BVerfGE 82, 236 - Schubart | |||
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Bearbeitung, zuletzt am 16.03.2020, durch: A. Tschentscher, Johannes Rux | |||
Zur verfassungsgerichtlichen Prüfung einer Verurteilung wegen Landfriedensbruchs aufgrund eines Demonstrationsaufrufs. |
Beschluß |
des Ersten Senats vom 26. Juni 1990 |
- 1 BvR 776/84 - |
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Herrn S...- Bevollmächtigte: 1. Rechtsanwalt Eberhard Kempf, Eckenheimer Landstraße 17, Frankfurt am Main 1, als Abwickler der Kanzlei des Rechtsanwalts Dr. Sebastian Cobler, Kettenhofweg 131, Frankfurt am Main 1, 2. Professor Dr. Ulrich K. Preuß, Kreftingstraße 1 Bremen - gegen a) das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. November 1983 - 3 StR 256/83 (S) -, b) das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Januar 1983 - 1 StE 1/82-. |
Entscheidungsformel: |
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen. |
Gründe: | |
A. | |
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen strafgerichtliche Entscheidungen, durch die der Beschwerdeführer wegen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Nötigung verurteilt worden ist. Er sieht in der Verurteilung wegen Landfriedensbruchs eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 8 sowie Art. 103 Abs. 2 GG, während er die Verurteilung wegen Nötigung nur noch wegen Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG angreift.
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I. | |
§ 125 StGB (Landfriedensbruch) gehört zum Abschnitt der Straftaten gegen die öffentliche Ordnung. Zum Zeitpunkt der Tat, die dem Beschwerdeführer vorgeworfen wird, hatte diese Vorschrift (neu gefaßt durch Art. 1 Nr. 6 des Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts [3. StrRG] vom 20. Mai 1970, BGBl. I S. 505; redaktionell geändert durch Art. 19 Nr. 48 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch [EGStGB] vom 2. März 1974, BGBl. I S. 469) folgenden Wortlaut:
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§ 125
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(1) Wer sich an 1. Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder 2. Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. | 4 |
(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß.
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II. | |
1. Der Beschwerdeführer beteiligte sich seit Herbst 1980 an der "Bürgerinitiative gegen die Flughafenerweiterung Rhein-Main", die den Bau der "Startbahn 18 West" des Flughafens Frankfurt verhindern wollte. Der Plan für dieses Vorhaben war vom Hessischen Minister für Wirtschaft und Technik bereits im Jahre 1971 festgestellt und im Juli 1980 für sofort vollziehbar erklärt worden. Die Auseinandersetzungen um die Flughafenerweiterung nahmen zu, nachdem die Hessische Landesregierung nach Durchführung einer umfangreichen Anhörung den Bau der Startbahn am 25. Februar 1981 für unvermeidlich erklärt hatte. Verschiedene Gruppen von Startbahngegnern gründeten daraufhin am 30. Mai 1981 eine "Arbeitsgemeinschaft Volksbegehren und Volksentscheid keine Startbahn West". Der Beschwerdeführer wurde zu einem der drei Vertrauensmänner der Arbeitsgemeinschaft gewählt. Er arbeitete federführend an der Vorbereitung des Gesetzgebungsvorhabens mit, das Gegenstand des geplanten Volksentscheids werden sollte. Außerdem verfaßte er den Entwurf eines Briefes der Arbeitsgemeinschaft und ihres Unterstützerkreises an die Hessische Landesregierung, in dem für weitere Bau- und Rodungsarbeiten ein auf den 15. November 1981 befristetes "Moratorium" gefordert wurde, das die Schaffung vollendeter Tatsachen vor einer Entscheidung des Hessischen Staatsgerichtshofs über die Zulassung des Volksbegehrens verhindern sollte. In der Zwischenzeit hatten die Protestaktionen gegen das Bauvorhaben an Zahl und Heftigkeit weiter zugenommen. Am Bauzaun kam es mehrfach, insbesondere am 11. Oktober und 2. November 1981, zu erbitterten und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Nach Räumung des auf dem Baugelände errichteten Hüttendorfs und anschließender Aufnahme der Rodungsarbeiten am 2. November 1981 fanden in Frankfurt täglich Demonstrationen statt, bei denen sich immer wieder gewalttätige Ausschreitungen ereigneten.
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2. Nachdem die Hessische Landesregierung am 10. November 1981 einen vorläufigen Baustopp abgelehnt hatte, beschloß das Plenum der Bürgerinitiative am 11. November 1981 eine von dem Beschwerdeführer vorgelegte "Grundsatzerklärung" zum weiteren Vorgehen. Darin wurde unter anderem eine Großdemonstration für Samstag, den 14. November 1981, in Wiesbaden angekündigt, die am Sonntag, den 15. November 1981, am Startbahngelände fortgesetzt werden sollte. Am 12. November 1981 verlegte die Delegiertenkonferenz den Demonstrationsort von der Startbahn zum Flughafenterminal mit seinen Zu- und Abgangswegen.
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An der Demonstration vom 14. November 1981 in Wiesbaden nahmen mindestens 100.000 Menschen teil. Der Beschwerdeführer übergab dabei dem Landeswahlleiter die Antragsschrift auf Zulassung des Volksbegehrens sowie die schriftliche Forderung nach einem Moratorium. Bei der Abschlußkundgebung hielt er das Hauptreferat. Nach einer ausführlichen Darstellung der mit dem Volksbegehren und der Moratoriumsforderung verfolgten Ziele ging er auf den bisherigen Verlauf und die künftige Entwicklung des Konflikts um den Startbahnbau ein. Hierzu erklärte er nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts wörtlich:
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Im Konflikt um die Startbahn 18 West - oder besser: bei der Lösung des Konflikts um die Startbahn West - stehen sich zwei Mittel der Konfliktlösung unversöhnlich gegenüber. Es gibt das Mittel der friedlichen und politischen Lösung und es gibt das Mittel der gewaltsamen, der militärischen Lösung. Wir, die Startbahngegner, wissen sehr gut und wollen es auch so - ich betone es: und wollen es auch so -, daß der Konflikt um die Startbahn 18 West für uns nur politisch und nicht militärisch gewonnen werden kann. Deshalb haben wir unser Volksbegehren eingeleitet, ein Volksbegehren, das nur im Wege einer politischen Auseinandersetzung Erfolg haben kann. Und auch unser Widerstand draußen im Wald, unser aktiver und gewaltfreier Widerstand, ist ein politischer und ist kein militärischer. Unser aktiver und gewaltfreier Widerstand ist Ausdruck unseres unbedingten Selbstbehauptungswillens gegen eine naturzerstörerische Expansionsmaschinerie und hat deshalb eine politische Dimension.
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Ganz anders die Hessische Landesregierung. Sie weiß, daß sie den Konflikt um die Startbahn West nicht politisch, nicht argumentativ, sondern nur militärisch, nur mit Gewalt lösen kann. Seit dem 6. Oktober an der Okrifteler Straße und seit dem 2. November in unserem Mönchbruchwald hat sie - die Hessische Landesregierung - die größte Polizeiarmada, die es in diesem Hessenland je gegeben hat, gegen die größte Bürger- und Protestbewegung, die es ebenfalls in diesem Land gegeben hat, zum ökologischen Bürgerkrieg antreten lassen.
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Der Beschwerdeführer führte weiter aus, man stehe nun am Scheideweg, ob bei der Lösung des Konflikts die militärische oder die politische Richtung eingeschlagen werde. Die militärische Linie bedeute eine Fortsetzung des "ökologischen Holocaust" im Mönchbruchwald. Die politische Lösung, die von den Gegnern des Flughafenausbaus angestrebt werde, bedeute die sofortige Zulassung des Volksbegehrens und die sofortige Herstellung des Moratoriums. Sodann erklärte er:
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Wir müssen es an dieser Stelle - und mit aller Konsequenz, die mir bewußt ist, daß ich das an dieser Stelle - in aller Deutlichkeit sagen: Mit kreischenden Motorsägen im Rücken, mit fallenden Bäumen im Rücken, mit einer Polizeiarmada im Rücken, kann es kein Volksbegehren und wird es kein Volksbegehren geben. Dann wird der ökologische Bürgerkrieg hier weitergehen. Die Herstellung des Moratoriums ist unabdingbare Voraussetzung dafür, daß eine demokratische Entscheidung jetzt stattfinden kann. Und noch mehr: Die Herstellung des Moratoriums ist auch erforderlich, damit es vor dem Staatsgerichtshof ein von Druck freies Verfahren geben kann. Wie jetzt die Dinge liegen, kann kein Gericht unvoreingenommen entscheiden.
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Wir haben schon vor vier Tagen - und ich wiederhole es an dieser Stelle - der Hessischen Landesregierung eine Frist gesetzt. Heute um 12.30 Uhr haben wir unsere Unterschriften übergeben. Morgen 12.30 Uhr - 24 Stunden nach der Überreichung unseres Volksbegehrensantrags - läuft eine Frist ab, eine Frist, von der wir erwarten, daß innerhalb dieser 24 Stunden uns die Hessische Landesregierung ein befriedigendes und vor allem verbindliches Friedensangebot macht.
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Das Referat endete mit der Ankündigung der Rednerin B., die auf die Konsequenzen einer Zurückweisung der Moratoriumsforderung eingehen werde, sowie mit einem Aufruf zur weiteren Unterstützung des Protestes gegen den Startbahnbau. Während der Rede von B. wurde ein ohne Beteiligung des Beschwerdeführers konzipiertes und ihm bis dahin unbekanntes Flugblatt verteilt, in dem zur Besetzung des Terminals aufgerufen und von einem der Landesregierung gestellten "Ultimatum" gesprochen wurde.
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Da die Rednerin B. entgegen der Ankündigung des Beschwerdeführers auf die Folgen einer Ablehnung des Moratoriums nicht eingegangen war, ergriff dieser ein zweites Mal das Wort und führte in freier Rede aus:
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Liebe Leute, ich habe Euch vorhin, in meinem Referat, gesagt, daß wir der Landesregierung bis morgen 12.30 Uhr - das ist 24 Stunden nach Abgabe unseres Volksbegehrensantrages - eine Frist setzen, bis zu der wir ein befriedigendes Angebot erwarten, wie ihr Vorschlag zur Herstellung des Moratoriums ist. Wir gehen jetzt davon aus, daß wir mit Sicherheit bis morgen zu dem angegebenen Zeitpunkt ein befriedigendes Angebot nicht haben werden. Und deshalb wollen wir alle - und ich möchte Euch hier dazu aufrufen, das ist unsere erste Aktion am morgigen Tage - dem Frankfurter Flughafen einen Besuch abstatten. Wir wollen morgen eine Inspektion vornehmen, um festzustellen, ob der Frankfurter Flughafen wirklich so klein ist, daß er eine dritte Startbahn braucht. Wir möchten Euch durch einen eigenen Augenschein davon überzeugen, wie klein oder wie groß dieser Frankfurter Flughafen jetzt schon ist.
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Das Ziel unserer morgigen Aktion ist: Es muß vollständig gewaltfrei ablaufen, vollständig gewaltfrei!
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Aber ab 12.30 Uhr bis 22.00 Uhr muß Rhein-Main zu sein. Und deswegen möchten wir an dieser Stelle allen Fluggesellschaften, die morgen Rhein-Main anfliegen wollen, dringend raten, damit ihre Passagiere schneller zu ihrem Ziel kommen, nicht in Frankfurt am Main zu starten, denn morgen, liebe Leute, wird es sehr schwer sein, von Frankfurt am Main zu starten. Das Ziel unserer Aktion ist: ab 12.30 Uhr ist der Flughafen dicht.
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(...)
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Dreierlei ist unabdingbar:
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1. Es wird keinerlei Gewalt geben.
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2. Alles, was der Flugsicherheit dient, ist tabu, ist vollständig tabu.
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3. Da wir keinen Krieg auslösen wollen, sondern nur den Flughafen inspizieren wollen, ist natürlich auch die US-Air Base - obwohl wir gegen sie sehr viele Einwände haben - morgen absolut tabu.
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Unsere Losung muß lauten: Wandert rundum, fahrt zum Flughafen, nehmt die S-Bahn. Ab 12.30 Uhr muß Rhein-Main zu sein. Die BI, alle die sich der BI zugehörig fühlen, wollen sich heute um 18.00 Uhr an diesem Platz hier einfinden zur Vorbereitung des morgigen Tages. Im übrigen gehen ja schon Flugblätter um, die darauf hinweisen, daß dies morgen stattfinden wird.
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Im Anschluß an die Kundgebung äußerte sich der Beschwerdeführer auf einer Pressekonferenz zu der für den nächsten Tag angesetzten Demonstration auf dem Flughafengelände in Frankfurt am Main. Seine Äußerung wurde noch am Abend des 14. November 1981 in der "Heute"-Sendung des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) ausgestrahlt; sie hatte den folgenden Wortlaut:
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Wir wollen morgen mal eine Inspektion auf dem Flughafen machen, ob der wirklich so klein ist, da sollen sich die Leute einen Augenschein verschaffen, ob er wirklich so klein ist, daß man noch eine dritte Startbahn West - nicht wahr - mit diesem horrenden Flächenverlust für unseren Wald braucht. Das wollen wir mal morgen den Leuten, die heute da waren, optisch vor Augen führen, indem sie rund um den Flughafen, in das Terminal reingehen, mit der S-Bahn anreisen, aus vielen Städten.
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Das Ziel ist, unser politisches Ziel ist, das sagen wir ganz offen, wird nichts - darf keine Gewalt - absolut gewaltfrei wird das laufen, und wir werden das auch sicherstellen! Unser Ziel wird sein - nicht wahr - morgen wird für einige Stunden durch eine Doppelblockade von Polizei und von Demonstranten - mehr von der Polizei - der Flughafen wahrscheinlich zu sein, nicht wahr, das wird sicher eintreten.
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3. Im Verlauf der - nicht angemeldeten - Demonstration vom Sonntag, den 15. November 1981, an welcher der Beschwerdeführer nicht teilnahm, kam es zu Gewalttätigkeiten durch Demonstranten und zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Um das Ankunfts- und Abfluggebäude, auf den Zufahrtsstraßen sowie auf den an das Flughafengelände grenzenden Teilen der Bundesautobahn A 3 und der Bundesstraße 43 herrschten zeitweise und mit wechselnden Schwerpunkten "bürgerkriegsähnliche Zustände".
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Ab etwa 11.00 Uhr bis in die Abendstunden belagerten Demonstranten den Terminal und versuchten, in das Gebäude einzudringen. Nachdem es der Flughafengesellschaft gelungen war, den Terminal zu schließen, standen in den drei Ebenen des Flughafengebäudes nur noch wenige Eingänge zur Verfügung, durch die zugangsberechtigte Personen - insbesondere Flugpassagiere - das Gebäude betreten durften. Etwa 700 Demonstranten versammelten sich auf der zu ebener Erde gelegenen Ankunftsebene und hinderten die Flugpassagiere durch passives Verharren, aber auch durch aktiven Gegendruck und Rempeleien, am Betreten oder Verlassen des Gebäudes. Die deshalb um 12.42 Uhr begonnene Räumung der Zugänge, bei der Wasserwerfer eingesetzt wurden, war um 13.20 Uhr beendet. Eine mehrere hundert Personen starke Gruppe von Demonstranten hielt sich während des gesamten Tages im ersten Tiefgeschoß unter der Ankunftsebene auf. Dort wurden im Lauf des Nachmittags vor den Ausgängen zum S-Bahnhof Barrikaden aus Gepäckkarren errichtet, bis die Demonstranten von der Polizei teils festgenommen, teils verdrängt worden waren.
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Zeitgleich mit diesen das Flughafengebäude selbst betreffenden Vorgängen versuchten mehrere tausend Demonstranten, überwiegend mit Erfolg, die im Bereich des Flughafens liegenden Teile der Bundesautobahn A 3, der Bundesstraße 43 und der Zufahrtsstraßen zu sperren. Die Straßen wurden durch geparkte und sodann verlassene Autos, aber auch durch Barrikaden aus herbeigerollten Müllcontainern, demontierten Leitplanken, stacheldrahtbewehrten Wildschutzzäunen, Baumstämmen, Sträuchern und Ästen blockiert. Teile der Barrikaden wurden in Brand gesetzt; die Brände konnten erst spät gelöscht werden, da Demonstranten die Ausfahrt der Flughafenfeuerwehr verhinderten. Ab etwa 12.30 Uhr waren die Zufahrtsstraßen zum Terminal vollständig versperrt. Die Bundesautobahn A 3 war von 14.20 Uhr bis 20.30 Uhr in beiden Richtungen - vor allem infolge teilweise brennender Barrikaden - unbefahrbar. Neben den Auseinandersetzungen am Baugelände und am Terminal kam es auch auf den Straßen zu massiven Angriffen von Demonstranten auf die Polizei.
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Infolge dieser Ereignisse war der Flughafen vom Mittag bis in die Abendstunden des 15. November 1981 fast völlig blockiert. Zwar gelangten alle Fluggäste, die das Flughafengelände erreichten, zu Fuß in den Terminal und zu ihren Maschinen, wenn auch teilweise nur unter Inkaufnahme von Behinderungen und Rempeleien. Ein Zugang mit privaten oder öffentlichen Verkehrsmitteln war jedoch nicht möglich. Auch die S-Bahn stellte ihren Betrieb ein, nachdem unbekannte Störer eine Signalanlage beschädigt hatten. Wegen der Sperrung der Bundesautobahn A 3 zwischen 11.00 Uhr und 22.00 Uhr mußten etwa 40.000 Fahrzeuge umgeleitet werden, hiervon waren etwa 120.000 Menschen betroffen.
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4. Der Beschwerdeführer äußerte sich in der Folgezeit mehrfach öffentlich zu diesen Vorfällen. So antwortete er in einem Interview des Hessischen Rundfunks, das am 16. November 1981 ausgestrahlt wurde, auf die Frage, ob die Startbahngegner ihren Widerstand nun auch außerhalb der Rechtsordnung fortsetzen wollten, ihn habe die "Eruption der Gewalt" am 15. November sehr überrascht und tief betroffen gemacht. Seine Vorstellung sei es gewesen, daß die Blockade des Flughafens eher durch die Polizei als durch die Demonstranten herbeigeführt werden würde. Außerdem vertrat er die Ansicht, daß das Verhalten der Hessischen Landesregierung bis zum 15. November 1981 mit der Verfassungsordnung nicht mehr vereinbar gewesen sei; auf diesen groben Klotz habe es eines groben Keils bedurft.
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In der Sendung "Tagesthemen" vom 16. November 1981 führte der Beschwerdeführer aus, daß eine andere Aktion sinnvoller gewesen wäre. Es habe jedoch niemand annehmen können, daß nach der Zurückweisung der Moratoriumsforderung durch die Landesregierung am 15. November 1981 nichts passieren würde. Im "Heute-Journal" vom 16. November 1981 verdeutlichte der Beschwerdeführer unter anderem sein Verständnis des Gewaltbegriffs. Gewalt gegen unbeteiligte Sachen lehne er vollständig ab; anders sei dies bei Gräben und Mauern, die von der Flughafen AG errichtet würden. Freilich dürfe es auch dann zu keinerlei Verletzungen von Personen kommen, auch und insbesondere soweit es sich um Polizisten handele.
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III. | |
1. Mit der angegriffenen Entscheidung verurteilte das Oberlandesgericht den Beschwerdeführer wegen versuchter Nötigung der Regierung eines Landes (§§ 23, 105 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und setzte deren Vollstreckung zur Bewährung aus. In den Gründen führte es aus, daß der Beschwerdeführer auch einen Landfriedensbruch in einem besonders schweren Fall (§ 125 Abs. 1 Nr. 1, § 125 a StGB) begangen habe.
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Die Demonstranten hätten am 15. November 1981 gegen Personen und Sachen Gewalttätigkeiten begangen. Diese hätten unter anderem in den aggressiven Auseinandersetzungen auf der Bundesstraße 43 bestanden, die sich "bis zum Nahkampf Mann gegen Mann" gesteigert hätten und bei denen Polizeibeamte im Versuch, die aufgeschichteten Barrikaden zu entfernen, "mit einem Hagel von Wurfgeschossen eingedeckt" und "aus der Nähe offensiv mit Knüppeln angegriffen" worden seien. Dazu zählten weiter Steinwürfe gegen Beamte in der Nullebene des Terminals und die Rempeleien gegen Passagiere, Besucher und Personal des Flughafens. Gewalttätigkeiten gegen Sachen seien in den umfangreichen Beschädigungen im Terminalgebäude sowie der Leitplanken an den Straßen zu sehen.
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Diese Gewalttätigkeiten seien von den beteiligten Demonstranten mit vereinten Kräften unter dem Schutz der Menge begangen worden und hätten die öffentliche Sicherheit gefährdet.
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Der Beschwerdeführer sei Mittäter dieses Landfriedensbruchs. Hierfür genüge eine geistige Mitwirkung, die den Ausführungswillen der weiteren unmittelbar handelnden Tatbeteiligten stärke und auch im Augenblick der Tatbestandsverwirklichung noch fortwirke. Diese Voraussetzungen seien erfüllt. Durch seine Aufrufe vom 14. November 1981 auf dem Elsässer Platz (Wiesbaden) sowie in der ZDF-Sendung "Heute" habe er nicht nur die entscheidende Ursache für die Menschenmenge, die sich am 15. November 1981 eingefunden habe, sondern auch für die festgestellten Gewalttätigkeiten gesetzt. Diese hätten sich nicht mehr oder minder zufällig bei Gelegenheit der Blockademaßnahmen ereignet, sondern dem Ziel gedient, welches der Beschwerdeführer den Demonstranten gewiesen habe. Das habe darin bestanden, den Verkehr vom und zum Flughafen so nachhaltig zu unterbinden, daß dieser von 12.30 Uhr bis 22.00 Uhr "dicht" sei. Das von ihm in Bezug genommene Flugblatt habe sogar ausdrücklich zur Flughafenblockade aufgerufen und diese als einen Akt "verzweifelter Notwehr" dargestellt. Dieses Flugblatt habe er mit seiner Autorität getragen. Hierdurch wie auch durch seine im Zusammenhang mit der Moratoriumsforderung gebrauchten dramatischen Formulierungen (aufgezwungener "ökologischer Bürgerkrieg", "militärische Lösung") habe er bei den Demonstranten die Stimmungslage hervorgerufen, welche die Blockade als vorrangiges Ziel hätte erscheinen lassen.
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Demgegenüber seien seine Aufrufe zur "Gewaltfreiheit" zurückgetreten. Seine Formulierung, die Aktion müsse vollständig gewaltfrei verlaufen, aber von 12.30 Uhr bis 22.00 Uhr müsse Rhein-Main zu sein, sei nicht anders zu verstehen. Zwar wäre es auch ohne seinen Tatbeitrag zu Gewalttätigkeiten gekommen. Denn aufgrund des auf der Kundgebung verteilten Flugblatts wären mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens jene Demonstrationsteilnehmer, die sich dem Konzept eines "aktiven", aber "gewaltfreien" Widerstands nicht verbunden gefühlt hätten, und der Bodensatz der reisenden Schläger oder auch aus ideologischen Gründen an einer Destabilisierung des politischen Systems der Bundesrepublik interessierten Kampfgruppen am 15. November 1981 am Flughafen erschienen. Diese allein hätten mit Sicherheit nur die schon eingefahrenen Demonstrationen und Gewalttaten einer überschaubaren Zahl von Startbahngegnern herbeiführen können. Die tatsächlich eingetretenen massiven Verkehrsblockaden und Gewalttaten im Bereich des Terminals seien jedoch allein darauf zurückzuführen, daß hinter der Aufforderung zur Flughafenblockade die von den Startbahngegnern hoch eingeschätzte Autorität des Beschwerdeführers gestanden habe; diese allein habe zu der Massierung von Demonstranten geführt, welche erst die Gewalttätigkeiten ermöglicht habe.
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Dazu verweist das Oberlandesgericht auf seine Ausführungen zu § 105 StGB. Dort heißt es, der Beschwerdeführer sei entscheidend am Aufbau der Bürgerinitiative beteiligt gewesen. Die Idee eines Volksbegehrens sowie die Formulierungen des Antrags und des Gesetzentwurfs hätten von ihm gestammt. Bei mehreren Veranstaltungen sei er als Wortführer der Startbahngegner aufgetreten. Schließlich habe er auf der Kundgebung vom 14. November 1981 das Hauptreferat gehalten, dessen Inhalt nicht außer Betracht bleiben dürfe. Darin habe der Beschwerdeführer die Bewegung der Startbahngegner mit hoher Beredsamkeit als Opfer rechtswidriger Gewaltausübung durch die Hessische Landesregierung dargestellt und so bei zahlreichen unkritischen Kundgebungsteilnehmern den Eindruck zu erwecken vermocht, die Blockade sei ein Akt verzweifelter, aber rechtmäßiger Notwehr. Hierdurch habe er jene nach Tausenden zählende Menge des Folgetages bewogen, durch massive körperliche Anwesenheit den Flughafen blockieren zu helfen, aus deren Schutz die aktiven Gewalttäter besonders wirksam tätig werden konnten.
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Nicht nur die Anzahl der Demonstranten und das Ziel ihrer Handlungen habe der Beschwerdeführer hervorgerufen. Auch die Form der Flughafenblockade sei ihm zuzurechnen. Sowohl nach seiner wie auch nach objektiver Einschätzung sei nicht mit mehr als fünf- bis zehntausend Demonstranten zu rechnen gewesen; tatsächlich hätten nach den in der Hauptverhandlung getroffenen Feststellungen nicht mehr als 10.000 Personen teilgenommen. Angesichts der Ausdehnung des Geländes, der Zahl der Zu- und Abfahrten sowie der mit Sicherheit zu erwartenden Polizeieinsätze hätten selbst 30.000 Personen nicht ausgereicht, das Ziel einer vollständigen Flughafenblockade ohne Barrikadenbau zu erreichen.
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Ausmaß und Ziel der Gewalttätigkeiten seien danach Folge des Aufrufs des Beschwerdeführers gewesen.
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Dem Beschwerdeführer könnten jedoch nur die Gewalttaten zugerechnet werden, die sich auf dem Flughafen mit seinen Zu- und Abfahrten sowie den Bereichen der Bundesautobahn A 3 und der Bundesstraße 43 zugetragen hätten, die sich in unmittelbarer Nähe seiner Nordgrenze befänden. Die weiter entfernt vorgefallenen Gewalttaten seien von seinem Aufruf zur Flughafenblockade nicht umfaßt gewesen.
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Daß er sich am 15. November 1981 nicht selbst am Flughafengelände aufgehalten habe, sei belanglos. Es reiche aus, daß er den Tatablauf durch die fortwirkende Willensbeeinflussung der Demonstranten beherrscht habe. Der Einheitstäterbegriff des § 125 Abs. 1 StGB ändere daran nichts. Er sei Mittäter und habe seinen Tatbeitrag auch außerhalb der Menge erbringen können.
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Der für die Annahme der Täterschaft erforderliche Täterwille liege vor. Die Blockade des Flughafens sei sein persönliches Anliegen gewesen und habe zu seinem Plan gehört, die Hessische Landesregierung durch Gewalt zum Einlenken zu zwingen. Er habe daher mit seinem geistigen Beitrag den Taterfolg (Unterbindung jedes Zu- und Abgangsverkehrs) als eigenen gewollt.
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Dem Beschwerdeführer stünden keine Rechtfertigungsgründe zur Seite. Insoweit verweist das Oberlandesgericht auf seine Ausführungen im Zusammenhang mit § 105 StGB. Dort heißt es:
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Der Beschwerdeführer könne sich auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit schon deshalb nicht berufen, weil die Demonstration am 15. November 1981 nicht angemeldet und deshalb nicht nach Art. 8 GG geschützt gewesen sei. Im übrigen habe es sich weder bei der von dem Beschwerdeführer angekündigten noch bei der tatsächlich erfolgten Demonstration um eine friedliche Versammlung im Sinne dieses Grundrechts gehandelt. Sein Einwand, jede Demonstration bringe notwendigerweise mehr oder minder große Behinderungen des Publikums mit sich, greife nicht durch, weil die Gewalttätigkeiten Ziel der Demonstration gewesen seien. Im übrigen finde die Demonstrationsfreiheit ihre Grenzen im gleichfalls grundrechtlich geschützten Fortbewegungsrecht der Passagiere und der Straßenverkehrsteilnehmer.
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Art. 5 GG schütze nur die geistige Auseinandersetzung, nicht aber die Verbreitung einer Meinung durch Gewalt. Die Freiheit der Meinungsäußerung ende, wo das Recht Dritter beginne, die Meinung der Demonstranten nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. Dieses Grundrecht der negativen Meinungsfreiheit habe der Beschwerdeführer verletzt.
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Ein Widerstandsrecht des Beschwerdeführers aus Art. 147 Abs. 1 der Hessischen Verfassung und aus Art. 20 Abs. 4 GG bestehe nicht. Ebensowenig sei ein verfassungsmäßiges Recht der Startbahngegner auf Gewährung eines Moratoriums bis zur Entscheidung über das Volksbegehren oder den Volksentscheid zu erkennen. Auch eine Rechtfertigung der Tat unter den Gesichtspunkten der Notwehr (§ 32 StGB) und des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) scheide aus. Schließlich stehe dem Beschwerdeführer auch der Rechtfertigungsgrund der Sozialadäquanz nicht zur Seite.
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Der Beschwerdeführer habe schuldhaft gehandelt. In dem Wissen, daß der durch eine friedliche Massendemonstration ausgelöste moralische Druck auf die Landesregierung ebenso erfolglos bleiben würde wie die teilweise gewalttätigen früheren Demonstrationen am Startbahngelände und in Frankfurt, habe er zu einer Demonstration aufgerufen, die in ihren Auswirkungen besonders auf Unbeteiligte eine neue Dimension habe erreichen sollen. Dies sei auch in einem Interview mit der "Hessenschau" am 16. November 1981 deutlich geworden. Dort habe der Beschwerdeführer erklärt, daß es auf den groben Klotz (sc. des Verhaltens der Landesregierung) eines groben Keils bedurft habe, der auch außerhalb der Rechtsordnung liegen könne.
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Zwar habe der Beschwerdeführer am 14. November 1981 zur "Gewaltfreiheit" aufgerufen. Er sehe jedoch Blockaden und Verkehrssperrungen nicht als Gewaltausübung an, obwohl ihm durchaus bekannt sei, daß ein solches Vorgehen von der Rechtsprechung als Gewalt definiert werde. Daß sein Konzept auch Gewalttaten einschließe, habe er in verschiedenen Interviews, etwa in der Sendung "Heute-Journal" des Zweiten Deutschen Fernsehens vom 16. November 1981 zum Ausdruck gebracht.
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Er habe damit rechnen müssen, daß es im Zusammenhang mit der Blockade zu Gewalttätigkeiten kommen werde. Sein Aufruf zur Gewaltfreiheit könne ihn nicht entlasten. Es sei selbstverständlich gewesen, daß die Polizei gegen die Blockade der Zufahrtswege vorgehen und die Demonstranten diesem Einsatz Widerstand entgegensetzen werden würden. Auch sei klar gewesen, daß die Zufahrtswege und Zugänge zum Terminal für einen Zeitraum von 9 1/2 Stunden nur durch Barrikaden zu sperren gewesen seien, was zwangsläufig zu tätlichen Auseinandersetzungen mit der Polizei habe führen müssen. Diese Überlegungen seien so zwingend, daß der Senat davon überzeugt sei, daß dies auch dem Beschwerdeführer bewußt gewesen sei.
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Wenn der Beschwerdeführer in den emotional aufgeladenen Tagen des November 1981 und in Kenntnis der bisherigen "eruptiven Ausbrüche" von Gewalt sowie der selbst in der Bürgerinitiative bestehenden Tendenz zu härteren Auseinandersetzungen eine Menge durch dramatische Formulierungen wie diejenigen vom "ökologischen Bürgerkrieg" und von einer "militärischen" Auseinandersetzung weiter aufgeheizt und motiviert habe, so habe er hierbei das Bewußtsein gehabt, daß Gewalttätigkeiten zumindest nicht auszuschließen seien. Diese Einschätzung werde gestützt durch die Äußerung, welche er am 16. November 1981 in der Sendung "Tagesthemen" abgegeben habe. Darin habe er ausgeführt, niemand, der politisch eins und eins zusammenzählen könne, habe annehmen können, daß nach dem Wortbruch des Hessischen Innenministers am 15. November 1981 nichts passieren werde. Sein Blockadeaufruf - insbesondere soweit er im Fernsehen ausgestrahlt worden sei - habe vor allem jene Demonstranten erreicht, denen die Aktion wichtiger als die friedliche Meinungsäußerung gewesen sei. Dies habe der Beschwerdeführer gewußt. Der Senat sei nach alledem davon überzeugt, daß der Beschwerdeführer zwar Gewalttätigkeiten im Sinne der §§ 125, 125 a StGB nicht angestrebt und nicht bewußt als Druckmittel eingesetzt habe, daß er sie aber doch um des Ziels einer wirksamen Blockade des Rhein-Main- Flughafens und darüber hinaus des nachhaltigpaen Drucks auf die Hessische Landesregierung willen billigend in Kauf genommen habe. Hinsichtlich der in § 125 Abs. 1, 1. Alt. StGB genannten Gewalttätigkeiten habe der Beschwerdeführer mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Da er die den Landfriedensbruch als besonders schweren Fall qualifizierenden Umstände gekannt habe, liege hinsichtlich der Voraussetzungen des § 125 a StGB direkter Vorsatz vor.
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Der Beschwerdeführer könne jedoch nicht aus § 125 a StGB bestraft werden. Die Vorschriften der §§ 125, 125 a StGB seien nur anzuwenden, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht sei (§ 125 Abs. 1 StGB). Dies sei hier im Hinblick auf den Strafrahmen des § 105 StGB der Fall. Die §§ 125, 125 a StGB müßten daher zurücktreten.
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2. Auf die Revision des Beschwerdeführers änderte der Bundesgerichtshof den Schuldspruch des Oberlandesgerichts; er verurteilte den Beschwerdeführer nur wegen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Nötigung (§§ 125, 240, 52, 25 Abs. 2 StGB) und hob den Strafausspruch mit den Feststellungen auf. In den Gründen seines Urteils führte er aus:
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Der Beschwerdeführer habe sich zwar nicht der versuchten Nötigung der Hessischen Landesregierung (§§ 105, 240, 22 StGB) schuldig gemacht. Jedoch habe er einen Landfriedensbruch begangen. Auch wer sich nicht am Ort der Ausschreitungen aufhalte, könne Täter eines Landfriedensbruchs sein, sofern ihm die Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen nach allgemeinen Grundsätzen als eigene Tat zuzurechnen seien.
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Der Beschwerdeführer könne sich nicht darauf berufen, daß er nach Art. 5 und Art. 8 GG berechtigt gewesen sei, zur Teilnahme an der Aktion vom 15. November 1981 aufzufordern. Allerdings dürfe derjenige, der ernsthaft zu einer friedlichen Demonstration aufrufe, nicht schon deshalb als Täter eines Landfriedensbruchs bestraft werden, weil sich der Veranstaltung gewalttätige Gruppen anschlössen. Dies gelte auch dann, wenn der Aufrufende mit dem Auftreten solcher Gruppen gerechnet habe, er die Veranstaltung um deren von der Rechtsordnung gedeckten Ziele willen aber auf jeden Fall, also auch unter Hinnahme von Ausschreitungen, habe durchführen wollen. Da eine solche Fallgestaltung nicht vorliege, könne offen bleiben, inwieweit er in diesen Fällen Vorkehrungen gegen erwartete Ausschreitungen hätte treffen müssen. Der Beschwerdeführer habe nicht zu einer friedlichen Versammlung aufgerufen, auch nicht zum Blockieren durch bloßes Sitzen oder Stehen. Der Aufruf habe vielmehr einer Großaktion gegolten, deren alleiniges, sich mit seinem persönlichen Anliegen deckendes rechtswidriges Ziel es gewesen sei, den Frankfurter Flughafen mit Mitteln, die Gewalttätigkeiten im Sinne des § 125 StGB eingeschlossen hätten, 9 1/2 Stunden vollständig zu blockieren. Das zur Durchsetzung dieses Ziels erforderliche gewaltsame Handeln der Demonstranten habe der Beschwerdeführer billigend in Kauf genommen. Dies habe das Oberlandesgericht auch unter Berücksichtigung des Umstands festgestellt, daß der Beschwerdeführer verbal zur Gewaltfreiheit aufgerufen habe. Der Beschwerdeführer habe diejenigen Maßnahmen mitbeherrscht, die die Blockade gegen Verhinderungsversuche der Polizei hätten sichern sollen.
| 56 |
Der Beschwerdeführer habe sich auch einer in Mittäterschaft begangenen Nötigung derjenigen Personen schuldig gemacht, die durch das ihm zurechenbare Verhalten der Startbahngegner an der Aufrechterhaltung des Verkehrsbetriebs des Frankfurter Flughafens, am Betreten und Verlassen des Flughafengeländes oder an der Weiterfahrt in dessen Nahbereich unmittelbar gehindert worden seien (vgl. zu den Gründen im einzelnen BGHSt 32, 165 = NJW 1984, S. 931).
| 57 |
IV. | |
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Oberlandesgerichts, soweit dieses in Rechtskraft erwachsen ist, sowie gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs. Er rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 8 sowie Art. 103 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
| 58 |
1. Seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, der das Recht am gesprochenen Wort schütze, und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, der das Recht auf das freie Wort schütze, seien dadurch verletzt, daß ihm aufgrund seiner Erklärungen vom 14. November 1981 die am Folgetag vorgefallenen Gewalttätigkeiten zugerechnet worden seien.
| 59 |
Sowohl das Hauptreferat wie auch das im Anschluß hieran abgegebene "Statement" und die in der "Heute"-Sendung vom 14. November 1981 ausgestrahlte Erklärung enthielten Meinungsäußerungen, die von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG geschützt seien. Mit diesen Meinungsäußerungen habe der Beschwerdeführer seine Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Belastungen der Allgemeinheit zum Ausdruck gebracht. Derartige Meinungsäußerungen seien auch dann vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfaßt, wenn sie Schärfen oder Überspitzungen enthielten.
| 60 |
Die tatrichterliche Feststellung des Gehalts der drei Redebeiträge vom 14. November 1981 und deren rechtliche Beurteilung im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 261 StPO hätten sich an den Grundrechten der Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu orientieren. Diese Grundrechte seien dadurch verletzt worden, daß die Demonstration, zu der der Beschwerdeführer aufgerufen habe, mit derjenigen Demonstration identifiziert worden sei, die am 15. November 1981 tatsächlich stattgefunden habe. Die Würdigung seiner Äußerungen beruhe darauf, daß die Gerichte den Unterschied zwischen passiver Resistenz auf der einen Seite und Gewalttätigkeiten im Sinne des § 125 StGB auf der anderen Seite mißachtet hätten. Der Beschwerdeführer habe jedoch nicht nur unzweideutig zu absoluter Gewaltfreiheit aufgerufen. Er habe die Gewaltfreiheit der Aktion überdies zum politischen Ziel erklärt. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Wortlaut seiner Redebeiträge, sondern auch aus deren Gedankenführung, Kontext und "Stoßrichtung".
| 61 |
Eine umfassende und zusammenhängende Würdigung des Wortlauts und Sinngehalts der Redebeiträge sei von den Gerichten jedoch nicht vorgenommen worden. Das Oberlandesgericht habe einen mit Art. 5 Abs. 1 GG unvereinbaren Auslegungsmaßstab herangezogen, soweit es bei der Ermittlung des Sinngehalts der Rede des Beschwerdeführers auf die "zahlreichen unkritischen Kundgebungsteilnehmer" abgestellt habe, deren Gewaltbereitschaft gefördert worden sei. Das Oberlandesgericht hätte auch bei dem von seinen Reden am 14. November 1981 angesprochenen Adressatenkreis nicht zwischen den friedlichen Wiesbadener Demonstranten einerseits und den unzähligen Fernsehzuschauern andererseits unterscheiden dürfen. Es sei nicht erkennbar, aufgrund welcher Feststellungen das Gericht zu der Annahme gelangt sei, der auch im Fernsehen ausgestrahlte Blockadeaufruf habe vor allem gewaltbereite und -geneigte Demonstranten erreicht. Vor allem aber dürfe, wie der Bundesgerichtshof konzediert habe, der zu einer friedlichen Demonstration Aufrufende nicht schon deswegen als Täter eines Landfriedensbruchs bestraft werden, weil sich der Veranstaltung gewalttätige Gruppen anschlössen, und zwar selbst dann nicht, wenn der Aufrufende schon bei seinem Aufruf mit deren Auftreten gerechnet habe.
| 62 |
Interpretiere man die vom Oberlandesgericht herangezogenen fünf Interviews des Beschwerdeführers nach dem 15. November 1981 grundrechtsgemäß, so werde als roter Faden durch sämtliche Texte die nachdrückliche Ablehnung von Gewalttätigkeiten sichtbar. Selbst die vom Oberlandesgericht isoliert zitierten Textpassagen könnten die Behauptung nicht begründen, der Beschwerdeführer habe die festgestellten Gewalttätigkeiten gebilligt. Die Interpretation und Bewertung der Interviews durch das Oberlandesgericht stelle deshalb eine Verfälschung ihres Wortlauts und ihres Sinngehalts dar. Hierin liege ein weiterer selbständiger Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, der sich in dem Urteil des Bundesgerichtshofs fortsetze.
| 63 |
2. Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Landfriedensbruchs verletze ferner sein Grundrecht aus Art. 8 GG. Wären die Gewalttätigkeiten vom 15. November 1981 ihm nicht zugerechnet worden, hätte sein Verhalten am 14. November 1981 als durch Art. 8 GG geschützt beurteilt werden müssen. Der Aufruf des Beschwerdeführers habe sich auf eine Blockade durch Versammlung gerichtet. Die Blockade eines Ortes sei nicht bloße Nebenerscheinung, sondern konstituierendes Merkmal jeder Demonstration. Der Beschwerdeführer habe sich diese Eigenart lediglich zunutze gemacht und sie zum zentralen Zweck der Demonstration vom 15. November 1981 erklärt. Bei einer Blockade durch Demonstration ließen sich die Elemente "Demonstration" und "Blockade" nicht voneinander trennen. Die gegenteilige Auffassung des Bundesgerichtshofs beruhe auf der mit Art. 8 Abs. 1 GG unvereinbaren Annahme, eine beabsichtigte Blockade könne niemals zugleich eine Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG sein. Wäre das erkannt worden, so hätte die im Urteil des Oberlandesgerichts festgestellte Tatsache, daß der Beschwerdeführer ausschließlich eine Blockade durch Demonstration gewollt habe, nicht zu der Schlußfolgerung führen können, er habe auch eine Blockade mit gewalttätigen Mitteln gewollt.
| 64 |
Das Grundrecht des Art. 8 GG sei auch dadurch verletzt, daß der Beschwerdeführer als ortsabwesender Täter des am 15. November 1981 verwirklichten Landfriedensbruchs verurteilt worden sei. Die Annahme einer fortwirkenden Willensbeeinflussung der Demonstranten durch den Beschwerdeführer lasse erkennen, daß die Gerichte von dem Modell einer längerfristig geplanten, zentral organisierten und straff geleiteten Versammlung ausgegangen seien. Dieser historisch überkommene Versammlungsbegriff könne die modernen Formen der Verwirklichung des Versammlungsrechts nicht mehr vollständig erfassen. Art. 8 GG schütze auch Demonstrationen, bei denen es gerade ausgeschlossen sei, daß eine einzelne Person fortwirkenden Einfluß auf das Verhalten der Demonstrationsteilnehmer nehmen könne. Dies sei im Ausgangsverfahren unberücksichtigt geblieben, so daß ihm die Demonstration, zu der er aufgerufen habe, im Wege einer unzulässig verengten Würdigung seines Aufrufs gleichsam weggenommen worden sei.
| 65 |
3. Die angegriffenen Entscheidungen seien mit dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Schuldstrafrecht unvereinbar und verletzten damit das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG. Dies ergebe sich zum einen daraus, daß ihm aufgrund einer grundrechtswidrigen Würdigung seiner Redebeiträge und Interviews die tatsächlichen Ereignisse vom 15. November 1981 als schuldbegründend zugerechnet worden seien. Er sei damit für einen Vorgang strafrechtlich belangt worden, den er nicht zu verantworten gehabt habe. Zum anderen beruhe die Verwertung der nach dem 15. November 1981 gegebenen Interviews auf der mit dem Schuldstrafrecht unvereinbaren Vorsatzkonstruktion des "Dolus subsequens". Schließlich verstoße auch seine Verurteilung als ortsabwesender Mittäter gegen das Schuldstrafrecht. Die mit der Novellierung des § 125 StGB im Jahr 1970 verfolgte Regelungsabsicht des Gesetzgebers sei dahin gegangen, für die Zukunft eine Bestrafung derjenigen auszuschließen, die sich an Gewalttätigkeiten nicht selbst beteiligt hätten.
| 66 |
4. Die Verurteilung des Beschwerdeführers als ortsabwesender Mittäter des Landfriedensbruchs verstoße ferner gegen das Analogieverbot des Art. 103 Abs. 2 GG. Aus dem Wortlaut des § 125 StGB ergebe sich eindeutig, daß ein Abwesender nicht Täter des Landfriedensbruchs sein könne. Mit der Neufassung des § 125 StGB habe der Gesetzgeber gerade auch das Ziel verfolgt, die Strafbarkeit solcher Personen auszuschließen, die an den Ausschreitungen selbst nicht beteiligt gewesen seien. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich im Gegensatz zu der Annahme des Bundesgerichtshofs, daß nur sogenannte Anheizer, also Personen, die auf eine Menschenmenge einwirkten, um sie zu Gewalttätigkeiten zu bewegen, in die Strafbarkeit einbezogen werden sollten. Als ein solcher "Anheizer" könne der Beschwerdeführer nicht angesehen werden. Die einzige Menschenmenge, zu der er gesprochen habe, sei die am 14. November 1981 in Wiesbaden friedlich versammelte gewesen, und auch die Schuldform der Absicht sei ihm in den angefochtenen Urteilen nicht vorgeworfen worden.
| 67 |
5. Daß das Revisionsgericht den Beschwerdeführer wegen einer vollendeten Nötigung der Verkehrsteilnehmer gemäß § 240 StGB schuldig gesprochen habe, statt die Sache an die Tatsacheninstanz zurückzuverweisen, verstoße gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Diese Norm begründe das Recht des Angeklagten, dem Anklagevorwurf durch entsprechende Beweisanträge zu begegnen. Auf einer mangelhaften Tatsachengrundlage dürfe das Revisionsgericht den Schuldspruch nicht korrigieren. Vor dem Oberlandesgericht habe sich der Beschwerdeführer gegen den Vorwurf der Nötigung von Verkehrsteilnehmern in tatsächlicher Hinsicht nicht verteidigen können. Dieser Vorwurf sei dort gemäß § 154 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO nicht weiter verfolgt worden. Entsprechende Beweisanträge wären deshalb als bedeutungslos zurückgewiesen worden. Gegen den nach § 154a Abs. 3 StPO vom Bundesgerichtshof wieder in das Verfahren einbezogene Nötigungsvorwurf hätte der Beschwerdeführer sich jedoch wirkungsvoll verteidigen können. So hätte er etwa den Nachweis zu führen versucht, daß die als vollendete Nötigung bewertete Verkehrsblockade vom 15. November 1981 tatsächlich durch Umleitungsmaßnahmen der Polizei schon vor Beginn der Demonstration am Terminal verursacht worden sei. Beim Gelingen dieses Beweises hätte der Beschwerdeführer dann allenfalls wegen versuchter Nötigung von Verkehrsteilnehmern verurteilt werden können.
| 68 |
6. Die ursprünglich erhobene Rüge, seine Verurteilung wegen Nötigung gemäß § 240 StGB verstoße ferner gegen Art. 8 GG sowie gegen Art. 103 Abs. 2 GG, hat der Beschwerdeführer zurückgenommen.
| 69 |
V. | |
Die Zuständigkeit des Ersten Senats zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde ist durch Beschluß vom 6. Juni 1984 des gemäß § 14 Abs. 5 BVerfGG berufenen Richterausschusses begründet worden.
| 70 |
B. - I. | |
Die Rüge, Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die Schuldspruchkorrektur des Bundesgerichtshofs dem Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen habe, sich durch neuen Tatsachenvortrag gegen den Vorwurf einer in Mittäterschaft begangenen Nötigung (§§ 240, 25 StGB) zu verteidigen, ist unzulässig.
| 71 |
Bei der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist das Substantiierungserfordernis des § 92 BVerfGG erst dann erfüllt, wenn der Begründung der Verfassungsbeschwerde entnommen werden kann, was der Beschwerdeführer bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte; nur dann kann geprüft und entschieden werden, ob die angegriffene Entscheidung auf dem Verfassungsverstoß beruht (BVerfGE 28, 17 [20]; st. Rspr.). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
| 72 |
Zwar legt der Beschwerdeführer dar, daß er sich nach einer Zurückverweisung der Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO an das Oberlandesgericht als Tatsacheninstanz "etwa" mit dem Beweisantrag verteidigt hätte, die Verkehrsblockade am 15. November 1981 sei in Wirklichkeit durch Umleitungsmaßnahmen der Polizei schon vor Beginn der Demonstration verursacht worden. Der Bundesgerichtshof hat dem Beschwerdeführer jedoch nicht nur eine Nötigung von Verkehrsteilnehmern zur Last gelegt, die möglicherweise bereits von etwaigen Umleitungsmaßnahmen der Polizei betroffen gewesen sein könnten. Mit dem angefochtenen Revisionsurteil ist der Beschwerdeführer vielmehr der in Mittäterschaft begangenen vollendeten Nötigung eines erheblich größeren Personenkreises schuldig gesprochen worden. Diesem sind alle von den gewalttätigen Auseinandersetzungen Betroffenen zugerechnet worden, die durch das Verhalten der Startbahngegner an der Aufrechterhaltung des Verkehrsbetriebes des Frankfurter Flughafens, am Betreten oder Verlassen des Flughafengebäudes oder an der Weiterfahrt in dessen Nahbereich unmittelbar gehindert worden waren.
| 73 |
Der Beschwerdebegründung läßt sich nicht entnehmen, daß der Beschwerdeführer in einer neuen Tatsacheninstanz die Behauptung aufgestellt hätte, daß alle diese Personen nicht erst durch spätere Nötigungshandlungen der Demonstranten, sondern schon durch polizeiliche Umleitungsmaßnahmen vor Beginn der Auseinandersetzungen in der Verfolgung ihrer Absichten oder Aufgaben behindert oder beeinträchtigt worden seien. Das nur auf einen Teil der Nötigungsopfer bezogene Verteidigungsvorbringen wäre deshalb offensichtlich ungeeignet gewesen, die auf § 240 StGB gestützte Anklage insgesamt zu erschüttern. Damit beschränkt sich die Beschwerdebegründung letztlich auf die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer hätte dieser Anklage bei hinreichender Gewährung rechtlichen Gehörs mit erheblichen Beweisanträgen erfolgreich entgegentreten können. Das reicht zur Begründung einer auf eine angebliche Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG gestützten Verfassungsbeschwerde nicht aus (vgl. BVerfGE 28, 17 [20]).
| 74 |
II. | |
Im übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. Zwar ist das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen. Die Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht betrifft jedoch lediglich die Entscheidung über die Rechtsfolgen, das heißt den Strafausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen. Der in dem Revisionsurteil getroffene Schuldspruch bleibt hiervon unberührt, er kann im weiteren Verlauf des Strafverfahrens nicht mehr angegriffen und auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Insoweit ist der dem Beschwerdeführer offenstehende Rechtsweg damit gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG erschöpft worden.
| 75 |
C. - I. | |
Infolge Stimmengleichheit kann gemäß § 15 Abs. 3 Satz 3 BVerfGG nicht festgestellt werden, daß die angegriffenen Entscheidungen die Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Art. 8 GG verletzen.
| 76 |
1. Es kann offen bleiben, ob die strafgerichtlichen Entscheidungen in erster Linie am Maßstab des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG oder am Maßstab des Art. 8 GG zu messen sind. Beide Grundrechte sind nebeneinander anwendbar (vgl. von Münch, Grundgesetz-Kommentar, Band 1, 3. Aufl., Art. 8, Rdnr. 37, m.w.N.). Da der Tatbeitrag des Beschwerdeführers in den Reden und Interviews vom 14. November 1981 bestand, mit denen er zur Blockade des Frankfurter Flughafens aufrief, und folglich nur die Zurechnung der Gewalttaten vom 15. November 1981 zu seinen Aufrufen vom Vortag zu überprüfen ist, kann Art. 5 Abs. 1 GG als Maßstab neben Art. 8 GG nicht außer Betracht bleiben.
| 77 |
2. Grundsätzlich sind auch im Strafprozeß die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestands, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Das Bundesverfassungsgericht hat nur zu überprüfen, ob dabei Auslegungsfehler unterlaufen sind, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Fall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 [92 f.]). Umfang und Intensität der Nachprüfung können allerdings je nach dem Gewicht des Grundrechtseingriffs und der Eigenart des Schutzguts unterschiedlich ausfallen.
| 78 |
Eine strafgerichtliche Verurteilung ist regelmäßig als intensiver Grundrechtseingriff anzusehen. Das gilt erst recht, wenn es sich wie beim Landfriedensbruch des § 125 StGB um einen schwerwiegenden Straftatbestand handelt, der mit einem entsprechend hohen Strafmaß verknüpft ist. Bei Delikten, die durch Äußerungen begangen werden, läßt sich der Grundrechtsschutz zudem nur gewährleisten, wenn auch die Feststellung und Würdigung der Äußerung, deretwegen die Bestrafung erfolgt, im Lichte der betroffenen Grundrechte nachgeprüft werden kann (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19. April 1990 - 1 BvR 40 und 42/86 -, S. 12 ff. des Umdrucks). Eine Feststellung, die ausschließlich durch Würdigung eines bei den Akten befindlichen Textes getroffen worden ist, beruht nicht auf der Einmaligkeit des Gesamteindrucks der mündlichen Verhandlung. Sie ist jederzeit nachvollziehbar und darum kontrollierbar (vgl. BVerfGE 43, 130 [137]). Die über den Text der Äußerung hinausgehenden tatrichterlichen Feststellungen unterliegen allerdings - auch soweit sie zur Würdigung einer Äußerung herangezogen werden - nur der eingeschränkten Kontrolle.
| 79 |
Für die Nachprüfung gelten die vom Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit Art. 5 Abs. 1 GG aufgestellten Grundsätze. Sind dem Verurteilten als Tatbeitrag Meinungsäußerungen zur Last gelegt worden, so muß bereits die Würdigung ihres Inhalts den Anforderungen genügen, die zum Schutz der Meinungsfreiheit entwickelt worden sind. Wird von dieser Freiheit nicht zum Zweck privater Auseinandersetzung, sondern zur Bildung der öffentlichen Meinung in einer die Allgemeinheit tief berührenden Frage Gebrauch gemacht, so spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (vgl. BVerfGE 7, 198 [212]). Eine Auslegung der die Meinungsfreiheit beschränkenden Gesetze, die an die Zulässigkeit öffentlicher Kritik in politischen Auseinandersetzungen überhöhte Anforderungen stellt, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar (vgl. BVerfGE 42, 163 [170]; 54, 129 [137]; 60, 234 [240]; 68, 226 [232]). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn diese Kritik in scharfer und überspitzter Form vorgetragen wird (vgl. BVerfGE 24, 278 [286]; 54, 129 [139]).
| 80 |
3. a) Nach Auffassung der Richter Herzog, Henschel, Seidl und Söllner, welche die Entscheidung trägt, ist die Verurteilung von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden; die Strafgerichte haben bei der Feststellung und Würdigung des Tatbestandes sowie der Auslegung und Anwendung des Strafrechts den Einfluß der Grundrechte nicht verkannt.
| 81 |
Auch unter Berücksichtigung der unter 2. dargestellten Grundsätze unterliegen ihre Tatsachenfeststellungen nur in eingeschränktem Umfang der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht. Anders als im Falle BVerfGE 43, 130 beruht die Verurteilung des Beschwerdeführers in besonderem Maße auf der Einmaligkeit des Gesamteindrucks der Hauptverhandlung. Gegenstand jener Entscheidung war ein Flugblatt, dessen Inhalt unmittelbar die vom Gegner des Ausgangsverfahrens behauptete Rechtsverletzung herbeiführte und sich ohne Rücksicht auf sonstige Umstände allein durch seine Lektüre ermitteln ließ; seine Interpretation war daher jederzeit nachvollziehbar und darum kontrollierbar (BVerfG, a.a.O., S. 137). Die hier in Rede stehenden öffentlichen Demonstrationsaufrufe werden durch die textliche Fixierung der in freier Rede gesprochenen Worte hingegen nur teilweise erfaßt. Schon die Klärung des Wortlauts war Gegenstand von Tatsachenfeststellungen des Oberlandesgerichts. Es hat ihn zwar zunächst den Einlassungen des Beschwerdeführers entnommen, diese aber in der Hauptverhandlung zusätzlich durch Abhören von Tonbandaufnahmen und Vorführung eines Videofilms bestätigen lassen, wobei es sich zugleich einen umfassenderen optischen und akustischen Eindruck von den Geschehnissen verschafft hat. Bei Abweichungen ist es dem durch die Augenscheinseinnahme vermittelten Wortlaut gefolgt.
| 82 |
Die Feststellung des wahren Inhalts der Aufrufe einschließlich ihres Verständnisses durch die Zuhörer und ihrer weiteren Auswirkungen beruht erst recht ganz wesentlich auf dem Ergebnis der Hauptverhandlung. Denn die Wirkung gesprochener Worte ist von vielen Faktoren beeinflußt; ihre eigentliche Bedeutung ergibt sich unter Umständen erst aus dem Zusammenspiel von Sprachführung, Gestik und Mimik. Für ihr Verständnis spielt zudem bei einer von zahlreichen Menschen besuchten Veranstaltung deren gesamtes Umfeld eine wesentliche Rolle, insbesondere die durch die politischen Ereignisse vorgeprägte Einstellung der Teilnehmer und der Inhalt vorausgegangener Redebeiträge. Im schriftlich festgehaltenen Text des Aufrufs finden diese Faktoren keinen Niederschlag.
| 83 |
Die Notwendigkeit, außerhalb des Redetextes liegende Umstände zur Ermittlung seines Sinns und seiner Wirkung auf die Zuhörer heranzuziehen, ergibt sich zudem in besonderem Maße aus dem Wortlaut der Demonstrationsaufrufe des Beschwerdeführers. Wenn er zu einem "Besuch" des Flughafens aufforderte und diese "Inspektion" mit dem Bestreben begründete, anhand seiner Größe das Bedürfnis nach einer weiteren Startbahn zu ermitteln, so war dies mangels Eignung einer Augenscheinseinnahme für den genannten Zweck ersichtlich nicht wörtlich und in vollem Ernst gemeint. Im Zusammenhang mit seiner weiteren Äußerung, daß der Flughafen "dicht" gemacht werden solle, konnte deshalb der Eindruck entstehen, daß er sein eigentliches Ziel nicht offen aussprechen wollte, weil es der Rechtsordnung nicht entsprach, und sich deshalb auf eine "augenzwinkernde" Umschreibung beschränkte. Unter solchen Umständen kann auch ein sich unmittelbar anschließender Aufruf zur Gewaltlosigkeit in Wahrheit gerade als Anregung zur Gewaltausübung verstanden werden, wenn sein ernsthafter Charakter nicht durch geeignete rednerische Mittel deutlich gemacht wird. Ebenso mehrdeutig ist der Wortlaut des nachfolgenden Dreipunkte-Appells. Dieser nimmt seiner umfassenden Nr. 1 ("keinerlei Gewalt") gerade dadurch die Wirkung, daß er eine Rangfolge der Schutzwürdigkeit möglicher Angriffsgegenstände gewaltsamer Handlungen aufstellt und damit die Deutung zuläßt, man dürfe sich nach Auffassung des Beschwerdeführers zu Gewalt gegen Sachen, eventuell auch Personen, eher hinreißen lassen als zu Gewalttaten, die Folgen von besonders großer Tragweite haben könnten. Angesichts dieser Mehrdeutigkeiten, die sich im Fernsehinterview fortsetzten, konnte und mußte das Oberlandesgericht zur inhaltlichen Würdigung des Demonstrationsaufrufs auch die objektiven Umstände sowie frühere und spätere Äußerungen des Beschwerdeführers heranziehen.
| 84 |
Im Gegensatz zu dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung BVerfGE 43, 130 zugrunde lag, darf das Bundesverfassungsgericht nicht anstelle der Fachgerichte beurteilen, welche Auswirkungen die Rede des Beschwerdeführers auf die Zuhörer hatte. Seine Tätigkeit ist vielmehr auf die Nachprüfung beschränkt, ob die Feststellungen des Oberlandesgerichts im Lichte der Art. 5 und Art. 8 GG offensichtlich fehlsam waren. Das ist nicht der Fall.
| 85 |
Zunächst wirken die Art. 5 und Art. 8 GG zugunsten des Beschwerdeführers nicht als eine Art Verwertungsverbot für das von diesem gehaltene Hauptreferat. Dieses ist im Zusammenhang mit dem Landfriedensbruch nicht als unmittelbarer Tatbeitrag gewertet worden; die Strafgerichte haben lediglich die späteren Aufrufe vor seinem Hintergrund ausgelegt. Das war wegen des eindeutigen Bezuges zwischen den kurz aufeinanderfolgenden Redebeiträgen zulässig (vgl. Beschluß vom 19. April 1990 - 1 BvR 40 und 42/86 -, S. 15 des Umdrucks), denn die Kundgebungsteilnehmer hatten keinen Anlaß zu der Annahme, daß der Beschwerdeführer nicht persönlich hinter seinen jeweiligen Äußerungen stand. Durch die Berücksichtigung des Hauptreferats allein als Auslegungshilfe wird dem Bürger nicht zugemutet, in einer politisch aufgewühlten Situation von einer - auch drastisch überspitzten - Meinungsäußerung abzusehen, sondern nur, sich bei einem anschließenden Demonstrationsaufruf solcher Wendungen zu enthalten, die angesichts dieser früheren Äußerung sowie bei Hinzutreten weiterer Umstände auslösend für Gewalttätigkeiten wirken können.
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Im übrigen kann das Bundesverfassungsgericht nicht an der Möglichkeit vorbeigehen, daß ein Aufruf zu einer unfriedlichen Demonstration zwecks Vermeidung andernfalls drohender Strafbarkeit getarnt und ihm ein äußerer Anschein verliehen wird, der sich innerhalb der von § 125 StGB gezogenen Grenzen hält. Art. 5 und Art. 8 GG stehen deshalb einer Prüfung nicht entgegen, die den wahren Sinn einer an die Menge gerichteten Aufforderung zu ermitteln sucht, der sich unter einem vermeintlich zur Gewaltlosigkeit anhaltenden Wortlaut verbirgt.
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Ein Verstoß gegen die genannten Grundrechte kommt allerdings in Betracht, wenn die Art der strafgerichtlichen Tatsachenermittlung und -würdigung den Bürger in einem Maße der Gefahr einer Bestrafung aussetzt, daß dieser von der Wahrnehmung seiner Grundrechte eher Abstand nehmen wird. Ein solcher Verstoß fällt den Gerichten jedoch nicht zur Last. Es ist nicht zu beanstanden, daß sie die Ernsthaftigkeit des Appells zur Gewaltfreiheit daran gemessen haben, ob das vom Beschwerdeführer verfolgte Ziel - die Blockade - angesichts der Ausdehnung des Flughafengeländes und der erwarteten Zahl von Demonstranten ohne Gewalttaten, das heißt nur durch "Verstopfung", objektiv überhaupt erreichbar gewesen wäre. Der Schluß des Oberlandesgerichts auf die Ursächlichkeit des Aufrufs für die Gewalttätigkeiten, die im unmittelbaren Nahbereich des Flughafens stattgefunden haben - die anderen Ausschreitungen sind ihm nicht zugerechnet worden -, beruht auf dem Inbegriff der in der Hauptverhandlung festgestellten Tatsachen. Er kann daher nach den oben angegebenen Grundsätzen vom Bundesverfassungsgericht nicht auf seine Richtigkeit hin untersucht werden. Das gilt jedenfalls bis zur Grenze der Willkür, die hier nicht überschritten ist.
| 88 |
Die Gerichte durften ferner berücksichtigen, daß die in dieser Form schon am 12. November 1981 geplante Demonstration vom 15. November 1981 weder angemeldet noch von Maßnahmen begleitet war, die ihren friedlichen Charakter nachhaltig hätten sichern können. Die Veranstalter hätten durch rechtzeitige Kooperation mit der Polizei zu einem störungsfreien Verlauf entscheidend beitragen können, wenn sie den Willen zu einer friedlichen Demonstration gehabt hätten (vgl. BVerfGE 69, 315 [355 ff.]). Tatsächlich ging es ihnen aber um eine "Doppelblockade" unter Ausnutzung des erwarteten Polizeieinsatzes. Vertrauensbildende Maßnahmen, die sich bei anderen, friedlich verlaufenen Demonstrationen bewährt haben, sind völlig unterblieben. Danach ist die Annahme des Oberlandesgerichts nicht zu beanstanden, die Versicherung des Beschwerdeführers in der Fernsehsendung vom Abend des 14. November 1981: "Absolut gewaltfrei wird das laufen, und wir werden das auch sicherstellen!" habe - wie er wußte - keinen realen Hintergrund gehabt, weil kein anderes Sicherungspersonal bereitgestellt war als einige wenige Angehörige der Bürgerinitiative, die durch Überredung und durch ihr Beispiel wirken sollten. Weder hat er selbst darüber hinausgehende Anstrengungen unternommen noch durfte er davon überzeugt sein, daß von anderer Seite für wirksame Ordnungsmaßnahmen gesorgt würde. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nahmen die Ereignisse vielmehr praktisch unkontrolliert ihren Lauf. Infolgedessen bot sich objektiv auch nicht die Deutung seiner Aufrufe dahin an, daß das Blockadeziel soweit wie möglich, aber jedenfalls nicht um den Preis von Gewalttätigkeiten erreicht werden sollte.
| 89 |
Der Beschwerdeführer kann sich noch aus einem weiteren Grund nicht auf Art. 8 GG berufen. In seinem Mutlangen-Urteil (BVerfGE 73, 206 [249 f.]) hat das Bundesverfassungsgericht - insoweit übereinstimmende Ansicht - entschieden, daß Versammlungen nicht durch Art. 8 GG gerechtfertigt sind, wenn die Behinderung Dritter nicht nur als Nebenfolge in Kauf genommen, sondern beabsichtigt wird, um die Aufmerksamkeit für das Demonstrationsanliegen zu erhöhen. Diese Grundsätze greifen trotz der Tatsache zu Lasten des Beschwerdeführers ein, daß die Versammlung vom 15. November 1981 nicht aufgelöst worden ist. Allein schon der Umstand, daß die Demonstration, zu der er aufgerufen hat, rechtmäßigerweise hätte aufgelöst werden können, führt dazu, daß er sich zur Rechtfertigung nicht auf Art. 8 GG berufen kann.
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91 | |
Das Bundesverfassungsgericht kann die Würdigung der Reden des Beschwerdeführers, die die Strafgerichte vorgenommen und im Ergebnis als Beteiligung an Gewalttätigkeiten im Sinn des § 125 StGB gewertet haben, in vollem Umfang nachprüfen. Sie beruht nicht auf der Einmaligkeit des Gesamteindrucks der Hauptverhandlung. Zwar hat das Oberlandesgericht die Reden des Beschwerdeführers nicht allein in ihrer schriftlichen Form zur Kenntnis genommen, sondern sich überdies mittels Tonbandaufnahmen und Videofilmen einen Eindruck von den Geschehnissen verschafft. Hinsichtlich der Reden des Beschwerdeführers hat es diese Beweismittel aber lediglich zur Feststellung ihres - ohnehin unstreitigen - Inhalts verwertet. Weitergehende tatsächliche Feststellungen, die der Würdigung der Reden dienten, hat das Oberlandesgericht diesen Beweismitteln nicht entnommen. Insbesondere findet sich in den Strafurteilen kein Hinweis auf die außertextlichen Faktoren der Reden wie Sprachführung, Gestik und Mimik. Ebensowenig hat das Oberlandesgericht den Eindruck wiedergegeben und belegt, daß die Mahnung des Beschwerdeführers zur Gewaltfreiheit nicht ernst gemeint, sondern "augenzwinkernd" ausgesprochen gewesen sei und daher gerade als Anregung zur Gewaltanwendung hätte verstanden werden können. Die Strafgerichte haben die Würdigung der Reden vielmehr ausschließlich auf der Grundlage der von ihnen festgestellten Redetexte vorgenommen. Daher gilt für die verfassungsgerichtliche Nachprüfung hier nichts anderes als in der Flugblatt-Entscheidung (BVerfGE 43, 130).
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Mangels eines anderen Tatbeitrags als seiner Reden vom 14. November 1981 beruht die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Landfriedensbruchs darauf, daß ihm die am Folgetag von Dritten begangenen Gewalttätigkeiten aufgrund dieser Reden zugerechnet worden sind. Zu dieser Einschätzung sind die Strafgerichte aufgrund der Annahme gelangt, daß die dramatischen Formulierungen, die der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Moratoriumsforderung gebrauchte, bei den Demonstranten eine Stimmungslage hervorgerufen hätten, die die Durchführung der Blockade auch gegen Widerstände als vorrangiges Ziel habe erscheinen lassen. Die Gewalttätigkeiten seien auch nicht lediglich bei Gelegenheit der Blockade begangen worden, sondern hätten gerade der Erreichung des Ziels gedient, das der Beschwerdeführer den Demonstranten gewiesen hatte. Gegenüber diesem Ziel sei der Aufruf des Beschwerdeführers zur Gewaltlosigkeit zurückgetreten. Anders lasse sich die Mahnung zum Gewaltverzicht bei gleichzeitigem Aufruf, den Flughafen "dicht" zu machen, nicht verstehen, denn angesichts der Ausdehnung des Flughafengeländes und der erwarteten Zahl von Demonstranten sei das vom Beschwerdeführer gesetzte Ziel ohne Gewalttaten objektiv nicht erreichbar gewesen.
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Wird der Tatbestand des § 125 StGB allein durch Reden erfüllt, so muß bereits die Feststellung der Tatbestandsmäßigkeit den Anforderungen genügen, die Art. 5 Abs. 1 GG zum Schutz der Redefreiheit aufstellt. Der Einfluß der Grundrechte kommt nicht erst bei der Frage nach der Rechtfertigung des tatbestandsmäßigen Handelns zur Geltung, wie die Strafgerichte angenommen haben. Dabei hat das Gericht von dem Wortlaut der Äußerungen auszugehen. Es ist ihm freilich nicht verwehrt, zur Würdigung einer Rede und ihrer Wirkungen auch die Umstände heranzuziehen, unter denen sie gehalten wurde. Dafür kommen allerdings nur solche Umstände in Betracht, die dem Redner zurechenbar sind (vgl. BVerfG, Beschluß vom 19. April 1990 - 1 BvR 40 und 42/86 -, S. 15 des Umdrucks). Aus den Umständen kann sich durchaus ergeben, daß Wortlaut und Sinn einer Rede auseinanderfallen, womöglich sogar das Gegenteil des Gesagten gemeint war. Für eine derartige dem Wortlaut widersprechende Deutung einer Äußerung sind aber im Interesse der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit von Verfassungs wegen konkrete Feststellungen erforderlich.
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Da die Strafgerichte den Beschwerdeführer ungeachtet seines Aufrufs zur Gewaltfreiheit so behandelt haben, als ob er in Wahrheit zu einer gewalttätigen Demonstration aufgerufen hätte, gilt dieses Erfordernis auch hier. Die Annahme der Strafgerichte, die Gewalttätigkeiten seien dem Beschwerdeführer zuzurechnen, weil das Blockadeziel objektiv nicht ohne sie erreichbar gewesen sei, reicht dazu nicht aus. Zwar ist das Bundesverfassungsgericht an die tatsächlichen Feststellungen der Strafgerichte zur Beschaffenheit des Flughafengeländes und zur erwartbaren Zahl von Demonstranten gebunden. Diese Feststellungen vermögen aber den daraus gezogenen Schluß nicht zu tragen. Auch bei objektiver Unvereinbarkeit der Ziele einer zwar vollständigen, dabei aber nicht mit Gewalttaten verbundenen Blockade des Flughafens kann die Rede des Beschwerdeführers so gedeutet werden, daß das Blockadeziel zwar so weit wie möglich, aber jedenfalls nicht um den Preis von Gewalttätigkeiten erreicht werden sollte. Mit dieser Deutungsmöglichkeit des Aufrufs zum Gewaltverzicht, für dessen mangelnde Ernsthaftigkeit sich aus den Redetexten selber nichts ergibt, haben sich die Strafgerichte nicht hinreichend auseinander gesetzt. Für ihren Ausschluß hätte es zusätzlicher, überzeugender Gründe bedurft. Daran fehlt es.
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Wenn die Strafgerichte dem Beschwerdeführer die Gewalttätigkeiten außerdem mit der Begründung zugerechnet haben, daß die Suggestivkraft seiner Rede und die Dramatik seiner Formulierungen die Zuhörer in eine Stimmung versetzt hätten, in der ihnen die Erreichung des Blockadeziels wichtiger gewesen sei als der Gewaltverzicht, so liegt auch darin eine grundsätzliche Verkennung des Einflusses von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auf das Strafrecht. Bei den Reden des Beschwerdeführers, die zu seiner Verurteilung wegen Landfriedensbruchs geführt haben, handelt es sich um typische Beiträge zur politischen Auseinandersetzung, an die im Interesse einer freien Meinungsbildung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen, auch wenn sie in scharfer und überspitzter Form erfolgen (vgl. BVerfGE 24, 278 [286]; 54, 129 [139]). Der Beschwerdeführer wollte in einem Konflikt, der eine weit über den Anlaßfall hinausreichende Bedeutung erlangt und die Öffentlichkeit stark aufgewühlt hatte, die öffentliche Anteilnahme an den Vorgängen weiterhin sicherstellen und die Protestbereitschaft in der Bevölkerung womöglich noch steigern. Daher genießen auch seine äußerst zugespitzten, bei wirklichkeitsnaher Betrachtung weit überzogen wirkenden Formulierungen den Schutz der Redefreiheit. Die Reden dürfen daher nicht schon wegen ihrer dramatisierenden und emotionalisierenden Wendungen und ihrer Suggestivkraft als Tatbeitrag zum Landfriedensbruch gewertet werden, wie es die Strafgerichte getan haben.
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Zwar kann es zutreffen, daß die Suggestivkraft einer leidenschaftlich vertretenen Zielsetzung die Zuhörer stärker zu beeinflussen vermag als die gleichzeitige Mahnung, bei der Verfolgung des Ziels bestimmte Mittel zu meiden. Dies ändert jedoch nichts daran, daß der Beschwerdeführer nach dem Wortlaut seiner Reden nicht zu Gewalttaten aufgerufen hatte. Wenn ihm gleichwohl zur Tatbestandserfüllung Handlungen Dritter zugerechnet werden sollen, so genügt dazu im Lichte der betroffenen Grundrechte nicht die Feststellung, daß die Äußerungen für die Gewalttaten ursächlich gewesen seien. Ansonsten würde dem sich Äußernden im Ergebnis eine Garantenstellung für das von seiner Rede zwar verursachte, darin aber gerade abgelehnte Verhalten seiner Zuhörer auferlegt. Ein solches Ergebnis ist mit der Meinungsfreiheit unvereinbar. Es hätte zur Folge, daß ein Redner sich gerade in Situationen verschärfter politischer Auseinandersetzung nicht mehr kraß und überspitzt äußern und zu Demonstrationen aufrufen dürfte, ohne befürchten zu müssen, daß er wegen des tatsächlich gewalttätigen Ablaufs der Veranstaltung bestraft würde. Damit wäre aber nicht nur seine individuelle Freiheit, sondern auch die vom Grundgesetz geschützte Freiheit der öffentlichen Meinungsbildung insgesamt beeinträchtigt.
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Da auf diese Weise schon die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des § 125 StGB nicht ausreichend begründet ist, kommt es auf die Frage, ob der Beschwerdeführer wußte, daß das von ihm gesetzte Blockade-Ziel nur mit Gewalttätigkeiten zu erreichen war, und er diese billigend in Kauf nahm, nicht mehr an.
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Ob die angegriffenen Entscheidungen auch gegen Art. 8 GG verstoßen, kann angesichts der festgestellten Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG offen bleiben.
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II. | |
Die auf die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 103 Abs. 2 GG gestützten Rügen sind nach der einhelligen Auffassung des Senats unbegründet.
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1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG schützt, umfaßt auch die Freiheit des Einzelnen, selbst zu bestimmen, welches Persönlichkeitsbild er von sich vermitteln will. Dieses Recht kann verletzt sein, wenn Äußerungen, die er abgegeben hat, von der öffentlichen Gewalt verfälscht wiedergegeben werden oder wenn ihm Äußerungen, die er nicht gemacht hat, unterschoben werden. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht verleiht aber kein Recht auf ein bestimmtes Verständnis von Äußerungen, die tatsächlich gefallen sind und in der authentischen Form auch zum Gegenstand einer Deutung und Einschätzung ihrer Auswirkungen auf Dritte gemacht werden. Vor Mißdeutungen von Äußerungen schützt vielmehr nur Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG.
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2. Art. 103 Abs. 2 GG schließt jede Rechtsanwendung aus, die über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht (vgl. BVerfGE 71, 108 [114 ff.]; 73, 206 [234 ff.]). Auslegungen, die den möglichen Wortsinn überschreiten, sind danach mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar. Da diese Verfassungsbestimmung Erkennbarkeit und Voraussetzbarkeit der Strafandrohung für den Normadressaten verlangt, muß der Wortsinn aus dessen Sicht bestimmt werden.
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze verstößt es nicht gegen Art. 103 Abs. 2 GG, daß der Beschwerdeführer als Mittäter eines Landfriedensbruchs schuldig gesprochen worden ist, obwohl er sich nicht am Ort der Ausschreitungen befand. Die Auslegung der Strafgerichte, derzufolge es § 125 StGB nicht verbietet, als Täter auch einen "ortsabwesenden Hintermann" zu bestrafen, wenn und soweit diesem die Gewalttätigkeiten als Eigentat gemäß § 25 StGB zuzurechnen sind, verstoßen nicht gegen das verfassungsrechtliche Analogieverbot. Zwar könnte das Tatbestandsmerkmal, daß die Gewalttätigkeiten oder Bedrohungen, die den tatbestandlichen Kern der Vorschrift ausmachen, "aus einer Menschenmenge" begangen worden sein müssen, den Schluß nahelegen, daß als Täter nur ein Mitglied dieser Menschenmenge in Frage komme. Ein solches Verständnis ließe jedoch wesentliche Veränderungen außer acht, die der Straftatbestand durch das Dritte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 20. Mai 1970 (BGBl. I S. 505) erfahren hat. Die Teilnahme an einer Zusammenrottung als Tatbestandsmerkmal des § 125 Abs. 1 StGB a.F. ist seitdem ausdrücklich aufgegeben. Die Anwesenheit in der Menge, aus der Gewalttaten begangen werden, wird danach vom Wortlaut der Norm nicht mehr gefordert.
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Die Auffassung, Täter eines Landfriedensbruchs könne auch der "ortsabwesende Hintermann" sein, ist auch mit Sinn und Zweck dieser Strafnorm vereinbar. Der Umgestaltung des Straftatbestandes durch das Dritte Strafrechtsreformgesetz vom 20. Mai 1970 lag in erster Linie das Ziel zugrunde, dem bloßen Aufenthalt in der unfriedlichen Menge die aus § 125 Abs. 1 StGB a.F. folgende Eigenschaft eines strafbaren Verhaltens zu nehmen. In seiner Ausprägung als allein auf die Teilnahme an einer "Zusammenrottung" abstellendes Gefährdungsdelikt erschien der Landfriedensbruch einem überholten obrigkeitsstaatlichen Denken verhaftet und insoweit, auch und gerade im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 8 GG, nicht mehr legitimierbar. Der neu gefaßte Straftatbestand sollte deshalb nicht mehr jeden neutralen Mitläufer schon wegen seines Dabeiseins, sondern nur noch die "aktiv an Gewalttätigkeiten beteiligten Personen" erfassen (vgl. BTDrucks. VI/139, S. 4). Als beteiligt in diesem Sinne kann aber auch derjenige angesehen werden, der sich zwar nicht in der Menge aufhält, dem jedoch die aus dieser heraus verübten Gewalttätigkeiten als eigene Tat zuzurechnen sind. Daß sich die neu gefaßte Strafvorschrift nicht mehr gegen den neutralen Mitläufer richten soll, steht einer Bestrafung des "ortsabwesenden Hintermannes" nach § 125 Abs. 1 in Verbindung mit § 25 StGB nicht entgegen, wenn dieser einen als täterschaftliche Mitwirkung an den verübten Gewalttätigkeiten zu beurteilenden Tatbeitrag geleistet hat.
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Gegen dieses Ergebnis kann aus den Gesetzgebungsmaterialien kein durchgreifender Einwand hergeleitet werden. In der abschließenden Lesung des 3. StrRG führte der Abgeordnete de With als zweiter Berichterstatter aus, daß als Landfriedensbrecher künftig nur derjenige strafbar sein solle, "der Täter oder Teilnehmer an Gewalthandlungen oder Anheizer hierzu ist" (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 6. Wahlperiode, 39. Sitzung, S. 1947). Diese Äußerung bezieht sich weder allein auf den - notwendig vor Ort anwesenden - "Anheizer" noch vermag sie die Annahme zu begründen, daß der Strafrechtssonderausschuß eine täterschaftliche Mitwirkung an den Gewalthandlungen nur bei Erfüllung der oben erwähnten "Anwesenheitsbedingung" für möglich gehalten habe. Auch den sonstigen Darlegungen des Abgeordneten de With lassen sich keinerlei Anhaltspunkte entnehmen, die für eine solche Annahme sprechen könnten. Seine Äußerung, die Polizei müsse in jedem Fall nur noch gegen "Gewalttäter und deren Hintermänner" vorgehen, "weil diese Straftäter sind" (a.a.O.), läßt die Schlußfolgerung jedenfalls als ohne weiteres vertretbar erscheinen, der Ausschuß habe auch nicht unmittelbar und eigenhändig gewalttätige "Hintermänner" als Täter angesehen.
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Nichts anderes ergibt sich aus den Erläuterungen des Vertreters des Bundesjustizministeriums, Ministerialrat Horstkotte, in der 10. Sitzung des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform. Er führte dort aus, daß § 125 Abs. 1 StGB in seiner neuen Fassung jeden mit Strafe bedrohe, der sich an Gewalttätigkeiten beteilige, und zwar auch den Anstifter, der sich nicht notwendig in der Masse befinden müsse (Stenographische Protokolle der Sitzungen des Sonderausschusses für die Strafrechtsreform, 6. Wahlperiode, 10. Sitzung, S. 355). Auch dieser Hinweis spricht keineswegs gegen die Möglichkeit der Täterschaft eines "ortsabwesenden Hintermannes"; diese bleibt vielmehr, weil die Art der "Beteiligung" hier nicht näher qualifiziert wird, gerade offen.
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