2. Eine Entscheidung, daß die erschwerende Voraussetzung der Witwerrente gegenüber der Witwenrente in der Sozialversicherung (§ 43 Abs. 1 AVG und § 1266 Abs. 1 RVO: überwiegendes Bestreiten des Unterhalts der Familie durch die verstorbene Ehefrau) mit dem Grundgesetz unvereinbar sei, kann gegenwärtig nicht getroffen werden.
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3. Der Gesetzgeber ist jedoch verpflichtet, sich um eine sachgerechtere Lösung zu bemühen, die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG für die weitere Zukunft ausschließt.
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Urteil | |
des Ersten Senats vom 12. März 1975 auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 1974
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-- 1 BvL 15, 19/71 und 32/73; 1 BvR 297, 315/71, 407/72 und 37/73 - | |
in den Verfahren 1. zur verfassungsrechtlichen Prüfung des § 43 Abs. 1 AVG a) Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Sozialgerichts Duisburg vom 28. April 1971 (S 13 An 192/70) - 1 BvL 15/71 -, b) Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Sozialgerichts Duisburg vom 27. April 1971 (S 15 An 139/70) - 1 BvL 19/71 -, c) Aussetzungs- und Vorlagebeschluß des Sozialgerichts Duisburg vom 15. November 1973 (S 15 An 120/73) - 1 BvL 32/73 -; 2. über die Verfassungsbeschwerden a) des Herrn Willi B... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Kurt Thon, Frankfurt, Zeil 65/69 - aa) unmittelbar gegen das Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. April 1971 - 1 RA 101/70 -, bb) mittelbar gegen § 43 Abs.1 AVG - 1 BvR 297/71 -, b) der Frau Erna W... - Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Hans Röss, Karlsruhe, Kronenstraße 8 - aa) unmittelbar gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. April 1971 - L 9 J 860/68 -, bb) mittelbar gegen § 1266 Abs. 1 RVO - 1 BvR 315/71 -, c) des Herrn Alfons D... aa) unmittelbar gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Mai 1972 - L 4 J 1689/70 -, bb) mittelbar gegen § 1266 Abs.1 RVO - 1 BvR 407/72 -, d) des Herrn Hans Sch... - Bevollmächtigte Rechtsanwälte Otto Silber und Doris Ott-Silber, Berlin 30, Rosenheimer Straße 4 - aa) unmittelbar gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 21. November 1972 - L 12 An 234/71 -, bb) mittelbar gegen § 43 Abs. 1 AVG - 1 BvR 37/73 -.
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Entscheidungsformel:
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1. § 43 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten (Angestelltenversicherungs- Neuregelungsgesetz -- AnVNG) vom 23. Februar 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 88) und § 1266 Absatz 1 der Reichsversicherungsordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter (Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz -- ArVNG) vom 23. Februar 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 45) sind nach Maßgabe der Gründe mit dem Grundgesetz vereinbar.
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2. Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
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3. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
§ 43 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) i.d.F. des Art. 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl. I S. 88) und § 1266 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) i.d.F. des Art. 1 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBL. I S. 45) haben folgenden Wortlaut:
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§ 43 Abs. 1 AVG, § 1266 Abs. 1 RVO
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Witwerrente erhält der Ehemann nach dem Tod seiner versicherten Ehefrau, wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat.
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Demgegenüber erhält die Witwe des Versicherten in beiden Versicherungszweigen Hinterbliebenenrente ohne die genannte Voraussetzung (§ 41 AVG, § 1264 RVO). Das Bundesverfassungsgericht hat § 43 Abs. 1 AVG durch Urteil vom 24. Juli 1963 (BVerfGE 17, 1) für vereinbar mit dem Grundgesetz erklärt.
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B. | |
Die drei Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG haben folgenden Inhalt:
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I.
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1. Vorlageverfahren 1 BvL 15/71.
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Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist jetzt 53 Jahre alt. Seine Ehefrau starb 1970 im Alter von 47 Jahren. Sie war im Jahre 1965 schwer erkrankt. Deswegen konnte sie ihrer bis dahin ausgeübten Berufstätigkeit als Angestellte nicht mehr nachgehen. Sie war auch nicht mehr in der Lage, den Haushalt zu führen, in dem außer ihrem Ehemann noch der im Jahre 1948 geborene Sohn der Eheleute lebte. Ab September 1966 bezog sie eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die zuerst 178,30 DM und zuletzt ab Januar 1970 217.- DM monatlich betrug. Ihr Ehemann ist Angestellter der Deutschen Bundesbahn. Sein Verdienst lag im März 1965 bei 785,72 DM. Wegen einer Erkrankung muß er eine strenge Diät einhalten.
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Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lehnte den Antrag auf Gewährung der Witwerrente ab. Das vom Kläger angerufene Sozialgericht kam zu der Überzeugung, daß die verstorbene Ehefrau den Unterhalt der Familie zumindest in der Zeit vom Beginn ihrer Erkrankung im Jahre 1965 bis zu ihrem Tode im Jahre 1970 nicht überwiegend bestritten habe.
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2. Vorlageverfahren 1 BvL 19/71
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Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist jetzt 65 Jahre alt. Seine Ehefrau starb im Oktober 1968 im Alter von 55 Jahren. Sie war nach den Feststellungen des Sozialgerichts als Prokuristin im Gewerbebetrieb ihres Ehemannes tätig gewesen und hatte daneben den Haushalt geführt. Außerdem hatte sie seit dem 1. November 1967 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bezogen, die zunächst 275,70 DM, ab Januar 1968 291,90 DM im Monat betrug. Das Einkommen aus dem Gewerbebetrieb sah das Finanzamt zu 65% als Einkommen des Mannes, zu 35% als Einkommen der Frau an. Danach entfielen von den rund 112 000 DM an Einkommen aus dem Gewerbebetrieb rund 73 000 DM auf den Mann und rund 39 000 DM auf die Frau.
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Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lehnte die Bewilligung der Witwerrente ab. Das Sozialgericht, vor dem der Witwer Klage erhob, gelangte zu dem Ergebnis, daß die Ehefrau den Unterhalt der Familie nicht überwiegend bestritten habe. Es legte dabei die vom Finanzamt vorgenommene Aufteilung des Einkommens auf die Ehegatten zugrunde und führte aus, daß die Ehefrau, auch wenn man ihre Rente berücksichtige und den Wert der Hausfrauentätigkeit mit 800 bis 900 DM im Monat bemesse, das Einkommen des Mannes nicht erreicht habe.
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3. Vorlageverfahren 1 BvL 32/73.
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Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist jetzt 78 Jahre alt. Seine Ehefrau starb im Februar 1972 im Alter von 71 Jahren. Sie war vor ihrem Tode längere Zeit, jedenfalls im letzten Jahr vor ihrem Tode, bettlägerig krank gewesen und hatte keinen wesentlichen Beitrag zur Haushaltsführung mehr leisten können. Im Jahre 1971 bezog sie Renten von insgesamt 576,90 DM monatlich, und zwar 316,10 DM aus der Angestelltenversicherung sowie eine Unfallrente von 260,80 DM. Diese Beträge erhöhten sich 1972 auf zusammen 630,10 DM. Ihr Ehemann hatte 1971 monatliche Einkünfte von 644,60 DM, die sich aus 465,50 DM Rente aus der Arbeiterrentenversicherung, 124,10 DM Unfallrente und 65,- DM Kriegsbeschädigtenrente zusammensetzten. Im Jahre 1972 erhöhten sich diese Bezüge auf zusammen 690,20 DM. Die Eheleute wandten monatlich 150,- DM für fremde Hilfe bei der Haushaltsführung auf.
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Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte lehnte die Zahlung einer Witwerrente ab. Das vom Kläger angerufene Sozialgericht stellte fest, daß die Ehefrau bis zu ihrem Tode nur in einem etwas geringerem Umfang als der Kläger und damit nicht überwiegend zum Familienunterhalt beigetragen habe.
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II.
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Das Sozialgericht hat die Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt,
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ob § 43 Abs. 1 AVG insoweit gegen Verfassungsgrundsätze verstößt, als in dieser Bestimmung die Gewährung der Witwerrente nach § 41 AVG von der zusätzlichen Voraussetzung der überwiegenden Unterhaltsleistung für die Familie durch die Verstorbene abhängig gemacht ist.
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Dazu führt das Gericht im wesentlichen aus, die erneute Vorlage einer vom Bundesverfassungsgericht bereits für verfassungsmäßig erklärten Vorschrift müsse dann zulässig sein, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse und allgemeinen rechtlichen Umstände, von denen die frühere Entscheidung ausgegangen sei, maßgeblich verändert hätten. Das sei hier der Fall.
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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1963 (BVerfGE 17, 1) gehe davon aus, daß durch die verschiedene Regelung von Witwen- und Witwerrente nur ein verschwindend geringer Prozentsatz von Frauen bevorzugt werde, deren Unterhaltsstandard durch den Tod des Ehemannes und den Wegfall seines Verdienstes keine Einbuße erleide. Inzwischen sei aber der Anteil der abhängig erwerbstätigen verheirateten Frauen an der Gesamtzahl aller abhängig Beschäftigten erheblich gestiegen. Er könne im Rahmen einer erlaubten Typisierung nicht mehr vernachlässigt werden.
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Die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, für den verwitweten Mann gehe in der Regel mit dem Verlust an Unterhaltsleistungen, die von der verstorbenen Ehefrau erbracht worden seien, ein wirtschaftlicher Ausgleich einher, treffe angesichts der Preis- und Lohnverhältnisse sowie der Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zu. Im Gegenteil würden die durch den Tod der Ehefrau verursachten bleibenden erheblichen Kosten jedenfalls im Regelfall durch den Wegfall der Unterhaltsleistungen für die Verstorbene nicht aufgewogen.
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Auch der Wegfall der Versicherungspflichtgrenze in der Angestelltenversicherung habe zu einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und zu einer anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung des § 43 AVG geführt. Da sich die Rentenversicherung nunmehr auf alle Einkommensschichten erstrecke, trete ihr Versicherungscharakter im Gegensatz zu früher viel stärker in den Vordergrund. Dafür spreche auch die Übergangsregelung, wonach es den neu zu versichernden Angestellten freigestanden habe, sich durch Abschluß einer entsprechenden Lebensversicherung von der Versicherungspflicht "freizukaufen".
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Eine neue Sachlage sei auch durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 11. April 1967 (BVerfGE 21, 329) eingetreten. Aufgrund dieser Entscheidung seien in den Beamtengesetzen Witwer und Witwe bei der Hinterbliebenenversorgung gleichgestellt worden. Was für den Witwer einer Beamtin gelte, müsse auch für den verwitweten Ehegatten einer in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Frau Gültigkeit haben.
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Schließlich unterliege die Frage, wer von den Eheleuten welche Beiträge zum Familienunterhalt leiste, heute in erster Linie der freien Vereinbarung der Eheleute. Demgegenüber gehe die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 17, 1 von der "Nur-Hausfrauen-Ehe" als nahezu alleiniger Regel und selbstverständlichem Leitbild aus.
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In sachlicher Hinsicht verstießen die einschränkenden Voraussetzungen der Witwerrente in § 43 Abs. 1 AVG gegen Art. 3 Abs. 1, 2 und 3 GG. Diese Verfassungsnormen seien verletzt, weil bei gleichen Beitragsleistungen der versicherten Frau aus ihren Beiträgen ein geringerer Versicherungsschutz zuteil werde als dem versicherten Mann.
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III.
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1. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der sich namens der Bundesregierung geäußert hat, ist der Auffassung, es lasse sich zur Zeit nicht sagen, der Wandel der Lebensverhältnisse oder der allgemeinen Rechtsauffassung sei schon so weit fortgeschritten, daß die geltende Regelung verfassungswidrig sei.
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Ein verhältnismäßig starker Lohnanstieg im Bereich hauswirtschaftlicher Berufe könne die Annahme nicht rechtfertigen, daß der Tod der Ehefrau die Unterhaltssituation des überlebenden Ehemannes heute im allgemeinen empfindlicher verschlechtere als im Jahre 1963. Auch durch die inzwischen erfolgte Aufhebung der Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Angestelltenversicherung sei die Zuordnung der Rentenversicherung zum Bereich der darreichenden Verwaltung nicht in Frage gestellt worden.
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Der Anteil der erwerbstätigen Ehefrauen an der Gesamtzahl der verheirateten Frauen habe im Jahre 1973 nach Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes zwar 37,7 v. H. erreicht, wovon 7,6% mithelfende Familienangehörige, 2% Selbständige und 28% abhängig Beschäftigte gewesen seien. Der Anstieg dieser Quote sei aber wesentlich auf eine Zunahme der Teilzeitarbeit zurückzuführen. Vor allem bei der Gruppe älterer Frauen könne zur Zeit noch nicht von einem grundlegenden Wandel des Erwerbsverhaltens gesprochen werden. Allein auf diese Gruppe der Frauen könne aber bei einer typisierenden Betrachtung abgestellt werden, weil zu ihr die Witwen vornehmlich gehörten und sie aus mancherlei Gründen im Vergleich zu Männern und unverheirateten Frauen oft ein niedrigeres eigenes Arbeitseinkommen oder nur eine niedrige Rente aus eigener Versicherung hätten.
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Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts zur Gewährung von beamtenrechtlichem Witwergeld (BVerfGE 21, 329) müsse unberücksichtigt bleiben; diese Entscheidung habe ausdrücklich nur auf die Beamtenversorgung und die spezifischen, nur im Beamtenverhältnis liegenden Besonderheiten abgestellt.
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Bedeutsamer als alle Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse sei der Wandel der Rechtsauffassung, der sich seit 1963 vollzogen habe. Die Rollenverteilung innerhalb der Familie, wie sie dem historischen Gesetzgeber vorgeschwebt habe und von der auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgegangen sei, habe sich inzwischen geändert, ohne daß die Entwicklung jedoch bereits abgeschlossen sei. Aus dem Wandel der Rechtsauffassung folge aber nicht, daß die gesetzlichen Vorschriften keine noch sinnvolle Regelung von Anspruchsvoraussetzungen mehr enthielten, zumal das gewandelte Rechtsempfinden die tatsächlichen Verhältnisse noch nicht allgemein und entscheidend geprägt habe.
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Im Falle der Verfassungswidrigkeit des geltenden Rechts sei die Einführung einer unbedingten Witwerrente, wie sie das vorlegenden Gericht erstrebe, eine sehr kostspielige, zu Beitragserhöhungen zwingende und nicht allein in Betracht kommende Ersatzlösung. Vielmehr müsse dem Gesetzgeber die Freiheit gelassen werden, die erschwerende Voraussetzung auf die Witwenrente zu übertragen oder eine ganz andere Regelung, etwa im Sinne einer eigenständigen Sicherung der Frau, zu treffen.
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2. Der 11. Senat des Bundessozialgerichts bejaht unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Verfassungsmäßigkeit des § 43 Abs. 1 AVG (= § 1266 Abs. 1 RVO).
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3. Der Kläger des Ausgangsverfahrens 1 BvL 32/73 schließt sich der Auffassung des vorlegenden Gerichts an. Er meint, eine starre Typisierung bei der Differenzierung zwischen Witwen und Witwern lasse sich heute nicht mehr aufrechterhalten; vielmehr verstoße die verschiedene Behandlung gegen den Gleichberechtigungs- und Gleichbehandlungsgrundsatz.
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C. | |
Ferner ist über vier Verfassungsbeschwerden zu entscheiden. Ihnen liegen die folgenden Sachverhalte zugrunde:
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I.
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Verfassungsbeschwerde 1 BvR 297/71
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1. Der Beschwerdeführer begehrt Witwerrente aus der Angestelltenversicherung seiner im Februar 1966 verstorbenen Ehefrau. Diese war früher als Kontoristin beschäftigt gewesen, seit 1956 jedoch keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Der Beschwerdeführer verdiente im Jahr 1965 netto 989,44 DM monatlich, im Jahre 1966 1 056,56 DM. Im Haushalt der Eheleute lebte auch ihre 1952 geborene Tochter.
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Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hielt das Klagebegehren auf Witwerrente in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen für unbegründet, weil die Verstorbene den Familienunterhalt nicht überwiegend bestritten habe. Den finanziellen Beitrag dazu habe allein der Ehemann erbracht. Der wirtschaftliche Wert des Unterhaltsbeitrages der Frau, der in der Haushaltsführung und der Betreuung des Kindes gelegen habe, könne jedenfalls nicht höher angesetzt werden als der Arbeitsverdienst des Mannes.
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2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der vom Bundessozialgericht angewandte § 43 Abs. 1 AVG sei verfassungswidrig, weil sich die Verhältnisse gegenüber dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1963 wesentlich geändert hätten. Im übrigen liege eine Verletzung des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG auch insofern vor, als das Bundessozialgericht bei der Bewertung der Tätigkeit der "Nur-Hausfrau" den Arbeitsverdienst des Mannes als Obergrenze angesehen habe.
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3. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung vertritt namens der Bundesregierung die Auffassung, § 43 Abs. 1 AVG sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gedanke einer starren Begrenzung des Wertes der Hausfrauenarbeit durch den Arbeitsverdienst des Mannes beruhe dagegen auf einer nicht zutreffenden Anschauung von der Bedeutung und Wirkungskraft eines Grundrechts. Jedoch habe die nicht erwerbstätige Ehefrau den Unterhalt der Familie schon dann nicht im Sinne von § 43 AVG überwiegend bestritten, wenn ihr Unterhaltsbeitrag dem des Mannes gleichwertig gewesen sei, wie das dem Gleichberechtigungsgrundsatz entspreche und deswegen für den Regelfall anzunehmen sei.
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4. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verweist auf seine Rechtsprechung zum Schadensersatz bei der Verletzung oder Tötung einer Ehefrau und Mutter. Danach sei es in besonderen Fällen möglich, daß der vom Schädiger für den Verlust der Haushaltsführung und Kindererziehung zu leistende Schadensersatz höher liege als das Bareinkommen des Geschädigten. Im Rahmen des § 43 AVG stelle sich die Frage der Bewertung der Hausfrauenarbeit jedoch anders als im Schadensersatzrecht.
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II.
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Verfassungsbeschwerde 1 BvR 315/71.
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1. Die Beschwerdeführerin setzt den Rechtsstreit ihres Vaters um Witwerrente aus der Arbeiterrentenversicherung ihrer Mutter fort. Ihre Mutter ist im Februar 1965 im Alter von 81 Jahren, ihr Vater im Juli 1968 im Alter von 85 Jahren verstorben.
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Die Klage auf Witwerrente wurde vom Landessozialgericht, das die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters hinsichtlich des streitigen Anspruchs ansah (§ 1288 Abs. 2 RVO), rechtskräftig abgewiesen, weil die Mutter der Beschwerdeführerin vor ihrem Tode den Familienunterhalt nicht überwiegend bestritten habe. Dazu stellte das Gericht fest: Es hätten sich ein Bareinkommen des Vaters der Beschwerdeführerin von 386.30 DM (Ruhegeld: 233.30 DM; Kriegsopferversorgungsgrundrente 115.- DM; Arbeitgeberunterstützung 38.- DM) und ein Renteneinkommen der gleichaltrigen Mutter der Beschwerdeführerin von 115.30 DM gegenübergestanden. Den Wert der Hausarbeit der Mutter berechnete es auf höchstens 250.- bis 260.- DM je Monat, wobei Erfahrungssätze angewandt wurden.
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2. Die Beschwerdeführerin wendet sich unmittelbar gegen das Urteil des Landessozialgerichts und rügt die Verletzung des Art. 3 Abs. 2 GG durch den der Entscheidung zugrunde liegenden § 1266 Abs. 1 RVO. Hilfsweise meint sie, das Gericht habe diese Bestimmung verfassungswidrig unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz angewandt. So habe die Anrechnung der Kriegsopfergrundrente als Einkommen des Witwers unterbleiben müssen; ferner sei § 1266 Abs. 1 RVO auf Rentnerehepaare nicht anwendbar.
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3. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der sich namens der Bundesregierung geäußert hat, hat Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. In der Sache ist er der Ansicht, daß weder Grundrechte der Beschwerdeführerin noch solche ihres Vaters verletzt seien. § 1266 Abs. 1 RVO sei mit dem Grundgesetz vereinbar. Im übrigen möge das Urteil in einer Reihe von Punkten zu Bedenken Anlaß geben; jedoch sei eine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts nicht ersichtlich.
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4. Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hält § 1266 Abs. 1 RVO für verfassungsgemäß und die hilfsweise vorgebrachten Rügen der Beschwerdeführerin für unbegründet.
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5. Die beklagte Landesversicherungsanstalt meint, die Verfassungsbeschwerde sei in allen Punkten nicht begründet.
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III.
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Verfassungsbeschwerde 1 BvR 407/72.
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1. Die Ehefrau des jetzt 60 Jahre alten Beschwerdeführers starb im April 1968 im Alter von 42 Jahren. Sein Verdienst hatte von Juli 1966 bis Juni 1967 durchschnittlich 908.- DM monatlich betragen. Hinzu kam eine Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz in Höhe von rund 200.- DM im Monat. Die Ehefrau hatte von Januar 1966 bis Juni 1967 einen Monatsverdienst von durchschnittlich 730.- DM gehabt. Anschließend war sie arbeitsunfähig krank und bezog Krankengeld in Höhe von 650.- DM monatlich, zeitweise auch Hausgeld. Die im Haushalt der Eheleute lebende, im Jahre 1947 geborene Tochter des Beschwerdeführers verdiente 600.- DM im Monat und beteiligte sich an der Hausarbeit nicht.
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Das Landessozialgericht wies die Klage auf Witwerrente rechtskräftig ab, weil die Ehefrau den Familienunterhalt in der hier maßgeblichen letzten Zeit vor ihrer Erkrankung nicht überwiegend bestritten habe. Der Wert der Hausarbeit sei unter Berücksichtigung der Mithilfepflicht des Mannes und der bescheidenen Wohnverhältnisse nicht so hoch anzusetzen, daß er die Einkommensdifferenz zwischen 730.- DM und 1 108.- DM pro Monat unter den Eheleuten habe ausgleichen können.
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2. Der Beschwerdeführer greift unmittelbar das Urteil des Landessozialgerichts, mittelbar § 1266 Abs. 1 RVO an, den er wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG für verfassungswidrig hält. Hilfsweise rügt er deren Verletzung durch die gerichtliche Bewertung der Hausarbeit. Das Landessozialgericht habe die Arbeit der Frau als Hausfrau nach ihrem tatsächlichen Wert berücksichtigen und dazu selbst die für eine Ersatzkraft erforderlichen Mittel feststellen müssen. Statt dessen sei es ohne weiteres von den Feststellungen des Sozialgerichts ausgegangen.
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3. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung macht namens der Bundesregierung geltend, der Rechtsweg erscheine nicht erschöpft, soweit der Beschwerdeführer eine verfassungswidrige Bewertung der Haushaltsführung seiner Ehefrau geltend mache. Im übrigen hält er die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
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4. Der 4. Senat des Bundessozialgerichts hält § 1266 Abs. 1 RVO für vereinbar mit dem Grundgesetz. Es sei auch nicht zu beanstanden, wenn das Landessozialgericht unter Berücksichtigung des Zuschnitts des Haushalts und der Belastung der verstorbenen Ehefrau durch ihre Erwerbstätigkeit festgestellt habe, daß der Wert der von ihr erbrachten Hausarbeit keinesfalls mehr als 370.- DM monatlich betragen haben könne.
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Verfassungsbeschwerde 1 BvR 37/73.
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1. Der jetzt 41 Jahre alte Beschwerdeführer begehrt Witwerrente aus der Angestelltenversicherung seiner im Januar 1970 im Alter von 32 Jahren verstorbenen Ehefrau. Er hatte in dem maßgeblichen Zeitraum einen monatlichen Nettoverdienst von 1028.- DM, während seine Ehefrau 833.- DM netto im Monat verdiente.
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Das Landessozialgericht wies die Klage rechtskräftig ab, weil die Ehefrau den Unterhalt der Familie nicht überwiegend bestritten habe. Unter Berücksichtigung der Mithilfepflicht des Ehemannes im Haushalt, der kleinen Wohnung und der sonstigen Verhältnisse, unter denen die Eheleute lebten, habe der Unterhaltsbeitrag der Ehefrau nicht überwogen.
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2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die gerichtlichen Entscheidungen. Er sieht sich durch die Anwendung des § 43 Abs. 1 AVG in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 2 GG verletzt.
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Er meint, die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts zur Erwerbstätigkeit der Ehefrau in seinem Urteil vom 24. Juli 1963 (BVerfGE 17, 1) seien überholt. Im übrigen sei der Gesetzgeber mit der Abschaffung der Beitragserstattung an weibliche Versicherte im Falle der Heirat (Art. 1 § 2 Nr. 11 Finanzänderungsgesetz 1967) vom Regelfall der Hausfrauen-Ehe abgerückt. Schließlich sei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Beamtenversorgung (BVerfGE 21, 329) zu beachten.
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Die Vorlagen und die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
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1. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juli 1963 (BVerfGE 17, 1) steht der Zulässigkeit der Vorlagen nicht entgegen. Das Sozialgericht hat Gründe dafür dargelegt, daß die Bindungswirkung der früheren Entscheidung nicht die erneute Vorlage hindert, ob die genannte Bestimmung auch jetzt noch mit dem Grundgesetz vereinbar ist (vgl. BVerfGE 33, 199 [203]). Die erneute Vorlage des bereits früher für verfassungsmäßig erklärten § 43 Abs. 1 AVG ist schon deshalb zulässig, weil das vorlegende Gericht hinreichend dargelegt hat, daß sich seit dem früheren Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Wandel in der Auslegung des § 1356 Abs. 1 BGB vollzogen hat und daß die Zahl der selbständig erwerbstätigen Ehefrauen gegenüber den im früheren Urteil getroffenen Feststellungen inzwischen ganz erheblich angestiegen ist.
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a) Das Bundesverfassungsgericht hat in der früheren Entscheidung (BVerfGE 17, 1 [20 ff.]) seine Auffassung, daß die Einbuße der Witwe an Unterhaltsstandard von der des Witwers verschieden sei und die Witwe deshalb eines erhöhten sozialen Schutzes bedürfe, darauf gestützt, daß der Frau die Haushaltsführung vom Gesetz zur ersten Pflicht gemacht sei; davon könne sich auch eine selbst Erwerbstätige nicht ohne Einwilligung ihres Mannes dadurch gleichsam loskaufen, daß sie einen Geldbetrag zur Verfügung stelle. Als Ausgleich für den primären Unterhaltsbeitrag der erwerbstätigen Ehefrau habe der Ehemann einen entsprechend höheren Geldbeitrag zum Familienunterhalt beizusteuern als die Frau. Aufgrund dieser Erwägungen ist das Bundesverfassungsgericht damals zu dem Ergebnis gelangt, die Auswirkungen des Todes des Ehemannes auf den Unterhaltsstandard der Witwe seien bei der erwerbstätigen Frau im Grunde nicht anders als bei der verwitweten Hausfrau. In beiden Fällen sei das, was die Frau an hausfraulichen Leistungen bisher für den Ehemann erbracht habe, durch den Tod des Mannes gegenstandslos geworden und anderweitig unverwertbar, so daß der Ausfall seiner Geldleistungen durch den Fortfall ihrer Hausfrauenleistungen wirtschaftlich nicht ausgeglichen werde. Diese Ausführungen beruhen auf der damals herrschenden Auslegung des § 1356 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
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Die Frau führt den Haushalt in eigener Verantwortung. Sie ist berechtigt, erwerbstätig zu sein, soweit dies mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar ist.
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Aus dieser Bestimmung schloß die vom Bundesverfassungsgericht damals zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (MDR 1959, S. 480), daß die Pflichten der Frau in Ehe und Familie Vorrang vor dem Recht auf Erwerbstätigkeit hätten; die Erwerbstätigkeit entbinde die Frau von ihrer Haushaltsführungspflicht weder ganz noch auch nur zum Teil. Im Schrifttum wurde damals die Auffassung vertreten, bei § 1356 Abs. 1 BGB handele es sich um eine Vorschrift zwingenden Rechts (vgl. z. B. Lauterbach in Palandt, BGB-Kommentar, bis zur 27. Aufl., 1968, § 1356, Anm. 1; Hübner, FamRZ 1962, S. 1 [4]).
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Heute ist diese Ansicht aufgegeben. Nach allgemeiner Meinung unterliegt die Aufgabenteilung in der Ehe in erster Linie der freien Entscheidung der Ehegatten, die lediglich im Kindeswohl (vgl. § 1666 BGB) ihre Grenze findet (vgl. Lauterbach in Palandt, a.a.O., ab 28. Aufl., 1969, § 1356, Anm. 1; Hübner in Staudinger Kommentar zum BGB, 10./11. Aufl., 1964, § 1356, Rdnr. 17). Damit ist es aber nicht mehr möglich, auch die erwerbstätige Ehefrau in jedem Fall als nach § 1356 BGB zur Haushaltsführung verpflichtet anzusehen. Auch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht davon aus, daß die erwerbstätige Ehefrau von ihrer Pflicht zur Haushaltsführung teilweise oder auch ganz entlastet sein kann (vgl. BGH, NJW 1971, S. 1983; BGHZ 56, 389). So heißt es in der letztgenannten Entscheidung wörtlich (S. 393): "Die Haushaltsführung ist Unterhaltsleistung und steht den anders gearteten Unterhaltsleistungen rechtlich gleich. Sie obliegt nunmehr auch nicht immer der Frau, sondern im Falle ihrer vollen oder teilweisen Erwerbstätigkeit oder bei Überlastung je nach den Umständen ganz oder teilweise dem Manne." Dieser gewandelten Auffassung über die Rollenverteilung von Mann und Frau in der Ehe trägt auch der Entwurf der Bundesregierung über ein Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts (BRDrucks. 260/73) Rechnung. Er verzichtet in § 1356 BGB auf ein gesetzliches Leitbild der Ehe und überläßt die Aufgabenteilung einschließlich der Haushaltsführung allein dem Einvernehmen der Ehegatten. Der geschilderte Wandel in der Auslegung des § 1356 Abs. 1 BGB kann bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des § 43 Abs. 1 AVG zu einem Ergebnis führen, das von der früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abweicht.
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b) Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Entscheidung dargelegt (S. 23 ff.), daß die verschiedene Regelung der Witwen- und Witwerrente in manchen Fällen zu einer Bevorzugung der erwerbstätigen Witwe führe. Es erhielten nämlich auch die Witwen Hinterbliebenenrente, bei denen der Tod des Mannes keine einschneidende wirtschaftliche Einbuße mit sich gebracht habe und demnach ein Bedarf an Ersatz eingebüßten Unterhalts durch eine Rente ebensowenig bestehe wie typischerweise beim Witwer. Jedoch sei eine solche Bevorzugung eines Teiles der Witwen verfassungsrechtlich unter anderem deshalb vertretbar, weil die Zahl der infolge der Typisierung bevorzugten Frauen einen "mäßigen Prozentsatz" nicht übersteige. Bei dieser Bewertung ist das Bundesverfassungsgericht von der damals letzten voll ausgewerteten Volks- und Berufszählung (September 1950) ausgegangen. Danach waren 22,5% der verheirateten Frauen erwerbstätig. Nach Abzug von etwa 15% der Frauen, die als mithelfende Familienangehörige tätig waren, ist das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß lediglich 7,5% der verheirateten Frauen abhängig beschäftigt oder als Selbständige berufstätig waren.
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Bei gleicher Berechnungsweise ergibt sich für das Jahr 1973 ein erheblicher Anstieg dieser Zahl und insofern eine wesentliche Änderung der Verhältnisse. Nach Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes war die Gesamterwerbsquote bei den verheirateten Frauen auf 37,7% angestiegen, der Anteil der mithelfenden Familienangehörigen auf 7,6% gesunken. Demnach waren rund 30% der verheirateten Frauen als abhängig Beschäftigte oder Selbständige tätig. Damit hat sich der Anteil der in dieser Weise erwerbstätigen verheirateten Frauen zwischen 1950 und 1973 vervierfacht.
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2. Auch die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
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b) Die Beschwerdeführerin in dem Verfahren 1 BvR 297/71 kann den Anspruch ihres verstorbenen Vaters als dessen Sonderrechtsnachfolgerin (§ 1288 Abs. 2 RVO) mit der Verfassungsbeschwerde weiterverfolgen (vgl. BVerfGE 36, 102 [112]).
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c) Auch die Verfassungsbeschwerde 1 BvR 37/73 ist zulässig (vgl. BVerfGE 20, 257 [266]).
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Eine Entscheidung, daß § 43 Abs. 1 AVG und § 1266 Abs. 1 RVO mit dem Grundgesetz unvereinbar seien, kann gegenwärtig nicht getroffen werden.
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I.
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Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht insofern verletzt, als der Witwer in der Sozialversicherung anders behandelt wird als der Witwer in der beamtenrechtlichen Hinterbliebenenversorgung. Während der Witwer nach § 43 Abs. 1 AVG, § 1266 Abs. 1 RVO Witwerrente nur erhält, wenn seine verstorbene Frau den Unterhalt ihrer Familie überwiegend bestritten hat, steht dem Witwer einer Beamtin ohne eine solche oder ähnliche erschwerende Voraussetzung Witwergeld zu (§ 132 BGB, § 78 BRRG). Jedoch ist die verschiedene Behandlung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil beide Regelungen wegen der besonderen Zweckbestimmung und Grundlage der beamtenrechtlichen Versorgung nicht vergleichbar sind (BVerfGE 21, 329).
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II.
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Die verschiedene Behandlung von Mann und Frau bei der Hinterbliebenenrente aus der Sozialversicherung ist an Art. 3 Abs. 2 und 3 GG zu messen. Danach ist sie nur dann erlaubt, wenn der sich aus dem Geschlecht ergebende biologische oder funktionale Unterschied das zu regelnde Lebensverhältnis so entscheidend prägt, daß gemeinsame Elemente überhaupt nicht zu erkennen sind oder zumindest vollkommen zurücktreten (BVerfGE 15, 337 [343]; 21, 329 [343 f.]; 31, 1 [4 f.]). Im Bereich des allgemeinen Gleichheitssatzes genügt es zwar, daß für eine differenzierende Regelung sachlich einleuchtende Gründe bestehen, die dem Gerechtigkeitsgefühl entsprechen und keine Willkür erkennen lassen. Anders liegt es aber dort, wo die Verfassung selbst den Gleichheitssatz konkretisiert hat wie insbesondere in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG. Hier hat das Grundgesetz verbindlich ausgesprochen, welche Lebensverhältnisse eine verschiedene Behandlung nicht gestatten (BVerfGE 15, 337 [343] mit Nachweisen). Die Prüfung nach diesen Grundsätzen spricht dafür, daß die beanstandeten Bestimmungen in ihrer derzeitigen Gestalt auf die Dauer nicht aufrechterhalten bleiben können. Jedoch hat der Gesetzgeber Art. 3 Abs. 2 und 3 GG nicht verletzt, wenn er bislang noch keine Änderungen vorgenommen hat.
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1. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner früheren Entscheidung dargelegt, daß die als Hinterbliebenenrenten erbrachten Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung einen Unterhaltsersatz darstellen. Es hat das insbesondere damit begründet, daß in der Sozialversicherung das Versicherungsprinzip durch zahlreiche Regelungen abgewandelt sei, die einen sozialen Ausgleich herbeiführten (BVerfGE 17, 1 [8 ff.]).
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Das vorlegende Gericht vertritt demgegenüber die Ansicht, die Aufhebung der Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Angestelltenversicherung durch das Finanzänderungsgesetz 1967 (hierzu BVerfGE 29, 221) habe mit der Einbeziehung besser verdienender Kreise dem Versicherungsgedanken wieder mehr Gewicht verschafft und entsprechend die soziale Komponente zurückgedrängt. Das trifft nicht zu. Die Erweiterung der Versichertengemeinschaft um die höher verdienenden Angestellten und die Öffnung der Rentenversicherung für weitere Personengruppen durch das Rentenreformgesetz -- RRG -- vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I S. 1965) haben die Besonderheiten des Rentenversicherungsrechts nicht berührt, auf die das Bundesverfassungsgericht seinerzeit den Unterhaltsersatzcharakter gestützt hat. Sie gelten vielmehr jetzt für noch weitere Bevölkerungskreise. Auch manche gesetzlichen Neuregelungen der vergangenen Jahre lassen das "fürsorgerische Prinzip" (BVerfGE 17, 1 [10]) erkennen. Insbesondere die "Rente nach Mindesteinkommen", also die Rentenanhebung bei Rentnern mit früher niedrigem Verdienst, aber langer Versicherungszeit (Art. 2 §§ 55a und 55b ArVNG, eingefügt durch Art. 2 § 1 Nr. 15 RRG, sowie Art. 2 §§ 54a bis 54c AnVNG, eingefügt durch Art. 2 § 2 Nr. 17 RRG) gehört in diesen Zusammenhang, da sie das Prinzip des sozialen Ausgleichs zwischen höherem und niedrigem Verdienst wieder zur Geltung gebracht hat.
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2. Obwohl sich ein Wandel in der Wertung sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche abzeichnet, durfte daher der Gesetzgeber bislang weiterhin vom Unterhaltsersatzcharakter der Hinterbliebenenrente ausgehen und den Rentenanspruch des überlebenden Ehegatten davon abhängig machen, daß der Verstorbene den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat. Beschreitet er diesen Weg jedoch nur beim Mann und unterstellt er den Unterhaltsbedarf bei der Frau schlechthin, so kann eine solche Regelung vor Art. 3 Abs. 2 und 3 GG nur bestehen, wenn die Unterhaltslage beim Tod des Ehegatten durch den aus dem Geschlecht sich ergebenden funktionalen Unterschied so entscheidend geprägt wird, daß gemeinsame Elemente nicht zu erkennen sind oder vollkommen zurücktreten. Das war, wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 17, 1) festgestellt hat, im Jahre 1963 der Fall. Seitdem sind Wandlungen, insbesondere hinsichtlich des Erwerbsverhaltens der verheirateten Frauen als auch hinsichtlich der Bedarfslage beim Tod eines Ehegatten eingetreten.
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a) Die vorliegende Entscheidung ergeht zu einer Zeit, in der sich das frühere Verständnis der Rolle der Frau in Ehe und Familie zu verändern begonnen hat. In Rechtsprechung und Literatur wird, wie dargelegt, heute nicht mehr angenommen, daß die Frau in erster Linie Hausfrau sein müsse. Vielmehr werden auch andere Gestaltungsmöglichkeiten anerkannt. Dieser Entwicklung will der Gesetzgeber bei der Reform des Ehe- und Familienrechts durch eine Änderung des § 1356 BGB Rechnung tragen. Er hat sie im Sozialversicherungsrecht bereits etwa dadurch berücksichtigt, daß seit 1968 eine Beitragserstattung an Frauen bei Heirat nicht mehr möglich ist. Bisher ist die familienrechtliche Neugestaltung jedoch noch nicht verwirklicht. Auch in der Bevölkerung hat sich eine so grundsätzliche Abkehr vom früheren Rollenverständnis der Frau noch nicht allgemein durchgesetzt. Die rechtliche und tatsächliche Entwicklung befindet sich im Fluß.
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b) Es wird vorgebracht, der Unterschied im Bedarf nach Unterhalt bei Witwe und Witwer habe sich dadurch entscheidend geändert, daß der Witwer wegen der Lage auf dem Arbeitsmarkt und wegen der gestiegenen Lohnkosten für häusliche Dienstleistungen erheblich mehr als früher aufwenden müsse. Daran ist richtig, daß häusliche Dienstleistungen heute weniger verfügbar und teurer sind als früher. Dafür ist aber in mancher Hinsicht wenigstens ein gewisser Ausgleich für den Witwer einhergegangen. Löhne, Gehälter und Renten sind gestiegen. Die Hausarbeit läßt sich heute zu einem Teil eher durch Einsatz moderner Geräte erledigen; der Witwer ist nicht mehr in jedem Fall in demselben Ausmaß wie früher auf eine Hilfe angewiesen. Der gestiegene Lebensstandard hat schließlich den Wert der Unterhaltsleistung, die der Witwer seiner Ehefrau früher erbracht und die er durch ihren Tod erspart hat, steigen lassen. Demnach hat sich die Bedarfslage beim Witwer jedenfalls nicht so allgemein und nachhaltig verschlechtert, daß er schon aus diesem Grunde so behandelt werden müßte wie die Witwe.
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c) Ebenso läßt sich noch keine Besserung in der Bedarfslage der Witwe feststellen, die schon jetzt dazu zwingt, die früher hingenommene Typisierung als schlechthin unhaltbar anzusehen.
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Die Erwerbstätigkeit ist bei den verheirateten Frauen zwar erheblich angestiegen, jedoch nach wie vor nicht allgemein üblich geworden. Rund 70% der verheirateten Frauen gingen, wie der Vertreter der Bundesregierung in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf entsprechende Berechnungen des Statistischen Bundesamtes mitgeteilt hat, auch im Jahre 1973 keiner eigenen Erwerbstätigkeit als abhängig Beschäftigte oder Selbständige nach. Sie waren also ausschließlich Hausfrau, nur wenige zusätzlich mithelfende Familienangehörige. Auf all diese Frauen trifft das, was das Bundesverfassungsgericht früher über die ungünstige Unterhaltssituation der Frau beim Tode ihres Mannes ausgeführt hat, weiterhin zu.
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Anders kann es sich bei den etwa 30% der verheirateten Frauen verhalten, die einer eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen. In diesen Fällen ergibt sich aus dem Geschlecht des Ehegatten nicht ohne weiteres ein Unterschied, der eine verschiedene Behandlung bei der auf Unterhaltsersatz abzielenden Hinterbliebenenrente rechtfertigt. Vielmehr kommen hier die Fälle vor, in denen der Witwer gegenüber der Witwe benachteiligt wird, weil er nur dann eine Hinterbliebenenrente erhält, wenn seine Frau den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, während im umgekehrten Fall die Witwe ohne eine entsprechende Voraussetzung in den Genuß der Rente gelangt. Es liegt ebenso eine Benachteiligung der Frau in dem Sinn vor, daß sie durch ihre Beiträge zur Sozialversicherung nicht eine ebensolche Versorgung ihres Mannes für den Fall ihres Todes erreicht wie der Mann, der mit seinen Beiträgen für die Zeit nach seinem Tode immer auch seine Frau sichert.
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Das Bundesverfassungsgericht hat Fälle dieser Ungleichbehandlung von Mann und Frau in seiner früheren Entscheidung hingenommen, weil bereits der Anteil der selbst Erwerbstätigen unter den verheirateten Frauen mit 7,5% so gering war, daß er im Rahmen einer die Frau bevorzugenden, typisierenden Betrachtungsweise keine Berücksichtigung verlangte. Gleiches läßt sich bei dem heute erheblich höheren Prozentsatz nicht mehr sagen. Er führt schon in der Gegenwart dazu, daß mehr verheiratete Frauen Rentenversicherungsbeiträge leisten, die nicht die gleiche Hinterbliebenenversorgung begründen wie gleiche Beiträge verheirateter Männer. Andererseits besagt der Anstieg der Erwerbsquote allein noch nicht, daß sich schon jetzt für alle Frauen in gleichem Ausmaß der Bedarf nach Unterhalt beim Tode des Ehemannes verringert habe. Dagegen spricht zunächst, daß die weitaus größte Zahl der Witwen bei der erstmaligen Bewilligung der Witwenrente schon im vorgerückten Alter steht, während die allgemeine Steigerung der Erwerbsquote bei den verheirateten Frauen vor allem auf einer erheblichen Zunahme der Erwerbstätigkeit bei jüngeren und nur einer verhältnismäßig geringen bei älteren Frauen beruht (vgl. Arbeits- und sozialstatistische Mitteilungen, herausgegeben vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, 1972, S. 107, Übersicht "Verheiratete Frauen"). Damit wirkt sich der Anstieg der Erwerbsquote auf den Unterhaltsbedarf der Witwe im allgemeinen nicht sogleich, sondern erst mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung aus, nämlich dann, wenn die in der Vergangenheit und Gegenwart jüngeren verheirateten Frauen mit ihrer hohen Erwerbsquote künftig in zunehmender Zahl Witwe werden und noch erwerbstätig sind oder selbst schon Rente aus eigener Versicherung beziehen. Aus dem veränderten Erwerbsverhalten ohne weiteres auf ein entsprechendes, schon eingetretenes Sinken des Unterhaltsbedarfs zu schließen, geht darüber hinaus deshalb fehl, weil verheiratete erwerbstätige Frauen durchschnittlich weniger verdient haben und verdienen als Männer oder unverheiratete Frauen und sie deshalb und weil sie regelmäßig eine kürzere Versicherungszeit aufweisen, eine geringere Rente aus eigener Versicherung erhalten. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig. Verheiratete Frauen haben nicht selten eine weniger qualifizierte, weil wegen der Eheschließung kürzere Berufsausbildung als Männer oder unverheiratete Frauen aufzuweisen. Infolge von Unterbrechungen der Berufstätigkeit aus familiären Rücksichten, vor allem aus Anlaß der Geburt eines Kindes, stehen sie im Durchschnitt anderen an Berufserfahrung, Dauer der Betriebszugehörigkeit und besonderer Belastbarkeit mit beruflichen Aufgaben nach. Aus den genannten Gründen sind viele verheiratete Frauen nur teilzeitbeschäftigt. Gerade auf eine erhebliche Zunahme der Teilzeitbeschäftigung ist aber der starke Anstieg der Erwerbsquote hauptsächlich zurückzuführen. Schließlich mag auch eine Unterbewertung der Arbeit der Frau eine Rolle gespielt haben. Alles das wirkt sich zusammengenommen deutlich lohn- und rentenmindernd aus.
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Insgesamt gesehen liegen wegen der Vielzahl der zu berücksichtigenden Umstände und der recht verschiedenen familiären Verhältnisse keine genauen Berechnungen darüber vor, in wie vielen Fällen aufgrund der geltenden Regelung Witwen gegenüber Witwern in nicht zu rechtfertigender Weise bevorzugt werden. Die gestiegene Erwerbsquote deutet aber darauf hin, daß es mehr sind als 1950 und 1963. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich fortsetzen, weil die stärker erwerbstätigen jüngeren Jahrgänge allmählich zu Leistungsempfängern werden und manche Ursachen für den geringeren Arbeitsverdienst und die kürzere Versicherungszeit verheirateter Frauen in ihrer Wirksamkeit nachzulassen scheinen.
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3. Ein bestimmter Trend der Entwicklung ist also erkennbar; ob sie geradlinig und rasch verlaufen wird, läßt sich nicht vorhersehen. Der Gesetzgeber wird seine Maßnahmen mit all ihren Implikationen für andere Bereiche darauf einstellen müssen. Für eine Neuregelung kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht, die sämtlich mit Schwierigkeiten verbunden sind; zur Vorbereitung seiner Entscheidung muß dem Gesetzgeber hinreichend Zeit gelassen werden.
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a) Um einen etwaigen Verstoß gegen die Gleichberechtigung von Mann und Frau zu vermeiden, könnte der Gesetzgeber, anstatt nach dem Geschlecht des hinterbliebenen Ehegatten zu differenzieren, darauf abstellen, ob im Einzelfall der (männliche oder weibliche) Versicherte den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat. Damit würde die erschwerende Voraussetzung für die Bewilligung der Witwerrente auf die Witwenrente ausgedehnt. Das könnte jedoch wegen der zu treffenden, mitunter schwierigen und zeitraubenden Feststellungen zu einer wesentlichen Verzögerung in der Bearbeitung von Anträgen auf Hinterbliebenenrente führen. Auch könnten einer solchen Regelung sozialpolitische Bedenken entgegenstehen. Wenn nämlich -- wie bei der Rechtsprechung zur Witwerrente -- der letzte wirtschaftliche Dauerzustand vor dem Tode des Ehegatten dafür maßgebend wäre, ob die erschwerende Voraussetzung (überwiegendes Bestreiten des Familienunterhalts) vorliegt, müßte eine Witwenrente in den nicht seltenen Fällen versagt werden, in denen der Mann zuletzt erwerbsunfähig oder nur begrenzt arbeitsfähig war und die Frau den Familienunterhalt in dieser Zeit überwiegend bestritten hat. Damit wäre die Witwe auf ihr eigenes, gegenüber Männern in der Regel geringeres Erwerbseinkommen oder eine oft unzureichende Rente aus eigener Versicherung (falls ihr überhaupt eine solche zusteht) verwiesen.
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Umgekehrt könnte der Gesetzgeber die heute nur für Witwen geltende Regelung auf Witwer übertragen. Das hätte den Vorzug größerer Praktikabilität für sich, da sowohl bei der Witwen- als auch bei der Witwerrente die Prüfung der erschwerenden Voraussetzung entfiele. Jedoch würde eine solche Regelung zu einer erheblichen Steigerung der jetzt nur verschwindend kleinen Zahl der Witwerrenten und damit zu einem beträchtlichen finanziellen Mehraufwand führen, der für die gesetzliche Rentenversicherung schwerwiegende Folgen auf der Einnahmenseite (Beitragserhöhungen) oder auf der Ausgabenseite (Rentenkürzungen) nach sich ziehen müßte. Außerdem würde eine unbedingte Witwerrente den Unterschied zwischen Mann und Frau in Verdienst und Rente verstärken. Die Witwe bekäme zu dem in der Regel niedrigeren eigenen Erwerbseinkommen oder -- falls ihr überhaupt ein Rentenanspruch zusteht -- zu einer in der Regel niedrigen Rente aus eigener Versicherung wie nach geltendem Recht die -- im Vergleich zur Witwerrente allerdings oft verhältnismäßig höhere -- Witwenrente hinzu; der Witwer erhielte neben seinem höheren Arbeitsverdienst oder seiner eigenen höheren Rente im Gegensatz zum geltenden Recht auch noch die in der Regel allerdings niedrige Witwerrente.
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Der Gesetzgeber könnte schließlich von der bisherigen Systematik, die den Hinterbliebenenrenten zugrunde liegt, überhaupt abgehen und ganz andere Kriterien als Voraussetzung für einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente einführen. Zu denken wäre etwa daran, daß derjenige überlebende Ehegatte Hinterbliebenenrente erhalten soll, der durch Betreuung der Kinder oder eigene Erwerbsunfähigkeit gehindert ist oder gewesen ist, überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Ferner könnte danach differenziert werden, inwieweit der hinterbliebene Ehegatte durch Alter, Berufsunfähigkeit oder Aufgaben in der Familie noch in der Lage ist, wenigstens eine Teilzeitbeschäftigung oder eine nicht seiner Ausbildung entsprechende und geringer bezahlte Tätigkeit auszuüben. Damit würde die Hinterbliebenenversorgung in der Rentenversicherung die Funktion einer Ausgleichsleistung für Tatbestände erhalten, in denen aus sozialpolitisch vertretbaren Gründen von der Witwe oder dem Witwer eine Erwerbstätigkeit gar nicht oder nur zum Teil erwartet werden kann. Die Ermittlung solcher Tatbestände wäre allerdings zeitraubend und aufwendig.
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Schließlich sind in diesem Zusammenhang die Pläne zum Aufbau einer eigenständigen Sicherung der Frau in der Rentenversicherung zu berücksichtigen. Sie hängen mit der Reform des Ehe- und Familienrechts zusammen und setzen langfristige Vorarbeiten zur Lösung der vielschichtigen gesellschaftlichen, sozialpolitischen und finanziellen Fragen voraus.
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Die vorstehenden Ausführungen zeigen zusammenfassend: In einer typischen Übergangsphase, in der sich die Rolle der Frau in Ehe und Familie rechtlich und tatsächlich zu wandeln begonnen hat, die Entwicklung aber noch nicht abgeschlossen ist, steht der Gesetzgeber bei der Beantwortung der Frage, welchen Einfluß die sich vollziehenden Änderungen auf den Unterhaltsbedarf der Frau nach dem Tod ihres Mannes haben und wie sich die geltende Regelung jetzt auswirkt, sowie auch bei der Suche nach befriedigenderen und praktikablen Ersatzlösungen vor einer ungewöhnlich schweren Aufgabe. Die tatsächlich zu analysierenden Verhältnisse und rechtlich befriedigend zu lösenden Probleme werden von vielen familiären, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten beeinflußt, von denen jede einzelne wieder einem ständigen Wandel unterliegt. Hinzu kommt, daß die Regelung über die Hinterbliebenenrenten wegen ihrer Bedeutung für weite Bevölkerungskreise und wegen ihrer beträchtlichen finanziellen Auswirkungen kurzfristigen Versuchslösungen nicht zugänglich ist, sondern auf längere Sicht mit der gebotenen Umsicht und auf wenigstens einigermaßen abgesicherten Grundlagen in die Wege geleitet werden muß.
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b) Diese Reformaufgabe, die an die Grundlagen der Rentenversicherung rührt und die -- trotz der hier vorliegenden besonderen Verhältnisse -- möglicherweise auch Auswirkungen auf die Beamtenversorgung haben wird, kann nur der Gesetzgeber leisten. Dafür muß ihm ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, während der er sich noch mit Typisierungen und Generalisierungen behelfen darf. Nach der geschichtlichen Entwicklung der Hinterbliebenenversorgung, deren hier in Frage stehender Teil erst vor einem guten Jahrzehnt durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungsmäßigkeit des § 43 Abs. 1 AVG (BVerfGE 17, 1) als verfassungsrechtlich einwandfrei befunden worden ist, kann dem Gesetzgeber im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht entgegengehalten werden, daß er noch keine Regelung geschaffen hat, die auch für die Zukunft vor dem Maßstab des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG Bestand hat.
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Der Gesetzgeber hat sich insbesondere nach der früheren Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die Verfassungsmäßigkeit der Norm eingestellt und sich darauf einstellen dürfen. Anlaß zur verfassungsrechtlichen Beanstandung würde jedoch dann bestehen, wenn er es unterließe, sich in Zukunft intensiv um eine sachgerechtere Lösung zu bemühen, welche die sich in Richtung auf die Verfassungswidrigkeit hin bewegenden Wirkungen der gegenwärtigen Regelung auffangen würde (vgl. BVerfGE 33, 171 [189 f.]). Aus dieser Situation ist somit jetzt ein Verfassungsauftrag für den Gesetzgeber abzuleiten, eine Neuregelung vorzusehen, die einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 und 3 GG für die weitere Zukunft ausschließt. Für eine solche Regelung sind angesichts der geschilderten Schwierigkeiten umfangreiche und zeitraubende Vorarbeiten erforderlich. Das Bundesverfassungsgericht geht jedoch davon aus, daß die Neuregelung bis zum Ende der übernächsten Legislaturperiode in Kraft gesetzt werden müßte.
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F. | |
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet.
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I.
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Soweit die Verfassungsbeschwerden sich gegen die Urteile wenden, weil diese eine verfassungswidrige Norm angewandt hätten, können sie keinen Erfolg haben, da die angefochtenen Bestimmungen nach dem zuvor Gesagten derzeit noch anwendbar sind.
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II.
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Soweit die Beschwerdeführer hilfsweise rügen, die angefochtenen Entscheidungen hätten § 43 Abs. 1 AVG oder § 1266 Abs. 1 RVO verfassungswidrig angewandt, sind ihre Verfassungsbeschwerden ebenfalls unbegründet. Die Beurteilung, wer im konkreten Fall den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat, obliegt den zuständigen Behörden und Fachgerichten. Sie müssen jedoch dabei die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere in der Entscheidung BVerfGE 17, 1 (16 f.), aufgestellten Kriterien beachten, wozu vor allem gehört, daß der Beitrag der Frau zur Haushaltsführung und Betreuung der Kinder angemessen bewertet wird. Daß die Gerichte dies außer acht gelassen haben, läßt sich nicht erkennen. Ob ihre Ausführungen in jeder Richtung zutreffend sind, hat das Bundesverfassungsgericht nicht zu prüfen (vgl. BVerfGE 18, 85 [92]).
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III.
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1. Bei der besonderen Fallgestaltung erschien es angebracht, von der in § 31 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen und auch § 1266 Abs. 1 RVO als mit dem Grundgesetz vereinbar zu erklären.
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2. Obwohl die Verfassungsbeschwerden zurückzuweisen waren, erschien es angemessen, gemäß § 34 Abs. 3 BVerfGG anzuordnen, daß die Bundesrepublik Deutschland den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten hat. Denn die Beschwerdeführer haben mit ihren Verfassungsbeschwerden jedenfalls erreicht, daß dem Gesetzgeber aufgegeben wurde, eine Neuregelung der Voraussetzungen von Witwen- und Witwerrente in Angriff zu nehmen.
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