1. Erfüllt der Gesetzgeber den ihm von der Verfassung in Art. 6 Abs. 5 GG erteilten Auftrag zur Reform des Unehelichenrechts auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts nicht bis zum Ende der laufenden (5.) Legislaturperiode des Bundestages, so ist der Wille der Verfassung soweit wie möglich von der Rechtsprechung zu verwirklichen. Die Verfassungsnorm erlangt insoweit derogierende Kraft gegenüber entgegenstehendem einfachen Recht.
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2. Art. 6 Abs. 5 GG gewährt ein Grundrecht, das als eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes anzusehen ist.
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3. Zwischen Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 5 GG besteht keine Antinomie.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 29. Januar 1969
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-- 1 BvR 26/66 -- | |
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde der ..., ... - gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 16. dezember 1965 - 3 S. 65/65 -.
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Entscheidungsformel:
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Das Urteil des Landgerichts Kiel vom 16. Dezember 1965 - 3 S. 65/65 - verletzt Artikel 6 Absatz 5 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Kiel zurückverwiesen.
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Gründe: | |
A. -- I. | |
Nach bürgerlichem Recht kann das uneheliche Kind den ihm gegen seinen Vater zustehenden Unterhaltsanspruch nach dessen Tode gegen die Erben geltend machen. Die entsprechende Vorschrift lautet:
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"§ 1712 BGB
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(1) Der Unterhaltsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er steht dem Kinde auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist.
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(2) Der Erbe des Vaters ist berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, der dem Kinde als Pflichtteil gebühren würde, wenn es ehelich wäre. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden, so wird die Abfindung so berechnet, wie wenn sie alle ehelich wären."
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit Art. 6 Abs. 5 GG vereinbar ist, auf diesen Anspruch eine Waisenrente aus der Sozialversicherung anzurechnen, die dem unehelichen Kinde wegen des Todes seines Vaters gewährt wird. Nach den einschlägigen Vorschriften erhält das uneheliche Kind ebenso wie das eheliche Kind eine Waisenrente, wenn der verstorbene Vater sozialversichert war. Voraussetzung ist lediglich, daß die Vaterschaft oder Unterhaltspflicht des verstorbenen Versicherten festgestellt ist. Im übrigen ist der Rentenanspruch nach Grund und Inhalt der gleiche wie bei einem ehelichen Kind. Die Waisenrente wird in der Arbeiterrentenversicherung, der Angestelltenversicherung und der Knappschaftsversicherung unverheirateten Waisen unabhängig von ihrer Bedürftigkeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, bei längerdauernder Schul- oder Berufsausbildung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, unter bestimmten Umständen auch darüber hinaus gewährt. Im Prinzip gleichartige Regelungen gelten für die Unfallversicherung, die Kriegsopferversorgung und die Versorgung nach Beamtenrecht.
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II.
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1. Die Beschwerdeführerin ist am 5. November 1950 außerehelich geboren. Ihr Erzeuger erkannte die Vaterschaft an und verpflichtete sich in einer vollstreckbaren Urkunde zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente. Er starb im Februar 1962. Seither erhält die Beschwerdeführerin aus der Arbeiterrentenversicherung eine Waisenrente, deren Höhe den in der vollstreckbaren Urkunde festgelegten Unterhaltsbetrag übersteigt. Aus diesem Grunde weigert sich die Witwe und Alleinerbin des Vaters, der Beschwerdeführerin weiterhin Unterhalt zu leisten. Nach einer nicht bestrittenen Angabe der Beschwerdeführerin ist ein Nachlaß vorhanden, der u. a. in einem Hausgrundstück im Werte von 60 000 DM besteht.
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2. Auf die Vollstreckungsgegenklage der Erbin erklärte das Amtsgericht Kiel die Zwangsvollstreckung aus dem erwähnten Titel mit Wirkung vom 1. März 1962 für unzulässig und verurteilte die Beschwerdeführerin, die vollstreckbare Ausfertigung des Titels herauszugeben.
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Die Berufung der Beschwerdeführerin wies das Landgericht Kiel mit der angefochtenen Entscheidung aus folgenden Gründen zurück:
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Zwar könne die Anrechnung der Rente nicht aus einem allgemeinen Verbot der Doppelversorgung hergeleitet werden, weil ein entsprechender Grundsatz für Unterhaltsansprüche nicht gelte. Auch könne nicht von einem Vertrag zugunsten Dritter, d. h. hier zugunsten der Beschwerdeführerin, gesprochen werden, obwohl die Rente auf den von dem verstorbenen Vater entrichteten Versicherungsbeiträgen beruhe; denn die Höhe der Beiträge eines Versicherten richte sich allein nach der Höhe seines Einkommens und sei unabhängig von der Anzahl der späteren Leistungsberechtigten. Allerdings habe der Vater der Beschwerdeführerin indirekt einen bestimmten Beitragsanteil für die Beschwerdeführerin geleistet, insofern die generelle Einbeziehung der unehelichen Kinder in den Kreis der Rentenberechtigten zwangsläufig einen höheren Versicherungsbeitrag bedinge. Entscheidend sei jedoch nicht der Wille des Versicherten bei Vertragsabschluß, sondern die Wirkung der Zahlung der Waisenrente. Sie werde nur deswegen gewährt, weil das Versicherungsverhältnis mit dem Vater bestanden habe, und habe daher unterhaltsschuldtilgende Wirkung (§ 267 BGB). Der Anwendung dieser Bestimmung stehe auch nicht entgegen, daß der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes nicht von seiner Bedürftigkeit abhänge.
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Es könne nicht Sinn und Zweck der Waisenrente sein, dem unehelichen Kind eine zusätzliche Zuwendung zu erbringen. § 1712 BGB solle dem unehelichen Kind keinen Ersatz für entgangenes Erbrecht gewähren, sondern seinen Unterhalt sichern. Das Abfindungsrecht des § 1712 Abs. 2 BGB sei allein im Interesse der Erben vorgesehen und solle verhindern, daß das uneheliche Kind etwa günstiger gestellt werde als das eheliche. Das uneheliche Kind sei zwar insgesamt gegenüber dem ehelichen benachteiligt, weil dieses neben der Waisenrente sein Erbrecht behalte. Dies entspreche jedoch dem Gesetz, solange die in Art. 6 Abs. 5 GG angekündigte Gleichberechtigung von ehelichen und unehelichen Kindern vom Gesetzgeber noch nicht voll durchgeführt sei. Diese Verfassungsvorschrift enthalte als bloße Anweisung an den Gesetzgeber kein geltendes Recht.
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3. Die Beschwerdeführerin hat gegen das Urteil der Berufungsinstanz Verfassungsbeschwerde erhoben und zur Begründung vorgetragen:
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Das Urteil des Landgerichts verstoße gegen Art. 3 und Art. 6 Abs. 5 GG. Das uneheliche Kind sei, wenn sein Vater sterbe, schon dadurch gegenüber einem ehelichen Kind benachteiligt, daß die Erben des Vaters es nach § 1712 Abs. 2 BGB mit einem Betrage in Höhe eines Pflichtteils abfinden könnten, während dem ehelichen Kind ein Erbrecht zustehe. Eine Anrechnung der Waisenrente auf den beschränkten Anspruch des unehelichen Kindes würde diese Ungleichheit in verfassungswidriger Weise verschärfen.
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III.
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Der Bundesminister der Justiz hat sich am 19. Oktober 1966 für die Bundesregierung geäußert. Er hält die Verfassungsbeschwerde aus den folgenden Erwägungen für unbegründet:
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Eine Aktualisierung des Art. 6 Abs. 5 GG in dem Sinne, daß der Vorschrift derogierende Kraft gegenüber dem einstweilen fortgeltenden Gesetzesrecht zuzumessen wäre, könne derzeit nur insoweit erfolgen, als ein etwaiges Zurückbleiben der Rechtsstellung des unehelichen Kindes hinter der Forderung dieser Verfassungsvorschrift rechtlich unerträglich sein würde. Darüber hinaus sei die Vorschrift als Schutznorm zugunsten des unehelichen Kindes und als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes Auslegungsmaßstab: In dieser Bedeutung sei ihr immer dann Geltung zu verschaffen, wenn eine der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung entsprechende Auslegung nach allgemeinen Auslegungsmaßstäben möglich in Anbetracht einer sonst bestehenden Benachteiligung des unehelichen Kindes geboten sei.
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Die Kontroverse in der Rechtsprechung und im Schrifttum über das Verhältnis des Anspruchs aus § 1712 BGB zur Waisenrente ergebe, daß die Gesetzeslage verschiedene Auslegungen zulasse; die Entscheidung für eine von ihnen sei jedoch eine Frage der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts und verfassungsrechtlich nur daraufhin nachprüfbar, ob das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sei. Mit Rücksicht auf das komplizierte Ineinandergreifen der Vorschriften des bürgerlichen Rechts und des Sozialversicherungsrechts verstoße die in der angefochtenen Gerichtsentscheidung vertretene Auffassung nicht gegen den Wertgehalt des Art. 6 Abs. 5 GG. Diese Verfassungsnorm fordere nicht, daß einem unehelichen Kind nach dem Tode seines Erzeugers neben einer Waisenrente, die seinen Unterhalt in vollem Umfang sicherstelle, noch ein weiterer Unterhaltsanspruch gewährt werde. Im einzelnen schließt sich der Bundesminister der Justiz den im Schrifttum und in der Rechtsprechung für die Anrechnung der Waisenrente vorgebrachten Gründen (vgl. B II*) an.
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Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen die der angefochtenen Gerichtsentscheidung zugrunde liegende, nach Auffassung der Beschwerdeführerin verfassungswidrige Auslegung und Anwendung von Normen des einfachen Rechts, namentlich gegen die Beurteilung des Verhältnisses von § 1712 BGB zu den Rentenvorschriften der Sozialversicherungsgesetze.
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Als Prüfungsmaßstab kommt in erster Linie Art. 6 Abs. 5 GG als Grundnorm für den gesamten Bereich der Stellung des unehelichen Kindes in Betracht; er lautet wie folgt:
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"Den unehelichen Kindern sich durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern."
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1. Die rechtliche Bedeutung dieser Norm ist umstritten; Kernpunkt der Auseinandersetzung ist die sog. "Aktualisierung" des Art. 6 Abs. 5 GG. Diese Bezeichnung ist mißverständlich, weil allgemeine Übereinstimmung darüber besteht, daß Art. 6 Abs. 5 GG mehr ist als ein bloßer Programmsatz entsprechend der fast gleichlautenden Bestimmung des Art. 121 der Weimarer Verfassung. Durch die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, daß diese Grundrechtsvorschrift einen bindenden Auftrag an den Gesetzgeber enthält, dessen Erfüllung nicht in seinem freien Belieben steht (BVerfGE 8, 210 [216]; vgl. auch BVerfGE 17, 148 [155]). Der Gesetzgeber ist vielmehr verpflichtet, die in Art. 6 Abs. 5 GG ausgesprochene Verheißung zu erfüllen. Er verletzt die Verfassung, wenn er es unterläßt, den Verfassungsauftrag in angemessener Frist auszuführen (BVerfGE 8, 210 [216]), oder wenn er Gesetze erläßt, die dem Verfassungsgebot nicht entsprechen (vgl. BVerfGE 17, 148 [155]; 22, 163 [172]). Weiter hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, daß Art. 6 Abs. 5 GG Ausdruck einer verfassungsrechtlichen Wertentscheidung ist, die Gerichte und Verwaltung im Rahmen der geltenden Gesetze bei der Ausübung ihres Ermessens bindet; diese Wertauffassung ist daher schon vor der Erfüllung des Gesetzgebungsauftrags bei der Interpretation der einfachen Gesetze zugrunde zu legen (BVerfGE 8, 210 [217]).
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2. Offen ist jedoch die Frage, ob Art. 6 Abs. 5 GG eine weitergehende aktuelle Bedeutung erlangt hat, weil der Gesetzgeber den Verfassungsauftrag noch immer nicht erfüllt hat, jedenfalls nicht, soweit es sich um den Kernbereich der verheißenen Reform, das Privatrecht, handelt. Es fragt sich, ob die Verfassungsvorschrift aus diesem Grunde unmittelbare Geltung gewonnen hat in dem Sinne, daß die mit der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung unvereinbaren Bestimmungen des überkommenen einfachen Rechts außer Kraft getreten sind und die entstandene Gesetzeslücke, solange der Gesetzgeber nicht handelt, vom Richter auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 5 GG in schöpferischer Rechtsfindung zu schließen ist. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in seinem Beschluß vom 23. Oktober 1958 erwogen, ob "das Ausbleiben des Anpassungsgesetzes ... einen solchen Funktionswechsel der Norm vom Gesetzgebungsauftrag zur aktuellen Rechtsnorm mit derogatorischer Kraft und der Bedeutung einer Generalklausel für das gesamte Unehelichenrecht zur Folge haben kann", dies jedoch als für den damals zu entscheidenden Fall nicht erheblich dahingestellt gelassen (BVerfGE 8, 210 [216 f.]; vgl. auch BVerfGE 10, 129 [134]).
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Diese Frage bedarf hier der Entscheidung. Wäre nämlich davon auszugehen, daß Art. 6 Abs. 5 GG in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt derogierende Kraft gegenüber den mit seiner Wertentscheidung unvereinbaren Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs erlangt hatte, so wären auch die Regelungen, die das uneheliche Kind von jedem Erb- oder Pflichtteilsrecht nach seinem Vater ausschließen, außer Kraft getreten, weil dem unehelichen Kind eine angemessene Beteiligung am väterlichen Nachlaß in Form eines Erbrechtes oder eines Geldanspruchs zuerkannt werden muß. Dies würde auch die Weitergeltung des § 1712 BGB in Frage stellen; denn neben einem Erb- oder Erbersatzanspruch des unehelichen Kindes dürfte regelmäßig kein Raum für einen "verlängerten Unterhaltsanspruch" des Kindes gegen die Erben sein;
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vgl. die Regelungen des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder vom 7. Dezember 1967, BTDrucks. V/2370 (§§ 1615 a, 1934 a ff.) und des vom Bundesministerium der Justiz veröffentlichten Referentenentwurfs eines Unehelichengesetzes vom Mai 1966 (§§ 1615 e und f in Verbindung mit § 1615 h Abs. 1 und 2) und die Begründungen dazu (Regierungsentwurf S. 43 ff., 88 ff.; Referentenentwurf S. 66 ff.); Diekmann, FamRZ 1967, S. 10 (19 ff.); Lutter, FamRZ 1967, S. 65 (77 f.); Göppinger, JR 1967, S. 125 (129 ff.).
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Eine derartige Rechtswirkung würde für das vorliegende Verfahren bedeuten, daß der Beschwerdeführerin möglicherweise ein Recht auf Beteiligung am väterlichen Nachlaß zustand, aber kein Unterhaltsanspruch gegen die Erbin gemäß § 1712 BGB. Mit dem Wegfall des Unterhaltsanspruchs aus § 1712 BGB wäre aber der Streit über die Anrechnung der Waisenrente auf diesen Unterhaltsanspruch gegenstandslos. Die angefochtene Gerichtsentscheidung, mit der die Beschwerdeführerin zur Herausgabe des Unterhaltstitels verurteilt worden ist, wäre zwar nicht in der Begründung, aber im Ergebnis richtig und die Verfassungsbeschwerde daher zurückzuweisen. Es kommt daher für die Entscheidung im vorliegenden Verfahren darauf an, ob und wieweit es zulässig und geboten ist, eine unmittelbare Geltung des Art. 6 Abs. 5 GG in dem umschriebenen Sinne anzunehmen und gegebenenfalls von welchem Zeitpunkt ab.
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3. a) Im Schrifttum ist zuerst Ende der fünfziger Jahre die Auffassung von einem solchen Struktur- oder Funktionswandel des Art. 6 Abs. 5 GG vertreten worden: Der Verfassungsbefehl, dessen Rechtsgehalt hinreichend justitiabel sei, müsse bei Versagen des Gesetzgebers an seiner Stelle von den rechtsanwendenden Gewalten vollzogen werden (vgl. Hildegard Krüger, u. a. DÖV 1957, S. 356 ff. und Die Rechtsstellung des unehelichen Kindes nach dem Grundgesetz, 1960, S. 17 f.; Habscheid, FamRZ 1958, S. 350 f.). Seit Beginn der sechziger Jahre hat diese Auffassung zunehmend an Boden gewonnen, besonders im Hinblick auf die günstigen Erfahrungen mit der Verwirklichung der Gleichberechtigung durch die Gerichte in der Zeit zwischen dem Stichtag des Art. 117 Abs. 1 GG und dem Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 (BGBl. I S. 609);
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vgl. Hamann, Kommentar zum GG, 2. Aufl., 1960, Anm. B 9 zu Art. 6; Peter Schneider auf der Juristinnentagung in Wiesbaden 1961, s. Bericht von Brühl, FamRZ 1961, 358 f.; Wägenbaur, FamRZ 1962, S. 129 ff.; Zweigert, Verhandlungen des 44. Deutschen Juristentages - DJT -, Bd. II/C, S. 38 f.; Schultz, MDR 1962, S. 710; Schlosser, FamRZ 1963, S. 601 ff.; Kalkbrenner, DÖV 1963, S. 41 ff.; Junker, Die verfassungsrechtliche Stellung des unehelichen Kindes, Dissertation, Bonn 1964, S. 37 f.; Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 1964, § 5 V 2, S. 41 f.; Georg Scheffler, RGR Komm. z. BGB, 10./11. Aufl., 1964, Vorbem. II vor § 1705; Dölle, Familienrecht, 1965, Bd. II, § 101 II 3, S. 356 f.; H. Lange, JZ 1965, S. 779; Boehmer, Einführung in das Bürgerliche Recht, 2. Aufl., 1965, S. 104 f.; Brinkmann, Grundrechtskommentar zum GG, 1967, Anm. I 6 b zu Art. 6; Hefermehl in Erman, Kommentar zum BGB, 4. Aufl., 1967, Vorbem. 3 vor § 1705.
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Dabei gehen die Meinungen darüber auseinander, wann der Zeitpunkt für eine solche weitergehende Aktualisierung eingetreten sei und ob diese Aktualisierung für die gesamte privatrechtliche Stellung des unehelichen Kindes gelte oder nur solche Gesetzesvorschriften außer Kraft gesetzt habe, die eklatant mit der Wertentscheidung der Verfassung unvereinbar seien. Einige der genannten Autoren vertreten die Ansicht, die an sich mögliche und gebotene Aktualisierung setze zunächst eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts voraus, das unter unmittelbarer oder analoger Anwendung des Art. 100 Abs. 1 GG auf eine entsprechende Gerichtsvorlage oder im Verfassungsbeschwerdeverfahren den Weg für einen unmittelbaren Vollzug der Verfassungsnorm durch die Gerichte freigeben, namentlich den Zeitpunkt der Aktualisierung feststellen müsse.
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b) Demgegenüber haben andere Autoren eine derartige Aktualisierung des Art. 6 Abs. 5 GG abgelehnt;
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vgl. Bosch, u. a. FamRZ 1962, S. 292 f., 44. DJT, Gutachten, S. 49 f., FamRZ 1967, S. 518; Göppinger in Staudinger, Kommentar zum BGB, 10./11. Aufl., 1966, Vorbem. 45 ff. vor §§ 1705 ff. BGB; Gaul, FamRZ 1968, 673 ff. (674); Dürig in Maunz-Dürig, Kommentar zum GG, 2. Aufl., 1968, zu Art. 1 Abs. 3 GG, S. 44 Fußn. 5; Maunz, Deutsches Staatsrecht, 16. Aufl., 1968, § 13 II 6, S. 94 f.; Beitzke, Familienrecht, 14. Aufl., 1968, § 33, S. 209; Fuss, JZ 1963, S. 39 f. (40); Dunz, NJW 1962, S. 1472 ff. (1473); Seiwerth, Zur Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegenüber Grundrechtsverletzungen des Gesetzgebers durch Unterlassen, 1962, S. 95 f., 97 ff.
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Zur Begründung wird ausgeführt, der eindeutige Wortlaut des Art. 6 Abs. 5 GG stehe einer Verwirklichung des Verfassungswillens unmittelbar durch den Richter entgegen, vor allem aber sei Art. 6 Abs. 5 GG zu unscharf formuliert, um ohne Gefährdung der Rechtssicherheit einen unmittelbaren Vollzug durch den Richter zu ermöglichen, zumal die Erfüllung des Verfassungsauftrags weitgehend mehrere in gleicher Weise verfassungsmäßige Lösungen zulasse. Anders als bei Art. 117 Abs. 1 GG sei es auch unmöglich, einen bestimmten Anfangstermin für einen solchen Vollzug durch die Gerichte zu fixieren, obwohl gerade dies für die praktische Durchführung unerläßlich sei. Zum Teil wird auch geltend gemacht, angesichts der bereits verabschiedeten Teilreformen und der allgemeinen Belastung der Legislative mit vielen anderen dringenden Aufgaben könne noch nicht von einem Versagen des Gesetzgebers die Rede sein. Einige der genannten Autoren (Bosch, Gutachten, S. 50; Dürig, Fuss, Seiwerth) halten es freilich für zulässig oder sogar für geboten, daß das Bundesverfassungsgericht nach Ablauf der dem Gesetzgeber zustehenden angemessenen Frist auf eine entsprechende Verfassungsklage das grundgesetzwidrige Unterlassen des Gesetzgebers durch Urteil festgestellt.
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c) Soweit die Rechtsprechung das Problem der Aktualisierung erörtert hat, hat sie sich überwiegend auf den Standpunkt gestellt, die angemessene Frist, die dem Gesetzgeber zur Erfüllung des Verfassungsauftrags eingeräumt werden müsse, sei - jedenfalls im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung - noch nicht abgelaufen gewesen;
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vgl. BVerwGE 11, 101; OLG Hamm, FamRZ 1962, S. 437 f.; LG Stuttgart, FamRZ 1966, S. 366 f.; LG Kreuznach, FamRZ 1967, S. 492 f.; BGH, FamRZ 1968, S. 520 (521).
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Das Oberlandesgericht Saarbrücken (FamRZ 1965, 162 f.) hält eine Aktualisierung insoweit für möglich, als das Zurückbleiben der Rechtsstellung des unehelichen Kindes hinter der Forderung des Art. 6 Abs. 5 GG für die Zeit bis zum Erlaß der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen als unerträglich anzusehen wäre. Es hält diese Voraussetzung jedoch nicht für gegeben, soweit nach geltendem Recht dem unehelichen Vater kein Verkehrsrecht zusteht. Neuerdings hat das Oberlandesgericht Frankfurt/M. ein Erbscheinsverfahren dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorgelegt, "ob die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, die ein Erbrecht des unehelichen Kindes ausschließen (insbesondere § 1705 BGB in Verbindung mit § 1924 BGB), noch mit dem Grundgesetz vereinbar sind" (FamRZ 1968, 666 f.). Das Gericht ist der Ansicht, weil der Gesetzgeber den Verfassungsauftrag nicht binnen angemessener Frist verwirklicht habe, sei im Erbrecht jedenfalls insoweit ein verfassungswidriger Zustand eingetreten, als der Gesetzgeber es unterlassen habe, in bestimmten krassen Fällen ein Erbrecht des unehelichen Kindes vorzusehen. Die Feststellung, daß der nachkonstitutionelle Gesetzgeber seine Rechtspflicht zum Handeln verletzt habe und deshalb die einschlägigen vorkonstitutionellen Bestimmungen verfassungswidrig geworden seien, müsse analog Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten bleiben. Dies sei auch aus Gründen der Rechtssicherheit geboten, damit der Zeitpunkt für den Ablauf der dem Gesetzgeber eingeräumten angemessenen Frist einheitlich festgestellt werde.
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4. a) Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit dem Problem, ob eine Verfassungsnorm bei fruchtlosem Ablauf der vom Verfassungsgeber für die erforderliche Anpassung des einfachen Rechts gesetzten Frist derogierende Kraft gegenüber entgegenstehendem Recht erhalten kann und nunmehr als allgemeine Rechtsregel vom Richter im Wege richterlicher Interpretation und rechtsfindender Lückenfüllung unmittelbar anzuwenden ist, bereits in dem Urteil vom 18. Dezember 1953 zur Verfassungsmäßigkeit des Art. 117 Abs. 1 GG befaßt (BVerfGE 3, 225). Es erklärte in dieser Entscheidung die in Art. 117 Abs. 1 GG vorgeschriebene Aktualisierung der Gleichberechtigung zu einem bestimmten Stichtag für rechtswirksam und wies die aus den Gründen der Rechtssicherheit und Gewaltenteilung hergeleiteten Bedenken zurück. Danach ist es verfassungsrechtlich denkbar und zulässig, daß eine allgemein gefaßte Verfassungsnorm zahlreiche Einzelvorschriften des einfachen Rechts ohne spezielle Aufzählung außer Kraft setzt und als unmittelbar anzuwendende Generalklausel an die Stelle der aufgehobenen Bestimmungen tritt (vgl. BVerfGE, a.a.O., S. 243 f.).
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b) Die Verfassungsregelung über die Stellung der unehelichen Kinder unterscheidet sich von der Regelung der Gleichberechtigung dadurch, daß Art. 6 Abs. 5 GG nach seinem Wortlaut eine nicht befristete Anweisung an den Gesetzgeber darstellt und daß eine Regelung darüber fehlt, was bei Nichterfüllung dieser Anweisung geschehen soll, insbesondere ist nicht wie in Art. 117 Abs. 1 GG die Aktualisierung zu einem bestimmten Stichtag vorgeschrieben. Dennoch ist auch hier der Wille der Verfassung nicht dahin zu verstehen, der Gesetzgeber könne sich dem ihm erteilten Auftrag beliebig lange Zeit entziehen mit der Folge, daß der vom Verfassunggeber abgelehnte und als dringend reformbedürftig angesehene Rechtszustand bei Inkrafttreten des Grundgesetzes auf unbestimmte Zeit bestehen bliebe. Hierfür bedarf es keiner generellen Entscheidung über die Rechtsfolgen einer Nichterfüllung von Verfassungsaufträgen; denn Art. 6 Abs. 5 GG unterscheidet sich von anderen bisher nicht vollzogenen Anweisungen an den Gesetzgeber dadurch, daß er zu dem Normenbereich der Verfassung gehört, der die innerhalb der sozialen Gemeinschaft sich frei entfaltende menschliche Persönlichkeit und ihre Würde in den Mittelpunkt des Wertsystems der Verfassung und des gesamten Rechts stellt (vgl. BVerfGE 5, 85 [204 f.]; 7, 198 [204 f.]; 21, 362 [369, 372]). Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß nach dem Wertsystem der Grundrechte die schon in der Weimarer Verfassung geforderte Reform des Unehelichenrechts ebenso ein Gebot materialer Gerechtigkeit ist wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau (vgl. BVerfGE 3, 225 [238]); die hier noch bestehende Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Menschen ohne ihr Verschulden, allein wegen eines "Makels der Geburt", ist mit den Grundrechten der Gleichheit und freien Entfaltung der Persönlichkeit auf die Dauer nicht vereinbar.
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Somit ist die in Art. 6 Abs. 5 GG enthaltene Anweisung an den Gesetzgeber ähnlich wie Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 117 Abs. 1 GG als eine Ausnahme von der unmittelbaren Geltung der Grundrechte gemäß Art. 1 Abs. 3 GG anzusehen: Der Verfassunggeber wollte für eine vorübergehende Zeit bestimmte mit den Grundrechten nicht vereinbare Vorschriften des einfachen Rechts weitergelten lassen, um dem Gesetzgeber Gelegenheit zu einer umfassenden Neuordnung zu geben (vgl. BVerfGE 3, 225 [226]). Diese vorübergehende Zeitspanne ist mangels einer ausdrücklichen Befristung im Grundgesetz danach zu bestimmen, welche Frist unter Würdigung aller Umstände angemessen erscheint, um das Anpassungsgesetz vorzubereiten und zu verabschieden. Läßt der Gesetzgeber unter Verletzung der Verfassung diese Frist ungenutzt verstreichen (vgl. BVerfGE 8, 210 [216]), so gewinnt nunmehr der Grundsatz des Art. 1 Abs. 3 GG volle rechtliche Bedeutung und gebietet die anderweite Verwirklichung des Verfassungswillens, soweit sie ohne den Gesetzgeber möglich ist.
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Dieser Auslegung der Verfassung steht nicht entgegen, daß zwar für die Geltung der Gleichberechtigung ein bestimmter Stichtag festgelegt ist, in Art. 6 Abs. 5 GG dagegen jede Befristung fehlt. Der Verfassunggeber wollte der Gleichberechtigung besonderen Vorrang zuerkennen und ihre Verwirklichung unter allen Umständen in einer verhältnismäßig kurzen Frist sicherstellen. Bei der Reform des Unehelichenrechts glaubte er, dem Gesetzgeber, möglicherweise wegen des Zusammenhangs mit der durch die Gleichberechtigung gebotenen Neuordnung des Familienrechts, einen größeren zeitlichen Spielraum einräumen zu können. Wie sich aus den Materialien ergibt, bestand im Parlamentarischen Rat allgemeine Übereinstimmung nicht nur über die Reformbedürftigkeit des Unehelichenrechts, sondern auch über die Dringlichkeit der Reform; die Möglichkeit einer Untätigkeit des Gesetzgebers wurde nicht in Erwägung gezogen (vgl. Protokolle der 21. und 43. Sitzung des Hauptausschusses des Parlamentarischen Rates vom 7. Dezember 1948 und 18. Januar 1949, besonders die Ausführungen der Abgeordneten Dr. Süsterhenn [CDU] und Frau Dr. Weber [CDU], Frau Nadig [SPD], Dr. Bergstraesser [SPD], Dr. Greve [SPD], Dr. Heuss [FDP], Frau Wessel [Z] und Renner [KPD]). Es kommt also darauf an, wie der in Art. 6 Abs. 5 GG zum Ausdruck gekommene objektive Wille der Verfassung für den von dem Verfassunggeber nicht vorausgesehenen, jedenfalls nicht ausdrücklich geregelten Fall der Untätigkeit des Gesetzgebers zu interpretieren ist. Es wäre mit dem grundrechtlichen Charakter der Vorschrift und mit ihrem engen Bezug auf zentrale Werte der Verfassungsordnung unvereinbar, anzunehmen, die Verfassung habe sich für diesen Fall damit begnügen wollen, daß Art. 6 Abs. 5 GG in seiner Bedeutung für die entgegenstehenden Vorschriften des überkommenen Rechts zu einem bloßen Programmsatz herabsinke. Vielmehr ist davon auszugehen, daß in diesem Falle der Wille der Verfassung, wenn und soweit dies möglich ist, in dem ihr zugänglichen Bereich von der Rechtsprechung durchgeführt werden soll.
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c) Hierin liegt schon deswegen kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung, weil der aus der Untätigkeit des Gesetzgebers folgende Funktionszuwachs der Rechtsprechung nur subsidiärer Natur ist: Dem Gesetzgeber steht es jederzeit frei, die Erfüllung des zunächst an ihn gerichteten Verfassungsauftrags wieder an sich zu ziehen und nach seinen Vorstellungen zu verwirklichen. Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung zu Art. 117 Abs. 1 GG ausgeführt, daß der Auftrag, auf Grund einer unmittelbar anwendbar gewordenen Generalklausel die zur Lösung der Einzelfälle nötigen Regelungen zu entwickeln, die an die Stelle der außer Kraft gesetzten älteren Spezialvorschriften treten, im modernen Rechtsstaat eine echte richterliche Aufgabe darstellt (BVerfGE 3, 225 [242 ff.]). Es hat als Beispiel u. a. die zahlreichen Rechtssätze und Rechtsinstitute genannt, welche die Rechtsprechung aus dem Grundsatz von Treu und Glauben entwickelt hat, und darauf verwiesen, daß der moderne Gesetzgeber vielerorts unbestimmte Rechtsbegriffe und allgemeine Rechtsregeln verwendet, weil es unmöglich ist, mit Spezialnormen der Vielfalt der Lebensverhältnisse Herr zu werden und zugleich einen Weg zu der rechtlichen Differenzierung zu eröffnen, ohne die sich im Einzelfall oft keine gerechte Entscheidung treffen läßt. Da auch das geltende Familienrecht nicht ohne solche Generalklauseln auskommen kann, steht der Aktualisierung einer Verfassungsnorm auch nicht entgegen, daß sie neben wirtschaftlichen Fragen auch immaterielle Fragen des Ehe- und Familienrechts betrifft (BVerfGE, a.a.O., S. 244). Die praktischen Erfahrungen mit der Aktualisierung der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Ehe- und Familienrecht in der Zeit zwischen dem in Art. 117 Abs. 1 GG festgesetzten Stichtag (1. April 1953) bis zum Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes haben das von der Verfassung und vom Bundesverfassungsgericht in die Richter gesetzte Vertrauen gerechtfertigt: Weder ist das von mancher Seite befürchtete Rechtschaos eingetreten, noch haben die Richter anstelle objektiver Maßstäbe ein subjektive, politisch-weltanschaulich bestimmte Willensrichtung zur Grundlage ihrer Entscheidungen gemacht.
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5. Eine ähnliche Aktualisierung des Art. 6 Abs. 5 GG setzt voraus,
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a) daß die Verfassungsnorm einen hinreichend klaren positiven Rechtsgehalt hat, um ohne unerträgliche Gefährdung der Rechtssicherheit als unmittelbar anwendbare Generalklausel zu fungieren,
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b) daß die angemessene Frist für den Erlaß des Anpassungsgesetzes abgelaufen ist.
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Zu a) Die erste Voraussetzung ist grundsätzlich gegeben, weil sich die Vorschrift nicht in einer wertneutralen Anweisung zur Regelung einer bestimmten Materie erschöpft, sondern eine positive richtungweisende Wertentscheidung trifft. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält Art. 6 Abs. 5 GG insoweit eine echte Rechtsnorm, die bereits vor einer Aktualisierung als Auslegungsmaßstab für das überkommene Recht und als Prüfungsmaßstab für nachkonstitutionelles Recht unmittelbare Beachtung fordert (vgl. BVerfGE 8, 210 [217 ff.]; 17, 148 [153 ff.]; 17, 280 [283 ff.]; 22, 163 [172 ff.]). Diese Wertentscheidung geht davon aus, daß die unehelichen Kinder nach der mit den Mitteln des Rechts allein nicht behebbaren tatsächlichen und sozialen Situation insgesamt ungünstigere Lebensbedingungen vorfinden als die ehelichen Kinder und daß sie zudem durch das bei Erlaß des Grundgesetzes geltende Recht gegenüber den ehelichen Kindern wesentlich benachteiligt sind. Diesen Zustand will der Verfassunggeber beseitigen und zugleich im Rahmen des Möglichen mit den Mitteln des Rechts zum Abbau der gesellschaftlichen Diskriminierung beitragen: Für die unehelichen Kinder sollen "die gleichen Bedingungen" geschaffen werden wie eheliche Kinder sie vorfinden, d. h. "im Familienrecht" soll "die rechtliche Situation des unehelichen Kindes, soweit sie für seine leibliche und seelische Entwicklung und seine Stellung in der Gesellschaft von Belang ist, der Situation des ehelichen Kindes möglichst gleichwertig gestaltet werden" (BVerfGE 8, 210 [215]).
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Dieser Rechtsgehalt reicht aus, um dem Richter in der Regel eine Entscheidung über die Weitergeltung der bisherigen Rechtsvorschriften und gegebenenfalls die Ausfüllung der entstandenen Lücken zu ermöglichen. Freilich können sich Schwierigkeiten daraus ergeben, daß Art. 6 Abs. 5 GG keine schematische Übertragung der für eheliche Kinder geltenden Rechtsvorschriften auf die unehelichen Kinder verlangt. Das "starre" Ziel des Verfassungsauftrags, "die gleichen Bedingungen" wie für eheliche Kinder zu schaffen, läßt sich u. U. auf verschiedene Weise erreichen. Namentlich kann die verschiedene Ausgangslage es rechtfertigen oder sogar geboten erscheinen lassen, das uneheliche Kind anders und günstiger zu behandeln als das eheliche Kind, um dem Verfassungsauftrag gerecht zu werden (vgl. BVerfGE 17, 280 [284]; 22, 163 [173]). In dieser Hinsicht ist die Regelung einer Einzelfrage, etwa im Unterhaltsrecht, nicht isoliert, sondern in ihrem Zusammenhang mit anderen Regelungen des betreffenden Sachbereiches zu würdigen (vgl. BVerfGE 17, 280 [284]). Daß sich hierbei in bestimmten Fällen verschiedene Möglichkeiten zur Verwirklichung des Verfassungsauftrags ergeben können, steht aber einer Aktualisierung noch nicht entgegen, wenn das Problem mit den erprobten Mitteln der Interpretation und rechtsschöpferischen Lückenfüllung gelöst werden kann, z.B. durch entsprechende Anwendung der Regelungen für die in einer vergleichbaren Lage befindlichen ehelichen Kinder, deren Eltern geschieden sind oder getrennt leben. Etwas anderes gilt erst, wenn die Auswahl zwischen mehreren möglichen Lösungen eine politisch-weltanschaulich oder sonst außerjuristisch bestimmte Willensentscheidung darstellt (vgl. BVerfGE 3, 225 [244 f.]). Überdies lassen sich in Teilbereichen des Unehelichenrechts aus der Generalklausel des Art. 6 Abs. 5 GG sogar eindeutige Lösungen herleiten. Das ist insbesonders bei Rechtsvorschriften der Fall, die offensichtlich der Wertentscheidung der Verfassung widersprechen, wie etwa der grundsätzlichen Befristung des Unterhaltsanspruchs des unehelichen Kindes bis zum 18. Lebensjahr und der Nichtanerkennung einer Verwandtschaft zwischen dem unehelichen Kind und seinem Vater. Daß eine Aktualisierung durch den Richter nicht zu einer lückenlosen Neugestaltung des gesamten Unehelichenrechts führen kann, sondern notgedrungen Stückwerk bleiben muß, liegt in dem stellvertretenden Charakter dieser Form der Verwirklichung des Verfassungsauftrags; entscheidend ist jedoch, daß dadurch ein Rechtszustand erreicht wird, welcher der von der Verfassung gewollten Ordnung nähersteht als der bisherige.
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Zu b) Aus dem Verhältnis der gesetzgebenden zu der rechtsprechenden Gewalt in der Verfassungsordnung folgt, daß bei der Entscheidung über das Vorliegen der zweiten Voraussetzung der Aktualisierung Zurückhaltung geboten ist. Wenn die Verfassung einen Gesetzgebungsauftrag erteilt, ohne ihn ausdrücklich zu befristen, so liegt die zeitliche Erledigung zunächst in der Dispositionsfreiheit des Gesetzgebers, die von den anderen Gewalten grundsätzlich respektiert werden muß. Es kommt hinzu, daß die Feststellung, die angemessene Frist für die Erfüllung eines Verfassungsauftrags sei verstrichen, zwangsläufig den Vorwurf einer - mindestens objektiven - Verletzung der Verfassung enthält. Daher werden die Organe der Rechtsprechung erst dann eine solche Verfassungsverletzung feststellen können, wenn die Untätigkeit des Gesetzgebers solange andauert, daß sie auch unter Beachtung seiner grundsätzlichen Dispositionsfreiheit und unter Würdigung aller die Verzögerung rechtfertigenden oder erklärenden Umstände nicht mehr erträglich erscheint. Es liegt nahe anzunehmen, daß diese äußerste Grenze einer angemessenen Frist erreicht ist, wenn der Gesetzgeber fast 20 Jahre nach Erlaß des Grundgesetzes noch immer nicht die von Art. 6 Abs. 5 GG geforderte Regelung für einen elementaren Lebensbereich getroffen hat, obwohl gewiß im gleichen Zeitraum zahlreiche Gesetze verabschiedet worden sind, die von der Wertordnung der Verfassung gesehen weniger bedeutsam und weniger dringlich waren. Das Schrifttum ist ganz überwiegend der Meinung, daß die dem Gesetzgeber gewährte angemessene Frist verstrichen sei; hierzu neigen auch die meisten der Autoren, die eine Verwirklichung des Verfassungsgebots durch die Rechtsprechung ablehnen. Dabei werden sehr verschiedene Zeitpunkte genannt, wobei z. T. an die einzelnen Legislaturperioden des Bundestags angeknüpft wird, z. T. an die seit Erlaß des Grundgesetzes verstrichene Zeitspanne oder an die Erörterung der Reform des Unehelichenrechts auf dem 44. Deutschen Juristentag in Hannover (1962).
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Da eine Frist für ein Handeln des Gesetzgebers zu bestimmen ist, kommt als sachgerechter Anknüpfungspunkt, auch im Hinblick auf den Grundsatz der Diskontinuität, das Ende einer Legislaturperiode in Betracht (vgl. BVerfGE 15, 337 [352]). Es ist somit zu fragen, ob mit dem Ablauf einer der vergangenen Legislaturperioden des Bundestages, spätestens mit dem Ablauf der vierten Legislaturperiode im Herbst 1965, der Zeitpunkt für eine Aktualisierung des Art. 6 Abs. 5 GG durch den Richter eingetreten ist.
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Hierfür ist einerseits zu berücksichtigen, daß die Reformbedürftigkeit der geltenden privatrechtlichen Vorschriften schon bald nach Erlaß des Bürgerlichen Gesetzbuches erkannt worden ist und diese Erkenntnis bereits zur Zeit der Monarchie, erst recht aber zur Zeit der Weimarer Republik unter dem Einfluß des Art. 121 WRV zu einer umfangreichen kritischen Auseinandersetzung und einer Fülle von Reformvorschlägen geführt hat. Den Organen der Legislative war auch spätestens seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Oktober 1958 (BVerfGE 8, 210) bekannt, daß sie die Erfüllung des Verfassungsauftrags nicht auf unbegrenzte Zeit hinausschieben konnten.
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Andererseits war der Gesetzgeber im ersten Jahrzehnt nach Errichtung der Bundesrepublik außerordentlich belastet, besonders durch Gesetzesvorhaben, die der allgemeinen Existenzsicherung, der Wiedergutmachung und Beseitigung der Kriegsfolgen sowie der inneren Konsolidierung des Staatswesens dienten. Auf dem Gebiete des Familienrechts mußte wegen des in der Verfassung gesetzten Stichtages (1. April 1953) zunächst die Durchführung der Gleichberechtigung von Mann und Frau in Angriff genommen werden. Wegen der Zusammenhänge zwischen beiden Materien ließ es sich rechtfertigen, vor der Reform des Unehelichenrechts zunächst die Verabschiedung des Gleichberechtigungsgesetzes abzuwarten, die sich bis zum Sommer 1957 hinzog. Immerhin brachte das Familienrechtsänderungsgesetz vom 11. August 1961 (BGBl. I S. 1221) Teilregelungen für einige besonders vordringliche Fragen, namentlich eine gewisse Verbesserung des Unterhaltsrechts und der Stellung der unehelichen Mutter. Vor allem handelt es sich bei der privatrechtlichen Rechtsstellung der unehelichen Kinder um eine nicht einfache und vielschichtige Materie, deren Regelung sorgfältiger Vorbereitung bedarf und wegen ihrer allgemeinen Bedeutung nicht nur die Beteiligung bestimmter interessierter Institutionen und Organisationen, sondern auch eine Diskussion in der breiteren Öffentlichkeit wünschenswert erscheinen läßt. Insoweit haben allerdings die Erörterungen im Schrifttum, auf dem Deutschen Juristentag in Hannover 1962, in der von der Arbeitsgemeinschaft für Jugendpflege und Jugendfürsorge eingesetzten Kommission, im Deutschen Institut für Vormundschaftswesen, innerhalb der Kirchen und zahlreicher konfessioneller und sozialer Organisationen seit Beginn der sechziger Jahre zu einer Klärung der Meinungen geführt. Die dabei erarbeiteten Vorschläge und Gesetzentwürfe haben ebenso wie die gleichzeitigen Reformarbeiten in anderen Ländern wesentlich zur Sichtung der streitigen Fragen und der Lösungsmöglichkeiten beigetragen. Auch auf dieser Grundlage bedurfte jedoch die Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs durch die zuständigen Bundesministerien, die Erörterung des Entwurfs mit den Ländern, mit sachverständigen Stellen und mit den beteiligten oder interessierten Organisationen, die Verabschiedung im Bundeskabinett und die Beratung in den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes einer längeren, sich auf mehrere Jahre erstreckenden Zeitspanne. Die Würdigung aller dieser Umstände führt bei Beachtung der gebotenen Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber zu dem Ergebnis, daß die angemessene Frist zur Erfüllung des in Art. 6 Abs. 5 GG an den Gesetzgeber gerichteten Auftrages am Ende der vierten Legislaturperiode des Bundestages - im Herbst 1965 - noch nicht abgelaufen war.
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Die Bundesregierung hat im September 1967 dem Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes über die rechtliche Stellung der unehelichen Kinder vorgelegt, der die Neuordnung der bürgerlichrechtlichen Stellung des unehelichen Kindes zum Gegenstand hat, und diesen Entwurf am 7. Dezember 1967 im Bundestag eingebracht (BTDrucks. V/2370). Der Bundestag hat den Entwurf am 17. Januar 1968 in erster Lesung beraten (vgl. StenBer. der 146. Sitzung, S. 7557 ff.); die Beratungen des Entwurfs im federführenden Rechtsausschuß des Bundestags und in dem von ihm eingesetzten Unterausschuß "Unehelichenrecht" sind bereits erheblich fortgeschritten (vgl. die Protokolle des Rechtsausschusses vom 12. Dezember 1968 [103. Sitzung] und vom 16. Januar 1969 [105. Sitzung] und die Protokolle des Unterausschusses ab 2. Dezember 1968 [1. Beratung] bis 23. Januar 1969 [23. Beratung]). Den Gesetzgebungsorganen ist bewußt, daß der Ablauf der ihnen gegebenen angemessenen Frist auch bei großzügiger Bemessung unmittelbar bevorsteht (vgl. die Ausführungen des Bundesjustizministers Heinemann und des Abgeordneten Köppler bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Bundestag; StenBer. der 146. Sitzung, S. 7557 ff. und 7570 f.). Bei dieser Sachlage wird der Gesetzgeber dem Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG nur dann gerecht, wenn er die Reform des Unehelichenrechts auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet.
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6. Insgesamt ist danach festzustellen, daß der Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG unmittelbar durch die Gerichte verwirklicht werden kann und muß, sofern der Gesetzgeber ihn nicht binnen angemessener Frist erfüllt. Diese Frist läuft jedoch erst mit dem Ende der gegenwärtigen Legislaturperiode ab. Danach waren zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt die einschlägigen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Ausschluß des unehelichen Kindes vom Erbrecht und über seinen Anspruch gegen die Erben des Vaters aus § 1712 BGB noch nicht durch Art. 6 Abs. 5 GG außer Kraft gesetzt worden, gleichgültig ob man den Eintritt des Erbfalls oder den Erlaß der angefochtenen Gerichtsentscheidung für wesentlich hält.
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II.
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Der Erfolg der Verfassungsbeschwerde hängt daher allein davon ab, ob die angefochtene Gerichtsentscheidung bei der Auslegung und Anwendung des § 1712 BGB in Verbindung mit den Rentenvorschriften des Sozialversicherungsrechts die Einwirkung des Art. 6 Abs. 5 GG auf die Auslegung des einfachen Rechts hinreichend beachtet hat (vgl. BVerfGE 8, 210 [217]; 7, 198 [207]; 18, 85 [92 f.]). Dies ist zu verneinen.
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1. Im Schrifttum überwiegt die Auffassung, daß die Waisenrente die Verpflichtung des Erben aus § 1712 BGB nicht berührt, während in der Rechtsprechung der Landgerichte, die in den entsprechenden Rechtsstreitigkeiten regelmäßig in letzter Instanz entscheiden (vgl. § 23 Nr. 2 Buchst. f, § 72 GVG), die Meinungen geteilt sind (s. die Übersicht bei Göppinger, a.a.O., Rdnr. 18 zu § 1712).
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Nach Ansicht derjenigen, die eine Anrechnung der Waisenrente auf den Anspruch aus § 1712 BGB für geboten erachten, erfüllt der Sozialversicherungsträger durch die Zahlung der Rente gemäß § 267 BGB die Unterhaltsschuld des verstorbenen Versicherten oder seines Erben, weil die Waisenrente nicht primär einen Akt staatlicher Fürsorge für das Kind darstelle, sondern in erster Linie im Interesse des Versicherten gezahlt werde. Jedenfalls werde der mit der Unterhaltspflicht des Erben nach § 1712 BGB erstrebte Zweck der Unterhaltssicherung bereits durch die Waisenrente erreicht. Das Kind müsse sich auch nach dem Grundsatz der Vorteilsausgleichung anrechnen lassen, was es durch das den Anspruch aus § 1712 BGB auslösende Ereignis - den Tod des Vaters - anderweitig erlangt habe. Es sei mit Art. 6 Abs. 1 GG nicht vereinbar, das uneheliche Kind besser zu stellen als die ehelichen Kinder, deren Unterhaltsanspruch gegen den Vater mit dessen Tod erlösche und die während des Bezuges einer Waisenrente mangels Bedürftigkeit auch gegen andere Personen keinen Unterhaltsanspruch geltend machen könnten.
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Die Gegner der Anrechnung meinen demgegenüber, der Anspruch auf Waisenrente und der Anspruch aus § 1712 BGB unterschieden sich nach ihrer Rechtsnatur und Ausgestaltung wesentlich voneinander und seien daher im Verhältnis zueinander völlig selbständig. Vor allem dienten sie verschiedenen Zwecken: Der Anspruch aus § 1712 BGB solle dem unehelichen Kind einen gewissen Ersatz für das fehlende Recht auf einen Erbteil oder Pflichtteil bieten, während die Sozialversicherungsrenten ein Mittel staatlicher Vorsorge für bestimmte schicksalsmäßige Lebenssituationen darstellten. Der Sozialversicherungsträger erfülle mit der Zahlung der Rente ausschließlich eine eigene Verpflichtung und wolle nicht andere Unterhaltspflichtige entlasten; demgemäß werde die Waisenrente auch an eheliche Kinder ebenso wie an Stief- und Pflegekinder ohne Rücksicht auf ihre Bedürftigkeit und unabhängig von dem Bestehen eines Unterhaltsanspruchs gegen den verstorbenen Versicherten gezahlt. Eine Sozialversicherung könne nicht einem Vertrag zugunsten Dritter gleichgeachtet werden, weil der Versicherte auf Begründung und Inhalt des Versicherungsverhältnisses keinen Einfluß habe. Außerdem seien die Leistungen aus der Sozialversicherung keine echten Gegenleistungen für die vom Versicherten gezahlten Beiträge, weil sie auch durch die Arbeitgeberanteile und durch staatliche Zuschüsse gedeckt würden. Der Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung habe nur für das Schadensersatzrecht Bedeutung. Das uneheliche Kind werde auch bei Ablehnung der Anrechnung der Waisenrente nicht besser gestellt als ein eheliches Kind, weil der Anspruch aus § 1712 Abs. 1 BGB nur zum Zuge komme, wenn ein Nachlaß vorhanden sei; in diesem Fall erhielten aber eheliche Kinder neben der Waisenrente regelmäßig einen Erbteil, der im Hinblick auf das Abfindungsrecht der Erben nach § 1712 Abs. 2 BGB den an das uneheliche Kind zu leistenden Betrag weit übersteige.
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Aus der gleichen Erwägung halten einige Autoren und Gerichte die Gewährung beider Ansprüche nebeneinander für verfassungsrechtlich geboten; Art. 6 Abs. 5 GG verbiete, dem unehelichen Kind den ihm vom Bürgerlichen Gesetzbuch zugedachten Ausgleich für das fehlende Erbrecht zu nehmen (vgl. Beitzke, FamRZ 1960, S. 451 ff.; Dölle, Familienrecht, Bd. II, 1965, S. 416; Göppinger, a.a.O.; LG Koblenz, DAVorm XXXI [1958/1959], Sp. 76; LG Ravensburg, DAVorm XXXV [1962], Sp. 89 ff. [91]).
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Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 26. November 1965 (BGHZ 44, 312; vgl. schon BGHZ 30, 162 [172]) ebenfalls die Anrechnung der Waisenrente auf den Anspruch aus § 1712 BGB abgelehnt. Die Begründung stimmt im wesentlichen mit den vorstehenden aus der Auslegung des einfachen Rechts gewonnenen Argumenten überein. Zur Widerlegung der in der Rechtsprechung z. T. aus Art. 6 Abs. 1 GG hergeleiteten verfassungsrechtlichen Bedenken weist der Bundesgerichtshof noch darauf hin, daß das uneheliche Kind, wenn sein Vater stirbt, unterhaltsrechtlich insgesamt viel weniger gesichert sei als das eheliche Kind, dem außer dem Erb- oder Pflichtteilsrecht gegebenenfalls noch ein Unterhaltsanspruch gegen die väterlichen Aszendenten zustehe.
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2. Wie bereits ausgeführt, enthält Art. 6 Abs. 5 GG eine Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes und eine Schutznorm zugunsten der unehelichen Kinder (BVerfGE 17, 280 [286]; 17, 148 [153]). Den damit getroffenen Wertentscheidungen muß die Auslegung und Anwendung des geltenden Rechts entsprechen; Verwaltungsbehörden und Gerichte müssen das ihnen Mögliche tun, um im Rahmen des geltenden Rechts die Lebensbedingungen des unehelichen Kindes zu verbessern und eine Angleichung an die Lage der ehelichen Kinder herbeizuführen. Demgemäß ist, soweit das geltende Recht zwei verschiedene Auslegungen zuläßt, diejenige zu wählen, die der Verwirklichung des Zieles der Verfassung am nächsten kommt (BVerfGE 8, 210 [221]).
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3. a) Nach diesen Auslegungsgrundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Anrechnung der Waisenrente auf den Anspruch nach § 1712 BGB nicht als verfassungsgerecht angesehen werden. Zunächst ließe es sich bereits rechtfertigen, wenn das uneheliche Kind, das bei einer Gesamtbetrachtung nach dem derzeitigen Familien- und Erbrecht gegenüber dem ehelichen Kind wesentlich benachteiligt ist, zum Ausgleich in einzelnen Beziehungen vermögensrechtlich besser gestellt würde (vgl. BVerfGE 17, 280 [284 ff.]; 22, 163 [172 f.]). Jedoch kommt es hierauf nicht an. Auch abgesehen von dieser Gesamtbetrachtung ist die Situation des unehelichen Kindes beim Tode seines Vaters nach geltendem Recht weit ungünstiger als die des ehelichen Kindes: Die ehelichen Kinder erhalten neben der Waisenrente ein Erbrecht am väterlichen Nachlaß, jedenfalls aber ein Pflichtteilsrecht; sie haben ferner die Chance, daß die Mutter oder die väterlichen Großeltern vermöge ihres Erbrechts an diesem Nachlaß überhaupt oder besser instandgesetzt werden, ihrer Unterhaltspflicht nachzukommen; schließlich haben sie auch unabhängig vom Vorhandensein eines Nachlasses einen Unterhaltsanspruch gegen die väterlichen Aszendenten. Alles dies fehlt den unehelichen Kindern; sie haben neben der Waisenrente lediglich den begrenzten Anspruch aus § 1712 BGB.
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Zwar ist dieser Anspruch nach dem Wortlaut der Vorschrift und ihrer Stellung im Gesetz als "Unterhaltsanspruch" bezeichnet: Die - überwiegend schuldrechtlich gestaltete - Unterhaltspflicht des Vaters setzt sich gewissermaßen über seinen Tod hinaus fort, während der Unterhaltsanspruch des ehelichen Kindes gegen seinen Vater, ebenso wie grundsätzlich alle familienrechtlichen Unterhaltsansprüche, mit dem Tode des Verpflichteten erlischt (vgl. § 1615 BGB). Jedoch wäre es zu oberflächlich, wollte man es bei einem solchen formalen Vergleich der beiden "Unterhaltsansprüche" bewenden lassen. Bei näherer Prüfung handelt es sich bei § 1712 BGB nicht um einen echten Unterhaltsanspruch, sondern um eine wirtschaftliche Beteiligung des - regelmäßig noch unterhaltsbedürftigen - unehelichen Kindes am Nachlaß des Vaters, eine Art Erbersatzanspruch oder jedenfalls um einen Anspruch eigener Art, der zwischen Erbrecht und Unterhaltsanspruch einzuordnen ist. Allerdings ist der Anspruch des unehelichen Kindes hinsichtlich der Höhe und Dauer durch die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters beschränkt, er steht also dem unehelichen Kinde nach dem derzeit noch geltenden Recht - abgesehen von dem Ausnahmefall des § 1708 Abs. 2 BGB - nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und nur in dem Umfang zu, in dem der uneheliche Vater zur Zahlung verpflichtet war. Andererseits ist er ohne Rücksicht auf diese Unterhaltsverpflichtung des Verstorbenen und auf das Alter des unehelichen Kindes der Höhe nach faktisch durch § 1712 Abs. 2 BGB begrenzt. Die Erben können das uneheliche Kind mit dem Betrag abfinden, der dem Pflichtteil eines ehelichen Kindes am väterlichen Nachlaß entspricht, und sie werden immer so verfahren, wenn der noch in Betracht kommende Unterhaltsanspruch höher ist als der Abfindungsbetrag. Die Erben haben außerdem gegenüber dem Anspruch die Möglichkeit, ihre Haftung gemäß §§ 1975 ff. BGB zu beschränken (vgl. Göppinger a.a.O., Rdnr. 39 zu § 1712 BGB). Der Anspruch aus § 1712 BGB hängt daher tatsächlich von der Höhe des Nachlasses ab: Ist kein Nachlaß vorhanden, so erhält das uneheliche Kind nichts, ist nur ein geringer Nachlaß da, so bekommt es allenfalls die dem Pflichtteil eines ehelichen Kindes entsprechende Quote.
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Auch die Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch sprechen dafür, daß dieser Anspruch dem unehelichen Kind einen Ausgleich für das fehlende Erbrecht gewähren sollte; die mit § 1712 BGB bezweckte Sicherstellung des Unterhalts über den Tod des Erzeugers hinaus erfolgte gerade deshalb, weil das uneheliche Kind im übrigen keine Rechte am Nachlaß des Vaters erhielt:
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"Die rechtliche Natur des hier fraglichen Anspruches als eines auf der Vaterschaft beruhenden familienrechtlichen Anspruches weist an sich darauf hin, den letzteren, wie im Falle des § 1496, mit dem Tode des unehelichen Vaters erlöschen zu lassen. Allein bei einer solchen Gestaltung kann das uneheliche Kind erheblich leiden, und zwar namentlich dann, wenn der vermögende Vater frühzeitig stirbt. Das Kind solchenfalls leer ausgehen zu lassen, widerstreitet dem Rechtsgefühle und dem Interesse der öffentlichen Armenpflege. Man würde dazu gedrängt werden, dem unehelichen Kinde zur Ausgleichung ein Erbrecht gegenüber dem unehelichen Vater einzuräumen, ein Ausweg, gegen welchen indessen ebenfalls erhebliche Bedenken sprechen." (Motive zum BGB, Bd. IV, S. 902, zu § 1575).
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Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches ging also davon aus, daß er mit Rücksicht auf das Rechtsgefühl dem unehelichen Kind entweder ein reguläres Erbrecht einräumen oder es in der Form eines "verlängerten Unterhaltsanspruchs" am Nachlaß des Vaters beteiligen müsse; er entschied sich für das letztere. Er sorgte daher von seinem Standpunkt für die Waisen vor, indem er den ehelichen Waisen einen Erb- oder Pflichtteilsanspruch zusprach, den unehelichen Waisen wenigstens den Anspruch aus § 1712 BGB gegen die Erben des Vaters gewährte, jedoch höchstens bis zur Pflichtteilsquote eines ehelichen Kindes. Für beide Gruppen von Waisen haben später die Sozialversicherungsgesetze eine zusätzliche Vorsorge geschaffen, indem sie ihnen Rentenansprüche einräumten. Bisher ist noch niemals erwogen worden, bei den ehelichen Kindern die Waisenrente auf den Erbteil oder den Pflichtteilsanspruch anzurechnen. Dann ist es aber auch nicht gerechtfertigt, bei den unehelichen Kindern eine derartige Anrechnung vorzunehmen mit der Folge, daß die Stellung der unehelichen Kinder sogar hinter den Absichten des BGB-Gesetzgebers zurückbliebe. Dies wäre mit der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 5 GG nicht vereinbar. Solange der Verfassungsauftrag im bürgerlichen Recht noch nicht erfüllt ist, muß vielmehr dem unehelichen Kind wenigstens der Anspruch nach § 1712 BGB ungeschmälert erhalten bleiben.
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b) Die Gegner dieser Auffassung berufen sich zu Unrecht darauf, daß bei ehelichen Kindern die Gewährung einer Waisenrente die bestehenden familienrechtlichen Unterhaltsansprüche beeinträchtige. Zwar kann das eheliche Kind Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern oder gegen andere Verwandte stets nur geltend machen, wenn es im Sinne des § 1602 BGB unterhaltsbedürftig, d. h. auch bei Berücksichtigung etwaiger Einkünfte aus Vermögen oder eigener Arbeit außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Soweit seine Bedürftigkeit durch eine Waisenrente beseitigt oder gemindert wird, entfällt der familienrechtliche Unterhaltsanspruch. Die subsidiären Unterhaltsansprüche des unehelichen Kindes nach dem Tode seines Vaters sind aber genauso geregelt: Im Verhältnis des unehelichen Kindes zu seiner Mutter und zu deren Verwandten findet § 1602 BGB uneingeschränkt Anwendung (§ 1705 BGB). Wenn für den Anspruch nach § 1712 BGB wegen der überwiegend schuldrechtlichen Gestaltung des Unterhaltsanspruches des unehelichen Kindes gegen seinen Erzeuger etwas anderes gilt, so liegt hierin bei sachgerechter Betrachtung keine Bevorzugung, weil dieser Anspruch des unehelichen Kindes das Äquivalent des Erb- und Pflichtteilsrechtes der ehelichen Kinder darstellt, für das es ebenfalls nicht auf die Bedürftigkeit des Berechtigten ankommt.
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c) Aus den gleichen Erwägungen kann der Auffassung des Bundesministers der Justiz nicht gefolgt werden, die Anrechnung der Waisenrente sei gerechtfertigt, weil anderenfalls die Erben des unehelichen Vaters schlechter gestellt würden als der Erblasser. Außerdem dienen die dem unehelichen wie dem ehelichen Vater zu seinen Lebzeiten zufließenden Kinderzuschüsse, Kinderzuschläge oder Kindergelder dem Zweck, dem Unterhaltspflichtigen selbst die Erfüllung seiner Unterhaltspflicht zu erleichtern oder die besonderen Lasten der mehrere Kinder betreuenden Familie auszugleichen (vgl. BVerfGE 22, 163 [169 ff.]). Der Anspruch auf diese Kinderbeihilfen steht daher dem Unterhaltspflichtigen selbst oder der das Kind betreuenden Familie zu, nicht aber dem unterhaltsberechtigten Kind. Solche Leistungen sind in dem hier interessierenden Zusammenhang von vornherein nicht mit der Waisenrente aus der Sozialversicherung vergleichbar. Diese Rente wird unbeschadet ihrer allgemeinen Unterhaltsersatzfunktion (BVerGE 17, 1 [10]) nicht gezahlt, um die auf Verwandtschaft beruhenden konkreten Unterhaltspflichten bestimmter Personen zu erfüllen und diese Unterhaltspflichtigen entsprechend zu entlasten. Der Anspruch auf Waisenrente ist vielmehr sowohl beim ehelichen wie beim unehelichen Kind, wie auch bei anderen rentenberechtigten Kindern unabhängig davon, ob die Waise bei Lebzeiten des Vaters einen Unterhaltsanspruch gegen ihn geltend machen konnte oder ob dies nicht der Fall war, weil die Waise über genügend eigenes Einkommen verfügte, der Vater nicht zahlungsfähig war oder weil es sich um ein Stief- oder Pflegekind handelt.
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d) Gewiß ist dem Bundesminister der Justiz darin zuzustimmen, daß die gleichzeitige Gewährung des Anspruchs aus § 1712 BGB und der Waisenrente die derzeit noch bestehende Benachteiligung der unehelichen Kinder gegenüber den ehelichen nicht völlig auszugleichen vermag. Hiermit läßt sich jedoch die Anrechnung der Waisenrente nicht rechtfertigen. Denn jedenfalls kommt es der Verwirklichung des Verfassungszieles näher, wenn wenigstens in bezug auf die Stellung des unehelichen Kindes nach dem Tode seines Vaters ein Schritt getan wird, um seine vermögensrechtliche Lage der des ehelichen Kindes anzugleichen.
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4. Im Schrifttum und in der Rechtsprechung wird es nicht selten für erforderlich angesehen, eine Regelung zugunsten des unehelichen Kindes neben der Prüfung an Art. 6 Abs. 5 GG noch besonders an Art. 6 Abs. 1 GG zu messen und nur dann für verfassungsgemäß zu erklären, wenn sie das uneheliche Kind nicht besser stellt als das eheliche Kind. Diese Betrachtung beruht auf einem unzutreffenden Ausgangspunkt, nämlich auf der Vorstellung einer Antinomie der beiden Verfassungsnormen und der Annahme, daß eine im Rahmen des Art. 6 Abs. 5 GG angemessene oder erforderliche Begünstigung des unehelichen Kindes den Schutz der legitimen Familie i.S. des Art. 6 Abs. 1 GG beeinträchtigen könne. Die Familie i.S. des Art. 6 Abs. 1 GG umfaßt auch das uneheliche Kind; so unterliegen etwa die Beziehungen des unehelichen Kindes zu seiner Mutter und zu deren Verwandten zweifellos dem Schutze dieser Vorschrift (vgl. BVerfGE 8, 210 [215]; 24, 119 [135]). Aber auch soweit Art. 6 Abs. 1 GG den Schutz der Ehe zum Gegenstand hat, besteht bei richtigem Verständnis kein Gegensatz zwischen den beiden Verfassungsnormen, der im Konfliktsfall zu einer Entscheidung darüber zwingen würde, welche von ihnen höher zu bewerten wäre (vgl. auch BVerfGE 3, 225 [241 f.]).
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Die vom Verfassunggeber vorausgesetzte ungünstige Ausgangsposition des unehelichen Kindes beruht gerade darauf, daß nach den in Art. 6 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Wertvorstellungen die Ehe die einzige legitime Form umfassender Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau ist und die gesunde körperliche und seelische Entwicklung des Kindes grundsätzlich das Geborgensein in der nur in der Ehe verwirklichten vollständigen Familiengemeinschaft mit Vater und Mutter voraussetzt (vgl. BVerfGE 22, 163 [173]; 24, 119 [149]). Gerade weil das uneheliche Kind durch das Fehlen dieser Familiengemeinschaft von vornherein benachteiligt ist, will der Verfassunggeber mit den Mitteln der Rechtsordnung und sonstiger staatlicher Vorsorge einen gewissen Ausgleich für diesen Mangel schaffen: Das Kind soll so wenig wie möglich unter dem Verhalten seiner Erzeuger und einer daraus erwachsenden gesellschaftlichen Diskriminierung leiden; es soll als Wesen mit eigener Menschenwürde und mit eigenem Recht auf Entfaltung seiner Persönlichkeit möglichst die gleichen Chancen für seine Entwicklung und für seine Stellung in der Gesellschaft erhalten wie ein eheliches Kind (vgl. BVerfGE 24, 119 [144, 149]). Daher bilden zwar die Entwicklungsbedingungen des ehelichen Kindes und dessen gesellschaftliche Stellung insgesamt den Richtpunkt oder das Modell für die gemäß Art. 6 Abs. 5 GG zu treffenden Maßnahmen; es wäre aber verfehlt, jede einzelne Regelung isoliert zu betrachten. Vielmehr ist die Gesamtsituation maßgeblich (vgl. BVerfGE 17, 280 [Leitsatz und 283 f.]; 22, 163 [173]). Der richtige Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung ergibt sich somit bereits aus Art. 6 Abs. 5 GG, ohne daß es einer Heranziehung des Art. 6 Abs. 1 GG bedarf; so ist das Bundesverfassungsgericht auch in der genannten Entscheidung (BVerfGE 17, 280) verfahren.
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Im übrigen folgt aus den früheren Ausführungen, daß auch bei ungeschmälertem Nebeneinander des Anspruchs aus § 1712 BGB und der Waisenrente das uneheliche Kind nicht besser steht als das eheliche Kind. Denn der Anspruch aus § 1712 BGB kann wegen § 1712 Abs. 2 praktisch nur durchgesetzt werden, wenn überhaupt ein Nachlaß vorhanden ist. Ist dies aber der Fall, so erhält das uneheliche Kind normalerweise (wenn das eheliche Kind zu den Erben gehört) wertmäßig höchstens die Hälfte des Betrages, den das erbberechtigte eheliche Kind bekommt, im Ausnahmefall (wenn das eheliche Kind auf den Pflichtteil gesetzt ist) höchstens den gleichen Betrag wie das eheliche Kind.
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5. Gebietet Art. 6 Abs. 5 GG danach grundsätzlich, die Waisenrente nicht auf den verlängerten Unterhaltsanspruch des § 1712 BGB anzurechnen, so fragt sich, ob dies nur bis zum Zeitpunkt der Vollendung des 16. Lebensjahres oder auch für das 17. und 18. Lebensjahr des unehelichen Kindes gilt. Die Unterhaltsansprüche des unehelichen Kindes für die beiden genannten Zeiträume sind verschieden gestaltet. Nach der ursprünglichen Fassung des § 1708 BGB endete der Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes grundsätzlich mit der Vollendung des 16. Lebensjahres. Das Familienrechtsänderungsgesetz vom 11. August 1961 (BGBl. I S. 1221) hat zusätzlich einen Unterhaltsanspruch für das 17. und 18. Lebensjahr geschaffen, jedoch mit der Einschränkung, daß auf Verlangen des Vaters eigenes Einkommen des Kindes zu berücksichtigen ist, soweit dies der Billigkeit entspricht (§ 1708 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BGB; s. dazu BVerfGE 17, 280 [283 ff.]). Der Sinngehalt des § 1708 Abs. 1 Satz 3 BGB legt es nahe, auch die Bezüge aus einer Waisenrente als "Einkommen" des Kindes i. S. der Vorschrift anzusehen (vgl. Göppinger, a.a.O., Rdnr. 118 zu § 1708). Die Entscheidung hierüber betrifft jedoch die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts, die Sache der zuständigen Gerichte und vom Bundesverfassungsgericht nur beschränkt nachprüfbar ist. Wenn ein Gericht diese Frage bejaht, so muß es bei der Entscheidung darüber, ob die Berücksichtigung der Rente zu Ungunsten des Kindes nach den Umständen des Einzelfalles der Billigkeit entspricht, die Einwirkung der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 5 GG beachten. Hierbei hat es zu berücksichtigen, daß das uneheliche Kind insgesamt vermögensrechtlich wesentlich schlechter steht als das eheliche, besonders daß es nur dann mittelbar am Nachlaß des Vaters beteiligt wird, wenn es bei Eintritt des Erbfalles noch nicht 18 Jahre alt war. Danach wird eine Anrechnung der Waisenrente in der Regel nicht der Billigkeit entsprechen.
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