Beschluß | |
des Plenums des Bundesverfassungsgericht vom 11. Juni 1980
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- 1 PBvU 1/79 - | |
in dem Verfahren über die Vorlage des Ersten Senats vom 16. Januar 1979 - 1 BvR 174/78 -.
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Entscheidungsformel:
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§ 554 b Abs. 1 der Zivilprozeßordnung in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Rechts der Revision in Zivilsachen vom 8. Juli 1975 (Bundesgesetzbl. I S.1863) ist nicht dahin auszulegen, daß die Annahme von Revisionen, die im Endergebnis Aussicht auf Erfolg besitzen, abgelehnt werden darf.
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Gründe: | |
Gegenstand des Plenarverfahrens ist die Frage, ob sich aus dem Grundgesetz Bestimmungsgründe und Grenzen für die Auslegung des § 554b der Zivilprozeßordnung (ZPO) ergeben.
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Das Gesetz zur Änderung des Rechts der Revision in Zivilsachen vom 8. Juli 1975 (BGBl. I S. 1863) - im folgenden: Änderungsgesetz 1975 - hat den Zugang zum Revisionsgericht in Zivilsachen neu geregelt. Kernstück der Neuregelung sind der neu gefaßte § 546 ZPO und der neu geschaffene § 554b ZPO. Sie lauten:
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§ 546
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(1) In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, bei denen der Wert der Beschwer vierzigtausend Deutsche Mark nicht übersteigt, und über nichtvermögensrechtliche Ansprüche findet die Revision nur statt, wenn das Oberlandesgericht sie in dem Urteil zugelassen hat. Das Oberlandesgericht läßt die Revision zu, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. das Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Das Revisionsgericht ist an die Zulassung gebunden. | |
(2) In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche setzt das Oberlandesgericht den Wert der Beschwer in seinem Urteil fest. Das Revisionsgericht ist an die Wertfestsetzung gebunden, wenn der festgesetzte Wert der Beschwer vierzigtausend Deutsche Mark übersteigt.
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§ 554b
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(1) In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, bei denen der Wert der Beschwer vierzigtausend Deutsche Mark übersteigt, kann das Revisionsgericht die Annahme der Revision ablehnen, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
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(2) Für die Ablehnung der Annahme ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen erforderlich.
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(3) Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß ergehen.
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Die nach Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen vom 15. August 1969 (BGBl. I S. 1141) - im folgenden: Entlastungsgesetz 1969 - eröffnete Möglichkeit, unbegründete Revisionen ohne mündliche Verhandlung und ohne Begründung durch einstimmigen Beschluß zurückzuweisen, besteht nach dem Änderungsgesetz 1975 nicht mehr.
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II.
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1. a) Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluß vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - entschieden, daß § 554b Abs. 1 ZPO in der aus den Gründen der Entscheidung sich ergebenden Auslegung mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BVerfGE 49, 148 ff.). In den Gründen ist ausgeführt: Rechtsstaatsprinzip und Gleichheitssatz verwehrten eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß Revisionen in nichtgrundsätzlichen Rechtssachen, bei denen der Wert der Beschwer 40.000 DM übersteigt, im Interesse der Arbeitsentlastung des Revisionssenats durch Nichtannahme erledigt werden dürfen, wenn eine Überprüfung im Annahmeverfahren ergibt, daß das Rechtsmittel im Endergebnis Erfolg verspricht.
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b) In seinem Beschluß vom 16. Januar 1979 - 2 BvR 1148/76 - (BVerfGE 50, 115) hat der Zweite Senat ausgesprochen, daß die Annahme einer Revision ohne grundsätzliche Bedeutung nur dann abgelehnt werden dürfe, wenn das Rechtsmittel nach der in diesem Stadium gebotenen Prüfung im Endergebnis keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Senat weist es als verfassungswidrig zurück, daß sich die Prüfung der Erfolgsaussicht darauf beschränken dürfe, ob ein schwerwiegender Verfahrensfehler vorliege oder ob die vom Berufungsgericht gezogenen rechtlichen Folgerungen im Ergebnis mindestens vertretbar gewesen seien. Die Erfolgsaussicht in diesem Sinne fehle auch dann, wenn zwar auf Grund revisionsrechtlich relevanter Fehler an sich die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung in der Sache geboten wäre, dies jedoch nicht zu einem anderen Ergebnis des Rechtsstreits führte. In dem Beschluß vom 17. Januar 1979 - 2 BvR 1144/76 - wird diese Auffassung bekräftigt.
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2. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat im Rahmen des bei ihm anhängigen Verfahrens - 1 BvR 194/78 - mit Beschluß vom 16. Januar 1979 das Plenum angerufen. Er stimmt dem Zweiten Senat darin zu, daß die Entscheidung über die Annahme einer aussichtsreichen Revision nicht von der jeweiligen Arbeitsbelastung eines Senats des Revisionsgerichts abhängig gemacht werden dürfe. Der Erste Senat will aber von der Rechtsauffassung des Zweiten Senats in folgenden Punkten abweichen:
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a) Es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, die gesetzlich vorgesehene Befugnis des Revisionsgerichts, die Annahme von Revisionen ohne grundsätzliche Bedeutung abzulehnen, auf Sachen zu beschränken, die im Endergebnis keine Aussicht auf Erfolg haben. Verfassungsrechtlich sei eine Nichtannahme derartiger Revisionen beispielsweise auch dann statthaft, wenn das Revisionsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß schwerwiegende Verfahrensfehler nicht vorliegen und daß die vom Berufungsgericht gezogenen rechtlichen Folgerungen im Ergebnis mindestens vertretbar gewesen sind.
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b) Falls gleichwohl eine Einschränkung der Ablehnungsbefugnis des Revisionsgerichts in dem vom Zweiten Senat genannten Sinn verfassungsrechtlich geboten sein sollte, könne diesem Gebot nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 554b Abs. 1 ZPO, sondern nur durch eine (Teilnichtigerklärung) Nichtigerklärung dieser Vorschrift Rechnung getragen werden.
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3. Der Zweite Senat hat am 29. März 1979 auf die Anfrage des Ersten Senats gemäß § 47 Abs. 2 GOBVerfG beschlossen, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten.
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Mithin ist über die streitige Rechtsauffassung vom Plenum des Bundesverfassungsgerichts zu entscheiden, § 16 Abs. 1 BVerfGG.
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III.
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1. Beide Senate stimmen darin überein, daß § 554b ZPO nach herkömmlichen Auslegungsregeln eine Auslegung gestattet, wonach das Revisionsgericht mit Rücksicht auf die jeweilige Arbeitsbelastung des Spruchkörpers die Annahme einer Revision ablehnen darf. Ein solches Auslegungsergebnis stünde indes im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip und den allgemeinen Gleichheitssatz insoweit mit dem Grundgesetz nicht im Einklang, als es dazu führte, daß bei Revisionen, die nach der in diesem Stadium gebotenen Prüfung Aussicht auf Erfolg im Endergebnis besitzen, die Annahme des Rechtsmittels aus Gründen der jeweiligen Arbeitsbelastung abgelehnt werden darf. Übereinstimmung besteht ferner darin, daß dem Gesichtspunkt der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels bei der Entscheidung über seine Nichtannahme erhebliches Gewicht zukommt zumindest in dem Sinne, daß mangelnde Erfolgsaussicht einen sachgerechten Grund bildet, seine Annahme abzulehnen.
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2. Die von der Rechtsauffassung des Zweiten Senats abweichende Auffassung gründet sich auf folgende Erwägungen:
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a) Die Festlegung auf eine bestimmte Auslegung - und die damit verbundene Verkürzung der Auslegungsbefugnisse der Fachgerichte, zumal des obersten Fachgerichts - setze den Nachweis voraus, daß alle anderen Auslegungsvarianten verfassungswidrig sind. Ein solcher Nachweis sei hier schwerlich zu erbringen. Gerade die inhaltliche Unbestimmtheit der strittigen Vorschrift lasse mancherlei Auslegungsvarianten und Anwendungsvarianten als denkbar erscheinen.
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So werde nach Mitteilung seines Präsidenten § 554b ZPO vom Bundesgerichtshof im Bereich der fakultativen Annahmeverweigerung dahin ausgelegt und angewendet, daß Revisionen dann angenommen würden, wenn dem Berufungsgericht ein schwerwiegender Verfahrensfehler unterlaufen ist oder wenn die vom Berufungsgericht aus den tatsächlichen Feststellungen gezogenen rechtlichen Folgerungen im Ergebnis nicht vertretbar sind. Jedenfalls diese Auslegung des § 554b ZPO sei möglich. Der Wortlaut der Norm lasse sie offensichtlich zu. Sie entspreche auch dem Sinn der Regelung, die Korrektur unerträglicher Fehlurteile im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit zu ermöglichen, ohne dadurch das Fachgericht, wie bei der Streitwertrevision, zu überlasten. Sie stimme insbesondere, wie die Entstehungsgeschichte eindeutig belege, mit den gesetzgeberischen Absichten voll überein, wenn dabei von der zusätzlichen, verfassungswidrigen Möglichkeit abgesehen werde, die Norm als Mittel der Selbststeuerung der Arbeitslast einzusetzen. In dieser Auslegung füge sich die Norm auch in den Gesamtzusammenhang der Neuregelung des Revisionszugangs ein: Der gewollte Vorrang der mit der Grundsatzrevision verfolgten Revisionszwecke bleibe gewahrt. Ferner werde vermieden, daß im Vergleich zu vermögensrechtlichen Streitigkeiten unter 40.000 DM eine allzu krasse und deshalb wenig befriedigende Chancenungleichheit im Revisionszugang eintrete. Diese Auslegung werde nicht nur im Schrifttum, sondern vor allem auch von dem zuständigen obersten Fachgericht vertreten.
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Ob diese Auslegung die beste aller denkbaren sei, könne dahinstehen. Jedenfalls sei sie möglich. Dann aber bleibe nur zu prüfen, ob sie den verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge. Dies sei ebenso zu bejahen wie bei einer entsprechenden Regelung, die der Gesetzgeber seinerseits im Rahmen der ihm zustehenden weitgehenden Freiheit in der Ausgestaltung des Revisionszugangs habe treffen können (BVerfGE 19, 323 [328]). Die Gründe, die zur Verfassungswidrigkeit einer Ablehnungsbefugnis nach Maßgabe der Arbeitsbelastung führten, träfen hier gerade nicht zu. Die Annahmeentscheidung sei allein von der Sache selbst, nämlich von Art und Ausmaß der Fehlerhaftigkeit des Berufungsurteils, abhängig. Sie sei für die Parteien weitgehend kalkulierbar. Sie führe nicht zu einer sachwidrigen Verschiedenbehandlung; denn es dürfte keinesfalls sachwidrig sein, zwischen Berufungsurteilen mit schweren formellen oder materiellen Rechtsverstößen und sonstigen Berufungsurteilen zu unterscheiden und die zweite Gruppe im Ergebnis ebenso zu behandeln wie sämtliche (nichtgrundsätzlichen) nichtvermögensrechtlichen und alle vermögensrechtlichen Streitigkeiten unterhalb der Wertgrenze.
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Verfassungsrechtlich problematisch könne diese Auslegungsvariante allenfalls deshalb sein, weil sie dem Revisionsgericht ein eingeschränktes Ermessen belasse, und weil die Annahmekriterien - schwerwiegende Verfahrensfehler und unvertretbares Ergebnis - unbestimmte Rechtsbegriffe seien. Der verbleibende Ermessenspielraum rechtfertige aber kein verfassungsrechtliches Verdikt. Denn es genüge, daß die Entscheidung über die Ablehnung eine Zweidrittel-Mehrheit voraussetze und daß der Revisionskläger anhand sachbezogener Kriterien kalkulieren könne, wann er mit einer Annahme oder Ablehnung zu rechnen habe. Die wünschenswerte Präzisierung dieser Kriterien könne durch die Rechtsprechung des Revisionsgerichts erfolgen.
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Da mithin diese Auslegung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei, könne eine verbindliche Festlegung auf die vom Zweiten Senat entwickelte Auslegung des § 554b ZPO nicht geboten sein.
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b) Falls gleichwohl eine Einschränkung der Ablehnungsbefugnis in dem vom Zweiten Senat dargelegten Sinn verfassungsrechtlich geboten wäre, könne diesem Gebot nicht durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 554b Abs. 1 ZPO Rechnung getragen werden; vielmehr müsse die Norm dann für (teilnichtig) nichtig erklärt werden.
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Die Auslegung des Zweiten Senats überschreite die Grenzen, die dem Verfassungsgericht bei verfassungskonformer Normauslegung gezogen seien. Denn sie setze an die Stelle der vom Gesetzgeber geschaffenen Regelung inhaltlich eine andere. Damit verfehle sie das mit der Regelung verfolgte gesetzgeberische Ziel in einem wesentlichen Punkt.
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Dieses Auslegungsergebnis laufe offenkundig den Absichten des Gesetzgebers zuwider, wie die parlamentarische Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergebe. Danach habe die Ausweitung über die Grundsatzrevision hinaus das Revisionsgericht nicht dazu nötigen sollen, wie bisher sämtliche Revisionen mit Ausnahme der aussichtslosen anzunehmen; sie habe vielmehr den Zweck, ihm die Korrektur von Berufungsurteilen mit schwerwiegenden Rechtsfehlern zu ermöglichen. Dies entspreche nicht nur den subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten. Es gebe im vorliegenden Fall objektive Anhaltspunkte dafür, was dem "objektivierten Willen des Gesetzgebers" eindeutig gerade nicht entspreche: nämlich den Rechtszustand wiederherzustellen, wie er nach dem Entlastungsgesetz 1969 bestanden habe und wie er durch den in der zweiten Lesung des Änderungsgesetzes 1975 ausdrücklich abgelehnten Änderungsantrag erstrebt worden sei. Diese Ablehnung, die einstimmige Verabschiedung des Gesetzes in dritter Lesung und der Zweck des Gesetzes, eine grundsätzliche Neuordnung des Revisionszugangs zu schaffen, die die Interimslösung nach dem Entlastungsgesetz gerade nicht zur Dauerlösung machte, stünden dem Versuch entgegen, gleichsam durch die Hintertür wieder die Streitwertrevision, verbunden mit der Beschlußverwerfung nach dem Entlastungsgesetz 1969, einzuführen. Der Gesetzgeber habe sich nach jahrzehntelangen Auseinandersetzungen entschlossen, der Grundsatzrevision den Vorrang einzuräumen. Es müsse wie eine Deformation dieser Entscheidung wirken, wenn im Wege einer verfassungskonformen Auslegung wieder die Gleichrangigkeit der Revisionszwecke herbeigeführt werde. Eine solche Auslegung befriedige um so weniger, als sie im Ergebnis wieder im vollen Umfang die Verschiedenbehandlung der vermögensrechtlichen Streitigkeiten unterhalb und oberhalb des Beschwerdewertes herstelle, wie sie unter dem Entlastungsgesetz bestanden habe. Diese erhebliche Bevorzugung der Streitigkeiten oberhalb einer Wertgrenz von 40.000 DM entspreche schwerlich einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise.
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B. | |
Die in den Verfahren 1 BvR 194/78, 2 BvR 831/76 und 2 BvR 1144/76 abgegebenen Stellungnahmen und Äußerungen waren Gegenstand der Beratungen des Plenums.
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Nach Auffassung des Plenums des Bundesverfassungsgerichts darf § 554b Abs. 1 ZPO von Verfassungs wegen nicht dahin ausgelegt werden, daß die Annahme von Revisionen, die nach der in diesem Stadium gebotenen Prüfung Aussicht auf Erfolg im Endergebnis besitzen, abgelehnt werden darf. Die Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht, die zu diesem Ergebnis führt, überschreitet nicht die Grenzen verfassungskonformer Auslegung.
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I.
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1. Hauptanliegen des Änderungsgesetzes 1975 ist es, über eine Neugestaltung des Zugangs zur Revisionsinstanz das Revisionsgericht zu entlasten. Zu diesem Zweck soll die Eröffnung des Revisionsrechtszugs stärker als bislang an den allgemeinen Revisionszwecken der Wahrung der Rechtseinheit und der einheitlichen Rechtsfortbildung ausgerichtet sein.
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Die Vorschriften der §§ 546, 554b ZPO bewirken eine grundlegende Veränderung des bislang geltenden gesetzlichen Systems des Revisionszugangs.
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a) Sie beseitigen für Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche den bisherigen Grundsatz des - jenseits der Revisionsmindestsumme - "freien", das heißt von keinem Gericht, sei es dem Vorderrichter, sei es dem Revisionsrichter, kontrollierten Zugangs zum Revisionsgericht. Grundprinzip des Revisionszugangs ist nunmehr die richterliche Zugangskontrolle; sie ist im Bereich der vermögensrechtlichen Streitsachen mit einem Wert der Beschwer von über 40.000 DM allerdings nur eine Kontrollmöglichkeit. Sachlicher Maßstab dieser Zugangskontrolle ist neben der Abweichung eines Urteils von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, auf der es beruhen muß, nunmehr weithin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, § 546 Abs. 1, § 554b Abs. 1 ZPO.
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b) Die Herrschaft dieses Maßstabs wird dadurch eingeschränkt, daß nach § 554b Abs. 1 ZPO die Revision in vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Wert der Beschwer von über 40.000 DM auch dann eröffnet ist, wenn die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung aufweist. Doch kann in diesem Fall das Revisionsgericht die Annahme der Revision ablehnen.
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In den parlamentarischen Beratungen des Änderungsgesetzes 1975 (vgl. Deutscher Bundestag, Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks 7/3596) und im Schrifttum (vgl. z.B. Prütting, Die Zulassung der Revision, 1977, S. 27 ff.; Kaempfe, Der Zugang zum Revisionsgericht in Zivilsachen, insbesondere die Annahmerevision, Diss 1979, S. 87 ff.) ist die Regelung des § 554b ZPO insoweit als "Annahmerevision" und als "Ermessensannahme" gekennzeichnet worden; das Revisionsgericht müsse bei grundsätzlicher Bedeutung die Revision "annehmen", im übrigen "dürfe es annehmen", bestehe eine "Zugriffsmöglichkeit". Der Bundesminister der Justiz erblickt darin - zurückhaltender - ein angelsächsisches "Element der Annahme" (vgl. Deutscher Bundestag, 7. Wahlperiode, StenBer S. 12006).
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Die Zivilprozeßordnung selbst besagt - im Unterschied etwa zur Regelung in § 93a Abs. 1, 4 BVerfGG - an keiner Stelle, daß Revisionen (positiv) der "Annahme" bedürften; sie spricht in § 554b Abs. 1 und 2, § 555 davon, daß ihre "Annahme abgelehnt" werden kann, drückt sich also negativ aus. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung handelt es sich nicht um eine Annahmebefugnis oder Zugriffsbefugnis, sondern um eine Ablehnungsbefugnis. Revisionen der in Rede stehenden Art sind, falls die übrigen Voraussetzungen hierfür gegeben sind, ohne weiteres statthaft und zulässig. Sie bedürfen daneben nicht erst oder zusätzlich eines Annahmeantrags oder einer irgendwie gearteten (positiven) Annahmeentscheidung, um ihre Sachbehandlung zu eröffnen. Das "Element der Annahme", das die Regelung enthält, besteht darin, daß das Revisionsgericht - anders als bislang im Rahmen der Wertrevision - die Möglichkeit erhalten hat, eine Zugangskontrolle anzustellen.
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Die entscheidende Erkenntnis aus diesem Regelungszusammenhang ist, daß nicht für eine - vom Gesetz nicht vorgesehene - Annahme, sondern für die Ablehnung der Revision besondere Gründe vorliegen und erwogen werden müssen. Liegen solche Gründe nicht vor oder macht das Revisionsgericht von seiner Kontrollbefugnis keinen Gebrauch, darf die Annahme nicht abgelehnt werden.
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c) § 554b Abs. 1 ZPO räumt dem Revisionsgericht ein Ablehnungsermessen ein. Tatbestandliche Voraussetzung dieses Ermessens ist neben der vermögensrechtlichen Natur des Anspruchs und der Höhe des Wertes der Beschwer, daß die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt. Die möglichen Ermessensgründe für eine Nichtannahmeentscheidung sind in der Vorschrift selbst nicht näher bestimmt. Ihre Entstehungsgeschichte legt die Annahme nahe, daß der Kreis möglicher Ablehnungsgründe bewußt offen gehalten werden sollte. Darauf deuten einmal Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren hin, wonach mit der getroffenen Regelung dem Bundesgerichtshof ein Mittel der Selbststeuerung seiner Arbeitsbelastung an die Hand gegeben werden solle, das, wenngleich pflichtgemäß und mit Verantwortung, so doch flexibel gehandhabt werden könne, um die Arbeitsbelastung der Arbeitskapazität anzupassen und diese in erster Linie auf rechtsgrundsätzliche Probleme, die überschießende Arbeitskraft sodann auf die Korrektur solcher Urteile lenken zu können, die auf schweren Rechtsverstößen beruhen (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 7/3596, S. 4, 7, 8; die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Emmerlich, StenBer., a.a.O., S. 12002f, und des Bundesministers der Justiz, a.a.O., S. 12006). Zum anderen deutet darauf hin die Ablehnung des Änderungsantrages (BTDrucks. 7/3644 vom 15. Mai 1975) in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs (StenBer., a.a.O., S. 12002). Nach diesem Änderungsantrag wäre es eine weitere tatbestandliche Voraussetzung des Ablehnungsermessens gewesen, daß "eine Gesetzesverletzung nicht vorliegt, auf der das Urteil beruhen kann"; auch die Rüge von Revisionsgründen im Sinne des § 551 ZPO sollte danach eine Nichtannahme der Revision verwehren (vgl. auch die Ausführungen des Abg. Dr. Hauser, a.a.O., S. 12000).
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d) Die unterschiedliche Regelung in bezug auf Rechtssachen mit grundsätzlicher Bedeutung und solche ohne diese Bedeutung im Rahmen des § 554b ZPO läßt den Schluß zu, daß die Ermessensregelung in erster Linie getroffen worden ist, um dem Revisionszweck der Einzelfallgerechtigkeit Raum zu geben. Denn die allgemeinen Revisionszwecke sollen über die Divergenzrevision und die Grundsatzrevision gewahrt werden. Zugleich wird damit die Möglichkeit einer Kontrolle gegenüber den Vordergerichten eröffnet.
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2. Anders als den Zugang zum Revisionsgericht hat das Änderungsgesetz 1975 die Eigenart des Rechtsmittels der Revision und den Verfahrensgang nicht entscheidend verändert. Der Gesetzgeber der Zivilprozeßordnung hat die Revision als echtes Rechtsmittel der Parteien ausgestaltet. Auf die Revision hin wird der Fall der Parteien entschieden - nicht "die Rechtsfrage", wie zum Beispiel nach § 138 Abs. 1 GVG, nicht über "die Rechtsauffassung", wie nach § 16 Abs. 1 BVerfGG. Das dem Revisionskläger ungünstige, rechtsfehlerhafte Urteil soll beseitigt werden (vgl. schon die Begründung des Regierungsentwurfs der CPO, C. Hahn, Hrsg., Die gesamten Materialien zur Civilprozeßordnung, in: Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, 2. Bd., 1. Abtlg. 1880, S. 142). Die Einleitung des Verfahrens ist fristgebunden in die Hände der Parteien, grundsätzlich aber nicht in die Hände eines Vertreters des öffentlichen Interesses oder in eine Vorlagebefugnis des Vordergerichts gelegt. Die Parteien bestimmen den Gegenstand des Verfahrens; Prüfung und Entscheidung erfolgen in den Grenzen der von ihnen gestellten Anträge (§ 559 Abs. 1 ZPO). Ihnen obliegen Begründungslasten, Substantiierungslasten und Rügelasten (§§ 553, 554, 556, 559 Abs. 2 Satz 2, § 561 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Sie können das Rechtsmittel zurücknehmen und den Rechtsstreit dadurch beenden, mag auch ein noch so großes öffentliches Interesse an der Klärung der Rechtsfragen aus Anlaß ihres Falles bestehen. Die Revision ist nur zulässig, wenn die sie einlegende Partei durch das angegriffene Urteil beschwert ist. Eine reformatio in peius ist dem Revisionsgericht verwehrt (§ 559 Abs. 1 ZPO). Der Eintritt der Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung wird durch die Einlegung der Revision gehemmt (mit Konsequenzen für die Vollstreckung, § 705 Satz 2, §§ 708 ff., 717 Abs. 2 und 3 ZPO). Auch die Revisionsentscheidung bewirkt Rechtskraft grundsätzlich nur zwischen den Parteien. Die Kosten der Revision sind Kosten des Rechtsstreits und als solche gemäß § 91 ZPO von der unterliegenden Partei zu tragen; die Kosten einer ohne Erfolg eingelegten Revision fallen nach § 97 ZPO der Partei zur Last, die das Rechtsmittel eingelegt hat.
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3. Die Konzentrierung der funktionellen Zuständigkeit für Revisionen, die Begrenzung des Rechts, das revisibel ist (§ 549 ZPO), die Bindung des Revisionsgerichts an die Zulassung durch das Oberlandesgericht (§ 546 Abs. 1 Satz 3 ZPO) und seine Verpflichtung zur Sachbehandlung aller Revisionen mit grundsätzlicher Bedeutung in Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, bei denen der Wert der Beschwer 40.000 DM übersteigt (§ 554b Abs. 1 ZPO), dienen der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Rechtsfortbildung und damit dem Allgemeininteresse.
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Der Zweck der Revision, den Parteien zu ihrem Recht im Einzelfall zu verhelfen, ist zurückgeschnitten auf die Prüfung der Richtigkeit der rechtlichen Elemente der angefochtenen Entscheidung unter Bindung an die im angegriffenen Urteil festgestellten Tatsachen (§ 561 Abs. 2 ZPO). Daraus kann indes nicht der Schluß gezogen werden, die Revision diene - verglichen mit ihren weiteren Zwecken - nur in zweiter Linie der Wahrung der Einzelfallgerechtigkeit. Die Nachprüfungsbefugnis des Revisionsgerichts ist zwar begrenzt; soweit sie aber eröffnet ist, ist sie gerade auch zu dem Zweck gegeben, die rechtliche Richtigkeit der Entscheidung des Falles zu gewährleisten. Dieser Zweck erhellt unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung selbst, nämlich aus der dargelegten Ausgestaltung der Revision als eines Rechtsmittels der Parteien im Dienste der Entscheidung ihres Falles. Und das gilt gleichermaßen für die Zulassungsrevision wie für die Wertrevision. Das heißt nicht, daß die übrigen Revisionszwecke nur nachgeordnete Bedeutung hätten. Denn auf dieser Ebene - des einmal eröffneten Zugangs zum Revisionsgericht - besteht keine grundsätzliche Gegenläufigkeit der Zwecke; sie gehen Hand in Hand: aus Anlaß der Einzelfallentscheidung wird die Einheitlichkeit der Rechtsprechung und Rechtsfortbildung angestrebt und die Kontrollfunktion gegenüber den Vordergerichten wahrgenommen. Der Weg zu diesem Ziel soll nach der gesetzlichen Regelung über die richtige Einzelfallentscheidung führen.
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Demgegenüber handelt es sich bei den Vorschriften, die festlegen, gegen welche Arten von Entscheidungen das Rechtsmittel der Revision eröffnet ist, um eine von Gesichtspunkten der Justizgewährung geprägte Regelung. Durch Zugangsbeschränkungen wird auf dieser Ebene das Anliegen genereller Gewährleistung verstärkter Einzelfallgerechtigkeit dem Anliegen genereller Gewährleistung allgemeiner Revisionszwecke geopfert. Es wäre indes ein Fehlschluß, daraus zu folgern, daß auch insoweit, als das Rechtsmittel den Beteiligten einmal eröffnet ist, die Gewährleistung der Einzelfallgerechtigkeit den übrigen Rechtsmittelzwecken hintangesetzt sei oder hintangesetzt werden dürfe. Die für die gesetzgeberische Wertung bei der Ausgestaltung des Revisionszugangs maßgeblichen Kriterien lassen sich nicht auf den durch diese Regelung einmal eröffneten Rechtszug und zumal nicht auf die Entscheidung des Einzelfalles übertragen (vgl. Prütting, a.a.O., S. 93); dies jedenfalls dann nicht, wenn das Rechtsmittel, wie die Revision der Zivilprozeßordnung, so ausgestaltet ist, daß in seiner Bezugsmitte die rechtlich richtige Einzelfallentscheidung steht.
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1. Nach dem Grundgesetz liegt es in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob er in bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten Rechtsmittelzüge einrichtet, welche Zwecke er damit verfolgt wissen will und wie er sie im einzelnen regelt.
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a) Aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ist auch für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten im materiellen Sinn die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten. Dieser muß die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes und eine verbindliche Entscheidung durch einen Richter ermöglichen. Eine Gewährleistung von Rechtsmittelzügen durch das Grundgesetz folgt indes hieraus nicht (vgl. auch BVerfGE 28, 21 [36], stRspr.). Sie ergibt sich auch nicht aus Art. 95 GG.
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b) Das Grundanliegen, das mit der Einrichtung von gerichtlichen Rechtsbehelfssystemen im weitesten Sinne verfolgt zu werden pflegt, ist zum einen, eine tendenziell bessere Gewähr der Einzelfallgerechtigkeit, das heißt - gemessen am jeweils anzuwendenden Recht - der Richtigkeit gerichtlicher Entscheidungen zu erzielen, und zum anderen, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, darunter auch der richterlichen Rechtsfortbildung, und dadurch die Einheit der Rechtsordnung institutionell zu sichern. Denn die Einheit der Rechtsordnung ist im Kern bedroht, wenn gleiches Recht ungleich gesprochen wird. Jedes Rechtsbehelfssystem ist zwar eingebettet in den Sinn aller Rechtsprechung, nämlich die verbindliche, verfahrensförmige Feststellung dessen, was, bezogen auf den Verfahrensgegenstand, rechtens ist. Darüber hinaus indes gibt es kein vorgegebenes Wesen speziell von Rechtsbehelfen, an das eine normative Ausgestaltung gebunden wäre. Entschließt sich der Gesetzgeber, einen Rechtsmittelzug einzurichten, so hat er weitgehende Freiheit, den Zugang zum Rechtsmittelgericht wie den Verfahrensgang nach seinen Zweckmäßigkeitsvorstellungen auszurichten. Er mag die Befassung der höheren Instanz in Form von Rechtsbehelfen der Beteiligten ermöglichen; dann vertraut er auch für die Wahrung der allgemeinen Rechtsmittelzwecke mehr auf die Privatinitiative als auf das Verhalten staatlicher Stellen. Er mag gerade im Hinblick auf die Wahrung der Rechtseinheit die Befassung höherer Instanzen im Wege von Vorlagebefugnissen der Ausgangsgerichte eröffnen, unabhängig von der Initiative der übrigen Verfahrensbeteiligten. Er mag den Zugang zum Rechtsmittelgericht nach Maßgabe allgemeiner Kriterien, wie eines Mindestwerts des Streitgegenstands oder der Beschwer oder der Difformität der Vorentscheidungen, oder nach Maßgabe der Bedeutung der einzelnen Rechtssache für das Allgemeininteresse eröffnen und je nachdem einen unkontrollierten Zugang oder Zugangskontrollen in Form von Zulassungsverfahren, Annahmeverfahren oder Ablehnungsverfahren durch den Vorderrichter oder durch den Rechtsmittelrichter vorsehen.
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2. Der Gesetzgeber hat im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit indes bestimmte verfassungsrechtliche Erfordernisse zu beachten, die immer eingreifen, wenn staatliche Gerichtsbarkeit wahrgenommen wird: so die Gewährleistungen der richterlichen Unabhängigkeit, des gesetzlichen Richters und des rechtlichen Gehörs vor Gericht, Art. 92, 97, 101, 103 Abs. 1 GG. Darüber hinaus sind bestimmte Anforderungen aus dem Rechtsstaatsprinzip sowie aus den Grundrechten, zumal dem Gleichheitsgrundsatz, zu beachten. So ist es ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen zwischen Privaten grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien werden auf den Weg vor die Gerichte verwiesen. Dort sollen sie ihren Streit in einem geordneten Rechtsgang gewaltlos austragen und eine verbindliche Entscheidung erwirken. In der Gerichtsbarkeit prägen sich innerstaatliches Gewaltverbot und staatliches Gewaltmonopol aus. Von hier aus erhellt die grundlegende Bedeutung der Regeln über den Zugang zu den Gerichten, den Verfahrensgang und die Ausgestaltung der Rechtsmittel für die Wahrung der Rechtsordnung. Von hier aus gebietet sich, daß auch die Regeln über den Zugang zu Rechtsmittelgerichten für den Bürger möglichst klar erkennbar und bestimmt zu halten sind. Denn sie legen fest, in welchen Grenzen und auf welche Weise er sein Recht suchen kann. Bestimmtheit ist dabei um so mehr vonnöten, als den Beteiligten auf diesem Weg mannigfache menschliche und materielle Lasten entstehen, nicht zuletzt gerichtliche und außergerichtliche Kosten. An seinem Ende steht regelmäßig eine verbindliche Entscheidung. Sie kann tief in die Rechtssphäre der Beteiligten eingreifen, etwa durch einen Titel, der den vollstreckungsrechtlichen Zugriff auf Vermögenswerte gestattet oder zu dulden verpflichtet. Verfahrensrecht hat mithin auch in diesem Zusammenhang in hohem Maße freiheitsgewährleistende Funktion für den Einzelnen wie für das Gemeinwesen.
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3. In Übereinstimmung mit beiden Senaten ist das Plenum des Bundesverfassungsgerichts der Auffassung, daß von Verfassungs wegen die Annahme einer Revision der hier in Rede stehenden Art, die nach der in diesem Stadium gebotenen Prüfung Aussicht auf Erfolg im Endergebnis besitzt, nicht aus Gründen der Selbststeuerung seiner Arbeitslast durch das Revisionsgericht abgelehnt werden darf. Zur Steuerung der Arbeitslast auch gegenüber erfolgversprechenden Revisionen eingesetzt, beschwörte die Ablehnungsregelung die Gefahr einer so unterschiedlichen Handhabung herauf, daß dies nicht mehr als ein auf die einzelne Rechtssache bezogener, sondern von ihr nahezu völlig unabhängiger, mehr oder minder dem Zufall überlassener und mithin willkürlicher Maßstab erschiene. Dies verstieße gegen das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit, Art. 3 Abs. 1 GG. Da sich eine dahingehende Auslegung des § 554b Abs. 1 ZPO schon aus diesem Grunde verbietet, mag dahinstehen, ob eine solche Auslegung auch im Hinblick auf rechtsstaatliche Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit der Ausgestaltung von Rechtsmitteln verwehrt wäre. Nicht zu befinden ist hier ferner darüber, welche verfassungsrechtlichen Erfordernisse sich für ein vom Gesetzgeber eingeführtes echtes Annahmeverfahren im Hinblick auf Zugangsbegehren stellten, die in der Sache selbst Aussicht auf Erfolg besitzen; ein derartiges Regelungssystem steht hier nicht zur Prüfung.
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4. Die in §§ 546, 554b Abs. 1 ZPO für Divergenzfälle und Grundsatzfälle getroffene Regelung macht deutlich, daß der Gesetzgeber bei der normativen Ausgestaltung des Revisionszugangs den allgemeinen Zwecken der Wahrung der Rechtseinheit und der Rechtsfortbildung ein vorrangiges Gewicht beigemessen hat.Die in § 554b ZPO für Rechtssachen ohne grundsätzliche Bedeutung getroffene Regelung hat demgegenüber in erster Linie den Sinn, eine verstärkte Gewähr der Einzelfallgerechtigkeit zu erzielen. Denn allgemeine Revisionszwecke sind im Bereich der nichtgrundsätzlichen Fälle erst mittelbar angesprochen, nämlich über die durch die Ablehnungsmöglichkeit eröffnete Selbststeuerung seiner Arbeitslast durch das Revisionsgericht, die einen Spielraum für die gebotene Sachbehandlung von Divergenzfällen und Grundsatzfällen offenhalten soll.
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Die Erkenntnis, daß es im Rahmen der von § 554b ZPO für Rechtssachen ohne grundsätzliche Bedeutung getroffenen Regelung verfassungswidrig wäre, die Annahme einer im Endergebnis erfolgversprechenden Revision aus Gründen der Selbststeuerung der Arbeitslast abzulehnen, bedeutet, daß insoweit dem Gesetzeszweck der Gewährleistung der Einzelfallgerechtigkeit ausschlaggebende Bedeutung für die Auslegung der Vorschrift zukommt. Die Beseitigung von Fehlurteilen liegt immer im Sinne des Gesetzeszwecks der Gewährleistung möglichst richtiger Einzelfallentscheidung; im Rahmen der übrigen Zugangsgrenzen und Verfahrensvoraussetzungen sind auch solche Revisionen nach § 554b ZPO an sich statthaft und zulässig. Das Gesetz fordert nicht Gründe für die Annahme, sondern für die Ablehnung des Rechtsmittels. Diese Gründe müssen sich im Rahmen des Gesetzeszwecks halten. Gegenüber erfolgversprechenden Revisionen im dargelegten Sinn könnte sich angesichts des Gesetzeszwecks, in den die Ablehnungsmöglichkeit eingebettet ist, ein solcher Grund allenfalls aus dem Gesichtspunkt einer Entlastung des Revisionsgerichts ergeben, damit hinreichende Arbeitskapazität für Grundsatzfälle verbleibe. Eine solche, vom Revisionsgericht anhand des Einzelfalls gesteuerte und über seine Nichtannahme bewirkte Entlastung stellte indes nichts anderes dar als die Selbststeuerung seiner Arbeitslast durch das Revisionsgericht; diese Auslegung aber wäre verfassungswidrig.
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5. Sonstige Gründe, die dazu führen könnten, die Annahme einer im Endergebnis erfolgversprechenden Revision abzulehnen, sind nicht zu erkennen. Im Rahmen des hier zu beurteilenden Regelungszusammenhangs und im Hinblick auf den aufgezeigten Gesetzeszweck kann es zumal nicht darauf ankommen, ob der Rechtsfehler, auf dem das angegriffene Urteil beruht, minder schwerer oder "vertretbarer" Art ist oder ob das Urteil den Revisionskläger nicht in unerträglicher Weise beschwert.
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Zwar ist der deutschen Rechtsordnung eine Abstufung nach der Schwere von Rechtsfehlern zumal innerhalb des gerichtlichen wie außergerichtlichen Verfahrensrechts geläufig (vgl. etwa §§ 551, 579 ZPO). Sie knüpft daran auch unterschiedlichste Rechtsfolgen. Jedenfalls im Bereich sachlichrechtlicher Fehler indes wäre im Hinblick auf den Gesetzeszweck des § 554b Abs. 1 ZPO, die richtige Einzelfallentscheidung zu gewährleisten, eine Abstufung nach der Schwere oder Vertretbarkeit von Rechtsfehlern als Maßstab für Nichtannahmeentscheidungen von Verfassungs wegen nicht sachgerecht; er erschiene - im Rahmen des hier in Rede stehenden Regelungszusammenhangs - als Verstoß gegen das Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit.
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a) Wenn der Gesetzgeber - wie hier - einer Partei die Möglichkeit eröffnet hat, mit einem an sich statthaften und zulässigen Rechtsmittel ihr Recht vor dem Richter zu suchen, ist es gleichgültig, ob der sachliche Rechtsfehler, auf dem das angefochtene Urteil beruht, schwerer oder minder schwerer Art ist. Für die Richtigkeit des Urteils kommt es aus der Sicht der Betroffenen wesentlich auf das Ergebnis an; hierfür aber sind alle Rechtsfehler dieser Art gleichermaßen ausschlaggebend. Desgleichen macht es vor diesem Maßstab schwerlich einen einsichtigen Unterschied aus, ob der sachliche Rechtsfehler ein vertretbarer oder unvertretbarer Fehler ist; im Ergebnis treffen beide mit derselben Wirkung. Wenn die Vertretbarkeit der Rechtsauffassung des angefochtenen Urteils sich aber in den Grenzen des rechtlich Fehlerfreien hält, weil etwa zwar nicht alle, wohl aber die besseren Gründe für sie sprechen, Gegenauffassungen mithin nicht eindeutig vorgezogen werden können, fehlt es insoweit an der Erfolgsaussicht des Rechtsmittels.
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b) Ebensowenig könnte vor Art. 3 Abs. 1 GG eine Auslegung bestehen, die dahin ginge, § 554b ZPO gestatte es, die Annahme einer im Endergebnis erfolgversprechenden Revision dann anzulehnen, wenn das fehlerhafte Urteil des Vordergerichts den Revisionskläger nicht in unerträglicher Weise beschwert, etwa kein den Betroffenen in seiner wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Existenz bedrohendes Fehlurteil ist. Diese Auffassung bedeutete, daß vor dem Gesetz nicht mehr alle gleich wären, daß Recht nicht mehr ohne Ansehen der Person von den Gerichten zuteil würde. Die geltende Rechtsordnung enthält zahlreiche Rechtsgrundsätze wie Einzelbestimmungen, die es gebieten, die soziale Lage, etwa eine besondere Notsituation oder Härtesituation, bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen; ihre Auslegung und Anwendung steht unter dem Anspruch der Grundsätze des sozialen Rechtsstaats. Wenn eine Partei indes - nach der bei der Vorprüfung gewonnenen Auffassung des Revisionsgerichts - unter Beachtung aller dieser sozialen Tatbestände im Endergebnis Recht hat, dann darf ihr dieses Recht nicht aus dem Grund verweigert werden, sie sei aus wirtschaftlichen oder sonstigen außerrechtlichen Gründen in der Lage, das Fehlurteil zu ertragen. Hier wäre der Sinn der Gewährleistung von Recht durch Gerichtsbarkeit im Kern getroffen. Denn im Bereich des Normvollzugs ist die Gleichheit der Rechtsanwendung die Seele der Gerechtigkeit. Und dies seit den Anfängen unseres Rechtsdenkens (vgl. 3 Mose 19, 15).
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c) Die verfassungsrechtlichen Gründe gegen eine Auslegung, die auf die dargelegten Umstände als Ermessenserwägung für eine Nichtannahme der Revision abstellte, lassen sich auch nicht mit dem Argument überwinden, diese Auslegung vermeide, daß im Vergleich zu den vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Wert der Beschwer von 40.000 DM und darunter eine allzu krasse und deshalb wenig befriedigende Chancenungleichheit im Revisionszugang eintrete und allgemein der Vorrang der Grundsatzrevision gewahrt bleibe. Der entscheidende Unterschied in der Sachlage besteht darin, daß die Ausübung des Ablehnungsermessens eine Vorprüfung der Rechtssache durch das Revisionsgericht erfordert und sich zufolge dieser Vorprüfung die - gewiß nur vorläufige - Erkenntnis ergeben haben muß, daß das angefochtene Urteil auf einem Rechtsfehler beruht und das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg im Endergebnis besitzt. An dieser Erkenntnis fehlt es bei den Urteilen der Vordergerichte, gegen die eine Revision von vornherein nicht eröffnet ist.
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III.
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1. Dieser Feststellung der Grenzen, die sich von Verfassungs wegen für die Auslegungsmöglichkeiten des § 554b ZPO ergeben, steht die parlamentarische Entstehungsgeschichte des Änderungsgesetzes 1975 nicht entgegen.
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Zwar ist nicht zu verkennen, daß dieses Ergebnis den Vorstellungen und Erwartungen hinsichtlich der Wirkungsweise und Entlastungsfunktion der Ermessensregelung, die in verschiedenen Äußerungen während des Gesetzgebungsverfahrens zum Ausdruck gekommen sind, in Teilen zuwiderläuft. Zumal bei zeitlich neuen und sachlich neuartigen Regelungen kommt den anhand des Gesetzgebungsverfahrens deutlich werdenden Regelungsabsichten des Gesetzgebers erhebliches Gewicht bei der Auslegung zu, sofern Wortlaut und Sinnzusammenhang der Norm Zweifel offenlassen. Über die erkennbare Regelungsabsicht darf die Auslegung in solcher Lage nicht hinweggehen. Dies gilt allerdings nur für die in dieser Regelung erkennbar ausgeprägten und in ihr angelegten Grundentscheidungen, Wertsetzungen und Regelungszwecke; konkrete Vorstellungen, die von Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern der gesetzgebenden Körperschaften über die nähere Bedeutung oder Reichweite einer einzelnen Bestimmung, eines Normbestandteils oder eines Begriffs und ihrer Handhabung wie Wirkung geäußert werden, stellen für die Gerichte jedenfalls nicht eine bindende Anleitung dar, so erhellend sie im Einzelfall für die Sinnermittlung auch sein mögen (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 4. Aufl., S. 316 f.). Sie sind als solche nicht schon Inhalt des Gesetzes.
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Die Äußerungen im Rechtsausschuß wie im Plenum des Deutschen Bundestages zur Handhabung wie zur Entlastungswirkung des in § 554b ZPO eingeräumten Ablehnungsermessens drücken zwar Beweggründe und Erwartungen aus, sind als solche aber nicht Inhalt der Regelung geworden. Die Ablehnung des Änderungsantrages der Fraktion der CDU/CSU, der eine Verschärfung der Voraussetzungen des Ermessens bezweckt hatte, beruhte unverkennbar auf dem Bestreben, das Ermessen des Revisionsgerichts möglichst offen und seine Handhabung beweglich zu halten. Daraus kann indes nicht gefolgert werden, daß das Gesetz die Handhabung des Ermessens von den verfassungsrechtlichen Bindungen und Begrenzungen und von dem Erfordernis sachgemäßer Ausübung freizeichnen wollte. Das Gesetz verwendet einen schlichten, offenen Ermessensbegriff in Form einer Kann-Vorschrift. Dieses Ermessen ist in den normativen Wirkungszusammenhang von Verfassungsrecht und sonstigem Revisionsrecht, zumal in den systematischen Zusammenhang der Regelung des § 554b ZPO und ihrer Zwecke gestellt. Mögliche Fehlvorstellungen über seine Qualifizierung als Annahmeermessen oder Ablehnungsermessen, über seine rechtliche Tragweite oder tatsächliche Entlastungswirkung vermögen den normativ eröffneten Ermessensbereich nicht zu verschieben; in der Norm selbst haben sich solche Vorstellungen nicht niedergeschlagen.
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2. Die aufgezeigten Grenzen möglicher Auslegung halten sich im Rahmen des Wortlauts der Vorschrift. Desgleichen tasten sie die gesetzgeberischen Grundentscheidungen, Wertungen und die darin angelegten Zwecke der Regelung nicht an.
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Die Justizpolitische Grundentscheidung, den Zugang zum Revisionsgericht zu begrenzen und auf dessen Leistungsfähigkeit auszurichten, wird nicht entscheidend verändert. Auch die gesetzgeberische Wertung, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache als nunmehr vorrangigen Zugangsmaßstab festzulegen, und die mit dieser Wertung verbundenen Revisionszwecke werden hierdurch nicht in Frage gestellt. Desgleichen bleiben die Gesetzeszwecke, die daraus entspringen, daß die Revision als Rechtsmittel der Parteien ausgestaltet ist, unverkürzt. Der systematische Zusammenhang der Regelung wie die Rechtsmittelzwecke, denen die Zugangsregelung dienen will, bleiben gewahrt, eine Handhabung des Ermessens im Sinne des Gesetzes bleibt möglich. Erhalten bleibt auch eine Entlastungsfunktion, die, abgesehen von der Erhöhung der Wertgrenze, von der Ermessensregelung ausgehen soll. Denn dem Revisionsgericht bleibt die Möglichkeit unbenommen, die Annahme von Revisionen abzulehnen, die keine Aussicht auf Erfolg im Endergebnis besitzen. Eine mögliche Abweichung von den empirischen Vorstellungen über das Ausmaß dieser Entlastung, wie sie im Gesetzgebungsverfahren gehegt wurden, kann diesem Ergebnis nicht entgegenstehen. In den aufgezeigten Grenzen ist die Vorschrift einer sinnvollen Auslegung und Anwendung zugänglich.
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3. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf im Wege der Auslegung einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt, das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. BVerfGE 8, 28, [34]; 8, 71 [78 f.]; 9, 83 [87]; 11, 77 [84 ff.]; 18, 97 [111]; 33, 52 [69]; 34, 165 [200]; 35, 263 [280]). Wenn ein nachkonstitutionelles Gesetz sich, wie in § 554b ZPO Abs. 1 ZPO, eines inhaltlich nicht näher bestimmten Ermessensbegriffs bedient, um einen bestimmten Gesetzeszweck zu verfolgen, ist davon auszugehen, daß es von vornherein Ermessen nur in den Grenzen einräumen will, wie sie auch sonst durch die rechtsstaatliche Ordnung des Grundgesetzes dem richterlichen Ermessen gezogen sind: es darf von vornherein nur pflichtgemäß im Sinne des jeweiligen Gesetzeszwecks und im Einklang mit verfassungsrechtlichen Anforderungen gehandhabt werden. Mithin darf eine solche Ermessensnorm von vornherein nur im verfassungsmäßigen Sinn verstanden werden; sie kann nur in diesen Grenzen zur Ermessensbetätigung ermächtigen.
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b) Die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen der Möglichkeiten einer Auslegung des § 554b ZPO halten sich, wie dargetan, im Rahmen des Wortlauts und der prinzipiellen Zielsetzung des Gesetzes; sie werten die gesetzgeberische Grundentscheidung zugunsten der Grundsatzrevision nicht um und belassen der Regelung eine Entlastungsfunktion. Die Abweisung möglicher Fehlvorstellungen über Reichweite und Wirkungsweise des Ermessens verkürzt oder verkehrt nicht den Sinngehalt der Ermessensregelung, sondern verdeutlicht ihn im Wege der Konkretisierung; sie stellt keinen Eingriff in den Normgehalt des § 554b Abs. 1 ZPO dar.
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