BVerfGE 166, 196 - Gefangenenvergütung II
Gefangenenvergütung II
1. Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verpflichtet den Gesetzgeber dazu, ein umfassendes, wirksames und in sich schlüssiges, am Stand der Wissenschaft ausgerichtetes Resozialisierungskonzept zu entwickeln sowie die von ihm zu bestimmenden wesentlichen Regelungen des Strafvollzugs darauf aufzubauen.
2. Das Gesamtkonzept muss zur Erreichung des von Verfassungs wegen vorgegebenen Resozialisierungsziels aus dem Gesetz selbst erkennbar sein. Der Gesetzgeber muss die Zwecke, die im Rahmen seines Resozialisierungskonzepts mit der (Gesamt-)Vergütung der Gefangenenarbeit und insbesondere dem monetären Vergütungsteil erreicht werden sollen, im Gesetz benennen und widerspruchsfrei aufeinander abstimmen.
3. Der Gesetzgeber ist nicht auf ein bestimmtes Regelungskonzept festgelegt; vielmehr ist ihm ein weiter Gestaltungsraum eröffnet. Die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Vollzugs müssen auf sorgfältig ermittelten Annahmen und Prognosen beruhen, und die Wirksamkeit der Vollzugsgestaltungen und Behandlungsmaßnahmen muss regelmäßig wissenschaftlich begleitet und evaluiert werden.
4. Hat der Gesetzgeber ein Resozialisierungskonzept festgeschrieben und entschieden, welchen Zwecken die Gefangenenarbeit und deren Vergütung dienen sollen, müssen Ausgestaltung und Höhe der Vergütung so bemessen sein, dass die in dem Konzept festgeschriebenen Zwecke auch tatsächlich erreicht werden können. Die Angemessenheit der Vergütungshöhe ist an den mit dem Resozialisierungskonzept verfolgten Zwecken zu messen.
5. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Einschätzung, Abwägung und Gewichtung der verschiedenen Gesichtspunkte steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu. Das Bundesverfassungsgericht nimmt die verfassungsrechtliche Überprüfung des Konzepts im Rahmen einer Vertretbarkeitskontrolle vor.
 
Urteil
des Zweiten Senats vom 20. Juni 2023 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27. und 28. April 2022
– 2 BvR 166/16 und 1683/17 –
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden I. des Herrn (...), – Bevollmächtigte: 1. Prof. Dr. Christine M. Graebsch, Alfred-Trappen-Straße 34, 44263 Dortmund, 2. Rechtsanwalt Dr. Sven-Uwe Burkhardt, Alfred-Trappen-Straße 34, 44263 Dortmund – 1. unmittelbar gegena) den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28. Dezember 2015 – 2 Ws 782/15 –,b) den Beschluss des Landgerichts Regensburg – auswärtige Strafvollstreckungskammer bei dem Amtsgericht Straubing – vom 25. November 2015 – SR StVK 652/15 –,2. mittelbar gegenArtikel 46 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe  und der Jugendstrafe (Bayerisches Strafvollzugsgesetz – BayStVollzG) vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 866, BayRS 312-2-1-J), zuletzt durch § 1 Nummer 325 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) geändert – 2 BvR 166/16 –, II. des Herrn (...), – Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Ingo-Jens Tegebauer, LL.M., Beim Turm Luxemburg 25, 54296 Trier – 1. unmittelbar gegena) den Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juni 2017 – III – 1 Vollz (Ws) 104/17 –,b) den Beschluss des Landgerichts Arnsberg vom 24. Januar 2017 – IV-2 StVK 157/16 –,2. mittelbar gegen§ 32 Absatz 1 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen (Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – StVollzG NRW) vom 13. Januar 2015 (GV. NRW. S. 75), zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 7. April 2017 (GV. NRW. S. 511) geändert – 2 BvR 1683/17 –
 
Entscheidungsformel:
1. Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Artikel 46 Absatz 2, Absatz 3 und Absatz 6 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe vom 10. Dezember 2007 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 866) in der Fassung des § 10 des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Dezember 2022 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 718) sowie § 32 Absatz 1 und Absatz 4, § 34 Absatz 1 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Seite 76) in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes zur Novellierung der nordrhein-westfälischen Landesjustizvollzugsgesetze vom 13. April 2022 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Seite 543) sind mit dem Resozialisierungsgebot aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar.
3. Bis zur Neuregelung, die die jeweiligen Gesetzgeber bis spätestens zum 30. Juni 2025 zu treffen haben, sind die Vorschriften weiter anwendbar.
4. a) Die Beschlüsse der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg bei dem Amtsgericht Straubing vom 25. November 2015 – SR StVK 652/15 – und des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28. Dezember 2015 – 2 Ws 782/15 – verletzen den Beschwerdeführer zu I. in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit sie auf der Anwendung der für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften beruhen
b) Die Beschlüsse des Landgerichts Arnsberg vom 24. Januar 2017 – IV-2 StVK 157/16 – und des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Juni 2017 – III – 1 Vollz (Ws) 104/17 – verletzen den Beschwerdeführer zu II. in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit sie auf der Anwendung der für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Vorschriften beruhen.
5. Dem Beschwerdeführer zu I. sind seine notwendigen Auslagen durch den Freistaat Bayern, dem Beschwerdeführer zu II. durch das Land Nordrhein-Westfalen zu erstatten.
 
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gesetzlich festgelegte Höhe der Vergütung, die Gefangene im Strafvollzug für dort erbrachte Arbeitsleistungen erhalten. In Frage steht die Verfassungsmäßigkeit der Vergütungsregelungen im Freistaat Bayern (2 BvR 166/16) nach Art. 46 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe vom 10. Dezember 2007 (Bayerisches Strafvollzugsgesetz – BayStVollzG) und im Land Nordrhein-Westfalen (2 BvR 1683/17) nach den §§ 32 und 34 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – StVollzG NRW).
 
A. – I.
1. Vor dem Urteil des Zweiten Senats vom 1. Juli 1998 zu der Vergütung von Gefangenenarbeit (BVerfGE 98, 169 ff.) legten § 43 Abs. 1 und Abs. 2 sowie § 200 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz – StVollzG) vom 16. März 1976 (BGBl I S. 581, berichtigte Fassung S. 2088, und BGBl I 1977 S. 436) eine Bemessung des Arbeitsentgelts von 5 % der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) fest. Zusätzlich sah § 42 StVollzG eine Freistellung von achtzehn Werktagen für die Ausübung von einem Jahr zugewiesener Tätigkeit vor.
§ 200 Abs. 1 StVollzG a.F. nahm, indem er auf § 18 SGB IV verwies, auf das durchschnittliche Arbeitsentgelt aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ohne Auszubildende des vorvergangenen Kalenderjahres Bezug. Die Eckvergütung der Gefangenenarbeit in Höhe von 5 % dieser Bezugsgröße sollte nach den Reformvorstellungen des Gesetzgebers im Zeitraum von 1977 bis 1986 stufenweise auf 40 % angehoben werden. Schon der damalige Regierungsentwurf sah in der Gewährung des Arbeitsentgelts ein wesentliches Mittel der Resozialisierung. Das Arbeitsentgelt führe dem Gefangenen die Früchte seiner Arbeit vor Augen und diene zugleich seiner Eingliederung, indem es ihm ermögliche, zum Lebensunterhalt seiner Angehörigen beizutragen, einen Tatschaden wiedergutzumachen und Ersparnisse für den Übergang in das Leben nach der Entlassung zurückzulegen (BTDrucks 7/918, S. 67; vgl. BVerfGE 98, 169 [174 f.]).
Die Anhebung auf 40 % der Bezugsgröße wurde in der Folgezeit nicht umgesetzt. Die Bemessungsgrundlage des Arbeitsentgelts betrug weiterhin 5 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Diese lag für das Jahr 1997 bei 51.240 DM. Die Eckvergütung für Gefangenenarbeit betrug im Jahre 1997 monatlich 213,50 DM, da entgegen der gesetzlichen Festlegung in § 200 Abs. 2 StVollzG a.F. über eine Erhöhung der Vergütung nicht befunden worden war. Allerdings wurde von der in § 43 Abs. 2 StVollzG a.F. vorgesehenen Möglichkeit einer Differenzierung des Arbeitsentgelts Gebrauch gemacht. Die Strafvollzugsvergütungsverordnung (StVollzVergO; BGBl I 1997 S. 57) sah eine je nach Arbeitsart und individueller Arbeitsleistung gestufte Entlohnung (fünf Vergütungsstufen zwischen 75 % und 125 % der Eckvergütung, deren mittlere 100 % der Eckvergütung entspricht) vor; ferner regelte sie Lohnzulagen, etwa wegen erschwerter Arbeitsumstände oder aufgrund besonderer individueller Leistungen.
2. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 1. Juli 1998 die Vergütungshöhe von 5 % der Bezugsgröße gemäß § 200 Abs. 1 StVollzG a.F. für mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Resozialisierung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG nicht vereinbar erklärt hatte (BVerfGE 98, 169 ff.), trat durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes vom 27. Dezember 2000 (BGBl I S. 2043) zum 1. Januar 2001 die Neuregelung der §§ 43 und 200 StVollzG in Kraft. Diese sah im Wesentlichen vor, dass die Pflichtarbeit der Strafgefangenen durch ein Arbeitsentgelt in Höhe von 9 % der Bezugsgröße und durch eine zusätzliche Freistellung von der Arbeit im Umfang von einem Tag für zwei Monate zusammenhängend ausgeübter Tätigkeit entlohnt wurde.
In einer hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde trug der dortige Beschwerdeführer vor, Gefangenenarbeit werde noch immer nicht angemessen entlohnt. 5 % der Bezugsgröße seien 1977 als Basiswert für die Anfangszeit des Strafvollzugsgesetzes eingeführt worden und hätten bis 1986 in Stufen auf 40 % angehoben werden sollen. Die Erhöhung auf 9 % in der Neufassung des § 200 StVollzG bleibe dahinter deutlich zurück und sei unangemessen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 27 ff.).
Die 3. Kammer des Zweiten Senats nahm die Verfassungsbeschwerde mit begründetem Beschluss vom 24. März 2002 nicht zur Entscheidung an. Die mittelbar angegriffenen §§ 43 und 200 StVollzG seien unter Zugrundelegung der vom Senat aufgestellten Maßstäbe "noch verfassungsgemäß" (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 30, 46).
3. Im Zuge der Föderalismusreform I wurde mit Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder übertragen. Alle Länder haben seither eigene Strafvollzugsgesetze erlassen, wobei die meisten von ihnen an der Pflichtarbeit und den Vergütungsregelungen des Strafvollzugsgesetzes weitgehend festgehalten haben. Dies gilt insbesondere für die Höhe der Bemessungsgrundlage.
a) Das Bayerische Strafvollzugsgesetz vom 10. Dezember 2007 (GVBl S. 866, am 1. Januar 2008 in Kraft getreten) enthält in Art. 46 BayStVollzG eine Vergütungsregelung, die der bundesrechtlichen Vergütungsregelung entspricht. Diese mit der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 166/16 mittelbar angegriffene Norm trat in ihrer aktuellen Fassung vom 22. Mai 2013 (GVBl S. 275) zum 1. Juni 2013 in Kraft und lautet:
    (1) Die Arbeit der Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und eine Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft (Arbeitsurlaub) genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
    (2) Üben Gefangene eine zugewiesene Arbeit oder eine Hilfstätigkeit nach Art. 43 Satz 2 aus, so erhalten sie ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts sind 9 v.H. der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt wird nach einem Stundensatz bemessen.
    (3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung der Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 v.H. der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen der Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.
    (4) Üben Gefangene eine zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhalten sie ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art ihrer Beschäftigung und ihrer Arbeitsleistung entspricht.
    (5) Das Arbeitsentgelt ist den Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
    (6) Haben die Gefangenen zwei Monate lang zusammenhängend eine Beschäftigung nach Art. 39 oder eine Hilfstätigkeit nach Art. 43 Satz 2 ausgeübt, so werden sie auf ihren Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des Art. 45 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen die Gefangenen ohne Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihnen zu vertretende Gründe an
    der Arbeitsleistung gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
    (7) Die Gefangenen können beantragen, dass die Freistellung nach Abs. 6 in Form von Arbeitsurlaub gewährt wird. Art. 13 Abs. 2, Art. 14 Abs. 2, 3 und 5, Art. 15 und 16 gelten entsprechend.
    (8) Art. 45 Abs. 3 gilt entsprechend.
    (9) Nehmen die Gefangenen nicht innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der Voraussetzungen die Freistellung nach Abs. 6 Satz 1 oder Abs. 7 Satz 1 in Anspruch oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Abs. 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Abs. 6 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet.
    (10) Eine Anrechnung nach Abs. 9 ist ausgeschlossen,
    1. soweit eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßt wird und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist,
    2. bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
    3. wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse des oder der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn oder sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
    4. wenn nach § 456a Abs. 1 StPO von der Vollstreckung abgesehen wird,
    5. wenn der oder die Gefangene im Gnadenweg aus der Haft entlassen wird.
    (11) Soweit eine Anrechnung nach Abs. 10 ausgeschlossen ist, erhalten die Gefangenen bei Entlassung für ihre Tätigkeit nach Abs. 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 v.H. des ihnen nach den Abs. 2 und 3 gewährten Entgelts oder der ihnen nach Art. 47 gewährten Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung. Gefangenen, bei denen eine Anrechnung nach Abs. 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe zum Eigengeld (Art. 52) gutgeschrieben, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen werden; § 57 Abs. 4 StGB gilt entsprechend.
b) Der mit der Verfassungsbeschwerde 2 BvR 1683/17 mittelbar angegriffene § 32 StVollzG NRW in der Fassung vom 13. Januar 2015, gültig vom 27. Januar 2015 bis zum 31. August 2017 (GV NRW S. 76), der den angegriffenen Beschlüssen zugrunde liegt, lautete:
Zudem wurde ergänzend eine Anerkennung der Arbeit in § 34 StVollzG NRW geregelt, der in der Fassung vom 13. Januar 2015 lautete:
    (1) Als zusätzliche Anerkennung neben der Vergütung nach § 32 und der Freistellung nach § 33 erhalten Gefangene auf Antrag für drei Monate zusammenhängender Ausübung einer Arbeit oder einer Hilfstätigkeit unter Fortzahlung der Vergütung zwei Tage
    1. Freistellung von der Arbeitspflicht oder
    2. Langzeitausgang, soweit dessen Voraussetzungen vorliegen.
    Stellen Gefangene keinen Antrag oder kann Langzeitausgang nicht gewährt werden, wird der Entlassungszeitpunkt vorverlegt. Dies gilt auch, wenn Gefangene die Freistellung nach Satz 1 Nummer 1 nicht innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der Voraussetzungen in Anspruch nehmen. Durch Zeiten, in denen Gefangene ohne ihr Verschulden an der Erfüllung ihrer Arbeitspflicht gehindert sind, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von unter drei Monaten bleiben unberücksichtigt. Langzeitausgang nach Satz 1 Nummer 2 wird nicht auf die Höchstdauer des Langzeitausgangs nach § 54 Absatz 1 Satz 1 angerechnet.
    (2) Eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes ist ausgeschlossen,
    1. soweit ein Entlassungszeitpunkt auf Grund der Art der Strafe noch nicht bestimmt ist,
    2. soweit bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist,
    3. wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe zur Bewährung die Lebensverhältnisse der Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern,
    4. wenn nach § 456a Absatz 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird oder
    5. wenn Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen werden.
    (3) Soweit eine Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes nach Absatz 2 ausgeschlossen ist, erhalten Gefangene bei ihrer Entlassung für ihre Tätigkeit nach Absatz 1 eine Ausgleichsentschädigung von zusätzlich 15 Prozent der ihnen nach § 32 gewährten Vergütung. § 33 Absatz 4 gilt entsprechend. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung. Vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich. Gefangenen, bei denen eine Vorverlegung nach Absatz 2 Nummer 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von zehn Jahren zum Eigengeld (§ 38) gutgeschrieben, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen werden. § 57 Absatz 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
    (4) Für Gefangene, die an Bildungsmaßnahmen nach § 32 Absatz 2 teilnehmen, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.
§§ 32 und 34 StVollzG NRW sind als Artikel 1 des Gesetzes zur Regelung des Vollzuges der Freiheitsstrafe und zur Änderung des Jugendstrafvollzugsgesetzes in Nordrhein-Westfalen vom 13. Januar 2015 (GV NRW S. 76) in der Fassung vom 13. April 2022 am 28. April 2022 in Kraft getreten. § 32 StVollzG NRW lautet nunmehr (Hervorhebung der Änderungen nur hier):
§ 34 StVollzG NRW lautet nunmehr (Hervorhebung der Änderungen nur hier):
4. In den meisten Staaten Europas besteht für Gefangene eine Arbeitspflicht, wobei es in der Praxis oft nicht gelingt, ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen (vgl. Dünkel, in: Schneider, Internationales Handbuch der Kriminologie, Bd. 2, 2009, S. 170). In einigen Staaten, wie etwa in Frankreich, Spanien, Slowenien und den Niederlanden, wurde die Arbeitspflicht abgeschafft (vgl. Kett-Straub, ZStW 2013, S. 883 [890 m.w.N.]; Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Sachstand "Arbeitspflicht für Strafgefangene – geltende Rechtslage in Deutschland, Frankreich und Spanien", 2016, S. 6 f.).
a) Häufig wird den arbeitenden Gefangenen ein feststehender, eher niedriger Nettobetrag gezahlt. Im Schrifttum wurde indes auf eine Entwicklung hin zu einem Bruttolohnsystem in einigen Staaten hingewiesen, in dem typischerweise die volle oder zumindest eine an die tarifliche Entlohnung angenäherte Vergütung – unter Vornahme verschiedener Abzüge – vorgesehen ist (vgl. Lohmann, Arbeit und Arbeitsentlohnung des Strafgefangenen, 2002, S. 206 f., 218; Hillebrand, Organisation und Ausgestaltung der Gefangenenarbeit in Deutschland, 2009, S. 29 f.). Die Regelungen in Österreich, Frankreich und Italien werden für diese Entwicklung beispielhaft herangezogen.
aa) In Österreich sind alle arbeitsfähigen Gefangenen gemäß § 44 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafen und der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen vom 26. März 1969 (Strafvollstreckungsgesetz – StVG), zuletzt geändert durch das Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022 vom 30. Dezember 2022, BGBl I Nr. 223/2022, zur Arbeit verpflichtet. Gefangene, die eine befriedigende Arbeitsleistung erbringen, erhalten gemäß § 51 Abs. 2 StVG eine Arbeitsvergütung. Die 1993 eingeführte österreichische Regelung zur Höhe der Vergütung orientierte sich ursprünglich am tariflichen Mindestlohn für Metallhilfsarbeiten (60 bis 90 %). Vorgesehen war der Abzug eines Haftkostenbeitrags in Höhe von 75 %. Gemäß § 52 Abs. 2 StVG ist seit dem Jahr 2001 (BGBl I Nr. 130/2001) jährlich eine Anpassung der Vergütungssätze entsprechend der Erhöhung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich errechneten Tariflohnindexes vorzunehmen. Eine höhere Vergütung kann für besondere Leistungen nach § 53 StVG gewährt werden.
Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 StVG wird den Gefangenen ein Kostenbeitrag in Höhe von 75 % ihrer Arbeitsvergütung für ihren Unterhalt abgezogen. Die restlichen 25 % der Vergütung werden nach Maßgabe des § 54 StVG nach Abzug des Anteils an der Arbeitslosenversicherung zur Hälfte als Hausgeld ausgezahlt; der Rest wird einbehalten, um ihn als Rücklage für den Gefangenen anzusparen. Kranken- und rentenversichert sind die Gefangenen nicht.
bb) Gemäß Art. 717-3 Abs. 2 Code de procédure pénale (CPP), zuletzt geändert durch die Ordonnance Nr. 2022-478 vom 30. März 2022, soll in Frankreich Strafgefangenen auf Antrag eine Beschäftigungsmöglichkeit gegeben werden. Eine Arbeitspflicht ist nicht (mehr) vorgesehen (vgl. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, Sachstand "Arbeitspflicht für Strafgefangene – geltende Rechtslage in Deutschland, Frankreich und Spanien", 2016, S. 6 m.w.N.).
Für arbeitende Gefangene ist gemäß Art. D412-64 des Code pénitentiaire (CP), zuletzt geändert durch das Décret Nr. 2022-655 vom 25. April 2022, ein Mindestvergütungssatz vorgesehen, der sich am nationalen Mindestlohn SMIC ("salaire minimum interprofessionnel de croissance") orientiert. Für Arbeiten im Bereich der Produktion ist eine Mindestvergütung von 45 %, für Dienstleistungen der Klasse I in Höhe von 33 %, für Dienstleistungen der Klasse II in Höhe von 25 % und für Dienstleistungen der Klasse III in Höhe von 20 % des SMIC vorgesehen. Die Gefangenenbeschäftigung ist sozialversicherungspflichtig und unterliegt der Besteuerung. Die Gefangenen sind auch in die Rentenversicherung einbezogen. Ein Teil des nach allen Abzügen verbleibenden Lohns wird nach Maßgabe des Art. D332-12 CP für die Entschädigung von Tatverletzten und die Zahlung von Unterhaltsbeihilfe einbehalten (zwischen 20 und 30 %), ein weiterer Teil (10 %) wird gemäß Art. D332-13 CP als Rücklage für den Gefangenen angespart.
cc) Gemäß Art. 20 des italienischen Strafvollzugsgesetzes (Legge sull' ordinamento penitenziario e sulla esecuzione delle misure privative e limitative della libertà, Gesetz Nr. 354 vom 26. Juli 1975, zuletzt geändert durch das Gesetz Nr. 199 vom 30. Dezember 2022; Art. 20 zuletzt geändert durch die italienische Strafvollzugsreform [Gesetz Nr. 123] mit Wirkung zum 10. November 2018), müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um den Gefangenen die Möglichkeit zur Arbeit zu geben; die Arbeit darf jedoch keinen belastenden Charakter haben und muss entlohnt werden. Die Organisation und die Methoden der Gefängnisarbeit müssen diejenigen der Arbeit in einer freien Gesellschaft widerspiegeln, um den Gefangenen eine für normale Arbeitsbedingungen geeignete Berufsausbildung zu ermöglichen und die soziale Wiedereingliederung zu erleichtern. Gefangene sind vollständig in die Sozialversicherung einschließlich der Rentenversicherung eingegliedert.
Gefangene, die im Dienste der Strafvollzugsverwaltung arbeiten, haben gemäß Art. 22 Abs. 1 des italienischen Strafvollzugsgesetzes (Art. 22 zuletzt geändert durch die italienische Strafvollzugsreform [Gesetz Nr. 123] mit Wirkung zum 10. November 2018) einen Anspruch auf Vergütung in Höhe von zwei Dritteln der allgemeinen tarifvertraglichen Vergütung für eine vergleichbare Tätigkeit. Nach Art. 20 Abs. 8 des italienischen Strafvollzugsgesetzes wird die konkrete Vergütung unter Berücksichtigung der Quantität und Qualität von den zentralen und territorialen Organen der Strafvollzugsverwaltung in Absprache mit öffentlichen und privaten Stellen bestimmt (zur Geltung des vollen tarifvertraglich vorgesehenen Mindestlohns für Gefangene, die für private Unternehmen arbeiten, vgl. Zanella, Prison Work and Convict Rehabilitation, 2020, S. 9).
Gemäß Art. 24 des italienischen Strafvollzugsgesetzes können von der Vergütung Abzüge zur Begleichung von Schadensersatzforderungen und Gerichtskosten gemacht werden. Auch ein Beitrag für die Unterhaltskosten der Gefangenen kann abgezogen werden (Art. 24 in Verbindung mit Art. 2 des italienischen Strafvollzugsgesetzes; vgl. Zanella, Prison Work and Convict Rehabilitation, 2020, S. 9). Den Gefangenen sollen aber drei Fünftel der Vergütung verbleiben, wobei Ausnahmen zum Beispiel für Unterhaltsverpflichtungen gemacht werden können.
b) Die Europäische Kommission für Menschenrechte (EKMR) führte bereits in der Entscheidung Twenty-One Detained Persons v. Germany (Entscheidung vom 6. April 1968, Nr. 3134/67) aus, dass Art. 4 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) keine Vorgaben zur Vergütung von Gefangenenarbeit zu entnehmen seien. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigte diese Auffassung in seinen Folgeentscheidungen (vgl. EGMR [GK], Stummer v. Austria, Urteil vom 7. Juli 2011, Nr. 37452/02, § 122; Zhelyazkov v. Bulgaria, Urteil vom 9. Oktober 2012, Nr. 11332/04, § 36 f.; Floroiu v. Romania, Entscheidung vom 12. März 2013, Nr. 15303/10, § 32 f.). Er wies allerdings darauf hin, dass zwischenzeitlich eine Überarbeitung der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze 1987 vom 11. Januar 2006 (zuletzt geändert durch die Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates vom 1. Juli 2020, Rec[2006]2-rev) stattgefunden habe, nach deren Nr. 26.10 nunmehr in allen Fällen die Gefangenenarbeit angemessen zu vergüten ist. Hierin erblickte der EGMR einen sich entwickelnden Trend (vgl. EGMR, Zhelyazkov v. Bulgaria, Urteil vom 9. Oktober 2012, Nr. 11332/04, §§ 16 ff.; § 36).
Da eine Mehrheit der Vertragsstaaten zwar irgendeine Form der sozialen Absicherung für Gefangene vorsehe, jedoch nur eine kleine Anzahl von Staaten arbeitende Gefangene unmittelbar in das jeweilige allgemeine Altersversorgungs- beziehungsweise Rentensystem aufnehme, sah der Gerichtshof keine hinreichende Übereinstimmung in der Staatenpraxis, um eine entsprechende Garantie aus Art. 4 EMRK ableiten zu können. Zwar zeige Nr. 26.17 der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze 2006, wonach arbeitende Gefangene so weit wie möglich in das nationale Sozialversicherungssystem einzubeziehen sind, einen Trend in diese Richtung auf. Dieser habe sich jedoch nicht zu einer Verpflichtung der Staaten nach der Europäischen Menschenrechtskonvention verdichtet (vgl. EGMR [GK], Stummer v. Austria, Urteil vom 7. Juli 2011, Nr. 37452/02, §§ 130 ff. unter Bezugnahme auf EKMR, Twenty-One Detained Persons v. Germany, Entscheidung vom 6. April 1968, Nr. 3134/67 u.a.; EGMR, Meier v. Switzerland, Urteil vom 9. Februar 2016, Nr. 10109/14, § 67).
c) Der Sachverständigenausschuss für die Durchführung der Übereinkommen und Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), deren Übereinkommen Nr. 29 vom 28. Juni 1930 (BGBl II 1956, S. 640; in der Bundesrepublik in Kraft seit dem 13. Juni 1957) bei der Beratung des Grundgesetzes als internationaler Standard dem Willen des Verfassungsgebers zugrunde lag und Auslegungshilfe auch für das Grundgesetz ist (vgl. BVerfGE 98, 169 [206]), forderte Deutschland mit Blick auf Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c des ILO-Übereinkommens Nr. 29 mehrfach dazu auf, notwendige Maßnahmen zu ergreifen, um die Arbeitsbedingungen für Strafgefangene soweit wie möglich den Bedingungen in freien Arbeitsverhältnissen anzupassen. Dies umfasse unter anderem das Vergütungsniveau und den Grad der sozialen Absicherung (vgl. etwa Report of the Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations, Application of International Labour Standards, 2017, Report III [Part 1A], S. 198 f.; Report of the Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations, Application of International Labour Standards, 2019, Report III [Part A], S. 211).
II.
Den Verfassungsbeschwerden liegen folgende Sachverhalte zugrunde.
1. Das Verfahren 2 BvR 166/16:
Der Beschwerdeführer zu I. verbüßt seit August 1997 eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (...) in Bayern. In der Zeit vom 29. September 2015 bis zum 2. November 2015 war er in einer anstaltseigenen Druckerei zur Arbeit eingeteilt. Seit dem 3. November 2015 hatte er wegen einer Erkrankung den Status "ohne Arbeit ohne eigenes Verschulden".
a) Am 30. September 2015 beantragte der Beschwerdeführer zu I. bei der Druckerei, sein Arbeitsentgelt rückwirkend zum 29. September 2015 "extrem zu erhöhen". Der Betriebsleiter lehnte diesen Antrag im Auftrag des Werkdienstleiters am 1. Oktober 2015 ab und verwies zur Begründung darauf, dass der Beschwerdeführer zu I. wie jeder andere Gefangene bei Beginn seiner Tätigkeit nach Lohnstufe II ohne Leistungszulage vergütet werde und eine Erhöhung von seiner Arbeitsleistung abhänge. Auf den Einwand des Beschwerdeführers zu I., dass er mit seinem Antrag eine allgemeine Erhöhung des Tagessatzes erwirken wolle, teilte ihm der Leiter der Arbeitsverwaltung am 7. Oktober 2015 mit, dass die Entlohnung der Gefangenen den gesetzlichen Vorgaben folge, in die seitens der Justizvollzugsanstalt nicht eingegriffen werden könne.
Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2015 beantragte der Beschwerdeführer zu I. bei der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, seine Entlohnung zu erhöhen. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 – festgestellt, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Bezugsgröße der finanziellen Entlohnung und den Umfang der zu gewährenden Freistellung von der Arbeitspflicht aufgefordert bleibe, diese nicht festzuschreiben, sondern einer steten Prüfung zu unterziehen. Die derzeitige Entgelthöhe verletze ihn in seinem Recht auf Resozialisierung, denn der Gesetzgeber sei seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur steten Prüfung der finanziellen Vergütung bislang nicht nachgekommen. Habe ein Gefangener am 1. Januar 2001 in der (höchsten) Lohnstufe V 1,75 Euro pro Stunde erhalten, gewähre ihm die Justizvollzugsanstalt heute (im Jahr 2015) mit 1,91 Euro gerade einmal 9 % mehr, während die Preise für den Einkauf der Gefangenen im gleichen Zeitraum um durchschnittlich 100 % gestiegen seien. Zwar sei gesetzlich vorgesehen, dass ein Gefangener durch regelmäßige Arbeit jährlich bis zu sechs zusätzliche Freistellungstage erhalte. Allerdings werde diese Maximalzahl durch die Justizvollzugsanstalt – aufgrund nicht von den Gefangenen zu vertretender Umstände – nie gewährt, weil aus anstaltsorganisatorischen Gründen die Arbeitsbetriebe immer wieder geschlossen blieben, was dazu führe, dass jedem Inhaftierten aufgrund fehlender Anrechnungszeiten höchstens fünf zusätzliche Freistellungstage pro Jahr zustünden. Insoweit habe das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Erhöhung der Eckvergütung auf 9 % in Verbindung mit der nicht monetären Entlohnung den verfassungsrechtlichen Anforderungen "gerade noch" entspreche. Deshalb sei es mit dem Grundgesetz nicht mehr zu vereinbaren, wenn faktisch maximal fünf Freistellungstage erreichbar seien. Schließlich müsse seitens der Strafvollstreckungskammer auch inzident geprüft werden, ob die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zu I. nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen sei, mit ein Grund dafür sein könne, das Arbeitsentgelt zu erhöhen, um so die ihm drohende Altersarmut zu reduzieren.
Mit Schriftsatz vom 13. November 2015 beantragte die Justizvollzugsanstalt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen. Es fehle bereits an einer Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des Strafvollzugs. Dem Beschwerdeführer zu I. gehe es nicht um eine Einzelfallentscheidung, sondern um eine generelle Lohnerhöhung und damit letztlich um eine Änderung der Regelung zum Arbeitsentgelt (Art. 46 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BayStVollzG), wofür allein der Gesetzgeber zuständig sei. Ohnehin habe es sich bei der Mitteilung des Leiters der Arbeitsverwaltung um eine bloße Auskunft gehandelt, die keinerlei Regelungswirkung nach außen entfalte. Soweit der Beschwerdeführer zu I. vortrage, dass die derzeitige Freistellungsregelung der Justizvollzugsanstalt rechtswidrig sei, fehle es ebenfalls an einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG, denn er habe sich diesbezüglich zuvor weder an die Anstalt gewandt, noch sei ihm gegenüber im Hinblick auf Freistellungstage eine Einzelfallmaßnahme getroffen worden. Darüber hinaus obliege es allein dem Gesetzgeber, die derzeit geltende Eckvergütung zu verändern. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet, weil die Regelungen zur Arbeitsvergütung verfassungskonform seien. Das habe der Bayerische Verfassungsgerichtshof im Hinblick auf die bayerische Landesverfassung in seiner Entscheidung vom 9. August 2010 festgestellt. Schließlich gebe es in der Justizvollzugsanstalt – entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers zu I. – durchaus Gefangene, die die maximale Anzahl von sechs Freistellungstagen im Jahr erhielten.
Mit angegriffenem Beschluss vom 25. November 2015 wies die auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg den Antrag als unzulässig zurück. Es fehle bereits an einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG. Der Beschwerdeführer zu I. begehre keine auf seinen Einzelfall bezogene Erhöhung der Entlohnung, sondern vielmehr eine generelle Anhebung des Gefangenenentgelts. Zudem handele es sich bei den Mitteilungen der Justizvollzugsanstalt vom 1. und 5. Oktober 2015 um bloße Auskünfte bezüglich der Gefangenenentlohnung ohne Regelungswirkung nach außen. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet, denn hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Art. 46 BayStVollzG bestünden keine Bedenken. Insbesondere sei die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Überprüfung der Höhe des Gefangenenentgelts erfolgt, und zwar durch die Bezugnahme auf die Eckvergütung als Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Letztgenannte Norm beinhalte das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung, weshalb es sich um eine variable Berechnungsmethode handele, die sich an den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben und tatsächlichen Verhältnissen orientiere und somit die jeweiligen Einkommensentwicklungen berücksichtige. Insoweit sei auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zu I. nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen sei, kein taugliches Kriterium für eine Erhöhung der Gefangenenvergütung, da sich diese ausschließlich nach der gesetzlich festgeschriebenen Bezugsgröße des § 18 SGB IV bemesse und etwaige Stufungen nur nach Art. 46 Abs. 3 BayStVollzG möglich seien.
Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer zu I. am 3. Dezember 2015 Rechtsbeschwerde ein. Er beanstandete, dass die Strafvollstreckungskammer entscheidungserhebliches Vorbringen nicht berücksichtigt habe. Insbesondere fehle es an einer Auseinandersetzung mit seinem Vorbringen, dass die Justizvollzugsanstalt sechs zusätzliche Freistellungstage pro Jahr nicht gewähre, seit fast 15 Jahren keine Erhöhung des Gefangenenentgelts erfolgt sei und sich die anstaltsinternen Preise für den Einkauf der Inhaftierten im gleichen Zeitraum um durchschnittlich etwa 100 % erhöht hätten.
Mit angegriffenem Beschluss vom 28. Dezember 2015, dem Beschwerdeführer zu I. zugestellt am 4. Januar 2016, verwarf das Oberlandesgericht Nürnberg die Rechtsbeschwerde nach § 119 Abs. 3 StVollzG als unzulässig. Die Strafvollstreckungskammer habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt hinreichend aufgeklärt. Grundrechtsverstöße – vor allem im Hinblick auf das rechtliche Gehör – lägen nicht vor. Das Landgericht habe mit seinem sorgfältig und ausführlich begründeten Beschluss die wesentlichen Argumente gegeneinander abgewogen und darüber hinaus in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Antrag des Beschwerdeführers zu I. auch unbegründet sei.
Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer zu I. mit Schriftsatz vom 5. Januar 2016 Anhörungsrüge. Er habe eine auf ihn selbst bezogene Einzelfallmaßnahme begehrt und wolle, dass sein Arbeitsentgelt erhöht werde. Dass dies in allgemeiner Form geschehen solle, bedeute nicht, dass es nicht um ihn gehe. Ferner sei auch keine Sachaufklärung erfolgt. Insbesondere habe die Strafvollstreckungskammer seine tabellarische Darstellung der anstaltsinternen Entwicklung der Einkaufspreise nicht ignorieren dürfen. Aus dieser gehe hervor, dass die Gefangenenentlohnung mit der Preisentwicklung nicht mithalte.
Mit Beschluss vom 13. Januar 2016 wies das Oberlandesgericht Nürnberg die Anhörungsrüge zurück. Diese sei unbegründet, weil der Senat das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers zu I. nicht verletzt habe. Er habe dessen gesamtes Vorbringen gewürdigt, und es bestehe kein Anlass zu einer anderen Beurteilung.
b) Mit seiner am 25. Januar 2016 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer zu I. unmittelbar gegen den Beschluss der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg vom 25. November 2015 sowie gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 28. Dezember 2015. Mittelbar ist die Verfassungsbeschwerde gegen Art. 46 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG gerichtet. Der Beschwerdeführer zu I. rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 1, Art. 3 sowie Art. 19 Abs. 4 GG.
Er hält die Höhe der Vergütung der Gefangenenarbeit im Freistaat Bayern allgemein und insbesondere in seinem Fall für verfassungswidrig. Bayern sei das reichste Bundesland und hätte nach Erhalt der Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug eine Lohnanpassung vornehmen müssen. Zudem habe das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber aufgefordert, die Gefangenenentlohnung im Blick zu behalten, womit gemeint gewesen sei, der "Lohn-Preis-Schere" entgegenzuwirken. Ferner sei es nicht gerechtfertigt, ihm eine Schuldenlast in Form von Gerichtskosten in Höhe von etwa 33.000,00 Euro aufzubürden, im Gegenzug aber für die geleistete Arbeit nur ein Entgelt in Höhe von 9 % der Eckvergütung zu gewähren. Ein derart hoher Schuldenberg ermögliche keinen vernünftigen "Neustart" nach der Entlassung aus der Haft. Auch sei es mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, dass Arbeitnehmern, die sich in Freiheit befänden, grundsätzlich die gleichen Gerichtskosten auferlegt würden wie dem Beschwerdeführer zu I., diese aber ganz andere monetäre Möglichkeiten hätten, die Schuldenlast zu tilgen. Ferner könne er in der Justizvollzugsanstalt nur bei dem "überteuerten" Anstaltskaufmann einkaufen und sei dessen Preispolitik vollkommen ausgesetzt. "Draußen" würde er nicht bei demselben Kaufmann einkaufen, wenn dieser seine Preise um bis zu 212 % erhöhe, sondern stattdessen die Vielfalt der Angebote nutzen und – insbesondere bei einem knappen Budget – die günstigste Einkaufsmöglichkeit wählen. Letztlich bereichere sich der Staat sogar an der Arbeit der Gefangenen, da er aufgrund der geringen Entlohnung hohe Überschüsse erziele, die eigentlich den Opfern als Wiedergutmachung zustünden. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass mit der Gefangenenarbeit inzwischen zum Teil hochpräzise Bauteile für die Industrie mit zumeist äußerst geringen Toleranzbereichen gefertigt würden. Vor dem geschilderten Hintergrund hätten sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht seinen Antrag nicht als unzulässig verwerfen dürfen. Insbesondere sei es verfehlt anzunehmen, er wende sich mit seiner Klage nicht gegen eine eigene Beeinträchtigung. Dass andere von einer positiven Gerichtsentscheidung ebenfalls profitieren könnten, ändere nichts daran, dass er vorrangig eine eigene Rechtsverletzung geltend mache.
Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017 fügte der Beschwerdeführer zu I. unter anderem hinzu, dass er unter einer "extremen Erhöhung" der Entlohnung 40 % der Eckvergütung verstehe, so wie es der Gesetzgeber bei Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes vorgesehen habe. Es sei inakzeptabel, Leistungen wie die Freistellung von Haftkostenbeiträgen, die dem Strafvollzug immanent sein müssten, als "Verdienst" anerkennen zu wollen. Die Justizvollzugsanstalt erhalte von einem dort tätigen Unternehmerbetrieb bis zu 11,37 Euro pro Stunde für die Arbeitsleistung der Gefangenen.
Die Behauptung des Justizministeriums, dass die Produktivität der Gefangenenarbeit nur 15 bis 20 % der Produktivität in Betrieben der gewerblichen Wirtschaft betrage, sei falsch; die hergestellten Produkte seien von hoher Qualität. Auch die Nichteinbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung sei verfassungswidrig. Zudem widerspreche es Art. 3 GG, dass ein Gefangener, der einer freien Beschäftigung nachgehe, in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen könne, andere Gefangene diese Möglichkeit jedoch nicht erhielten. Da die Arbeit das wichtigste Resozialisierungsinstrument darstelle, sei belegt, dass die nichtbeschäftigten Gefangenen, das heiße circa 33 bis 44 % der Gefangenen, nicht resozialisiert würden. Wenn aufgrund der Einführung des Mindestlohns keine signifikanten Auswirkungen auf den anstaltsinternen Arbeitsbereich feststellbar gewesen seien, sei davon auszugehen, dass dies auch bei einer "extreme(n)" Erhöhung der Gefangenenentlohnung gelte und sich nur der Profit der Justizvollzugsanstalt reduzieren würde. Bestrebungen, die Betriebe der Justizvollzugsanstalt stärker auszulasten, seien nicht erkennbar.
2. Das Verfahren 2 BvR 1683/17:
a) Der Beschwerdeführer zu II. befand sich in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Werl in Nordrhein-Westfalen. Er arbeitete als Kabelzerleger in einem entsprechenden Betrieb. Für den Monat November 2015 erhielt er eine Vergütung in Höhe von 606,10 Euro, für den Monat Dezember 2015 460,28 Euro und für den Monat Januar 2016 410,27 Euro. Das reguläre Haftende war am 14. Oktober 2017, seitdem erfolgt eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.
Mit Schreiben vom 10. März 2016 beantragte der Beschwerdeführer zu II., ihm ab sofort ein angemessenes Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens 15 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass das nach § 32 Abs. 1 Satz 1 StVollzG NRW gezahlte Arbeitsentgelt rechtswidrig sei. Die Gefangenenvergütung sei das letzte Mal vor mehr als 15 Jahren zum 1. Januar 2001 auf 9 % der Bezugsgröße erhöht worden. Das Bundesverfassungsgericht habe die damalige Neuregelung mit Beschluss vom 24. März 2002 als "derzeit noch vertretbar" angesehen, gleichzeitig aber den Gesetzgeber aufgefordert, die Bezugsgröße nicht festzuschreiben, sondern einer steten Prüfung zu unterziehen. Die dem Beschwerdeführer zu II. gewährte monetäre und nicht monetäre Arbeitsvergütung verstoße inzwischen gegen das Resozialisierungsgebot aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Aus 9 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV errechne sich ein Tagessatz von etwa 12,00 Euro und ein Stundenlohn von etwa 1,50 Euro. Eine angemessene Anerkennung der Arbeit der Gefangenen sei darin nicht mehr zu sehen.
Am 21. Juni 2016 stellte der Beschwerdeführer zu II. einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Arnsberg. Nach Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme der Maßnahme sei sein Antrag zulässig. Die Justizvollzugsanstalt habe auf den Antrag vom 10. März 2016 und ein Erinnerungsschreiben vom 11. April 2016 nicht reagiert. Zur Begründetheit des Antrags wiederholte er sein bisheriges Vorbringen.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2016 lehnte die Justizvollzugsanstalt den Antrag vom 10. März 2016 ab und führte zur Begründung aus, der Beschwerdeführer zu II. werde entsprechend den gesetzlichen Regelungen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 StVollzG NRW vergütet; ein Abweichen von den gesetzlichen Vorschriften komme nicht in Betracht. Die Rechtmäßigkeit der geltenden gesetzlichen Vorschriften werde nicht in Frage gestellt. Die Bezugsgröße werde jährlich der Entwicklung des Lohnniveaus von Arbeitnehmern angepasst, und die Zahl der Freistellungstage, die der nicht monetären Komponente der Entlohnung entsprächen, sei von zuvor sechs Tagen im Jahr auf nunmehr acht Tage im Jahr erhöht worden. Mit Stellungnahme vom selben Tag wiederholte die Justizvollzugsanstalt ihre Begründung gegenüber dem Landgericht.
Der Beschwerdeführer zu II. änderte seinen Antrag mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 dahingehend ab, dass er beantragte, den Bescheid vom 5. Oktober 2016 aufzuheben und die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihm ab dem 10. März 2016 ein angemessenes Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens 15 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass das gegenwärtig nach § 32 Abs. 1 Satz 1 StVollzG NRW gezahlte Arbeitsentgelt rechtswidrig sei.
Mit angegriffenem Beschluss vom 24. Januar 2017 wies das Landgericht Arnsberg den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurück. Der Antrag sei nach einer zulässigen Klageumstellung auf einen Anfechtungsantrag zwar zulässig, aber unbegründet. Gefangene erhielten nach dem seit dem 27. Januar 2015 gültigen § 32 Abs. 1 Satz 1 StVollzG NRW ein Arbeitsentgelt, welches auf Grundlage von 9 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV bemessen werde. Neben dem sich aus § 33 StVollzG NRW ergebenden Freistellungsanspruch sehe § 34 StVollzG NRW eine zusätzliche Anerkennung von zwei Tagen Freistellung für drei Monate zusammenhängender Ausübung einer Arbeit vor. Wenn Gefangene Bezüge nach dem Strafvollzugsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen erhielten, würde ein Haftkostenbeitrag nicht erhoben. Die Abgeltungsregelungen verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Ein Verstoß gegen das Resozialisierungsprinzip sei nicht erkennbar. Die Kombination aus monetärer und nicht monetärer Arbeitsabgeltung stelle eine dem Resozialisierungsgedanken entsprechende angemessene Anerkennung der geleisteten Arbeit dar. Dabei berücksichtige das Gericht, dass nunmehr acht Tage der zusätzlichen Freistellung pro Jahr erworben werden könnten und der Landesgesetzgeber mit der vorstehenden Abänderung der Pflicht auf regelmäßige Überprüfung nachgekommen sei. Zudem stelle das Gericht die Nichterhebung eines Haftkostenbeitrags gemäß § 39 StVollzG NRW in Rechnung, die zu einer Reduktion der sich aus der Verurteilung ergebenden Belastung mit den Kosten des Verfahrens führe. Dies sei eine positive Folge für geleistete Arbeit, die faktisch zu einer Schuldentilgung führe. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag sei unzulässig, weil er keine Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG zum Gegenstand habe, sondern eine allgemein gültige Regelung.
Dagegen legte der Beschwerdeführer zu II. mit Schreiben vom 3. Februar 2017 Rechtsbeschwerde ein. Er wiederholte sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, dass eine angemessene Anerkennung der Arbeit der Gefangenen nicht vorliege. Dies gelte auch bei Berücksichtigung der nicht monetären Arbeitsvergütung in Form einer Freistellung von der Arbeitspflicht und der Regelung über die Nichterhebung des Haftkostenbeitrags in § 39 StVollzG NRW. Die zu geringe monetäre Arbeitsvergütung werde dadurch nicht hinreichend kompensiert.
Mit angegriffenem Beschluss vom 20. Juni 2017, zugegangen am 30. Juni 2017, verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde nach § 119 Abs. 3 StVollzG als unzulässig.
b) Mit seiner am 25. Juli 2017 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer zu II. gegen die Beschlüsse des Landgerichts Arnsberg und des Oberlandesgerichts Hamm und rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
Die Bezugsgröße sei zuletzt vor mehr als 15 Jahren erhöht worden und seitdem unverändert geblieben, wodurch seine Arbeit keine angemessene Anerkennung finde. Im Schrifttum sei dies bereits damals als ungenügend angesehen worden. Die gewährte monetäre und nicht monetäre Arbeitsvergütung verstoße inzwischen gegen das Resozialisierungsgebot. Das Bundesverfassungsgericht habe die damalige Neuregelung als "derzeit noch vertretbar" angesehen, gleichzeitig aber den Gesetzgeber aufgefordert, die Bezugsgröße nicht festzuschreiben, sondern einer steten Prüfung zu unterziehen.
Mit Schriftsatz vom 8. November 2018 vertiefte er seinen Vortrag und ergänzte, dass ein Tagessatz in der Vergütungsstufe III aktuell 13,15 Euro betrage. Ein Vergleich mit dem gesetzlichen Mindestlohn zeige, wie unangemessen gering die Arbeitsvergütung im Strafvollzug sei. Die Ungleichbehandlung gegenüber dem Mindestlohn lasse sich nicht damit rechtfertigen, dass im Strafvollzug teilweise nur einfache Tätigkeiten verrichtet würden. Der gesetzliche Mindestlohn gelte nämlich auch für einfache Tätigkeiten.
Das Land Nordrhein-Westfalen erziele laut dessen Stellungnahme jährliche Einnahmen von mehr als 30 Millionen Euro aus der Gefangenenarbeit. Eine Schuldentilgung oder Unterhaltszahlungen lasse die derzeitige Arbeitsvergütung so gut wie nicht zu. Die Chancen auf ein straffreies Leben nach der Entlassung hingen aber erfahrungsgemäß auch davon ab, in welcher Höhe Schulden bestünden. Die Freistellungstage seien keine Anerkennung, die einer Erhöhung der Arbeitsvergütung gleichstehe. Freie Zeit im Strafvollzug besitze für die Gefangenen so gut wie keinen Wert. Auch eine mögliche Vorverlegung des Entlassungszeitpunktes sei als so geringer Vorteil zu bewerten, dass dies eine zu geringe monetäre Arbeitsvergütung nicht ausgleichen könne.
III.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz, das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, der Bayerische Landtag, der Landtag Nordrhein-Westfalen, alle Landesregierungen, der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, das Bundeskanzleramt, das Bundesministerium des Innern und für Heimat, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Bundesarbeitsgericht, das Bundessozialgericht, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände, die Deutsche Rentenversicherung, die Bundesvereinigung der Anstaltsleiter und Anstaltsleiterinnen im Justizvollzug e.V., die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. sowie die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
1. Zum Verfahren 2 BvR 166/16:
a) Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält Art. 46 BayStVollzG für verfassungskonform. Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 1. Juli 1998 (BVerfGE 98, 169 ff.) zur Höhe der erforderlichen Arbeitsentlohnung keine konkreten Vorgaben gemacht. Im Bayerischen Strafvollzugsgesetz seien die vorherigen bundesrechtlichen Bestimmungen im Wesentlichen übernommen worden.
aa) Die in Art. 46 BayStVollzG geregelte Entlohnung stelle eine angemessene Anerkennung der geleisteten Arbeit dar. Anknüpfungspunkt müsse der objektive Wert der erbrachten Arbeitsleistung sein, wobei die Produktivität von Gefangenen nach empirischen Feststellungen im Vergleich zu Betrieben in der gewerblichen Wirtschaft bei deutlich unter 15 % in Eigenbetrieben beziehungsweise rund 20 % in Unternehmerbetrieben liege. Gründe hierfür seien unter anderem, dass die Gefangenen durchschnittlich über eine schlechtere Ausbildung und über eine geringere berufliche Qualifikation verfügten, bei ausländischen Gefangenen Sprachprobleme bestünden und es eine hohe Fluktuation gebe.
Hinsichtlich der monetären Komponente (Entgelt von 9 % der Eckvergütung) sei zu berücksichtigen, dass auf die Erhebung eines Haftkostenbeitrags von bis zu circa 400,00 Euro monatlich verzichtet werde und der Staat gemäß § 345 Nr. 3, § 347 Nr. 3 SGB III Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf der Basis eines fiktiven Arbeitsentgelts von 90 % der Bezugsgröße entrichte. Bei einem Arbeitsentgelt von 9 % der Bezugsgröße zahle der Staat dadurch umgerechnet weitere 5,56 % der Bezugsgröße, so dass mit dieser Summe (14,56 %) eine produktivitätsentsprechende Größenordnung erreicht werde. Ein Gefangener spüre diesen finanziellen Vorteil zumindest mittelbar. Zudem sei zu berücksichtigen, dass zur Entlohnung Zulagen von durchschnittlich 15 % für Arbeiten zu ungünstigen Zeiten, Überzeiten oder als Leistungszulage gewährt würden.
Entlohnung in Haft könne nicht mit den extramuralen Verhältnissen verglichen werden, weil die Arbeit im Justizvollzug vorrangig der Resozialisierung diene und das Leistungsprinzip nur eine untergeordnete Rolle spiele. Dass die derzeitige Entlohnung dem Resozialisierungsgebot gerecht werde, werde deutlich, wenn man sich die möglichen negativen Konsequenzen einer Entgelterhöhung vor Augen führe. Eine solche Erhöhung müsse entweder aus Steuergeldern oder von den Anstaltsbetrieben selbst finanziert werden. Die dadurch entstehenden Mehrkosten würden jedoch aufgrund der dann steigenden Preise die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe gefährden. Vor dem Hintergrund der geringen Produktivität der Gefangenen (15 bis 20 %) sei ein bis zu 6,67-fach höherer Faktoreinsatz als in Betrieben aus Industrie und Handwerk zur Erzielung desselben Arbeitsergebnisses erforderlich. Die Arbeitsbetriebe verlangten Verkaufspreise, die sich an den Marktpreisen orientierten. Bereits jetzt egalisiere der erhöhte Faktoreinsatz den aufgrund des niedrigeren Arbeitsentgelts vermeintlich gegebenen Wettbewerbsvorteil. Beispielhaft werde auf die Entwicklung von Unternehmerbetrieben in der Justizvollzugsanstalt (...) verwiesen, in der mindestens vier Betriebe seit dem Jahr 2014 ihre Arbeit eingestellt hätten, so dass Arbeitsplätze in erheblicher Zahl weggefallen seien. Zur Begründung hätten die Betriebe jeweils vor allem die mangelhaften Arbeitsleistungen der Gefangenen und die Kosten angegeben. Zusammenfassend lasse sich feststellen, dass bei einer etwaigen Erhöhung des Arbeitsentgelts die Fertigungskosten überproportional steigen würden und die entstehenden Mehrkosten an die Auftraggeber weitergegeben werden müssten. Preissteigerungen könnten jedoch bereits jetzt kaum durchgesetzt werden, so dass ein Rückgang der Beschäftigungssituation die Folge wäre. Wie Erfahrungen aus Italien – dort sei die Gefangenenentlohnung auf 70 % des Tariflohns angehoben worden – zeigten, sei mit einem drastischen Rückgang der Beschäftigungsquote auf 15 % zu rechnen. Bereits jetzt könnten die Anstalten nicht allen arbeitswilligen Gefangenen Arbeit anbieten. Die Folgen einer Erhöhung des Entgelts wären somit resozialisierungsfeindlicher und damit verfassungsferner als die geltende Regelung.
Hinsichtlich der Einbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung sei für eine landesgesetzliche Regelung kein Raum, weil dies in die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes falle. Die Freistellungstage würden bei der überwiegenden Mehrzahl der Gefangenen auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet, so dass es zu einer Haftverkürzung komme.
Von der Möglichkeit, Gefangene bei der Inanspruchnahme von medizinischen Versorgungsleistungen an den Kosten zu beteiligen, werde nur noch in äußerst eingeschränktem Umfang (z.B. beim Zahnersatz) Gebrauch gemacht. Der Verfassungsmäßigkeit von Art. 46 Abs. 2 BayStVollzG stehe auch nicht entgegen, dass die Gefangenen an den Stromkosten beteiligt würden, was einer Angleichung an die allgemeinen Lebensverhältnisse entspreche.
bb) Auf einen Fragenkatalog des Bundesverfassungsgerichts hat das Bayerische Staatsministerium der Justiz im Wesentlichen wie folgt geantwortet:
Die Beschäftigungsquote in den Eigenbetrieben habe circa 19 bis 23 %, in den Unternehmerbetrieben 34 bis 41 % und in den freien Beschäftigungsverhältnissen circa 1 % betragen. Insgesamt gesehen habe sich die Beschäftigungsquote seit dem Jahr 2001 zwischen 44 und 59 % bewegt, wobei zu berücksichtigen sei, dass Gefangene auch aus anderen Gründen als Arbeitsmangel unbeschäftigt sein könnten (etwa wegen Krankheit oder Alter). Das Arbeitsangebot sei nicht ausreichend gewesen, um alle arbeitswilligen Gefangenen zu beschäftigen. Statistisches Material zum Umfang dieses Angebots liege nicht vor.
Die jährlichen Gesamtkosten für den Strafvollzug in den Jahren 2001 bis 2015 hätten sich von 268 Millionen Euro im Jahr 2001 auf 403 Millionen Euro im Jahr 2015 erhöht, wobei der Anteil der Gefangenenentlohnung von 8 auf circa 5 % gefallen sei. Dies sei vor allem Folge gestiegener Personalkosten.
Die Kosten für Ausgleichszahlungen nach Art. 46 Abs. 11 BayStVollzG lägen erst seit dem Jahr 2011 vollständig vor. Sie seien von circa 265.000,00 Euro im Jahr 2011 auf 337.600,00 Euro im Jahr 2016, mithin in diesem Zeitraum um 27 %, angestiegen.
Es erfolge eine kameralistische Buchführung, so dass für die Arbeitsverwaltungen des bayerischen Justizvollzugs kein Gesamtjahresabschluss und damit auch kein anstaltsübergreifender Gewinn- oder Verlustausweis erstellt werde. Insgesamt seien im Bereich der Gefangenenarbeit im Jahr 2016 Einnahmen in Höhe von circa 42 Millionen Euro erzielt und für den gesamten Justizvollzug circa 395 Millionen Euro verausgabt worden.
Eine Gesamtauflistung der Arbeitsentgelte im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses könne nicht erfolgen. Beispielhaft habe ein Autoverkäufer im Jahr 2015 10,38 Euro und ein Bauhelfer 16,30 Euro Bruttoverdienst pro Stunde erhalten. In den Unternehmerbetrieben hätten beispielsweise im Jahr 2015 in einer Justizvollzugsanstalt Entgelte von 4,57 Euro bis 9,63 Euro je Arbeitsstunde mit privaten Unternehmern ausgehandelt werden können.
Nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayStVollzG könnten Gefangene an den Kosten der Krankenbehandlung und nach Art. 73 BayStVollzG an den Stromkosten beteiligt werden. In den meisten bayerischen Justizvollzugsanstalten würden die Gefangenen an den Stromkosten für die Nutzung elektronischer Gegenstände beteiligt. Die Beteiligungshöhe sei abhängig von der Anzahl der genutzten Geräte und deren Art. Im Mittel würden für ein TV-Gerät 1,56 Euro, für einen Wasserkocher 1,29 Euro und für eine Leselampe 0,97 Euro pro Monat vereinnahmt. In der Justizvollzugsanstalt (...) werde eine maximale Betriebskostenpauschale von 3,00 Euro pro Monat erhoben, was einem Anteil von circa 1,15 % des monatlichen Arbeitsentgelts entspreche. Insgesamt seien im März 2016 im bayerischen Justizvollzug durchschnittlich 1,01 Euro pro Gefangenem und Monat für Stromkosten vereinnahmt worden.
Gemäß Art. 46 Abs. 6 BayStVollzG würden Gefangene auf ihren Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt, wenn sie zwei Monate lang zusammenhängend eine Beschäftigung ausgeübt hätten. Durch Zeiten, in denen die Gefangenen ohne Verschulden (etwa durch Krankheit, Ausführungen oder Ähnliches) an der Arbeitsleistung gehindert seien, werde die Frist nach Art. 46 Abs. 6 BayStVollzG gehemmt. § 43 Abs. 6 StVollzG beziehungsweise Art. 46 Abs. 6 BayStVollzG begründeten auch keinen Anspruch auf sechs Freistellungstage pro Jahr, sondern auf einen Freistellungstag für zwei zusammenhängende Monate Arbeit. Entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers zu I. hätten mehrere Gefangene in der Justizvollzugsanstalt (...) im Jahr 2016 das Höchstmaß von sechs Freistellungstagen erreicht.
Die vom Beschwerdeführer zu I. angegebenen Preissteigerungen könnten so nicht nachvollzogen werden. Beim Vergleich einer Einkaufsliste aus dem Jahr 2002 mit einer Einkaufsliste aus dem Jahr 2016 ergebe sich eine durchschnittliche Preissteigerung von 54,71 %. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass das Einkaufssystem der Justizvollzugsanstalt im Jahr 2010 vom sogenannten Sichteinkauf auf einen Bestelleinkauf umgestellt worden sei, wodurch es für die Gefangenen nun möglich sei, auch preisgünstigere Eigenmarken zu erwerben, die zuvor kaum im Sortiment gewesen seien. Außerdem hätten sich die allgemeinen Verbraucherpreise zwischen den Jahren 2001 und 2015 bei Nahrungsmitteln um rund 30 % erhöht. Mitarbeiter der Wirtschaftsverwaltungen würden regelmäßig die Qualität und die Preise der Waren kontrollieren. In der Justizvollzugsanstalt (...) würden zudem Mitglieder der Gefangenenmitverantwortung zur Ermöglichung eines Vergleichs zwischen den Preisen des Anstaltskaufmanns und den Preisen in Geschäften außerhalb der Anstalt ausgeführt.
Für Telefonate erhebe die Justizvollzugsanstalt (...) seit dem Jahr 2001 0,10 Euro pro Einheit, unabhängig davon, ob ins Fest- oder in das Mobilfunknetz telefoniert werde. Eine Preiserhöhung habe seitdem nicht stattgefunden.
Die Versiegelung von elektronischen Geräten übernehme eine externe Firma. Im Jahr 1993 seien für ein Fernsehgerät umgerechnet 19,72 Euro und für ein Radiogerät 7,52 Euro berechnet worden. Die Versiegelung eines Fernsehers koste zurzeit 29,80 Euro und die eines Radiogeräts 7,52 Euro.
Im bayerischen Justizvollzug werde die Produktivität der Gefangenenarbeit nicht ermittelt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen habe sie sich in den vergangenen 15 Jahren nicht wesentlich verändert, was auch aus den ungefähr gleichbleibenden Einnahmen ersichtlich werde.
Die Arbeitsanforderungen an die von den Gefangenen ausgeführten Tätigkeiten hätten sich in den letzten 15 Jahren bezogen auf die Unternehmerbetriebe allenfalls in Einzelfällen erhöht. Grundsätzlich sei die Gefangenenarbeit auch weiterhin überwiegend von einfachsten und geringen Anforderungen geprägt. Es seien vielfältige Eigenbetriebe eingerichtet worden. Beispielsweise würden in den Schneidereien einfache Näharbeiten, in Schreinereien Holzbearbeitung und in Schlossereien die Anfertigung von Gittern und Geländern durchgeführt. In freien Beschäftigungsverhältnissen seien nahezu sämtliche Branchen je nach Qualifikation der Gefangenen vertreten. Klassische Unternehmerbetriebe gebe es kaum noch. Ein Interesse der Unternehmer an dieser Betriebsform sei kaum gegeben.
Der überwiegende Teil der arbeitenden Gefangenen sei mit Hilfsarbeiten beziehungsweise durchschnittlichen Arbeiten beschäftigt; statistisches Material liege jedoch nicht vor. Die durchschnittliche Arbeitszeit habe im Jahr 2015 bei fünf Stunden und 35 Minuten pro Tag gelegen.
Nach der Erhöhung des Arbeitsentgelts im Jahr 2001 habe sich die Beschäftigungsquote verringert, wobei Schwankungen auch auf andere Faktoren, wie zum Beispiel konjunkturelle Entwicklungen, zurückzuführen sein könnten. In Italien habe die Anhebung der Gefangenenentlohnung zu einem deutlichen Rückgang der Beschäftigungsquote geführt. Die Einführung des Mindestlohns habe keine signifikanten Auswirkungen auf die Beschäftigungsquote gehabt.
Zur Auslastung der Arbeitsbetriebe könne kein prozentualer Anteil angegeben werden. Anhand der Beschäftigungsquote sei allerdings davon auszugehen, dass nicht alle arbeitsfähigen und -willigen Gefangenen beschäftigt werden könnten. Zur Erhöhung der Auslastung unternehme der Justizvollzug große Anstrengungen. Beispielsweise sei in einer Justizvollzugsanstalt die Schichtarbeit eingeführt worden, um die Nachfrage eines Unternehmens befriedigen zu können.
Die Regelungen des Entgelts für Gefangenenarbeit seien nicht nur im Zuge der Schaffung der Bayerischen Justizvollzugsgesetze (Bayerisches Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der Jugendstrafe vom 10. Dezember 2007 [GVBl S. 866], Bayerisches Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft vom 20. Dezember 2011 [GVBl S. 678] und Bayerisches Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung und der Therapieunterbringung vom 22. Mai 2013 [GVBl S. 275]) geprüft worden, sondern blieben stets im Blick. Wie sich jedoch aus den Statistiken âˆ' insbesondere aus den Zahlen zur Beschäftigung und zu den Einnahmen âˆ' ergebe, habe sich seit der Erhöhung des Arbeitsentgelts im Jahr 2001 kein Spielraum für eine Erhöhung der monetären Leistungen für die Arbeit der Gefangenen eröffnet. Die Justizvollzugsanstalten in Bayern stünden aufgrund der Grenznähe in einem harten Konkurrenzkampf. Infolge der mangelnden Produktivität werde es zunehmend schwieriger, Unternehmen für eine Vergabe von Aufträgen an Justizvollzugsanstalten zu gewinnen. Zudem könnten möglicherweise weitere Kosten auf den Justizvollzug zukommen: Die Einbeziehung in die gesetzliche Rentenversicherung werde derzeit von einer Länderarbeitsgruppe geprüft. Außerdem unterlägen die Leistungen der Justizvollzugsanstalten ab dem 1. Januar 2021 voraussichtlich der Umsatzbesteuerung.
Zur Anzahl der verschuldeten Gefangenen lägen ebenso wie zur Höhe der Schulden keine statistischen Erkenntnisse vor. Da sich aus einzelnen Erklärungen in Zugangsgesprächen ergebe, dass zahlreiche Gefangene verschuldet seien, unterstütze der bayerische Justizvollzug diese durch die Möglichkeit einer externen Schuldnerberatung. Naturgemäß nutzten Gefangene ihr Arbeitsentgelt, um Schulden zu reduzieren. Allerdings könne auch der Gedanke der Resozialisierung durch Schuldentilgung nicht verlangen, die Arbeit der Gefangenen über ihren tatsächlichen Wert hinaus zu vergüten.
cc) Dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers zu I. ist das Bayerische Staatsministerium nochmals entgegengetreten. Naturgemäß seien die Gefangenen, die innerhalb von zwölf Monaten die Voraussetzungen für sechs Freistellungstage erfüllten, nicht zahlreich. Gefangene, die kurze Freiheitsstrafen verbüßten oder die zu kontinuierlicher Arbeitsleistung nicht in der Lage seien, kämen hierfür schon nicht in Frage. In der Justizvollzugsanstalt (...) hätten im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2016 insgesamt 17 Gefangene sechs Freistellungstage innerhalb eines Beschäftigungszeitraums von einem Jahr erworben. Zwölf dieser Gefangenen hätten innerhalb von zwei Jahren zwölf Freistellungstage erworben. Das Bundesverfassungsgericht habe diese Konzeption und die Auswirkungen des Hemmungstatbestands bei der bundesrechtlichen Parallelnorm in dem Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 – vor Augen gehabt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sie verfassungsgemäß sei.
Soweit der Beschwerdeführer zu I. die empirischen Ergebnisse zur geringen Produktivität der Gefangenenarbeit in Abrede stelle, verfange seine Argumentation nicht. Eine hohe Qualität der erzielten Arbeitsergebnisse sei kein Beleg für die Produktivität der Gefangenenarbeit, weil das Ergebnis (Output) in das Verhältnis zu den hierfür eingesetzten Produktionsfaktoren (Input) gesetzt werden müsse. Soweit er beispielhaft Betriebe in der Justizvollzugsanstalt (...) beschreibe, sei anzumerken, dass in der dortigen Schneiderei einer von im Durchschnitt zehn eingesetzten Strafgefangenen, der die Lehrausbildung zum Maßschneider erfolgreich absolviert habe, nach strikten Anweisungen des Schneidermeisters Roben fertige. Die übrigen Strafgefangenen würden für einfache Zuschnitt-, Näh- und Hilfsarbeiten eingesetzt. In der Bäckerei und in der Metzgerei hätte in den Jahren 2015 und 2017 jeweils ein zusätzlicher Bediensteter eingestellt werden müssen. Während dort früher zum Großteil im jeweiligen Beruf ausgebildete Strafgefangene hätten eingesetzt werden können, seien heute nicht mehr ausreichend Gefangene mit einer entsprechenden Ausbildung vorhanden. Je mehr fachfremdes Hilfspersonal eingesetzt werden müsse, umso höher seien die Anforderungen an eine genaue Überwachung, was sich in den Kosten widerspiegele. Acht von insgesamt circa 550 Arbeitsplätzen in der Justizvollzugsanstalt (...) erforderten höhere Qualifikationen. Bayernweit hätten knapp 2 % der Strafgefangenen einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss.
Im Regelfall könne jedem arbeitswilligen und -fähigen Gefangenen nach einer gewissen Wartezeit ein Beschäftigungsverhältnis zugewiesen werden. Bei kürzeren Haftzeiten werde die Mangelsituation allerdings dadurch verschärft, dass nach einer Wartezeit gegebenenfalls nur noch eine unangemessen kurze Beschäftigungsdauer bis zur Entlassung möglich sei. Soweit der Beschwerdeführer zu I. der Justizvollzugsanstalt vorwerfe, sich an den Gefangenen durch Ausbeutung zu bereichern, sei dem entgegenzutreten. Der von ihm genannte Stundensatz von 11,37 Euro in einem Unternehmerbetrieb werde für seltene, stundenweise durchgeführte Tätigkeiten auf den höchstqualifizierten Arbeitsplätzen des Betriebs erstattet, im Durchschnitt seien weniger als 1 % der geleisteten Arbeitsstunden mit diesem Satz vergütet worden. Der weit überwiegende Teil der Tätigkeiten werde mit Stundensätzen zwischen 5,00 und 8,00 Euro vergütet, wobei der Lohnaufwand zwischen 2,73 Euro und 3,30 Euro liege. Hinzu kämen nicht gesondert erhobene Kosten für Gebäudemiete, Lagerhaltung, Personal, Heizung und Entsorgung. Der Betrieb nehme als einer der letzten klassischen Unternehmerbetriebe eine Sonderstellung ein. Diesem und dem ebenfalls erfolgreichen Eigenbetrieb für EDV-Möbel stünden eine Vielzahl von wenig ertragreichen oder auch defizitären Betrieben gegenüber. Zur höheren Auslastung der Betriebe bemühe sich der bayerische Justizvollzug ständig, zusätzliche Auftraggeber zu gewinnen. So sei neben zahlreichen weiteren Maßnahmen im Jahr 2014 die zentrale Service- und Koordinierungsstelle für das vollzugliche Arbeitswesen eingerichtet worden.
dd) Im Rahmen der Beantwortung eines erweiterten Fragenkatalogs des Bundesverfassungsgerichts hat das Bayerische Staatsministerium der Justiz seine Ausführungen ergänzt und aktualisiert.
Seit dem Inkrafttreten des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes zum 1. Januar 2008 hätten sich die Einnahmen aus der Gefangenenarbeit in der Gesamtschau deutlich rückläufig entwickelt. So hätten die Einnahmen im Jahr 2008 noch 47,7 Millionen Euro betragen, im Jahr 2021 dagegen nur noch 34,9 Millionen Euro.
Strafgefangene hätten im Jahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2016 zum Zeitpunkt ihrer Inhaftierung seltener einen Schulabschluss oder eine Berufsausbildung gehabt und seien vor der Inhaftierung auch seltener einer geregelten Beschäftigung nachgegangen. Im Februar 2022 hätten rund 60 % der Gefangenen mit Bezügen Zulagen in Höhe von durchschnittlich 29,01 Euro erhalten. Im Jahr 2021 habe der Durchschnittswert bei solchen Gefangenen, bei denen Freistellungstage auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet worden seien, 4,19 Freistellungstage pro Betroffenem betragen.
Im Jahr 2021 sei bei 0,3 % aller Gefangenen ein Haftkostenbeitrag erhoben worden. Häufigster Grund für die Nichterhebung sei, dass die Gefangenen ihrer Arbeitspflicht nachkämen und damit Bezüge im Sinne des Art. 49 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayStVollzG erhielten. Insgesamt 91 Gefangene seien nach Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayStVollzG zumindest anteilig an den Kosten für Ausführungen beteiligt worden. Im Durchschnitt sei dabei eine Beteiligung in Höhe von 60,30 Euro je Ausführung erhoben worden.
Die große Mehrheit bayerischer Justizvollzugsanstalten prüfe mindestens einmal jährlich anhand von Stichproben oder mit Hilfe von Warenkörben besonders beliebter Produkte, ob Güte und Preis der beim Einkauf gelieferten Gegenstände angemessen seien. Quellen für Referenzpreise seien lokale Einzelhändler, Online-Lebensmittelhändler oder Hauswurfsendungen.
In einigen Justizvollzugsanstalten werde auf die Erhebung von Kosten für den Fernsehempfang verzichtet. In anderen Anstalten würden den Gefangenen für den Fernsehempfang Kosten in Höhe von circa 9,00 Euro monatlich entstehen.
Gespräche in das nationale Festnetz kosteten die Gefangenen, sofern sie die Kosten für Telefonie selbst zu tragen hätten, ohne Unterscheidung in Orts- oder Ferngespräche 0,0055 Euro pro Minute, Gespräche in nationale Mobilfunknetze 0,0111 Euro pro Minute zuzüglich der Umsatzsteuer.
Betriebswirtschaftliche Kennzahlen zur Produktivität und Effektivität der Gefangenenarbeit sowie Daten zu Verschuldung, Unterhaltsverpflichtungen oder Wiedergutmachungs- und Schmerzensgeldzahlungen der Strafgefangenen, zu deren Beteiligung an Gesundheitsleistungen, zum Empfang von Sozialleistungen nach der Haftentlassung und ihrer sozialen Absicherung würden statistisch nicht erfasst oder ausgewertet.
b) Der Bayerische Landtag hält die Verfassungsbeschwerde ebenfalls für unbegründet. "Angemessene Anerkennung" für die geleistete Arbeit sei nicht nur monetär, sondern hauptsächlich erzieherisch zu werten. Dem Gesetzgeber komme dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu.
c) Die Vorsitzende des 13. Senats des Bundessozialgerichts teilt mit, dass einschlägige Rechtsprechung unmittelbar zur Höhe der Vergütung für die Arbeit von Strafgefangenen bislang nicht ergangen sei. Ergänzend weist sie auf Rechtsprechung bezüglich der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der Krankenversicherung bei Inhaftierten hin.
d) Die Deutsche Rentenversicherung äußert sich dahingehend, dass die fehlende Einbeziehung Strafgefangener in die gesetzliche Rentenversicherung nicht gegen die Verfassung verstoße.
e) Der Deutsche Gewerkschaftsbund ist der Auffassung, dass Art. 46 BayStVollzG gegen das Gebot der Resozialisierung verstoße. Es bedürfe zur Erhöhung der Resozialisierungschancen einer deutlichen Anhebung des Ecklohns auf wenigstens 12 bis 15 %, um überhaupt einen spürbaren Effekt zu erreichen. Die Justizvollzugsanstalten seien verstärkt in der freien Wirtschaft aktiv und würden wie Unternehmen tätig. Der bisherige Einwand, es handele sich bei der Arbeit von Gefangenen um unproduktive Tätigkeiten, sei unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten nicht mehr haltbar. Unter Berücksichtigung der besonderen Kosten, die mit der Beschäftigung von Gefangenen verbunden seien, sei die Gefangenenentlohnung am Mindestlohngesetz orientiert in periodischen Abständen einer Anpassungs- und Angemessenheitsprüfung zu unterziehen.
f) Die Bundesvereinigung der Anstaltsleiter und Anstaltsleiterinnen im Justizvollzug e.V. ist der Ansicht, dass bei einer Beurteilung der Höhe einer angemessenen Vergütung der Angleichungsgrundsatz zugrunde gelegt werden solle. Es sei zu berücksichtigen, dass geldwerte Leistungen gegenüber den Gefangenen erbracht würden, wie beispielsweise die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosenversicherung und eine Freistellung von Haftkostenbeiträgen. Zudem sei kein Arbeitnehmeranteil zur Krankenversicherung zu entrichten. Leider gelinge es oft nicht, die Gefangenen ohne erhebliche Schuldenlast zu entlassen. Um die dadurch eingeschränkten Resozialisierungschancen der Gefangenenarbeit zu verbessern, wäre eine deutliche Erhöhung des Ecklohns nötig. Erst eine nachhaltige Erhöhung der Gefangenenvergütung, die sich dem Mindestlohn annähere, dürfte einen spürbaren Effekt für die arbeitenden Gefangenen erzeugen. Den Besonderheiten des Justizvollzugs könne durch den Abzug eines Haftkostenbeitrags und einen weiteren Abschlag unter den Gesichtspunkten der vergleichbaren Produktivität zur privaten Wirtschaft Rechnung getragen werden. Eine zu starke Fokussierung auf den Angleichungsgrundsatz könne andererseits zur Folge haben, dass gegenüber der Tätigkeit in den Anstaltsbetrieben die Hilfstätigkeiten und Reinigungsdienste ebenso wie der Schulbesuch schlechter bezahlt würden. Die Vollzugspraxis sei bislang von einer Gleichbehandlung ausgegangen, wodurch ein Anreiz zur Ausübung derartiger Tätigkeiten geschaffen werden konnte. Bedeutsam sei eine umfassende Berücksichtigung der arbeitenden Gefangenen in allen Zweigen des Sozialversicherungssystems.
g) Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. weist darauf hin, dass die Zielsetzung der Resozialisierung und Wiedereingliederung in ökonomischer Hinsicht keine reale Chance habe, eingelöst zu werden. Ein derart niedriges Arbeitsentgelt könne nicht zur Resozialisierung straffällig gewordener Menschen beitragen. Die "symbolischen" Verdienstmöglichkeiten in Haftbetrieben wirkten auf viele Gefangene eher demotivierend. Es sei an der Zeit, eine neue Gewichtung zwischen dem gesellschaftlichen Resozialisierungsauftrag des Strafvollzugs und den finanziellen Zielsetzungen der Länder vorzunehmen. Die Arbeitsgemeinschaft empfehle, die entgeltliche Bewertung der Arbeit im Strafvollzug langfristig nach Verfahren und Maßstäben vorzunehmen, die mit der Erwerbsarbeit außerhalb des Strafvollzugs vergleichbar seien.
2. Zum Verfahren 2 BvR 1683/17:
a) Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen ist der Auffassung, die Bezugsgröße nach § 32 Abs. 1 StVollzG NRW sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann überschritten, wenn die geleistete Arbeit keine angemessene Anerkennung finde.
aa) Die Kombination der monetären und nicht monetären Arbeitsabgeltung stelle eine dem Resozialisierungsgedanken entsprechende angemessene Anerkennung der geleisteten Arbeit dar. § 32 Abs. 1 StVollzG NRW regele den monetären Anteil der Vergütung. Das Arbeitsentgelt werde nach der Leistung der Gefangenen und der Art der Tätigkeit gestuft, was durch die Verordnung über die Vergütung und die Ausbildungsbeihilfe nach den Vollzugsgesetzen des Landes Nordrhein-Westfalen für Gefangene und in der Sicherungsverwahrung Untergebrachte (Landesvollzugsvergütungsverordnung Nordrhein-Westfalen – LVollzVergVO NRW) konkretisiert werde. Danach reiche das Grundentgelt von 75 % der Eckvergütung in der Vergütungsstufe I bis zu 125 % in der Vergütungsstufe V, der Tagessatz im Jahr 2018 habe damit in der Vergütungsstufe I 9,87 Euro und in der Vergütungsstufe V 16,44 Euro betragen. Die Sollarbeitszeit betrage täglich 468 Minuten (7 Stunden 48 Minuten).
Die Vergütung erfolge gemäß § 1 Abs. 2 LVollzVergVO NRW entweder im Zeitlohn- oder im Leistungslohnsystem. Bei Arbeiten im Leistungslohn sei die zu vergütende Arbeitszeit die Vorgabezeit, die durch geeignete Zeitaufnahmeverfahren bestimmt werde. Der Arbeitsanforderung der Gefangenen würden hierbei mindestens 70 % der vergleichbaren Arbeitsleistung eines freien Arbeitnehmers zugrunde gelegt. Aus der Vorgabezeit und der Anzahl der von durchschnittlichen Beschäftigten in einer Stunde zu fertigenden Erzeugnisse ergebe sich ein Minutensatz, anhand dessen die Vergütung errechnet werde. Die in Unternehmerbetrieben eingesetzten Gefangenen würden in der Regel im Leistungslohn vergütet. Durch ein geeignetes Zeitaufnahmeverfahren werde die Zeit festgestellt, die durchschnittliche Gefangene zur Herstellung eines Stücks benötigten. Am Ende eines Arbeitstages werde die Anzahl der von jedem Gefangenen gefertigten Stücke festgestellt, und die sich daraus ergebende Zeit werde vergütet. In Eigenbetrieben würden die Gefangenen in der Regel im Zeitlohn vergütet.
bb) Auf einen Fragenkatalog des Bundesverfassungsgerichts hat das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen geantwortet:
Der Anteil der Gefangenen, die mangels Arbeit nicht beschäftigt werden konnten, sei von 11,40 % im Jahr 2001 auf 22,10 % im Jahr 2017 gestiegen. Es werde ersichtlich, dass nicht genügend Arbeit vorhanden sei, um sämtliche Gefangenen zu beschäftigen.
Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung sowie schulische und berufliche Aus- und Weiterbildung dienten insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für ein Erwerbsleben zu erhalten oder zu fördern, um dadurch die Startchancen auf dem Gebiet der beruflichen Reintegration zu verbessern. Die Beschäftigung zähle zu den herausragenden Behandlungsmaßnahmen im Vollzug, die zum Leben in Freiheit befähigen sollen. Sie werde daher nicht vorrangig unter dem Gesichtspunkt einer Kosten-Nutzen-Relation gesehen, ihr werde nur eine nachgeordnete betriebswirtschaftliche Relevanz zugemessen.
Die jährlichen Gesamtkosten für den Strafvollzug hätten sich von 608,7 Millionen Euro im Jahr 2001 auf 840,1 Millionen Euro im Jahr 2017 erhöht. Die Ausgaben für die Gefangenenentlohnung seien von 39,15 Millionen Euro (2001) auf 35,71 Millionen Euro (2017), prozentual gesehen von 6,29 % auf 4,25 %, gesunken. Die Ausgleichszahlungen nach § 43 Abs. 11 StVollzG beziehungsweise § 34 Abs. 3 StVollzG NRW hätten im Jahr 2011 1.105.091,00 Euro betragen, weil in diesem Jahr erstmalig sämtliche Anspruchsberechtigte ihre angesammelten Ansprüche ausgezahlt bekommen hätten. In den Folgejahren sei der Betrag niedriger gewesen, im Jahr 2017 beispielsweise 577.900,00 Euro. Die Einnahmen durch die Herstellung und Veräußerung von Erzeugnissen der Eigenbetriebe sowie durch die entgeltliche Beschäftigung von Gefangenen in privaten Unternehmerbetrieben hätten im Jahr 2017 34,71 Millionen Euro betragen und seien damit etwa gleich hoch wie im Jahr 2002. Die höchsten Einnahmen hätten im Jahr 2008 erzielt werden können (48,20 Millionen Euro), danach seien die Einnahmen allerdings auf 29,90 Millionen Euro gesunken (2013).
Eine Gegenüberstellung der durch die Gefangenenarbeit erlangten Einnahmen mit den Ausgaben für die Gefangenenvergütung und weiteren anfallenden Sachkosten, wie zum Beispiel für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, zeige, dass das Arbeitsbetriebswesen als eine in hohem Maße bezuschusste Behandlungsmaßnahme anzusehen sei. So stünden beispielsweise den 34,71 Millionen Euro an Einnahmen im Jahr 2017 Ausgaben in einer Gesamthöhe von 69,46 Millionen Euro gegenüber. Darin seien weitere mit dem Strafvollzug zusammenhängende Kostenfaktoren, wie beispielsweise Personal-, Verwaltungs-, Bau- und Raumkosten, noch nicht berücksichtigt. Die Höhe der Entgelte, die private Unternehmen für Strafgefangene, die in Unternehmerbetrieben arbeiteten, zahlten, werde zwischen dem Unternehmen und der Justizvollzugsanstalt ausgehandelt. Die Einnahmen aus der Inanspruchnahme von Gefangenenarbeit in Unternehmerbetrieben innerhalb und außerhalb der Justizvollzugsanstalten seien von 19,02 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 14,79 Millionen Euro im Jahr 2017 zurückgegangen.
Die Produktivität von Gefangenenarbeit liege weit hinter der Produktivität in der gewerblichen Wirtschaft und habe sich in den Jahren von 2001 bis 2017 nur unwesentlich verändert. Bei der tabellarischen Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben für die Zahlung der Gefangenenentlohnung seien die Ausgaben überwiegend höher als die Einnahmen. Lediglich in den Jahren 2007 bis 2010 hätten die Einnahmen die Ausgaben überstiegen. Dies resultiere im Wesentlichen aus der landesinternen Ausstattung der Justiz mit Büro- und Haftraummobiliar im Rahmen mehrerer Neubauprojekte.
Die Arbeitsanforderungen in Eigen- und Unternehmerbetrieben hätten sich im Verlauf der letzten 17 Jahre nicht wesentlich verändert. Den Schwerpunkt bildeten weiterhin Tätigkeiten, welche nur geringe bis durchschnittliche Anforderungen stellten. Exemplarische Tätigkeitsgruppen seien für Unternehmerbetriebe Tätigkeiten wie Messen, Wiegen, Zählen oder Verpacken. In Eigenbetrieben seien dies Möbelproduktion (Hilfstätigkeiten bis Facharbeitertätigkeiten), Dreh- und Fräsarbeiten, Tätigkeiten in der Druckerei, Garten- und Landschaftsbau, Montage oder Verpacken. Der Anteil der Hilfsarbeiten (Vergütungsgruppen I und II) betrage 45 %, der Anteil der durchschnittlichen Arbeiten (Vergütungsgruppe III) 42 % und der Anteil der hochwertigen Tätigkeiten (Vergütungsgruppe IV und V) 12 %. Die durchschnittliche Arbeitszeit pro Tag habe in den Unternehmerbetrieben 465 Minuten (7 Stunden und 45 Minuten) und in den Eigenbetrieben 456 Minuten (7 Stunden und 36 Minuten) betragen.
Empirisch fundierte Erkenntnisse zur Frage eines etwaigen Verlusts von Arbeitsplätzen in Folge einer Erhöhung des Arbeitsentgelts lägen nicht vor. Ein Zusammenhang zwischen der Beschäftigungsquote und der Einführung des Mindestlohns sei nicht erkennbar.
Mit der Einführung des nordrhein-westfälischen Strafvollzugsgesetzes im Jahr 2015 sei eine Erhöhung der Anzahl der Freistellungstage von sechs auf acht Tage erfolgt. Erkenntnisse darüber, in welchem Umfang Gefangene innerhalb eines Beschäftigungsjahres die jährlichen Freistellungstage unverschuldet nicht erreichen konnten, lägen nicht vor. Das IT-System sei auf die automationsgestützte Auswertung dieser Daten nicht ausgelegt.
Eine Kostenbeteiligung der Strafgefangenen an medizinischen Leistungen gemäß § 45 Abs. 3 StVollzG NRW sei nur in wenigen Ausnahmefällen vorgesehen, namentlich bei Sonderwünschen zu hochwertigeren prothetischen Zahnbehandlungen sowie bei Sehhilfen.
Die Beteiligung an den Kosten für die Überlassung, Überprüfung und den Betrieb von Hörfunk- und Fernsehgeräten werde in den Justizvollzugsanstalten individuell geregelt. Für durch private Unternehmen zur Verfügung gestellte Hörfunkgeräte seien in der Mehrzahl der Fälle Kosten in Höhe von 2,50 Euro und für Fernsehgeräte in Höhe von 5,75 Euro angefallen. Von der Möglichkeit einer Kostenbeteiligung an durch die Anstalt überlassenen Hörfunk- oder Fernsehgeräten mache nur eine Anstalt Gebrauch, die monatlich für zur Verfügung gestellte Hörfunkgeräte 15,00 Euro erhebe. Für die Überprüfung von Hörfunkgeräten seien durchschnittlich 14,53 Euro und für Fernsehgeräte 18,52 Euro berechnet worden.
Das anstaltsinterne Preisniveau habe sich in den Jahren 2001 bis 2018 durchschnittlich über alle Kategorien um 40,88 % erhöht. In demselben Zeitraum habe die Preissteigerung für die entsprechenden Kategorien im Verbraucherpreisindex 31,74 % betragen. Die höhere Preissteigerung in den Anstalten lasse sich mit Besonderheiten des Strafvollzugs begründen. So seien Aspekte von Sicherheit und Ordnung zu beachten, und Aspekte der Logistik (eingeschränkte Erreichbarkeit der Verkaufsstelle, eingeschränkte Öffnungszeiten) könnten zu Nachteilen für den Anstaltskaufmann führen. Zwar habe dieser ein Monopol; allerdings würden die Leistungen des Anstaltskaufmanns spätestens alle vier Jahre neu ausgeschrieben. Die Anstalt sei zudem verpflichtet, die Preise des Kaufmanns mindestens einmal jährlich zu prüfen.
Bei den Kosten für Telefongespräche sei eine moderate Preissteigerung zu verzeichnen. Die Preise für Ortsgespräche seien durchschnittlich von 0,05 Euro pro Minute im Jahr 2001 auf 0,06 Euro pro Minute im Jahr 2018 gestiegen. Gleiches gelte für Ferngespräche mit einer Preiserhöhung von 0,11 Euro pro Minute im Jahr 2001 auf 0,12 Euro pro Minute im Jahr 2018. Die Preissteigerung bei der Versiegelung von TV-Geräten von 1,61 Euro im Jahr 2001 auf 1,81 Euro im Jahr 2018 sei – abgesehen von der allgemeinen Preissteigerung – auch in einer Erhöhung der Manipuliersicherheit der Siegelmarken begründet.
Hinsichtlich des Anteils der verschuldeten Gefangenen lägen keine statistischen Daten vor. Bei einer Abfrage im März 2017 seien 477 Inhaftierte von Insolvenz und 4.495 von Pfändungen betroffen gewesen. Die Befunde externer Studien zeigten, dass es neben der Schuldnerberatung und Schuldenregulierung sowie vielfältiger weiterer Behandlungsmaßnahmen im Strafvollzug ergänzender Bemühungen zum Aufbau einer nachhaltigen materiellen Existenzsicherung und zur beruflichen Reintegration der Haftentlassenen bedürfe.
Eine regelmäßige Erhöhung des Arbeitsentgelts erfolge durch die jährliche Anhebung der maßgebenden Rechengrößen nach § 18 SGB IV. Zudem würden die Gefangenen wohlwollend den existierenden Vergütungsgruppen zugeordnet, der überwiegende Teil erhalte mindestens 100 % der Eckvergütung. Vor dem Hintergrund der zusätzlich normierten nicht monetären Vergütungskomponenten sei die Erhöhung des Arbeitsentgelts seit dem Inkrafttreten des Strafvollzugsgesetzes NRW nicht für erforderlich und zielführend erachtet worden.
Den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts auf regelmäßige Überprüfung sei Genüge getan worden. In fortlaufenden Gesetzgebungsverfahren prüfe das Land, ob eine angemessene Anerkennung der Arbeitsleistung der Gefangenen vorliege. Insbesondere sei die Landesvollzugsvergütungsverordnung erlassen worden, welche – wie die Vollzugsgesetze selbst – regelmäßig überprüft werde. Zudem sei die Höhe der Vergütung für Sicherungsverwahrte von 9 % auf 16 % der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV angehoben worden. Dies führe zu Mehrausgaben in Höhe von rund 200.000,00 Euro jährlich. Ferner sei die darlehensweise Gewährung eines Taschengeldes für unverschuldet bedürftige Untersuchungsgefangene eingeführt worden.
Vorrangig seien Schwerpunkte auf den Ausbau des Betreuungs- und Behandlungsangebots gelegt worden. So seien beispielsweise im Jahr 2018 insgesamt 197 Planstellen und Stellen etatisiert worden, um den Drogenkonsum und -handel in den Justizvollzugsanstalten konsequenter zu bekämpfen, extremistischen Bestrebungen vorzubeugen oder die Sozialtherapie auszubauen. Auch das berufliche Übergangsmanagement sei gefördert worden, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass zwei Drittel der Gefangenen nicht über einen Schulabschluss verfügten und nur 2 % eine abgeschlossene Berufsausbildung hätten.
cc) Im Rahmen der Beantwortung eines erweiterten Fragenkatalogs des Bundesverfassungsgerichts hat das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen seine Ausführungen ergänzt und aktualisiert.
Der Prozentanteil der Strafgegangenen, bei denen aktuell ein Haftkostenbeitrag erhoben werde, bewege sich regelmäßig im niedrigen einstelligen Bereich. Hauptsächlich liege dies daran, dass die Gefangenen Bezüge im Sinne des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVollzG NRW erhielten oder ihre Eingliederung im Sinne des § 39 Abs. 3 StVollzG NRW nicht gefährdet werden solle.
Die Erlasslage zu der Preisgestaltung für Einkäufe und ihrer Überprüfung sei im Sommer 2021 aktualisiert worden. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise sei vor jedem Einkauf stichprobenartig vorzunehmen. Dabei seien regelmäßig mindestens fünf üblicherweise stark nachgefragte Produkte in den Blick zu nehmen und mit den Preisen von mindestens zwei anderen Anbietern zu vergleichen.
Die Beteiligung der Strafgefangenen an den Kosten der Überlassung, der Überprüfung und des Betriebs von Hörfunk- und Fernsehgeräten werde in den Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen individuell geregelt. Kostenbeteiligungen im Vollzug hätten im Allgemeinen primär den Zweck, den Umgang der Gefangenen mit Geld zu trainieren. In der Justizvollzugsanstalt (...) würden für die Überlassung und den Betrieb von Rundfunkgeräten keine Kosten erhoben, die Überprüfung durch einen Fachhändler koste 13,00 Euro, die Verplombung zwischen 1,60 und 2,00 Euro.
Die Kosten für Telefonate seien ebenfalls unterschiedlich geregelt. Sie betrügen durchschnittlich 0,02 Euro pro Minute für Ortsgespräche, 0,03 Euro pro Minute für Ferngespräche und 0,08 Euro pro Minute für Telefonate ins Mobilfunknetz. Die Überprüfungsfristen und -methoden der Angemessenheit dieser Preise seien in den Justizvollzugsanstalten unterschiedlich und lägen zwischen einem und vier Jahren. Aufträge würden dann neu ausgeschrieben.
An den Kosten für medizinische Leistungen könnten Gefangene nach § 45 Abs. 3 StVollzG NRW beteiligt werden. Nur eine Justizvollzugsanstalt habe im Rahmen der zahnärztlichen Regelversorgung in drei Fällen hiervon in Höhe von 64,90 Euro, 120,00 Euro und 489,73 Euro Gebrauch gemacht. Für Suchtmitteltests seien nach § 65 Abs. 2 StVollzG NRW im Jahr 2021 nur in ganz wenigen Fällen Kosten zwischen zwei und 52,00 Euro erhoben worden.
Zur Produktivität und Effektivität einzelner Eigenbetriebe in den Justizvollzugsanstalten und zu Fällen von Pfändungen ins Eigengeld von Gefangenen gebe es kein validiertes oder auswertbares Zahlenmaterial. Ferner lägen keine oder nur in eingeschränktem Umfang verfügbare statistische Daten zu von den Gefangenen geleisteten Wiedergutmachungs- oder Schmerzensgeldzahlungen, ihrer sozialen Bedürftigkeit nach der Entlassung aus der Haft und ihrer sozialen Absicherung vor. Die Anzahl von Fällen, in denen es zu Haftzeitverkürzungen durch anrechenbare Freistellungstage in welcher Höhe komme, lasse sich mangels automationsgestützter Möglichkeiten zur Datenauswertung ebenfalls nicht konkretisieren.
b) Der 14. Senat des Bundessozialgerichts weist auf weitere aktuelle Entscheidungen hin, die die Erfüllung der Anwartschaftszeit für Arbeitslosengeld nach dem SGB III durch eine Tätigkeit als Strafgefangener und die Höhe eines Anspruchs auf Sozialhilfeleistungen während eines Aufenthalts in Untersuchungshaft betreffen.
c) Der Deutsche Gewerkschaftsbund wiederholt seine Ausführungen zum Verfahren 2 BvR 166/16 (s.o. Rn. 94) und weist ergänzend auf Folgendes hin: Dass die Justizvollzugsanstalten wie Unternehmen tätig würden, werde anhand des diesbezüglichen Internetauftritts des Landes Nordrhein-Westfalen und der erzielten Einnahmen deutlich. Folge dieses Wandels der Arbeit in den Anstalten hin zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit sei, dass die dafür gewährte Gefangenenentlohnung nichts anderes als ein Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sei. Ferner sei zu berücksichtigen, dass Gefangenenarbeit als Instrument des Lohndumpings eingesetzt werde. Schließlich seien die Rahmenbedingungen der Gefangenenarbeit völkerrechtswidrig. Das Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) Nr. 29 über die Bekämpfung der Zwangsarbeit verbiete ausdrücklich Gefängniszwangsarbeit zu privatem Nutzen. Gefangenenarbeit könne nach dem Gesamtbericht zur 93. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz nicht als frei bezeichnet werden. Deshalb dürften private Unternehmen nicht von Gefangenenarbeit profitieren, es sei denn, es handele sich um menschenwürdige Arbeit, die unter Bedingungen verrichtet werde, die einem freien Arbeitsverhältnis nahekämen, ohne künstliche Unterdrückung von Lohnkosten. Diesen Anforderungen genüge die Gefangenenarbeit in Deutschland nicht. Sie werde daher seit Jahren durch den Sachverständigenausschuss der ILO als mit dem Übereinkommen Nr. 29 unvereinbar und damit völkerrechtswidrig kritisiert.
d) Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hebt hervor, dass der Landesgesetzgeber mit den Regelungen in §§ 32 ff. StVollzG NRW von seinem weiten Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht und eine angemessene Regelung geschaffen habe. Die Produktivität der Gefangenenarbeit erreiche nicht das Niveau der gewerblichen Wirtschaft. Die Vergütung werde jährlich durch Rechtsverordnung an die Einkommensentwicklung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angepasst. Eine deutliche Erhöhung der Vergütung würde daher die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in Justizvollzugsanstalten beeinträchtigen und könne zur Folge haben, dass Unternehmen nur noch in geringerem Umfang Arbeit für Strafgefangene anböten.
e) Die Bundesvereinigung der Anstaltsleiter und Anstaltsleiterinnen im Justizvollzug e.V. verweist auf ihre Stellungnahme im Verfahren 2 BvR 166/16 (s.o. Rn. 95). Das Verfahren 2 BvR 1683/17 weise keine neuen Umstände auf, die zu einer Änderung der bisherigen Positionierung Anlass gäben.
f) Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. ergänzt ihre Äußerung zu dem Verfahren 2 BvR 166/16 (s.o. Rn. 96) dahingehend, dass die Stellung der Arbeit im Rahmen des Freiheitsentzugs widersprüchlich sei, denn der Strafgefangene stehe in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art, nicht in einem Arbeitsverhältnis. Arbeit sei sowohl zentrales Element des verfassungsrechtlich gebotenen Behandlungsvollzugs als auch Element der Strafe, soweit Arbeitspflicht bestehe. Die Argumentation, man könne die Arbeitsvergütung am durch die Arbeit erwirtschafteten Umsatz messen, überzeuge nicht, weil die Produktivität im Zwangskontext Gefängnis nicht mit der Produktivität des freien Markts zu vergleichen sei. Es ergebe sich eine kontextbedingte geringere Produktivität, die sich nicht auf die individuelle Leistung der Gefangenen zurückführen lasse. Die Vergütung der Gefangenenarbeit solle vielmehr am Wert dieser Arbeit für die Resozialisierung gemessen werden. Dem Angleichungsgrundsatz folgend, sollten Gefangene für ihre Arbeit in gleicher Weise wie in Freiheit nach Tarif bezahlt sowie in die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung einbezogen werden. Eine Erhöhung auf mindestens 15 % der Bezugsgröße sei angebracht. Folgen der unzureichenden Arbeitsentlohnung seien nicht selten Überschuldung, Wohnungslosigkeit und Rückfall. Die Praxis zeige, dass fast alle Haftentlassenen auf Sozialleistungen angewiesen seien, wobei die materiellen Hilfen nicht ausreichten. Ein weiteres Problem stelle die Überschuldung von Inhaftierten dar. Eine tarifliche Entlohnung der Gefangenenarbeit hätte deutliche Entlastungseffekte. Während des Vollzugs bliebe die materielle Grundlage der Erfüllung von Verpflichtungen und die Mitsprache und Mitverantwortung für finanzielle Entscheidungen erhalten. Die Möglichkeit, Unterhalt an die Familie zu zahlen, würde Sozial- und Jugendhilfeträger wesentlich entlasten. Auch nach der Haft würden die Sozialleistungsträger erheblich entlastet. Durch die Verhinderung materieller Verarmung ergäben sich in den Bereichen Wohnen, Arbeiten und Schulden große Entlastungseffekte. Eine Einbeziehung arbeitender Gefangener in die Rentenversicherung und die Anerkennung des Status als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien zu begrüßen.
g) Der DBH e.V. Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik kritisiert unter anderem die Intransparenz des Justizvollzugs aufgrund eines Mangels an (zugänglichen) Daten, der zivilgesellschaftliches Engagement und unabhängige Forschung im Vergleich mit anderen europäischen Ländern erschwere. Dieser Mangel konterkariere die Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach kontinuierlicher Evaluation. Empirische Erkenntnisse könnten kaum in den Parlamenten diskutiert werden, für Haushaltsverhandlungen bestehe keine Wissensbasis hinsichtlich der Erforderlichkeit einer auskömmlichen Finanzierung des Resozialisierungsangebots. Folglich bestünden auch keine Erkenntnisse zum Einfluss der Vergütung auf die Resozialisierung oder zur Entwicklung der Kostenbelastung für Gefangene.
Resozialisierungskonzepte seien in der Regel – auch in den Vollzugsgesetzen der Länder – nicht ausformuliert, sondern deuteten sich in der Gesamtheit der Regeln zum Vollzug, zur ambulanten Straffälligenhilfe sowie bei weiteren Maßnahmen wie etwa Modellprojekten lediglich an. Die Herausforderungen für den Resozialisierungsvollzug lägen zudem in der Finanzierung und der Personalgewinnung.
h) In einer nach der mündlichen Verhandlung abgegebenen Stellungnahme hebt der Deutsche Gewerkschaftsbund den Zusammenhang einer mit dem Wert der ausgeübten Arbeit verbundenen Vergütung mit der Notwendigkeit sozialer Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung hervor. Ferner fordert er eine Vergütung von Gefangenenarbeit in Anlehnung an den gesetzlichen Mindestlohn.
IV.
Der Senat hat am 27. und 28. April 2022 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die Verfahrensbeteiligten ihr bisheriges Vorbringen ergänzt und vertieft haben. Als sachkundige Dritte sind angehört worden: die jeweiligen Vertreter der kriminologischen Dienste des bayerischen Justizvollzugs, Herr (...), des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau (...), und des Justizvollzugs des Landes Sachsen-Anhalt, Herr (...); zum Bereich der Strafvollzugs- und Rückfallforschung sowie der Kriminologie (...) sowie (...), Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V.; aus der Justizvollzugspraxis die Vorsitzenden der Bundesvereinigung der Anstaltsleiter und Anstaltsleiterinnen im Justizvollzug e.V. Frau (...) und Herr (...); der Leiter der bayerischen Justizvollzugsanstalt Bernau, Herr (...); die Leiterin der nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalt Aachen, Frau (...), und der Werkdienstleiter der Justizvollzugsanstalt Aachen, Herr (...); sowie als Vertreterinnen und Vertreter für den Verfahrensgegenstand relevanter Organisationen der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft gehobener Sozialdienst im Justizvollzug Nordrhein-Westfalen e.V., Herr (...); die Präsidentin des DBH-Fachverbandes für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik e.V., (...); für die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V., Frau (...) und für die Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation, Herr (...).
 
B.
Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind begründet. Die mittelbar angegriffenen Regelungen in Art. 46 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und Abs. 6 Satz 1 BayStVollzG sowie § 32 Abs. 1 Satz 2, § 34 Abs. 1 StVollzG NRW sind formell verfassungsgemäß (I.). Sie sind aber mit dem Resozialisierungsgebot aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar (II.).
I.
Soweit Art. 46 Abs. 6 Satz 1, Abs. 9 BayStVollzG und § 34 Abs. 1 StVollzG NRW als nicht monetäre Vergütungskomponente für Gefangenenarbeit bis zu maximal sechs beziehungsweise acht Freistellungstage im Jahr vorsehen, die unter bestimmten Voraussetzungen auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden und die zu vollstreckende Freiheitsstrafe entsprechend verkürzen können, ist die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gegeben. Die Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Strafvollstreckung steht zwar dem Bund zu (1.). Die angegriffenen Regelungen greifen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung aber nicht in diese Zuständigkeit ein (2.).
1. Dem Bund stand vor der Föderalismusreform I im Jahr 2006 gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in der Fassung vom 27. Oktober 1994 unter anderem die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Strafrecht "und den Strafvollzug" sowie das gerichtliche Verfahren zu, die er – insbesondere durch entsprechende Regelungen im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung und im Strafvollzugsgesetz – wahrgenommen hatte. Im Zuge der Föderalismusreform I wurde die Zuständigkeit für den Strafvollzug aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG in der Fassung vom 28. August 2006 gestrichen. Diese fällt nunmehr gemäß Art. 70 Abs. 1 GG den Ländern zu.
a) Von der nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das gerichtliche Verfahren (ohne das Recht des Untersuchungshaftvollzugs), die auch die Regelungen zur Strafvollstreckung als Teil des gerichtlichen (Straf-)Verfahrens umfasst (vgl. Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 21; Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 74 Rn. 20; Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 74 Rn. 9), hat der Bundesgesetzgeber hinsichtlich der Strafvollstreckung vornehmlich im Dritten Abschnitt des Allgemeinen Teils (Rechtsfolgen der Tat) des Strafgesetzbuches umfassend Gebrauch gemacht. Dies bezieht sich insbesondere auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ausgesetzt und die Strafe (nach Ablauf der Bewährungszeit) erlassen werden kann oder eine solche in anderen Fällen nicht vollständig vollstreckt werden muss.
Macht der Bund von einer konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, verlieren die Länder aufgrund der alternativen Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten entweder auf den Bund oder die Länder (vgl. BVerfGE 36, 193 [202 f.]; 61, 149 [204]; 106, 62 [114]; 109, 190 [218]; 135, 155 [196 f. Rn. 101 ff.]; 157, 223 [254 Rn. 81] – Berliner Mietendeckel; 160, 1 [18 Rn. 50 f.] – Umschlagsverbot für Kernbrennstoffe in Bremer Häfen) gemäß Art. 72 Abs. 1 GG das Recht zur Gesetzgebung in dem Zeitpunkt ("solange") und in dem Umfang ("soweit"), in dem der Bund die Gesetzgebungskompetenz zulässigerweise in Anspruch nimmt (sog. Sperrwirkung).
Soweit die Sperrwirkung reicht, entfällt die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl. BVerfGE 157, 223 [255 f. Rn. 87 m.w.N.]). Sie verhindert für die Zukunft den Erlass neuer Landesgesetze und entzieht in der Vergangenheit erlassenen Landesgesetzen die Kompetenzgrundlage, so dass diese nichtig sind beziehungsweise werden (BVerfGE 157, 223 [256 Rn. 87 ff. m.w.N.]). Auf dem Gebiet der Strafvollstreckung kommt den Ländern demnach allein eine Gesetzgebungskompetenz zu, wenn der Bund von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG; vgl. BVerfGE 157, 223 [255 ff. Rn. 87 ff. m.w.N.]; 160, 1 [20 Rn. 58]).
b) Demgegenüber umfasst der Bereich des Strafvollzugs, der seit der Föderalismusreform I in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegt, die konkrete Ausführung der Freiheitsstrafen in den Justizvollzugsanstalten sowie der Anordnungen der Strafvollstreckungsbehörden, deren Tätigkeit zum gerichtlichen Verfahren gerechnet wird, durch die Strafvollzugsbehörden (vgl. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 74 Rn. 20; Wittreck, in: Dreier, GG, Bd. 2, 3. Aufl. 2015, Art. 74 Rn. 21; Kment, in: Jarass/Pieroth, GG, 17. Aufl. 2022, Art. 74 Rn. 11). Im Zuge dessen haben auch Bayern und Nordrhein-Westfalen entsprechende eigene Strafvollzugsgesetze erlassen, in denen sich unter anderem die verfahrensgegenständlichen Vorschriften zu Höhe und Umfang der Gefangenenvergütung finden.
c) Nach Art. 70 Abs. 1 GG haben die Länder das Recht zur Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse zuweist. Eine solche Zuweisung von Gesetzgebungskompetenzen an den Bund findet sich ausweislich Art. 70 Abs. 2 GG vor allem in den Vorschriften über die ausschließliche (Art. 73 und Art. 105 Abs. 1 GG) und die konkurrierende Gesetzgebung (Art. 74 und Art. 105 Abs. 2 GG; vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juni 2022 – 2 BvL 9/14 u.a. –, Rn. 51 – Kindergeld für Drittstaatsangehörige).
aa) Ob eine einfachgesetzliche Regelung einem Kompetenztitel in Art. 73, Art. 74 oder Art. 105 GG zugeordnet werden kann, richtet sich nach ihrem (unmittelbaren) Regelungsgegenstand (vgl. BVerfGE 48, 367 [373]; 157, 223 [262 Rn. 104]; 160, 1 [23 Rn. 65]), ihren Wirkungen und Adressaten sowie dem Normzweck (vgl. BVerfGE 7, 29 [44]; 157, 223 [262 Rn. 104]; 160, 1 [23 Rn. 65]; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juni 2022 – 2 BvL 9/14 u.a. –, Rn. 52).
Die Subsumtion einer Regelung unter einen bestimmten Kompetenztitel hängt davon ab, ob der dort genannte Sachbereich unmittelbar oder lediglich mittelbar Gegenstand dieser Regelung ist (vgl. BVerfGE 8, 104 [116 f.]; 157, 223 [262 Rn. 105]; stRspr). Dafür ist der sachliche Gehalt der Regelung maßgebend, nicht die vom Gesetzgeber gewählte Bezeichnung (vgl. BVerfGE 8, 260 [269 f.]; 157, 223 [262 Rn. 105]; 160, 1 [23 f. Rn. 66]). Eine gesetzliche Regelung ist – ihrem Hauptzweck entsprechend – dem Kompetenztitel zuzuordnen, dessen Materie sie speziell und nicht (lediglich) allgemein behandelt, wobei die Regelung in ihrem kompetenzbegründenden (Gesamt-)Sachzusammenhang zu erfassen ist (vgl. BVerfGE 157, 223 [262 f. Rn. 105 m.w.N.]; 160, 1 [23 f. Rn. 66]). Dass der Gegenstand eines Kompetenztitels lediglich reflexartig berührt oder als Annex behandelt wird, genügt insoweit nicht (vgl. BVerfGE 28, 119 [146 f.]; 157, 223 [263 Rn. 105]; 160, 1 [23 f. Rn. 66]; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juni 2022 – 2 BvL 9/14 u.a. –, Rn. 53).
bb) Kann ein Gesetz in mehrere Teile zerlegt werden, können diese verschiedenen Kompetenzmaterien unterfallen (vgl. Degenhart, in: Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 72 Rn. 8 f.). Die Gesetzgebungszuständigkeit für ein Regelungswerk kann sich in diesem Fall auch aus einer Kombination mehrerer Kompetenztitel ergeben (vgl. BVerfGE 136, 194 [241 Rn. 111]; 160, 1 [24 Rn. 68]; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juni 2022 – 2 BvL 9/14 u.a. –, Rn. 54).
Solche additiven Kompetenzbegründungen sind verfassungsrechtlich unproblematisch, wenn sie denselben Kompetenzträger berechtigen (vgl. BVerfGE 103, 197 [215 f.]; 136, 194 [241 Rn. 111]; 138, 261 [275 f. Rn. 33]). Der Bund kann eine Gesetzgebungszuständigkeit deshalb aus mehreren Gegenständen eines Kompetenzkatalogs herleiten und unterschiedliche Gesetzgebungstypen und -titel kombinieren (vgl. BVerfGE 103, 197 [216]; 138, 261 [275 f. Rn. 33]; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juni 2022 – 2 BvL 9/14 u.a. –, Rn. 55).
Berührt eine Regelung dagegen den Kompetenzbereich von Bund und Ländern, bedarf es einer Zuordnung des Regelwerks nach seinem Schwerpunkt (vgl. BVerfGE 98, 265 [299]; 135, 155 [196 Rn. 102]; 137, 108 [161 Rn. 123]; 160, 1 [24 Rn. 69]). Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Teilregelung mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden ist. Eine enge Verzahnung und ein geringer eigenständiger Regelungsgehalt der Teilregelung sprechen regelmäßig für ihre Zugehörigkeit zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung (vgl. BVerfGE 97, 228 [251 f.]; 97, 332 [342 f.]). Eine Teilregelung, die bei isolierter Betrachtung einer Materie zuzurechnen wäre, für die der Kompetenzträger nicht zuständig ist, kann daher gleichwohl in seine Kompetenz fallen, wenn sie mit dem kompetenzbegründenden Schwerpunkt der Gesamtregelung derart eng verzahnt ist, dass sie als Teil dieser Gesamtregelung erscheint (vgl. BVerfGE 97, 228 [251 f.]; 97, 332 [342 f.]; 98, 265 [299]; 138, 261 [274 Rn. 30]; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 28. Juni 2022 – 2 BvL 9/14 u.a. –, Rn. 56).
cc) Daneben kann eine ungeschriebene Gesetzgebungskompetenz als Kompetenz kraft Sachzusammenhangs bestehen. Sie stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 [421]; 98, 265 [299]; 138, 261 [274 Rn. 30]; 140, 65 [93 Rn. 60]). Dabei reicht die bloße Erwägung, es sei zweckmäßig, mit einer dem Kompetenzträger ausdrücklich zugewiesenen Materie gleichzeitig auch eine verwandte Materie zu regeln, jedoch nicht zur Begründung einer Gesetzgebungszuständigkeit aus (vgl. BVerfGE 140, 65 [92 f. Rn. 60]).
2. Nach diesen Maßstäben besteht eine Gesetzgebungskompetenz des Freistaats Bayern für die Regelung des Art. 46 Abs. 6 Satz 1, Abs. 9 BayStVollzG zur Gewährung von Freistellungstagen im Umfang von einem Werktag für zwei Monate zusammenhängend ausgeübter Beschäftigung oder Hilfstätigkeit als nicht monetärer Teil der Vergütung von Gefangenenarbeit. Gleiches gilt für das Land Nordrhein-Westfalen bezüglich der Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVollzG NRW zur Gewährung von zwei Freistellungstagen für drei Monate zusammenhängender Ausübung einer Arbeit oder Hilfstätigkeit.
a) Die potentiell die Haftzeit verkürzenden Regelungen des Art. 46 Abs. 6 Satz 1, Abs. 9 BayStVollzG und des § 34 Abs. 1 StVollzG NRW, die zu maximal sechs beziehungsweise acht Freistellungstagen pro Kalenderjahr führen können, wurden im Rahmen der jeweiligen Landesstrafvollzugsgesetze erlassen. Die betroffenen Gesetze orientieren sich ausweislich der jeweiligen Gesetzesbegründung (vgl. LTDrucks BAY 15/8101, S. 1, 60; LTDrucks NRW 16/5413, S. 1, 116 f.) an der Vorgängervorschrift im Strafvollzugsgesetz des Bundes. Sie wurden im Kontext der Wahrnehmung der nach der Föderalismusreform I den Ländern zukommenden Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug als Regelungen zur Durchführung, also zum Vollzug der Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten (vgl. zu dieser Definition Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 21 m.w.N.), erlassen und in einen unmittelbaren Regelungszusammenhang mit weiteren Vorschriften zu Art und Höhe der Vergütung von Gefangenenarbeit gestellt. Anhaltspunkte dafür, dass Aufgaben und Befugnisse hinsichtlich der Art, des Umfangs oder insbesondere der Dauer der Strafe im strafvollstreckungsrechtlichen Sinne (als ergänzender Teil des gerichtlichen Verfahrens) geregelt werden sollten, sind nicht ersichtlich.
Die Bestimmungen verfolgen nach ihrem Regelungsinhalt und -zusammenhang sowie der Gesetzesbegründung allein das Ziel, geleistete Arbeit von Strafgefangenen anzuerkennen und die monetäre Vergütungskomponente in Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 1998 zur Gefangenenvergütung zu ergänzen, wonach eine angemessene Anerkennung auch dadurch vorgesehen werden kann, dass Gefangene – sofern general- oder spezialpräventive Gründe nicht entgegenstehen – durch Arbeit ihre Haftzeit verkürzen ("good time") oder sonst erleichtern können (vgl. BVerfGE 98, 169 [202]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 34; LTDrucks BAY 15/8101, S. 60; LTDrucks NRW 16/5413, S. 116).
Der Gesamtzusammenhang der Vorschriften in ihrer derzeitigen Ausgestaltung betrifft daher im Schwerpunkt (vgl. hierzu BVerfGE 97, 228 [251 f.]; 116, 202 [216]; 121, 30 [47]; 135, 155 [196 Rn. 102]) die Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Strafvollzug. Soweit die Regelungen für haftverkürzende Freistellungstage – wie hier – nicht über die Gewährung weniger Freistellungstage pro Kalenderjahr hinausgehen, liegt ein Übergriff in die Regelungszuständigkeit des Bundes insbesondere für die Dauer der Freiheitsstrafe im strafvollstreckungsrechtlichen Sinne nicht vor.
b) Unter dieser Voraussetzung ist auch von einem faktischen Übergriff in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Strafvollstreckung, etwa durch eine Aushöhlung der bundesgesetzlich insoweit abschließend getroffenen Vollstreckungsregelungen, nicht auszugehen. Zudem ist eine Verletzung der Pflicht zu bundestreuem Verhalten durch einen entsprechenden Missbrauch der Rechtssetzungskompetenz der Länder nicht ersichtlich (vgl. insoweit BVerfGE 160, 1 [26 Rn. 73 m.w.N.]).
II.
Art. 46 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 6 BayStVollzG sowie § 32 Abs. 1, Abs. 4 und § 34 Abs. 1 StVollzG NRW sind mit dem Resozialisierungsgebot aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (1.) nicht vereinbar (2.).
1. a) Die Verfassung gebietet, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung der Gefangenen auszurichten. Der einzelne Gefangene hat aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG einen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass dieser Zielsetzung bei ihn belastenden Maßnahmen genügt wird (vgl. BVerfGE 98, 169 [200]; 116, 69 [85]).
Für die Freiheitsstrafe, bei der die staatliche Gewalt die Bedingungen der individuellen Lebensführung weitgehend bestimmt, erlangt das Gebot der Resozialisierung besonderes Gewicht. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Gebot aus dem Selbstverständnis einer Rechtsgemeinschaft entwickelt, die die Menschenwürde in den Mittelpunkt ihrer Wertordnung stellt und dem Sozialstaatsprinzip verpflichtet ist. Den Gefangenen sollen die Fähigkeit und der Wille zu eigenverantwortlicher Lebensführung vermittelt werden. Sie sollen sich in Zukunft unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft ohne Rechtsbruch behaupten, die Chancen einer solchen Gesellschaft wahrnehmen und ihre Risiken bewältigen können. Die Notwendigkeit, den Strafvollzug auf das Ziel der Resozialisierung auszurichten, dient zugleich dem Schutz und der Sicherheit der Gemeinschaft selbst: Diese hat ein unmittelbares eigenes Interesse daran, dass Straftäter nicht wieder rückfällig werden und erneut ihre Mitmenschen und die Gemeinschaft schädigen (vgl. BVerfGE 35, 202 [235 f.]; 98, 169 [200]; vgl. auch BVerfGE 116, 69 [85 f.]).
Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot bestimmt den gesamten Strafvollzug; es gilt auch bei der Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Vollzugsanstalten sind auch bei diesen Gefangenen verpflichtet, auf deren Resozialisierung hinzuwirken, ihre Lebenstüchtigkeit zu erhalten und schädlichen Auswirkungen des Freiheitsentzugs und damit vor allem deformierenden Persönlichkeitsveränderungen entgegenzuwirken (vgl. BVerfGE 45, 187 [238 f.]). Entsprechendes muss für die Sicherungsverwahrung gelten. Auch die dort Untergebrachten können der Freiheit wieder teilhaftig werden, wenn sie nicht mehr gefährlich sind (vgl. BVerfGE 98, 169 [200 f.]).
b) Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot ist für alle staatliche Gewalt verbindlich. Es richtet sich zunächst an den Gesetzgeber, dem die Aufgabe zukommt, den Strafvollzug normativ zu gestalten (vgl. BVerfGE 33, 1 [10 f.]; 98, 169 [201]) und ihn auf das Ziel der sozialen Integration auszurichten (vgl. BVerfGE 116, 69 [89]). Dabei ist der Gesetzgeber selbst verpflichtet, ein wirksames Resozialisierungskonzept zu entwickeln und den Strafvollzug darauf aufzubauen (vgl. BVerfGE 98, 169 [201]; 116, 69 [89]).
aa) Das Bundesverfassungsgericht hat aus grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einerseits sowie dem Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG) andererseits die Verpflichtung des Gesetzgebers abgeleitet, in allen grundlegenden normativen Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. BVerfGE 49, 89 [126]; 77, 170 [230 f.]; 98, 218 [251]; 136, 69 [114 Rn. 102]; 150, 1 [96 Rn. 191]; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 22. Februar 2023 – 2 BvE 3/19 –, Rn. 182 – Finanzierung Desiderius-Erasmus-Stiftung; stRspr). Damit soll gewährleistet werden, dass Entscheidungen von besonderer Tragweite aus einem Verfahren hervorgehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das Parlament dazu anhält, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären. Geboten ist ein Verfahren, das sich durch Transparenz auszeichnet und die Beteiligung der parlamentarischen Opposition gewährleistet (vgl. BVerfGE 139, 19 [46 Rn. 53]; BVerfGE 150, 1 [96 f. Rn. 192]; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 22. Februar 2023 – 2 BvE 3/19 –, Rn. 182).
Wann und inwieweit es einer Regelung durch den Gesetzgeber bedarf, ist mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstands zu bestimmen (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 22. Februar 2023 – 2 BvE 3/19 –, Rn. 183). Verfassungsrechtliche Anhaltspunkte sind dabei die tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere Art. 20 Abs. 1 bis 3 GG und die Grundrechte (vgl. BVerfGE 40, 237 [248 ff.]; 49, 89 [127]; 95, 267 [307 f.]; 98, 218 [251]; 136, 69 [114 Rn. 102]; 139, 19 [45 Rn. 52]; 150, 1 [97 Rn. 193]). "Wesentlich" bedeutet danach zum einen "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (vgl. BVerfGE 47, 46 [79]; 98, 218 [251]; 139, 19 [45 Rn. 52]). Zum anderen ist der Gesetzgeber selbst zur Regelung der Fragen verpflichtet, die für Staat und Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind, ohne dass die Tatsache, dass einzelne Fragen politisch umstritten sind, für sich genommen bereits dazu führt, dass die entsprechende Regelung auch als "wesentlich" verstanden werden müsste (vgl. BVerfGE 49, 89 [126]; 98, 218 [251]; 139, 19 [45 f. Rn. 52]; 150, 1 [97 Rn. 194]).
bb) Die Qualifikation einer Regelung als "wesentlich" hat typischerweise ein Verbot der Normdelegation und ein Gebot größerer Regelungsdichte durch den parlamentarischen Gesetzgeber zur Folge (vgl. Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 7. Aufl. 2018, Art. 80 Rn. 37). Damit werden ergänzende Regelungen durch Rechtsverordnung nicht ausgeschlossen; die wesentlichen Entscheidungen müssen jedoch in einem formellen Gesetz enthalten sein (vgl. BVerfGE 150, 1 [97 f. Rn. 195 m.w.N.]).
Die Wesentlichkeitsdoktrin enthält insoweit auch Vorgaben für die Frage, in welchem Umfang (vgl. BVerfGE 34, 165 [192 f.]; 49, 89 [127, 129]; 83, 130 [142]; 101, 1 [34]; 139, 19 [47 Rn. 54]; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 22. Februar 2023 – 2 BvE 3/19 –, Rn. 185) und in welcher Bestimmtheit der Gesetzgeber selbst tätig werden muss (vgl. BVerfGE 83, 130 [152]; 101, 1 [34]; 123, 39 [78]). Das Bestimmtheitsgebot stellt sicher, dass Regierung und Verwaltung im Gesetz steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfinden und dass die Gerichte eine wirksame Rechtskontrolle durchführen können (vgl. BVerfGE 110, 33 [54 f.]; 113, 348 [375 ff.]; 120, 378 [407 f.]; 133, 277 [336 Rn. 140]; 145, 20 [69 Rn. 125]). Der Grad der verfassungsrechtlich gebotenen Bestimmtheit hängt dabei von den Besonderheiten des in Rede stehenden Sachbereichs und von den Umständen ab, die zu der gesetzlichen Regelung geführt haben (vgl. BVerfGE 28, 175 [183]; 131, 268 [307]; 134, 33 [81 f. Rn. 112]; 143, 38 [55 Rn. 41]). Dabei sind die Bedeutung des Regelungsgegenstands und die Intensität der durch die Regelung oder aufgrund der Regelung erfolgenden Grundrechtseingriffe ebenso zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 86, 288 [311]; 93, 213 [238]; 102, 254 [337]; 131, 88 [123]; 133, 277 [336 f. Rn. 140]; 145, 20 [69 Rn. 125]) wie der Kreis der Anwender und Betroffenen der Norm (vgl. BVerfGE 128, 282 [317 f.]) sowie deren konkretes Bedürfnis, sich auf die Normanwendung einstellen zu können.
cc) Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot verpflichtet den Gesetzgeber dazu, ein wirksames und in sich schlüssiges, am Stand der Wissenschaft ausgerichtetes Resozialisierungskonzept zu entwickeln und dieses mit hinreichend konkretisierten Regelungen des Strafvollzugs umzusetzen (vgl. BVerfGE 98, 169 [201]; 116, 69 [89]). Zudem hat er dafür Sorge zu tragen, dass für als erfolgsnotwendig anerkannte Vollzugsbedingungen und Maßnahmen die Ausstattung mit den erforderlichen personellen und finanziellen Mitteln kontinuierlich gesichert ist. Der Staat muss den Strafvollzug so ausstatten, wie es zur Realisierung des Vollzugsziels, das heißt der Resozialisierung der Gefangenen, erforderlich ist (vgl. BVerfGE 116, 69 [89 f.]).
Die Entwicklung eines Resozialisierungskonzepts, das dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot gerecht werden soll, ist wesentlich für die Verwirklichung des Grundrechts der Gefangenen auf Resozialisierung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Sie ist zudem für Staat und Gesellschaft von erheblicher Bedeutung. Daraus folgt, dass das vom Gesetzgeber vorzusehende Gesamtkonzept zur Erreichung des von Verfassungs wegen vorgegebenen Resozialisierungsziels aus dem Gesetz selbst erkennbar sein muss. Die Bedeutung, die der Arbeit als Behandlungsmaßnahme und der hierfür vorgesehenen (Gesamt-)Vergütung – etwa im Vergleich zu anderen Behandlungsmaßnahmen – im Rahmen dieses Gesamtkonzepts beigemessen wird, muss in sich stimmig im Gesetz festgeschrieben werden. Insbesondere muss die jeweilige Gewichtung des monetären und nicht monetären Teils der Vergütung innerhalb des Gesamtkonzepts erkennbar sein. Hierzu gehören auch die gesetzliche Festlegung der zugrunde zu legenden Bemessungsgrundlage für den monetären Teil der Vergütung und eine gegebenenfalls vorzunehmende Kategorisierung verschiedener Schwierigkeitsgrade der Arbeit und der arbeitstherapeutischen Behandlungs- und Bildungsmaßnahmen sowie deren jeweilige Entlohnung nach verschiedenen Vergütungsstufen. Der Gesetzgeber muss zudem die Zwecke, die im Rahmen seines Resozialisierungskonzepts mit der (Gesamt-)Vergütung und insbesondere dem monetären Vergütungsteil erreicht werden sollen, im Gesetz benennen und widerspruchsfrei aufeinander abstimmen. Auch Auswahl und Umfang der nicht monetären Vergütungsteile müssen in ihrer wesentlichen Gewichtung und Bedeutung gesetzlich festgelegt werden.
c) Der Gesetzgeber ist nicht auf ein bestimmtes Regelungskonzept festgelegt. Vielmehr ist ihm im Rahmen der Verpflichtung zur Entwicklung eines wirksamen Konzepts ein weiter Gestaltungsraum eröffnet – nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass gesichertes Wissen über die Wirksamkeit und das Verhältnis von Aufwand und Erfolg unterschiedlicher Vollzugsgestaltungen und Behandlungsmaßnahmen nur begrenzt verfügbar ist (vgl. BVerfGE 116, 69 [89]). Er kann unter Verwertung aller ihm zu Gebote stehenden Erkenntnisse, insbesondere auf den Gebieten der Anthropologie, Kriminologie, Sozialtherapie und Ökonomie, zu Regelungen gelangen, die – auch unter Berücksichtigung von Kostenfolgen – mit dem Rang und der Dringlichkeit anderer Staatsaufgaben in Einklang stehen (vgl. BVerfGE 82, 60 [80]; 90, 107 [116]; 96, 288 [305 f.]; 98, 169 [201]; 116, 69 [89]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 37).
Die gesetzlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Vollzugs müssen auf sorgfältig ermittelten Annahmen und Prognosen über die Wirksamkeit unterschiedlicher Vollzugsgestaltungen und Behandlungsmaßnahmen beruhen (vgl. BVerfGE 106, 62 [152]; 116, 69 [90]). Der Gesetzgeber ist verpflichtet, vorhandene Erkenntnisquellen, zu denen auch das in der Vollzugspraxis verfügbare Erfahrungswissen gehört, auszuschöpfen (vgl. BVerfGE 50, 290 [334]) und sich am aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zu orientieren (vgl. BVerfGE 98, 169 [201]; 116, 69 [90]). Er hat die Wirksamkeit etablierter und traditioneller Vollzugsgestaltungen und Behandlungsmaßnahmen regelmäßig vor dem Hintergrund veränderter Lebens- und Vollzugsverhältnisse zu überprüfen.
d) Auf eine den grundrechtlichen Anforderungen nicht genügende Berücksichtigung vorhandener Erkenntnisse oder auf eine diesen Anforderungen nicht entsprechende Gewichtung der Belange der Gefangenen kann es hindeuten, wenn völkerrechtliche Vorgaben oder internationale Standards mit Menschenrechtsbezug, wie sie in den im Rahmen der Vereinten Nationen oder von Organen des Europarates beschlossenen einschlägigen Richtlinien und Empfehlungen enthalten sind, nicht beachtet beziehungsweise unterschritten werden (vgl. BVerfGE 116, 69 [90 m.w.N.]; BVerfGK 12, 422 [424]; 20, 93 [101]). Diese müssen daher bei der Ausgestaltung und Durchführung des Strafvollzugs gebührend berücksichtigt werden.
e) Sieht der Gesetzgeber im Rahmen des von ihm festgelegten Resozialisierungskonzepts Arbeit als Behandlungsmaßnahme zur Erreichung des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots vor, wie dies in Art. 3 Satz 3, Art. 39 BayStVollzG und § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 29 StVollzG NRW geschehen ist, muss aus den gesetzlichen Regelungen klar erkennbar sein, welcher Stellenwert dem Faktor Arbeit im Gesamtkontext des Resozialisierungskonzepts beigemessen wird. Hierbei ist insbesondere gesetzlich festzuschreiben, in welchem Verhältnis (Pflicht-)Arbeit zu anderen Behandlungsmaßnahmen, etwa zur schulischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung, zur Arbeitstherapie und zu therapeutischen Behandlungs- oder anderen Hilfs- oder Fördermaßnahmen, steht. Selbst wenn Arbeit – sei sie nun freiwillig oder als Pflichtarbeit zugewiesen – nicht (mehr) als vorrangige Behandlungsmaßnahme angesehen werden sollte, kommt ihr auch mit Blick auf andere bedeutsame Behandlungsmaßnahmen nach wie vor ein erhebliches Gewicht zu. Die sachverständigen Dritten aus dem Bereich des Justizvollzugs haben in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass sie unter den gegebenen Umständen unverzichtbar ist, um ein geordnetes und strukturiertes Zusammenleben in den Justizvollzugsanstalten sicherzustellen.
f) Die Frage nach den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Höhe des für Gefangenenarbeit im Strafvollzug gewährten Entgelts kann nur aus dem Zusammenhang mit dem vom Gesetzgeber entwickelten Resozialisierungskonzept beantwortet werden (vgl. BVerfGE 98, 169 [199]). Deshalb muss ein solches Konzept ebenfalls klar erkennen lassen, welchen Zwecken die vom Gesetzgeber festgelegte Vergütung für Gefangenenarbeit dienen soll.
aa) Aus dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot folgt, dass Arbeit im Strafvollzug nur dann ein wirksames Resozialisierungsmittel ist, wenn die geleistete Arbeit angemessene Anerkennung findet (vgl. BVerfGE 98, 169 [201 f.]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1017/14 –, Rn. 16).
Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die Arbeit, die dem Gefangenen als Pflichtarbeit zugewiesen ist, sondern auch für eine freiwillig übernommene Tätigkeit. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 erging zwar im Hinblick auf die angemessene Anerkennung von Pflichtarbeit, dies aber nur deshalb, weil Gegenstand der Entscheidung eine gesetzgeberische Konzeption war, die ausschließlich Pflichtarbeit vorsah (vgl. BVerfGE 98, 169 [199]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1017/14 –, Rn. 16). Sowohl die Pflicht- als auch die freiwillige Arbeit im Vollzug dienen denselben Zielen. In beiden Fällen wird den Gefangenen Selbstbestätigung vermittelt und sie werden mit Arbeitsabläufen vertraut gemacht. Ferner dient die Arbeit der Strukturierung des Haftalltags. Durch die Vergütung ihrer Arbeit wird den Gefangenen zudem sowohl im Falle der freiwilligen als auch der Pflichtarbeit ermöglicht, Geld für die Erfüllung von Unterhaltsverpflichtungen, den Schuldenabbau, den Ausgleich von Tatfolgen oder den Einkauf zu verdienen. Wegen der gleichgerichteten Zielsetzung muss die Anerkennung daher in beiden Fällen in gleicher Weise geeignet sein, den Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines greifbaren Vorteils vor Augen zu führen (vgl. BVerfGE 98, 169 [201]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 32 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1017/14 –, Rn. 16 m.w.N.).
bb) Die Arbeit im Strafvollzug bereitet vor allem dann auf das Erwerbsleben in Freiheit vor, wenn sie durch ein Entgelt vergütet wird (vgl. BVerfGE 98, 169 [202 ff.]). Allerdings kann der Vorteil für die erbrachte Leistung in dem vom Gesetzgeber festzulegenden Resozialisierungskonzept in unterschiedlicher Weise zum Ausdruck kommen. Anerkennung ist nicht nur ein monetäres Konzept. Im Strafvollzug kommen neben oder anstelle eines Entgelts etwa auch der Aufbau einer sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaft beziehungsweise die Einbindung in den Schutz sozialer Sicherungssysteme (vgl. hierzu BVerfGE 98, 169 [204]; Nr. 26.17 der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze 2020; Report of the Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations, Application of International Labour Standards, 2019, Report III [Part A], S. 211) oder Hilfen zur Schuldentilgung in Betracht (vgl. BVerfGE 98, 169 [202]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 33 f.).
Der Gesetzgeber kann eine angemessene Anerkennung von Arbeit, wie in Art. 46 Abs. 6 BayStVollzG und § 34 Abs. 1 StVollzG NRW sowie den Strafvollzugsgesetzen der meisten anderen Länder (§ 48 Abs. 1, § 49 Abs. 1, Abs. 6-9 JVollzGB III; § 63 Abs.1, Abs. 3 StVollzG Bln; § 32 Abs. 1 BbgJVollzG; § 24 Abs. 1, § 55 Abs. 7 BremStVollzG; § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 3-5 HmbStVollzG; § 27 Abs. 9, § 39 Abs. 1 S.1, Abs. 2 HStVollzG; § 24 Abs. 1, § 55 Abs. 7 StVollzG MV; § 40 Abs. 5-8 NJVollzG; § 31 Abs. 1 JVollzG; § 24 Abs. 1, Abs. 2 SLStVollzG; § 24 Abs. 1 SächsStVollzG; § 31 Abs. 1 JVollzGB I LSA; § 39, § 40 Abs. 1 LStVollzG SH; § 31 Abs. 1, § 32 Abs.1, Abs. 2, Abs. 5 ThürJVollzGB) festgelegt, auch dadurch vorsehen, dass Gefangene – sofern general- oder spezialpräventive Gründe nicht entgegenstehen – durch Arbeit ihre Haftzeit verkürzen ("good time") oder in sonstiger Weise erleichtern können (vgl. BVerfGE 98, 169 [202]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 34). Bei der Gestaltung des Vollzugs und der Entlassungsvorbereitung können auch neuartige Formen der Anerkennung – zum Beispiel unter Einbeziehung privater Initiativen – entwickelt werden (vgl. BVerfGE 98, 169 [202]).
cc) Auch Art. 1 Abs. 1 GG gebietet es weder unmittelbar noch in Verbindung mit Art. 12 Abs. 3 GG, Arbeit allein durch ein Arbeitsentgelt anzuerkennen. Denn Arbeit dient – neben der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage – der Entfaltung der Persönlichkeit. Durch Arbeit erfährt der Einzelne Achtung und Selbstachtung, die wiederum einen Teil seiner Menschenwürde ausmachen (vgl. BVerfGE 100, 271 [284]; BVerfGK 13, 137 [140]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 35). Gesetzliche Entgeltvorgaben können zwar unter bestimmten Umständen dem Ziel von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 100, 271 [284]). Daraus folgt allerdings nicht, dass allein ein Entgelt als Arbeitsentlohnung von Verfassungs wegen vorgegeben ist. Auch auf dem freien Arbeitsmarkt werden neben dem Entgelt nicht monetäre Gegenleistungen für die geleistete Arbeit vereinbart (vgl. BVerfGE 98, 169 [201]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 35; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1017/14 –, Rn. 16).
dd) Die Anerkennung muss jedoch auch dann, wenn sie nicht allein in Geld, sondern zusätzlich durch nicht monetäre Vorteile erfolgt, einen Gegenwertcharakter für die geleistete Arbeit haben, der auch für die Gefangenen unmittelbar erkennbar ist (vgl. Sondervotum Kruis, BVerfGE 98, 169 [218]). Dies folgt aus der engen Beziehung zwischen der Arbeitspflicht nach Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 GG und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Achtung der Menschenwürde (vgl. Sondervotum Kruis, BVerfGE 98, 169 [217 f.] unter Verweis auf BVerfGE 74, 102 [120 f.]). Andernfalls bestünde die Gefahr, dass Gefangene, die sich einer Ordnung ausgesetzt sehen, in der für sie der Zusammenhang zwischen abverlangter Arbeit und angemessenem (gerechtem) Lohnprinzipiellaufgehoben ist, zu Objekten staatlicher Gewalt degradiert würden (vgl. Sondervotum Kruis, BVerfGE 98, 169 [217]). Die Art der Anerkennung muss jedenfalls geeignet sein, dem Gefangenen den Wert regelmäßiger Arbeit für ein künftiges eigenverantwortetes und straffreies Leben in Gestalt eines für ihn greifbaren Vorteils vor Augen zu führen. Nur wenn die Gefangenen eine als sinnvoll erlebbare Arbeitsleistung erbringen können, darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass sie sich bei der Entwicklung beruflicher Fähigkeiten sowie bei der Entfaltung ihrer Persönlichkeit auf ein positives Verhältnis zur Arbeit zu stützen vermögen (vgl. BVerfGE 98, 169 [201 f.]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Dezember 2015 – 2 BvR 1017/14 –, Rn. 16). Ob der Gesetzgeber zur Erreichung dieses Ziels – wie bisher – ein Nettolohnprinzip, in dem arbeitenden Gefangenen ein feststehender, niedriger Nettobetrag gezahlt wird, oder ein Bruttolohnprinzip verfolgt, wie es beispielsweise mittlerweile für Gefangenenarbeit in Österreich, Frankreich und Italien eingeführt ist (s.o. Rn. 16 ff.), obliegt seiner Entscheidung (vgl. hierzu den Report of the Committee of Experts on the Application of Conventions and Recommendations, Application of International Labour Standards, 2019, Report III [Part A), S. 211). In jedem Fall muss er die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen beachten und ein in sich schlüssiges und widerspruchsfreies Konzept verfolgen.
g) Da die Angemessenheit der Vergütung von Gefangenenarbeit auch davon abhängt, welchen Zwecken das Arbeitsentgelt im Rahmen des Resozialisierungskonzepts dienen soll (s.o. Rn. 168), ist der Gesetzgeber gehalten, diese gesetzlich festzuschreiben. Dabei kann er vorsehen, einen gewissen Anteil des Arbeitsentgelts für bestimmte Zwecke einzubehalten oder die Gefangenen an den Kosten im Vollzug angemessen zu beteiligen.
aa) So ist der Landesgesetzgeber aus dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht gehindert, im Zusammenhang mit der Regelung der Gefangenenvergütung einen bestimmten Anteil zu dem Zweck einzubehalten, dass die Gefangenen einen eigenen Beitrag zu der nach § 345 Nr. 3, § 347 Nr. 3 SGB III von den jeweiligen Ländern zu zahlenden Arbeitslosenversicherung leisten (Art. 206 BayStVollzG; § 32 Abs. 5 StVollzG NRW). Der Beitrag darf allerdings nicht willkürlich erhoben werden und muss der Höhe nach dem geringen Einkommen der Gefangenen Rechnung tragen (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 1993 – 2 BvR 969/92 –, juris, Rn. 4, und vom 1. Mai 1995 – 2 BvR 646/93, 2 BvR 316/94 –, juris, Rn. 13, jeweils zur Vorgängervorschrift des § 195 StVollzG).
bb) Die Gefangenen können auch dazu angehalten beziehungsweise darin unterstützt werden, im Rahmen der Zielsetzung einer opferbezogenen Vollzugsgestaltung den durch die Straftat verursachten Schaden – immaterieller wie materieller Natur – wiedergutzumachen (Art. 5a Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG; § 7 Abs. 2 Satz 2, § 10 Abs. 1 Nr. 12 StVollzG NRW) sowie während des Vollzugs für Unterhaltsberechtigte zu sorgen (Art. 78 BayStVollzG; § 4 Abs. 3 StVollzG NRW). Das trifft ebenso für Vorgaben zur Regulierung von Schulden zu (die VV zu Art. 9 BayStVollzG spricht insoweit von der "Vorbereitung einer Schuldenregulierung"; vgl. auch § 10 Abs. 1 Nr. 14 StVollzG NRW). Diesen Zwecken mit einem durch eigene Arbeit erlangten Entgelt nachkommen zu können, wird besonders geeignet sein, die Gefangenen in die Lage zu versetzen, den Sinn und Nutzen von Arbeit zu erfahren (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 43). Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Land Nordrhein-Westfalen sowie mehrere sachkundige Dritte im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Einschätzung abgegeben haben, das Erwirtschaften und Zahlen von Raten zur Schuldentilgung während des Vollzugs von Strafhaft könne – wenn überhaupt – nur in geringem Umfang ermöglicht werden. Ziel sei vor allem die Kompetenzvermittlung (auch) im Sinne der Vorbereitung auf einen geregelten Schuldenabbau, vornehmlich für die Zeit nach der Haftentlassung. Auch eine solche Vorbereitung und die kontinuierliche Tilgung kleinerer Beträge können dazu beitragen, dass Gefangene Arbeit zur Erlangung der benötigten Geldmittel als sinnvoll und mit einem greifbaren Vorteil verbunden erleben.
cc) Soweit die den Gefangenen gezahlte Vergütung dazu dienen soll, den eigenverantwortlichen Umgang mit Geld zu erlernen, was die Vertreter und Vertreterinnen der Vollzugspraxis in der mündlichen Verhandlung als wichtige Funktion benannt haben, kann auch eine Beteiligung der Strafgefangenen an den Kosten im Vollzug in angemessenem Umfang vorgesehen werden. Das gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass hierbei ihre wirtschaftlichen und finanziellen Interessen gewahrt werden. Ist dies der Fall, sind solche Kostenbeiträge mit dem verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebot vereinbar (vgl. BVerfGE 98, 169 [203]; BVerfGK 17, 415 [417]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2017 – 2 BvR 2221/16 –, Rn. 19 f. m.w.N.). Sie können damit begründet werden, dass die Verhältnisse im Strafvollzug so weit wie möglich den allgemeinen Lebensverhältnissen angeglichen werden sollen (vgl. BVerfGK 17, 415 [417 f.]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2017 – 2 BvR 2221/16 –, Rn. 20 m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund können die Gefangenen grundsätzlich auch an den Kosten für die Krankenbehandlung (Art. 63 Abs. 2 BayStVollzG i.V.m. VV Nr. 1 und 2 zu Art. 63 BayStVollzG, Art. 65 BayStVollzG; § 45 Abs. 3, § 48 StVollzG NRW) beziehungsweise für medizinische Leistungen (§ 45 Abs. 3, § 48 StVollzG NRW, vgl. auch LTDrucks NRW 16/5413, S. 123 f.), für Suchtmitteltests im Falle eines festgestellten Suchtmittelmissbrauchs (Art. 94 Abs. 2 BayStVollzG; § 65 Abs. 3 StVollzG NRW) sowie für Ausführungen aus wichtigem Anlass (Art. 37 Abs. 3 BayStVollzG) oder zur Erreichung des Vollzugsziels beteiligt werden (§ 53 Abs. 7 StVollzG NRW, vgl. auch LTDrucks NRW 16/5413, S. 130, wonach diese Kostentragung Bestandteil der Behandlungskonzeption sei, welche vorsehe, die Gefangenen anzuhalten, ihre verfügbaren finanziellen Mittel sinnvoll planend einzusetzen).
Ebenso können gesetzliche Bestimmungen über Beteiligungen der Gefangenen an Telefonkosten (Art. 35 Abs. 2 BayStVollzG, vgl. BVerfGK 17, 415 [417]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2017 – 2 BvR 2221/16 –, Rn. 19 ff. m.w.N.), an den Kosten für Schriftverkehr und Paketversand (Art. 31 Abs. 3 und Art. 36 Abs. 4 BayStVollzG; § 18 Abs. 3 StVollzG NRW), an Kosten der Verwertung oder Vernichtung eingebrachter Gegenstände (Art. 90 Abs. 3 BayStVollzG; § 15 Abs. 3 StVollzG NRW) und an den Miet-, Verplombungs- sowie Betriebs- und Stromkosten für von ihnen betriebene Geräte inklusive Rundfunkempfangsgeräten (Art. 71 Abs. 1 Satz 2, Art. 73 BayStVollzG; § 52 Abs. 4, § 51 Abs. 2, Abs. 3 StVollzG NRW), auch über die Erhebung einer Pauschale (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Mai 2018 – 2 BvR 635/17 –, Rn. 38 ff.), vorgesehen werden. Gleiches gilt für die Reinigung und Instandsetzung von Privatkleidung, sofern diese gestattet worden ist (Art. 22 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG).
Die Justizvollzugsbehörden sind allerdings aufgrund ihrer Fürsorgepflicht für die Gefangenen verpflichtet, deren wirtschaftliche Interessen zu berücksichtigen und ihre Kalkulation transparent und nachvollziehbar zu gestalten. Lässt die Anstalt Leistungen durch einen privaten Betreiber erbringen, auf den die Gefangenen ohne eine am Markt frei wählbare Alternative angewiesen sind, ist anerkannt, dass die Anstalt dementsprechend sicherstellen muss, dass der ausgewählte private Anbieter die Leistung zu marktgerechten Preisen anbietet (vgl. BVerfGK 17, 415 [418 f.]; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 8. November 2017 – 2 BvR 2221/16 –, Rn. 21).
dd) Der Gesetzgeber wäre auch nicht gehindert, die Gefangenenvergütung – wie etwa in Frankreich und Italien geschehen (s.o. Rn. 18 f., 20 ff.) – mit der Einbeziehung der Gefangenen in die gesetzliche Rentenversicherung zu verbinden (vgl. BVerfGE 98, 169 [208, 212]; BTDrucks 19/8234). Die Verfassung weist die Ausgestaltung der Sozialordnung (vgl. Art. 20 Abs. 1 GG) und die Entscheidung über die Gewährung bestimmter Vergünstigungen dem Gesetzgeber als sozialstaatliche Aufgabe zu. Es steht grundsätzlich in seiner Gestaltungsmacht, Art und Umfang der sozialen Sicherungssysteme und den Kreis der hierdurch berechtigten Personen nach sachgerechten Kriterien zu bestimmen. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, Gefangene in die Rentenversicherung oder andere soziale Sicherungssysteme einzubeziehen, besteht allerdings nicht (vgl. BVerfGE 98, 169 [204]; vgl. auch EGMR [GK], Stummer v. Austria, Urteil vom 7. Juli 2011, Nr. 37452/02, §§ 130 ff. unter Bezugnahme auf EKMR, Twenty-One Detained Persons v. Germany, Entscheidung vom 6. April 1968, Nr. 3134/67 u.a.; EGMR, Meier v. Switzerland, Urteil vom 9. Februar 2016, Nr. 10109/14, § 67).
h) Hat der Gesetzgeber ein Resozialisierungskonzept festgeschrieben und entschieden, welchen Zwecken die Gefangenenarbeit und deren Vergütung dienen sollen, müssen Ausgestaltung und Höhe der Vergütung – und insbesondere der monetären Vergütungskomponente – so bemessen sein, dass die in dem Konzept festgeschriebenen Zwecke unter den gegebenen Umständen auch tatsächlich erreicht werden können, dies mithin angesichts der geringen Entlohnung von Gefangenenarbeit nicht unrealistisch ist. Die Angemessenheit der Vergütungshöhe ist an den mit dem Resozialisierungskonzept insgesamt verfolgten Zwecken zu messen.
aa) Ein gesetzliches Konzept der Resozialisierung (auch) durch Gefangenenarbeit, die ausschließlich oder hauptsächlich finanziell entgolten wird, kann zur verfassungsrechtlich gebotenen Resozialisierung nur beitragen, wenn den Gefangenen durch die Höhe des ihnen zukommenden Entgelts in einem Mindestmaß bewusstgemacht werden kann, dass Erwerbsarbeit zur Herstellung der Lebensgrundlage sinnvoll ist (vgl. BVerfGE 98, 169 [202 f.]; vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 36). Ausgangspunkt hierfür ist die – unter Umständen gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozessen unterliegende – Bedeutung von Erwerbsarbeit in der Gesellschaft. Bei der Regelung dessen, was angemessen ist, kann und muss der Gesetzgeber zahlreiche objektive wie subjektive Kriterien heranziehen (vgl. BVerfGE 98, 169 [202 f.]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 36, 38).
(1) So kann der Zweck der konkret ausgeübten Beschäftigung als therapeutische Behandlung, als Erwerbsarbeit (insbesondere in den Eigen- und Unternehmerbetrieben) oder als in der Justizvollzugsanstalt notwendige, selbst ausgeführte Hausarbeit bei der Bestimmung der Entlohnung ebenso Berücksichtigung finden wie das Qualifikationsniveau der Arbeit (vgl. BVerfGE 98, 169 [203]). Mit der Höhe der Vergütung kann der Gesetzgeber auch Anreize für geeignete Gefangene schaffen, sich therapeutischen Maßnahmen zu unterziehen oder eine schulische oder berufliche Aus- oder Weiterbildung zu absolvieren.
(2) Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in den Justizvollzugsanstalten ist es ein legitimes Ziel, zu große Einkommensunterschiede der Gefangenen untereinander und deren negative Auswirkungen auf das Anstaltsleben – wie etwa das Entstehen von Subkulturen, Abhängigkeiten oder der Leih- und Tauschhandel von Gefangenen unter- einander – zu vermeiden (vgl. auch BVerfGE 98, 169 [212]).
(3) Die Bezahlung vergleichbarer Tätigkeiten auf dem freien Arbeitsmarkt, zum Beispiel nach dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns vom 11. August 2014, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 28. Juni 2022 (BGBl I S. 969), und der jeweils gültigen Verordnung zur Anpassung der Höhe des Mindestlohns, zuletzt vom 9. November 2020 (BGBl I S. 2356), kann ebenso in den Blick genommen und einbezogen werden wie die typischen Bedingungen des Strafvollzugs, insbesondere die in der Regel geringere Produktivität von Gefangenenarbeit (vgl. BVerfGE 98, 169 [202 f.]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 36).
(4) Auch die Kosten der Gefangenenarbeit für die Unternehmerbetriebe, die Konkurrenz durch andere Produktionsmöglichkeiten, etwa im Ausland, und die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt können berücksichtigt werden (vgl. BVerfGE 98, 169 [202 f.]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 36). Der Gesetzgeber darf zudem die Erhaltung und den Ausbau des Angebots an Arbeitsplätzen für die Gefangenenarbeit beziehungsweise die Verhinderung der Schließung von Anstaltsbetrieben anstreben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 42, 44 f.). Er kann ferner die nicht monetäre Vergütungskomponente, wie etwa die Gewährung von Freistellungstagen als Teil der verfassungsrechtlich gebotenen Anerkennung unter Berücksichtigung ihrer Art und Höhe einbeziehen.
(5) Sieht der Gesetzgeber ein System (hauptsächlich) finanzieller Vergütung für Gefangenenarbeit vor, so ist es ihm nicht verwehrt, auch einen Haftkostenbeitrag vorzusehen. Der Erhebung eines Haftkostenbeitrags (durch Abzüge für Unterbringung und Verpflegung) steht das Gebot, Arbeit angemessen zu vergüten, nicht grundsätzlich entgegen. Das Resozialisierungsgebot fordert aber in der für Strafgefangene typischen Situation einen Ausgleich zwischen dem staatlichen Interesse an einer Kostendeckung und den wirtschaftlichen Interessen und finanziellen Möglichkeiten der Gefangenen. Dies erfordert eine gesetzliche Regelung, nach der der Haftkostenbeitrag so bemessen wird, dass dem Gefangenen von der Vergütung jedenfalls ein angemessener Betrag verbleibt (vgl. BVerfGE 98, 169 [203]), der ihm einen greifbaren Vorteil im Vergleich zu nicht arbeitenden Gefangenen bringt. Entscheidet sich der Gesetzgeber, wie etwa in Art. 49 Abs. 1 S. 2 BayStVollzG und § 39 Abs. 2 StVollzG NRW, dafür, auf einen Haftkostenbeitrag im Fall der Entlohnung nach dem jeweiligen Strafvollzugsgesetz zu verzichten, kann dies ebenfalls in die Gesamtbetrachtung für die Ermittlung der angemessenen Vergütungshöhe einbezogen werden (vgl. BayVerfGHE 63, 133 [142], der die Nichterhebung des Haftkostenbeitrags als unmittelbaren Teil der Vergütung ansieht).
(6) Ebenso kann der (Teil-)Erlass von Verfahrenskosten, wie er in § 39 Abs. 5 Nr. 1 des Hessischen Strafvollzugsgesetzes (HStVollzG) vom 28. Juni 2010, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 12. November 2020 (GVBl S. 778), und in § 40 Abs. 8 Nr. 1 des Hamburgischen Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe (HmbStVollzG) vom 14. Juli 2009, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 7. März 2023 (HmbGVBl S. 94), geregelt ist, bei der Festlegung der Höhe der Vergütung in Rechnung gestellt werden.
(7) Die Ermöglichung von Unterhalts- und Wiedergutmachungszahlungen muss, wenn dies in dem jeweiligen Resozialisierungskonzept vorgesehen ist, bei der Festsetzung der Vergütungshöhe ebenfalls berücksichtigt werden. Gleiches gilt für die Tilgung von Schulden, sei es auch nur in geringem Umfang, wobei bereits bestehende Angebote zur Schuldnerberatung und Schuldentilgung, nicht zuletzt mit der Hilfe freier Träger, genutzt oder erweitert werden können.
(8) Auch die Wahrnehmung der Gesamtvergütung von Gefangenenarbeit und insbesondere der Bemessung der monetären Vergütungskomponente durch die Gefangenen selbst darf nicht unberücksichtigt bleiben. Der Gesetzgeber hat gesetzliche Rahmenbedingungen anzustreben, die dazu beitragen, dass das (geringe) Entgelt nicht als Teil der zu verbüßenden Strafe erlebt wird. So hat der Sprecher der Gefangenengewerkschaft/Bundesweite Organisation in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass bei vielen Gefangenen der Eindruck entstehe, ihre Arbeit werde weder gesamtgesellschaftlich gesehen noch in Bezug auf konkrete Arbeitsleistungen, insbesondere solche in Unternehmerbetrieben, genügend wertgeschätzt und lohne sich aufgrund der niedrigen Stundenlöhne und angesichts der oft hohen Schulden nicht. Ein solcher Eindruck birgt die Gefahr, dass Gefangene Erwerbstätigkeit zur Herstellung einer Lebensgrundlage nicht als sinnvoll erleben, was ihrer Bereitschaft, einer regelmäßigen Arbeit nachzugehen, und damit ihrer Resozialisierung entgegenstehen kann.
bb) Die Aufgabe, die erforderliche Abwägung der vielfältigen aufgeführten Belange vorzunehmen (vgl. BVerfGE 95, 1 [22]) und Zielkonflikte zu lösen (vgl. BVerfGE 150, 1 [88 Rn. 171]), fällt dem Gesetzgeber zu, wobei ihm ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum (vgl. Rn. 164) eingeräumt ist. Das Bundesverfassungsgericht kann dabei seine eigene Abwägung nicht an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen. Es ist nicht seine Aufgabe, darüber zu entscheiden, ob aus vollzugspolitischer Sicht eine Erhöhung des monetären Teils der Vergütung geboten oder wünschenswert ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 38), und die Höhe des Entgelts entsprechend festzusetzen.
Die (Gesamt-)Vergütung ist – ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um Pflichtarbeit oder um freiwillige Arbeit handelt (s.o. Rn. 170) – auch im Fall des Unterschreitens ihrer bisherigen Komponenten an den aufgezeigten Maßstäben des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots zu messen. So bedarf etwa die ersatzlose Streichung der Freistellungstage besonders gewichtiger Rechtfertigungsgründe. Die angemessene Anerkennung von Arbeit bleibt nach diesen Maßstäben unverzichtbar, weil der Einzelne dadurch Achtung und Selbstachtung erfährt (vgl. BVerfGE 100, 271 [284]; 103, 293 [307]; vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 35). Sie steht in engem Zusammenhang mit dem Menschenwürdekern des Resozialisierungsgebots.
i) Da der Gesetzgeber bei der Regelung des Resozialisierungskonzepts über einen weiten Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum verfügt (vgl. Rn. 164), nimmt das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Überprüfung des Konzepts (lediglich) im Rahmen einer Vertretbarkeitskontrolle vor (aa). Der Gesetzgeber muss den an eine gültige Prognose zu stellenden Anforderungen genügen und das Gesetz, wenn sich seine Prognose wegen veränderter Umstände als nicht mehr zutreffend erweist, gegebenenfalls nachbessern (bb). Weitergehende prozedurale Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren bestehen nicht (cc).
aa) Die verfassungsgerichtliche Kontrolle kann von einer bloßen Evidenzkontrolle über eine Vertretbarkeitskontrolle bis hin zu einer intensivierten inhaltlichen Kontrolle reichen (vgl. BVerfGE 50, 290 [332 f. m.w.N.]; 123, 186 [241]). Je höher sich die Komplexität einer Materie dabei ausnimmt, desto größer ist einerseits der gesetzgeberische Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum (vgl. BVerfGE 122, 1 [34]; BVerfGE 150, 1 [89 Rn. 173]). Andererseits bedarf es einer umso intensiveren inhaltlichen Kontrolle, je schwerer der in Frage stehende Grundrechtseingriff ist (vgl. für die lebenslange Freiheitsstrafe BVerfGE 45, 187 [238]; für ein Verbot äußerer religiöser Bekundungen BVerfGE 153, 1 [46 Rn. 101] – Kopftuch III).
Die Regelung eines Resozialisierungskonzepts erfordert komplexe Abwägungsentscheidungen, die mit einem weiten Gestaltungsspielraum für den Gesetzgeber verbunden sind. Bei der Ausgestaltung des Konzepts hat dieser – wie bereits ausgeführt (s.o. Rn. 193) – vielfältige Zielkonflikte zu lösen (vgl. auch BVerfGE 116, 69 [89]; 150, 1 [88 Rn. 171]). Es gibt, wie insbesondere durch die Ausführungen von (...), (...) und (...) in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden ist, unterschiedliche methodische und programmatische Herangehensweisen zur Umsetzung eines den neuesten Stand der Wissenschaft und Forschung berücksichtigenden Resozialisierungskonzepts und zur Erreichung der darin vorgesehenen Ziele. Dies spricht dafür, dass die Ausfüllung des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers vom Bundesverfassungsgericht nur in begrenztem Umfang überprüft werden kann (vgl. BVerfGE 77, 170 [215]; 88, 203 [262]; 90, 145 [173]; 150, 1 [89 Rn. 173]).
Auf der anderen Seite ist die große Bedeutung, die dem gesetzgeberischen Resozialisierungskonzept für die Verwirklichung der Grundrechte der Gefangenen zukommt, zu berücksichtigen. Ein solches Konzept, das die Durchführung des Strafvollzugs bestimmt, hat starken Einfluss auf die Chance der einzelnen Gefangenen, sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren und künftig ein straffreies Leben zu führen. Um beiden genannten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, ist das Bundesverfassungsgericht bei der Überprüfung des vom Gesetzgeber festgeschriebenen Resozialisierungskonzepts auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt.
bb) Der Gesetzgeber darf Konzepte erproben, muss ein Gesetz aber bei Fehlprognosen (vgl. BVerfGE 57, 139 [162]; 89, 365 [378 ff.]; 113, 167 [234]; 150, 1 [90 Rn. 176]) oder dann nachbessern, wenn die Änderung einer zunächst verfassungskonform getroffenen Regelung erforderlich ist, um diese unter veränderten tatsächlichen Bedingungen oder angesichts einer veränderten Erkenntnislage mit der Verfassung im Einklang zu halten. Eine zunächst verfassungskonforme Regelung kann unter veränderten Umständen verfassungswidrig werden, sofern der Gesetzgeber dem nicht durch Nachbesserung entgegenwirkt (vgl. BVerfGE 116, 69 [91]; 132, 334 [358 Rn. 67 m.w.N.]; 143, 216 [245 Rn. 71]; 150, 1 [90 Rn. 176]).
Die Verpflichtung, der gesetzlichen Ausgestaltung des Vollzugs möglichst realitätsgerechte Annahmen und Prognosen zugrunde zu legen, wirkt auch in die Zukunft. Der Gesetzgeber muss daher sich selbst und den mit der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen befassten Behörden die Möglichkeit sichern, aus Erfahrungen mit der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung des Vollzugs und der Art und Weise, in der die gesetzlichen Vorgaben angewendet beziehungsweise umgesetzt werden, und dem Vergleich mit entsprechenden Erfahrungen außerhalb des eigenen Kompetenzbereichs, etwa in anderen Ländern oder im Ausland (s.o. Rn 15 bis 22), zu lernen. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Erhebung aussagefähiger, auf Vergleichbarkeit angelegter Daten geboten, die bis auf die Ebene der einzelnen Anstalten eine Feststellung und Bewertung der Erfolge und Misserfolge des Vollzugs – insbesondere der Rückfallhäufigkeit – sowie die gezielte Erforschung der hierfür verantwortlichen Faktoren einschließlich des Einflusses der Gefangenenarbeit und ihrer Entlohnung ermöglichen. Solche Daten dienen wissenschaftlicher und politischer Erkenntnisgewinnung sowie einer öffentlichen Diskussion, die die Suche nach den besten Lösungen anspornt und demokratische Verantwortung geltend zu machen erlaubt (vgl. BVerfGE 116, 69 [91]).
Der Gesetzgeber war bereits in der Vergangenheit und bleibt auch weiterhin aufgefordert, die Bezugsgröße des monetären Teils der Vergütung sowie den Umfang des nicht monetären Vergütungsteils, etwa in Form von durch regelmäßige Arbeit zu erzielenden Freistellungstagen, einer ständigen Prüfung zu unterziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 42, 49). Auch nachdem der Gesetzgeber Regelungen getroffen hat, denen sich nachvollziehbar ein in sich stimmiges Resozialisierungskonzept entnehmen lässt, welches den genannten Anforderungen entspricht, muss er vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots einerseits und des sich ständig verändernden gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfelds sowie des Fortschritts in der Strafvollzugsforschung andererseits sicherstellen, dass die von ihm mit dem gewählten Konzept verfolgten Ziele auch weiterhin erreichbar sind.
Angesichts des hohen Gewichts der grundrechtlichen Belange, die im Strafvollzug berührt werden, ist der Gesetzgeber zur Beobachtung der Auswirkungen seiner Maßnahmen und gegebenenfalls zur Nachbesserung verpflichtet (vgl. zum Jugendstrafvollzug BVerfGE 116, 69 [91]). Im Zuge der Umsetzung nachträglich erkennbar gewordene Zweifel an der Eignung des Resozialisierungskonzepts können für die Zukunft etwa Vorkehrungen in Gestalt einer wissenschaftlichen Begleitung oder von Evaluationen des Gesetzesvollzugs erforderlich machen (vgl. BVerfGE 116, 69 [91]; 150, 1 [90 Rn. 176]). Der Gesetzgeber muss sein Gesamtkonzept auf dessen Tragfähigkeit und die Zielerreichung in regelmäßigen Abständen überprüfen und das Ergebnis dieser Prüfung nachvollziehbar darlegen. Hierzu gehören auch Ausführungen zu Ziel und Bemessung der Vergütung für Gefangenenarbeit.
cc) Besondere prozedurale Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren mit entsprechenden Begründungslasten des Gesetzgebers bestehen im vorliegenden Zusammenhang dagegen nicht. Soweit die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Beispiel bei Besoldungsfragen (vgl. BVerfGE 130, 263 [300 ff.]; 139, 64 [126 f. Rn. 129 f.]; 140, 240 [296 Rn. 112 f.]; 145, 1 [13 Rn. 28 f.]; 145, 304 [326 Rn. 68]; 149, 382 [395 f. Rn. 21]; 155, 1 [48 Rn. 97]) oder bei der Parteienfinanzierung (vgl. BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 – 2 BvF 2/18 –, Rn. 129 f. – Parteienfinanzierung – Absolute Obergrenze) besondere Anforderungen an die Begründungslast im Gesetzgebungsverfahren gestellt hat, betraf dies typischerweise die gesetzliche Ausgestaltung in der Verfassung selbst angelegter (Leistungs-)Rechte, die ohne entsprechende Anforderungen an die Ermittlung und Begründung der Regelungsgrundlagen leerzulaufen drohen (vgl. BVerfGE 150, 1 [90 f. Rn. 178 m.w.N.]; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 24. Januar 2023 – 2 BvF 2/18 –, Rn. 131). Das ist bei der Bestimmung der Vergütung von Gefangenenarbeit nicht der Fall.
2. Die gesetzlich festgeschriebenen Resozialisierungskonzepte des Freistaats Bayern (a) und des Landes Nordrhein-Westfalen (b) werden diesen Maßstäben nicht gerecht. Sie verstoßen gegen das Resozialisierungsgebot und verletzen die Beschwerdeführer zu I. und zu II. in ihrem Recht auf Resozialisierung (c).
a) Bayern:
Das Konzept zur Umsetzung des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots, wie es derzeit im Bayerischen Strafvollzugsgesetz und in Bezug auf Arbeit und deren Vergütung insbesondere in Art. 46 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 6 Satz 1 BayStVollzG Ausdruck gefunden hat, ist in sich nicht schlüssig und widerspruchsfrei. Aus dem gesetzgeberischen Konzept kann nicht nachvollziehbar entnommen werden, welche Bedeutung dem Faktor Arbeit zukommen soll, welche Ziele mit dieser Behandlungsmaßnahme erreicht werden sollen und welchen Zwecken die vorgesehene Vergütung für die geleistete Arbeit dienen soll (aa). Wesentliches ist nicht gesetzlich geregelt (bb) und eine kontinuierliche, wissenschaftlich begleitete Evaluation der Resozialisierungswirkung von Arbeit und deren Vergütung findet nicht statt (cc).
aa) Der Freistaat Bayern verfügt nicht über ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes, in sich schlüssiges Resozialisierungskonzept. In Art. 2 bis 6 BayStVollzG sind mehrere Vollzugsziele und in Art. 3 Satz 3 BayStVollzG eine Reihe von Behandlungsmaßnahmen aufgeführt, die nebeneinanderstehen, ohne erkennbar aufeinander abgestimmt zu sein. Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung und Weiterbildung sind in einem eigenen Abschnitt (Fünfter Abschnitt des zweiten Teils des BayStVollzG) geregelt und stellen im Rahmen des Regelungsgeflechts der Art. 3 Abs. 3, Art. 39, 43 BayStVollzG offenbar wichtige, wenn nicht sogar die wichtigsten Behandlungsmaßnahmen dar. Die Regelungen zur Arbeitspflicht (Art. 43 BayStVollzG) und zu Art und Höhe der Vergütung (Art. 46 BayStVollzG) sind, soweit ersichtlich, im Wesentlichen ohne neue Erwägungen, Überprüfungen oder Anpassungen aus den vorher geltenden bundesgesetzlichen Regelungen übernommen worden (vgl. LTDrucks BAY 15/8101, S. 59 f.). Allerdings hat die Justizvollzugsanstalt, wenn sie für den Gefangenen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abführt, von dessen Arbeitsentgelt nun einen Beitrag einzubehalten, der seinem Anteil entspräche, wenn er Arbeitnehmer wäre (vgl. Art. 206 BayStVollzG). Anders als bei § 195 StVollzG, der der Vollzugsbehörde Ermessen einräumt, handelt es sich hier um eine gebundene Entscheidung.
Ferner sind einige gesetzlich festgelegte Zwecke hinzugekommen, für die der – unverändert in der Höhe von 9 % der Bezugsgröße zu bemessende – Lohn verwendet werden soll. Schon der bei Inkrafttreten des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes zum 1. Januar 2008 geltende Art. 78 Abs. 2 Satz 2 BayStVollzG a.F. sah vor, dass die Gefangenen anzuhalten seien, den durch die Straftat verursachten Schaden zu regeln. Nach der Gesetzesbegründung hebt der Absatz 2 im Interesse des Opferschutzes besonders hervor, dass dadurch die Einsicht der Gefangenen in die Verantwortung für ihre Tat geweckt werden solle und sie dazu anzuhalten seien, den durch die Straftat verursachten Schaden zu regeln; in geeigneten Fällen sei die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs anzustreben. Die Bestimmung konkretisiere den in Art. 75 BayStVollzG verankerten Grundsatz der Hilfe zur Selbsthilfe, wobei die Anstalt zur Schadenswiedergutmachung und in geeigneten Fällen zum Täter-Opfer-Ausgleich im weiteren Sinn aktiv an die Gefangenen herantreten und sie zur Mitarbeit motivieren solle. Ein Täter-Opfer-Ausgleich könne in einer materiellen Schadensregulierung liegen oder sich auf eine immaterielle Aussöhnung mit dem Opfer beziehen. Die Schadensregulierung gegenüber dem Opfer oder gegenüber anderen Gläubigern diene der Wiedereingliederung der Gefangenen. Die Behandlungsmaßnahmen während des Vollzugs verfehlten ihre Wirkung, wenn Gläubiger Strafentlassene bis zur Pfändungsgrenze in Anspruch nähmen (vgl. LTDrucks BAY 15/8101, S. 66).
Mit der Einführung des Art. 5a BayStVollzG mit Änderungsgesetz vom 26. Juni 2018 (GVBl S. 446) sollte ausweislich der Gesetzesbegründung der Opferschutz noch deutlicher hervorgehoben und die bisherige Regelung des Art. 78 Abs. 2 BayStVollzG im Wesentlichen übernommen werden. Die Verankerung im Bereich der Vollzugsgrundsätze solle zum Ausdruck bringen, dass eine opferbezogene Vollzugsgestaltung "in allen Bereichen, von der Erstellung des Vollzugsplans über die Verbescheidung von Auskunftsersuchen oder die Entscheidung über Besuchsverbote beziehungsweise die Zulassung von Telefongesprächen bis hin zur Entlassungsvorbereitung (z.B. durch entsprechende Auflagen bei Lockerungsentscheidungen nach Art. 13 bis 15 BayStVollzG oder Vorschläge der Anstalten für bestimmte Weisungen im Rahmen der Bewährungs- oder Führungsaufsicht)" erfolgen solle (vgl. LTDrucks BAY 17/21101, S. 34). Ausführungen zur Auswirkung dieses Ziels des Opferschutzes auf die Gefangenenvergütung sind der Gesetzesbegründung dagegen nicht zu entnehmen. Außerdem sind die Gefangenen seit dem Inkrafttreten des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes nach Art. 78 Abs. 1 BayStVollzG in dem Bemühen zu unterstützen, ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen und für Unterhaltsberechtigte zu sorgen.
Angesichts der geringen monetären Vergütung, die bereits im Rahmen des Kammerbeschlusses aus dem Jahr 2002 (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 46, 49) nur aufgrund der gleichwertigen zusätzlichen Gewährung ausreichender nicht monetärer Leistungen für noch verfassungsgemäß erklärt wurde, erscheint es widersprüchlich und im Regelfall realitätsfern, dass Gefangene gleichwohl im Rahmen des immer weiter ins Zentrum des Resozialisierungskonzepts gerückten Opferschutzes dazu angehalten werden sollen, den durch die Straftat verursachten Schaden wiedergutzumachen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll dies jedenfalls auch die materielle Schadensregulierung umfassen. Darüber hinaus sollen die Gefangenen zugleich noch für Unterhaltsberechtigte sorgen. Zusätzlich ist gesetzlich geregelt, dass sie – in stärkerem Umfang, als dies noch vor der Föderalismusreform I im Strafvollzugsgesetz vorgesehen war – an den Kosten für den Betrieb elektronischer Geräte, für Gesundheitsleistungen oder für Suchtmitteltests beteiligt werden beziehungsweise beteiligt werden können (vgl. LTDrucks BAY 15/8101, S. 50; in diesem Sinne auch bereits Hanseatisches OLG, Beschluss vom 4. Februar 2011 – 3 Vollz (Ws) 3/11 –, juris, Rn. 27). Insofern erschließt sich nicht, wie diese Anforderungen von den Gefangenen erfüllt werden sollen, ohne dass ihnen mehr Lohn für die von ihnen geleistete Arbeit zur Verfügung stünde. Die im Wesentlichen unverbunden nebeneinander stehenden Regelungen des bayerischen Landesrechts zur Rolle der Gefangenenarbeit im Strafvollzug erfüllen die Voraussetzungen eines schlüssigen, realitätsgerechten Resozialisierungskonzepts nicht.
bb) Für die Verwirklichung des Grundrechts der Gefangenen auf Resozialisierung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG Wesentliches hat der bayerische Gesetzgeber nicht selbst geregelt. Dies betrifft die Vorgaben an den Inhalt der Vollzugspläne (1) und die Regelung zur Kostenbeteiligung der Gefangenen an Gesundheitsleistungen (2).
(1) Regelungen darüber, welche Inhalte die Vollzugspläne der einzelnen Gefangenen aufzuweisen haben, wie dies etwa in § 7 StVollzG oder in § 10 StVollzG NRW vorgesehen ist, trifft das Bayerische Strafvollzugsgesetz nicht. Ausführungen dazu, was die Pläne beinhalten sollen, finden sich lediglich in den Verwaltungsvorschriften zu Art. 9 BayStVollzG. Da es sich bei den Angaben im Vollzugsplan, die sich insbesondere auf die für den jeweiligen Gefangenen erforderlichen Behandlungsmaßnahmen beziehen, um für die Resozialisierung bedeutsame Gesichtspunkte für die Durchführung des Strafvollzugs handelt, darf der Landesgesetzgeber deren Regelung nicht der Verwaltung überlassen. Gleiches gilt für das Verfahren zur Aufstellung und Fortschreibung der Vollzugspläne.
(2) Näheres zur Kostenbeteiligung der Gefangenen an Gesundheitsleistungen im Sinne des Art. 63 BayStVollzG, der nach dem Willen des Gesetzgebers als Ausdruck des Angleichungsgrundsatzes in das Gesetz aufgenommen wurde (vgl. LTDrucks BAY 15/8101, S. 64), ist ebenfalls nur in den Verwaltungsvorschriften zu dieser Norm geregelt (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz über die Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Strafvollzugsgesetz [VVBayStVollzG] vom 1. Juli 2008 [JMBl S. 89], zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 9. November 2022 [BayMBl Nr. 691]).
Hiernach überlässt der bayerische Gesetzgeber der Verwaltung Regelungen, die für die Ausfüllung, Verwirklichung und Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots und des entsprechenden Grundrechts der Gefangenen wesentlich sind. Solche Regelungen, die das Resozialisierungskonzept des Landesgesetzgebers ausgestalten sowie für die monetäre Vergütung der Gefangenenarbeit und deren Verwendung von erheblicher Bedeutung und damit grundrechtsrelevant sind, muss der Gesetzgeber im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens, das auch der (Fach-)Öffentlichkeit Gelegenheit bieten soll, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten (vgl. BVerfGE 116, 69 [91]; 139, 19 [46 Rn. 53]; 150, 1 [96 f. Rn. 192]; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 22. Februar 2023 – 2 BvE 3/19 –, Rn. 182), selbst treffen. Die Einzelheiten können dann in einer Rechtsverordnung oder in Verwaltungsvorschriften ausformuliert werden.
cc) Obwohl der Gesetzgeber bereits aufgefordert war, insbesondere die Höhe der Bezugsgröße für den monetären Teil der Vergütung für Gefangenenarbeit nicht festzuschreiben, sondern einer steten Prüfung zu unterziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 42) und auch den Umfang der nicht monetären Vergütungsteile ständig zu überprüfen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 49), fand – soweit ersichtlich – im Zuge des Erlasses des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes keine Evaluation beziehungsweise wissenschaftliche Begleitung hinsichtlich der Wirkungen von Arbeit und Ausbildung als Behandlungsmaßnahmen und ihrer Vergütung statt. Die mündliche Verhandlung hat ergeben, dass auch weiterhin eine regelmäßige, wissenschaftlich begleitete Evaluation fehlt.
Zwar ist nach Art. 189 BayStVollzG ein kriminologischer Dienst eingerichtet worden, dessen Aufgabe darin besteht, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Vollzug, insbesondere die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen. Mit den hier relevanten Fragen hat er sich jedoch bislang im Schwerpunkt nicht beschäftigt. Dies wird unter anderem damit begründet, dass – nach den Angaben des Vertreters des Kriminologischen Dienstes des bayerischen Justizvollzugs – aufgrund der Vielzahl parallel angewandter Behandlungsmaßnahmen eine genaue Kausalitätsforschung in Bezug auf einzelne Maßnahmen nur schwer zu betreiben sei. Arbeit sei stets als selbstverständliche und wirksame Maßnahme angesehen worden; sie sei traditionsbedingt schon immer Teil des Strafvollzugs gewesen. Auch eine Vergabe entsprechender Forschungsaufträge an die freie Wissenschaft, wie sie die Gesetzesbegründung für die Arbeit des Kriminologischen Dienstes explizit vorsieht (vgl. LTDrucks BAY 15/8101, S. 91), ist, soweit ersichtlich, zumindest in diesem Bereich nicht erfolgt.
Dies wird der Komplexität der Materie und der Gestaltungsbedürftigkeit des an den Gesetzgeber gerichteten Resozialisierungsgebots in Bezug auf die grundrechtsrelevante Frage der Bedeutung von Arbeit und ihrer Vergütung als Behandlungsmaßnahme nicht gerecht. Hat der Gesetzgeber ein Resozialisierungskonzept geregelt, verpflichtet ihn das Resozialisierungsgebot, die vielfältigen tatsächlichen Bedingungen und veränderte wissenschaftliche Erkenntnisse zur Kenntnis zu nehmen und die Vorschriften zur Umsetzung seines Konzepts gegebenenfalls nachzubessern, um sie mit der Verfassung im Einklang zu halten. Das erfordert eine realitätsgerechte Bewertung der beabsichtigten Resozialisierungsziele mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen. Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf die für Gefangenenarbeit festgesetzte Vergütung in ihren monetären und nicht monetären Teilen. Das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot verlangt hinsichtlich der Gefangenenarbeit und ihrer Vergütung zumindest eine wissenschaftlich begleitete Evaluation der einzubeziehenden Faktoren – unabhängig und gegebenenfalls parallel zu einer Erforschung und Bewertung der tatsächlichen Wirksamkeit dieser Behandlungsmaßnahme.
b) Nordrhein-Westfalen:
Das Konzept zur Umsetzung und Erreichung des verfassungsrechtlichen Resozialisierungsgebots des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen, so wie es insbesondere in Bezug auf Arbeit und deren Vergütung in § 32 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 1 StVollzG NRW normiert wurde, ist ebenfalls nicht in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Dem gesetzgeberischen Konzept kann auch hier nicht nachvollziehbar entnommen werden, welche Bedeutung dem Faktor Arbeit – im Vergleich zu anderen Behandlungsmaßnahmen – zukommen soll, welche Ziele mit dieser Behandlungsmaßnahme erreicht werden sollen und welchen Zwecken die vorgesehene Vergütung für die geleistete Arbeit dienen soll (aa). Wesentliches ist nicht gesetzlich geregelt (bb), und eine regelmäßige, wissenschaftlich begleitete Evaluation dieser Maßnahme findet ebenfalls nicht statt (cc).
aa) Auch Nordrhein-Westfalen verfügt nicht über ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen, insbesondere dem Resozialisierungsgebot in Bezug auf Arbeit und ihre Vergütung genügendes, in sich schlüssiges Resozialisierungskonzept. In den §§ 1 bis 7 StVollzG NRW sind zahlreiche Vollzugsziele und in § 3 Abs. 2 und Abs. 3 StVollzG NRW eine Reihe von Behandlungsmaßnahmen aufgeführt, die nicht erkennbar aufeinander abgestimmt wurden. Das Land hält an der Beschäftigungspflicht gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 StVollzG NRW fest (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 110; LTDrucks NRW 17/15234, S. 130) und sieht Arbeit, arbeitstherapeutische Maßnahmen, schulische und berufliche Bildung sowie sonstige Tätigkeiten (Beschäftigung) nach der Regelung in § 29 Abs. 1 Satz 1 StVollzG NRW als herausgehobene Behandlungsmaßnahmen an. Gleichzeitig betonen die jüngsten Evaluations- und Reformbestrebungen, wie die Vertreterinnen des Kriminologischen Dienstes und des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, die Sicherheit im Justizvollzug, die Stärkung einer familiengerechten Vollzugsgestaltung sowie der individuellen Maßnahmenbehandlung und bezwecken die Vereinheitlichung der Regelungen zur Beschäftigung der Gefangenen (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 79 f.; LTDrucks NRW 17/15234, S. 1 f.).
Die Regelungen zur Beschäftigungspflicht nach § 29 Abs. 1 und Abs. 3 StVollzG NRW sowie zur Art und Höhe der Vergütung nach den §§ 32 und 34 StVollzG NRW sind ohne wesentliche neue Erwägungen aus dem vorher geltenden Strafvollzugsgesetz des Bundes übernommen worden (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 110, 114). Allerdings ist in Bezug auf die nicht monetäre Komponente eine Änderung zugunsten der Gefangenen vorgenommen worden. In § 34 Abs. 1 Satz 1 StVollzG NRW ist die Anzahl der durch Arbeit zu erzielenden Freistellungstage im Hinblick auf die im Kammerbeschluss aus dem Jahr 2002 geforderte Überprüfung (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 49) von einem Tag für zwei Monate zusammenhängender Arbeit auf zwei Tage für drei Monate zusammenhängender Arbeit und damit um insgesamt zwei Tage pro Jahr erhöht worden (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 116). Demgegenüber sieht § 32 Abs. 5 Satz 1 StVollzG NRW – anders als § 195 StVollzG, bei dem es sich um eine "Kann-Regelung" handelt – vor, dass, soweit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung an die Bundesagentur für Arbeit zu entrichten sind, ein Betrag der Vergütung einbehalten werdensoll, der dem Anteil eines Arbeitnehmers entspricht. Zwar handelt es sich nicht um eine Pflicht zur Einbehaltung eines Teils der Vergütung. Als Sollvorschrift kommt die Norm aber im Regelfall zum Tragen und schmälert die monetäre Vergütung entsprechend.
Soweit mehrere sachkundige Dritte im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben haben, Arbeit sei eine selbstverständliche Maßnahme im Strafvollzug, die weniger durch die Aussicht auf ein Entgelt als vielmehr durch persönliche Erfahrungen, wie etwa das Erlebnis, an einem Arbeitstag gute Arbeit geleistet und mit Bezugspersonen entsprechend interagiert zu haben, geprägt sei, spricht zwar viel dafür, dass ein positives Arbeitsverhalten die Persönlichkeitsentwicklung und die Vollzugsgestaltung insgesamt bis hin zur Entlassungsprognose des Gefangenen günstig beeinflussen kann. Hierbei handelt es sich aber nicht um Vergünstigungen, die in einem direkten Bezug zu der konkreten Arbeitsleistung eines Gefangenen stehen und als deren Anerkennung im Sinne einer angemessenen Gegenleistung für die geleistete Arbeit bewertet werden können (vgl. BVerfGE 98, 169 [213]).
Die Gefangenen sollen zugleich dabei unterstützt werden, für ihre Unterhaltsberechtigten zu sorgen (§ 4 Abs. 3 StVollzG NRW) und den durch ihre Tat verursachten – materiellen und immateriellen – Schaden auszugleichen (§ 7 Abs. 2 Satz 3 StVollzG NRW). Ausweislich der Gesetzesbegründung soll sich eine derartige Wiedergutmachung auch auf Entschädigungsleistungen in Geld erstrecken, "die die Gefangenen als Zeichen der Übernahme sozialer Verantwortung aus den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln leisten können und auch sollen. Die Regelung verpflichtet die Anstalt, Gefangene beim Ausgleich des begangenen Unrechts zu unterstützen und auf einen Ausgleich der Folgen der Straftat hinzuwirken" (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 87). Die Maßnahmen seien "integrativer Bestandteil der Behandlung, um Einsicht in die Tat, Verantwortungsübernahme und Schadenswiedergutmachung als wesentliche Grundvoraussetzungen für eine spätere soziale Integration der Gefangenen zu fördern" (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 87).
Wie bereits zum Resozialisierungskonzept des Freistaats Bayern ausgeführt, ist es auch mit Blick auf den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Gesamteindruck zum finanziellen Handlungsspielraum der Gefangenen angesichts des in der Haft erreichbaren Entgelts für ihre Arbeit widersprüchlich und realitätsfern, dass diese einen so formulierten – für sich genommen wünschenswerten – Behandlungserfolg erzielen und entsprechenden Verpflichtungen nachkommen können.
Zusätzlich ist auch im Strafvollzugsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen, wie aufgezeigt (s.o. Rn. 180), festgelegt worden, dass die Gefangenen – in stärkerem Umfang, als dies noch vor der Föderalismusreform I im Strafvollzugsgesetz vorgesehen war – an den Kosten für den Betrieb elektronischer Geräte, für Gesundheitsleistungen oder für Suchtmitteltests beteiligt werden beziehungsweise beteiligt werden können. Erläuterungen dazu, wie die genannten Vollzugsziele angesichts der niedrigen Vergütung für Gefangenenarbeit und der vermehrten Beteiligung der Gefangenen an den Kosten des Vollzugs erreicht werden können, sind der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen (vgl. LTDrucks NRW 17/15234, S. 133). Insofern ist es – ebenso wie beim Strafvollzugsgesetz des Freistaats Bayern – nicht nachvollziehbar, wie diese unterschiedlichen finanziellen Leistungen von den Gefangenen tatsächlich erbracht werden sollen. Dies macht deutlich, dass auch der Gesetzgeber des Landes Nordrhein-Westfalen kein in sich schlüssiges, realitätsgerechtes Resozialisierungskonzept festgeschrieben hat.
bb) Für die Verwirklichung des Grundrechts der Gefangenen auf Resozialisierung nach Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG Wesentliches hat auch der nordrhein-westfälische Gesetzgeber nicht geregelt. Dies betrifft allerdings nur die Regelung zur Kostenbeteiligung der Gefangenen an Gesundheitsleistungen.
§ 45 Abs. 3 StVollzG NRW regelt ausdrücklich, dass Gefangene angemessen an den Kosten für medizinische Leistungen beteiligt werden können. Dies soll nach der Gesetzesbegründung sicherstellen, dass etwaige sozialgesetzlich geregelte Zuzahlungspflichten gesetzlich Versicherter die Gefangenen grundsätzlich in gleicher Weise treffen, wenngleich die Umstände der Inhaftierung und die "damit zumeist einhergehende beschränkte finanzielle Leistungsfähigkeit" berücksichtigt werden sollen (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 123 f.). Hierin mag auch eine Erklärung dafür liegen, dass nach den Angaben des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zuletzt nur in sehr wenigen Einzelfällen überhaupt Gebrauch von der entsprechenden Möglichkeit zur Kostenbeteiligung gemacht wurde. Gleiches gilt für die angegebene niedrige Zahl der Inanspruchnahme von Kosten für Suchtmitteltests nach § 65 Abs. 3 StVollzG NRW. Bei Erlass des Gesetzes war der Gesetzgeber allerdings von Einsparungen aufgrund der Beteiligung der Gefangenen an den Kosten für medizinische Leistungen, für die Krankenbehandlung während vollzugsöffnender Maßnahmen, für medizinische Behandlungen zur sozialen Eingliederung nach § 48 StVollzG NRW sowie für Maßnahmen zur Feststellung von Suchtmittelkonsum ausgegangen (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 4). Näheres zu den Kriterien und Voraussetzungen, wann und in welchem Umfang Gefangene an den Kosten für medizinische Leistungen im Sinne des § 45 Abs. 3 StVollzG NRW zu beteiligen sind, hat er aber nicht geregelt.
Regelungen, wie die Beteiligung der Gefangenen an medizinischen Leistungen, die das Resozialisierungskonzept des Landesgesetzgebers ausgestalten, für die Verwendung der Vergütung bedeutsam und damit für die Gefangenen grundrechtsrelevant sind, muss dieser, wie bereits ausgeführt (s.o. Rn. 158), in einem dem Grundsatz der parlamentarischen Öffentlichkeit genügenden Verfahren (vgl. BVerfGE 116, 69 [91]; 139, 19 [46 Rn. 53]; 150, 1 [96 f. Rn. 192]; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 22. Februar 2023 – 2 BvE 3/19 –, Rn. 182) selbst vornehmen.
cc) Nach § 123 Abs. 2 StVollzG NRW a.F., der Erstfassung des Strafvollzugsgesetzes Nordrhein-Westfalen, war die Landesregierung verpflichtet, dem Landtag bis zum 31. Dezember 2019 und danach alle fünf Jahre über die mit dem Gesetz gemachten Erfahrungen zu berichten. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung hat der nach § 110 StVollzG NRW für die wissenschaftliche Begleitung insbesondere der Behandlungsmethoden des Vollzugs eingerichtete Kriminologische Dienst das Projekt "Evaluation im Strafvollzug (EVALiS)" ins Werk gesetzt (vgl. Kriminologischer Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen, Evaluation im Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen, Ergebnisbericht zum Stand 31. August 2019, S. 5 f.). Zudem ist es ausweislich der Gesetzesbegründung die Aufgabe des Kriminologischen Dienstes, "die rasche Entwicklung des Vollzuges und seiner Schwerpunkte auch unter Berücksichtigung technischer Neuerungen in einem angemessenen Zeitrahmen" zu berücksichtigen sowie "die dauernde Fortentwicklung eines modernen, dem normierten Vollzugsziel gerecht werdenden Vollzuges" zu ermöglichen. Ihm obliegt es, "die Behandlungsmethoden auch unter Beachtung einer Kosten-Nutzen-Relation zu analysieren, auszuwerten und wissenschaftlich zu begleiten". Diese Aufgaben soll der Kriminologische Dienst "über den Weg einer Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Forschung, also etwa Universitäten oder sonstigen Instituten spezifischer Ausrichtung, erfüllen" (vgl. LTDrucks NRW 16/5413, S. 180 f.).
Nach den Angaben der Vertreterin des Landes Nordrhein-Westfalen in der mündlichen Verhandlung werden im Rahmen des Projekts EVALiS circa 400 Maßnahmen untersucht; die Studie brauche aber Zeit. Es würden unterschiedliche Konzepte zur Umsetzung verschiedener Vollzugsziele und zur Lösung von Vollzugsproblemen erarbeitet. Das Parlament sei über den Fortgang in der Vergangenheit in Berichten informiert worden und werde auch weiterhin auf dem Laufenden gehalten.
Die vom Land Nordrhein-Westfalen unternommenen Evaluierungsmaßnahmen im Rahmen des Projekts EVALiS und die Einsetzung eines Kriminologischen Dienstes, der Maßnahmen im Vollzug insbesondere in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen kontinuierlich wissenschaftlich begleitet und evaluiert (vgl. LTDrucks NRW 17/15234, S. 123 f.), sind grundsätzlich geeignet, der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Erfassung eines etwaigen Anpassungsbedarfs des gewählten Resozialisierungskonzepts an veränderte tatsächliche Bedingungen oder eine neue wissenschaftliche Erkenntnislage gerecht zu werden und das gesetzgeberische Konzept mit der Verfassung im Einklang zu halten.
Im Rahmen der Evaluierungs- und Beobachtungsmaßnahmen ist aber, wie auch die Vertreterin des Landes Nordrhein-Westfalen eingeräumt hat, bisher keine nähergehende Untersuchung oder Begleitung der Auswirkungen von Arbeit im Vollzug und deren Vergütung vorgenommen worden. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlich wie tatsächlich besondere Bedeutung von Arbeit und deren angemessener Vergütung im Vollzug sowie angesichts der bereits vor dem Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Strafvollzugsgesetzes formulierten Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts, die Bezugsgröße des monetären und den Umfang des nicht monetären Teils der Vergütung einer ständigen Prüfung zu unterziehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 –, Rn. 42, 49), wird dies den Anforderungen des Resozialisierungsgebots nicht gerecht.
c) Sowohl der bayerische als auch der nordrhein-westfälische Gesetzgeber haben bei der Ausgestaltung ihres Resozialisierungskonzepts in Bezug auf die Gefangenenarbeit und deren Vergütung das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot und den darauf bezogenen grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt nicht hinreichend beachtet. Dadurch sind der Beschwerdeführer zu I. und der Beschwerdeführer zu II. jeweils in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.
 
C. – I.
1. Die in das jeweilige Resozialisierungskonzept eingebetteten Art. 46 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 6 BayStVollzG beziehungsweise § 32 Abs. 1 und Abs. 4, § 34 Abs. 1 StVollzG NRW sind unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Die Vorschriften bleiben bis zu einer gesetzlichen Neuregelung, längstens bis zum 30. Juni 2025, weiter anwendbar.
a) Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz bestimmt als Rechtsfolge der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nicht ausnahmslos dessen Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 1 BVerfGG); es lässt auch die Erklärung der bloßen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu (§ 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG). Die Erklärung der Unvereinbarkeit, verbunden mit der Anordnung befristeter Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt in Betracht, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls oder grundrechtlich geschützter Belange des Betroffenen selbst oder Dritter die Grundlage entziehen würde und eine Abwägung mit den betroffenen Grundrechten ergibt, dass der Eingriff für eine Übergangszeit hinzunehmen ist (vgl. BVerfGE 85, 386 [400 f.]; 141, 220 [351 Rn. 355]; 149, 293 [341 f. Rn. 119]; BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 16. Februar 2023 – 1 BvR 1547/19, 1 BvR 2634/20 –, Rn. 174 – Automatisierte Datenanalyse). Eine Unvereinbarkeitserklärung kommt zudem dann in Betracht, wenn der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten hat, den Verfassungsverstoß zu beseitigen (vgl. BVerfGE 99, 280 [298]; 105, 73 [133]; 107, 27 [58]; 117, 1 [69]; 120, 125 [167]; 160, 41 [77 f Rn. 90] – Privilegierung von Gewinneinkünften; stRspr).
b) Danach sind Art. 46 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 6 BayStVollzG sowie § 32 Abs. 1 und Abs. 4, § 34 Abs. 1 StVollzG NRW für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären. Die Unvereinbarkeitserklärung ist mit der Anordnung ihrer vorübergehenden Fortgeltung bis zu einer Neuregelung, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2025, zu verbinden. Damit wird sichergestellt, dass bis zu einer den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Neuregelung eine Rechtsgrundlage für die Gewährung einer Vergütung für Gefangenenarbeit zur Verfügung steht, um einen Zustand zu vermeiden, in dem aufgrund der Nichtigerklärung der Normen keine gesetzliche Verpflichtung zur Vergütung von Gefangenenarbeit mehr besteht. In diesem Fall würde in das Grundrecht auf Resozialisierung noch stärker eingegriffen als im Fall der Fortgeltung der verfassungswidrigen Vorschriften bis zu einer Neuregelung, deren Vorbereitung erwartungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Zudem kommt dem Gesetzgeber ein Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum in Bezug auf die zu treffende Neuregelung zu, der ihm verschiedene Regelungsmöglichkeiten eröffnet.
2. Art. 46 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 6 BayStVollzG sowie § 32 Abs. 1 und Abs. 4, § 34 Abs. 1 StVollzG NRW sind insgesamt für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären.
a) Die Unvereinbarkeit einer oder mehrerer Bestimmungen eines Gesetzes bewirkt zwar grundsätzlich nicht die Unvereinbarkeit des gesamten Gesetzes oder der ganzen Vorschrift mit dem Grundgesetz (vgl. BVerfGE 8, 274 [301]; 57, 295 [334]; stRspr). Etwas anderes gilt aber etwa dann, wenn verfassungswidrige Vorschriften Teil einer Gesamtregelung sind, wobei der nicht den Gegenstand des Verfahrens bildende Normteil mit dem für unvereinbar erklärten Normgefüge so verflochten ist, dass beide eine untrennbare Einheit bilden, die nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden kann (vgl. BVerfGE 65, 325 [358]; 108, 1 [33]), oder wenn Regelungen auf einem einheitlichen gesetzgeberischen Konzept beruhen (vgl. BVerfGE 111, 226 [273]; 138, 136 [248 f. Rn. 283]). Nach dem schon in § 139 BGB enthaltenen Rechtsgedanken kann sich die Feststellung nur dann auf die Unvereinbarkeit eines Teils der Norm beschränken, wenn es keinem Zweifel unterliegt, dass der Gesetzgeber die sonstige gesetzliche Regelung auch ohne den verfassungswidrigen Teil aufrechterhalten hätte (vgl. BVerfGE 4, 219 [250]; 158, 282 [382 f. Rn. 247] – Vollverzinsung).
b) Hier sind die verfassungswidrigen Normen Teil einer Gesamtregelung, deren Bestandteile untrennbar miteinander verbunden sind. Dies folgt bereits daraus, dass der Zweite Senat in seinem Urteil vom 1. Juli 1998 (BVerfGE 98, 169 ff.) festgestellt hat, dass die angemessene Anerkennung von Arbeit im Rahmen des vom Gesetzgeber zu bestimmenden Resozialisierungskonzepts aus einem monetären und einem nicht monetären Teil bestehen kann, so dass vom Gesetzgeber entsprechend getroffene Regelungen – wie vorliegend – lediglich in ihrer Gesamtheit und im Gefüge des Resozialisierungskonzepts einer verfassungsrechtlichen Kontrolle zugänglich sind und die geforderten Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten sich nur auf beide Komponenten beziehen können. Die Landesgesetzgeber erhalten zudem Gelegenheit, zu prüfen und zu entscheiden, in welcher Weise das gesetzliche Resozialisierungskonzept mit den Anforderungen der Verfassung in Bezug auf Gefangenenarbeit und ihre angemessene Vergütung in Einklang gebracht werden soll.
3. Die Gründe, die zur Verfassungswidrigkeit der § 32 Abs. 1 und Abs. 4, § 34 Abs. 1 StVollzG NRW in der zur Prüfung gestellten Fassung führen, treffen auch auf die nunmehr gültige Fassung zu, die die Vorschriften durch Art. 1 des Gesetzes vom 13. April 2022 (GV NRW S. 543) erhalten haben.
Das Gesetz zur Novellierung der nordrhein-westfälischen Landesjustizvollzugsgesetze vom 13. April 2022 nimmt vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen im praktischen Umgang mit den Rechtsnormen und der durch EVALiS gewonnenen Erkenntnisse Anpassungen vor und regelt zudem den Vollzug des Strafarrestes (vgl. LTDrucks NRW 17/15234, S. 1 f.). Durch die Änderungen, die sich auf die Regelungen zur Beschäftigung der Gefangenen beziehen, erfolgt lediglich eine inhaltliche und vor allem sprachliche Vereinheitlichung der Landesjustizvollzugsgesetze (vgl. LTDrucks NRW 17/15234, S. 125, 132). Im Zuge der sprachlichen Vereinheitlichung wird in § 32 StVollzG NRW der Begriff der Arbeit durch den Oberbegriff der Beschäftigung ersetzt, der neben Arbeit auch arbeitstherapeutische Maßnahmen, schulische und berufliche Bildung sowie sonstige Tätigkeiten umfasst. Zudem wird die "sonstige Tätigkeit" in Anlehnung an die Vergütung in arbeitstherapeutischen Maßnahmen in die Vergütungsstruktur nach § 32 Abs. 3 StVollzG NRW integriert. Inhaltliche Ergänzungen erfolgen durch die Sätze 2 und 3 in Absatz 5. Nach der Neufassung des § 32 Abs. 5 StVollzG NRW wird von teilnehmenden Gefangenen an arbeitstherapeutischen Maßnahmen bis zum Erreichen der sogenannten "Werkphase" kein Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung einbehalten, um eine Angleichung an die von der Bundesagentur für Arbeit angebotenen Maßnahmen zu erreichen (vgl. LTDrucks NRW 17/15234, S. 132). Neben ebenfalls klarstellenden Anpassungen enthält die neue Fassung der Absätze 2 und 3 des § 34 StVollzG NRW in Abs. 2 Nr. 6 eine Ergänzung für Fälle der Übertragung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe auf einen anderen Staat mit Überstellung ins Ausland. Absatz 4 Satz 1 stellt klar, dass die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 auf Gefangene, die an arbeitstherapeutischen Maßnahmen teilnehmen oder eine sonstige Tätigkeit aus- üben, nicht anwendbar ist (vgl. LTDrucks NRW 17/15234, S. 133).
Hinsichtlich der beanstandeten und für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Teile der Vorschriften haben sich in der nunmehr gültigen Fassung keine inhaltlichen Änderungen ergeben, die eine andere verfassungsrechtliche Bewertung erforderten. Die Verletzung der Verpflichtung des Gesetzgebers zur Erstellung eines in sich schlüssigen, widerspruchsfreien Resozialisierungskonzepts, insbesondere bezüglich der Gefangenenarbeit und ihrer Vergütung, besteht weiterhin. Die Unvereinbarkeitserklärung ist deshalb gemäß § 78 Satz 2 in Verbindung mit § 82 Abs. 1 BVerfGG im Interesse der Rechtsklarheit auf die genannten Vorschriften in der Fassung vom 13. April 2022 zu erstrecken (vgl. BVerfGE 94, 241 [265]; 104, 126 [150]; 132, 179 [192 Rn. 41]; 141, 143 [181 Rn. 87]).
4. Die Landesgesetzgeber sind nicht verpflichtet, rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung der Vergütung der Gefangenenarbeit zu schaffen.
a) Grundsätzlich erstreckt sich die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine der Verfassung entsprechende Rechtslage herzustellen, rückwirkend auf den gesamten von der Unvereinbarkeitserklärung betroffenen Zeitraum und erfasst so zumindest alle noch nicht bestandskräftigen Entscheidungen, die auf der für verfassungswidrig erklärten Regelung beruhen (vgl. BVerfGE 133, 377 [423 Rn. 108 m.w.N.]; 158, 282 [383 Rn. 250]). Die Notwendigkeit einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und -wirtschaft kann es aber gebieten, von der Verpflichtung zu einer rückwirkenden Neuregelung abzusehen (vgl. BVerfGE 72, 330 [422]; 87, 153 [178 ff.]; 93, 121 [148]; 105, 73 [134]; 111, 191 [224 f.]; 117, 1 [70]; 145, 171 [229 Rn. 162]; 158, 282 [384 Rn. 251]), es sei denn, der Gesetzgeber durfte sich wegen von Anfang an bestehender verfassungsrechtlicher Unsicherheiten auf seine Finanz- und Haushaltsplanung nicht verlassen (vgl. BVerfGE 145, 171 [229 Rn. 162]).
b) Die Verpflichtung der Landesgesetzgeber zu einer rückwirkenden Neuregelung würde zu erheblichen haushaltswirtschaftlichen Unsicherheiten führen. Zum einen steht den Gesetzgebern der Weg zu einer Neukonzeption der Gefangenenarbeit und deren Vergütung im Rahmen eines schlüssigen Resozialisierungskonzepts offen, so dass deren Auswirkung auf Zusammensetzung und Höhe der Vergütung noch nicht absehbar ist. Zum anderen steht auch der Gesichtspunkt einer verlässlichen, in ihren Wirkungen kalkulierbaren Finanz-, Ausgaben- und Haushaltsplanung und -wirtschaft einer solchen Verpflichtung entgegen. Müssten für die Arbeitsleistung von Gefangenen in einer Vielzahl von Fällen für einen langen Zeitraum Nachzahlungen geleistet werden, so würde in bereits abgeschlossene Perioden des Haushaltsvollzugs erheblich eingegriffen, und zwar zulasten künftiger Haushalte.
Gründe, weshalb sich die Landesgesetzgeber nicht auf ihre die Gefangenenvergütung betreffende Finanz-, Ausgaben- und Haushaltsplanung hätten verlassen dürfen (vgl. BVerfGE 145, 171 [229 Rn. 162]), sind angesichts des zur bundesrechtlichen Regelung ergangenen Beschlusses der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2002 – 2 BvR 2175/01 – jedenfalls nicht offensichtlich. Zudem war die Verfassungsrechtslage in Bezug auf die nunmehr formulierten verfassungsrechtlichen Maßstäbe zur Erstellung eines in seiner Gesamtheit schlüssigen Resozialisierungskonzepts und den daraus folgenden Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten des Gesetzgebers noch nicht hinreichend geklärt (vgl. BVerfGE 120, 125 [167 f.]).
II.
Die Unvereinbarkeit der Regelungen zur Vergütung der Gefangenenarbeit mit dem Resozialisierungsgebot des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG führt in beiden Verfassungsbeschwerdeverfahren zu der Feststellung, dass die Beschwerdeführer zu I. und zu II. in diesem Grundrecht verletzt sind, soweit die angegriffenen Beschlüsse auf diesen Bestimmungen beruhen (vgl. BVerfGE 158, 282 [388 Rn. 261]). Wegen der Fortgeltungsanordnung führt dies gleichwohl nicht zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidungen. Damit erübrigt sich eine Zurückverweisung an die jeweiligen Ausgangsgerichte (vgl. BVerfGE 98, 169 [215 f.]; 103, 1 [20]; 107, 133 [149 f.]; 109, 190 [243]; 113, 1 [28]; 158, 282 [388 Rn. 261]).
III.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
König Müller Kessal-Wulf Maidowski Langenfeld Wallrabenstein