Beschluß | |
des Ersten Senats vom 4. Februar 1959
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- 1 BvR 197/53 - | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Kaufmanns Kurt K. gegen a) den Bußgeldbescheid des Präsidenten des Landbezirks Baden, Abteilung Wirtschaft und Arbeit, Preisüberwachungsstelle, in Karlsruhe, vom 28. Februar 1951, b) den Beschluß des Landgerichts Mannheim vom 30. September 1952 - Qs 130/51 -; c) den Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart, Nebensitz Karlsruhe, vom 28. März 1953 - 1 Ws 46/52 -.
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Entscheidungsformel:
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Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
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Gründe: | |
I.
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Der Beschwerdeführer ist Alleininhaber der Firma ... in Mannheim. Zwei seiner leitenden Angestellten hatten in den Jahren 1949 und 1950 im Betrieb Handlungen vorgenommen, in denen die Preisüberwachungsstelle Verstöße gegen die Festpreisregelungen im Güterfernverkehr nach § 14 des Gesetzes über den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 26. Juni 1935 - RGBl. I S. 788 - (in der Fassung des Güterfernverkehrsänderungsgesetzes vom 2. September 1949 - WiGBl. S. 306 -) und § 9 Abs. 2 der Kraftverkehrsordnung für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 30. März 1936 (RVkBl. 1936 Teil B S. 151) in Verbindung mit dem Reichskraftwagentarif für den Güterfernverkehr mit Kraftfahrzeugen erblickte. Die Preisüberwachungsstelle belegte den Beschwerdeführer durch Bescheid vom 28. Februar 1951 auf Grund des § 23 des Wirtschaftsstrafgesetzes vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) - WiStG 1949 - wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht mit einer Geldbuße von 8000 DM.
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II.
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Der Beschwerdeführer hat Verfassungsbeschwerde gegen den Bußgeldbescheid und die gerichtlichen Entscheidungen erhoben; er fühlt sich in seinen "in Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2, Art. 12, Art. 103 Abs. 2 GG geschützten Rechten" verletzt.
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Zur Begründung trägt er vor, die Geldbuße sei auf Grund einer ungültigen Vorschrift festgesetzt worden; denn § 23 WiStG habe, da er eine Vermutung für die Schuld des Täters aufstelle und dem Beschuldigten den Entlastungsbeweis aufbürde, im Widerspruch zu dem anerkannten und von den Grundrechten der Art. 1 und 2 GG umfaßten Menschenrecht gestanden, das jede Bestrafung verbiete, solange dem Beschuldigten nicht Tat und Verschulden nachgewiesen seien. Der Gesetzgeber habe dies inzwischen selbst anerkannt, denn im Wirtschaftsstrafgesetz 1954 (§ 5) sei die Schuldvermutung beseitigt.
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Der Bundesminister der Justiz hält die Beschwerde für unbegründet; die Umkehrung der Beweislast im Tatbestand des § 23 WiStG sei verfassungsrechtlich zulässig gewesen, weil die Geldbuße von der kriminellen Strafe unterschieden werden müsse und die Ordnungswidrigkeit in ihrer "moralischen und ethischen Indifferenz" den Bereich der Menschenwürde überhaupt nicht berühre; die Beseitigung solcher Schuldvermutungen sei zwar beabsichtigt, jedoch nur aus rechtsdogmatischen und rechtspolitischen Erwägungen.
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Das Innenministerium Baden-Württemberg hat sich im gleichen Sinn geäußert und weiter darauf hingewiesen, daß sich das Landgericht nicht damit begnügt habe, eine schuldhafte Verletzung der Aufsichtspflicht durch den Beschwerdeführer zu unterstellen; es habe vielmehr von sich aus eine selbständige Tatbestands- und Schuldfeststellung getroffen.
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Der Beschwerdeführer hat auf mündliche Verhandlung verzichtet.
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Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
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Dem Beschwerdeführer kommt es, wie er in seinem Schriftsatz vom 27. Oktober 1958 ausdrücklich betont, allein darauf an, festgestellt zu sehen, daß § 23 WiStG 1949, auf den der Bußgeldbescheid gestützt ist, verfassungswidrig war.
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Die Bestimmung lautete:
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§ 23 Verletzung der Aufsichtspflicht.
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Wird eine Zuwiderhandlung gegen Bestimmungen dieses Gesetzes in einem Betrieb begangen, so kann wegen Verletzung der Aufsichtspflicht eine Geldbuße gegen die Inhaber oder Leiter und, falls Inhaber des Betriebes eine juristische Person oder eine Handelsgesellschaft ist, auch gegen diese festgesetzt werden, wenn der Inhaber oder Leiter oder der zur gesetzlichen Vertretung Berechtigte nicht nachweist, daß er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewandt hat, um die Zuwiderhandlung zu verhüten.
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1. Es ist im modernen Strafrecht selbstverständlich, daß eine Bestrafung Schuld voraussetzt (BGHSt 2, 194 [200]) und daß dem Täter Tat und Schuld nachgewiesen werden müssen. Immerhin wird allgemein angenommen, daß nicht jede Form einer "Schuldvermutung" rechtsstaatlichen Grundsätzen widerstreitet - es kommt auf die Gestaltung des gesetzlichen Tatbestandes im Einzelfall an (s. etwa Eberhard Schmidt, Lehrkommentar zur StPO und zum GVG, Bd. I, 1952, Nr. 307 f.). Dies bedarf hier keiner näheren Erörterung, da es sich bei § 23 WiStG 1949 nicht um einen Tatbestand des Strafrechts, sondern um eine Ordnungswidrigkeit handelte, die demgemäß nicht im Strafverfahren verfolgt, sondern nur mit Geldbuße geahndet werden konnte (vgl. Beschluß vom 14. Oktober 1958 - 1 BvR 510/52 - NJW 195 S. 1963).
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2. Allerdings würde der formale Gesichtspunkt, daß die Ordnungswidrigkeit nicht kriminelles Delikt, das Bußgeldverfahren kein Strafverfahren ist, nicht ausreichen, um eine Abweichung von dem Grundsatz der Unzulässigkeit von Schuldvermutungen zu rechtfertigen. Im Bußgeldverfahren gelten der Natur der Sache nach manche Grundsätze des Strafrechts und des Strafverfahrensrechts sinngemäß (vgl. Rotberg, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 2. Aufl. 1958, Einführung S. 32 f.). Auch eine Ordnungswidrigkeit kann nur festgestellt werden, wenn ein bestimmt umschriebener gesetzlicher Tatbestand verwirklicht ist; auch hier kann nur geahndet werden, wenn der Täter schuldhaft, und zwar in der Regel vorsätzlich, gehandelt hat (s. Eberhard Schmidt, Das neue westdeutsche Wirtschaftsrecht, 1950, S. 51 f.; vgl. jetzt § 11 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten); daher entspricht es rechtsstaatlichem Denken, daß die Verwaltungsbehörde die Tatsachen einwandfrei feststellt, die nach ihrer Ansicht den Tatbestand erfüllen und den Schuldvorwurf begründen. Verbleibende Zweifel müssen grundsätzlich zugunsten des Betroffenen wirken; der Rechtssatz "in dubio pro reo" gilt auch hier (s. Rotberg, a.a.O., Anm. 9 zu § 12).
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3. Trotzdem bestehen keine zwingenden Gründe dafür, die Vorschrift des § 23 WiStG 1949, die seit dem Inkrafttreten des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 vom 9. Juli 1954 - BGBl. I, 175 nicht mehr gilt, noch nachträglich insoweit für verfassungswidrig zu erklären, als sie dem Betroffenen einen Entlastungsbeweis aufbürdete.
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a) Der gesetzliche Tatbestand ist seinem Inhalt nach nicht rechtsstaatswidrig, weil er etwa dem Betroffenen Unzumutbares auferlegte. Es wird nicht ein ordnungswidriges Verhalten schlechthin vermutet. Vielmehr muß zunächst nach allgemeinen Regeln nachgewiesen werden, daß im Betrieb eine bestimmte Zuwiderhandlung begangen worden ist. Steht dies aber fest, dann spricht eine gewisse tatsächliche Vermutung dafür, daß der Inhaber oder Leiter des Betriebes von ihr Kenntnis gehabt, sie mindestens durch Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht nicht verhindert, also ermöglicht und verschuldet hat. Es ist deshalb nicht unbillig, wenn der Verwaltungsbehörde gestattet wird zunächst abzuwarten, was der Inhaber oder Leiter zu seiner Entlastung vorbringt, ehe sie selbst daran geht, die Organisation des Betriebes im einzelnen durchzuprüfen, um festzustellen, ob das Erforderliche zur Vermeidung solcher Zuwiderhandlungen geschehen war. Für den Inhaber oder Leiter ist es leichter nachzuweisen, daß er das in diesem Betrieb konkret Erforderliche veranlaßt hat (mehr hat er nicht darzutun - vgl. Eberhard Schmidt, a.a.O., S. 53), als es für die Verwaltungsbehörde wäre zu beweisen, was in einem ihr zunächst fremden Betrieb hätte geschehen müssen.
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b) Es handelt sich um eine reine Ordnungswidrigkeit (im Gegensatz zu den Wirtschaftsstraftaten und den Taten, die je nach ihrer Schwere Wirtschaftsstraftaten oder Ordnungswidrigkeiten sein können). Das bedeutet, daß der Schuldvorwurf hier die Sphäre des Ethischen nicht erreicht. Dem Täter wird - der Idee nach - nicht Auflehnung gegen die staatliche Rechtsordnung in einem grundsätzlichen, mit fehlerhafter Persönlichkeitshaltung zusammenhängenden Sinne zur Last gelegt; demgemäß fehlt der Geldbuße der Ernst der staatlichen Strafe. Es liegt bloßer Ungehorsam gegen "technisches", zeit- und verhältnisbedingtes Ordnungsrecht der staatlichen Verwaltung vor, auf den diese mit einer scharfen "Pflichtenmahnung" (Erik Wolf) antwortet. Ist aber der Bereich der sittlichen Persönlichkeit des Menschen überhaupt nicht berührt, so scheidet ein Verstoß dieser gesetzlichen Regelung gegen die Menschenwürde aus (s. auch Eberhard Schmidt, a.a.O., S. 45 f., 51 f.).
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Vom praktischen Standpunkt aus ist wichtig, daß bei Ordnungswidrigkeiten kein Verfolgungszwang besteht; ob eine Geldbuße festgesetzt wird, entscheidet die Verwaltungsbehörde nach pflichtmäßigem Ermessen ("kann" in § 23 WiStG 1949; jetzt allgemein § 7 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten; s. auch Eberhard Schmidt, Lehrkommentar, Bd. I Nr. 324 ff., 330). Dadurch ist es möglich, Härten zu vermeiden, die sich bei einer Abweichung von dem Grundsatz "in dubio pro reo" aus dem Legalitätsprinzip ergeben können; die Verwaltungsbehörde ist, wenn dem Betroffenen der "Entlastungsbeweis" nicht voll gelingt, nicht genötigt, eine Geldbuße festzusetzen.
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c) Die Bestimmung muß im Rahmen der geschichtlichen Entwicklung des Wirtschaftsstrafrechts gesehen werden. Seit sich dieses mit der Intensivierung der staatlichen Eingriffe in das Wirtschaftsleben zu einem eigenen Zweig des Strafrechts entwickelt hatte und - vor allem in der Zeit der Zwangswirtschaft die Zahl der strafbaren Tatbestände immer mehr anwuchs, entstand die Gefahr eines Übermaßes staatlichen Strafens, bei dem der Sinn der Strafe verlorenzugehen drohte. Es ergab sich das Bedürfnis, "Ordnungsstraftatbestände" zu schaffen; sie sollten sich von den kriminellen Vergehen durch den Grad des ethischen Unwertgehaltes unterscheiden und von der Verwaltung mit Ordnungsstrafen geahndet werden, die keinen ehrenrührigen Charakter hatten und nicht ins Strafregister eingetragen wurden. Aus dieser besonderen Natur der Ordnungsstraftaten wurde zunächst gefolgert, daß sie - entgegen allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen - auch gegen juristische Personen und gegen Betriebe als solche verhängt werden könnten. Wenn es aber darauf ankam, den für die einzelne Zuwiderhandlung im Betrieb Verantwortlichen zu ermitteln und ihm die Schuld nachzuweisen, schien es - vor allem im Hinblick auf die Häufigkeit solcher Verstöße und die Notwendigkeit rascher Erledigung der Verfahren - aus praktischen Gründen geboten, im übrigen aber auch der Lebenserfahrung zu entsprechen, wenn beim Inhaber oder Leiter des Betriebs eine Verletzung der Aufsichtspflicht angenommen und ihm der Nachweis überlassen würde, daß er das Erforderliche zur Vermeidung der Verstöße getan habe. So entstanden Vorschriften wie §§ 13, 14 der Verordnung über den Warenverkehr vom 4. September 1934 - RGBl. I S. 816 -, § 47 des Gesetzes über die Devisenbewirtschaftung vom 4. Februar 1935 - RGBl. I S. 106 - (§ 74 der Neufassung vom 12. Dezember 1938 - RGBl. I S. 1734 -), § 8 Abs. l Satz 2 der Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften vom 3. Juni 1939 - RGBl. I S. 999 -. Sie wurden nicht als Fremdkörper im Strafrecht empfunden, weil es damals, besonders im Verbrauchsteuer- und Zollrecht, "Vermutungstatbestände" noch in größerer Zahl gab (vgl. etwa O. Bühler, Steuerrecht, 2. Aufl. 1953, Bd. I S. 422 f.).
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Bestimmungen dieser Art wurden auch nach dem Zusammenbruch von 1945 als unentbehrlich, aber auch als unbedenklich angesehen und darum sogar noch neu erlassen. Hier ist vor allem auf § 16 des Bewirtschaftungsnotgesetzes vom 30. Oktober 1947 - WiGBl. 1948 S. 3 - hinzuweisen, eine dem § 23 WiStG 1949 im wesentlichen inhaltsgleiche Vorschrift, die für einen besonders weiten Anwendungsbereich galt; sie wurde für Verstöße gegen das Kraftfahrzeugmißbrauchsgesetz vom 21. November 1947 - WiGBl. S. 9 - ergänzt durch § 8 der Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz (aaO S. 10, 29).
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Bei der Ausarbeitung des Wirtschaftsstrafgesetzes 1949 sind die möglichen rechtsstaatlichen Bedenken gegen solche "Regelungen der Beweislast" gesehen worden; man glaubte, sie überwinden zu können, weil man die Regelungen als sachgemäß und bei reinen Ordnungswidrigkeiten noch tragbar ansah (Eberhard Schmidt, a.a.O. S. 53). So ist § 23 WiStG 1949 auch in die vom 1. April 1952 an geltende Neufassung des Gesetzes ("WiStG 1952") übernommen worden. Inzwischen waren jedoch im Fortschreiten der auf möglichst rechtsstaatliche Gestaltung des gesamten Strafrechts gerichteten Reformgedanken die Vermutungstatbestände immer mehr beseitigt worden. Damit wuchs auch die Kritik an Bestimmungen der hier vorliegenden Art. So ist die Vorschrift des § 23 schließlich im Wirtschaftsstrafgesetz 1954 (§ 5) dahin umgestaltet worden, daß dem Aufsichtspflichtigen die Schuld voll nachgewiesen werden muß. Das ist als ein Ergebnis fortschreitender rechtsstaatlicher Ordnung zu werten, bedeutet aber nicht, daß die frühere Fassung geradezu als rechtsstaats- und daher verfassungswidrig bezeichnet werden müßte. Bei ihrer Beurteilung kann nicht außer Betracht bleiben, daß es sich um eine überkommene, in der Verwaltungspraxis und von den Gerichten als gültig behandelte, von der Rechtsgemeinschaft hingenommene und auch von Vertretern streng rechtsstaatlicher Auffassungen nicht mißbilligte Vorschrift handelte; Unvereinbarkeit mit den Prinzipien des Rechtsstaats läßt sich bei ihr nicht mit solcher Klarheit und Evidenz feststellen, daß sie für grundgesetzwidrig erklärt werden müßte.
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4. Sind somit entscheidende Gründe für eine Verfassungswidrigkeit des § 23 WiStG 1949 nicht feststellbar, so kommt es nicht mehr darauf an, ob, wie das Innenministerium Baden-Württemberg darlegt, im vorliegenden Fall eine Grundrechtsverletzung auch deshalb entfällt, weil die Gerichte die Schuldvermutung des § 23 tatsächlich nicht angewendet, sondern von sich aus eine schuldhafte Verletzung von Aufsichtspflichten durch den Beschwerdeführer festgestellt haben.
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