1. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG kann nur ergehen, wenn ein Organstreit vorliegt. Die Parteien des Organstreites müssen sich in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis befinden, und es muß Streit zwischen ihnen über bestimmte Folgerungen aus diesem Rechtsverhältnis bestehen.
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2. Der Grundgedanke des § 64 BVerfGG schließt eine Fassung des Antrages, die auf die Feststellung des verfassungsmäßigen Verhaltens des Antragstellers zielt, nicht aus, wenn der Antragsteller geltend macht, daß der Antragsgegner ihn in der Ausübung verfassungsrechtlicher Rechte und Pflichten in rechtserheblicher Weise verletzt oder gefährdet.
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3. Es ist rechtlich unmöglich, eine verfassungsrechtliche Zweifelsfrage, die sich bei dem Prozeß der Willensbildung im Bundestag erhoben hat, im Gewand eines Organstreites zwischen Mehrheit und Minderheit oder zwischen Fraktionen vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen.
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4. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Bundesgesetzentwurfs kann nur als Vorfrage eines Organstreites vor das Bundesverfassungsgericht gebracht werden.
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5. Im Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattete Teile des Bundestages sind nur aktiv legitimiert, eigene Rechte, nicht aber Rechte des Bundestages geltend zu machen.
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6. Als in der Geschäftsordnung des Bundestages mit eigenen Rechten ausgestattete Teile des Bundestages sind zur Geltendmachung von Rechten des Bundestages nur ständig vorhandene Gliederungen des Bundestages -- insbesondere die Fraktionen -- befugt, nicht aber solche Gruppierungen, die sich nur von Fall zu Fall zusammenfinden, um gestaltend auf den Geschäftsgang einzuwirken.
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7. Passiv legitimiert ist ein Organteil nur, wenn er als solcher die verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten eines Organs oder eines anderen Organteils verletzt oder gefährdet hat.
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8. Der einzelne Abgeordnete ist vor dem Bundesverfassungsgericht parteifähig. Aktiv legitimiert ist er nur zur Verteidigung eigener Rechte. Eine Beeinträchtigung der Rechte und Pflichten des Bundestages läßt die Aktivlegitimation nur entstehen, wenn der Status der Abgeordneten mitbetroffen wird. Passiv legitimiert ist ein Abgeordneter nur, wenn er als solcher in die verfassungsrechtliche Sphäre eines anderen Organs oder Organteils eingegriffen hat.
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9. Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG verleiht der Mehrheit des Bundestages nicht ein eigenes Recht im Sinne des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, den Willen des Bundestages zu bilden.
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10. Die Mehrheit und die Minderheit des Bundestages sind vor dem Bundesverfassungsgericht nicht parteifähig.
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11. Eine bloße Meinungsäußerung, die sich nicht zu einem die Zuständigkeit des Antragstellers beeinträchtigenden rechtserheblichen Verhalten verdichten kann, erfüllt nicht den Begriff der "Maßnahme" im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG.
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12. Beratung und Abstimmung über einen Gesetzentwurf sind nicht deshalb verfassungswidrig, weil sein Inhalt eine vorausgehende Änderung des Grundgesetzes erfordern würde.
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13. Die Feststellung des Bundestagspräsidenten gemäß § 49 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundestages enthält keine Entscheidung über das verfassungsmäßige Zustandekommen des Gesetzes.
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Urteil
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des Zweiten Senats vom 7. März 1953
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- 2 BvE 4/52 --
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in dem Verfassungsrechtsstreit betreffend die Verabschiedung der Gesetze über den EVG-Vertrag und den Generalvertrag durch den Deutschen Bundestag; - Antragsteller: 1. die Bundestagsfraktion der CDU/ CSU, vertreten durch ihren Vorsitzenden Dr. Heinrich von Brentano, 2. die Bundestagsfraktion der FDP, vertreten durch ihren Vorsitzenden Dr. Hermann Schäfer, 3. die Bundestagsfraktion der DP/DPB, vertreten durch ihren Vorsitzenden Dr. Hans Mühlenfeld, 4. die Mehrheit des Deutschen Bundestages, bestehend aus dem Abgeordneten Dr. Konrad Adenauer und weiteren 202 Abgeordneten; - Antragsgegner: 1. die Bundestagsfraktion der SPD, vertreten durch den ersten Vorsitzenden Erich Ollenhauer, 2. die Abgeordnete Luise Albertz und 127 weitere Abgeordnete des Deutschen Bundestages.
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ENTSCHEIDUNGSFORMEL:
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Die Anträge werden als unzulässig abgewiesen.
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Gründe:
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A.
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Zwischen der Regierungskoalition und der Opposition im Deutschen Bundestag bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die von der Bundesregierung eingebrachten Entwürfe eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten vom 26. Mai 1952 und eines Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft vom 27. Mai 1952 nebst ergänzenden Gesetzentwürfen mit dem Grundgesetz vereinbar sind, ob sie demgemäß im Bundestag gemäß Art. 77 und Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG mit einfacher Mehrheit rechtswirksam verabschiedet werden können, oder ob zuvor das Grundgesetz gemäß Art. 79 GG geändert oder ergänzt werden muß.
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Unter dem 31. Januar 1952 beantragten 145 Abgeordnete des Deutschen Bundestages, nämlich die Mitglieder der SPD-Fraktion und einige Mitglieder der Fraktion der Föderalistischen Union sowie der unabhängige Abgeordnete Freudenberg, beim Bundesverfassungsgericht, gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG festzustellen, daß Bundesrecht, welches die Beteiligung Deutscher an einer bewaffneten Streitmacht regelt oder Deutsche zu einem Wehrdienst verpflichtet, ohne vorangegangene Ergänzung und Abänderung des Grundgesetzes weder förmlich noch sachlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
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Mit Schriftsatz vom 7. Juli 1952 änderten sie ihren Antrag dahin ab,
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festzustellen, daß ein Gesetz betr. den Vertrag vom 26. Mai 1952 über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten einschließlich Anlagen und Zusatzverträgen sowie ein Gesetz betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und betr. den Vertrag vom 27. Mai 1952 zwischen dem Vereinigten Königreich und den Mitgliedstaaten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ohne vorangegangene Ergänzung und Abänderung des Grundgesetzes weder förmlich noch sachlich mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
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Dieser Antrag wurde durch Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 1952 (BVerfGE 1, 396) für unzulässig erklärt, weil Gesetzentwürfe nicht Gegenstand einer Normenkontrolle nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG sein können.
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Unter dem 10. Juni 1952 ersuchte der Bundespräsident das Bundesverfassungsgericht, gemäß § 97 BVerfGG ein Rechtsgut achten zu erstatten. Mit Schreiben vom 4. August 1952 faßte er sein Ersuchen endgültig dahin:
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Nachdem das Plenum des Bundesverfassungsgerichts durch Beschluß vom 8. Dezember 1952 (BVerfGE 2, 79) festgestellt hatte, daß die Senate von der in einem Gutachten des Plenums enthaltenen Rechtsauffassung über eine bestimmte Rechtsfrage nur abweichen dürfen, wenn das Plenum auf Anrufen des Senats gemäß § 16 Abs. 1 BVerfGG seine Auffassung geändert hat, zog der Bundespräsident am 10. Dezember 1952 sein Ersuchen um ein Rechtsgutachten zurück.
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Vom 3. bis 5. Dezember 1952 fand im Bundestag die zweite Lesung der Vertragsgesetze statt. Bei der namentlichen Abstimmung am 5. Dezember 1952 ergab sich folgendes Stimmenverhältnis:
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Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1952 haben die Antragsteller des gegenwärtigen Verfahrens den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts angerufen und unter Bezugnahme auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG beantragt, festzustellen:
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1. Die Antragsgegner verstoßen dadurch gegen das Grundgesetz, daß sie dem Deutschen Bundestag und der antragstellenden Mehrheit des Bundestages das Recht bestreiten, die Gesetze über den Deutschlandvertrag und den EVG-Vertrag mit der in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG vorgeschriebenen Mehrheit zu verabschieden;
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2. der Deutsche Bundestag ist berechtigt, die Gesetze über den Deutschlandvertrag und den EVG-Vertrag mit der in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG vorgeschriebenen Mehrheit zu verabschieden.
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Der Senat hat beschlossen, die mündliche Verhandlung zunächst auf die Frage der Zulässigkeit des Antrages zu beschränken. In der mündlichen Verhandlung haben die Antragsteller den Hilfsantrag gestellt, festzustellen:
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a) Beratung und Abstimmung über die in Rede stehenden Gesetzesvorlagen in der dem Bundestag unterbreiteten, eine ausdrückliche Änderung oder Ergänzung des Wortlauts des Grundgesetzes nicht vorsehenden Form,
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Die Antragsgegner machen geltend, die Anträge seien unzulässig.
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Die Antragsteller zu 4) sind 143 Mitglieder der Bundestagsfraktion der CDU/CSU, 40 Mitglieder der Bundestagsfraktion der FDP und 20 Mitglieder der Bundestagsfraktion der DP/DPB. Nicht alle Mitglieder dieser Fraktionen haben sich dem Antrag angeschlossen. Es fehlen trotz Ja-Stimme die Abgeordneten Probst (CSU), Friedrich, Grundmann, Karl Hoffmann, Ilk und Nöll von der Nahmer (FDP), Freudenberg ("Ja" nur beim Generalvertrag; damals Gast der FDP-Fraktion, inzwischen aus diesem Verhältnis ausgeschieden), Ewers (DP). Weiter fehlen die Abgeordneten Faßbender (FDP) und Löfflad (DP), die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben; die Abgeordneten Mehs (CDU), Hütter und Mießner (FDP), Schmidt- Bayern (damals DP, inzwischen aus der Fraktion ausgeschieden), die sich der Stimme enthalten haben; die Abgeordneten Pfleiderer (FDP), Bieganowski und Reindl (damals DP, inzwischen aus der Fraktion ausgeschieden), die mit "Nein" gestimmt haben. Trotz Nein-Stimme haben sich dem Antrag angeschlossen die Abgeordneten Mende (FDP), Frommhold und Wallner (letzterer "Nein" nur beim EVG-Vertrag, beide damals DP, inzwischen aus der Fraktion ausgeschieden). Es erscheinen unter den Antragstellern weiter die Abgeordneten Wittmann (CDU) und Preusker (FDP), die an der Abstimmung nicht teilgenommen haben, sowie die Abgeordneten Eplee und Oetzel (CDU), Paul Jäger und de Vries (FDP), die erst nach dem 5. Dezember 1952 in den Bundestag eingetreten sind. Der Anschluß des neu eingetretenen Abgeordneten Handschuhmacher, der erst am 2. März 1953, also nach Schluß der mündlichen Verhandlung, bei Gericht eingegangen ist, konnte nicht mehr berücksichtigt werden.
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Auf der Seite der Antragsgegner sind unter Nr. 2) alle Mitglieder der Bundestagsfraktion der SPD in Anspruch genommen, die an der Abstimmung teilgenommen und ausnahmslos mit "Nein" gestimmt haben. Es fehlten bei der Abstimmung und sind unter den Antragsgegnern nicht aufgeführt die der SPD-Fraktion angehörenden Abgeordneten Diel und Henßler.
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1. Die Frage, ob der Bundestag einen bestimmten Gesetzentwurf als einfacher Gesetzgeber verabschieden kann, oder ob das Grundgesetz zuvor geändert werden muß, ist eine verfassungsrechtliche Streitfrage. Ob Art. 77 i. V. m. Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG angewandt werden darf, oder ob vorher von Art. 77 i. V. m. Art. 79 Gebrauch gemacht werden muß, kann nur entschieden werden, nachdem der Inhalt des Gesetzentwurfs an dem Inhalt des Grundgesetzes gemessen worden ist, was regelmäßig die Auslegung der dafür in Betracht kommenden Artikel des Grundgesetzes erfordert.
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Über die Auslegung des Grundgesetzes mit Bezug auf den Ge neralvertrag und den EVG-Vertrag bestehen innerhalb des Bundestages verschiedene Rechtsauffassungen. Die Antragsteller wollen über diese Meinungsverschiedenheit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeiführen. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts ist zwar unter den Voraussetzungen des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG zur verbindlichen Auslegung des Grundgesetzes berufen; es fragt sich aber, ob er zur Klärung der hier streitigen verfassungsrechtlichen Frage in einem Verfahren zwischen diesen Antragstellern und diesen Antragsgegnern angegangen werden kann.
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2. Da die Zuständigkeit der beiden Senate als selbständiger Entscheidungsgremien im Gesetz selbst festgelegt ist (§ 14 BVerfGG), handelt es sich bei der Zuständigkeit eines Senats um die Zulässigkeit eines bestimmten Rechtsweges (Gerichtsweges). Es genügt nicht, daß eine verfassungsrechtliche Streitfrage irgendwie eine der Zuständigkeitsbestimmungen des Art. 93 GG oder des § 13 BVerfGG berührt; es ist auch nicht zulässig, im Wege einer erweiternden Auslegung aus der Gesamtheit aller Zuständigkeiten beider Senate verwandte, aber nicht ausdrücklich geregelte Fälle in die Zuständigkeit eines Senats einzubeziehen; der Zweite Senat kann vielmehr nur entscheiden, wenn alle Voraussetzungen des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG vorliegen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, diese Zuständigkeit abzugrenzen von der nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG, die das Bundesverfassungsgerichtsgesetz dem Ersten Senat zugeteilt hat.
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3. Bei der Gestaltung der Verfassungsgerichtsbarkeit hat das Grundgesetz keineswegs Neuland betreten. In den einschlägigen Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung wie der neuen süddeutschen Landesverfassungen waren verschiedene Modelle für die Zuständigkeitsordnung eines Verfassungsgerichts gegeben. Vor allem hatte auch die Literatur zur Weimarer Staatsgerichtsbarkeit zwei Systeme unterschieden, nach denen eine Verfassungsgerichtsbarkeit eingerichtet werden kann. Man kann nämlich einerseits justizförmige Verfahren zur Erledigung von Zweifeln und Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Ver fassung schaffen und andererseits dem Gericht die Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten zuweisen (vgl. Richard Grau, AöR N.F. 11, 1926, S. 291; Carl Schmitt, Verfassungslehre, 1928, S.112 ff.; Jerusalem, Die Staatsgerichtsbarkeit, 1930, S.112 ff., bes. S. 117; Friesenhahn, HdbDStR Bd. II, 1932, S. 523 ff., bes. S. 534 ff.).
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a) Einem Verfassungsgericht kann die Entscheidung aller oder bestimmter verfassungsrechtlicher Zweifelsfragen zugewiesen werden. Verfassung oder Gesetz bestimmen, wer antragsberechtigt ist. Es braucht dann keine rechtliche Beziehung des Antragstellers zu dem Streitstoff zu bestehen; er braucht weder eine Verletzung ihm zustehender verfassungsmäßiger Rechte darzutun noch einen Gegner zu bezeichnen, den er in Anspruch nehmen will. Er gibt vielmehr nur den Anstoß zu einem objektiven Verfahren.
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Ein Ausschnitt aus diesem System ist die im Grundgesetz geordnete abstrakte Normenkontrolle. Man kann das System aber auf alle verfassungsrechtlichen Streitfragen ausdehnen, wie es in einigen deutschen Ländern geschehen ist. Besonders klare Beispiele bieten Art. 91 Abs. 3 der Württemberg-Badischen und Art. 140 der Bremischen Verfassung, nach denen das Verfassungsgericht auf Anstoß bestimmter Antragsberechtigter "Zweifelsfragen über die Auslegung der Verfassung" entscheidet.
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b) Wird ein Verfassungsgericht hingegen zur Entscheidung von "Verfassungsstreitigkeiten" berufen, so müssen sich Verfassungsorgane als Parteien eines Streitverhältnisses gegenüberstehen. Ein verfassungsgeschichtlicher Rückblick ergibt, daß man ursprünglich darunter nur Streitigkeiten zwischen Regierung und Volksvertretung in der konstitutionellen Monarchie verstanden hat (vgl. Lammers, Gesetz über den Staatsgerichtshof, 1921, S. 74 ff.). Eine so enge Auslegung konnte im System der demokratisch-parlamentarischen Verfassung nicht beibehalten werden. Gegenüber der Ausweitung des Begriffs in der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs für das Deutsche Reich hat aber ein großer Teil der Literatur immer wieder auf den Satz verwiesen: "Nicht jeder Streit über den Sinn eines Verfassungsartikels ist ein Verfassungsstreit, es kommt auf die streitenden Subjekte an" (Thoma, RG-Festschrift, 1929, Bd. 1 S. 184).
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Von einem Verfassungsstreit im präzisen Sinn kann man nur sprechen, wenn die Beteiligten in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis miteinander stehen, aus dem sich Rechte und Pflichten ergeben, die sie gegenseitig achten müssen und die zwischen ihnen streitig geworden sind. So bestimmt z. B. Art. 64 der Bayerischen Verfassung: "Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Verfassungsstreitigkeiten zwischen den obersten Staatsorganen oder den in der Verfassung mit eigenen Rechten ausgestatteten Teilen eines obersten Staatsorgans."
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Wo immer eine Verfassung Staatsorganen die Möglichkeit eröffnet, ihren verfassungsmäßigen Anteil an der Staatswillensbildung im Prozeßwege vor einem Verfassungsgericht zu verfolgen - Organstreitigkeiten -, tritt notwendig eine gewisse Subjektivierung der verfassungsrechtlichen Beziehungen ein, die es rechtfertigt, mit dem Grundgesetz von "Rechten" der Staatsorgane zu sprechen, die verletzt und darum verteidigt werden können. Jene "Rechte" der Staatsorgane sind allerdings nicht den subjektiven Privatrechten gleichzusetzen, und solche Verfahren sind auch bestimmt, das objektive Verfassungsrecht zu bewahren, prozeßrechtlich aber ist der Vergleich mit den Verfahren zur gerichtlichen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten in anderen Rechtsbereichen durchaus zulässig und geboten.
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4. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ist aus dem Art. 98 Nr. 2 des Entwurfs von Herrenchiemsee hervorgegangen. Danach sollte das Bundesverfassungsgericht entscheiden "über Verfassungsstreitigkeiten zwischen obersten Bundesorganen oder Teilen von solchen, die in diesem Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet sind".
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Die Beratungen im Parlamentarischen Rat, die die Umgestaltung zu dem heutigen Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG zur Folge hatten, bezogen sich, wie schon die Änderung des Wortlauts zeigt, nur auf zwei Punkte. Einerseits sollte Gegenstand der Entscheidung nicht die Streitigkeit selbst sein, sondern das Verfassungsgericht sollte nur berufen sein, über die Vorfrage - die Auslegung der Verfassung - zu entscheiden, während die Beilegung des Streites selbst dem politischen Zusammenspiel der Bundesorgane überlassen bleiben sollte. Andererseits wollte man das Antragsrecht vor dem Bundesverfassungsgericht nicht allein den Beteiligten einräumen, die im Grundgesetz, sondern auch denen, die nur in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorganes mit eigenen Rechten ausgestattet sind; dabei wurde immer wieder auf die Fraktionen hingewiesen (vgl. JöR N.F. Bd. 1 S. 669; Verhandlungen des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates, S. 271 ff., 461 ff.; Schriftlicher Bericht zum Entwurf des GG, Anlage zum Sten.Bericht der 9. Sitzung des Parlamentarischen Rates, S. 44 ff.).
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So erhielt Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG die Fassung:
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"Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über die Auslegung dieses Grundgesetzes aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind."
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Nur als Folge der Erweiterung des Kreises der Aktivlegitimierten wurde die Wendung "Verfassungsstreitigkeiten zwischen obersten Bundesorganen usw." durch die Wendung "Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans usw." ersetzt. Daß der "Anlaß" der Entscheidung derselbe bleiben sollte wie nach dem Entwurf der "Gegenstand" der Entscheidung, ergibt sich aus dem Bericht, den der Abgeordnete Zinn als Berichterstatter des Hauptausschusses zum Abschnitt IX "Die Rechtsprechung" erstattet hat. Dort heißt es:
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"Die nunmehr getroffene Regelung aber, nach der das Vorliegen eines Verfassungsstreites zwischen bestimmten Organen lediglich der Anlaß zu dem Tätigwerden des Bundesverfassungsgerichts ist, weist diesem letzten Endes die Funktion eines Bundesspruchgerichtes . . . zu" (aaO S. 45 l. Sp.).
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5. Der Entwurf von Herrenchiemsee wies dem Bundesverfassungsgericht neben den Verfassungsstreitigkeiten (Art. 98 Nr. 2) und der Normenkontrolle auf Vorlage der Gerichte (Art. 98 Nr. 4) in Art. 98 Nr. 5 = Art. 110 auch ausdrücklich die Prüfung einer Gesetzesvorlage auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu. Diese Bestimmung ist aber in das Grundgesetz nicht aufgenommen worden.
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Art. 110 lautete:
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"Meinungsverschiedenheiten darüber, ob ein Gesetz gemäß diesem Grundgesetz zustande gekommen ist und ob ein Gesetzesantrag unter die Vorschriften der Artikel 105 bis 108 fällt, entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Das Nähere, insbesondere das Antragsrecht, wird durch Gesetz geregelt."
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In dieser Fassung war einerseits zutreffend erkannt, daß es sich nicht um Streitigkeiten zu handeln braucht, sondern daß "Meinungsverschiedenheiten, die im Gesetzgebungsverfahren entstehen können" (so: Darstellender Teil des Entwurfs, S. 46), genügen. Darüber hinaus aber war auch für die Antragsberechtigung auf spezielle gesetzliche Regelung verwiesen, während es in Art. 98 Nr. 2 von den "Verfassungsstreitigkeiten" hieß, daß sie "zwischen Verfassungsorganen" ausgetragen werden.
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Wenn Art. 110 des Entwurfs von Herrenchiemsee in das Grundgesetz nicht aufgenommen worden ist, so steht das offenbar im Zusammenhang damit, daß auch die Art. 106 Abs. 2 und 108 des Entwurfs in dieser Gestalt nicht in das Grundgesetz eingegangen sind. Dort waren nämlich bestimmte Gesetzes-"Anträge" ausdrücklich für unzulässig erklärt worden, eine Regelung, die in das Grundgesetz bewußt nicht übernommen worden ist. So wurde durch Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG dem Bundesverfassungsgericht nur die Kontrolle fertiger Normen überantwortet, wenn es dort heißt:
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"Das Bundesverfassungsgericht entscheidet bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche und sachliche Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit diesem Grundgesetze oder die Vereinbarkeit von Landesrecht mit sonstigem Bundesrechte auf Antrag der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Bundestages."
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6. Für die Zuständigkeit nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 ist entscheidend, daß das Grundgesetz das Bundesverfassungsgericht nicht schlechthin zuständig gemacht hat, auf Antrag bestimmter Antragsberechtigter Zweifelsfragen über die Auslegung der Verfassung zu entscheiden. Der nach dieser Richtung tendierende Entwurf eines Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht der Sozialdemokratischen Fraktion (Bundestag-Drucks. Nr. 328), der die im Grundgesetz festgelegte Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts erweitern wollte, ist nicht Gesetz geworden. Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG verlangt vielmehr für die Entscheidung, die sich auf die Auslegung des Grundgesetzes bezieht, nicht nur einen konkreten Anlaß, sondern er beschreibt die Art des Anlasses noch genauer als "Streitigkeiten" - nicht Zweifelsfragen oder Meinungsverschiedenheiten - "über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans usw". Damit ist Voraussetzung der Entscheidungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts, daß ein Organstreit vorliegt.
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Streitigkeit ist der engere Begriff gegenüber Meinungsverschiedenheit. Zwar ist jede Streitigkeit auch eine Meinungsverschiedenheit, aber nicht jede Meinungsverschiedenheit ist eine Streitigkeit (Triepel, Streitigkeiten zwischen Reich und Ländern, S. 43 f.). Wenn auch Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG von "Meinungsverschiedenheiten" spricht, wo es sich offensichtlich um Streitigkeiten handelt, so ist doch im übrigen die Unterscheidung zwischen "Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln" in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und "Streitigkeiten" in Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 und 4 GG durchaus korrekt durchgehalten. Streitigkeiten über Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter sind Rechtsstreitigkeiten. Auch der Streit um Kompetenzen ist "Streit um geltend gemachtes und bestrittenes Recht", wie Triepel aaO S. 15 und 43 mit Recht hervorhebt ("Kompetenz-, also Rechtsstreitigkeiten").
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Im Begriff der Rechtsstreitigkeit liegt, daß demjenigen, der ein Recht behauptet, sein Recht von einem anderen streitig gemacht wird. Eine Rechtsstreitigkeit setzt also zwei Beteiligte voraus, die miteinander in einer rechtlichen Beziehung stehen.
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Daraus ergibt sich, daß gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nicht einfach eine objektive Frage des Verfassungsrechts zur Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts gestellt werden kann, sondern daß sich ein Prozeßrechtsverhältnis mit zwei Beteiligten vor dem Gericht entfalten muß. Ein solches formelles Prozeßrechtsverhältnis setzt ein dahinterstehendes materielles Rechtsverhältnis voraus, falls nicht ausnahmsweise durch Gesetz rein formal zwei Prozeßbeteiligte geschaffen werden, um zu einem kontradiktorischen Verfahren zu gelangen (vgl. § 43 Abs. 3 Bayer. Gesetz über den VerfGH; unten II 6 b a. E.).
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Auch die Charakterisierung derjenigen, deren Rechte und Pflichten im Streitfall zlur Entscheidung des Gerichtes gestellt werden können, als "Beteiligte" weist auf die Beteiligung an einem materiellrechtlichen Verfassungsrechtsverhältnis hin. Da Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 von den Voraussetzungen des Verfahrens handelt und nicht vom Verfahren selbst, kann hier unter "Beteiligter" nicht der verstanden werden, der am Verfahren teilnimmt, sondern der, der am Verfahren teilnehmen darf. Es kann sich also nicht um einen verfahrensrechtlichen Begriff handeln. Würde Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ein Verfahren vorsehen, das der objektiven Klärung verfassungsrechtlicher Zweifelsfragen dienen soll, so hätte er nur die antragsberechtigten Stellen bezeichnet, wie es z. B. in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 geschehen ist. Solche Antragsberechtigten könnten dann das Gericht anrufen, ohne eine Beziehung zum Streitstoff dartun zu müssen; sie wären also nicht "beteiligt".
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In der Literatur besteht Übereinstimmung darüber, daß den Anlaß zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nur Organstreitigkeiten bilden können (vgl. v. Mangoldt, Kommentar zum GG, S. 505, 507; Holtkotten, Bonner Kommentar, Art. 93 Anm. B 1 c; Friesenhahn, Fest schrift für Thoma, S. 55 ff.; Geiger, Kommentar zum BVerfGG S. 41, 205; Maunz, Deutsches Staatsrecht, 2. Aufl., S. 171; Geller- Kleinrahm, Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Anm. 2 b zu dem mit Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG gleichlautenden Art. 75 Nr. 2 der n.-w. Verf.).
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7. Diese Auffassung liegt insbesondere dem § 64 BVerfGG zugrunde, der Anträge gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG nur für zulässig erklärt, "wenn der Antragsteller geltend macht, daß er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist". (Vgl. dazu die Begründung zu §§ 57 bis 61 des Entwurfes eines Gesetzes über das BVerfG, Bundestag- Drucks. Nr. 788, S. 32.)
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Im Verlaufe der mündlichen Verhandlung ist von beiden Seiten die Frage der Gültigkeit des § 64 BVerfGG angeschnitten worden. Die richtige Auslegung dieser Bestimmung ergibt, daß sie mit Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG in Einklang steht. Sie schränkt nämlich das Antragsrecht gegenüber dem Grundgesetz nicht ein. Die vorstehenden Ausführungen über den Sinn des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG ergeben vielmehr, daß § 64 BVerfGG dessen Inhalt durchaus treffend näher umreißt. Er stellt klar, daß das Verfahren einen Antragsteller und einen Antragsgegner haben muß, und daß es sich dabei nicht nur um formale Prozeßparteien handelt, sondern daß der eine Teil den anderen durch ein im Widerspruch zum Grundgesetz stehendes Verhalten in der Ausübung der diesem vom Grundgesetz beigelegten Rechte und Pflichten verletzt oder gefährdet haben muß. § 64 will nicht mehr besagen, als daß in jedem Fall eines Verfahrens nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG eine streitige verfassungsrechtliche Beziehung zwischen den Parteien bestehen muß. Bedenken könnte man höchstens insofern haben, als formal durch § 64 und § 67 allein die Maßnahme des Antragsgegners als Gegenstand des Antrags und des Urteils bestimmt wird. Der in § 64 zum Ausdruck gelangende Grundgedanke schließt aber auch eine Fassung des Antrags, die auf die Feststellung des verfassungsmäßigen Verhaltens des Antragstellers zielt, nicht aus, wenn nur die Grundvoraussetzung des rechtserheblichen, die Ausübung verfassungsrechtlicher Rechte und Pflichten des Antragstellers verletzenden oder gefährdenden Verhaltens des Antragsgegners gegeben ist.
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Die Wortfassung des § 64 BVerfGG zielt auf den Normalfall. Es liegt in der Natur der Sache, daß ein Verfassungsgericht regelmäßig gegen eine bereits erfolgte oder unmittelbar bevorstehende Verfassungsverletzung angerufen wird. So bestimmt z. B. Art. 130 Abs. 1 der Verfassung von Rheinland-Pfalz:
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"Die Regierung, der Landtag und jede Landtagsfraktion und jede Körperschaft des öffentlichen Rechts, die sich in ihren Rechten beeinträchtigt glaubt, sowie jede politische Partei, die bei der letzten Landtagswahl 10 vom Hundert der gültigen Stimmen erhalten hat, können eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs darüber beantragen, ob ein Gesetz, eine Gesetzesvorlage oder die Handlung eines Staatsorgans verfassungswidrig ist."
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Dazu bemerken Süsterhenn-Schäfer in ihrem Kommentar S. 453 f.:
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"Für die positive Feststellung der Verfassungsmäßigkeit besteht kein rechtliches Interesse, da grundsätzlich für die Gesetze, Gesetzesvorlagen und Handlungen der Staatsorgane die Vermutung der Verfassungsmäßigkeit spricht. Der Antrag auf Feststellung der Verfassungsmäßigkeit müßte deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden."
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Auch die abstrakte Normenkontrolle nach dem Grundgesetz setzt in der Regel nur mit dem negativen Ziel der Nichtigerklärung der Norm ein. § 76 Nr. 2 BVerfGG gibt den Antragstellern nur dann das Antragsrecht mit dem Ziel der Gültigerklärung, wenn die Norm in rechtserheblicher Weise von einem Staatsorgan nicht angewandt worden ist. Immerhin zeigt gerade diese letzte Bestimmung, daß unter Umständen doch ein rechtliches Interesse daran bestehen kann, die Verfassungsmäßigkeit des Verhaltens eines Staatsorgans positiv festgestellt zu sehen.
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8. Um die Entscheidungskompetenz des Zweiten Senats gemäß Art.93 Abs. 1 Nr. 1 GG zu begründen, genügt also nicht, daß Antragsteller geltend machen, die von ihnen als Antragsgegner in Anspruch genommenen Staatsorgane oder Organteile legten das Verfassungsrecht unrichtig aus. Da es sich um einen Rechtsstreit handeln muß, wird eine bestimmte rechtliche Beziehung zwischen den Parteien vorausgesetzt. Die Parteien des Organstreits müssen sich in einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis befinden, und es muß Streit zwischen ihnen über bestimmte Folgerungen aus diesem Rechtsverhältnis bestehen.
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Es kann insbesondere nicht genügen, daß zwei beliebige Träger verfassungsrechtlicher Zuständigkeiten verschiedener Meinung über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes oder eines Gesetzentwurfs sind. Denn sonst würde aus jedem Normenkontrollverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG dadurch ein Verfassungsstreit nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, daß vom Antragsteller und von den nach § 77 BVerfGG anzuhörenden Stellen verschiedene Rechtsauffassungen vorgetragen werden. Das aber würde der Systematik des vom Grundgesetz geordneten Verfassungsschutzes widersprechen. Es würde auch die gesetzliche Abgrenzung der Zuständigkeiten der beiden Senate hinfällig machen.
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II.
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Es fragt sich nun, ob der Anlaß, aus dem die Antragsteller vom Bundesverfassungsgericht eine Auslegung des Grundgesetzes begehren, eine Organstreitigkeit ist, ob sich also parteifähige und an dem Gesetzgebungsverfahren als solche beteiligte Gebilde über den Umfang der Kompetenz des Bundestages streiten. Das setzt zunächst eine Untersuchung der Parteifähigkeit und Sachlegitimation der als Antragsteller auftretenden und von ihnen als Antragsgegner in Anspruch genommenen Personen und Gebilde voraus.
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1. Es kann sich hier nur um die Parteifähigkeit von Teilen des Organs Bundestag handeln. Nach Art.93 Abs. 1 Nr. 1 GG sind Organteile parteifähig, wenn sie im Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet sind, darüber hinaus aber auch dann, wenn nur die Geschäftsordnung ihnen eigene Rechte einräumt. Die richtige Auslegung der zweiten Alternative kann nur gewonnen werden, wenn man die Bestimmung im System des Verfassungsschutzes im Grundgesetz betrachtet. Dann ergibt sich, daß zur Geltendmachung von Rechten des Bundestages nur die nach der Geschäftsordnung ständig vorhandenen Gliederungen des Bundestages berufen sein können, nicht aber solche Gruppierungen von Mitgliedern, die sich nur von Fall zu Fall zusammenfinden, um gestaltend auf den Geschäftsgang einzuwirken.
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Wenn einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten in der Geschäftsordnung gewisse Befugnisse eingeräumt werden, den Gang des Verfahrens zu bestimmen, so besteht eine solche Gruppe nicht an und für sich als "Beteiligter" oder Organteil, sondern sie bildet sich nur von Fall zu Fall, um gerade dieses "Recht" geltend zu machen. Es ist schlechterdings unmöglich, zu argumentieren, daß fünf Abgeordnete deshalb, weil sie gegebenenfalls nach Art. 99 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundestages eine Abstimmung durch ihren Widerspruch verhindern können, ohne Rücksicht auf die konkrete Ausübung dieses "Rechts" ein "Organteil" seien, der Rechte des Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht wahrnehmen könne. Nur solche Teile des Bundestages können parteifähig und in der Lage sein, Rechte des Bundestages vor dem Bundesverfassungsgericht zu vertreten, die von der Geschäftsordnung als ständige Gliederungen eingerichtet sind, um die parlamentarische Arbeit zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dabei handelt es sich vor allem um die Fraktionen. Die Verhandlungen im Parlamentarischen Rat ergeben denn auch, daß man in erster Linie an sie gedacht hat. Ähnlich wie sie könnten noch die Ausschüsse des Bundestages in Frage kommen.
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a) Die Antragsteller zu 1) - 3) und der Antragsgegner zu 1) sind also als Fraktionen parteifähig.
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b) Die Antragsteller zu 4) treten nach der von ihnen selbst gewählten Sammelbezeichnung nicht als einzelne Abgeordnete, sondern als "die Mehrheit des Deutschen Bundestages" auf. Als solche nehmen sie im Antrag für sich das Recht in Anspruch, gemäß Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG Gesetze zu verabschieden. Da es sich um 203 Abgeordnete handelt, stellen sie die Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestags (401) dar.
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Der Mehrheit ist aber durch das Grundgesetz ein solches Recht nicht verliehen worden. Gesetze werden nach Art. 77 Abs. 1 GG nicht von der Mehrheit, sondern vom Bundestag beschlossen.
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Besteht ein Organ aus mehreren Personen, so muß das Recht Regeln aufstellen, nach denen der Wille des Organs gebildet wird. Es ist möglich, den Willen des Organs durch die einfache Mehrheit, durch eine qualifizierte Mehrheit oder einstimmig bilden zu lassen; das Stimmenverhältnis kann zur Zahl der Abstimmenden, zur Zahl der mit "Ja" oder "Nein" Stimmenden oder zur Gesamtzahl der Abstimmungsberechtigten in Beziehung gesetzt werden; wird nicht eine Relation zur Gesamtzahl der Abstimmungsberechtigten gewählt, so kann eine bestimmte Anzahl von Anwesenden gefordert werden. Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG ist nichts anderes als eine solche Regel des objektiven Verfassungsrechts, die sagt, wann ein Beschluß des Bundestags vorliegt. Art. 42 verleiht hingegen nicht der Mehrheit des Bundestags ein eigenes Recht darauf, den Willen des Bundestages zu bilden.
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Regeln über die Willensbildung in einem kollegialen Organ räumen nicht der jeweiligen zahlenmäßigen Gruppierung von Mitgliedern ein Recht gegenüber dem Organ, gegenüber anderen Mitgliedergruppen oder gegenüber anderen Organen ein, den Willen des Kollegiums zu bilden. Alle Mitglieder des Organs, auch die überstimmten, sind vielmehr Elemente der Willensbildung bei dem einheitlichen Geschäft der Stimmabgabe. Bei der Stimmabgabe, die die Mehrheit überhaupt erst entstehen läßt, erscheint diese nicht als ein selbständiges Gebilde. Sie kann bei diesem Vorgang nicht rechtlich isoliert, losgelöst von dem Ganzen, gedacht werden. Mehrheit und Minderheit sind nur politische Kräfte innerhalb der parlamentarischen Körperschaft. Sie sind in dieser Eigenschaft rechtlich nicht formiert. Bei dem Prozeß der Willensbildung gehen sie ununterscheidbar in den einheitlichen Beschluß des Parlaments als solchen ein.
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Selbst wenn man aber ein Recht der Mehrheit annehmen wollte, ihren Willen als Willen des Bundestages zu setzen, so wäre diese "Streitpartei" im gegenwärtigen Augenblick noch gar nicht existent. Ebenso wie sich das Viertel des Bundestages erst in dem Rechtsakt der Stellung eines Antrages gemäß Art. 44 Abs. 1 GG im Bundestag konstituiert haben muß, um parteifähig vor dem Bundesverfassungsgericht zu werden, würde sich die konkrete Mehrheit bei einem Gesetzesbeschluß erst in dem Rechtsakt der letzten Abstimmung konstituieren. Ein parteifähiges Gebilde, das eine Befugnis hätte, demnächst den Willen des Bundestages zu bilden, also ein Recht auf Bildung des Willens geltend machen könnte, kann es also schon deshalb nicht geben. Der Wille des Bundestages tritt erst in der Schlußabstimmung zu Tage. Erst von diesem Augenblick an könnte dann die Mehrheit, selbst wenn man diesen Ausgangspunkt unterstellen wollte, Folgewirkungen des "von ihr" gefaßten Beschlusses gegenüber anderen Verfassungsorganen geltend machen.
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Vor der Abstimmung und losgelöst von ihr steht nicht einmal fest, wer überhaupt die Mehrheit ist. Gewiß mögen schon einige Zeit vor der Abstimmung die einzelnen Abgeordneten sich entschlossen haben, wie sie demnächst abzustimmen gedenken. Für das Recht kann aber nur in Betracht kommen, was sichtbar nach außen hervorgetreten ist, und das ist in diesem Fall erst die Stimmabgabe. Von einer "konkreten Mehrheit" kann nicht vor der Abstimmung in dritter Lesung gesprochen werden. Die Tatsache, daß die Antragsteller sich in diesem Verfahren als "Mehrheit des Deutschen Bundestages" bezeichnen, ist unerheblich. Allerdings stellen die 203 Abgeordneten die absolute Mehrheit des Bundestages dar, die also in jedem Fall, auch bei Anwesenheit aller Abgeordneten, die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen sein würde. Aber es steht noch gar nicht fest, wie die Antragsteller bei der dritten Lesung stimmen werden. Bei der zweiten Lesung haben zwei der Antragsteller, die Abgeordneten Mende und Frommhold, zu beiden Verträgen, der Abgeordnete Wallner zum EVG-Vertrag mit "Nein" gestimmt. Zwei Antragsteller, die Abgeordneten Wittmann und Preusker, haben an der Abstimmung nicht teilgenommen. Vier weitere, die Abgeordneten Eplee, Oetzel, Paul Jäger und de Vries, sind erst nach dem 5. Dezember 1952 in den Bundestag eingetreten. Selbst wenn man die Abstimmung in der zweiten Lesung als vermutliche Willensäußerung für die dritte Lesung unterstellen würde, hätten also nur 195 bzw. 194 von den 203 Antragstellern zu 4) bereits diesen Willen zu erkennen gegeben, eine Zahl, die nicht auf jeden Fall die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreichen würde. Dazu kommt aber noch, daß es nicht unbedingt sicher ist, daß Abgeordnete bei der Monate später liegenden Abstimmung in dritter Lesung genau so stimmen werden wie in der zweiten Lesung.
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Es gibt also keine Mehrheit des Bundestages, die als parteifähiges Gebilde zur Vertretung eigener Rechte das Bundesverfassungsgericht anrufen könnte. Da sie losgelöst von der Beschlußfassung, und in diesem Akt dann mit dem Bundestag identisch, überhaupt nicht existiert, kann sie auch nicht ein parteifähiges Gebilde zur Wahrnehmung von Rechten des Bundestages sein.
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c) Die zu 2) als Antragsgegner in Anspruch genommenen Abgeordneten erscheinen als 128 einzelne Mitglieder des Bundestages, nicht in einer Zusammenfassung als "Minderheit des Deutschen Bundestages".
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Rechte aus der Geschäftsordnung oder die Eigenschaft als konkrete Abstimmungsminderheit können sie ebensowenig parteifähig machen wie die Mehrheit.
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Die Antragsteller haben in der mündlichen Verhandlung die Frage aufgeworfen, ob die Antragsgegner als Hauptträger des Widerstands gegen eine Verabschiedung der Vertragsgesetze nicht repräsentativ für die qualifizierte Minderheit von mehr als einem Drittel des Bundestages genommen werden könnten, die nach Art. 79 Abs. 2 GG ausreichen würde, eine Änderung oder Ergän zung des Grundgesetzes zu verhindern. Das wären 134 Abgeordnete, während die Antragsgegner nur 128 sind.
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Es bedarf jedoch der Entscheidung dieser Frage nicht. Man könnte zwar daran denken, auch aus Art. 79 Abs. 2 GG trotz des Verbotes der stillschweigenden Verfassungsänderung und der Verfassungsdurchbrechung in Art. 79 Abs. 1 GG eine Rechtslage der qualifizierten Minderheit zu entwickeln, die sich nicht nur darauf erstrecken würde, daß gegen ihren Widerspruch eine Verfassungsänderung nicht erfolgen könne, sondern auch darauf, daß ohne die von ihrer Mitwirkung abhängende Verfassungsänderung ein Gesetz nicht durch Verkündung den Rechtsschein der Gültigkeit erlangen könne, das inhaltlich mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist.
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Würde man der qualifizierten Minderheit ein solches eigenes, durch das Grundgesetz verliehenes Recht zubilligen, so könnte sie vielleicht als parteifähiges Gebilde durch eigenen Entschluß schon vor der Schlußabstimmung des Bundestages existent werden, wenn sie sich wegen Gefährdung dieses ihres Rechts ad hoc zu dessen Verteidigung zusammenfinden würde. Diese qualifizierte Minderheit könnte sich aber nur selbst zur Verteidigung ihres Rechts als "Beteiligte" konstituieren; nicht könnte ein anderes Verfassungsorgan, geschweige denn ein Organteil, aus seinem Willen dieses parteifähige Gebilde entstehen lassen. Eine Möglichkeit, auf diesem Wege die Parteifähigkeit für die Antragsgegner zu 2) zu begründen, besteht also nicht.
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d) Da auf der Seite der Antragsgegner einzelne Abgeordnete stehen, und auf der Seite der Antragsteller die Mehrheit auch in 203 einzelne Abgeordnete umgedeutet werden könnte, muß schließlich noch die Parteifähigkeit der Abgeordneten geprüft werden. Auch im Parteienstaat kommt dem einzelnen Abgeordneten gemäß Art. 38 Abs. 1 GG noch ein eigener verfassungsrechtlicher Status zu. Da der Abgeordnete in der Lage sein muß, diesen seinen Status gegenüber anderen Verfassungsorganen zu wahren, ist seine Parteifähigkeit zu bejahen.
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2. Für die Sachbefugnis der Prozeßparteien ist von folgendem auszugehen: Jeder Beteiligte, der im Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestattet ist, kann für diese seine Rechte den Schutz des Bundesverfassungsgerichts nachsuchen. § 64 BVerfGG ermächtigt darüber hinaus jeden mit eigenen Rechten im Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung ausgestatteten Organteil, Rechte des Organs selbst vor dem Bundesverfassungsgericht geltend zu machen.
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a) Soweit die Geschäftsordnung einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten Rechte einräumt, von Fall zu Fall durch ihren Entschluß den Geschäftsgang zu beeinflussen, sind diese Gruppen nach dem oben Ausgeführten nicht einmal parteifähig. Die durch die Geschäftsordnung eingerichteten ständigen Gliederungen des Bundestages aber besitzen Parteifähigkeit nicht um ihrer selbst willen, sondern nur zur Vertretung der Rechte des Bundestages. Daher sind die Antragsteller zu 1) -3) aktiv legitimiert, Rechte des Bundestages gegenüber anderen Beteiligten, die diese verletzen oder gefährden, wahrzunehmen.
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b) Die gleichen Erwägungen, die oben zur Verneinung der Parteifähigkeit gewisser in der Geschäftsordnung erscheinender zahlenmäßiger Gruppierungen von Abgeordneten führten, zwingen aber dazu, die Aktivlegitimation der im Grundgesetz mit eigenen Rechten ausgestatteten Teile des Bundestages auf die Geltendmachung eigener Rechte zu beschränken. Rechte eines Organs kann nur ein Gebilde geltend maehen, das an und für sich bereits besteht und sich nur zur Geltendmachung derselben zu entschließen braucht. Die Bruchteile der Mitgliederzahl des Bundestages, die das Grundgesetz mit eigenen Rechten ausstattet, finden sich aber immer erst zur Geltendmachung eines solchen konkreten Rechtes und nur zu diesem Zweck zusammen. Es kann z. B. nicht im Sinne des § 64 BVerfGG liegen, zu folgern: weil ein Viertel der Abgeordneten das Recht hätte, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu fordern (Art. 44 GG), könnten beliebige 101 Abgeordnete Rechte und Pflichten des Bundestages gegenüber anderen Staatsorganen geltend machen. Losgelöst von dem konkreten Begehren nach Art. 44 GG besteht überhaupt kein Viertel als "Beteiligter" am Verfassungsleben. Daraus folgt, daß die Antragsteller zu 4) selbst wenn man ihre Parteifähigkeit wegen Innehabung eines eigenen Rechtes der Mehrheit unterstellen würde, nur aktiv legitimiert sein könnten, ein solches eigenes Recht zu verfolgen; nicht aber könnten die Mehrheit oder die in ihr enthaltenen verschiedenartigen Gruppierungen von Abgeordneten Rechte des Bundestages geltend machen. Da aber ein eigenes Recht der Antragsteller zu 4), wie dargelegt, nicht besteht, sind sie in diesem Verfahren nicht aktiv legitimiert.
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c) Die Parteifähigkeit der einzelnen Abgeordneten wurde wegen ihrer eigenen Organstellung bejaht. Daraus ergibt sich für ihre Aktivlegitimation, daß sie nur ihre eigenen Rechte im Verfassungsstreit geltend machen können, wenn ihr verfassungsrechtlicher Status durch eine Handlung des Bundestages selbst (z. B. Übertragung seines Gesetzgebungsrechtes an einen Ausschuß) oder durch die Handlung eines anderen Organs bedroht ist. Eine Beeinträchtigung der Rechte und Pflichten des Bundestages läßt ihre Aktivlegitimation nur entstehen, soweit ihr eigener Status davon mitbetroffen ist.
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Passiv legitimiert sind Abgeordnete nur dann, wenn sie durch ein Verhalten, das sie gerade in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete gezeigt haben, in die verfassungsrechtliche Sphäre eines anderen Organs oder Organteils eingegriffen haben.
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d) Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht hat zwar in § 64 Organteile ermächtigt, Rechte des Organs selbst geltend zu machen, ihnen also insofern Aktivlegitimation verliehen. Es hat aber nicht den Organteilen eine Prozeßstandschaft auf der Seite der Antragsgegner auferlegt, sie nicht für passiv legitimiert erklärt, wenn es darum geht, Rechte und Pflichten des Organs zu klären. Auf der Seite der Antragsgegner kann ein Organteil nie in Bezug auf Rechte und Pflichten des Organs selbst in Anspruch genommen werden, sondern nur wegen seines eigenen Verhaltens. Ein Organteil, der nicht eigene Rechte verfolgt oder wegen eigenen Verhaltens in Anspruch genommen wird, kann in ein Prozeßrechtsverhältnis vor dem Bundesverfassungsgericht gemäß § 64 BVerfGG nur dadurch verwickelt werden, daß er sich aktiv entschließt, Rechte des ganzen Organs im Verfassungsstreit zu verfolgen. Daß eine Fraktion gemäß § 64 BVerfGG befugt ist, Rechte des Bundestages einzuklagen, kann niemals dazu führen, daß sie gegen ihren Willen zur objektiven Klärung der Zuständigkeit des Bundestages als Antragsgegner vor das Bundesverfassungsgericht gezogen wird.
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Passiv legitimiert könnte also eine Fraktion nur sein, wenn sie selbst in ihrer Eigenschaft als Fraktion die verfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten eines Staatsorgans verletzt oder gefährdet hätte.
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3. Die Antragsteller zu 4) könnten, wenn man sie nicht als Einheit, sondern als 203 einzelne Abgeordnete faßt, parteifähig sein. Ihre Aktivlegitimation bezöge sich aber nur auf die Wahrung ihres eigenen verfassungsrechtlichen Status. Von der Frage, ob ein mit einfacher Mehrheit gefaßter Beschluß des Bundestages rechtswirksam ist oder nicht, wird aber der verfassungsrechtliche Status des einzelnen Abgeordneten nicht berührt. Insoweit ist der Antrag also unzulässig.
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4. Die Antragsteller zu 1)-3) können als Fraktionen Rechte des Bundestages geltend machen. Wenn ihr Antrag zulässig sein soll, müßten sie behaupten, daß es der Klarstellung von verfassungsrechtlichen Beziehungen bedürfe, die mit Bezug auf die umstrittenen gesetzgeberischen Akte zwischen dem Bundestag und den Antragsgegnern bestünden, damit der Bundestag ungestört von seiner ihm durch das Grundgesetz übertragenen Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen könne.
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Das aber ist nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller nicht der Fall.
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a) Ein Recht des Parlamentes gegen einzelne Abgeordnete oder eine Gruppierung innerhalb des Parlamentes könnte eine Fraktion nur geltend machen, wenn diesen eine besondere verfassungsrechtliche Befugnis eingeräumt wäre, den Bundestag rechtlich zu hindern, von seiner Kompetenz Gebrauch zu machen oder ihn irgendwie dabei zu hemmen. Solche Rechte eines Organ teils kennt das Grundgesetz aber nicht. Die als Antragsgegner in Anspruch genommene Fraktion und ihre Mitglieder können in dem Willensbildungsprozeß des Bundestages Rechte des Bundestages überhaupt nicht beeinträchtigen, zu deren Verteidigung die Antragsteller auftreten könnten.
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b) Im Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG wird das Verhalten von Staatsorganen oder Organteilen beurteilt. Dieses Verhalten wird an den Normen des Grundgesetzes gemessen, weil der Antragsteller geltend macht, daß das Verhalten des Antragsgegners im Widerspruch zum Grundgesetz in seinen Zuständigkeitsbereich oder in den Zuständigkeitsbereich des Organs, dem er angehört, eingreife.
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Das setzt aber voraus, daß das zur Nachprüfung gestellte Verhalten des Antragsgegners irgendwie rechtlich erheblich ist. Dies kommt in § 64 Abs. 1 BVerfGG darin zum Ausdruck, daß die Bezeichnung einer "Maßnahme oder Unterlassung" des Antragsgegners gefordert wird, durch die der Antragsteller oder das Organ, dem er angehört, in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.
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Nun kann man den schillernden Begriff der "Maßnahme" noch so weit ausdehnen, auf keinen Fall kann man darunter eine bloße Meinungsäußerung fassen, die sich nicht zu einem die Zuständigkeit des Antragstellers beeinträchtigenden, rechtserheblichen Verhalten verdichten kann. Das aber ist bei der Rechtsauffassung der Antragsgegner der Fall. Sie mögen noch so entschieden ihre Meinung über die Verfassungsrechtslage bekunden; niemals haben sie es in der Hand, durch ihr Handeln oder Unterlassen die Ausübung der Gesetzgebungskompetenz des Bundestages zu gefährden. Das einzige, was sie tun können, ist, mit "Nein" zu stimmen. Dadurch verletzen sie aber niemals Art. 77 Abs. 1 und Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG.
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Die Antragsgegner wirken genau so wie die Antragsteller bei dem Gesetzesbeschluß, einem Rechtsakt des Bundestages, durch ihre Stimmabgabe mit. In dieser Tätigkeit können sie nicht ein Recht des Bundestages verletzen, weil sie insofern gar nicht losgelöst von dem Bundestag gedacht werden können, sondern seinen Willen mit bilden.
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Anders als der Bundesrat, die Bundesregierung und der Bundespräsident hat die Minderheit keinerlei verfassungsrechtliche Möglichkeit, durch ihr Handeln oder Unterlassen ihrer Rechtsauffassung Geltung zu verschaffen und zu verhindern, daß der mit einfacher Mehrheit gefaßte Beschluß des Bundestages den Rechtsschein der Gültigkeit erlangt. Sie kann nur, falls sie 1/3 umfaßt, nach der Verkündung - bei Vertragsgesetzen nach Verabschiedung durch die gesetzgebenden Körperschaften (Urteil des BVerfG vom 30. Juli 1952; BVerfGE 1, 396) - den Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts mit dem Antrag auf Normenkontrolle anrufen. Die Ausübung dieses verfassungsmäßigen Rechts kann niemals eine Verletzung der Zuständigkeit des Bundestages bedeuten. Wenn es richtig wäre, wie die Antragsteller in der Antragsschrift ausführen, daß jedes ernstliche Bestreiten der Gesetzgebungskompetenz des Bundestages und damit auch der Gültigkeit eines mit einfacher Mehrheit beschlossenen Gesetzes eine Verletzung der Rechte des Bundestages bedeute, würde jeder, der das Bundesverfassungsgericht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 und Art. 100 GG anruft, einen Verstoß gegen die Verfassung begehen.
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Der von den Antragstellern in der mündlichen Verhandlung gezogene Vergleich mit der vorbeugenden Feststellungsklage im Zivilrecht trifft nicht zu. Denn die Minderheit beruft sich gegenüber dem Bundestag nicht auf eine eigene, vom Bundestag zu respektierende Rechtsstellung. Das von ihr angekündigte gerichtliche Verfahren ist nicht eine korrespondierende Klage zur Geltendmachung eigenen Rechtes, sondern die abstrakte Normenkontrolle, eine gänzlich andere Verfahrensart, durch die nur das Ergebnis des Gesetzgebungsvorgangs, die Norm selbst, zur Prüfung des Bundesverfassungsgerichts gestellt werden soll. Diese Norm aber erlangt erst Wirksamkeit durch die Verkündung, die einen selbständigen Entschluß der Bundesregierung und des Bundespräsidenten erfordert.
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c) Die dem Gericht unterbreitete Streitfrage liegt auch nicht so, daß jeder Teil Rechte des Ganzen für sich in Anspruch nimmt. Zwar behaupten die Antragsteller, sie besäßen ein verfassungsmäßiges Recht, den Willen des Bundestages zu bilden, die Antragsgegner aber sagen nicht, daß sie den Willen des Bundestages bilden. Sie vertreten vielmehr die Auffassung, daß der Bundestag die streitigen Gesetzentwürfe überhaupt nicht rechtswirksam beschließen könne.
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d) Die Antragsteller und die Antragsgegner sind verschiedener Meinung darüber, ob das Gesetzgebungsverfahren in Bezug auf die Vertragsgesetze zum Erfolg führen kann. Nun stehen aber die SPD-Fraktion und ihre Mitglieder weder zum Bundestag als Ganzem noch zu den antragstellenden Fraktionen in einem Rechtsverhältnis, kraft dessen sie bei Beratung und Abstimmung über ein Gesetz zu einem bestimmten Verhalten, zu einer bestimmten inhaltlichen Stellungnahme verpflichtet wären. Ihre einzige Pflicht insoweit besteht darin, den normalen Ablauf der parlamentarischen Arbeit nicht zu stören und daran mitzuwirken, daß der politische Wille des Bundestages unverfälscht zum Ausdruck kommt. Gegen diese Pflicht haben die Antragsgegner nicht verstoßen.
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Die Antragsteller glauben, ihr Begehren auch mit der Behauptung rechtfertigen zu können, daß sie durch das Verhalten der Antragsgegner in der freien Ausübung ihres Mandats gehindert und insbesondere bei der Stimmabgabe für die Vertragsgesetze durch den von den Antragsgegnern erhobenen Vorwurf des Verfassungsbruches unter "moralischen Druck" gesetzt würden. Das trifft aber offensichtlich nicht zu. Obwohl die Antragsgegner bereits seit Januar 1952 in immer schärfer werdender Form ihre Rechtsauffassung von der Unzulässigkeit der Vertragsgesetze verfochten haben, hat sich keiner der Antragsteller bei der Abstimmung in der 2. Lesung am 5. Dezember 1952 durch dieses Verhalten der Antragsgegner davon abhalten lassen, seine Stimme für die Gesetze abzugeben.
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Es ist nicht nur das Recht der Opposition, außer ihren poli tischen auch ihre verfassungsrechtlichen Bedenken geltend zu machen, sondern im parlamentarisch-demokratischen Staat geradezu ihre Pflicht.
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Die Antragsteller legen besonderes Gewicht auf die Form, in der die Antragsgegner ihre Meinung verfechten. Für eine verfassungsrechtliche Betrachtungsweise kann es jedoch nur auf die Äußerung dieser Rechtsmeinung der Opposition an sich ankommen, nicht auf die Intensität, mit der die Meinung vorgetragen wird. Entweder bedeutet die Geltendmachung der Unvereinbarkeit eines Gesetzentwurfes mit dem Grundgesetz einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Pflichten oder sie bedeutet es nicht. Ob der Vorwurf verfassungswidrigen Vorgehens mit mehr oder minder starken politischen Vorwürfen wie "Staatsstreich" u. ä. verbunden wird, kann verfassungsrechtlich keine Bedeutung haben. Im Grunde sehen die Antragsteller das verfassungswidrige Verhalten der Antragsgegner, wie sich aus ihrem Hauptantrag zu 1) ergibt, nur darin, daß diese die Rechtsauffassung vertreten, die Vertragsgesetze seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, zu ihrer Verabschiedung bedürfe es daher einer vorherigen Verfassungsänderung.
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Der Hauptantrag zu 1) der Antragsteller geht dahin, festzustellen, daß die Antragsgegner dadurch gegen das Grundgesetz verstoßen, daß sie dem Deutschen Bundestag und der antragstellenden Mehrheit des Bundestages das Recht bestreiten, die Vertragsgesetze mit der in Art. 42 Abs. 2 Satz 1 GG vorgeschriebenen Mehrheit zu verabschieden. Wenn das Bundesverfassungsgericht diesem Antrag stattgeben würde, müßte es also die Äußerung einer verfassungsrechtlichen Meinung als Verstoß gegen das Grundgesetz behandeln und den Antragsgegnern untersagen, ihre Rechtsauffassung im Bundestag kundzutun. Das aber würde nicht nur gegen das jedermann zustehende Grundrecht der freien Meinungsäußerung, sondern insbesondere auch gegen das freie Mandat und das Recht der Redefreiheit für die Abgeordneten - Angelpunkte einer demokratisch-parlamentarischen Verfassung - verstoßen.
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Es gibt weder eine rechtliche Befugnis der Parlamentsmehrheit, ihre Rechtsansicht im Parlament durchzusetzen, noch gibt es eine Verpflichtung der Minderheit, sich der Rechtsauffassung der Mehrheit zu fügen. Das parlamentarische System beruht auf dem Kampf der freien Meinungen, die sowohl über die politische als auch über die rechtliche Seite vorgetragen werden können. Eine Unterwerfungspflicht besteht für jedermann erst gegenüber einer verkündeten Rechtsnorm, und zwar bis zu ihrer Wiederaufhebung oder Nichtigerklärung.
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e) Entgegen der zwingenden Verfahrensvorschrift des § 64 Abs. 2 BVerfGG haben die Antragsteller in ihrem Hauptantrag zu 1) keine Bestimmung des Grundgesetzes bezeichnet, gegen die die Antragsgegner verstoßen haben sollen. Dies war deshalb nicht möglich, weil nicht nur keine Bestimmung des Grundgesetzes den Abgeordneten verbietet, ihre Rechtsauffassung über die Zulässigkeit eines Gesetzentwurfs auszusprechen, sondern weil sich aus dem Gesamtinhalt des Grundgesetzes das Gegenteil dessen ergibt, was die Antragsteller als Rechtspflicht der Antragsgegner behaupten.
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f) Es geht den Antragstellern eben in Wahrheit nicht um die Beurteilung eines Verhaltens der Antragsgegner am Maßstabe des Grundgesetzes, sondern allein um die objektive Feststellung, ob die Vertragsgesetze mit dem Grundgesetz vereinbar sind oder nicht. Ein Bevollmächtigter der Antragsteller, der Abgeordnete Kiesinger, hat denn auch in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß insbesondere eine Entscheidung über den Hauptantrag zu 2) begehrt würde. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil v. 6. März 1952, BVerfGE 1, 148) kann es sich dabei aber nur um eine Anregung an das Gericht handeln, nach Ermessen von der ihm in § 67 Satz 3 BVerfGG eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen. Eine solche Entscheidung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil der Hauptantrag zu 1) unzulässig ist.
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g) Das Grundgesetz kann nach Art. 79 Abs. 1 GG durch ein Gesetz geändert werden. Ein solches Gesetz muß aber den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändern oder ergänzen. Damit sind die stillschweigende Verfassungsänderung und die Verfassungsdurchbrechung, die in der Praxis des Weimarer Verfassungsrechts für zulässig gehalten wurden, ausgeschlossen. Der Weg der verfassungsändernden Gesetzgebung gemäß Art. 79 GG ist von vornherein, von der Einbringung der Gesetzesvorlage ab, durch ein formales Element von dem normalen Gesetzgebungsverfahren unterschieden. Ein als einfaches Gesetz eingebrachter Entwurf wird als solcher beraten und verabschiedet, falls er nicht im Laufe des Verfahrens formell zu einer verfassungsändernden Vorlage umgestaltet wird. Wenn die Mehrheit des Bundestages sich davon überzeugt, daß der Inhalt eines Gesetzentwurfes, den sie politisch billigt, mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, wird sie entweder versuchen, die Zwei-Drittel-Mehrheit für die zunächst erforderliche Verfassungsänderung zu erreichen, oder aber sie wird aus Rechtsgründen den Entwurf ablehnen. Hält sie aber den Entwurf für vereinbar mit dem Grundgesetz, so wird sie ihm zustimmen. Die Rechtsauffassung der an der Abstimmung Beteiligten über deren Wirksamkeit hat allerdings rechtlich keine Bedeutung. Der Bundestag selbst entscheidet nicht über die Rechtswirksamkeit des Gesetzes. Stellt sich bei einem einfachen Bundesgesetz heraus, daß es inhaltlich mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist, so ist es von Anfang an nichtig, gleichgültig, mit welcher Mehrheit es beschlossen worden ist.
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Da Gesetzesvorlagen, die gemäß Art. 76 GG beim Bundestag eingebracht worden sind, von diesem behandelt werden müssen (vgl. Urteil des Senats vom 6. März 1952, BVerfGE 1,153), können Beratung und Abstimmung über einen Gesetzentwurf nicht verfassungswidrig sein. Insbesondere können sie nie einen Verstoß gegen Art. 79 GG darstellen, da dessen Verfahrensvorschriften nur anzuwenden sind, wenn eine verfassungsändernde Vorlage eingebracht ist. Die Antragsgegner haben auch nie etwas Gegenteiliges behauptet und haben sich an der Abstimmung beteiligt. Deshalb fehlt dem Hilfsantrag zu a) jede Grundlage. Er hat nämlich nicht die Rechtswirksamkeit eines etwa zustimmenden Beschlusses zur Entscheidung gestellt, was auch in diesem Verfah ren nicht möglich gewesen wäre. Es kommt hinzu, daß es sich bei der Beratung und Abstimmung nicht um Maßnahmen der Antragsteller, sondern um ein Tätigwerden des Bundestages selbst handelt.
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In ihrem Hilfsantrag zu b) legen die Antragsteller dem § 49 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundestages eine Bedeutung bei, die ihm nicht zukommt.
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Wenn es dort heißt:
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"Soweit nach dem Grundgesetz oder dieser Geschäftsordnung bei einem Beschluß oder einer Wahl von einer bestimmten Mitgliederzahl auszugehen ist, hat der Präsident durch ausdrückliche Erklärung festzustellen, daß die vorgeschriebene Mitgliederzahl anwesend ist und die Zustimmung der erforderlichen Mehrheit vorliegt",
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so bedeutet das hinsichtlich des Unterschiedes zwischen einfacher und verfassungsändernder Gesetzgebung nur, daß der Bundestagspräsident dann, wenn ein Gesetzentwurf formell als Verfassungsänderung oder Verfassungsergänzung bezeichnet ist, die Feststellung gemäß § 49 Abs. 2 GO, Art. 79 Abs. 2 GG zu treffen hat. Beim einfachen Gesetzgebungsverfahren bedarf es grundsätzlich nicht der ausdrücklichen Erklärung gemäß § 49 Abs. 2 GO; der Präsident stellt vielmehr einfach fest, daß die Mehrheit dem Gesetz zugestimmt habe.
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Wenn die formalen Voraussetzungen für die Erklärung nach § 49 Abs. 2 GO gegeben sind, z. B. bei einer verfassungsändernden Vorlage gemäß Art. 79 Abs. 1 GG, stellt der Präsident nur die Ziffern der Anwesenden und des Abstimmungsergebnisses tatsächlich fest. Seine Feststellung über die Annahme eines Gesetzes, ob sie nun als ausdrückliche Erklärung nach § 49 Abs. 2 GO erfolgt oder nicht, ist keine Rechtsentscheidung, über deren Richtigkeit sich ein verfassungsrechtlicher Zweifel erheben könnte. Er hat nicht zu prüfen, ob ein Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist und demgemäß ohne vorherige Änderung des Grundgesetzes beschlossen werden kann. Er stellt nicht einmal vorläufig fest, daß der Beschluß rechtswirksam ist.
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Der Hilfsantrag zu b) der Antragsteller ist daher nicht verständlich. Nach Meinung der Antragsteller sind die Vertragsgesetze mit dem Grundgesetz vereinbar. Selbst wenn sie das aber nicht sein sollten, kann der Bundestagspräsident eine Feststellung nach § 49 Abs. 2 GO nicht treffen, weil die Gesetzentwürfe als Vorlagen im einfachen Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden sind. Endlich würde eine Erklärung des Bundestagspräsidenten für das rechtliche Schicksal der Vorlagen ohne Bedeutung sein.
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5. Da die Antragsgegner nur die Kompetenz des Bundestages bestreiten, einen bestimmten Gesetzentwurf zu verabschieden, haben sie weder Rechte des Bundestages verletzt noch irgendwie seinen verfassungsrechtlichen Pflichtenkreis beeinträchtigt. Es fehlt also an allen Voraussetzungen für ein Verfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG.
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6. Die Auslegung des Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG hat ergeben, daß es rechtlich unmöglich ist, eine verfassungsrechtliche Zweifelsfrage, die sich im Bundestag bei dem inneren Prozeß der Willensbildung erhoben hat, im Gewand eines Organstreites zwischen Mehrheit und Minderheit oder zwischen Fraktionen vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Verfassungen, die eine verfassungsgerichtliche Klärung solcher Zweifelsfragen während des Gesetzgebungsverfahrens für erwünscht halten, haben darum auch besondere Verfahren nach dem Vorbild der abstrakten Normenkontrolle geschaffen und die Antragsberechtigung speziell geregelt.
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a) Auf Art. 110 des Entwurfs von Herrenchiemsee ist bereits hingewiesen worden. Diesen Vorschlag für eine vorbeugende Normenkontrolle hat der Parlamentarische Rat bewußt nicht aufgenommen. Er wollte, wie im Urteil des Ersten Senats vom 30. Juli 1952 (BVerfGE 1, 404 f.) ausgeführt ist, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über ein noch nicht verkündetes Gesetz grundsätzlich nicht einführen.
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b) Das bayerische Verfassungsrecht zeigt klar die Besonderheit und die Notwendigkeit spezieller Regelung, wenn Meinungsver schiedenheiten über die Auslegung der Verfassung, die innerhalb der parlamentarischen Beratung auftreten, einer verfassungsgerichtlichen Klärung zugeführt werden sollen.
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Obgleich Art. 64 Bayer. Verf. den Bayerischen Verfassungsgerichtshof zuständig macht, über alle Verfassungsstreitigkeiten zwischen den obersten Staatsorganen oder in der Verfassung mit eigenen Rechten ausgestatteten Teilen eines obersten Staatsorgans zu entscheiden, ist in Art. 75, der von der Verfassungsänderung handelt, in Abs. 3 ausdrücklich vorgesehen, daß der Verfassungsgerichtshof "Meinungsverschiedenheiten darüber, ob durch ein Gesetz die Verfassung geändert wird oder ein Antrag auf unzulässige Verfassungsänderung vorliegt", entscheidet. Diese Bestimmung zeigt zunächst einmal, daß in diesen Fällen nicht um die Kompetenz des Parlaments gestritten wird, sondern daß es sich um die objektive Prüfung der Vereinbarkeit eines Gesetzentwurfs mit der Verfassung handelt. Im übrigen wäre die Bestimmung nicht aufgenommen worden, wenn ihr ganzer Inhalt bereits von der Generalklausel des Art. 64 gedeckt wäre. Art. 75 Abs. 3 greift weiter als Art. 64, indem er nicht "Verfassungsstreitigkeiten" als Voraussetzung für die Anrufung des Verfassungsgerichts fordert, sondern "Meinungsverschiedenheiten" genügen läßt, und indem er die Antragsberechtigung nicht auf die in Art. 64 genannten Staatsorgane und Organteile beschränkt. § 43 Abs. 3 des Bayer. Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof in der Fassung des zweiten Änderungsgesetzes vom 10. Mai 1949 (GVBl.S.113) sieht denn auch vor, daß eine Gruppe von Abgeordneten, die eine bestimmte Meinung zu einer der in Art. 75 Abs 3 genannten Zweifelsfragen vertritt, den Verfassungsgerichtshof anrufen kann, und das Gesetz legt dann den Abgeordneten, welche die andere Auffassung vertreten, die prozessuale Stellung der Gegenpartei bei.
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c) Auch andere Landesverfassungen, welche die verfassungsgerichtliche Entscheidung im objektiven Verfahren auf Anstoß bestimmter Antragsberechtigter ausdrücklich bereits während des Gesetzgebungsverfahrens vorsehen. reihen diese Bestimmung re gelmäßig in den Abschnitt über Verfassungsänderungen ein. Vielfach stehen diese Bestimmungen offensichtlich in einem systematischen Zusammenhang damit, daß diese Verfassungen bereits bestimmte Gesetzes-Anträge ausdrücklich als unzulässig bezeichnen, was das Grundgesetz in Abweichung von dem Entwurf von Herrenchiemsee gerade nicht tut. Es wird verwiesen auf die Verfassungen von Baden, Art. 96, Rheinland-Pfalz, Art. 130 Abs. 1, und Württemberg-Baden, Art. 85 Abs. 1 Satz 3. Auch da, wo jede Zweifelsfrage über Auslegung oder Anwendung der Verfassung vor das Verfassungsgericht gebracht werden kann (Bremen, Art. 140, Württemberg- Hohenzollern, Art. 65 Abs. 1, Hessisches Gesetz über den Staatsgerichtshof §§ 17, 44), können die Antragsberechtigten die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzentwurfs zur verfassungsgerichtlichen Entscheidung stellen. Im Bund haben weder das Grundgesetz noch das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht eine der beiden Möglichkeiten eröffnet. Die Frage könnte daher nur als Vorfrage eines Organstreites vor das Bundesverfassungsgericht gebracht werden. Ein solcher aber besteht zwischen den Antragstellern und Antragsgegnern dieses Verfahrens nicht.
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C.
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Ein Verfassungsgericht kann zuständig sein, das Handeln der Staatsorgane oder das Ergebnis ihres Handelns zu kontrollieren.
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So kann das Handeln der gesetzgebenden Organe, der Erlaß eines Gesetzes bzw. die einzelnen Akte des Gesetzgebungsverfahrens, Gegenstand eines Organstreites werden, wenn ein Beteiligter behauptet, dadurch sei in seine Rechte eingegriffen worden.
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Bei der Normenkontrolle hingegen steht das Ergebnis des Handelns der Gesetzgebungsorgane zur Prüfung: die Norm als solche wird verglichen mit Normen höheren Ranges.
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Es wäre an sich möglich, auch den Entwurf eines Gesetzes als solchen einer verfassungsgerichtlichen Prüfung auf Vereinbarkeit mit der Verfassung zu unterwerfen. Das würde dann eine vor beugende abstrakte Normenkontrolle sein. Es ist bereits erwähnt worden, daß einige deutsche Landesverfassungen ein solches Verfahren kennen. Das Grundgesetz hat es aber nicht eingeführt, und es würde zu einer Veränderung seiner strukturellen Grundlagen führen, wenn man mit den Antragstellern die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG so weit dehnen würde, daß die Mehrheit des Bundestages die Vereinbarkeit eines Gesetzentwurfs mit dem Grundgesetz zur Entscheidung des Gerichts stellen könnte. Würde man parlamentarischen Gruppen die Befugnis geben, im Stadium des Gesetzgebungsverfahrens eine antizipierte Normenkontrolle als Organstreit einzuleiten, so würde das vom Grundgesetz geordnete echte Normenkontrollverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 seiner Bedeutung entkleidet werden. Da die Gesetzgebungsorgane nur solche Gesetze rechtswirksam beschließen können, die mit dem Grundgesetz vereinbar sind, müssen sie sich im Rahmen ihrer Beratungen auch über diese Frage schlüssig werden. Das gehört mit zu ihrer politischen Verantwortung, die ihnen vom Bundesverfassungsgericht nicht abgenommen werden kann. Erst in der Schlußabstimmung bekundet der Bundestag seinen Willen, ein Gesetz zu erlassen, und in der Regel steht erst dann fest, welchen Inhalt das Gesetz haben soll. Es wäre also untunlich, schon vorher die Verfassungsmäßigkeit eines Entwurfs zu prüfen. Die notwendige Begrenzung des Verfassungsgerichts auf die Rechtmäßigkeitskontrolle fordert größte Zurückhaltung, solange der politische Willensbildungsprozeß im Parlament noch im Gange ist. Erst wenn die gesetzgebenden Körperschaften ihren Entschluß gefaßt und damit die politische Verantwortung übernommen haben, soll das Bundesverfassungsgericht tätig werden. Von diesen Einsichten haben sich früher auch einige der Antragsteller in ihren Stellungnahmen zu der Frage leiten lassen, ob, wann und in welcher Verfahrensart die zwischen Regierungskoalition und Opposition streitigen Verfassungsfragen vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen werden können. So führte der Abgeordnete Dr. von Merkatz im Bundestag am 16. Mai 1952 aus:
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"Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Aufgabe, über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen im Wege der Normenkontrolle zu entscheiden. Es ist jedoch nicht die Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die politische Verantwortung von Regierung, Parlament und Bundespräsident zu übernehmen. Dies würde der Fall sein, wenn das Bundesverfassungsgericht in einem Zeitpunkt eine Entscheidung treffen würde, in dem weder eine Verpflichtung der Bundesregierung erzeugt ist, noch der Bundestag die politische Verantwortung für das Abkommen zu tragen hat, noch der Bundespräsident im Rahmen seiner Kompetenz zu der Verfassungsfrage überhaupt Stellung genommen hat. Diese Organe würden dadurch ihrer Prüfungsfreiheit beraubt werden. Das Bundesverfassungsgericht würde von einer Kontrollinstanz für die Rechtmäßigkeit zu einem für politische Entscheidungen richtungweisenden obersten Organ werden, und genau das war es, was wir vom ersten Tage der Beratungen über das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht an abgelehnt haben." (Sten.Bericht der 213. Sitzung des Bundestages S. 9396 D.)
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Während des Gesetzgebungsverfahrens mag es möglich sein, ein Gutachten des Plenums nach § 97 BVerfGG einzuholen. In dem mündlichen Bericht, den der Abgeordnete Dr. Kopf als Berichterstatter des Auswärtigen Ausschusses dem Bundestag am 16. Mai 1952 erstattet hat, weist er darauf hin, daß "vom Herrn Bundespräsidenten das Vorliegen der verfassungsmäßigen Voraussetzungen zu prüfen sein wird. Es wird die Möglichkeit bestehen, daß der Herr Bundespräsident, wenn irgendwelche Zweifel obwalten sollten, ein Gutachten des Bundesverfassungsgerichts erhebt". Ohne die Möglichkeit eines Antrages im Organstreit beim Zweiten Senat zu erwähnen, meinte der Berichterstatter: "Alle diese Kautelen könnten und dürften nach der Meinung des Ausschusses ausreichend sein, um den Verfassungsschutz zu gewährleisten" (Sten. Bericht der 213. Sitzung des Bundestages, S. 9393 C).
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In der Sitzung des Bundestages vom 18. Juni 1952 wurde der Antrag der Fraktion der SPD betreffend Vorbereitung der Beratung des Vertrages über die Europäische Verteidigungsge meinschaft (Drucks. Nr. 3410) beraten. Dieser Antrag lautete zu Nr. 3:
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"Um die Beschlußfassung darüber vorzubereiten, ob dieser Bundestag ohne Neuwahl legitimiert ist, über eine Wehrverfassung zu entscheiden, sowie ob eine Zustimmung zum Vertrage über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ohne vorangegangene Ergänzung und Abänderung des Grundgesetzes zulässig ist, wird der Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht beauftragt, nach öffentlicher Anhörung von Professoren des Staatsrechts dem Bundestag Bericht zu erstatten."
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In der Debatte bemerkte der Abgeordnete Professor Dr. Laforet, der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, der als Mitglied der CDU/CSU-Fraktion zu den Antragstellern dieses Verfahrens gehört:
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"Mit der Prüfung der Frage, ob die Zustimmung zum Antrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ohne vorangegangene Änderung des Grundgesetzes zulässig ist, ist durch das Ersuchen des Herrn Bundespräsidenten das Plenum des Bundesverfassungsgerichts befaßt. Mit dem Gutachten des Bundesverfassungsgerichts wird dann dem Bundestag der Behelf gegeben, der in Ziffer 3 des Antrags auf Drucks. Nr. 3410 gewünscht ist. Das erstrebte Ziel wird also demnächst erreicht. Der Antrag zu Ziff. 3 ist sachlich erledigt und abzulehnen." (Sten.Bericht der 219. Sitzung des Bundestages S. 9626 D.)
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Das Bundesverfassungsgericht kann zur Zeit sachlich zu den Streitfragen nicht Stellung nehmen, da der Bundespräsident seinen Antrag auf Erstattung eines Gutachtens zurückgenommen hat, und da die Antragsteller sowie die unter ihnen sich befindenden Mitglieder der Bundesregierung sich nicht dazu entschlossen haben, einen gemeinsamen Antrag von Bundestag, Bundesregierung und Bundesrat auf Gutachtenerstattung herbeizuführen.
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Weder der von 145 Abgeordneten des Bundestages vor dem Ersten Senat beschrittene Weg der vorbeugenden Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG noch der mit dem gleichen Ziel angebrachte Antrag der gegenwärtigen Antragsteller beim Zweiten Senat gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG konnte nach den zwingenden Zuständigkeitsvorschriften des Grundgesetzes zum Ziele führen. So konnte der Zweite Senat ebenso wie der Erste Senat nur zu einem prozeßabweisenden Urteil kommen.
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Außerhalb seiner, durch das Grundgesetz streng umrissenen Zuständigkeit kann der Senat eine sachliche Entscheidung nicht fällen, auch wenn die Antragsteller noch so eindringlich behaupten, daß ein Bedürfnis dafür bestehe. Ob und welche politischen Konsequenzen sich daraus ergeben, daß die Anträge der Antragsteller als unzulässig verworfen werden, darf für das Bundesverfassungsgericht keine Rolle spielen. Es hat allein nach dem Recht zu entscheiden.
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