetenznorm zugeordnet. Hat der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie als solche gleichsam nachvollziehend benannt, so ist davon auszugehen, dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (Degenhart, in: Sachs, GG, 3.Aufl., Art. 70 Rn. 44, 47). Sinn und Zweck der Umschreibung eines vom Verfassungsgeber bereits vorgefundenen Normenbereichs in der Kompetenzvorschrift sprechen dafür, dass der vorgefundene Normenbereich von ihr erfasst werden soll.
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Mit der Verwendung des Strafrechtsbegriffs in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG hat der Verfassungsgeber die Kompetenzmaterie normativ bezeichnet. Das "Strafrecht" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG umfasst eine Vielzahl verschiedener Reaktionsmöglichkeiten. Er bezieht sich nicht nur auf an das Schuldprinzip anknüpfende Strafen, sondern auch auf Rechtsfolgen, die keinen unmittelbar schuldausgleichenden Charakter haben.
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Die unterschiedlichen Reaktions- und Sanktionsmöglichkeiten des Strafrechts sind in vielfältiger Weise miteinander verzahnt. Ein Auseinanderfallen der Materie -- etwa in ein dem Bundesgesetzgeber vorbehaltenes Schuldstrafrecht einerseits und eine dem Landesgesetzgeber zukommende Befugnis zur Regelung der an die Straftat anknüpfenden präventiven Maßnahmen andererseits -- würde dem Sinn und Zweck des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG widersprechen, durch Verwendung eines vorgefundenen normativen Begriffs den gesamten, als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplex in die Kompetenzvorschrift aufzunehmen. Auch dies spricht dafür, unter "Strafrecht" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht nur die Tatbestände strafwürdigen Unrechts und die Schuldstrafen zu verstehen, sondern auch die sonstigen Unrechtsfolgen (vgl. Dreher, NJW 1952, S. 1282 [1283]).
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2. Die beanstandeten Regelungen über die Straftäterunterbringung sind der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuzuordnen.
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Bei der Straftäterunterbringung nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz und dem Unterbringungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt handelt es sich um eine nachträgliche präventive Sanktion, die ausschließlich für Straftäter gilt und ihre sachliche Rechtfertigung aus der Straftat bezieht. Die Anlasstat stellt einen weiterhin bestimmenden Faktor für die Gefahrenprognose als Voraussetzung der Unterbringung dar. Dieses Verständnis der Ermächtigungsnormen steht nicht in Widerspruch zu ihrem Wortlaut. Es entspricht dem in den Motiven niedergelegten Willen des Gesetzgebers, dem Gesetzeszweck sowie einer -- aus Gründen des materiellen Verfassungsrechts unausweichlichen -- verfassungskonformen Auslegung. Denn nur eine Prognosebasis, welche die Anlasstat als Prognosefaktor einschließt, könnte den weit reichenden Eingriff zeitlich unbestimmter Verwahrung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen (unten a) und b).
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Die Zuordnung der Straftäterunterbringung zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes wird durch einen Vergleich mit der Sicherungsverwahrung des Strafgesetzbuchs bestätigt. Die Straftäterunterbringung weist sowohl verfahrensrechtlich als auch inhaltlich weit reichende Parallelen zur Sicherungsverwahrung auf. Diese enge Verbindung gebietet eine einheitliche kompetenzrechtliche Zuordnung (unten c).
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a) Die Straftäterunterbringung knüpft an eine Straftat der in Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG, § 1 Abs. 1 UBG LSA genannten Art an. Sie betrifft ausschließlich Straftäter, deren Tat durch vollständige Strafverbüßung vergolten ist. Infolgedessen dient sie nicht dem Schuldausgleich, sondern bezweckt -- ebenso wie die Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB -- die Abwehr künftiger Straftaten. Dabei ist die Anlasstat eine notwendige Bedingung der Unrechtsfolge: Sowohl das Bayerische als auch das Sachsen-Anhaltische Straftäterunterbringungsgesetz gelten nur für Strafgefangene, die unter den Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 bis 4 StGB eine zeitige Freiheitsstrafe verbüßen. Die Anlasstat ist damit conditio sine qua non der Straftäterunterbringung (vgl. Pieroth, JZ 2002, S. 922 [924]).
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Eine Erstreckung der Gesetze auf nicht strafrechtlich verurteilte Personen hat man im Gesetzgebungsverfahren nicht ernsthaft erwogen. Eine solche Ausdehnung wäre unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch nicht vertretbar. Denn es ist -- abgesehen von Zwangsmaßnahmen der Quarantäne nach dem Infektionsschutzgesetz und von der landesgesetzlich geregelten Unterbringung psychisch Kranker -- gerade und ausschließlich das schwerwiegende und dem Betroffenen zurechenbare Indiz der Anlasstaten, welches den Staat berechtigt, die Gefährlichkeit seiner Bürger zu überprüfen und auf das Ergebnis dieser Überprüfung eine langfristige schuldunabhängige Freiheitsentziehung zu gründen. Unterhalb dieser Schwelle kann der Staat auf konkrete Gefahrensituationen lediglich mit den situationsbezogenen Instrumenten des Polizeirechts reagieren, zu denen auch der bis zu 14-tägige landesrechtliche Polizeigewahrsam gehören dürfte. Dagegen wäre die längerfristige Verwahrung eines psychisch gesunden und strafrechtlich nicht oder nur unerheblich vorbelasteten Bürgers zum Zweck der Abwehr einer von ihm ausgehenden Gefahr der Begehung von Straftaten mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
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Die Anlasstat ist einerseits in den Straftäterunterbringungsgesetzen die unabdingbare äußere Voraussetzung der Unterbringung; andererseits prägt sie den Charakter dieser Gesetze aber auch inhaltlich wesentlich: Die Straftat ist Legitimationsgrund des Institutes. Damit kommt der Anlasstat eine "limitierende Funktion" zu (vgl. Peglau, ZRP 2000, S. 147 [149]); diese Funktion ist jedoch nicht rein formeller Natur, sondern materielle Folge des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Hier wie in § 66 StGB geht es darum, den Kreis potentiell Betroffener zur Wahrung des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Personen mit schwerwiegender krimineller Vergangenheit zu beschränken.
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b) Die äußerliche Beschränkung der Prognosebasis in den angegriffenen Gesetzen erweist sich als misslungener Kunstgriff des Gesetzgebers. Er widerspricht der Intention der Gesetze, eine Präventivmaßnahme auf verbesserter Entscheidungsgrundlage zu etablieren, ebenso wie dem Wortlaut der Gesetze im Übrigen.
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Im Gegensatz zu § 66a Abs. 2 StGB verzichten Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG und § 1 Abs. 1 UBG LSA bei der Umschreibung der Gefährlichkeitsprognose nach ihrem Wortlaut zwar auf das Erfordernis einer Gesamtwürdigung unter Einbeziehung der Anlasstat. Damit scheint die Unterbringung auf den ersten Blick materiell von der Anlasstat abgekoppelt zu sein und ausschließlich auf Tatsachen aus dem Zeitraum der Vollstreckung zu basieren. Eine nähere Analyse der Straftäterunterbringungsgesetze zeigt jedoch, dass eine von der Anlasstat losgelöste Entscheidung über die Gefährlichkeit des unterzubringenden Täters vom Gesetz nicht gewollt und bei verfassungskonformer Auslegung der verfahrensgegenständlichen Normen auch nicht zulässig wäre.
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aa) Der Text der Straftäterunterbringungsgesetze benennt als Prognosefaktoren nur nachträgliche Tatsachen: Nach Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG muss sich die Gefährlichkeit auf Tatsachen stützen, die nach der Verurteilung eingetreten sind; § 1 Abs. 1 UBG LSA spricht von nach der Verurteilung bekannt gewordenen Tatsachen.
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Gleichwohl schließt der Wortlaut von Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG und von § 1 Abs. 1 UBG LSA es nicht etwa aus, die Anlasstat als Prognosefaktor zu berücksichtigen. Überdies spricht die sonstige Terminologie der Straftäterunterbringungsgesetze implizit für den Zugriff auf die Anlasstat: Der zentrale Begriff des "Rückfalls" (vgl. den Titel beider Gesetze: rückfall-gefährdete Straftäter bzw. Personen sowie Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG, § 1 Abs. 1 UBG LSA: rückfallvermeidende Therapie) wendet den Blick auf die zurückliegende Delinquenz des Betroffenen, um dessen aktuelle Gefährlichkeit zu begründen.
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bb) Frühere wie aktuelle Landesentwürfe zu einer nachträglichen Sicherungsverwahrung auf Bundesebene haben durchgängig zwanglos auf § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwiesen, der die Gefährlichkeitsprognose von einer "Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten" abhängig macht (vgl. BRDrucks 699/97; 144/00; 159/00; 176/01; BTDrucks 14/6709; BRDrucks 48/02; 304/02; 507/02; BTDrucks 15/29; BRDrucks 850/02; 860/02). Die geänderte Formulierung in den Straftäterunterbringungsgesetzen geht erkennbar auf die Forderung zurück, es gelte einen "von der Anlasstat verschiedenen Anordnungsgrund" zu normieren, gerade um die Materie aus ihrem strafrechtlichen Zusammenhang zu lösen (vgl. Würtenberger/Sydow, NVwZ 2001, S. 1201 [1203]).
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Ungeachtet dieser Abgrenzung zulässiger von unzulässigen Anknüpfungstatsachen zeigen die Motive zum Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz sowie zum Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz, dass der Gesetzgeber in der Sache eine Gesamtwürdigung im traditionellen strafrechtlichen Sinne für zulässig und notwendig erachtet hat: Zwar wird betont, "wesentlicher Anknüpfungspunkt" für die Unterbringung könne "nicht die Straftat sein, deretwegen der Gefangene zu einer Freiheitsstrafe (ohne anschließende Sicherungsverwahrung) verurteilt worden" ist, sondern seine "aktuelle -- sich vorrangig aus dem Vollzugsverhalten ergebende -- Gefährlichkeit". Nach einer Aufzählung möglicher Anknüpfungspunkte -- Art und Gefährlichkeit der befürchteten Straftaten, Persönlichkeitsstruktur und künftige Lebensumstände des Betroffenen -- heißt es jedoch anschließend: "Für die Gefahrenprognose kann allerdings berücksichtigt werden, dass der Betroffene bereits in der Vergangenheit schwere Straftaten begangen hat" (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks. 14/7642, S. 5; ähnlich Landtag von Sachsen-Anhalt, Drucks. 3/5167, S. 11). Damit wird die Anlasstat in die Betrachtung mit einbezogen; auch das Prognoseelement der "Persönlichkeitsstruktur" bezieht die frühere Strafbarkeit notwendig mit in die Betrachtung ein.
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cc) Diese -- von den Motiven getragene -- weite Bestimmung der Prognosebasis entspricht dem Normzweck der Straftäterunterbringungsgesetze und ist von Verfassungs wegen geboten.
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(1) Die nachträgliche Straftäterverwahrung basiert auf der Überlegung, dass eine Entscheidung über die Maßnahme, die kurz vor Strafende getroffen wird, auf Grund ihrer breiteren Tatsachengrundlage eine höhere Richtigkeitsgewähr bietet als die Entscheidung im Rahmen des Erkenntnisverfahrens. In den Motiven zum Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz und zum Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz heißt es insoweit, die Maßnahme betreffe Fälle, in denen das Vollzugsverhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine Gefährlichkeit des Täters hinweise, die "im Zeitpunkt des Urteils (...) noch nicht sichtbar war" (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks 14/7642, S. 4; Landtag von Sachsen-Anhalt, Drucks 3/5167, S. 9). Sinn und Zweck der Regelungen ist es also, zusätzliche Erkenntnisse aus dem Strafvollzug zur Erstellung einer Negativprognose zu nutzen.
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(2) Ganz in diesem Sinne haben die Landesgesetzgeber betont, die Gesetze orientierten sich am verfassungsrechtlichen Gebot eingriffskongruenter Sachverhaltsaufklärung. Deshalb seien Verfahrensregelungen vorgesehen, die eine sorgfältige, objektive und am "Persönlichkeitsbild" des Betroffenen orientierte Gefährlichkeitsprognose gewährleisteten (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks. 14/7642, S. 6; Landtag von Sachsen-Anhalt, Drucks. 3/5167, S. 9). Dieser Orientierung widerspräche jedoch eine enge Bestimmung der Prognosebasis in Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG, § 1 Abs. 1 UBG LSA.
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Die unbefristete oder beliebig oft verlängerbare Unterbringung nach voller Verbüßung der Schuldstrafe stellt einen besonders schwerwiegenden Eingriff in die Freiheit des betroffenen Straftäters dar. Dieser Eingriff muss unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit durch eine Prognose legitimiert sein, die auf sämtliche entscheidungserhebliche Daten aus Lebens- und Kriminalitätsgeschichte des Betroffenen, einschließlich der begangenen Straftaten, zugreift.
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Es ist unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Entscheidungsgrundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (BVerfGE 70, 297 [308]). Dabei bemisst sich der Umfang der Aufklärungspflicht nach der Schwere des Eingriffs. Je länger eine Unterbringung dauert, desto strengere Anforderungen sind auf Grund der Wirkkraft des Freiheitsgrundrechts auch an die Sachverhaltsaufklärung zu stellen. Prognosegutachten, deren sich der Richter zur Sachverhaltsaufklärung bedient, müssen hinreichend substantiiert sein und ein möglichst umfassendes Bild des Betroffenen zeichnen (BVerfGE 70, 297 [310 f.]).
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Um diesen Anforderungen zu genügen, muss der Prognose als Voraussetzung möglicherweise lang dauernder Verwahrung eine umfassende Würdigung der vom Täter begangenen Straftat und der Täterpersönlichkeit zu Grunde liegen. Die Literatur fasst die Aufgabe des forensischen Gutachters in diesem Bereich dahin zusammen: zu thematisieren seien die Anlasstat, die (bekannte) prädeliktische Persönlichkeit einschließlich der (bekannten) Kriminalität, die postdeliktische Persönlichkeitsentwicklung, schließlich die Perspektiven und Außenbezüge, auch "sozialer Empfangsraum" genannt. Bei der diagnostischen wie der prognostischen Beurteilung müsse deutlich werden, in welchem Zusammenhang Ausgangsdelikt und frühere Delinquenz mit der Persönlichkeit stehen (situative oder persönlichkeitsbedingte Taten) und ob deliktsspezifische Persönlichkeitszüge persistieren oder nicht. Dabei müsse die prognostische Relevanz der Vortaten und der Anlasstat aus ihrer Einfügung in die Gesamtpersönlichkeit des Betroffenen nachvollziehbar abgeleitet werden (vgl. Müller-Metz, StV 2003, S. 42 [45]; Nedopil, in: Dölling [Hrsg.], Die Täterindividualprognose, 1995, S. 83 ff.). Nachträgliche Entscheidungen über Aussetzung, Erledigung oder erstmalige Anordnung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung hätten zusätzlich auf das Vollzugsverhalten des Betroffenen als Erkenntnisquelle zuzugreifen (Müller-Metz, StV 2003, S. 42 [50]).
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Diese Gesamtwürdigung ist notwendige Voraussetzung einer Entscheidung über die Freiheitsentziehung. Das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip gebieten, der Prognoseentscheidung für die Straftäterunterbringung eine breite Tatsachenbasis unter Einbeziehung der von dem Verurteilten begangenen Straftaten zu Grunde zu legen.
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(3) Für die Zuordnung eines Gesetzes zu einer Kompetenzregel ist seine inhaltliche Rechtmäßigkeit freilich nicht maßgeblich (BVerfGE 103, 21 [30]). Infolgedessen stellt sich die Frage, ob eine enge Interpretation der Prognosebasis zur Vereinbarkeit der Straftäterunterbringungsgesetze mit formellem Verfassungsrecht führen könnte, sei es auch um den Preis materieller Verfassungswidrigkeit. Die Frage ist zu verneinen. Eine echte Loslösung von der Anlasstat lässt sich auch auf diesem Wege nicht erreichen.
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Die Anlasstat bleibt kraft ihrer Indizwirkung auch dann inhaltliche Basis der Rückfallprognose, wenn sich Gerichte und Sachverständige nicht erneut mit ihr auseinander setzen. Es ist gerade das aus dieser Tat und den in Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG und § 1 Abs. 1 UBG LSA vorausgesetzten Vorverurteilungen ersichtliche abstrakte Rückfallpotential, das eine Überprüfung der konkreten Gefährlichkeit anhand nachträglicher Tatsachen rechtfertigt.
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c) Ein Vergleich zwischen landesrechtlicher Straftäterunterbringung und bundesrechtlicher Sicherungsverwahrung lässt zudem eine Vielzahl inhaltlicher und verfahrensrechtlicher Parallelen erkennen (aa). Im Ergebnis handelt es sich bei der Straftäterunterbringung um eine Ersatzmaßnahme, die das Maßregelinstrumentarium des Strafgesetzbuchs vervollständigen soll (bb).
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aa) Die Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB und die Unterbringung nach dem Bayerischen und dem Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz zielen infolge identischer Voraussetzungen auf den gleichen Täterkreis und dienen beide der Beherrschung erheblicher Rückfallgefahren, in Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG und § 1 Abs. 1 UBG LSA allerdings beschränkt auf den Schutz der dort genannten höchstpersönlichen Rechtsgüter. Die Entscheidung über die Anordnung der Straftäterunterbringung gemäß Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG sowie § 1 Abs. 1 UBG LSA ähnelt sowohl vom Zeitpunkt her als auch inhaltlich der Entscheidung über den Vollzug der Sicherungsverwahrung gemäß § 67c Abs. 1 StGB. Gemeinsamer Anordnungszeitpunkt ist das Strafende; inhaltlich geht es beides mal darum, die ursprüngliche Gefährlichkeitsprognose anhand des Vollzugsverhaltens als eines zusätzlichen Entscheidungsfaktors zu überprüfen.
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Verfahrensrechtlich gleichen einander die bundesrechtliche Entscheidung gemäß § 67c Abs. 1 StGB und das landesrechtliche Sicherungsinstrument bis in die Einzelheiten. Hier wie dort ist für die Entscheidung die Strafvollstreckungskammer in der Besetzung mit drei Berufsrichtern zuständig (Art. 3 Abs. 1 BayStrUBG, § 3 Abs. 1 UBG LSA / §§ 463 StPO, 78a Abs. 1, 78b Abs. 1 Nr. 1 GVG). Sowohl die Entscheidung nach § 67c StGB als auch die Entscheidung über die landesrechtliche Straftäterunterbringung ergehen durch Beschluss, der mit der sofortigen Beschwerde zum Oberlandesgericht anfechtbar ist (Art. 3 Abs. 4 BayStrUBG, § 3 Abs. 4 UBG LSA / §§ 463 Abs. 1, 454 Abs. 1, 3 StPO). Gemäß Art. 3 Abs. 2 BayStrUBG und § 3 Abs. 2 UBG LSA gilt insoweit das Verfahrensrecht der Strafprozessordnung entsprechend. Allerdings regeln Art. 4 BayStrUBG, § 4 UBG LSA Abweichungen vom normalen Beschlussverfahren, die das Verfahren dem strafprozessualen Erkenntnisverfahren annähern.
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Gemäß Art. 4 Abs. 1 BayStrUBG, § 4 Abs. 1 UBG LSA darf das Gericht die Unterbringung nur auf förmlichen Antrag anordnen. Damit statuieren die Gesetze ein "Akkusationsprinzip", ohne freilich der Staatsanwaltschaft als unabhängiger Behörde die Antragstellung zuzuweisen. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayStrUBG, § 4 Abs. 1 Satz 1 UBG LSA übernehmen den Grundsatz umfassender Amtsermittlung aus § 244 Abs. 2 StPO. Anders als die strafprozessuale Norm sind die Regelungen jedoch nicht mit einem förmlichen Beweis- und Beweisantragsrecht verbunden. Über das allgemeine Strafprozessrecht (vgl. etwa § 454 Abs. 2 StPO) gehen Art. 4 Abs. 2 Satz 2 bis 4 BayStrUBG sowie § 4 Abs. 2 Satz 2 bis 4 UBG LSA hinaus, indem sie das Gericht zur Einholung zweier Sachverständigengutachten verpflichten. Die Vorschriften aus Art. 4 Abs. 3 BayStrUBG, § 4 Abs. 3 UBG LSA ordnen eine öffentliche Erörterung der Unterbringungsfrage mit Frage- und Erklärungsrechten der Beteiligten sowie die öffentliche Verkündung der Entscheidung an. Auf diese Weise gerät die Entscheidungsfindung zur "kleinen", da nicht förmlichen Hauptverhandlung im Sinne der §§ 226 ff. StPO. Überprüft wird die Entscheidung allerdings lediglich in einem Beschwerdeverfahren.
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Diese und weitere Anleihen aus dem strafprozessualen Erkenntnisverfahren sind nicht nur technischer Natur, sondern drücken einen inhaltlichen Bezug zwischen Straftäterunterbringung und strafrechtlicher Sicherungsverwahrung aus. Die Straftäterunterbringung holt eine Sicherungsverwahrung nach, die im Urteil nicht verhängt wurde. Deshalb soll der Betroffene zumindest einen Teil der Garantien erhalten, die ihm im Erkenntnisverfahren zugestanden hätten.
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Die Vorschriften des Art. 5 BayStrUBG und des § 5 UBG LSA zu Überprüfung, Aussetzung und Erledigung der Unterbringung sind den Normen der §§ 67e und 67g sowie 67d Abs. 2 StGB nachgebildet: Straftäterunterbringung sowie Maßregel können jederzeit darauf überprüft werden, ob ihre weitere Vollstreckung erforderlich ist (vgl. Art. 5 Abs. 1 BayStrUBG, § 5 Abs. 1 UBG LSA / § 67e Abs. 1 StGB). Von Amts wegen findet die Prüfung alle zwei Jahre, nach dem Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Personen zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Form der Verlängerung jährlich statt (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayStrUBG, § 2 Abs. 2 UBG LSA / § 67e Abs. 2 StGB). Das Gericht kann Sperrfristen für einen Aussetzungsantrag des Betroffenen setzen (Art. 5 Abs. 2 BayStrUBG, § 5 Abs. 2 UBG LSA / § 67e Abs. 3 Satz 2 StGB).
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Ist die weitere Unterbringung nicht erforderlich, so setzt das Gericht ihre Vollstreckung zur Bewährung aus (Art. 5 Abs. 4 Satz 1 BayStrUBG, § 5 Abs. 4 Satz 1 UBG LSA / § 67d Abs. 2 Satz 1 StGB). Hierbei kann es dem Betroffenen gemäß Art. 5 Abs. 4 Satz 2 BayStrUBG und § 5 Abs. 4 Satz 2 UBG LSA die nach § 68b StGB im Rahmen der Führungsaufsicht zulässigen Weisungen erteilen, während gemäß § 67d Abs. 2 Satz 2 StGB bei Aussetzung der bundesrechtlichen Sicherungsverwahrung Führungsaufsicht kraft Gesetzes eintritt. Die Aussetzung der Unterbringung ist zu widerrufen, wenn sich -- insbesondere auf Grund Weisungsverstoßes -- ergibt, dass ihre weitere Vollstreckung erforderlich ist (Art. 5 Abs. 5 Satz 1 BayStrUBG, § 5 Abs. 5 Satz 1 UBG LSA / § 67g Abs. 1 Nr. 2 StGB). Andernfalls erklärt das Gericht die Unterbringung nach Ablauf der Aussetzungsdauer bzw. mit dem Ende der Führungsaufsicht für erledigt (Art. 5 Abs. 5 Satz 2 BayStrUBG, § 5 Abs. 5 Satz 2 UBG LSA / § 67g Abs. 5 StGB). Für den Vollzug der Unterbringung gelten gemäß Art. 6 Satz 2 BayStrUBG, § 6 Satz 2 UBG LSA die §§ 129 bis 135 des Strafvollzugsgesetzes entsprechend. In Bezug genommen sind damit die Vorschriften über den Maßregelvollzug der Sicherungsverwahrung.
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bb) Die Straftäterunterbringung stellt ausweislich der Gesetzesbegründungen auch in der Sicht der Länder ein Ersatzinstrument dar, welches das Maßregelinstrumentarium des Strafgesetzbuchs vervollständigt.
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Nach der Begründung zum Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz schließt das Gesetz eine auf wenige Anwendungsfälle begrenzte "Lücke", die bestehe, weil die Sicherungsverwahrung nach § 66 StGB nur im Erkenntnisverfahren und nicht nachträglich angeordnet werden könne. Vorzugswürdig wäre zwar die bundesweite Regelung einer nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung, jedoch sei ein Tätigwerden des Bundesgesetzgebers nicht zu erwarten (vgl. Bayerischer Landtag, Drucks. 14/7642, S. 2). In Sachsen-Anhalt hielt man dagegen zwar den Erlass eines entsprechenden Bundesgesetzes in absehbarer Zeit für wahrscheinlich, das Landesgesetz aber übergangsweise zur Lückenfüllung für notwendig (vgl. Landtag von Sachsen-Anhalt, Drucks. 3/5167, S. 3).
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Diese Funktion des Bayerischen und des Sachsen-Anhaltischen Straftäterunterbringungsgesetzes spricht kompetenzrechtlich für sich. Eine behauptete Gesetzeslücke kann kompetenzrechtlich nicht anders beurteilt werden als das lückenhafte Gesetz selbst. Denn eine fehlende Teilregelung darf nicht aus ihrem Regelungszusammenhang herausgelöst und isoliert für sich behandelt werden. Gerade ein geringer eigenständiger Regelungsgehalt der Teilregelung spricht regelmäßig für ihre Zugehörigkeit zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung (vgl. BVerfGE 97, 228 [251 f.]). Wenn aber die Lücke innerhalb des Strafrechts besteht, dann ist auch das lückenfüllende Gesetz dem Strafrecht zuzuordnen. Daran ändert sich nichts, wenn das Gesetz durch entsprechende Wortwahl seinen präventiven Charakter in den Vordergrund stellt.
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Dies wird durch das praktische Anwendungsfeld der Straftäterunterbringungsgesetze bestätigt. Häufig kommt es zur (nachträglichen) Straftäterunterbringung in Fällen des heutigen § 66 Abs. 3 StGB, in denen zum Urteilszeitpunkt zwar möglicherweise bereits die Gefährlichkeit des Täters feststand, die Sicherungsverwahrung aber mangels gesetzlicher Grundlage nicht angeordnet werden konnte. Diese Lücke hat der Strafgesetzgeber mittlerweile selbst geschlossen. Weil § 66 Abs. 3 StGB jedoch gemäß Art. 1a Abs. 2 EGStGB nur für Taten gilt, die nach dem 31. Januar 1998 begangen worden sind, greifen ersatz- und übergangsweise die Straftäterunterbringungsgesetze ein.
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Das Gleiche gilt, soweit Fälle erfasst werden, in denen das erkennende Gericht seit der Novelle vom 21. August 2002 gemäß § 66a StGB die Sicherungsverwahrung vorbehalten kann. Auch hier hat der Strafgesetzgeber selbst die von den Ländern konstatierte Lücke gefüllt und das Anwendungsspektrum der Landesgesetze für die Zukunft eingeengt.
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3. Die Länder sind nicht befugt, die Straftäterunterbringung zu regeln, denn der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz abschließend Gebrauch gemacht. Der Bundesgesetzgeber hat das Recht der Sicherungsverwahrung in den §§ 66 ff. StGB abschließend im Sinne des Art. 72 Abs. 1 GG geregelt (a) und b). Hierzu war er auch im Rahmen des Art. 72 Abs. 2 GG befugt. Infolgedessen entfalten die genannten Regelungen des Strafgesetzbuchs Sperrwirkung und stehen einer landesrechtlichen Regelung der Straftäterunterbringung entgegen.
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a) Gemäß Art. 72 Abs. 1 GG dürfen die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung eigene Gesetze nur erlassen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Demnach sind landesrechtliche Regelungen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die bundesgesetzliche Regelung dieses Sachbereichs abschließenden Charakter hat (vgl. BVerfGE 2, 232 [235]; 7, 342 [347]; 18, 407 [415]; 20, 238 [248]; 21, 106 [115]; 32, 319 [327]). Ob eine bundesrechtliche Regelung abschließend ist oder nicht, kann nur einer Gesamtwürdigung des betreffenden Normenkomplexes entnommen werden (vgl. BVerfGE 1, 283 [296]; 67, 299 [324]; 98, 265 [301]; 102, 99 [114]).
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Der Erlass eines Bundesgesetzes über einen bestimmten Gegenstand rechtfertigt für sich allein noch nicht die Annahme, dass damit die Länder von einer Gesetzgebung ausgeschlossen sind; es können noch Bereiche übrig bleiben, deren Regelung für die Gesetzgebung der Länder offen ist (vgl. BVerfGE 102, 99 [114 f.]). Maßgeblich ist, ob ein bestimmter Sachbereich umfassend und lückenlos geregelt ist oder jedenfalls nach dem aus Gesetzgebungsgeschichte und Materialien ablesbaren objektivierten Willen des Gesetzgebers abschließend geregelt werden sollte. Für die Frage, ob und inwieweit der Bund von seiner Zuständigkeit Gebrauch gemacht hat, ist in erster Linie auf das Bundesgesetz selbst, sodann auf den hinter dem Gesetz stehenden Regelungszweck, ferner auf die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien abzustellen (vgl. BVerfGE 98, 265 [300 f.]).
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Hat der Bund einen Sachbereich in Wahrnehmung einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in diesem Sinne abschließend geregelt, so tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob die landesrechtlichen Regelungen den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreiten oder sie nur ergänzen, ohne ihnen zu widersprechen (vgl. BVerfGE 20, 238 [250]; 102, 99 [115]). Die Länder sind nicht berechtigt, eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz dort in Anspruch zu nehmen, wo sie eine -- abschließende -- Bundesregelung für unzulänglich und deshalb reformbedürftig halten; das Grundgesetz weist ihnen nicht die Aufgabe zu, kompetenzgemäß getroffene Entscheidungen des Bundesgesetzgebers "nachzubessern" (vgl. BVerfGE 36, 193 [211 f.]; 85, 134 [147]; 98, 265 [300]).
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b) Die bundesrechtlichen Normen über die Sicherungsverwahrung regeln nicht sämtliche Präventionsmöglichkeiten gegenüber Straftätern (aa). Dies führt jedoch nicht zu einer ergänzenden Landeskompetenz, weil der Bund die Materie abschließend geregelt hat (bb).
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aa) Die Vorschriften des Strafgesetzbuchs über die Maßregel der Sicherungsverwahrung zielen nicht auf einen lückenlosen Schutz vor gefährlichen Wiederholungstätern. Der Kreis der Betroffenen ist schon durch die strengen Voraussetzungen des § 66 StGB begrenzt. Insbesondere kann das Gericht die Maßregel nicht gegen Ersttäter verhängen, die nur wegen einer einzigen Straftat -- wenn auch zu einer beliebig hohen Freiheitsstrafe -- verurteilt werden. Straftäter, die (nur) die Voraussetzungen des § 66 Abs. 3 StGB erfüllen, werden nicht erfasst, wenn nicht mindestens eine der Anlasstaten nach dem 31. Januar 1998 begangen worden ist (Art. 1a Abs. 2 EGStGB). Begrenzt ist der Schutz ferner dadurch, dass die Maßregel nur auf erwachsene Straftäter anwendbar ist, dagegen nicht auf Jugendliche und Heranwachsende.
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Schließlich ist der präventive Schutz vor Wiederholungstätern dadurch eingeschränkt, dass die Maßregel im Erkenntnisurteil verhängt oder vorbehalten werden muss. Bis zur Novelle vom 21. August 2002 konnte Sicherungsverwahrung nach dem Strafgesetzbuch überhaupt nicht nachträglich angeordnet werden. Seitdem kann das erkennende Gericht sie nachträglich verlängern, soweit ein entsprechender Vorbehalt in das Urteil aufgenommen worden ist (§ 66a StGB). Ohne Vorbehalt können Rückfallgefahren nach Vollverbüßung strafrechtlich nur über die Führungsaufsicht gemäß §§ 68 ff. StGB aufgefangen werden.
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bb) Die Länder sind zu ergänzenden Regelungen nicht befugt, denn das Recht der Sicherungsverwahrung ist im Strafgesetzbuch umfassend und abschließend geregelt. Dies folgt zunächst aus einer Analyse der letzten großen Reform dieses Rechtsgebiets vor der Verabschiedung des Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetzes und des Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetzes. Das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 sollte dem gesamten damals geäußerten Reformbedarf Rechnung tragen und verzichtete bewusst auf einen weiter gehenden Ausbau der Maßregel der Sicherungsverwahrung (1). Der Bundesgesetzgeber hat das Recht der Sicherungsverwahrung auch nicht nachträglich für eine Ergänzung seitens der Länder geöffnet. Eine derartige Öffnung hätte einer gesetzlichen Grundlage bedurft (2).
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(1) Vor dem Erlass des Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetzes im Dezember 2001 und des Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetzes im März 2002 hatte der Bundesgesetzgeber seinen Regelungswillen auf dem Gebiet der Sicherungsverwahrung zuletzt durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26. Januar 1998 verbindlich geäußert. Zum Zeitpunkt der Reform auf Bundesebene lag ein erster Landesvorschlag zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vor; die bemängelten Schutzgrenzen wurden bereits diskutiert. Dennoch nahm der Bundesgesetzgeber keine entsprechende Regelung in sein Reformwerk auf.
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Das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten setzte sich das Ziel, die Defizite des damals geltenden Rechts beim Umgang mit Sexualstraftätern zu beseitigen, um auf diese Weise das nach Auffassung des Bundestags erschütterte Vertrauen der Allgemeinheit in die Schutzfunktion des Staates wiederherzustellen (vgl. BTDrucks 13/7559, S. 1). Zu diesem Zweck sah das Gesetz ein umfassendes Instrumentarium vor, das "von den verschiedenen Stationen des Vollzugs, der Entscheidung über den Zeitpunkt der Entlassung und über Maßnahmen für die Zeit nach der Entlassung bis hin zu einer eventuellen Sicherungsverwahrung, die jeweils optimale Maßnahme" zum Schutz vor Wiederholungstaten ermöglichen sollte (vgl. BTDrucks 13/8989, S. 2).
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Neben Regelungen der Strafrestaussetzung, der Führungsaufsicht und der verstärkten therapeutischen Behandlung von Sexualstraftätern galt der Ausbau der Sicherungsverwahrung früh als "Kernstück" der Reform. Die Vorschrift des § 66 StGB erhielt einen neuen Absatz 3, der die Anordnung der Sicherungsverwahrung unter erleichterten Voraussetzungen zulässt; § 67d Abs. 3 StGB n.F. ermöglicht schon bei der ersten Anordnung einen zeitlich unbegrenzten Maßregelvollzug (Art. 1 Nrn. 3 und 4 Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten). Es gehe darum, zukünftig denjenigen Personenkreis mit der Maßregel zu erfassen, "für den sie angezeigt" sei. Die Novelle sehe "die hierfür erforderlichen Verbesserungen" vor. Die erleichterte Maßregelverhängung werde die Bedeutung der Überprüfungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer nach § 67c Abs. 1 StGB stärken. Je niedriger die Voraussetzungen für die Anordnung von Sicherungsverwahrung seien, umso dringender stelle sich vor dem Ende des Strafvollzugs die Frage, ob die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Hohe Bedeutung werde in diesem Zusammenhang vor allem der Therapieauflage bei zur Bewährung ausgesetzter Sicherungsverwahrung zukommen (vgl. BRDrucks 876/96, S. 10 ff.).
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Der Bundesgesetzgeber verstand die Novelle von 1998 seinerzeit als erschöpfend. Gewollt war eine Reform, die den Therapiegedanken in allen Stadien des Erkenntnis- wie des Vollstreckungsverfahrens in den Vordergrund stellte. Gleichwohl griff sie auf eine -- nötigenfalls lebenslange -- Sicherungsverwahrung als ultima ratio gegen nicht besserungsfähige Straftäter zurück. Ausweislich der Motive sollte die Novelle die damals für vertretbar gehaltenen Maßnahmen umfassend regeln.
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Der Bundesgesetzgeber befasste sich in der parlamentarischen Beratung mit der Frage einer zeitlichen Verschiebung des Maßregelausspruchs. Der Vorschlag einer Vorbehaltsmöglichkeit für die Fälle des § 66 Abs. 3 StGB wurde ausdrücklich abgelehnt (vgl. BTDrucks 13/9062, S. 8).
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Auch wenn die weiter gehende Variante einer nachträglichen Sicherungsverwahrung in den Gesetzesmaterialien nicht ausdrücklich angesprochen wird, liegt es nahe, dass dieses Modell in den Beratungen ebenfalls zur Sprache gekommen ist, da der bayerische Gesetzesantrag zur nachträglichen Sicherungsverwahrung vom 16. September 1997 bei den letzten Beratungen des Rechtsausschusses im November 1997 vorlag. Darauf deutet ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags vom 6. September 2001 hin, in dem darauf hingewiesen wird, dass im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten die Möglichkeit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung bewusst nicht in § 66 StGB aufgenommen worden sei.
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Nach alledem wollte der Bund angesichts der umfassenden Anhebung des Schutzstandards durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht in das Sanktionengefüge aufnehmen. Die Regelung war daher abschließend (vgl. Rzepka, Recht & Psychiatrie 2003, S. 191 [194]).
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(2) Der Bund hat den abschließenden Charakter der strafgesetzlichen Sicherungsverwahrung nachträglich nicht eingeschränkt.
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Der Bundesgesetzgeber hat das Recht der Sicherungsverwahrung umfassend geregelt und damit an sich gezogen. Dies wird hinsichtlich der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens durch die Novelle vom Januar 1998 deutlich. Dadurch hat der Bund die Verantwortung für dieses Rechtsgebiet vollständig übernommen. Es ist anerkannt, dass sich der Bundesgesetzgeber einer derartigen Verantwortung teilweise durch Gesetz auch wieder entledigen kann: Auch bei umfassender und erschöpfender Regelung eines Gegenstandes der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund sind landesrechtliche Regelungen insoweit zulässig, als das Bundesrecht Vorbehalte zugunsten der Landesgesetzgebung enthält (vgl. BVerfGE 29, 125 [137]). Ein übliches Mittel der Gesetzgebungstechnik (BVerfGE 35, 65 [74] m.w.N.) sind in diesem Zusammenhang Regelungsvorbehalte, mit denen der Bundesgesetzgeber den Ländern einzelne Regelungsbefugnisse aus dem eigenen Zuständigkeits- und Verantwortungskreis überträgt.
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Infolgedessen hätte der Bund prinzipiell auch das Recht der Sicherungsverwahrung ausdrücklich durch Gesetz öffnen und den Ländern die eigenverantwortliche Normierung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung anheim stellen können. Ein solcher Vorbehalt ist jedoch nicht normiert worden.
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Ohne Erfolg vorgeschlagen hatte eine derartige Öffnungsklausel im März 2000 das Land Baden-Württemberg. Die Bundesregierung hat dagegen einen Regelungsvorbehalt trotz ihres Plädoyers für eine landesrechtliche Lösung nie auch nur in Erwägung gezogen. Vielmehr formulierte der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesministeriums der Justiz in der Sitzung des Bundesrats vom 21. Dezember 2000, mangels Bundeskompetenz bedürfe es keiner "irgendwie gearteten Öffnungsklausel durch den Bundesgesetzgeber für landesrechtliche Regelungen" (Bundesrat, Stenografischer Bericht der 758. Sitzung vom 21. Dezember 2000, S. 648).
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Die Rechtsauffassung der damaligen Bundesjustizministerin und ihr Brief an die Länder vom 13. September 1999 sind nicht geeignet, eine Kompetenz der Länder zu begründen. Ein Mitglied der Bundesregierung kann nicht für den Bundesgesetzgeber sprechen.
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Außerdem dürften die Länder im Hinblick auf die abschließende Regelung durch den Bund nur auf Grund bundesrechtlichen Regelungsvorbehalts tätig werden (vgl. BVerfGE 29, 125 [137]). Denn es liefe dem rechtsstaatlichen Prinzip der Gesetzesklarheit zuwider, wenn der Bundesgesetzgeber eine abschließende Regelung nachträglich unförmlich zu einer nicht abschließenden erklären könnte.
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Der Wille des Bundes zur erschöpfenden Regelung hat nicht nur in den Motiven Niederschlag gefunden; er drückt sich vielmehr unmittelbar und objektiv im Gesamtkomplex der strafgesetzlichen Regelungen zum Rückfall aus. Deshalb wäre vom Bundesgesetzgeber bei nachträglicher Willensänderung zu verlangen, dass er den geänderten Willen ebenfalls durch förmliches Gesetz zum Ausdruck bringt und umgrenzt. Andernfalls bliebe die Reichweite möglicher Lückenfüllung durch die Länder unklar und unverbindlich. Das zeigen die Äußerungen des Bundesjustizministeriums zur möglichen Regelungskompetenz der Länder deutlich. Sie lassen offen, in welchen Grenzen sich derartige Regelungen bewegen sollten. So bleibt -- anders als in der früher von Baden-Württemberg vorgeschlagenen Öffnungsklausel -- insbesondere unklar, ob landesgesetzliche Unterbringungsmaßnahmen an die Voraussetzungen des § 66 StGB gebunden sein sollen oder nicht.
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II. |
Das Fehlen einer Gesetzgebungskompetenz der Länder führt nicht zur Nichtigkeit der zur Prüfung gestellten Gesetze. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz bestimmt als Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nicht ausnahmslos die Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG); es lässt auch die Erklärung bloßer Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu (§ 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG).
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1. a) Die bloße Unvereinbarerklärung, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt in Betracht, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen würde und eine Abwägung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff für eine Übergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfGE 33, 1 [13]; 33, 303 [347 f.]; 40, 276 [283]; 41, 251 [266 ff.]; 51, 268 [290 ff.]). Dies ist hier der Fall.
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Die bisherige Erfahrung mit den landesrechtlichen Straftäterunterbringungsgesetzen zeigt, dass es tatsächlich einige wenige Verurteilte gibt, gegen die zum Urteilszeitpunkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keine Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, die sich aber gleichwohl zum Entlassungszeitpunkt als hochgefährlich darstellen. Trotz der Unsicherheit, die jeder Prognoseentscheidung innewohnt, sind Gutachter und Gerichte in einem geordneten Verfahren zu dem Ergebnis gekommen, dass in seltenen Ausnahmefällen ein so hohes Maß an Gewissheit über die Gefährlichkeit bestimmter Straftäter besteht, dass eine Freiheitsentziehung zum Schutz anderer Menschen notwendig erscheint. Der Schutz vor solchen Verurteilten, von denen auch nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafen schwere Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind, stellt ein überragendes Gemeinwohlinteresse dar. Diesen Schutz durch geeignete Mittel zu gewährleisten, ist Aufgabe des Staates. Wie der Gesetzgeber diese Aufgabe wahrnimmt, unterliegt seinem weiten Gestaltungsspielraum. Die Verfassung gibt den Schutz als Ziel vor, nicht aber seine Ausgestaltung im Einzelnen (BVerfGE 88, 203 [253 f.]; 92, 26 [46]; 97, 169 [176 f.]).
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Als Mittel zum Schutz von Leben, Unversehrtheit und Freiheit der Bürger kann der Gesetzgeber demjenigen die Freiheit entziehen, von dem ein Angriff auf die Schutzgüter zu erwarten ist. Dieser Eingriff in das Grundrecht des potentiellen Verletzers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG ist bei Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips verfassungsrechtlich legitim. Auch angesichts des hohen Wertes des Freiheitsrechts (BVerfGE 10, 302 [322]; 65, 317 [322 f.]; 96, 68 [97]) erscheint ein verfassungsgemäßer Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen in besonderen Ausnahmefällen möglich, wenn die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Freiheitsentziehung durch eine enge Bindung an den zu erfüllenden Schutzzweck streng begrenzt werden.
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b) Die Straftäterunterbringungsgesetze verfolgen das Ziel, gegenwärtige erhebliche Gefahren für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die sexuelle Selbstbestimmung, die von besonders rückfallgefährdeten Straftätern ausgehen, zu vermeiden. Ob dieses Ziel durch eine nachträglich angeordnete Freiheitsentziehung oder auf andere Weise erreicht werden soll, hat der gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG zuständige Bundesgesetzgeber in Ausübung seines ihm zum Grundrechtsschutz eröffneten Gestaltungsermessens in eigener Verantwortung zu prüfen. Bisher hat sich der Bund dieser Aufgabe deshalb nicht gestellt, weil er irrtümlich von einer Landesgesetzgebungszuständigkeit ausgegangen ist. Nachdem die Zuständigkeit nunmehr feststeht, ist dem Bund Gelegenheit zu geben, in dieser Frage die nach der Kompetenzordnung ihm zukommende Entscheidung darüber zu treffen, ob eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich ist oder nach Landesrecht bestehende oder bereitstellbare Schutzmöglichkeiten ausreichen.
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c) Die diesbezügliche Prüfung wird einige Zeit in Anspruch nehmen. So muss der Bundesgesetzgeber entscheiden, ob und inwieweit Anlass zu gesetzgeberischem Einschreiten besteht, und gegebenenfalls ein Verfahren gestalten, das der überragenden Bedeutung des Freiheitsgrundrechts angemessen Rechnung trägt. Auf die unabdingbare Dauer der Prüfung eines eventuellen Gesetzgebungsverfahrens ist mit einer zeitlich beschränkten Fortgeltung der mit dem Grundgesetz unvereinbaren Normen Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerfGE 61, 319 [356]). Für den Fall, dass der Bundesgesetzgeber beschließt, eine nachträgliche Entscheidung über die Verwahrung derzeit noch inhaftierter gefährlicher Straftäter vorzusehen, ist dieses Regelungsanliegen vorläufig vor der Wirkungslosigkeit zu bewahren.
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Im Falle der Nichtigerklärung wäre die Entlassung aller auf der Grundlage der für nichtig erklärten Normen Untergebrachten unausweichlich. Damit müssten Personen in die Freiheit entlassen werden, für die auf der Grundlage von Gutachten zweier Sachverständiger konkret und individuell gerichtlich festgestellt ist, dass von ihnen eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgeht. Angesichts der mit den gerichtlichen Unterbringungsentscheidungen erfolgten Konkretisierung und Individualisierung der festgestellten Gefahren anhand bestimmter Einzelfälle ist auch die Pflicht des Staates, die Bürger vor derartigen Gefahren zu schützen, über die allgemeine, nach Art und Intensität weitgehend in das politische Ermessen gestellte staatliche Verpflichtung zur Kriminalitätsbekämpfung hinaus konkretisiert und individualisiert.
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Die Entlassung gegenwärtig, konkret und hochgradig gefährlicher Personen müsste im Fall der Nichtigerklärung erfolgen, ohne dass der -- fälschlich von seiner Unzuständigkeit ausgehende -- Bundesgesetzgeber die ihm obliegende Entscheidung über die Notwendigkeit bundesgesetzlicher Regelung getroffen hat. Dem Bundesgesetzgeber wäre die Möglichkeit, auf Grund seiner nunmehr feststehenden Kompetenz über die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung zum Schutz vor weiteren Straftaten dieser Betroffenen zu entscheiden und die etwa für notwendig gehaltenen Regelungen zu erlassen, unwiderruflich genommen. Auch hätten, sofern die Beurteilung seitens der zuständigen Gesetzgebungs- und Verwaltungsorgane dahin gehen sollte, dass anstelle der Verwahrung alternative Schutzmöglichkeiten in den Ländern verfügbar sind oder verfügbar gemacht werden können, die Länder keine Gelegenheit zur rechtzeitigen Entwicklung oder Koordination solcher alternativen Schutzmaßnahmen.
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Bei sofortiger Nichtigkeit mit dem Urteilsausspruch bliebe das Regelungsanliegen demnach nur deshalb ohne Wirkung, weil es aus tatsächlichen Gründen schlechterdings nicht möglich ist, die kompetenzwidrig erlassenen Landesgesetze sogleich durch ein Bundesgesetz zu ersetzen.
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d) Das Bundesverfassungsgericht hat vorliegend nicht darüber zu befinden, ob der von den Ländern gewählte Weg inhaltlich und verfahrensrechtlich mit den materiellen Vorgaben der Verfassung übereinstimmt. Jedenfalls steht aber ein vom zuständigen Gesetzgeber entwickeltes Konzept nachträglicher Anordnung einer präventiven Verwahrung noch inhaftierter Straftäter bei entsprechend enger Fassung nicht von vornherein unter dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit.
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Das überragende Interesse der Allgemeinheit an effektivem Schutz vor bestimmten hochgefährlichen Straftaten kann in Ausnahmefällen das Freiheitsinteresse der von der Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG überwiegen. Das Freiheitsgrundrecht erfordert jedoch eine enge Begrenzung des Übergangszeitraumes. Trifft der Bundesgesetzgeber nicht innerhalb kurzer Frist die Entscheidung für eine gesetzliche Regelung, welche die weitere Verwahrung der betroffenen Straftäter legitimiert, kann die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts keine ausreichende Grundlage für die Freiheitsentziehungen mehr bilden. Diese Frist ist angesichts der Tatsache, dass sich die Beschwerdeführer auf Grund einer formell verfassungswidrigen Regelung im Gewahrsam des Staates befinden, auf das unbedingt Notwendige zu beschränken.
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2. Der hohe Wert des Freiheitsgrundrechts beschränkt das übergangsweise zulässige Eingriffsspektrum. Während der Übergangszeit dürfen Eingriffe nur soweit reichen, wie sie unerlässlich sind, um die Ordnung des betroffenen Lebensbereichs aufrechtzuerhalten. Dabei ist gegebenenfalls eine verfassungskonforme Auslegung des Normgehalts zu beachten (vgl. BVerfGE 33, 1 [13]; 33, 303 [347]; 40, 276 [283]; 41, 251 [267 f.]; 51, 268 [291 f.]).
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Im vorliegenden Fall gilt es insbesondere sicherzustellen, dass die Regelungen des Bayerischen und des Sachsen-Anhaltischen Straftäterunterbringungsgesetzes nicht in einer Weise angewandt werden, die materiell dem Grundrecht der Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG zuwiderläuft.
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Die Freiheit der Person nimmt -- als Basis der allgemeinen Rechtsstellung und Entfaltungsmöglichkeiten des Bürgers -- einen hohen Rang unter den Grundrechten ein. Das kommt darin zum Ausdruck, dass Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG sie als unverletzlich bezeichnet, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG ihre Beschränkung nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes zulässt und Art. 104 Abs. 2 bis 4 GG die Einhaltung besonderer Verfahrensgarantien fordert (BVerfGE 35, 185 [190]). Aus dieser besonderen Bedeutung folgt für das Grundrecht auf Freiheit mit verfassungsrechtlichem Rang der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (BVerfGE 19, 342 [349]; 20, 45 [49 f.]; 20, 144 [148]; 29, 312 [316]; 35, 5 [9]; 35, 185 [190]; 36, 264 [270]; 70, 297 [311]; 90, 145 [172]). An diesem Maßstab muss sich jedes freiheitsbeschränkende Gesetz messen lassen.
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Für die zur Prüfung gestellten Unterbringungsgesetze führt dies zu einer verfassungskonformen Auslegung der Anordnungsvoraussetzungen, die während der Fortgeltung der Regelungen zu beachten ist. Außerdem dürfen die Betroffenen schon in der Übergangszeit nicht schlechter stehen als solche Straftäter, gegen die Sicherungsverwahrung nach § 66 oder § 66a StGB vollzogen wird.
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a) Das Bayerische und das Sachsen-Anhaltische Straftäterunterbringungsgesetz sind nur mit der Maßgabe weiter anwendbar, dass die Unterbringung auf einer umfassenden Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs beruht und die Gefahr erheblicher Straftaten mit hinreichender Gewissheit positiv von den Gerichten festgestellt wird.
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Grundsätzlich ist die Verwahrung dauerhaft gefährlicher Personen geeignet, den Schutz der Allgemeinheit zu verstärken. Der Hinweis auf Unsicherheiten bei der Prognose, die Grundlage der Unterbringung ist (vgl. Dünkel/Kunkat, Neue Kriminalpolitik 2001, S. 16 [17 f.]; Adams, StV 2003, S. 51 [53]; Kinzig, NJW 2001, S. 1455 [1458]; Ullenbruch, NStZ 2001, S. 292 [295]; Nedopil, NStZ 2002, S. 344 [349]), beseitigt weder die Eignung noch die Erforderlichkeit des Freiheitseingriffs. Prognoseentscheidungen bergen stets das Risiko der Fehlprognose, sind aber gleichwohl unumgänglich (vgl. Würtenberger/Sydow, NVwZ 2001, S. 1201 [1206]). Die Prognose ist und bleibt daher als Grundlage jeder Entscheidung über eine präventive Freiheitsentziehung unverzichtbar.
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Dem entsprechend verneint das Bundesverfassungsgericht die Verhältnismäßigkeit prognosegestützter Maßregeln auch nicht grundsätzlich, sofern die Prognose auf hinreichender Sachverhaltsaufklärung beruht und sich auf ein sorgfältig substantiiertes Prognosegutachten stützt (vgl. BVerfGE 70, 297 [316]; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juni 1993 -- 2 BvR 1907/91 --, NJW 1994, S. 510; ferner Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. September 1991 -- 2 BvR 1327/89 --, NJW 1992, S. 2344).
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Die Qualität der Prognose hängt entscheidend von der Breite der Prognosegrundlage ab. Die Prognose verliert an Plausibilität, wenn sie nur einen schmalen Ausschnitt der Wirklichkeit zur Grundlage hat. Deshalb haben Gesetz (vgl. §§ 66 Abs. 1 Nr. 3, 66a Abs. 2 Satz 2, 63 StGB) und Rechtsprechung (BVerfGE 70, 297 [310]; BGH, NStZ 2001, S. 103; 2001, S. 595) bei freiheitsentziehenden Maßregeln stets eine umfassende Prüfung der Täterpersönlichkeit und der begangenen Taten verlangt. Die Begründung einer Unterbringung bedarf einer ausführlichen Erarbeitung und Darstellung der Legalbiographie des Täters. Zu erörtern ist insbesondere, wie es zu den Taten gekommen ist, ob sie gegebenenfalls auf einem Hang zu delinquentem Verhalten beruhen, welche typischen Begehungsweisen ihnen zu Eigen sind und inwieweit die Opfer durch sie seelisch oder körperlich geschädigt wurden.
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Nach diesen Grundsätzen wären Unterbringungen nach dem Bayerischen Straftäterunterbringungsgesetz und dem Sachsen-Anhaltischen Unterbringungsgesetz ungeeignete und nicht erforderliche Mittel zur Gefahrenabwehr, wenn diese Gesetze eine solche Gesamtwürdigung ausschlössen. Dies ist bei verfassungskonformer Auslegung dieser Gesetze jedoch nicht der Fall.
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Die von Verfassungs wegen gebotene Gesamtwürdigung steht insbesondere einer Übergewichtung der Verweigerung von Resozialisierungs- und Therapiemaßnahmen entgegen, wie sie der Wortlaut der verfahrensgegenständlichen Gesetze nahe zu legen scheint (vgl. Art. 1 Abs. 1 BayStrUBG, § 1 Abs. 1 UBG LSA). Es verengt den Blick auf die gesamte Persönlichkeit des Betroffenen und seine bisherige Lebens- und Kriminalitätsgeschichte in unzulässiger Weise, wenn das Gericht eine Unterbringung allein mit einer derartigen Verweigerungshaltung begründet. Hierbei können die in Art. 1 Abs. 1 BayStrUG B und § 1 Abs. 1 UBG LSA aufgeführten Faktoren nicht die entscheidenden Gesichtspunkte sein; sie eignen sich allenfalls als zusätzliche Entscheidungshilfe. Andernfalls würde die Unterbringung zu einer unverhältnismäßigen Sanktion für fehlendes Wohlverhalten im Vollzug. Die gesetzlichen Beispiele sind deshalb Einzelpunkte, die lediglich in Verbindung mit früheren Taten und weiteren gewichtigeren Anhaltspunkten aus dem Vollzug als Indizien zur Begründung der Gefährlichkeit herangezogen werden können.
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Die Strafvollstreckungskammern haben bei Anwendung der Gesetze, auch solange diese trotz Verfassungswidrigkeit fortgelten, eine Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten, seines Verhaltens und seiner Entwicklung im Strafvollzug vorzunehmen (vgl. § 66a Abs. 2 StGB), die dem hohen Rang des Freiheitsrechts gerecht wird. Die Fortdauer der Freiheitsentziehung ist nur als letztes Mittel in den seltenen Fällen gerechtfertigt, in denen die Gerichte auf der Grundlage der gebotenen Gesamtwürdigung mit hinreichender Gewissheit zu dem Ergebnis kommen, dass von dem Betroffenen eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die sexuelle Selbstbestimmung anderer ausgeht. Keinesfalls genügt es, wenn lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Untergebrachte in Freiheit weitere rechtswidrige Taten begeht. Eine bloß abstrakte, auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützte Prognoseentscheidung reicht nicht aus. Vielmehr bedarf es unter Ausschöpfung der Prognosemöglichkeiten einer positiven Entscheidung über die Gefährlichkeit des Betroffenen, um die Freiheitsentziehung zu rechtfertigen.
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b) Die fortgeltenden Landesgesetze weisen zwar inhaltlich und verfahrensrechtlich eine Reihe von Parallelen zur bundesrechtlichen Sicherungsverwahrung auf (oben I. 2. c), erweisen sich aber in Einzelpunkten auch als ungünstiger. So sehen weder das Bayerische Straftäterunterbringungsgesetz noch das Sachsen-Anhaltische Unterbringungsgesetz eine § 67a Abs. 2 StGB entsprechende Möglichkeit vor, den Betroffenen nachträglich in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) oder in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu überweisen, wenn seine Resozialisierung hierdurch besser gefördert werden kann.
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Eine solche Möglichkeit muss im Interesse möglichst weitgehender Schonung des Freiheitsgrundrechts bereits während der Übergangszeit gewährleistet sein. Bleiben die Betroffenen trotz Kompetenzwidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage in staatlichem Gewahrsam, so dürfen sie nicht schlechter stehen, als wenn die Ermächtigungsgrundlage von vornherein kompetenzgemäß und auch im Übrigen verfassungsgemäß erlassen worden wäre. Insbesondere müssen sie sich auf Vorschriften berufen können, die dem Zweck der Resozialisierung dienen und damit ihre Chance auf Wiedererlangung der Freiheit verbessern können.
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c) Bislang sind die Vollstreckungsgerichte bei Anwendung der verfahrensgegenständlichen Gesetze möglicherweise von einer Auslegung ausgegangen, die diesen Grundsätzen widerspricht. Daher werden die Gerichte unverzüglich zu prüfen haben, ob bereits angeordnete Unterbringungen auch bei verfassungskonformer Auslegung der Anordnungsgrundlagen aufrechterhalten werden können. Insoweit verdichtet sich ihr durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayStrUBG und § 5 Abs. 1 UBG LSA eingeräumtes Ermessen, die Erforderlichkeit der weiteren Unterbringung jederzeit zu überprüfen, zu einer Überprüfungspflicht.
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III. |
Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zurückzuweisen. Die angegriffenen Entscheidungen sind bis zum Ablauf der Übergangsfrist von den fortgeltenden Straftäterunterbringungsgesetzen grundsätzlich gedeckt. Die Frage, ob die weitere Unterbringung auch bei einer den oben dargelegten Grundsätzen entsprechenden Auslegung und Anwendung der vorerst weiter anwendbaren Gesetze gerechtfertigt ist, ist zuvörderst von den Vollstreckungsgerichten zu beantworten. Das Bundesverfassungsgericht greift dieser Entscheidung nicht vor.
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IV. |
Die Kostenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerden sind zwar zurückzuweisen, haben aber in der Sache zur Klärung einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung beigetragen (vgl. BVerfGE 36, 146 [173 f.]). Die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz für die nachträgliche Straftäterunterbringung wird im Sinne der Beschwerdeführer beantwortet. Deshalb sind die Rügen der Beschwerdeführer im Wesentlichen berechtigt; aus Billigkeitsgründen ist Kostenerstattung anzuordnen.
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C. |
Diese Entscheidung ist zu B. II. mit 5 : 3 Stimmen, im Übrigen einstimmig ergangen.
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Hassemer Jentsch Broß Osterloh Di Fabio Mellinghoff Lübbe-Wolff Gerhardt |
Abweichende Meinung des Richters Broß, der Richterin Osterloh und des Richters Gerhardt zum Urteil des Zweiten Senats vom 10. Februar 2004 -- 2 BvR 834, 1588/02 -- |
Die einstimmig getroffene Feststellung des Senats, dass die Straftäterunterbringungsgesetze der Länder Bayern und Sachsen-Anhalt mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, hätte zur Erklärung ihrer Nichtigkeit führen müssen. Den Verfassungsbeschwerden hätte deshalb der Erfolg nicht versagt werden dürfen.
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I. |
Der Senatsmehrheit kann in ihrem rechtlichen Ausgangspunkt nicht gefolgt werden. Eine Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung einer verfassungswidrigen Regelung kommt in Fallkonstellationen wie der vorliegenden nicht bereits dann in Betracht, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen würde und eine Abwägung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff für eine Übergangszeit hinzunehmen ist. Gegen eine solche Maßstabsbildung bestehen grundlegende rechtsstaatliche Bedenken. Die Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes müssen allgemeinen und verbindlichen Regeln folgen. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu muss in besonderem Maße klar und berechenbar sein. Dem läuft der von der Senatsmehrheit gebildete Prüfungsmaßstab zuwider. Anders als etwa bei der inhaltlichen Normenkontrolle, bei der das Bundesverfassungsgericht im Wege der Gesetzesauslegung aufgefundene Abwägungen des Gesetzgebers auf ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht überprüft, hat die von der Senatsmehrheit befürwortete Abwägungsbefugnis des Bundesverfassungsgerichts auf der Rechtsfolgenseite originären Charakter. Sie eröffnet dem Bundesverfassungsgericht Gestaltungsräume bislang ungekannten Ausmaßes. In der Sache finden Grundsätze Anwendung, wie sie für die Prüfung gelten, ob eine einstweilige Anordnung zu erlassen ist. Unter Umständen -- und so auch hier -- widersprechen kraft verfassungsgerichtlicher Anordnung weiter geltende Normen verfassungsrechtlichen Bindungen, die der Gesetzgeber bei einer entsprechenden Regelung zu beachten hätte (dazu unten II. bis IV.). Andererseits übernimmt das Bundesverfassungsgericht mit der Abwägung auf der Rechtsfolgenseite eine Verantwortung, die ihm nach den geltenden Grundsätzen der Gewaltenteilung nicht zukommt und deren Bedeutung für die nach Auffassung der Senatsmehrheit vorzunehmende Abwägung unklar ist.
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Die vorliegende Fallgestaltung verdeutlicht die Problematik der von der Mehrheit der Senatsmitglieder befürworteten Abwägung des Schutzinteresses der Allgemeinheit mit dem Freiheitsanspruch der Betroffenen. Wesentliche Aspekte des Rechtsstaats bleiben ausgeblendet. So ist der Umstand, dass den Ländern keine Gesetzgebungskompetenz zum Erlass von Straftäterunterbringungsgesetzen zusteht, in zweierlei Hinsicht von besonderem verfassungsrechtlichem Gewicht. Zum einen fehlt die demokratische Legitimation für die mit solchen Gesetzen bewirkte Freiheitsentziehung, und es stellt sich die Frage, ob das Bundesverfassungsgericht einen derartigen grundlegenden Mangel der Gesetzgebung bei den Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit unberücksichtigt lassen darf, ob, mit anderen Worten, eine kompetenzwidrige Landesgesetzgebung überhaupt taugliche Grundlage für eine Weitergeltungsanordnung sein kann. Zum anderen kann die Verfassungswidrigkeit nicht vom jeweiligen Landesgesetzgeber ausgeräumt werden. Über den von der Senatsmehrheit an den Bundesgesetzgeber gerichteten Prüfauftrag haben die Länder eine eigen geartete Möglichkeit mittelbarer Gesetzgebungsinitiative erlangt, die das Grundgesetz nicht vorsieht. Indem die von den Ländern unter Verstoß gegen die Kompetenzordnung geschaffene Tatsachenlage für einen Übergangszeitraum aufrechterhalten wird, erhält ihr Regelungsanliegen zudem ein Gewicht, das den Bundesgesetzgeber faktisch mit einer bestimmten Tendenz zur Regelung drängt. Mit der Weitergeltungsanordnung wird ein Weg zur Durchsetzung politischer Anliegen der Länder auf Bundesebene honoriert, der nicht nur mit dem verfassungsrechtlich geordneten Gesetzgebungsverfahren unvereinbar ist, sondern durch die Mitwirkung des Bundesverfassungsgerichts auch geeignet ist, dessen Stellung im gewaltenteiligen Gesamtgefüge der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen.
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Die insoweit von der Mehrheitsmeinung in Anspruch genommenen Bezugsfälle können die vorgenommene Maßstabsbildung nicht tragen. Die Entscheidungen BVerfGE 33, 1 (13); 40, 276 (283); 41, 251 (266 ff.) und 51, 268 (290 ff.) betreffen die mit der vorliegenden Fallkonstellation nicht vergleichbare Frage, wie ein Sachbereich bei Fehlen einer verfassungsrechtlich gebotenen Regelung übergangsweise zu ordnen ist, und der Entscheidung BVerfGE 33, 303 (347 f.) liegt ein anderer, nämlich der folgende Maßstab zugrunde.
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Steht eine Norm mit dem Grundgesetz nicht in Einklang, so ist sie grundsätzlich für nichtig zu erklären. Die mit einer Weitergeltungsanordnung verbundene Unvereinbarerklärung setzt, soweit hier von Interesse, voraus, dass es aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift als Regelung für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. BVerfGE 33, 303 [347]; 37, 217 [261]; 61, 319 [356]; 92, 53 [73]; s. auch BVerfGE 85, 386 [401]; 100, 313 [402]). Eine Weitergeltungsanordnung, die die mit der Feststellung der Verfassungswidrigkeit verbundene Anwendungssperre überwindet (vgl. hierzu BVerfGE 87, 153 [155, 181]; 91, 186 [187, 207]; 93, 121 [121, 131]; 101, 158 [238]), kommt demnach nur dann in Betracht, wenn sie erstens aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend geboten ist (vgl. BVerfGE 61, 319 [356]; 92, 53 [73]) und zweitens das Bundesverfassungsgericht zu ihrer Anordnung überhaupt berechtigt ist. An beiden Voraussetzungen fehlt es.
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II. |
Verfassungsrechtliche Gründe für eine Weitergeltung der angegriffenen Normen sind nicht ersichtlich. Sie könnten alleine in der Verletzung des Untermaßverbots (vgl. BVerfGE 88, 203 [254]) liegen. Art und Umfang des Schutzes von Leben, persönlicher Freiheit, körperlicher Unversehrtheit und sexueller Selbstbestimmung im Einzelnen zu bestimmen, ist jedoch allein Aufgabe des Gesetzgebers. Die Verfassung gibt lediglich den Schutz als Ziel vor, nicht aber die Ausgestaltung im Einzelfall. Nur dann, wenn der Gesetzgeber das Untermaßverbot missachtet und keinen angemessenen und wirksamen Schutz bereithält, unterliegt er der verfassungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. BVerfGE 88, 203 [254]). Dies hat jedoch nicht einmal die Senatsmehrheit annehmen wollen. Das Bundesverfassungsgericht kann die Verletzung einer Schutzpflicht nämlich nur dann feststellen, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen entweder überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Regelungen und Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen, oder erheblich dahinter zurückbleiben (vgl. BVerfGE 77, 170 [214 f.] m.w.N.; 88, 203 [251 ff., 254 f.]; 92, 26 [46]). Dafür fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt.
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1. Zwar ist die Gefahr, dass Straftäter, deren Unterbringung die Vollstreckungsgerichte auf der Grundlage der landesrechtlichen Unterbringungsgesetze angeordnet haben, nach ihrer Freilassung Straftaten gegen das Leben oder gravierende Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung begehen, ernst zu nehmen. Auch steht außer Zweifel, dass die staatlichen Organe verpflichtet sind, dieser Gefahr zu begegnen. Die auf die drohende Verletzung des Untermaßverbots gestützte verfassungsgerichtliche Anordnung der vorübergehenden Fortgeltung einer kompetenzwidrig von einigen Ländern geschaffenen verfassungswidrigen Rechtsgrundlage für die Unterbringung der als gefährlich eingestuften potenziellen Straftäter ist jedoch allenfalls als ultima ratio verfassungsrechtlich notwendiger Gefahrenabwehr in Betracht zu ziehen, also nur dann, wenn das geltende Recht hinreichende Schutzinstrumente nicht bereithält. Dies ist jedoch nicht der Fall und wurde von den Verfahrensbeteiligten auch nicht substantiiert dargelegt.
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Auch ohne Fortgeltung der verfassungswidrigen Unterbringungsgesetze bestehen weit reichende Möglichkeiten effektiver Gefahrenabwehr: Die Führungsaufsicht (§§ 68 ff. StGB), die für den hier betroffenen Personenkreis kraft Gesetzes eintritt (§ 67d Abs. 2, 3 und 5, § 68 f StGB), dient nicht nur der Resozialisierungshilfe, sondern auch dem Schutz der Allgemeinheit. Dem Verurteilten stehen nicht nur die Aufsichtsstelle und der Bewährungshelfer zur Seite (§ 68a StGB). Vor allem kann ihm das Gericht nach § 68b StGB in weitem Umfang Weisungen für sein Verhalten erteilen, deren Nichtbeachtung gemäß § 145a StGB mit Strafe bedroht ist. Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht können mit Maßnahmen der Gefahrenabwehr nach allgemeinem Sicherheits- und Polizeirecht verbunden werden. Als solche kommen neben -- verdeckten und offenen -- Observationen im Einzelfall Maßnahmen der Platzverweisung, der Ingewahrsamnahme, des Betretens und Durchsuchens von Wohnungen und von Warnhinweisen in Betracht. All dies ermöglicht eine wirksame staatliche Kontrolle besonders rückfallgefährdeter Straftäter und entfaltet präventive Wirkung. Hinzu kommen die Einflussmöglichkeiten der Sozialbehörden, etwa der Familienfürsorge oder der Jugendämter, die Risiken im Umfeld des Verurteilten reduzieren können. Schließlich wird bei einem Verurteilten, der sich als unfähig erweist, sein Verhalten zu steuern, und von dem deshalb eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, die Unterbringung wegen einer psychischen Erkrankung nach Maßgabe der einschlägigen Landesgesetze ernsthaft zu prüfen sein. Allerdings ist zu unterstreichen, dass die Nichtigkeit der Straftäterunterbringungsgesetze ohne Einfluss auf die Auslegung des Rechts der öffentlich-rechtlichen Unterbringung psychisch Kranker zu bleiben hat.
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Auch wenn vermittels dieser Möglichkeiten nicht in jedem Fall derselbe Grad an Sicherheit erreicht werden kann wie durch die Sicherungsverwahrung, steht doch außer Frage, dass den Ländern geeignete Instrumente zur Verfügung stehen, um auch in besonders problematischen Einzelfällen gegebenenfalls mit erhöhtem personellen Aufwand effektive Gefahrenabwehr zu betreiben. Nichtigkeit und damit sofortige Unanwendbarkeit der Straftäterunterbringungsgesetze bewirken deshalb nicht, wie die Senatsmehrheit meint, dass dem Schutz anderer Menschen vor hochgefährlichen Verurteilten die Grundlage entzogen würde.
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2. Des Weiteren stellt die Senatsmehrheit darauf ab, dass im Falle der Nichtigerklärung Personen in die Freiheit entlassen werden müssten, für die auf der Grundlage von Gutachten zweier Sachverständiger konkret und individuell gerichtlich festgestellt sei, dass von ihnen eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit der Person oder die Selbstbestimmung anderer ausgehe; die Pflicht des Staates, die Bürger vor derartigen Gefahren zu schützen, sei über die allgemeine, nach Art und Intensität weitgehend in das politische Ermessen gestellte staatliche Verpflichtung zur Kriminalitätsbekämpfung hinaus konkretisiert und individualisiert. Abgesehen davon, dass die tatsächlichen Feststellungen in Verfahren gewonnen worden sind, die auf verfassungswidrigen Gesetzen beruhen, und deshalb nicht ohne Weiteres der verfassungsgerichtlichen Anordnung der Fortgeltung eben dieser Gesetze zugrunde gelegt werden können, stellt sich die Frage, was aus diesen Feststellungen folgt. Die Senatsmehrheit behauptet nicht etwa, dass die geltende Rechtslage wegen einer zwischenzeitlichen Veränderung der Verhältnisse verfassungsrechtlich untragbar geworden sei und deshalb der Überprüfung durch den zuständigen Gesetzgeber bedürfe (vgl. BVerfGE 56, 54 [81]). Sie zieht aus den dargelegten Feststellungen ebenso zu Recht auch nicht den Schluss, der Bundesgesetzgeber sei bereits früher verfassungsrechtlich verpflichtet gewesen und sei erst recht jetzt verpflichtet, die Sicherungsverwahrung zum Schutz der Bevölkerung in der Art umfassend auszugestalten, wie es die Landesgesetze vorgesehen haben. Die von der Senatsmehrheit in den Mittelpunkt ihrer Erwägung gestellten Tatsachen bestätigen vielmehr lediglich, dass es hochgradig gefährliche Straftäter gibt, die nach geltenden Gesetzen nicht weiter verwahrt werden dürfen -- eine Erkenntnis, die den Entscheidungsgrundlagen des Bundesgesetzgebers bei der Neuregelung des Rechts der Sicherungsverwahrung in den Jahren 1998 und 2002 nichts Neues hinzufügt. Indem die Senatsmehrheit die Aufmerksamkeit auf die Gefährlichkeit bestimmter Personen richtet, suggeriert sie einen Handlungsbedarf, der aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht besteht und der eine Fortdauer von Freiheitsentziehungen ohne verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage nicht zu rechtfertigen vermag.
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3. Die Senatsmehrheit hält eine weitere, auf ein halbes Jahr befristete Unterbringung für geboten, weil die Inhaftierten hochgradig gefährlich seien und ihre Freilassung dem Bundesgesetzgeber unwiderruflich die Möglichkeit nähme, über die Erforderlichkeit einer Regelung zum Schutz vor weiteren Straftaten dieses Personenkreises zu entscheiden und die etwa für notwendig gehaltenen Regelungen zu erlassen. Damit wird einem bestimmten rechtspolitischen Anliegen der Vorrang vor dem Freiheitsrecht der Betroffenen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG eingeräumt. Dies ist nicht zu rechtfertigen.
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Mit der Nichtigkeit der Straftäterunterbringungsgesetze wäre diejenige Risikolage wieder hergestellt, die vor dem Erlass dieser Gesetze bestanden hat und die vom Bundesgesetzgeber (wie auch von verschiedenen Ländern) gewollt ist. Gegen dieses Ergebnis sind verfassungsrechtliche Bedenken nicht ersichtlich. Dementsprechend wird auch von keiner Seite vorgetragen, der Staat müsse seine Aufgabe, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG angemessen zu schützen (vgl. BVerfGE 88, 203 [254]), gerade in der von den landesrechtlichen Unterbringungsgesetzen angestrebten Weise erfüllen, also mit dem Mittel der dort zur Schließung einer vermeintlichen "Sicherheitslücke" vorgesehenen Sicherungsverwahrung. Auch die Senatsmehrheit lehnt eine derartige verfassungsrechtliche Pflicht ab, indem sie hervorhebt, dem Bundesgesetzgeber sei Gelegenheit lediglich zur Prüfung eines eventuellen Gesetzgebungsverfahrens zu geben.
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4. Stattdessen meint sie jedoch, dem Bund ein Gestaltungsermessen eröffnen zu müssen, weil er "irrtümlich von einer Landesgesetzgebungszuständigkeit ausgegangen" sei (vgl. oben S. 237). Dies steht in Widerspruch zu den im Rahmen der Kompetenzprüfung getroffenen Feststellungen des Senats, nach denen der Bund die nachträgliche Sicherungsverwahrung ausdrücklich nicht in das Sanktionsgefüge aufgenommen und dem Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten insoweit abschließenden Charakter beigemessen hat (vgl. oben S. 231 ff.). Damit setzt sich die Senatsmehrheit über die politische Entscheidung des zuständigen und deshalb allein demokratisch legitimierten Bundesgesetzgebers hinweg, die mit der Freilassung von Straftätern nach langjähriger Haft in bestimmten wenigen Fallkonstellationen verbundenen und bekannten Risiken hinzunehmen, und macht sich die abweichende, die Bundesgesetzgebung "nachbessernde" politische Risikobewertung der Landesgesetzgeber zu Eigen.
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Hat der Bund sein Gestaltungsermessen bereits "abschließend" ausgeübt, so ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, ihm ein solches unter Verletzung des Freiheitsgrundrechts der Beschwerdeführer offen zu halten. Daran kann auch die Erwägung der Senatsmehrheit, der Bundesgesetzgeber habe sich der Aufgabe zu prüfen, ob den von besonders rückfallgefährdeten Straftätern ausgehenden Gefahren durch eine nachträgliche Freiheitsentziehung oder auf andere Weise zu begegnen sei, allein deshalb nicht gestellt, weil er irrtümlich von einer Landeszuständigkeit ausgegangen sei, weshalb ihm Gelegenheit gegeben werden müsse, sich mit dieser Frage zu befassen, nichts ändern. Diese Erwägung trifft bereits von ihrer Prämisse her nicht zu. Wie in den Urteilsgründen zutreffend ausgeführt ist, hat sich der Deutsche Bundestag in der 13. und 14. Wahlperiode umfassend mit der Sicherungsverwahrung befasst und unter Würdigung der Sicherheitsbelange der Bevölkerung für die Gesetz gewordene Regelung entschieden. Von einer Selbstbeschränkung des Bundesgesetzgebers im Hinblick auf seine fehlende Kompetenz war weder seinerzeit noch später die Rede. Dem Schreiben der Bundesministerin der Justiz vom 13. September 1999 kommt insoweit ebenso wenig Bedeutung zu wie früheren Äußerungen des Bundesrats zu Gesetzesinitiativvorschlägen einzelner Länder.
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Hat der Gesetzgeber -- wie hier -- eine eindeutige Entscheidung getroffen, so darf der Richter diese nicht auf Grund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und -- sei es auch nur übergangsweise -- durch eine eigene judikative Lösung ersetzen, die so im Parlament nicht erreichbar gewesen wäre (vgl. zu den Grenzen analoger Rechtsanwendung BVerfGE 82, 6 [12] m.w.N.). Die Senatsmehrheit hat sich damit -- objektiv betrachtet -- der Bindung an Recht und Gesetz entzogen (vgl. BVerfGE 87, 273 [280] m.w.N.; 96, 375 [394]). Auch wenn der Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht im Sinne einer strikten Trennung der Funktionen und Monopolisierung jeder einzelnen bei einem bestimmten Organ ausgestaltet worden ist (vgl. BVerfGE 9, 268 [279 f.]; 96, 375 [394]; stRspr), schließt dieses Prinzip es jedenfalls aus, dass die Gerichte Befugnisse beanspruchen, die von der Verfassung eindeutig dem Gesetzgeber übertragen worden sind (vgl. BVerfGE 4, 219 [234]; 96, 375 [394]; stRspr). So verhält es sich hier.
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III. |
Der Richter darf gemäß Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes beschränken, das die Voraussetzungen der Freiheitsentziehung im Gesetzestext hinreichend bestimmt regelt (vgl. BVerfGE 96, 68 [97]). Art. 104 Abs. 1 GG nimmt den in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG bereits enthaltenen Gesetzesvorbehalt für eine Freiheitsbeschränkung wieder auf und verstärkt ihn durch das Erfordernis eines "förmlichen" Gesetzes und durch die Forderung nach Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen (vgl. BVerfGE 10, 302 [323]; 14, 174 [186 f.]; 29, 183 [195]; 58, 208 [220]; 78, 374 [383]; 105, 239 [247]). Die formellen Gewährleistungen der Freiheit in Art. 104 GG stehen mit der materiellen Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in unlösbarem Zusammenhang (vgl. BVerfGE 10, 302 [322]; 58, 208 [220]). Jede Freiheitsbeschränkung bedarf daher einer (wirksamen) materiell-gesetzlichen Grundlage (vgl. BVerfGE 2, 118 [119]; 29, 183 [195]). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, für den Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit eine demokratisch legitimierte, vom Parlamentswillen getragene Rechtsgrundlage zu schaffen und darüber hinaus vor dem Hintergrund der Staatspraxis der Weimarer Zeit und des schleichenden Übergangs in die Diktatur (vgl. hierzu: Der Parlamentarische Rat 1948 bis 1949, Akten und Protokolle, Band5/I, S. 78) sicherzustellen, dass sich das Parlament seiner ausschließlichen Verantwortung für die Normsetzung nicht begibt (vgl. Hantel, Das Grundrecht der Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2, 104 GG, JuS 1990, S. 865 [867]). Der Verschärfung des schon in Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG enthaltenen Gesetzesvorbehalts durch Art. 104 Abs. 1 GG, der noch unterstützt wird durch die Formalgarantien in Art. 104 Abs. 2 GG, ist ferner zu entnehmen, dass es dem Grundgesetz im Bereich der Freiheitsentziehungen auf eine besonders rechtsstaatliche, förmliche Regelung ankommt (vgl. BVerfGE 29, 183 [195 f.]). Der Gesetzgeber soll gezwungen werden, Freiheitsentziehungen in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln. Aus diesem Grunde scheidet auch Gewohnheitsrecht als "gesetzliche Grundlage" aus. Um nichts anderes handelt es sich jedoch bei der auf richterlicher Rechtsfortbildung (so mit Recht Zeidler, Die Verfassungsrechtsprechung im Rahmen der staatlichen Funktionen, EuGRZ 1988, S. 207 [216]) beruhenden Weitergeltungsanordnung. Gleiches gilt auch für die analoge Heranziehung von Normen. Nur der Gesetzgeber soll nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 1 GG darüber entscheiden, in welchen Fällen Freiheitsentziehungen zulässig sein sollen (vgl. BVerfGE 29, 183 [196]). Mit dieser Zielsetzung des Art. 104 Abs. 1 GG ist eine auch nur befristete Weitergeltungsanordnung durch das Bundesverfassungsgericht wohl prinzipiell unvereinbar. Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG steht einem Rechtsanwendungsbefehl des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls dann zwingend entgegen, wenn -- wie hier -- der nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes allein zuständige Bundesgesetzgeber abschließend tätig geworden ist. Hier erlaubt Art. 104 Abs. 1 GG keine Freiheitsentziehung auf der Grundlage eines kompetenzwidrig erlassenen Landesgesetzes, das das Bundesverfassungsgericht nach Maßgabe einer -- wie dargestellt -- kaum konturierbaren Abwägung für weiter anwendbar erklärt hat.
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Daran vermag auch § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG, wonach die Unvereinbarerklärung einer Norm Gesetzeskraft erlangt, nichts zu ändern. Die Vorschrift macht aus Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts nicht solche eines demokratisch legitimierten Parlaments. Auch nimmt die Weitergeltungsanordnung an den Rechtswirkungen des § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG nicht teil; die Vorschrift gilt ausdrücklich nur für die Unvereinbarerklärung und die dadurch bewirkte Anwendungssperre, jedoch nicht für deren auf Richterrecht beruhende Durchbrechung mittels Fortgeltungsanordnung. Im Übrigen kann eine Norm einfachen (Verfahrens-)Rechts nicht grundrechtsgleiche Rechte (Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG) und damit unmittelbar geltendes Verfassungsrecht (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG) derogieren oder gar außer Kraft setzen. Die Beschwerdeführer befinden sich daher in der Übergangszeit ohne gesetzliche Grundlage in Haft.
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IV. |
Schließlich lässt sich die Weitergeltungsanordnung auch mit dem allgemeinen Rückwirkungsverbot (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbaren.
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Das Institut der nachträglichen Sicherungsverwahrung knüpft notwendig an eine konkrete Anlasstat an. Diese bildet nach einhelliger Meinung des Senats die verfassungsrechtlich unabdingbare Voraussetzung der Unterbringung; sie ist deren Legitimationsgrundlage und entfaltet zugleich limitierende Wirkung. Hat der Betroffene seine Strafe verbüßt und ist auch eine etwaige freiheitsentziehende Maßregel erledigt, so ist der durch die Anlasstat gesetzte Sachverhalt abgeschlossen und kann allenfalls unter den engen Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Angeklagten (§ 362 StPO) nochmals Gegenstand einer erneuten Anknüpfung von Rechtsfolgen sein. Daran vermag die Erkenntnis der fortdauernden Gefährlichkeit des Betroffenen nichts zu ändern.
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Die Straftäterunterbringungsgesetze der Länder haben deshalb nachträglich ändernd in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen. Mit der Weitergeltungsanordnung hält die Senatsmehrheit -- wenn auch nur für eine Übergangszeit -- diesen Eingriff aufrecht. Die in diesem Eingriff liegende Rückwirkung ist durch das Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich verboten (stRspr; vgl. BVerfGE 95, 64 [86 f.]; 97, 67 [78] m.w.N.). Ein Ausnahmetatbestand, der eine Durchbrechung dieses Verbots rechtfertigen könnte (vgl. BVerfGE 72, 200 [257 f.]; 97, 67 [78]), ist nicht ersichtlich. Es liegen dafür weder zwingende Gründe des gemeinen Wohls vor noch fehlt es den Betroffenen an einem schutzbedürftigen und schutzwürdigen Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage. Zwingende Gründe des gemeinen Wohls könnten hier allenfalls darin bestehen, dass die staatliche Schutzpflicht nur durch "Wegsperren" der Betroffenen erfüllt werden könnte, was, wie dargelegt, nicht der Fall ist. Den sich aus dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes ergebenden Anforderungen genügt es nicht, dass die Gefährlichkeit der Betroffenen entweder bereits im Zeitpunkt der Aburteilung positiv bekannt war, gleichwohl aber nicht zur Verhängung einer entsprechenden Strafe oder zur Anordnung freiheitsentziehender Maßregeln führte oder aus Rechtsgründen nicht führen durfte, oder sie auf Grund der im Zusammenhang mit der Tat deutlich gewordenen Begleitumstände bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkannt werden können, ohne dass hieraus die entsprechenden Folgerungen in dem dafür vorgesehenen Strafverfahren gezogen wurden. Die grundsätzlich im Strafurteil vorgenommene Begrenzung der Freiheitsentziehung enthält für die verurteilten Straftäter die verbindliche Verheißung, nach Strafverbüßung und Erledigung einer freiheitsentziehenden Maßregel wieder ein Leben in Freiheit führen zu können. Die Schutzwürdigkeit des so begründeten Vertrauens kann nicht mit verfassungsrechtlich nicht zwingend gebotenen Anliegen des Schutzes der Bevölkerung vor gravierenden Straftaten in Frage gestellt werden.
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Der Senat hatte keinen Anlass, die Frage der Rückwirkung der angegriffenen Gesetze zu erörtern, die sich, was nicht näher auszuführen ist, in anderer Weise als in dem Verfahren 2 BvR 2029/01 stellt. Sollte der Bundesgesetzgeber eine Regelung anstreben, die die weitere Unterbringung der auf der Grundlage der Landesgesetze Inhaftierten vorsieht, wird er sich mit der skizzierten Rückwirkungsproblematik auseinander zu setzen haben.
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Broß Osterloh Gerhardt |