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Zitiert durch:
BVerwGE 87, 228 - 'Atomwaffenfreie Zone' München
BVerfGE 147, 185 - Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt
BVerfGE 144, 20 - NPD-Verbotsverfahren
BVerfGE 138, 1 - Schulnetzplanung Sachsen
BVerfGE 137, 108 - Art. 91e GG
BVerfGE 135, 317 - ESM-Vertrag
BVerfGE 110, 370 - Klärschlamm
BVerfGE 107, 59 - Lippeverband
BVerfGE 91, 228 - Gleichstellungsbeauftragte
BVerfGE 86, 148 - Finanzausgleich II
BVerfGE 83, 60 - Ausländerwahlrecht II
BVerfGE 83, 37 - Ausländerwahlrecht I
BVerfGE 79, 127 - Rastede
BVerfGE 71, 25 - Kommunalverfassungsbeschwerden
BVerfGE 58, 45 - Wasserbeschaffungsverbände


Zitiert selbst:
BVerfGE 47, 253 - Gemeindeparlamente
BVerfGE 38, 258 - Magistratsverfassung Schleswig-Holstein
BVerfGE 22, 180 - Jugendhilfe
BVerfGE 8, 122 - Volksbefragung Hessen
BVerfGE 3, 19 - Unterschriftenquorum
BVerfGE 1, 167 - Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden


A.
I.
1. Art 2 Abs. 1 und 2 der Landessatzung für Schleswig-Holste ...
2. Ämter bestanden in Schleswig-Holstein bereits, als die La ...
II.
III.
1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag tritt der Auffassung, da&s ...
2. Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung hält den Antr ...
IV.
V.
B.
C.
I.
II.
1. Die Landessatzung enthält keine Definition des Begriffes  ...
2. Die Landessatzung verwendet den Begriff Gemeindeverband in zwe ...
3. Die Entstehungsgeschichte der Landessatzung bestätigt das ...
4. Der Verfassungsgeber von 1949 hat nach alledem als Gemeindever ...
III.
1. Das Land Schleswig-Holstein hat sich für die Erhaltung de ...
2. Im Gegensatz zu den amtsangehörigen Gemeinden sind die &A ...
3. Lassen sich die Ämter in ihrer gegenwärtigen Ausgest ...
4. Die den Ämtern übertragenen Selbstverwaltungsaufgabe ...
5. Für die rechtliche Einordnung ist es ferner ohne Bedeutun ...
IV.
V.
VI.
Bearbeitung, zuletzt am 02.02.2023, durch: A. Tschentscher, Djamila Strößner
BVerfGE 52, 95 (95)Gemeindeverbände im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Landessatzung für Schleswig-Holstein sind nur die zur Erfüllung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildeten Gebietskörperschaften und diesen nach Umfang und Gewicht der von ihnen wahrzunehmenden Selbstverwaltungsaufgaben vergleichbare kommunale Zusammenschlüsse.
 
 
Urteil
 
des Zweiten Senats vom 24. Juli 1979 auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 1979
 
- 2 BvK 1/78 -  
in dem Verfahren zur verfassungsrechtlichen Prüfung von § 9 der Amtsordnung für Schleswig-Holstein in der Fassung vom 11. November 1977 (GVOBl. Schl-H S. 448), Antragsteller 1.-25., MdL, - Bevollmächtigte: Dr. Klaus Klinger, MdL, Am Hohenkamp 22, Bad Oldesloe - Beschwerdeführer zu 8) -, Hartmut Lippe, Assessor, Virchowstraße 23, Kiel 1
 
Entscheidungsformel:
 
§ 9 der Amtsordnung für Schleswig-Holstein in der Fassung vom 11. November 1977 (Gesetz- und Verordnungsbl. S. 448) ist dem der Landessatzung für Schleswig-Holstein vereinbar.
 
 
Gründe:
 
 
A.
 
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Landessatzung für Schleswig-Holstein es gebietet, daß die Einwohner nicht nur in den Gemeinden und Kreisen, sondern auch in den Ämtern eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren Wahlen hervorgegangen ist.
I.
 
1. Art 2 Abs. 1 und 2 der Landessatzung für Schleswig-Holstein (LS) lauten:
    (1) Alle Gewalt geht vom Volke aus.
    (2) Das Volk bekundet seinen Willen durch Wahlen. Es handelt durch seine gewählten Vertretungen im Lande, in den Gemeinden und Gemeindeverbänden.BVerfGE 52, 95 (95)
BVerfGE 52, 95 (96)Ergänzend dazu bestimmt Art 3 Abs. 1 LS:
    Die Wahlen zu den Volksvertretungen im Lande, in den Gemeinden und Gemeindeverbänden sind allgemein, unmittelbar, frei, gleich und geheim.
2. Ämter bestanden in Schleswig-Holstein bereits, als die Landessatzung am 12. Januar 1950 in Kraft trat (vgl. dazu die Amtsordnung vom 6. August 1947 [GVOBl. Schl-H S 38]). Ihr Aufgabenkreis und ihre rechtliche Stellung sind inzwischen mehrfach neu umschrieben worden, zuletzt durch die Amtsordnung für Schleswig-Holstein in der Fassung vom 11. November 1977 - im folgenden Amtsordnung, AO - (GVOBl. Schl-H S 448). Zur Zeit sind insgesamt 1.027 Gemeinden in 119 Ämtern zusammengeschlossen. Daneben gibt es weiterhin amtsfreie Gemeinden und kreisfreie Städte.
Die Ämter sind Körperschaften des öffentlichen Rechts, die aus Gemeinden desselben Kreises bestehen. Sie dienen der Stärkung der Selbstverwaltung der amtsangehörigen Gemeinden. Die Ämter treten als Träger von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung an die Stelle der amtsangehörigen Gemeinden, soweit es die Amtsordnung bestimmt oder zuläßt (§ 1 Abs. 1 AO). Sie führen Dienstsiegel und sind zur Führung von Wappen berechtigt (§ 1 Abs. 4 AO). Die Ämter sollen ein abgerundetes Gebiet mit in der Regel nicht weniger als 5.000 Einwohnern umfassen (§ 2 AO).
Organe des Amtes sind der Amtsausschuß und der Amtsvorsteher (§ 24a AO i.V.m. § 7 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein in der Fassung vom 11. November 1977 - im folgenden Gemeindeordnung, GO - [GVOBl. Schl-H S. 410]). Alle für das Amt wichtigen Entscheidungen werden von dem Amtsausschuß getroffen, der auch die Durchführung dieser Entscheidungen überwacht (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AO). Der Amtsausschuß besteht aus den Bürgermeistern der amtsangehörigen Gemeinden und weiteren Mitgliedern, deren Zahl sich nach der Größe der einzelnen Gemeinden richtet (§ 9 Abs. 1 AO). DieBVerfGE 52, 95 (96) BVerfGE 52, 95 (97)weiteren Mitglieder werden von Gemeindevertretungen durch Verhältniswahl bestimmt. Wählbar sind nur die Mitglieder der Gemeindevertretung (§ 9 Abs. 3 AO). Die Sitzungen des Amtsausschusses sind öffentlich (§ 10 Abs. 3 AO). Er kann zur Vorbereitung seiner Beschlüsse Ausschüsse bilden (§ 10a AO), denen in Grenzen auch eigene Entscheidungsbefugnisse übertragen werden können (§ 10 Abs. 1 Satz 2 AO). Der Amtsausschuß wählt aus seiner Mitte - oder mit qualifizierter Mehrheit aus den in die Gemeindevertretungen wählbaren Einwohnern der amtsangehörigen Gemeinden - einen Amtsvorsteher (§ 11 Abs. 1 und 2 AO), der das Amt gesetzlich vertritt (§ 17 Abs. 1 AO), die Verwaltung des Amtes ehrenamtlich leitet (§ 12 Abs. 2 AO) und den Vorsitz im Amtsausschuß innehat (§ 12 Abs. 1 AO). Der Amtsvorsteher führt die Aufgaben durch, die dem Amt zur Erfüllung nach Weisung übertragen sind. Er ist dafür der Aufsichtsbehörde verantwortlich. Soweit der Amtsvorsteher bei der Durchführung dieser Aufgaben nach Ermessen handeln kann, kann er sich vom Amtsausschuß beraten lassen (§ 12 Abs. 5 AO). In entsprechender Anwendung der Gemeindeordnung hat der Amtsvorsteher die Einwohner des Amtes über wichtige Vorgänge zu unterrichten und ihr Interesse an der Selbstverwaltung zu fördern (§ 24a AO i.V.m. § 16a GO).
§ 9 der Amtsordnung hat in seinem wesentlichen Teil folgenden Wortlaut:
    § 9 Zusammensetzung des Amtsausschusses
    (1) Der Amtsausschuß besteht aus den Bürgermeistern der amtsangehörigen Gemeinden. Gemeinden über 750 Einwohner entsenden weitere Mitglieder in den Amtsausschuß. Ihre Zahl beträgt
    in Gemeinden über  750 bis 1.250 Einwohner 1,
    in Gemeinden über 1.250 bis 2.000 Einwohner 2,
    in Gemeinden über 2.000 bis 2.500 Einwohner 3,
    in Gemeinden über 2.500 bis 3.000 Einwohner 4,
    in Gemeinden über 3.000 bis 4.000 Einwohner 5.
    Gemeinden über 4.000 Einwohner bis 5.000, 6.000, 7.000 usw. EinBVerfGE 52, 95 (97)BVerfGE 52, 95 (98)wohner entsenden zusätzlich 1, 2, 3 usw. weitere Mitglieder. Zentrale Orte entsenden darüber hinaus ein weiteres Mitglied; bilden mehrere Gemeinden zusammen einen zentralen Ort, entsendet jede der Gemeinden ein Mitglied nach Halbsatz 1. Für die Zahl der weiteren Mitglieder nach den Sätzen 2 bis 4 ist die Einwohnerzahl maßgebend, die bei der letzten allgemeinen Wahl zu den Gemeindevertretungen galt. Bei Gebietsänderungen gilt § 133 Abs. 2 der Gemeindeverordnung entsprechend. Ist der Amtsvorsteher nicht Mitglied des Amtsausschusses (Abs. 6 Satz 2 und § 11 Abs. 2), so tritt er als zusätzliches Mitglied hinzu.
    (2) Der Amtsausschuß muß mindestens aus fünf Mitgliedern einschließlich des Amtsvorstehers bestehen. Wird diese Zahl nicht erreicht, entsendet jede Gemeinde ein weiteres Mitglied.
    (3) Die Gemeindevertretungen wählen aus ihrer Mitte durch Verhältniswahl die weiteren Mitglieder des Amtsausschusses. § 40 Abs. 4 der Gemeindeordnung gilt entsprechend. Der ehrenamtliche Bürgermeister wird auf den Wahlvorschlag der Fraktion angerechnet, der er im Zeitpunkt der Wahl angehört. Die Gemeindevertretungen können stellvertretende weitere Mitglieder des Amtsausschusses wählen. Die Hauptsatzung des Amtes bestimmt die Zahl der Stellvertreter und die Art der Vertretung.
    (4) ...
    (5) ...
    (6) ...
    (7) ...
Die Aufgaben der Ämter sind in der Amtsordnung wie folgt festgelegt:
    § 3 Amt und Gemeinde
    (1) Das Amt führt nach den Beschlüssen der Gemeinde die Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden durch. Die Gemeinde kann mit Zustimmung der Kommunalaufsichtsbehörde beschließen, einzelne Selbstverwaltungsaufgaben selbst durchzuführen.
    (2) Die Ämter sind ferner Träger der gesetzlichen und der ihnen nach § 5 übertragenen Aufgaben.
    (3) ...
    § 4 Gesetzliche Aufgaben der Ämter
    (1) Das Amt ist Träger der ihm und den amtsangehörigen GeBVerfGE 52, 95 (98)BVerfGE 52, 95 (99)meinden übertragenen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung. § 3 Abs. 2 der Gemeindeordnung gilt entsprechend.
    (2) Den Ämtern können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung neue Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden.
    (3) Das Amt besorgt die Kassenführung und Rechnungsführung und die Vorbereitung der Aufstellung der Haushaltspläne für die amtsangehörigen Gemeinden.
    (4) Das Amt hat über die öffentlichen Aufgaben, die mehrere amtsangehörige Gemeinden betreffen und eine gemeinsame Abstimmung erfordern, zu beraten und auf ihre Erfüllung hinzuwirken.
    § 5 Übertragende Aufgaben
    (1) Über die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 hinaus können mehrere amtsangehörige Gemeinden gemeinsam dem Amt Selbstverwaltungsaufgaben übertragen. Bei der Beschlußfassung haben die Mitglieder des Amtsausschusses, deren Gemeinden von der Übertragung nicht betroffen sind, kein Stimmrecht.
    (2) Die Kreise können den Ämtern Selbstverwaltungsaufgaben nur aufgrund gesetzlicher Bestimmungen übertragen.
Nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit (GkZ) in der Fassung vom 11. November 1977 (GVOBl. Schl-H. S. 455) dürfen keine Zweckverbände gebildet werden, soweit Gemeinden den Ämtern nach § 5 Abs. 1 AO Aufgaben übertragen können. Eine Ausnahme besteht lediglich für  Schulverbände (§ 63 Abs. 2 Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz [Schlug] vom 2. August 1978 [GVOBl. Schl-H S 255]). Nach dem bereits 1974 in Kraft getretenen § 27 GkZ gehen die Aufgaben bestehender Verbände auf das Amt über, soweit sich Zweckverbände oder auf Gesetz beruhende sonstige Verbände ausschließlich aus mehreren oder allen Gemeinden des Amtes zusammensetzen. Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GkZ können Gemeinden, Ämter, Zweckverbände und Kreise durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, daß eine der beteiligten Körperschaften einzelne oder mehrere zusammenhängende Aufgaben der übrigen Beteiligten übernimmt.BVerfGE 52, 95 (99)
BVerfGE 52, 95 (100)Die Ämter erhalten jährlich eine Zuweisung nach dem Finanzausgleichsgesetz (§ 20 Abs. 1 AO). Soweit das Amt Träger von Selbstverwaltungsaufgaben ist, hat es die ihm entstehenden Zweckausgaben auf die beteiligten Gemeinden umzulegen (§ 21 AO). Soweit andere Einnahmen den Finanzbedarf der Ämter nicht decken, ist eine Umlage von den amtsangehörigen Gemeinden, gemeindefreien Grundstücken und Gutsbezirken zu erheben (§ 22 Abs. 1 AO).
II.
 
Die Antragsteller haben beantragt festzustellen,
    daß § 9 der Amtsordnung gegen Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 LS,
hilfsweise,
    daß die Amtsordnung gegen Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 LS
verstößt.
Ferner haben sie beantragt anzuordnen, daß ihnen die notwendigen Auslagen zu erstatten sind.
Zur Begründung tragen sie im wesentlichen folgendes vor: Die Landessatzung schreibe in Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 1 für die Gemeindeverbände zwingend eine aus unmittelbaren Wahlen hervorgegangene Volksvertretung vor. Die Bürger des Landes hätten einen grundlegenden demokratischen Anspruch, auf jeder Ebene der Landesverwaltung durch ihre direkt gewählten Vertreter repräsentiert zu werden. Die schleswig-holsteinischen Ämter seien Gemeindeverbände im Sinne der Landessatzung. In der Rechtswissenschaft werde der Begriff des Gemeindeverbandes zwar nicht einheitlich verwendet. Mehrere Kommentatoren des Gemeinderechtes sähen die Ämter jedoch als Gemeindeverbände im Sinne der Landessatzung an. Art. 109 Abs. 4 GG unterscheide nur zwischen Gebietskörperschaften und Zweckverbänden. Seit der Neufassung dieser Vorschrift gebe es keinen Raum mehr für kommunale Verbände, die nichtBVerfGE 52, 95 (100) BVerfGE 52, 95 (101)Gemeindeverbände oder Zweckverbände seien. Der Schleswig-Holsteinische Landtag und die Schleswig-Holsteinische Landesregierung hätten das Amt wiederholt in Gesetzen und Durchführungsverordnungen als Gemeindeverband bezeichnet. So habe z.B. § 1 der Durchführungsverordnung zur Amtsordnung von Schleswig-Holstein vom 23. Dezember 1959 (GVOBl. Schl-H 1960 S. 1) gelautet: "Die Ämter sind Gemeindeverbände im Sinne des Landesrechts". Eine Änderung dieser Auffassung sei erst eingetreten, als bei der Beratung von Änderungen der Amtsordnung im Jahre 1966 erkannt worden sei, daß die Ämter als Gemeindeverbände nach der Landessatzung eine unmittelbare Volksvertretung haben müßten.
Die Ämter seien zwar bei Inkrafttreten der Landessatzung noch keine Gemeindeverbände gewesen. Inzwischen hätten sich aus den sog "Schreibstuben" der Gemeinden jedoch leistungsfähige Verwaltungsbehörden mit spezialisierten Fachkräften entwickelt, die als Gemeindeverbände zu qualifizieren seien. Durch Konzentration habe ihre Zahl allein seit Ende 1969 von 196 auf 122 abgenommen. Die Ämter hätten für ihr Gebiet eine ursprüngliche und umfassende Zuständigkeit, denn § 2 des Landesverwaltungsgesetzes ([LVwG] in der Fassung vom 19. März 1979 [GVOBl. Schl-H. S. 181]) stelle sie in eine Reihe mit Gemeinden und Kreisen und grenze sie von den Körperschaften ohne Gebietshoheit ab. Damit habe der Gesetzgeber zugleich entschieden, daß die Ämter Gemeindeverbände seien. Insbesondere durch das Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit seien den Ämtern immer neue Aufgaben übertragen worden. Sie erfüllten nicht nur Aufgaben der amtsangehörigen Gemeinden, sondern würden jetzt im Gesetz selbst als Träger dieser Aufgaben genannt. Dazu gehörten auch eigentliche Selbstverwaltungsaufgaben. In einigen Fällen hätten amtsangehörige Gemeinden alle Selbstverwaltungsaufgaben auf das Amt übertragen. § 27 GkZ habe in der Praxis dazu geführt, daß die Aufgaben von rd. 140 gemeindlichen Zweckverbänden auf die Ämter verlagert worden seien. Die Ämter hätten geBVerfGE 52, 95 (101)BVerfGE 52, 95 (102)setzlich eine eigenständige Funktion in der kommunalen Selbstverwaltung zugewiesen bekommen. Sie bildeten mit den Städten und amtsfreien Gemeinden eine Stufe des Verwaltungsaufbaus in Schleswig-Holstein. Sie seien für alle nach Weisung zu erledigenden Aufgaben zuständig.
Dem Amt sei im Verhältnis zu den amtsangehörigen Gemeinden eine integrierende Funktion zugewachsen. Diese sei bereits in § 18 des Finanzausgleichsgesetzes (in der Fassung vom 29. März 1976 [GVOBl. Schl-H S 99]) und im Gesetz über kommunale Zusammenarbeit angelegt gewesen. Durch den neuen § 4 Abs. 4 AO werde sie ausgebaut. Danach habe das Amt nicht nur über die öffentlichen Aufgaben zu beraten, die mehrere Gemeinden beträfen, sondern darüber hinaus auch auf die Erfüllung dieser Aufgaben hinzuwirken. In Anbetracht dessen könne das Amt nicht länger als bloße Hilfsinstitution der amtsangehörigen Gemeinden angesehen werden. Der Funktionswandel des Amtes hin zum Gemeindeverband werde auch durch die Vielzahl der Verweisungen der Amtsordnung auf die Gemeindeordnung verdeutlicht. Das Amt habe ohne Vermittlung durch Gemeinden und Kreise unmittelbare Beziehungen zu seinen Einwohnern, die zu unterrichten und deren Äußerungen zu berücksichtigen seien. Gemäß § 24a AO i.V.m. § 16a GO könnten Versammlungen der Amtseinwohner erforderlich werden. Der Amtsvorsteher habe bei Beschlüssen auf das Wohl des Amtes zu achten. Es sei nicht unerheblich, daß das Amt Siegel und Wappen führen dürfe, womit an die Tradition der vorpreußischen Kirchspiellandgemeinden angeknüpft werde, die unbestritten Gemeindeverbände und Gebietskörperschaften gewesen seien. Bei diesem Recht handele es sich um eine echte Gemeindekompetenz.
Die Ursache für die Verweigerung der direkten Wahl durch die Landesregierung und die sie tragende politische Mehrheit sei der Umstand, daß jedes indirekte Wahlverfahren zwangsläufig Mehrheiten verstärke und dementsprechend Minderheiten schwäche oder sie gar völlig ausschalte. Im Ergebnis hättenBVerfGE 52, 95 (102) BVerfGE 52, 95 (103)kleinere Parteien mit bis zu 10 v.H. der Wählerstimmen im Amtsbereich selbst in einer großen Amtsvertretung keine Chance, vertreten zu sein. Die 5 v.H.-Klausel des schleswig-holsteinischen Gemeindewahlrechtes werde je nach Zahl der von der Gemeinde in den Amtsausschuß zu entsendenden Vertreter bis zu einer 50 v.H.-Klausel.
III.
 
1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag tritt der Auffassung, daß es sich bei den Ämtern um Gemeindeverbände im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Landessatzung handele, entgegen. Zur Begründung hat er ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. G.v.U., vorgelegt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, daß die Ämter keine Gemeindeverbände im Sinne von Art. 2 Abs. 2 LS sind. Wesensbestimmende Merkmale eines Gemeindeverbandes im Sinne dieser Vorschrift seien die Eigenschaft als Gebietskörperschaft und die Universalität des Wirkungskreises. Die Tatsache, daß Art. 2 Abs. 2 LS  das Land, die Gemeinden und die Gemeindeverbände auf eine Stufe stelle und die vom Begriff "Gemeindeverband" unstreitig umfaßten Kreise Gebietskörperschaften seien, spreche dafür, daß auch mit dem Wort "Gemeindeverband" Gebietskörperschaften gemeint seien. Mit der weitaus herrschenden Meinung in der Literatur sei ferner davon auszugehen, daß die Universalität des Wirkungskreises nicht nur konstitutives Merkmal der Gemeinden und Kreise, sondern auch der Gemeindeverbände im Sinne des Art. 2 Abs. 2 LS sei. Beide Voraussetzungen seien bei den Ämtern der schleswig-holsteinischen Amtsordnung nicht erfüllt. Die Zusammenschau des einschlägigen schleswig-holsteinischen Landesrechtes verdeutliche, daß das Amt nach wie vor nach dem Willen des Gesetzgebers keine Gebietskörperschaft bilde und auch nicht bilden müsse. Ferner ermangele dem Amt die Universalität des Wirkungskreises. Seine Funktionen seien vielmehr darauf beschränkt, die Verwaltungsarbeit der amtsangehörigen Gemeinden zu erleichtern, sie in ihrer VerwaltungsBVerfGE 52, 95 (103)BVerfGE 52, 95 (104)führung zu unterstützen und die Kreise bei der Erledigung ihrer Aufgaben zu entlasten. Die Ämter seien Bundkörperschaften, die selbständig neben den Gemeinden und sonstigen Kooperationsformen bestünden und bestehen könnten, weil sich aus der Verfassung nichts Gegenteiliges ergebe.
2. Die Schleswig-Holsteinische Landesregierung hält den Antrag für unbegründet. Aus der Entstehungsgeschichte ergebe sich, daß der Begriff des Gemeindeverbandes im Sinne der Landessatzung positiv durch die konstituierenden Merkmale des Kreises und negativ durch die konstituierenden Merkmale des Amtes von 1947 bestimmt werde. Positive Merkmale seien die Eigenschaft als Gebietskörperschaft, die Trägerschaft originärer Selbstverwaltungsaufgaben und die zumindest subsidiäre Universalität. Alle diese Merkmale hätten dem Amt von 1947 gefehlt. Es habe die Verwaltungsarbeit der kreisangehörigen Gemeinden erleichtern und die Kreise bei der Erledigung ihrer Aufgaben entlasten sollen. Organisatorisch habe es sich eng an den Zweckverband angelehnt. Trotz der zwischenzeitlichen Änderungen der Amtsordnungen habe sich an den für die verfassungsrechtliche Einordnung entscheidenden Punkten nichts geändert. Das Amt sei keine Gebietskörperschaft und damit auch kein Gemeindeverband im Sinne der Landessatzung. Davon sei der Gesetzgeber stets ausgegangen. Die Amtsordnung in der geltenden Fassung bezeichne das Amt lediglich als Körperschaft des öffentlichen Rechts, während den Kreisen in der Kreisordnung ausdrücklich der Status einer Gebietskörperschaft zuerkannt werde. Mitglieder des Amtes seien weiterhin nicht die Bewohner des Amtes, sondern die amtsangehörigen Gemeinden. Das Amt nehme keine originären Selbstverwaltungsaufgaben wahr und verfüge nicht über eine subsidiäre Allzuständigkeit. Soweit es Träger von Selbstverwaltungsaufgaben sein könne, seien diese auf den Bereich der Gebietskörperschaft Gemeinde und nicht auf den räumlichen Verwaltungsbereich des Amtes bezogen. Das ergebe sich z.B. aus § 5 Abs. 1 Satz 2 AO, nach dem die Mitglieder des Amtsausschusses, deren Gemeinden vonBVerfGE 52, 95 (104) BVerfGE 52, 95 (105)der Übertragung nicht betroffen seien, kein Stimmrecht hätten. Wie die Ämter von 1947 seien die jetzt bestehenden Ämter dafür geschaffen, Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden durchzuführen sowie Hilfsdienste für die amtsangehörigen Gemeinden zu leisten. Das Amt diene ferner als Träger für die nach Weisung zu erfüllenden Aufgaben und sei der geborene Zweckverband für die Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben seiner Mitgliedsgemeinden. Die Landessatzung schreibe nicht vor, daß für die Erledigung dieser - gegenständlich beschränkten - Aufgaben eine weitere unmittelbar gewählte Kommunalvertretung zu bilden sei. Dem Gebot des Art. 2 Abs. 2 LS sei vielmehr dadurch Genüge getan, daß die Gemeindevertretungen und Kreistage unmittelbar von den Einwohnern gewählt würden.
Die Zusammenarbeit zwischen den Amtsverwaltungen und den amtsangeschlossenen Gemeinden sei von gegenseitigem Vertrauen zwischen dem ehrenamtlichen Element der Gemeindevertretung, den ehrenamtlichen Amtsvorstehern und den hauptamtlichen Mitarbeitern der Amtsverwaltung getragen. Sie gewährleiste der Bevölkerung auch kleinerer Gemeinden im ländlichen Raum Verwaltungseinheiten von hohem Standard. Eine unmittelbare Wahl der Amtsvertretung müsse dagegen eine erhebliche Schwächung der Zuständigkeiten und Bedeutung des ehrenamtlichen Elements der amtsangehörigen Gemeinden zur Folge haben.
IV.
 
Der Senat hat den Antragstellern und der Landesregierung zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts folgende Fragen gestellt:
    1. In welchem Umfange haben die amtsangehörigen Gemeinden von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Ämtern
    a) gemäß § 5 Abs. 1 AO Selbstverwaltungsaufgaben zu übertragen? aa) Gibt es insoweit typische Sachgebiete, die übertragen worden sind? bb) Gibt es Fälle, in denen alle Gemeinden eines Amtes den wesentlichen Teil ihrer Selbstverwaltungsaufgaben übertragen haben?BVerfGE 52, 95 (105)
    BVerfGE 52, 95 (106)b) gemäß § 18 Abs. 1 GkZ Selbstverwaltungsaufgaben zu übertragen? Sind Fälle von Rückübertragungen bekannt?
    2. In welchem Umfange führen die Gemeinden einzelne Selbstverwaltungsaufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AO selbst durch?
    3. Welche gesetzlichen Bestimmungen im Sinne des § 5 Abs. 2 AO ermöglichen es den Kreisen, den Ämtern Selbstverwaltungsaufgaben zu übertragen? Machen die Kreise von den ihnen eingeräumten Übertragungsmöglichkeiten Gebrauch?
    4. Nach dem Inkrafttreten von § 27 GkZ sollen die Aufgaben von rd. 140 Zweckverbänden auf die Ämter übergegangen sein. Um welche Aufgaben im einzelnen hat es sich dabei gehandelt?
Dazu haben sich die Landesregierung und die Antragsteller schriftlich und in der mündlichen Verhandlung geäußert. Zu den Fragen nach den übergegangenen Selbstverwaltungsaufgaben hat die Landesregierung eine nach Ämtern und Landkreisen aufgeschlüsselte Erhebung vorgelegt, aus der sich ergibt, daß in 78 Ämtern mit insgesamt 649 amtsangehörigen Gemeinden keine Übertragungen gemäß § 5 Abs. 1 AO stattgefunden haben. In 41 Ämtern mit 378 Gemeinden seien in 329 Fällen Übertragungen erfolgt. Die am häufigsten übertragenen Aufgaben seien zentrale Versorgungsaufgaben und Entsorgungsaufgaben (Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung) sowie die Trägerschaft von kleinen Schulen und Gemeindeschwesternstationen. Die Übersicht lasse jedoch erkennen, daß sich auch diese Übertragungen regelmäßig auf Einzelfälle erstreckten, so daß es typische übertragene Sachgebiete im Grunde nicht gebe. Bei einerBVerfGE 52, 95 (106) BVerfGE 52, 95 (107)Umfrage seien keine Fälle bekannt geworden, in denen alle Gemeinden eines Amtes den wesentlichen Teil ihrer Selbstverwaltungsaufgaben übertragen hätten. Gemäß § 18 Abs. 1 GkZ seien den Ämtern keine Selbstverwaltungsaufgaben amtsangehöriger Gemeinden übertragen worden, weil diese Vorschrift auf Fälle der Aufgabenübertragung innerhalb eines Amtes wegen § 5 Abs. 1 AO keine Anwendung finde. Fälle, in denen nicht dem Amt angehörige Gemeinden gemäß § 18 Abs. 1 GkZ auf ein Amt Aufgaben übertragen hätten, seien nicht bekannt. Mit Ausnahme des Wiederauflebens einzelner Schulverbände aus amtsangehörigen Gemeinden, die gemäß § 27 GkZ auf die Ämter übergegangen gewesen seien und deren Neubildung im Wege der Übertragung der Schulträgerschaft die Gemeinden gemäß Art 6 des Gesetzes zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts vom 5. August 1977 (GVOBl. Schl-H S. 210) hätten verlangen können, seien Fälle von Rückübertragungen ebenfalls nicht bekannt geworden.
Demgegenüber haben die Antragsteller darauf hingewiesen, daß die Zusammenstellung der Landesregierung unvollständig sei. Die Ämter erfüllten erheblich mehr Aufgaben als in der Übersicht enthalten seien und zum Teil auch solche Aufgaben, die in dieser Zusammenstellung ihrer Art nach überhaupt nicht vorkämen. Das haben die Antragsteller an Beispielsfällen näher dargelegt. In mindestens elf Fällen sei die Flächennutzungsplanung auf das Amt übergegangen. Insoweit werde von der Möglichkeit des Bundesbaugesetzes Gebrauch gemacht, Planungsverbände zu bilden. Typischerweise nähmen die Ämter folgende Selbstverwaltungsaufgaben wahr: Schule, Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Schwarzdeckenunterhaltung, Sozialhilfe, Schwesternstationen oder Sozialstationen. Im Vordringen sei die Wahrnehmung der Flächennutzungsplanung. Wo die Ämter die genannten Aufgaben nicht wahrnehmen, würden sie vielfach von Verbänden größeren Zuschnitts erfüllt. Wie auch der Landesrechnungshof in einem Gutachten vom 13. April 1978 für das Haushaltsjahr 1976 festgestellt habe, sei eine sichBVerfGE 52, 95 (107) BVerfGE 52, 95 (108)immer mehr verstärkende Dominanz des Amtes gegenüber den amtsangehörigen Gemeinden festzustellen. Bereits im Jahre 1967 sei in einer Felduntersuchung (Bernd Becker, Gemeinde und Amt, Verwaltungswissenschaftliche Abhandlungen, Band 3) ermittelt worden, daß in 40 v.H. aller Ämter mehr als die Hälfte der wichtigen Selbstverwaltungsaufgaben von den amtsangehörigen Gemeinden faktisch auf die Ämter verlagert worden seien. Dieser Prozeß habe sich wenn auch in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich - fortgesetzt. Dabei wirkten sich insbesondere das Gewicht des hauptamtlichen Apparates und der Trend zur größeren Kasse aus. In vielen Fällen würden keine Übertragungsbeschlüsse gemäß § 5 Abs. 1 AO gefaßt, sondern die Aufgaben würden vom Amt ohne Widerspruch der amtsangehörigen Gemeinden stillschweigend übernommen. Die Aufstellung der Landesregierung zu den übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben müsse deshalb unvollständig sein. In einigen Ämtern, wie z.B. W., S. und St. sei der wesentliche Teil der Selbstverwaltungsaufgaben bereits auf das Amt übergegangen. Amtsumlagen in diesen und weiteren Ämtern von vielfach mehr als 30 v.H. bis im Einzelfall über 50 v.H. der Umlagegrundlagen (§§ 21, 22 AO, 31, 30 Abs. 2 FAG) lägen deutlich höher als die Kreisumlage und wiesen das kommunale Schwergewicht in diesen Fällen beim Amt aus.
Zu den übrigen Fragen hat die Erhebung der Landesregierung ergeben, daß die Gemeinden nur in Ausnahmefällen einzelne Selbstverwaltungsaufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AO selbst durchführen. Es handelt sich vorwiegend um Angelegenheiten des Fremdenverkehrs. Eine gesetzliche Grundlage, die es den Kreisen gestattet, Selbstverwaltungsaufgaben auf die Ämter zu übertragen, bietet nur § 1 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Abfallbeseitigungsgesetz (vom 26.11.1973 [GVOBl. Schl-H S. 407]). Von dieser Ermächtigung haben zwei Landkreise Gebrauch gemacht. Die Landesregierung hat ferner eine Aufstellung der gemäß § 27 GkZ übergegangenen Verbände vorgelegt,BVerfGE 52, 95 (108) BVerfGE 52, 95 (109)aus der sich ergibt, daß es sich ganz überwiegend um Schulverbände gehandelt hat.
V.
 
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 1979 haben die Antragsteller sowie der Schleswig-Holsteinische Landtag und die Schleswig-Holsteinische Landesregierung ihren Vortrag durch ihre Bevollmächtigten vertieft und ergänzt.
 
B.
 
Der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht ist gegeben. Es handelt sich um eine Verfassungsstreitigkeit im Lande Schleswig-Holstein über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Landessatzung Schleswig-Holsteins, die gemäß Art. 37 Abs. 2 LS in Verbindung mit Art. 99 GG und § 13 Nr. 10 BVerfGG vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden ist. Der Normenkontrollantrag ist auch zulässig. Er ist von 25 Abgeordneten, mithin einem Drittel der 73 Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages gestellt worden (vgl. Art. 37 Nr. 2 LS).
 
C.
 
Der Antrag ist nicht begründet.
Nach Art. 2 Abs. 2 der Landessatzung müssen in den Gemeindeverbänden zwar unmittelbar gewählte Volksvertretungen bestehen. Die in Schleswig-Holstein gebildeten Ämter sind jedoch keine Gemeindeverbände im Sinne der Landessatzung. Das sind nur solche kommunalen Zusammenschlüsse, die entweder zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildete Gebietskörperschaften sind oder die diesen Körperschaften jedenfalls nach dem Gewicht ihrer Selbstverwaltungsaufgaben sehr nahe kommen. Die Ämter nehmen nach dem gegenwärtigen Rechtszustand jedoch nur in so beschränktem Umfange Selbstverwaltungsaufgaben wahr, daß sie nicht als Gemeindeverbände angesehen werden können. Sie müssen deshalb auch keine unmittelbar gewählte Volksvertretung haben.BVerfGE 52, 95 (109)
BVerfGE 52, 95 (110)I.
 
Die Landessatzung von Schleswig-Holstein schreibt für die Gemeindeverbände die Wahl einer unmittelbar gewählten Volksvertretung vor. Nach Art. 2 Abs. 2 LS handelt das Volk durch seine gewählten Vertretungen im Lande, in den Gemeinden und Gemeindeverbänden. Art. 3 Abs. 1 LS bestimmt, daß für die Wahlen zu den Volksvertretungen im Lande, in den Gemeinden und den Gemeindeverbänden die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze gelten. Der Verfassungsgeber von Schleswig-Holstein hat mit diesen Bestimmungen das Homogenitätsgebot des Art. 28 Abs. 1 GG erfüllt und sich bei den Grundentscheidungen seiner Verfassung eng an das Grundgesetz angelehnt (vgl. die Begründung zum Entwurf einer Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 11. Oktober 1949, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Landtagsvorlage Nr. 263/3 S 188; Gross, Die Landessatzung für Schleswig-Holstein, DVBl. 1950, S. 129 [131]). Er wollte auch dem Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG Rechnung tragen, nach dem das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine unmittelbare Volksvertretung haben muß und hat das mit der Aufnahme von Art. 2 Abs. 2 in die Landessatzung getan. Der Unterschied zum Grundgesetz besteht allein darin, daß unmittelbar gewählte Volksvertretungen nicht nur in den Landkreisen, sondern in allen Gemeindeverbänden bestehen müssen.
II.
 
1. Die Landessatzung enthält keine Definition des Begriffes Gemeindeverband, sondern setzt ihn voraus. Der Begriff hat jedoch keinen genau bestimmten, feststehenden Inhalt. In der Rechtswissenschaft besteht weitgehend Einigkeit lediglich darüber, daß die Landkreise Gemeindeverbände sind, während die Zweckverbände wegen ihrer begrenzten Aufgaben nicht zu ihnen gerechnet werden. Die wörtliche Auslegung des Begriffes ist ebenfalls unergiebig, weil sie keine Bestimmung der wesentlichen Begriffsmerkmale ermöglicht. Sie läßt lediglich einenBVerfGE 52, 95 (110) BVerfGE 52, 95 (111)Rückschluß auf einen wie auch immer gearteten Verband von Gemeinden zu. Es handelt sich um einen typischen Sammelbegriff, der bereits zur Zeit der Entstehung der Landessatzung unterschiedlich verwendet wurde und auch in der heutigen Gesetzessprache und Rechtswissenschaft ohne feste Konturen geblieben ist. In dem vor der Landessatzung entstandenen Grundgesetz (Art. 28 Abs. 2 GG) und dessen späteren Änderungen (Art. 104a Abs. 4, 105 Abs. 3, 106 Abs. 7 bis 9, 108 Abs. 4, 115c Abs. 3 GG) hat der Begriff Gemeindeverband ebenfalls die Bedeutung eines Sammelbegriffes. Auch der Schleswig-Holsteinische Landtag hat ihn vor den Beratungen der Landessatzung nicht einheitlich angewandt. Teils steht er als Synonym für das Wort Landkreis (so z.B. § 3 des Gesetzes über die Versorgungsausgleichskasse der Kommunalverbände in Schleswig-Holstein vom 30. Mai 1949 [GVOBl. Schl-H S. 114]), teils dient er als Sammelbegriff für alle kommunalen Zusammenschlüsse (so z.B. in der Überschrift zu III im Gesetz über den Finanzausgleich in Schleswig-Holstein vom 8. Februar 1949 [GVOBl. Schl-H S. 43]. Seine konkrete Bedeutung muß deshalb aus dem jeweiligen Regelungszusammenhang erschlossen werden.
2. Die Landessatzung verwendet den Begriff Gemeindeverband in zwei verschiedenen Zusammenhängen. Durch die Art. 39 - 42 LS wird den Gemeindeverbänden neben den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung eingeräumt, nämlich im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit die Befugnis, in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Durch die hier auszulegende Vorschrift des Art. 2 Abs. 2 LS und den sie ergänzenden Art. 3 Abs. 1 LS wird bestimmt, daß die Grundentscheidungen der Verfassung für das Prinzip der Volkssouveränität, der repräsentativen Demokratie und ein demokratisches Wahlverfahren nicht nur auf Landesebene gelten sollen, sondern auch in den Untergliederungen, den Gemeinden und Gemeindeverbänden. Der LandesverfassungsBVerfGE 52, 95 (111)BVerfGE 52, 95 (112)geber hat sich damit ebenso wie das Grundgesetz für eine auf Selbstverwaltungskörperschaften aufgebaute "gegliederte Demokratie" (vgl. von Unruh, Gebiet und Gebietskörperschaften als Organisationsgrundlagen nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, DVBl. 1975, S. 1) entschieden. Bei den Gemeindeverbänden handelt es sich also um solche Selbstverwaltungskörperschaften, die aus mehreren Gemeinden zusammengeschlossen sind und die Träger der allgemeinen, vom Volke ausgehenden Gewalt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 LS sind. Überall dort, wo diese allgemeine Gewalt unmittelbar durch selbständige, vom Staat weitgehend unabhängige Rechtsträger ausgeübt wird, soll eine aus allgemeinen Wahlen hervorgegangene Volksvertretung bestehen. Eine weitere Begrenzung des Begriffes Gemeindeverband ergibt sich daraus, daß die Landessatzung die Gemeindeverbände mit den Gebietskörperschaften Staat und Gemeinde auf eine Stufe stellt und zu den Gemeindeverbänden jedenfalls die gebietskörperschaftlich organisierten Landkreise gehören. Daraus muß zwar nicht zwingend geschlossen werden, daß sämtliche Gemeindeverbände ebenfalls Gebietskörperschaften sein müssen, denn dann hätte der Verfassungsgeber das Wort "Gebietskörperschaft" in die Landessatzung übernehmen können. Es spricht jedoch vieles dafür, daß die auf einzelne Aufgaben beschränkten Zweckverbände, auch wenn sie öffentliche Gewalt ausüben, nicht von dem Begriff Gemeindeverbände erfaßt werden sollten. Nach der Systematik der Landessatzung für Schleswig-Holstein sind demnach Gemeindeverbände nur solche aus mehreren Gemeinden zusammengesetzte Körperschaften des öffentlichen Rechts, die in größerem Umfange öffentliche Aufgaben von einigem Gewicht als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen.
Diese Auslegung deckt sich mit dem zur Zeit der Entstehung der Landessatzung tatsächlich bestehenden Zustand. Das Land Schleswig-Holstein war zwar in Kreise, Ämter und Gemeinden gegliedert. Daneben bestanden auch zahlreiche Zweckverbände. Unmittelbar gewählt wurde jedoch nur in den Kreisen und denBVerfGE 52, 95 (112) BVerfGE 52, 95 (113)Gemeinden (Gemeindewahlgesetz und Kreiswahlgesetz vom 15. Juni 1948 [GVOBl. Schl-H S. 95]). Dafür, daß sich daran mit dem Inkrafttreten der Landessatzung etwas ändern sollte, gibt es keinen Anhalt.
3. Die Entstehungsgeschichte der Landessatzung bestätigt das durch die systematische Auslegung ermittelte Ergebnis. Die Diskussionsbeiträge während der Ausschußberatungen zu Art. 39 der Landessatzung zeigen, daß keine konkrete gemeinsame Vorstellung über das Wesen der Gemeindeverbände bestand (vgl. die Einzelheiten im Wortprotokoll über die gemeinsame Sitzung des Ausschusses für Verfassung und Geschäftsordnung und des Ausschusses für Innere Verwaltung vom 21. November 1949 S. 114 und S. 115). Die Ausschußmitglieder waren sich jedoch darüber einig, daß zwar die Landkreise, nicht aber die aufgrund der Amtsordnung vom 6. August 1947 gebildeten Ämter als Gemeindeverbände zu qualifizieren seien. Aus dem Zusammenhang ergibt sich, daß die ähnlich verfaßten und mit einzelnen Zuständigkeiten ausgestatteten Zweckverbände ebenfalls keine Gemeindeverbände im Sinne der Landessatzung sein sollten. Andererseits lassen die Ausschußberatungen aber erkennen (Wortprotokoll a.a.O.), daß der umfassende Begriff auch deshalb gewählt worden ist, um die künftige Entwicklung der Ämter oder neu zu bildender kommunaler Zusammenschlüsse zu Gemeindeverbänden nicht zu verstellen. Der Gemeindeverband im Sinne des Art. 2 Abs. 2 LS läßt sich deshalb positiv durch die konstituierenden Merkmale des Kreises und negativ durch die konstituierenden Merkmale der im Jahre 1949 bestehenden Ämter sowie der damals bestehenden Zweckverbände eingrenzen.
a) In Schleswig-Holstein galt zunächst die preußische Kreisordnung für die Provinz Schleswig-Holstein vom 26. Mai 1888 (Preußische GS S 139), die formell erst durch § 73 der Kreisordnung für Schleswig-Holstein vom 27. Februar 1950 (GVOBl. Schl-H S. 49) außer Kraft gesetzt worden ist. Der Kreistag wurde aufgrund des Gemeindewahlgesetzes und Kreiswahlgesetzes vomBVerfGE 52, 95 (113) BVerfGE 52, 95 (114)15. Juni 1948 unmittelbar gewählt. Die konstituierenden Merkmale des Kreises waren seine Eigenschaft als Gebietskörperschaft, die Wahrnehmung originärer Selbstverwaltungsaufgaben neben den Aufgaben nach Weisung und seine zumindest subsidiäre Allzuständigkeit. Daß auch der Gesetzgeber diese Eigenschaften als konstituierend vorausgesetzt hat, zeigt die Verabschiedung einer Kreisordnung für Schleswig-Holstein am 10. August 1948, in der alle diese Merkmale ausdrücklich normiert waren. Dieses Gesetz trug auch der historischen Entwicklung des Selbstverwaltungsgedankens in Deutschland Rechnung. Es ist zwar durch die Besatzungsmacht nicht genehmigt worden, jedoch in gleicher Form am 12. November 1949 während der Beratungen zur Landessatzung neu in den Landtag eingebracht worden (Landtagsvorlage Nr. 274/3 vom 12. November 1949) und in ähnlicher Form am 27. Februar 1950 beschlossen worden.
b) Im Gegensatz zu den Landkreisen waren die Ämter Neuschöpfungen des kommunalen Verfassungsrechtes des Landes Schleswig-Holstein. Sie unterschieden sich von den Ämtern der ehemaligen preußischen Provinz Schleswig-Holstein, die aufgrund der Kreisordnung von 1888 gebildet worden waren und in erster Linie Polizeiaufgaben wahrzunehmen hatten, und waren nur bedingt mit den früheren Kirchspiellandgemeinden der Kreise Husum, Norderdithmarschen und Süderdithmarschen vergleichbar. Der erste Regierungsentwurf eines Gesetzes über die Bildung von Bezirksämtern im Lande Schleswig-Holstein hatte noch definiert, daß die Bezirksämter Gebietskörperschaften seien (Landtagsvorlage Nr. 30/II). Ihnen sollten Selbstverwaltungsaufgaben übertragen werden, jedoch - um die Selbstverwaltung der Gemeinden nicht auszuhöhlen - ohne Universalität des Wirkungskreises und ohne Kompetenz-Kompetenz (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes in der Landtagsvorlage Nr. 30/II S. 75 - 77). Der Entwurf wurde jedoch mehrfach geändert (vgl. Landtagsvorlagen Nr. 62/II; Nr. 7/3 und Nr. 28/3). In der Begründung des Entwurfes eines GesetzesBVerfGE 52, 95 (114) BVerfGE 52, 95 (115)über die Bildung von Ämtern im Lande Schleswig-Holstein vom 24. Mai 1947 (Landtagsvorlage Nr. 7/3 S 43) heißt es ausdrücklich, die Neufassung berücksichtige vornehmlich die Bedenken, die gegen einen zu starken Ausbau der Ämter als Gebietskörperschaften erhoben worden seien. Das Gesetz über die Bildung von Ämtern im Lande Schleswig-Holstein (Amtsordnung) vom 6. August 1947 verwandte das Wort Gebietskörperschaften nicht mehr. Die Ämter von 1947 hatten weder die Organisation noch die Aufgaben einer Gebietskörperschaft. Sie waren ein Zusammenschluß kreisangehöriger Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften (§ 1 Abs. 1), die sich in organisatorischer Hinsicht eng an die Zweckverbände anlehnten. Sie sollten die Gemeinden in der Durchführung von Verwaltungsaufgaben unterstützen und vor allem den kleinen Gemeinden solche Aufgaben abnehmen, die hauptamtliche Fachkräfte erfordern (§ 1 Abs. 2). Nach § 3 Abs. 1 führten die Ämter die übertragenen gemeindlichen Aufgaben nach den Beschlüssen der Gemeinde unter eigener Verantwortung durch. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 konnten ihnen die Gemeinden auch Aufgaben zur vollen Selbstverwaltung übertragen. Nach § 4 Abs. 1 erledigten die Ämter als Auftragsangelegenheiten diejenigen Aufgaben, die nach bisherigem Recht den Amtsvorstehern der früheren preußischen Ämter zufielen. Den schleswig-holsteinischen Ämtern fehlten danach fast alle Eigenschaften, die einem kommunalen Zusammenschluß den Status einer Gebietskörperschaft verleihen. Es handelte sich um einen Zusammenschluß selbständig bleibender Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechtes, für die in der neueren Literatur der Ausdruck Bundkörperschaft verwendet wird (vgl. OVG Lüneburg, OVGE 26, 487 [494 f.]; Wolff-Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Auflage, 1976, § 84 III d 4).
4. Der Verfassungsgeber von 1949 hat nach alledem als Gemeindeverband im Sinne der Landessatzung in erster Linie den Landkreis angesehen. Er wollte jedoch den Zusammenschluß von Gemeinden auf anderer Ebene, mit anderen Aufgaben oderBVerfGE 52, 95 (115) BVerfGE 52, 95 (116)in anderen Organisationsformen nicht ausschließen und die Entwicklung solcher Zusammenschlüsse zu Gemeindeverbänden offenlassen. Auch die Entwicklung der bereits bestehenden Ämter zu Gemeindeverbänden sollte möglich bleiben. Nähere Vorstellungen sind dazu nicht entwickelt worden. Aus dem Regelungszusammenhang ergibt sich jedoch, daß mit dem Wort Gemeindeverbände nur die zur Erfüllung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildeten Gebietskörperschaften und diesen nach Umfang und Gewicht der von ihnen wahrzunehmenden Selbstverwaltungsaufgaben vergleichbare kommunale Zusammenschlüsse erfaßt werden sollten. Wenn der Verfassungsgeber bereits für die Durchführung von einzelnen Selbstverwaltungsaufgaben eine unmittelbare Volksvertretung für erforderlich gehalten hätte, hätte er sie auch für Zweckverbände anordnen müssen. Das ist jedoch nicht geschehen.
III.
 
1. Das Land Schleswig-Holstein hat sich für die Erhaltung der kleinen und gegen die Schaffung von Großgemeinden entschieden. Die amtsangehörigen Gemeinden sind auch nach der Neufassung der Amtsordnung im Jahre 1977 noch eigenständige Gebietskörperschaften mit dem vollen Recht der Selbstverwaltung geblieben. Die Vorschriften der Amtsordnung zielen nicht auf eine Aushöhlung der Selbstverwaltung und damit auf eine Entziehung der den Kern der Selbstverwaltung bildenden Tätigkeit der Gemeinden, sondern im Gegenteil auf deren möglichste Bewahrung (BVerwG, Die Gemeinde, 1972, S. 216 [217] = DÖV 1973, S. 169 [170]; BVerwG, Die Gemeinde, 1972, S. 239). Die Amtsordnung hat die Möglichkeiten der Selbstverwaltung eher verstärkt, weil sie die kleinen Gemeinden von der verwaltungstechnischen Arbeit befreit hat.
Eine solche Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gilt nicht absolut. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Beschränkungen der Selbstverwaltung mitBVerfGE 52, 95 (116) BVerfGE 52, 95 (117)Art 28 Abs. 2 GG vereinbar, soweit sie deren Kernbereich unangetastet lassen (BVerfGE 1, 167 [175]; 22, 180 [205]; 26, 172 [180]). Änderungen, die in der Linie einer vernünftigen Fortentwicklung des überkommenden Systems liegen, sind zulässig, wenn sie nicht zur Aushöhlung des Selbstverwaltungsrechtes der Gemeinden führen (BVerfGE 38, 258 [279]). Hier sind den amtsangehörigen Gemeinden die wesentlichen Hoheitsrechte im Kern erhalten geblieben. Der in § 2 GO umschriebene Grundsatz der Universalität des Wirkungskreises besteht im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten weiter. Die wesentlichen Hoheitsrechte wie Gebietshoheit, Organisationshoheit, Satzungshoheit, Personalhoheit und Finanzhoheit sind entweder überhaupt nicht oder nur unwesentlich eingeschränkt (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 216 und S. 239; OVG Lüneburg, OVGE 26, 487 [498 f]).
2. Im Gegensatz zu den amtsangehörigen Gemeinden sind die Ämter selbst keine Gebietskörperschaften.
a) Die Amtsordnung umschreibt das Amt lediglich als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, während die Gemeinden und Kreise in § 1 Abs. 2 der Gemeindeordnung und § 1 Abs. 1 der Kreisordnung (KrsO) in der Fassung vom 11. November 1977 (GVOBl. Schl-H S 436) ausdrücklich als Gebietskörperschaften bezeichnet werden. Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber - wie die Entstehungsgeschichte belegt - bewußt gemacht, um den Ämtern nicht den Status eine Gebietskörperschaft zu verleihen (vgl. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Prot. über die 63. und 65. Sitzung des Ausschusses für Innere Verwaltung vom 24. Februar und 17. März 1966 S 3 ff. bzw. S 12; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des kommunalen Verfassungsrechts vom 25. September 1976, LTDrucks. 8/474 S. 78 und 126; Plenarprot. 8/42 vom 12. Juli 1977, S. 2876 ff.).
b) Gebietskörperschaften sind solche Körperschaften des öffentlichen Rechts, bei denen sich die Mitgliedschaft aus dem Wohnsitz im Gebiet der Körperschaft ergibt und die mit Gebietshoheit ausgestattet sind. Sie werden von allen BewohnernBVerfGE 52, 95 (117) BVerfGE 52, 95 (118)eines abgegrenzten Teiles des Staatsgebietes getragen. Die Mitgliedschaft wird durch den Wohnsitz - evtl. in Verbindung mit dessen Dauer und der Staatsangehörigkeit - begründet. Jedermann, der sich auf ihrem Gebiet aufhält, wird der Herrschaftsgewalt der Körperschaft unterworfen. Wesentlich ist mithin das unmittelbare Verhältnis, welches zwischen Personen, Fläche und hoheitlicher Gewalt besteht (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., S. 487 [494]). Die wohl überwiegende Meinung hält die zumindest subsidiäre Allzuständigkeit (Universalität des Wirkungskreises) für ein konstituierendes Merkmal der Gebietskörperschaften (vgl. z.B. Gönnenwein, Gemeinderecht, 1963, S. 45f; E. Becker, Die Selbstverwaltung als verfassungsrechtliche Grundlage der kommunalen Ordnung in Bund und Ländern; in: Handbuch der Kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. I S 113 [124]; Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. 1: Verfassungsrecht, 2. Auflage, 1975, S. 45; Galette-Scheliha, Kommentar zur Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein, in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Anm. 3c zu § 1 GO; anders Wolff-Bachof, a.a.O., § 84 III d 1, jeweils mit weiteren Nachweisen). Andere lassen es genügen, wenn die Summe der Einzelzuständigkeiten zur effektiven Universalität neigt (vgl. z.B. Wagener, Gemeindeverbände, in: HdSW, Bd. 4, 1965, S. 319; Hoppe, Die Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband und der Rechtscharakter der nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände, in: Verwaltung und Wirtschaft, Heft 21, S 22 ff.). Zum Teil wird auch eine unmittelbare Volksvertretung als konstituierendes Merkmal der Gebietskörperschaft angesehen (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., S 494).
Wird eine öffentlich-rechtliche Körperschaft dagegen nicht von den einzelnen Bewohnern eines Gebietes getragen, sondern von juristischen Personen und erstreckt sich die Zuständigkeit ihrer Organe unmittelbar nur auf die juristischen Personen, so spricht man von einer Bundkörperschaft (Einzelheiten bei Wolff-Bachof, a.a.O., § 84 III d 4; von Unruh, Gemeinderecht, in: Besonderes Verwaltungsrecht, herausgegeben von Münch,BVerfGE 52, 95 (118) BVerfGE 52, 95 (119)4. Auflage, 1976, S. 85, OVG Lüneburg, a.a.O., S. 495).
Anders bei den Gebietskörperschaften bildet die Fläche als Gebiet kein konstituierendes Element zur Begründung der Mitgliedschaft. Sie dient nur der räumlichen Begrenzung.
c) Der Gesetzgeber hat sich gegen eine gebietskörperschaftliche Organisation der Ämter und für einen bundeskörperschaftlichen Zusammenschluß der Gemeinden, der eng an den Zweckverband angelehnt ist, entschieden. Zu einer solchen Regelung war der Gesetzgeber auch befugt. Der Landessatzung läßt sich nicht entnehmen, daß es in Schleswig-Holstein außer Gebietskörperschaften und Zweckverbänden keine anderen kommunalen Zusammenschlüsse geben dürfe. Es stand deshalb allein in der Organisationsgewalt des Gesetzgebers, ob er den Ämtern den Status einer Gebietskörperschaft verlieh oder nicht. Er hat den Grundsatz der zumindest subsidiären Allzuständigkeit für die Gebietskörperschaften Gemeinde und Kreis ausdrücklich in §§ 2 Abs. 1 der Gemeindeordnung und der Kreisordnung normiert. Eine entsprechende Vorschrift fehlt für die Amtsordnung von 1977 und die früheren Amtsordnungen. Die Ämter sind nach § 1 Abs. 1 AO auf die Erfüllung bestimmter Aufgaben beschränkt. Sie dienen der Stärkung der Selbstverwaltung der amtsangehörigen Gemeinden und treten an die Stelle der amtsangehörigen Gemeinden, soweit es die Amtsordnung bestimmt oder zuläßt. Es hat auch keine Übertragung von einzelnen Selbstverwaltungsaufgaben im Sinne einer faktischen Allzuständigkeit stattgefunden. Die Ämter werden nicht von den Einwohnern, sondern von den amtsangehörigen Gemeinden getragen. Sie sind mithin nicht als Gebietskörperschaften, sondern als Bundeskörperschaften organisiert, deren Mitglieder die amtsangehörigen Gemeinden sind. Unter diesen Umständen ergibt sich etwas auch nicht aus § 2 des Landesverwaltungsgesetzes, in dem die Ämter zusammen mit dem Land, den Kreisen und Gemeinden als Träger der öffentlichen Verwaltung aufgezählt und von den Trägern einzelner Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, den der Aufsicht des Landes unterstehendenBVerfGE 52, 95 (119) BVerfGE 52, 95 (120)Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit und rechtsfähigen Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, abgegrenzt sind. Eine Änderung der Organisation und Aufgaben der Ämter ist damit nicht verbunden.
3. Lassen sich die Ämter in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung nicht als Gebietskörperschaften qualifizieren, so müßten sie nur dann eine unmittelbare Volksvertretung haben, wenn sie den Gebietskörperschaften in Anbetracht ihres Aufgabenbereiches ähnlich sind. Das wäre dann zu bejahen, wenn sie, obwohl nicht mit einer rechtlichen oder faktischen Allzuständigkeit ausgestattet, so gewichtige Selbstverwaltungsaufgaben wahrnähmen, daß sie den Gebietskörperschaften Gemeinde und Kreis vergleichbar wären. Das ist jedoch nicht der Fall.
Dabei kommt es allein auf die Selbstverwaltungsaufgaben an (dezentralisierte Verwaltung), also Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können (vgl. BVerfGE 8, 122 [134]). Das Amt ist zwar nach § 4 Abs. 1 und Abs. 2 AO auch und vor allem Träger der ihm und den amtsangehörigen Gemeinden übertragenen Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Für die Beantwortung der Frage, ob die Ämter als Gemeindeverbände im Sinne von Art 2 Abs. 2 LS einer unmittelbar gewählten Volksvertretung bedürfen, spielen diese Aufgaben jedoch keine entscheidende Rolle. Die Weisungsaufgaben werden von dem Amtsvorsteher durchgeführt (§ 12 Abs. 5 Satz 1 AO). Er ist dafür der Aufsichtsbehörde verantwortlich (§ 12 Abs. 5 Satz 2 AO). Soweit der Amtsvorsteher bei der Durchführung dieser Aufgaben nach Ermessen handeln kann, kann er sich vom Amtsausschuß beraten lassen (§ 12 Abs. 5 Satz 3 AO). Die Ämter werden mithin insoweit - ebenso wie die Gemeinden und Kreise (vgl. dazu §§ 49 Abs. 4, 70 Abs. 3 GO und § 52 Abs. 4 KrsO) - als mittelbare Staatsorgane (dekonzentrierte Verwaltung) tätig. Ihre Behörden unterliegen gemäß den §§ 15 bis 19 LVwG, dieBVerfGE 52, 95 (120) BVerfGE 52, 95 (121)nach § 19 Abs. 1 AO unberührt bleiben, der mit Weisungsbefugnissen verbundenen Fachaufsicht. Soweit den Ämtern die Durchführung von Bundesgesetzen übertragen worden ist, unterliegen sie ebenfalls nach § 21 LVwG der Fachaufsicht. Die Amtsausschüsse sind also - ebenso wie die Volksvertretungen in den Gemeinden und Kreisen - an der Durchführung der Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung, von einer fakultativen, unverbindlichen Beratung abgesehen, nicht beteiligt. Sie können keine dem Amtsvorsteher bindende Sachentscheidung treffen (vgl. Galette-Scheliha, a.a.O., Anm. 1d [3] zu § 27 GO; von der Groeben/Knack, Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein, Vorbemerkung zu § 22 LVwG Anm. 2.2.1 am Ende; Bracker, Kommentar zur Amtsordnung für Schleswig-Holstein, in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Anm. 4a zu § 10 und Anm. 8 zu § 12). Die demokratische Legitimation zur Durchführung dieser Aufgaben wird dem Amtsvorsteher nicht die kommunale Vertretung, sondern durch eine ununterbrochene Legitimationskette von dem direkt gewählten Landtag vermittelt. Zur Finanzierung dieser Aufgaben erhält das Amt vom Land nach dem Finanzausgleichsgesetz eine Amtsdotation (§ 20 AO). Es besteht ein so umfangreicher Katalog von tatsächlich übertragenen Aufgaben nach Weisung, daß hier das Schwergewicht der Verwaltungsarbeit der Ämter liegen dürfte (Einzelheiten bei Bracker, a.a.O., Anm. 2 und 3 zu § 4 AO). Unbeschadet dessen bleibt festzuhalten, daß das Amt zur Erfüllung dieser Aufgaben einer unmittelbar gewählten Volksvertretung nicht bedarf.
4. Die den Ämtern übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben, auf die es im vorliegenden Zusammenhang entscheidend ankommt, sind im Vergleich zu denen der Gemeinden und Landkreise unbedeutend. Die Ämter sind zwar keine Schreibstuben der Gemeinden mehr, sondern haben eine wichtige eigenständige Funktion im Verwaltungsaufbau des Landes Schleswig-Holstein. Das Schwergewicht ihrer Zuständigkeiten liegt jedoch weiterhin auf verwaltungstechnischem Gebiet und auf denBVerfGE 52, 95 (121) BVerfGE 52, 95 (122)ihnen übertragenen Aufgaben nach Weisung. Die Ämter sind in erster Linie Verwaltungsgemeinschaften. Im Bereich der Selbstverwaltungsangelegenheiten nehmen sie neben der verwaltungstechnischen Abwicklung, die ihrer Natur nach keiner Kontrolle durch eine unmittelbare Volksvertretung bedarf, lediglich in einem engbegrenzten Umfang Selbstverwaltungsaufgaben wahr. Es handelt sich um Einzelaufgaben, für die nach Sinn und Zweck der Landessatzung eine unmittelbare demokratische Legitimation nicht erforderlich ist. Hier genügt die tatsächlich bestehende mittelbare demokratische Legitimation.
a) Gemäß § 3 Abs. 1 AO führt das Amt die Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden nach den Beschlüssen der Gemeinden durch. Ausnahmen hiervon sind nur in begrenztem Umfang möglich. Aus dieser Formulierung ergibt sich, daß die Gemeinde Träger der Selbstverwaltungsaufgaben bleibt. Dem Amt wird zwar die Durchführung übertragen. Die Ämter insofern jedoch nur eine dienende Funktion wahr. Alle Geschäfte, die verwaltungstechnisch und rechtlich schwierig sind, werden von ihnen wahrgenommen, während die eigentlichen Entscheidungen in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in vollem Umfang bei den Vertretungskörperschaften der Gemeinden verbleiben.
b) Eine ganz ähnliche Regelung, durch die keine wesentlichen Selbstverwaltungsaufgaben übertragen werden, ist in § 4 Abs. 3 AO enthalten. Danach besorgt das Amt die Kassenführung und Rechnungsführung und die Vorbereitung und Aufstellung der Haushaltspläne für die amtsangehörigen Gemeinden. Die Beschlußfassung und damit auch die Finanzhoheit selbst verbleiben demnach der amtsangehörigen Gemeinde. Die wichtigen Vorbereitungsarbeiten im Zusammenhang mit dem geringen finanziellen Spielraum der Gemeinden schaffen den Ämtern zwar in der Wirklichkeit einen erheblichen Einfluß in dem Bereich der Finanzgewalt.Das ändert jedoch nichts daran, daß auch insoweit der Kernbereich der Selbstverwaltungsaufgabe bei den Gemeinden verbleibt.BVerfGE 52, 95 (122)
BVerfGE 52, 95 (123)Gesetzlich sind den Ämtern über die mehr verwaltungstechnischen Aufgaben hinaus nur solche Selbstverwaltungsaufgaben übertragen worden, die die Gemeinden vorher ohnehin bereits freiwillig auf Zweckverbände übertragen hatten. Der bereits im Jahre 1974 in Kraft getretene § 27 GkZ bestimmt, daß bei solchen Zweckverbänden oder sonstigen Verbänden, die sich ausschließlich aus mehreren oder allen Gemeinden eines Amtes zusammensetzen, die Aufgaben der Verbände auf das Amt übergehen. Diese Vorschrift dient der Vereinfachung der Verwaltung. Durch sie soll erreicht werden, daß unterhalb der Amtsebene keine weiteren Verbände bestehen, die sich ausschließlich aus Gemeinden der Ämter zusammensetzen. Dieser Gesetzeszweck kommt insbesondere auch in dem Verbot der Zweckverbandsbildung gemäß § 2 Abs. 3 GkZ zum Ausdruck. Eine Ausnahme gilt lediglich für Schulverbände, auf die gemäß § 63 Abs. 2 des Schulgesetzes seit dem 1. Januar 1979 § 2 Abs. 3 GkZ nicht mehr anwendbar ist. Die Ämter nehmen zwar kraft Gesetzes Selbstverwaltungsaufgaben als eigene Aufgaben wahr. Sie werden insoweit jedoch nur wie ein Zweckverband innerhalb des Amtes tätig und stellen dafür ihre Verwaltungseinrichtung und ihre Organe (Amtsvorsteher, Amtsausschuß) zur Verfügung. Das wird insbesondere durch den Ausschluß des Stimmrechtes für die nichtbeteiligten Gemeinden gemäß § 27 Satz 2 GkZ i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 AO sowie die Kostenverteilung gemäß § 21 AO belegt. Danach hat das Amt die ihm entstehenden Zweckausgaben für die Selbstverwaltungsaufgaben nur auf die beteiligten Gemeinden umzulegen. An dem Einfluß der früheren verbandsangehörigen Gemeinden auf die Erfüllung der Aufgaben hat sich nichts geändert. Das Amt erwirbt mithin insoweit keine originären Selbstverwaltungsaufgaben, sondern nimmt im Grunde genommen nur Aufgaben eines Zweckverbandes wahr. Da die Regelung einen Bereich betrifft, in dem bereits früher Zweckverbände bestanden, werden den Ämtern keine Aufgaben übertragen, die nach dem Sinn der Landessatzung eine unmittelbare Volksvertretung erforderlich machen.BVerfGE 52, 95 (123)
BVerfGE 52, 95 (124)Es ist deshalb auch unerheblich, daß diese Vorschrift in der Praxis eine verhältnismäßig große Bedeutung gehabt hat und rd. 140 frühere Zweckverbände auf die Ämter übergegangen sind. Außerdem waren diese Zweckverbände nach der Zusammenstellung der Landesregierung zum überwiegenden Teil Schulverbände, für die das Verbot der Zweckverbandsbildung seit dem 1. Januar 1979 nicht mehr gilt und die deshalb wieder neu gegründet werden können. Die Auflösung der übrigen Zweckverbände betraf nur wenige Sachgebiete und hat den einzelnen Ämtern deshalb auch nur wenig neue Zuständigkeiten gebracht.
d) Ähnlich ist auch die Möglichkeit der Aufgabenübertragung nach § 5 Abs. 1 AO zu beurteilen. Diese Vorschrift gestattet es, daß mehrere amtsangehörige Gemeinden dem Amt über die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 AO hinaus gemeinsam Selbstverwaltungsaufgaben übertragen. Falls es zu einer solchen Übertragung kommt, findet insoweit eine volle Kompetenzverlagerung statt. Das Amt wird Träger von Selbstverwaltungsaufgaben, die bisher in der Trägerschaft der Gemeinden standen. Auch hier besteht jedoch die Besonderheit, daß es sich weiterhin um Aufgaben der amtsangehörigen Gemeinden handelt, die lediglich von einer anderen Behörde bzw deren Organen (Amtsvorsteher und Amtsausschuß) wahrgenommen werden. Dafür spricht hier die Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 2 AO, nach der die Mitglieder des Amtsausschusses, deren Gemeinden von der Übertragung nicht betroffen sind, im Amtsausschuß kein Stimmrecht haben. Die nicht betroffenen Gemeinden müssen sich außerdem nicht an den anteiligen Kosten beteiligen (§ 21 AO). Über den Amtsausschuß verbleibt den übertragenden Gemeinden eine Einwirkungsmöglichkeit auf die Erledigung der übertragenen Aufgaben.
Die vollständige Übertragung der Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden oder des wesentlichen Kerns dieser Aufgaben auf die Ämter ist nach dem Sinn und Zusammenhang der Vorschriften nicht möglich. Die DurchsetzungBVerfGE 52, 95 (124) BVerfGE 52, 95 (125)dieses Gesetzeszweckes wird weitgehend schon dadurch erreicht, daß die Übertragung gemäß § 5 Abs. 1 AO nur durch mehrere Gemeinden erfolgen kann. Ob überhaupt eine Übertragung stattfindet, hängt allein vom Willen mehrerer amtsangehöriger Gemeinden und nicht von dem des Amtes ab. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß von den Gemeinden faktisch mehr Selbstverwaltungsaufgaben auf die Ämter übertragen werden, als sie es traditionell durch die Übertragung auf Zweckverbände getan haben. Die von den Beschwerdeführern angeführte verwaltungswissenschaftliche Untersuchung von Bernd Becker, Gemeinde und Amt, a.a.O., spricht nicht dagegen. Der in dieser Untersuchung verwendete Begriff der "Verlagerung" der Selbstverwaltungsaufgaben ist sehr viel weiter gefaßt als der der Übertragung dieser Aufgaben im Rechtssinne und erfaßt auch Fälle, in denen die Entscheidungsbefugnisse bei den amtsangehörigen Gemeinden verbleiben (a.a.O., S. 30 ff.). Für eine normative Einordnung der Ämter vermag diese Untersuchung deshalb wenig auszusagen. Aus der Erhebung der Landesregierung ergibt sich, daß in mehr als der Hälfte der Ämter überhaupt keine Übertragung von Selbstverwaltungsaufgaben stattgefunden hat. Ist es in den übrigen Fällen tatsächlich zu einer Aufgabenübertragung gekommen, so handelt es sich regelmäßig nur um einzelne Aufgaben, und zwar um solche, die schon früher häufig auf Zweckverbände übertragen wurden. In den von den Antragstellern dargelegten Beispielsfällen hat in Wirklichkeit ebenfalls noch keine Übertragung der wesentlichen Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden stattgefunden. Aus der Höhe der Amtsumlage kann nicht ohne weiteres auf den Übergang von Selbstverwaltungsaufgaben geschlossen werden. Im übrigen könnte der Einwand, daß in einzelnen Fällen über den Sinn und Zweck des Gesetzes hinaus Übertragungen der wesentlichen Selbstverwaltungsaufgaben erfolgen, nicht die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung selbst begründen (vgl. BVerfGE 3, 19 [33]).BVerfGE 52, 95 (125)
BVerfGE 52, 95 (126)e) Auch soweit das Amt in § 63 Abs. 3 des Schulgesetzes, § 8 Abs. 4 des Brandschutzgesetzes (vom 4. November 1964 [GVOBl. Schl-H S. 222] in der Fassung vom 9. Dezember 1974 [GVOBl. Schl-H S. 453] und vom 5. August 1977 [GVOBl Schl-H S. 210]) sowie § 18 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes als möglicher Träger von Selbstverwaltungsaufgaben genannt ist, werden keine weitergehenden Zuständigkeiten begründet. Das Amt ist nicht originärer Träger dieser Selbstverwaltungsaufgaben, sondern wird in diesen Gesetzen nur als möglicher Träger der Aufgaben erwähnt. Die Übertragung kann nur aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen erfolgen. Das gilt auch für § 18 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes über den Finanzausgleich in Schleswig-Holstein vom 19. September 1969, LTDrucks VI/849 S. 38).
f) Nach § 18 Abs. 1 GkZ können Gemeinden, Ämter, Zweckverbände und Kreise durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbaren, daß eine der beteiligten Körperschaften einzelne oder mehrere zusammenhängende Aufgaben der übrigen Beteiligten übernimmt oder den übrigen Beteiligten die Mitbenutzung einer von ihr betriebenen Einrichtung gestattet. Zu diesen Aufgaben gehören zwar auch Selbstverwaltungsaufgaben der amtsangehörigen Gemeinden. Die Anwendung dieser Vorschrift innerhalb eines Amtes ist jedoch durch die speziellere Vorschrift des § 5 Abs. 1 AO ausgeschlossen, der nach § 1 Abs. 2 Satz 2 GkZ unberührt bleibt (vgl. Dehn, Kommentar zum Gesetz über kommunale Zusammenarbeit, in: Praxis der Gemeindeverwaltung, Anm. 7 zu § 1). Eine Aufgabenübertragung gemäß § 18 Abs. 1 GkZ kann daher nur durch Gemeinden erfolgen, die dem betreffenden Amt nicht angehören. Solche Übertragungen sind jedoch nicht erfolgt.
g) Nach § 5 Abs. 2 AO kann auch der Kreis Selbstverwaltungsaufgaben auf die Ämter übertragen. Das darf jedoch nur aufgrund gesetzlicher Bestimmung geschehen. Die Vorschrift hat bisher kaum praktische Bedeutung.BVerfGE 52, 95 (126)
BVerfGE 52, 95 (127)h) Neben den mehr verwaltungstechnischen Funktionen und den nur beschränkt übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben haben die Ämter auf dem Gebiete der Selbstverwaltung ferner koordinierende und beratende Aufgaben wahrzunehmen. Sie haben nach § 4 Abs. 4 AO über die öffentlichen Aufgaben, die mehrere amtsangehörige Gemeinden betreffen und eine gemeinsame Abstimmung erfordern, zu beraten und auf ihre Erfüllung hinzuwirken. Die gleichen Aufgaben sind den Ämtern in der regionalen Raumordnung übertragen worden, sofern sie mit dem Nahbereich eines zentralen Ortes übereinstimmen oder dieser Bereich nur unwesentlich von dem Gebiet eines Amtes abweicht. In diesen Fällen nimmt der Amtsausschuß die Funktionen des Nachbarschaftsausschusses wahr, der bei der Erfüllung übergemeindlicher Aufgaben im Verpflechtungsbereich zentraler Orte mitzuwirken hat (§ 23 GkZ i.V.m. § 20 Abs. 2 und 3 GkZ). Das gilt nach § 20 Abs. 2 Satz 2 GkZ insbesondere auch für die beabsichtigte Verwendung von Zuwendungen für übergemeindliche Aufgaben. Nach § 18 Abs. 5 Nr. 3a des Finanzausgleichsgesetzes werden die für die Unterzentren und ländlichen Zentralorte bestimmten Schlüsselzuweisungen an das Amt gezahlt, wenn das Unterzentrum oder der ländliche Zentralort einem Amt angehört. Ist das nicht der Fall, so wird die Schlüsselzuweisung unmittelbar an den zentralen Ort gezahlt. Ihre Verwendung bedarf jedoch der Zustimmung des Nachbarschaftsausschusses (§ 18 Abs. 5 Nr. 3b FAG).
Hiermit sind den Ämtern zwar überörtliche Selbstverwaltungsaufgaben übertragen worden. Diese fallen jedoch nicht entscheidend ins Gewicht. Durch die Übertragung der Beratungsfunktionen soll erreicht werden, daß die Gemeinden eines Amtes unterschiedliche Interessen im Amt ausgleichen und dem Kreis sowie dem Land gegenüber möglichst mit einer Stimme sprechen (RegEntW, a.a.O., LTDrucks. 8/474 S. 128). Entscheidungsbefugnisse in Selbstverwaltungsangelegenheiten sind damit nicht verbunden. Die Ämter können die von den amtsangehörigen Gemeinden zu treffenden Entscheidungen nicht anBVerfGE 52, 95 (127) BVerfGE 52, 95 (128)sich ziehen, und zwar auch dann nicht, wenn das Verhalten der Gemeinde den Interessen des Amtes widerspricht. Dem Amt stehen ferner keine Zwangsmittel zur Verfügung, mit dem es die als notwendig erachteten Beschlüsse der amtsangehörigen Gemeinde erzwingen kann.
Durch § 18 Abs. 5 FAG erhält das Amt ebenfalls keine neuen Selbstverwaltungsaufgaben. Es ist nach § 4 Abs. 3 AO ohnehin für die gesamte Kassenführung und Rechnungsführung der amtsangehörigen Gemeinden zuständig. Die Zuweisung der Mittel für übergemeindliche Aufgaben erfolgt zweckgebunden zur Verwendung in den zentralen Orten. Das Amt hat diese Mittel lediglich nach Maßgabe der Grundsätze über die Entwicklung des Landes (vgl. dazu das Gesetz über Grundsätze zur Entwicklung des Landes in der Fassung vom 11. Dezember 1973 [GVOBl Schl-H S. 426]) an den zentralen Ort und evtl. weitere Träger übergemeindlicher Aufgaben weiterzuleiten. Wie diese Mittel im einzelnen verwendet werden, entscheiden die Träger der übergemeindlichen Aufgaben in eigener Verantwortung (vgl. dazu im einzelnen Laux-Krastel, Der kommunale Finanzausgleich und Lastenausgleich in Schleswig-Holstein, in: Praxis der Gemeindeverwaltung, S. 45 ff.).
i) Daß sich die Ämter wie jeder Zweckverband organisieren können und insoweit über eine eigene Personalhoheit, Finanzhoheit, und Satzungsgewalt verfügen, macht sie ebenfalls noch nicht zu einem Gemeindeverband, der nach der Landessatzung eine unmittelbare Volksvertretung haben muß. Es handelt sich zwar um Selbstverwaltungsangelegenheiten des Amtes. Diese beziehen sich jedoch im wesentlichen auf die innere Organisation des Amtes als Körperschaft des öffentlichen Rechts; sie berühren die allgemeine Stellung der Ämter nicht und machen sie insbesondere nicht zu einer Gebietskörperschaft. Personalhoheit, Finanzhoheit und Satzungsgewalt sind in diesem Umfange auch den Zweckverbänden eingeräumt. Die Regelung der Amtsordnung geht nicht über die entsprechende Regelung im Gesetz über kommunale Zusammenarbeit hinaus (vgl. einerBVerfGE 52, 95 (128)BVerfGE 52, 95 (129)seits §§ 1 Abs. 3, 7, 21 ff., 24a AO i.V.m. § 4 GO und andererseits §§ 13 ff., 5 Abs. 6 GkZ i.V.m. § 4 GO).
Die Antragsteller können sich schließlich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Ämter Wappen und Siegel führen können, ihre Einwohner zu unterrichten haben und die Gemeindeordnung anstelle des Gesetzes über die kommunale Zusammenarbeit weitgehend entsprechend anwendbar ist. Darin kommt zwar zum Ausdruck, daß die Ämter mehr als Zweckverbände sind und eine wichtige neue Funktion zu erfüllen haben. Zu der Frage, ob die Ämter zur Wahrnehmung von Selbstverwaltungsaufgaben gebildete Gebietskörperschaften oder ihnen vergleichbare Körperschaften sind, vermögen diese Bestimmungen jedoch im Kern nichts auszusagen.
5. Für die rechtliche Einordnung ist es ferner ohne Bedeutung, daß die Ämter in § 1 der Durchführungsordnung zur Amtsordnung für Schleswig-Holstein vom 23. Dezember 1959 (GVOBl. Schl-H 1960 S. 1) ausdrücklich als Gemeindeverbände bezeichnet worden sind sowie sich in der Laufbahnverordnung für Kommunalbeamte vom 6. Mai 1959 (GVOBl. Schl-H S. 51) und der Stellenbewertungsverordnung für Kommunalbeamte vom 16. Juli 1959 (GVOBl. Schl-H S. 143) die Formulierung "Gemeindeverbände (Ämter und Kreise)" findet. Der Begriff ist in den Verordnungen für Kommunalbeamte in typischer Weise als Sammelbegriff verwendet worden, um einen Sachverhalt gesetzestechnisch möglichst einfach zu regeln. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß die damalige Landesregierung den Begriff Gemeindeverband in dem engeren Sinne, der ihn im Rahmen der Art. 2 und 3 LS zukommt, hat benutzen wollen, bestehen nicht. Die Verordnungen sind inzwischen durch neue Vorschriften ersetzt worden, in denen die Ämter nicht mehr als Gemeindeverbände bezeichnet werden. Auch der Landesgesetzgeber führt die Beamten der Ämter neben den Beamten der Kreise und Gemeinden im zur Zeit geltenden Beamtenrecht und Besoldungsrecht gesondert auf.BVerfGE 52, 95 (129)
BVerfGE 52, 95 (130)IV.
 
Die Amtsordnung verstößt schließlich auch nicht gegen allgemeine demokratische Grundsätze. Das demokratische Prinzip erfordert eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern. Der Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 15. Februar 1978 darauf hingewiesen, daß die Legitimation nicht in jedem Falle durch Volkswahl erfolgen muß. Es genügt in aller Regel, daß sie sich mittelbar auf das Volk als Träger der Staatsgewalt zurückführen läßt (BVerfGE 47, 253 [275]). Aus dem im Grundgesetz und der Landessatzung verwirklichten allgemeinen demokratischen Prinzip lassen sich deshalb für die Beantwortung der Frage, ob die Ämter eine unmittelbar vom Volk gewählten Vertretung bedürfen, keine weitergehenden Folgerungen als aus der Spezialvorschrift des Art. 2 Abs. 2 LS ziehen.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die Organe des Amtes eine ausreichende mittelbare demokratische Legitimation besitzen. Das ist der Fall. Sowohl dem Amtsausschuß als auch dem von ihm bestimmten Amtsvorsteher als Leiter der Amtsverwaltung wird ihre demokratische Legitimation von den direkt gewählten Gemeindevertretungen vermittelt. Es handelt sich um eine ununterbrochene Legitimationskette. Die Bürgermeister und die weiteren Mitglieder des Amtsausschusses werden unmittelbar von den Gemeindevertretungen gewählt (§ 51 GO, § 9 Abs. 3 AO). Die Verhältniswahl der weiteren Mitglieder und die Anrechnung des ehrenamtlichen Bürgermeisters auf den Wahlvorschlag seiner Fraktion gemäß § 9 Abs. 3 AO stellt sicher, daß die größeren Fraktionen der Gemeindevertretung ein Mitglied in den Amtsausschuß entsenden können. Der Proporz findet seine Grenze an der relativ kleinen Zahl der in den Amtsausschuß zu wählenden Mitglieder. Das ist im Hinblick auf die Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit des Amtsausschusses verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.BVerfGE 52, 95 (130)
BVerfGE 52, 95 (131)V.
 
Nach alledem bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, daß der Amtsausschuß der schleswig-holsteinischen Ämter nicht unmittelbar gewählt wird. Die Sachanträge sind unbegründet, denn auch der Hilfsantrag setzt voraus, daß die Landessatzung für die zur Zeit bestehenden Ämter eine unmittelbar gewählte Volksvertretung vorschreibt.
Schließlich hat auch der Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen keinen Erfolg. Eine Anordnung der Auslagenerstattung nach § 34 Abs. 3 BVerfGG kommt nur in Betracht, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen. Solche Billigkeitsgründe sind weder dargetan noch ersichtlich.
VI.
 
Das Urteil ist einstimmig ergangen.
Zeidler Rinck Wand Hirsch Rottmann Niebler Steinberger TrägerBVerfGE 52, 95 (131)