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Bearbeitung, zuletzt am 05.04.2022, durch: A. Tschentscher | |||
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des Ersten Senats vom 13. Januar 1982 |
-- 1 BvR 848, 1047/77, 916, 1307/78, 350/79 und 475, 902, 965, 1177, 1238, 1461/80 -- | |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden des Westdeutschen Rundfunks Köln, ...
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Entscheidungsformel: |
I. 1. Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Juni 1977 - 5 AZR 134/76, 5 AZR 498/76, 5 AZR 753/75 -, vom 20. September 1978 - 5 AZR 1101/77 -, vom 13. Dezember 1978 - 5 AZR 487/77 -, vom 12. Dezember 1979 - 5 AZR 1102/77 -, vom 23. April 1980 - 5 AZR 426/79 - und vom 16. Juli 1980 - 5 AZR 339/78 - verletzen Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sachen werden an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen. |
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
II. 1. Die Urteile des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. September 1980 - 19 Sa 102/80 - und vom 27. Oktober 1980 - 22 (19) Sa 400/77 - verletzen Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Sie werden aufgehoben. Die Sachen werden an das Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurückverwiesen. |
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten. |
III. Die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Mai 1980 - 5 AZR 593/78 - wird zurückgewiesen. |
Gründe: | |
A. | |
Gegenstand der zu gemeinsamer Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden ist die Frage, welche Bedeutung Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Rundfunkfreiheit) für die Maßstäbe der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zukommt, nach denen bislang als "freie Mitarbeiter" geführte Mitarbeiter einer Rundfunkanstalt als festangestellte Arbeitnehmer eingeordnet werden.
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I. | |
1. Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) wird derjenige, der Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 Abs. 1). Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeglicher Art sein (§ 611 Abs. 2). Dienstverträge können grundsätzlich befristet werden; ist eine solche Befristung vereinbart, dann endet das Dienstverhältnis mit dem Ablauf der Zeit, für die es ![]() ![]() | 3 |
2. Das Dienstvertragsrecht unterscheidet zwei Grundtypen von Dienstverträgen: Dem "unabhängigen" oder "selbständigen" Dienstvertrag steht die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses (Arbeitsvertrag) gegenüber; um ein solches handelt es sich nach ständiger fachgerichtlicher Praxis dann, wenn der Dienstverpflichtete vom Dienstberechtigten "persönlich abhängig" ist. Die Einordnung eines Dienstverhältnisses als Arbeitsverhältnis hat erhebliche rechtliche Folgen: Sie führt zur Anwendung besonderer, weit über die Schutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinausgehender Bestimmungen über den Kündigungsschutz (Kündigungsschutzgesetz - KSchG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 [BGBl. I S. 1317], zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. April 1978 [BGBl. I S. 550]), des Tarifvertragsrechts (vgl. insbesondere das Tarifvertragsgesetz - TVG - in der Fassung vom 25. August 1969 [BGBl. I S. 1323], geändert durch das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 [BGBl. I S. 2879]), des Betriebsverfassungsrechts oder - bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern - des Personalvertretungsrechts und schließlich des Arbeitsschutzrechts. Die Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis begründet auch regelmäßig ein Pflichtversicherungsverhältnis in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung.
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Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist die ordentliche Kündigung eines länger als sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtsunwirksam, wenn sie - dieser Begriff wird in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG näher definiert - "sozial ungerechtfertigt" ist. Zur Vermeidung einer Umgehung dieser zwingenden Kündigungsschutzvorschriften hat die arbeitsgerichtliche Praxis ferner die - nach § 620 Abs. 1 BGB grundsätzlich bestehende - Möglichkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen erheblich eingeschränkt; schon die einmalige und vollends die mehrfache Befristung (Kettenarbeitsverträge) von Arbeitsverhältnissen ist grundsätz ![]() ![]() | 5 |
II. | |
1. Die Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigen neben unbefristet angestellten Arbeitnehmern zahlreiche "freie Mitarbeiter", die keinen Arbeitnehmerstatus haben und demgemäß auch nicht den arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz genießen. Den unbefristet angestellten Mitarbeitern obliegen im Programmbereich vor allem Planung und Leitung der Produktion. Der Kreis der als freie Mitarbeiter geführten Personen ist sehr verschiedenartig zusammengesetzt. Er reicht von den in die betrieblichen Ablaufprozesse und Produktionsprozesse nicht oder kaum integrierten Autoren und Komponisten über die im journalistisch-redaktionellen Bereich vielfach im Team mit anderen tätigen Reporter und Realisatoren, Hersteller von Dokumentationen, Features und anderen Programmbeiträgen, die Regisseure, Darsteller, Sprecher, Präsentatoren, die dem Produktionsbereich zuzuordnenden Kameramänner und Bildregisseure bis hin zu den Maskenbildnern, Kostümbildnern und Cuttern sowie den eher kaufmännisch-organisatorisch tätigen Produktionsleitern, Aufnahmeleitern und Requisitoren. Die Tätigkeit freier Mitarbeiter überschneiden sich weithin mit denen, die so oder ähnlich auch von festangestellten Arbeitnehmern ausgeübt werden. Auch die Intensität der Beschäftigung freier Mitarbeiter ist außerordentlich verschieden: Insoweit reicht das Spektrum von nur gelegentlicher Heranziehung über wiederkehrende Teil-Inanspruchnahme bis hin zu vollständiger Inanspruchnahme der Arbeitskraft mit weitgehender betrieblicher Eingliederung.
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Die Rundfunkanstalten sehen in dem Institut der freien Mitarbeit eine Grundvoraussetzung der Bewältigung ihrer Aufgabe, Programmvielfalt und umfassende Information zu bieten und die Programme zugleich auf möglichst hohem Niveau zu halten. Die Heranziehung freier Mitarbeiter ermögliche es, in den Rundfunksendungen ein wesentlich größeres Feld politischen, ![]() ![]() | 7 |
Wird davon ausgegangen, dann setzt dies ein nicht unerhebliches Maß an Flexibilität und Fluktuation im Personalbereich voraus: Die Anstalten können sich nicht auf Dauer an jeden Mitarbeiter binden. Für die nur in Einzelfällen herangezogenen Mitarbeiter ergeben sich hier keine rechtlichen Probleme. Anders verhält es sich mit freien Mitarbeitern, die wiederholt zu Leistungen herangezogen werden, welche in ähnlicher Weise auch von festangestellten Mitarbeitern erbracht werden, also mit dem Kreis der "ständigen freien Mitarbeiter", um den es bei den vorliegenden Verfassungsbeschwerden geht.
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Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) waren bei deren Rundfunkanstalten im Jahre 1978 insgesamt 20.532 Personen fest angestellt. Davon waren in den programmgestaltenden Tätigkeiten - etwa als Redakteure, Reporter und Regisseure - 3.854 Mitarbeiter beschäftigt. Dem standen im gleichen Jahr rund 83.000, das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) eingeschlossen rund 90.000 freie Mitarbeiter gegenüber, mit denen rund 800.000 Honorarverträge abgeschlossen wurden. Hiervon waren ständige freie Mitarbeiter mit einem Jahreseinkommen von 16.800 DM und mehr 2.273 Personen, mit einem Jahreseinkommen von 6.000 DM bis 16.800 DM 5.517 Personen.
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2. Der rechtliche Status der ständigen freien Mitarbeiter hat bis zu Beginn der 70er Jahre kaum Anlaß zu Auseinandersetzungen gegeben. Seitdem setzten in verstärktem Maße Bemühungen ein, die Sicherung der freien Mitarbeiter sowohl im Bereich ![]() ![]() | 10 |
Aus dieser Rechtsprechung haben die Rundfunkanstalten, namentlich diejenigen der ARD, weittragende Folgerungen für die Beschäftigung freier Mitarbeiter gezogen: Bei jedem Vertrag mit einem freien Mitarbeiter wird geprüft, ob die Gefahr einer Festanstellung besteht. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn entweder nur eine (unregelmäßige) Beschäftigung von wenigen Tagen im Monat auf Grund von Einzelvereinbarungen vorgesehen ist oder wenn es sich um Einzelprojekte mit einer Gesamtdauer von nicht mehr als fünf Monaten im Jahr handelt. Neben die durch Produktionserfordernisse und redaktionelle Erfordernisse begründeten Personaldispositionen tritt damit die Überlegung, welcher Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben mit dem geringsten rechtlichen Risiko herangezogen werden kann.
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Die Rundfunkanstalten hegen die Sorge, daß sich diese Entwicklung zumindest auf längere Sicht nachteilig auf die Programme auswirken werde, weil sie unvermeidlich einen Wechsel oder eine Erneuerung, namentlich aber die volle Nutzung des in der freien Mitarbeit liegenden Potentials an journalistischen und programmgestaltenden Begabungen hindere, das für die Erfüllung der Aufgaben des Rundfunks und die Qualität der Programme wesentlich sei.
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Gewerkschaften und freie Mitarbeiter, die ihre Festanstellung anstreben, verweisen demgegenüber auf die Notwendigkeit so ![]() ![]() | 13 |
III. | |
1. Beschwerdeführer ist der Westdeutsche Rundfunk - Anstalt des öffentlichen Rechts - in Köln; die Kläger der Ausgangsverfahren waren oder sind sämtlich seit längerem für den Beschwerdeführer tätig und wurden dort als freie Mitarbeiter geführt.
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a) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 1 a) war seit 1962 nahezu ununterbrochen für den Beschwerdeführer als Fernsehregisseur tätig; er betreute mehrere wiederkehrende Sendungen. Für die Sendung "Hier und Heute" wurde er jeweils im Abstand von acht Wochen für 14 Tage als "Ablaufregisseur" tätig; er mußte sich für diese Zeit jeweils vom späten Nachmittag bis zum Ende der Sendung im Studio aufhalten. Gleiches galt für die Sendung "Spektrum", die an jedem zweiten Sonntag ausgestrahlt wurde. Daneben führte der Kläger auch Regie in Eigenproduktionen des Beschwerdeführers. Im Durchschnitt arbeitete er insgesamt an 16 bis 18 Arbeitstagen ![]() ![]() | 15 |
b) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 1 b) war für den Beschwerdeführer seit 1964 im Bereich Fernsehen und dort in der Hauptabteilung "Politik" tätig. In dieser Abteilung bestehen mehrere Redaktionsgruppen, in deren Auftrag der Kläger jährlich etwa drei Filme herstellte. Die Themen hierfür schlug er teils selbst vor, teils wurden sie ihm von den Redakteuren angetragen. Sodann entwarf er eine Exposition, führte die Vorarbeiten und Recherchen durch und sammelte Material. Anschließend leitete er die Filmaufnahmen und die Schnittarbeiten. Eine Produktion dauerte drei bis fünf Monate; die Produktionen wurden einzeln auf Honorarscheinen abgerechnet. Das jährliche Bruttoeinkommen, das der Kläger auf Grund dieser Tätigkeit erzielte, bewegte sich zwischen etwa 18.000 DM und etwa 45.000 DM.
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c) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 2) war für den Beschwerdeführer seit 1961 tätig. In den ersten Jahren arbeitete er unter anderem als Reporter für die Fernsehsendung "Hier und Heute"; sodann war er für verschiedene Redaktionen im Programmbereich "Wissenschaft und Erziehung" tätig, für die er Filme herstellte. Die Themenvorschläge stammten entweder von ihm selbst oder von der jeweils zuständigen Redaktion. Der Kläger fertigte sodann Treatments und erarbeitete den Text; bei den Filmaufnahmen, für die ihm der Beschwerdeführer Räume, Mitarbeiter, Geräte und Aus ![]() ![]() | 17 |
d) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 3) war für den Beschwerdeführer seit 1966 zunächst für den Hörfunk, später für das Fernsehen tätig. Hier stellte er anfangs Filme für das Kulturmagazin "Spektrum" her; seit Ende 1972 arbeitete er für die Redaktion "Hierzulande - Heutzutage" und innerhalb dieser Redaktion ausschließlich für ein regionales Kulturmagazin, das einmal in der Woche ausgestrahlt wurde. Die Themenvorschläge, die in der Regel von den Mitarbeitern kamen, wurden auf wöchentlich stattfindenden Redaktionskonferenzen erörtert. 1973 lieferte der Kläger insgesamt neun, in den ersten neun Monaten des Jahres 1974 dreizehn Beiträge von kürzerer Dauer; hinzu kamen noch einige umfangreichere Arbeiten. Seine Aufgabe war es, zu recherchieren, mit einem Team des Beschwerdeführers die Filme zu drehen und hierbei Regie zu führen; anschließend hatte er die Schnittarbeiten zu überwachen, Texte anzufertigen und mit dem verantwortlichen Redakteur den Film abzunehmen. Team, Material, Geräte und Räumlichkeiten wurden vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt. Die Leistungen des Klägers wurden nach Honorarverträgen abgerechnet, die den Hinweis enthielten, er sei als freier Mitarbeiter tätig gewesen.
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e) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 4), der zunächst einige Jahre als Sprecher für den Beschwerdeführer tätig war, moderierte ab Herbst 1971 die Hörfunksendung "Herzlichen Glückwunsch", die werktags von 9 Uhr bis 10 Uhr ausgestrahlt wurde; er wechselte wöchentlich mit einer Kollegin und war jede zweite Woche von montags bis freitags tätig. Zuletzt erhielt er für jede Sendung 150 DM. Da ![]() ![]() | 19 |
f) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 5) wurde vom Beschwerdeführer von 1973 an beschäftigt; er war für die Redaktionen "ARD-Ratgeber: Recht " und "Vor Ort" tätig, für die er bis 1975 eine Anzahl von Filmen fertigte. Für zwei weitere Programmabteilungen erarbeitete er jeweils ein Drehbuch zu Filmbeiträgen; in beiden Fällen war er mit den Recherchen, im ersten auch mit der Regie beauftragt. Daneben war er einzelfallweise auch für andere Redaktionen des Beschwerdeführers tätig. Für "ARD-Ratgeber: Recht" fertigte er bis 1975 16 Beiträge, für "Vor Ort" im Jahre 1975 11 Filme.
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g) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 6) nahm bis 1972 beim Beschwerdeführer verschiedene redaktionelle Aufgaben in Hörfunk und Fernsehen wahr; seither war sie überwiegend für die Abteilung "Musikalische Unterhaltung" tätig, wo sie in mehreren Sendereihen mitwirkte. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit wechselten: Sie schrieb Manuskripte, betreute die Musikauswahl und assistierte auch dem Aufnahmeleiter. Ihre Manuskripte enthielten Berichte, Kommentare und Interviews. Zeitweise vertrat sie auch einen erkrankten Redakteur. Seit April 1974 wurde sie in erheblich geringerem zeitlichem Umfang eingesetzt als zuvor.
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h) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 7) war für den Beschwerdeführer seit 1970 als Drehbuchautor, Ko-Autor und Regisseur im Programmbereich "Wissenschaft und Erziehung" tätig; zeitweise wirkte - er auf Empfehlung des Beschwerdeführers - auch bei Produktionen anderer Firmen mit, die im Auftrag des Beschwerdeführers Filmbeiträge herstellten. Sowohl bei den Eigenproduktionen als auch bei den Auftragsproduktionen fanden vor und während der Herstellung ![]() ![]() | 22 |
i) Die Klägerin des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 8), die Geigerin ist, wurde seit Herbst 1973 in den Orchestern des Beschwerdeführers beschäftigt. Zunächst wurde sie nur gelegentlich herangezogen; erst ab Mai 1975 kam es zu intensiverer Beschäftigung. Nachdem sie 1975 die künstlerische Abschlußprüfung an der Staatlichen Hochschule für Musik bestanden hatte, bewarb sie sich um eine feste Anstellung beim Beschwerdeführer. Hierauf wurde sie zu einem Probespiel eingeladen. Am hierfür vorgesehenen Tage war sie krank; das Orchester sprach sich nicht für sie aus. Ein zweites Probespiel wurde nach dem ersten Durchgang für alle Bewerber abgebrochen; zu einer engeren Auswahl kam es nicht. Gleichwohl wurde die Klägerin weiterhin herangezogen. Von Januar 1976 bis Januar 1977 nahm sie mindestens 158 Dienste wahr; festangestellte Musiker des Unterhaltungsorchesters hatten in derselben Zeit 233 Dienste zu leisten. Jeder Orchesterdienst der Klägerin wurde einzeln vergütet, wobei sie einen monatlichen Durchschnittsverdienst von rund 2.500 DM erzielte. Zu einem dritten Probespiel im Februar 1977 wurde die Klägerin nicht mehr eingeladen; auch wurde sie seither nicht mehr beschäftigt.
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k) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 9) wurde vom Beschwerdeführer spätestens seit Anfang 1958 beschäftigt. Überwiegend wurde er als Regisseur für Unterhaltungssendungen eingesetzt; von Anfang an wirkte er profilgebend und stilbildend an Sendungen und Sendereihen des Beschwerdeführers mit. Für die Jahre 1967 bis 1970 schlossen die Parteien schriftliche Verträge ab, in denen sich der Kläger zu bestimmten Regieleistungen, der Beschwerdeführer zur Leistung eines festen Honorars verpflichtete. Später kam es zu sol ![]() ![]() | 24 |
l) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 10) war seit 1971 ununterbrochen als Regisseur beim Beschwerdeführer tätig, für den er an 225 bis 231 Arbeitstagen jährlich arbeitete. Zuletzt war er nahezu ausschließlich für die Redaktionsgruppe "Kinder" tätig, für deren Filme er Bücher schrieb, regelmäßig verarbeitete er die Stoffe auch zu Drehbüchern und verfilmte diese nach redaktioneller Abnahme als Regisseur. Schauspieler, Kameraleute und Arbeitsteam hatte er selbst auszuwählen; für die Filmaufnahmen war er allein verantwortlich. Nebenher betreibt er eine private Filmfirma, die bislang ausschließlich Auftragsproduktionen für den Beschwerdeführer ausgeführt hat. Der Umfang dieser Tätigkeit fällt nicht erheblich ins Gewicht. 1978 erhielt der Kläger vom Beschwerdeführer ein Gesamthonorar von rund 32.000 DM; für seine Teilnahme an der zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidung letzten Produktion (Januar bis Mai 1979) zahlte ihm der Beschwerdeführer ein Gesamthonorar von etwa 17.000 DM.
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m) Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 11) war seit 1966 ständig und nahezu ausschließlich ![]() ![]() | 26 |
2. Die Kläger der Ausgangsverfahren beschritten den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten und begehrten die Feststellung, daß sie sich zum Beschwerdeführer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befänden. Mit diesem Begehren waren sie erfolgreich: In den Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 1 a), 1 b), 2) und 4) bis 9) gab das Bundesarbeitsgericht den Feststellungsklagen statt oder bestätigte die Feststellungsurteile der Vorinstanzen. Entsprechendes gilt für die Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 3), 10) und 11); hier entschied das Landesarbeitsgericht - im Falle der Verfahren zu 3) und 11) nach Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht - zugunsten der Kläger. Über die im Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde zu 3) erneut eingelegte Revision ist noch nicht entschieden.
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Die Gründe der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen lassen sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
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In der Mehrzahl der Entscheidungen wird vorab festgestellt, zwischen Beschwerdeführer und Kläger bestehe eine Dauerrechtsbeziehung, so daß es allein noch um die Statusbeurteilung gehe. Für diese sei die praktische Durchführung und Gestaltung ![]() ![]() | 29 |
Für die anhand dieses Merkmals vorzunehmende Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters wird in den angegriffenen Entscheidungen, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung, auf eine Reihe von Anhaltspunkten zurückgegriffen, die in der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, namentlich des Bundesarbeitsgerichts, entwickelt worden sind: So spreche es für persönliche Abhängigkeit, wenn die Rundfunkanstalt über die Mitwirkung des Mitarbeiters an der jeweiligen Einzelproduktion hinaus von ihm ständige Dienstbereitschaft erwartet habe; ferner, wenn der Mitarbeiter in seiner Entscheidung über die Ablehnung einzelner Aufträge nicht frei gewesen sei, sondern wenn die Rundfunkanstalt ihrerseits davon habe ausgehen können und auch davon ausgegangen sei, der Mitarbeiter werde Aufträge ohne sachlichen Grund nicht ablehnen. In derartigen Fällen habe die Rundfunkanstalt über die Arbeitskraft des Mitarbeiters wie ein Arbeitgeber verfügen können; dies spreche für einen hohen Grad an persönlicher Abhängigkeit (Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde zu 1a, 1b, 2, 4, 6, 9 und 11). Gleiches gelte, wenn der Mitarbeiter an die zeitlichen Dispositionen oder an die Weisungen der Rundfunkanstalt gebunden sei oder wenn sich seine Tätigkeit nicht wesentlich von derjenigen vergleichbarer festangestellter Mitarbeiter unterscheide (Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde zu 1a, 1b, 2 bis 7 und 11). Sei im Einzelfall unstreitig, daß die Rundfunkanstalt den Mitarbeiter intensiv in Anspruch genommen habe, dann bestehe kein Anlaß, einer von beiden Seiten möglicherweise gewollte losere Form der Zusammenarbeit ernstlich zu erwägen (Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 1a und 1b); sei der Mitarbeiter nur periodisch für die Anstalt tätig, könne es sich um ein Teil ![]() ![]() | 30 |
Diese Erwägungen werden seit dem hier nicht angegriffenen Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 1978 - 5 AZR 819/76 - (EzA § 611 BGB, Arbeitnehmerbegriff Nr. 17 = RdA 1978, S. 266) teils überlagert, teils ersetzt durch die Darlegung, bei Reportern, Regisseuren, Redakteuren und Filmemachern sei charakteristisch deren Abhängigkeit von den technischen Hilfsmitteln, die ihnen von der Anstalt zur Verfügung gestellt würden, und von dem Team der Anstalt, in das sie bei Herstellung ihrer Beiträge eingegliedert seien; eine derartige Eingliederung begründe in aller Regel die persönliche Abhängigkeit des Mitarbeiters (Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 3, 5 bis 7, 9 und 11). Im Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde zu 9) nimmt das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich die Möglichkeit in Kauf, daß es auf der Grundlage dieser Abgrenzung freie Regisseure nicht mehr geben könne. Ferner wird persönliche Abhängigkeit zunehmend daraus gefolgert, daß der Mitarbeiter seine Arbeitskraft der Anstalt zur Verwirklichung ihrer Programme fremdnützig zur Verfügung stelle (Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 6 bis 9); weil und soweit die Mitarbeiter in Rundfunk und Fernsehen ihre soziale Existenz darauf gründeten, daß sie ihre Arbeitskraft für die Verwirklichung der Programme einsetzten, brauchten sie den Schutz, den das Arbeitsrecht für den unselbständig Tätigen bereithalte, insbesondere den Bestandsschutz (Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 7 und 9). Aufzugeben sei hingegen das früher entwickelte Abgrenzungskriterium, wonach maßgeblich sei, ob der Mitarbeiter über den einzelnen Auftrag hinaus zeitlich gebunden gewesen sei oder ob ihm die Anstalt die für einen freien Mitarbeiter typische Ent ![]() ![]() | 31 |
Im Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde zu 6) befaßt sich das Bundesarbeitsgericht mit der Rundfunkfreiheit, die sich im Rahmen des Arbeitsrechts voll verwirklichen lasse. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verlange nicht, Mitarbeiter der hier streitigen Art von jeglichem Bestandsschutz auszunehmen, sondern fordere nur sachgerechte Berücksichtigung der Interessen der Rundfunkanstalten bei Befristungen oder Kündigungen. Im übrigen sei - in diesem Zusammenhang verweist das Bundesarbeitsgericht auf seine Grundsatzentscheidung vom 15. März 1978 (a.a.O.) - die rechtliche Absicherung des Arbeitsplatzes für die an der Programmgestaltung beteiligten Mitarbeiter gerade auch aus Gründen der Programmfreiheit geboten, denn diese Mitarbeiter seien in ihrer Meinungsäußerung nur dann wirklich frei und könnten nur dann ihren Teil zur Verwirklichung der Rundfunkfreiheit beitragen, wenn der Bestandsschutz ihrer Beschäftigungsverhältnisse gewährleistet sei.
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IV. | |
Mit den Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 9 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 1 GG.
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1. Die Verfassungsbeschwerden seien zulässig. Der Beschwerdeführer sei antragsberechtigt. Daß er, obwohl Anstalt des öffentlichen Rechts, Träger des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (Rundfunkfreiheit) sei, stehe außer Zweifel und sei auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannt. Für Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 GG könne nichts anderes gelten; am Schutz dieser Grundrechte müsse der Beschwerdeführer zumindest insoweit teilhaben, als dies die ihm von Verfassungs wegen zukommende Aufgabe staatsunabhängiger Programmgestaltung und Programmdurchführung erfordere. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerden zu 3), 10) und 11) ![]() ![]() | 34 |
2. In der Sache macht sich der Beschwerdeführer das Rechtsgutachten des Professors Dr O. "Rechtsprobleme der Freien Mitarbeit im Rundfunk" (Beiträge zum Rundfunkrecht, Heft 17, 1978) zu eigen; er trägt im wesentlichen folgendes vor:
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Es sei das Kernproblem der vorliegenden Fälle, den Sozialschutz der freien Mitarbeiter mit den personellen Erfordernissen im Programmbereich des Rundfunks in Einklang zu bringen. Der Beschwerdeführer habe niemals das soziale Schutzbedürfnis freier Mitarbeiter in Frage gestellt, sondern im Gegenteil - namentlich in den letzten Jahren - erhebliche Leistungen zum Ausbau eines Sozialschutzes erbracht; so sei etwa auf die Einrichtung einer Pensionskasse, auf die Zahlung von Altershilfe, Hinterbliebenenhilfe und Invalidenhilfe sowie von Beiträgen zur Sozialversicherung und auf den Abschluß von Tarifverträgen auf Grund von § 12a TVG hinzuweisen. Diese Vorschrift sei eigens geschaffen worden, um für freie Mitarbeiter, soweit sie wegen weitgehender wirtschaftlicher Abhängigkeit "dem Typus des Arbeitnehmers vergleichbar" seien, die Möglichkeit des Tarifvertrags zu eröffnen. Damit habe der Gesetzgeber unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, die Arbeitsbedingungen freier Mitarbeiter sollten insoweit dem Regelungsmechanismus des Tarifrechts überlassen bleiben; zugleich werde deutlich, daß der Rechtsstatus des freien Mitarbeiters nicht habe angetastet werden sollen.
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Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die dies ignoriere und für die Personalplanung des Beschwerdeführers einschneidende Konsequenzen habe, lasse sich nur daraus erklären, daß das Bundesarbeitsgericht die Bedeutung der Rundfunkfreiheit für die vorliegende Problematik nicht in Betracht ziehe. Hinzu komme, daß die angegriffene Rechtsprechung nicht mehr vorausberechenbar sei, denn die von ihr zugrunde gelegten Kriterien seien ohne jeden Prognosewert. In erster Linie verletze ![]() ![]() | 37 |
Der so definierten Rundfunkfreiheit sei das Sozialstaatsprinzip, aus dem die arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften abgeleitet würden, im Wege praktischer Konkordanz zuzuordnen, wobei zwar einerseits von der verfassungsrechtlichen Gleichrangigkeit beider Prinzipien auszugehen sei, andererseits jedoch berücksichtigt werden müsse, daß es wegen der normativen Weite des Sozialstaatsprinzips bisher kaum gelungen sei, dessen Gebote hinreichend sicher zu bestimmen. Das Bundesarbeitsgericht habe die verfassungsrechtlich gebotene Zuordnung grundlegend verfehlt. Erforderlich seien differenzierte Lösungsansätze. Es komme ![]() ![]() | 38 |
Auch die Einzelargumente des Bundesarbeitsgerichts seien weithin unhaltbar; so besage etwa der Umstand, daß programmschaffende Mitarbeiter an bestimmte Zeiten gebunden seien, noch nichts für deren Arbeitnehmereigenschaft, denn derartige Abhängigkeiten folgten aus der Natur der Sache. Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, der arbeitsrechtliche Bestandsschutz für die Programm-Mitarbeiter des Rundfunks sei gerade aus Gründen der Rundfunkfreiheit geboten, sei unzutreffend.
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Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG sei verletzt, weil die angegriffene ![]() ![]() | 40 |
V. | |
1. Zu den Verfassungsbeschwerden haben Stellung genommen: die Kläger der Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerden zu 2), 8) und 9), die Rundfunk-Fernseh-Film-Union in der Gewerkschaft Kunst im DGB (RFFU) und der Deutsche Journalisten-Verband eV (DJV), die ARD und das ZDF.
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2. a) Die Kläger der genannten Ausgangsverfahren verteidigen die angegriffenen Entscheidungen. Die Vielzahl der inzwischen erhobenen Festanstellungsklagen sei wesentlich durch das "Prognose-Verfahren" bedingt, auf Grund dessen der Beschwerdeführer freie Mitarbeiter seit 1973 nur noch an ein bis drei Tagen im Monatsdurchschnitt beschäftigt habe, so daß dieser Personenkreis seine Existenzgrundlage weithin verloren habe. Das Bundesarbeitsgericht habe einen Festanstellungsanspruch stets nur dann bejaht, wenn der Mitarbeiter schon seit Jahren und auf Dauer beschäftigt worden sei. Inwiefern der Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG allein dadurch verletzt sein solle, daß Mitarbeiter bei gleicher Tätigkeit in ein Arbeitsverhältnis überführt würden, sei nicht erkennbar. Zutreffend habe das Bundesarbeitsgericht ferner darauf hingewiesen, daß die Programm-Mitarbeiter der Rundfunkanstalten in ihrer Meinungsäußerung vielfach erst dann frei seien, wenn der Bestand ihres Beschäftigungsverhältnisses gesichert sei; in der Tat werde geistige Freiheit durch Existenzangst gezähmt. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 12a TVG gehe fehl, denn die wichtigste Frage für jeden Werk ![]() ![]() | 42 |
b) Auch die RFFU und der DJV verteidigen die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen Entscheidungen der Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit. Der Ausgangspunkt des Beschwerdeführers sei fiktiv und könne in Art. 5 GG keine Stütze finden; schon das Bundessozialgericht habe den Versuchen der Rundfunkanstalten widerstanden, die Rundfunkfreiheit für schrankenloses und rechtsfreies Auswechseln ständiger freier Mitarbeiter in Anspruch zu nehmen. Auch wenn in der Tat Meinungsvielfalt innerhalb des Rundfunkveranstalters sicherzustellen sei, so könne dies doch keineswegs bedeuten, daß der arbeitsrechtliche Schutz generell der Rundfunkfreiheit zu weichen habe; es sei nicht vertretbar, Rundfunkmitarbeitern nur deshalb minderen Bestandsschutz zu gewähren, weil sie vom Rundfunk beschäftigt würden. Die Zugeständnisse des beim Beschwerdeführer gültigen Tarifvertrags für arbeitnehmerähnliche Personen seien unzureichend. Gerade die Rundfunkfreiheit gebiete, wie das Bundesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt habe, die rechtliche Absicherung des Arbeitsplatzes von Programm-Mitarbeitern. Es sei auch keineswegs so, daß das geltende Kündigungsschutzrecht eine Lösung von Arbeitsverhältnissen nur noch in Ausnahmefällen zulasse. Richtig sei vielmehr, daß sich die Programmverantwortlichen bei der Programmgestaltung bislang stets durchgesetzt hätten.
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3. Demgegenüber unterstützen die ARD und das ZDF die Verfassungsbeschwerden. Beide schließen sich dem Gutachten von Professor Dr. Ossenbühl an.
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a) Die ARD trägt vor, die Rechtsprechung des Bundesarbeits ![]() ![]() | 45 |
b) In die gleiche Richtung gehen die Stellungnahmen des ZDF. Auch dieses macht geltend, daß die angegriffene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits deutlich spürbare Folgen gezeigt habe. Dramatische Auswirkungen der angegriffenen Rechtsprechung auf die Programmgestaltung seien zwar derzeit noch nicht nachweisbar. Langfristig seien jedoch negative Auswirkungen auf das Programm unvermeidlich. Denn seit Ende 1975 habe das ZDF, um sachwidrige Festanstellungen zu vermeiden, den Einsatz freier Mitarbeiter stark verringert; einzelne freie Mitarbeiter seien durchschnittlich weniger intensiv beschäftigt worden. Auf diese Weise müsse auch die Berufserfahrung freier Mitarbeiter abnehmen. Die stark eingeschränkte Personalfluktuation in diesem Bereich müsse sich beim ZDF in Zukunft ![]() ![]() | 46 |
B. | |
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG rügt.
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I. | |
Die beschwerdeführende Rundfunkanstalt ist juristische Person des öffentlichen Rechts. Nach Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Das ist bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht der Fall (BVerfGE 21, 362 [369 ff.]). Eine Ausnahme gilt jedoch, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts unmittelbar dem durch ein Grundrecht geschützten Lebensbereich zuzuordnen ist (BVerfG, a.a.O. [373]). Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, daß die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung der Rundfunkfreiheit geltend machen können, weil ihr Status als vom Staat unabhängige, sich selbst verwaltende Anstalten des öffentlichen Rechts der Verwirklichung dieses Grundrechts dient (BVerfGE 31, 314 [322] - Umsatzsteuer).
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Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus eine Verletzung ![]() ![]() | 49 |
II. | |
Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde zu 3) steht nicht entgegen, daß in dem Ausgangsverfahren dieser Verfassungsbeschwerde der Rechtsweg noch nicht erschöpft ist (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG).
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In diesem Falle hat das Bundesarbeitsgericht bereits ausgesprochen, daß die Voraussetzungen einer Festanstellung des Klägers an sich vorliegen; es hat die Sache jedoch deshalb an ![]() ![]() | 51 |
C. | |
Die Verfassungsbeschwerden zu 1) bis 7) und 9) bis 11) sind begründet. Die mit diesen Verfassungsbeschwerden angegriffenen richterlichen Entscheidungen verletzen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Nicht begründet ist die Verfassungsbeschwerde zu 8).
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I. | |
Die Verfassungsbeschwerden richten sich gegen gerichtliche Entscheidungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften und Grundsätze dieses Rechtsgebietes als solche hat das Bundesverfassungsgericht nicht nachzuprüfen. Ihm obliegt lediglich die Kontrolle, ob die Gerichte bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts Verfassungsrecht verletzt, insbesondere die Einwirkung von Grundrechten auf die einfachrechtlichen Normen und Maßstäbe verkannt haben (vgl. etwa BVerfGE 18, 85 [92]; 42, 143 [147 ff.]; 49, 304 [314 ff.]). Zu intensivierter verfassungsgerichtlicher Nachprüfung (vgl. BVerfGE 42, 143 [148 f.]) geben die vorliegenden Fälle keinen Anlaß.
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Allerdings haben die Gerichte in den Ausgangsverfahren nicht nur - in einem weiten Sinne - einfaches Recht "angewen ![]() ![]() | 54 |
II. | |
Prüfungsmaßstab ist Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der durch dieses Grundrecht in den Schranken der "allgemeinen Gesetze" (Art. 5 Abs. 2 GG) gewährleistete verfassungsrechtliche Schutz der Freiheit des Rundfunks erstreckt sich auf das Recht der bestehenden Rundfunkanstalten, der ihrem Auftrag entsprechenden Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen.
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1. a) Die Rundfunkfreiheit dient der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung (BVerfGE 57, 295 (319 f.) - Privatfunk im Saarland). Diese vollzieht sich in einem Kommunikationsprozeß, in welchem dem Rundfunk die Aufgabe eines "Mediums" und "Faktors" zukommt: Es obliegt ihm, in möglichster Breite und Vollständigkeit zu informieren; er gibt dem Einzelnen und den gesellschaftlichen Gruppen Ge ![]() ![]() | 56 |
Demgemäß umfaßt der Schutz der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit grundsätzlich jede Sendung (BVerfGE 35, 202 [223]): Rundfunkfreiheit ist in ihrer hier zunächst wesentlichen Bedeutung Programmfreiheit im Sinne eines Verbots nicht nur staatlicher, sondern jeder fremden Einflußnahme auf Auswahl, Inhalt und Ausgestaltung der Programme. Im Rahmen des bestehenden Rundfunksystems, das dem Gebot einer Wiedergabe der Vielfalt der Meinungen und umfassender Information vor allem durch eine binnenplurale Organisation der einzelnen Rundfunkanstalten gerecht zu werden sucht, ist diese Freiheit freilich keine uneingeschränkte Tendenzfreiheit. Insoweit unterscheiden sich die Gebote der Rundfunkfreiheit von denen der Pressefreiheit, welche die Freiheit umfaßt, die Grundrichtung einer Zeitung unbeeinflußt zu bestimmen und zu verwirklichen (BVerfGE 52, 283 [296] - Tendenzschutz): Die Rundfunkanstalten dürfen in ihrem Gesamtprogramm nicht eine Tendenz verfolgen, sondern sie müssen im Prinzip allen Tendenzen Raum geben.
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b) Der Sicherung dieser Aufgabe des Rundfunks dienen zwar bereits die Leitgrundsätze für den Inhalt des Gesamtprogramms und die Anforderungen an die organisatorische Struktur der ![]() ![]() | 58 |
Hängt damit die den Rundfunkanstalten aufgetragene Viel ![]() ![]() | 59 |
Im Blick auf den dargelegten Zusammenhang beschränkt sich dieser grundrechtliche Schutz der Bestimmung über das Rundfunkpersonal auf denjenigen Kreis von Rundfunkmitarbeitern, die an Hörfunk- und Fernsehsendungen inhaltlich gestaltend mitwirken. Das gilt namentlich, wenn sie typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen oder anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendungen einbringen, wie dies etwa bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist. Insofern umfaßt der Schutz der Rundfunkfreiheit vorbehaltlich der noch zu erörternden Grenzen neben der Auswahl der Mitarbeiter die Entscheidung darüber, ob Mitarbeiter fest angestellt werden oder ob ihre Beschäftigung aus Gründen der Programmplanung auf eine gewisse Dauer oder auf ein bestimmtes Projekt zu beschränken ist und wie oft ein Mitarbeiter benötigt wird. Dies schließt die Befugnis ein, bei der Begründung von Mitarbeiterverhältnissen den jeweils geeigneten Vertragstyp zu wählen.
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Dagegen umfaßt der verfassungsrechtliche Schutz des Art. 5 ![]() ![]() | 61 |
2. Soweit der Schutz des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG hiernach Personalentscheidungen der Rundfunkanstalten umfaßt, läßt sich die jeweilige konkrete Tragweite des Grundrechts erst bestimmen, wenn seine Schranken berücksichtigt werden.
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a) Diese Schranken ergeben sich nicht unmittelbar aus der Verfassung.
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aa) Das gilt zunächst für Grundrechte der Mitarbeiter, die mit dem Grundrecht der Rundfunkanstalten kollidieren und deshalb einen Ausgleich beider Positionen erforderlich machen könnten.
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Unter diesem Gesichtspunkt kommt einmal eine Grundrechtsposition der Rundfunkmitarbeiter in Betracht, die sich mit der Wirkung einer verfassungsrechtlichen Bindung der Rundfunkanstalten ebenfalls aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben würde. So hat das Bundesarbeitsgericht in dem - nicht mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffenen - Grundsatzurteil vom 15. März 1978 - 5 AZR 819/76 - die Auffassung vertreten, die rechtliche Absicherung des Arbeitsplatzes sei aus Gründen der Rundfunkfreiheit geboten, weil die Mitarbeiter, die das Programm gestalteten, vielfach erst dann in ihrer Meinungsäußerung frei seien; "geistige Freiheit" werde "durch Existenzangst gezähmt" (BAG, EzA § 611 BGB, Arbeitnehmerbegriff Nr. 17 = RdA 1978, S. 266 [269]). Dem liegt, wenn auch unausgesprochen, die Auffassung zugrunde, die Mitarbeiter des Rundfunks könnten sich in dem hier maßgebenden Zusammenhang ![]() ![]() | 65 |
Zum anderen ließe sich an das Grundrecht der Mitarbeiter auf freie Wahl und Ausübung des Berufs denken (Art. 12 Abs. 1 GG). Indessen enthält auch dieses Grundrecht keinen verbindlichen Verfassungsauftrag, Rundfunkmitarbeiter fest anzustellen. Zwar beeinflußt die Art der Anstellung zu einem nicht unwesentlichen Teil die Bedingungen, unter denen die Arbeitnehmer ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit wahrnehmen, das für alle sozialen Schichten von Bedeutung ist (BVerfGE 7, 377 [397, 398 f.]). Doch ist dieser Umstand nur im Zusammenhang mit Bindungen zu berücksichtigen, die durch den Gesetzgeber zu konkretisieren sind (vgl. BVerfGE 50, 290 [349] - Mitbestimmungsgesetz). Insofern ist er hier für die Zuordnung der Rundfunkfreiheit zu den durch "allgemeine Gesetze" (Art. 5 Abs. 2 GG) geschützten Rechtsgütern von Bedeutung (unten 3). Eine unmittelbare verfassungsrechtliche Schranke der Rundfunkfreiheit enthält Art. 12 Abs. 1 GG jedenfalls nicht.
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bb) Das gleiche gilt für das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG). Der Auffassung des Beschwerdeführers, daß dieses Prinzip gleichrangig der Rundfunkfreiheit gegenübertrete und daß es darauf ankomme, diese rechtliche Spannungslage im Wege einer Konkordanz beider Prinzipien aufzulösen, kann nicht gefolgt werden.
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Dem Sozialstaatsprinzip kann Bedeutung für die Auslegung ![]() ![]() | 68 |
b) Als Schranken der Rundfunkfreiheit in ihrer hier maßgeblichen Ausprägung bleiben mithin nur "allgemeine Gesetze" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG, also Gesetze, die sich nicht gegen eine bestimmte Meinung richten, sondern dem Schutz eines ![]() ![]() | 69 |
In den Ausgangsverfahren, die den Verfassungsbeschwerden zugrunde liegen, könnte es freilich zweifelhaft erscheinen, ob überhaupt "allgemeine Gesetze" angewendet worden sind. Denn die Gerichte haben hier nur festgestellt, daß die Voraussetzung für die Anwendung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen vorliege: die Eigenschaft als Arbeitnehmer. Die Maßstäbe für diese Entscheidungen sind keinem Gesetz entnommen, sondern von der Rechtsprechung entwickelt, der eine unmittelbare Einschränkung von Grundrechten versagt ist. Hieraus die Konsequenz zu ziehen, daß das Recht der Rundfunkanstalten auf freie Bestimmung über Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Mitarbeiter so lange keiner Beschränkung gemäß Art. 5 Abs. 2 GG unterliege, als der Begriff des Arbeitnehmers nicht gesetzlich definiert sei (vgl. BVerfGE 52, 283 [298]), wäre indessen zu eng. Wo der Gesetzgeber ohne nähere Bestimmung den Personenkreis, für den ein Gesetz gelten soll, nur allgemein bezeichnet hat, gehört es zu den Aufgaben der zuständigen Gerichte, über die Frage der Anwendbarkeit des Gesetzes zu entscheiden. Diese Entscheidung ist in einem weiteren Sinne "Anwendung" des Gesetzes; die Bindung, die sich hieraus ergibt, muß daher als gesetzliche, hier also als Bindung an die allgemeinen Gesetze betrachtet werden. Auf die Frage, ob ein als Richterrecht entstandener Rechtssatz "allgemeines Gesetz" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG sein kann (vgl. BVerfGE 34, 269 [292] - Soraya), kommt es daher nicht an.
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3. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung der zu entscheidenden Fragen ist hiernach sowohl von der Rundfunkfreiheit in ihrer dargestellten Ausprägung als auch von den Schranken ![]() ![]() | 71 |
a) Diese verfassungsrechtliche Lage schließt zunächst jede undifferenzierte Lösung aus, welche den Schutz des einen Rechtsgutes kurzerhand dem Schutz des anderen Rechtsgutes opfert. Weder darf den programmgestaltend tätigen Rundfunkmitarbeitern der arbeitsrechtliche Bestandsschutz generell versagt werden, noch dürfen bei der Entscheidung über diesen Schutz die Regeln und Maßstäbe des Arbeitsrechts in einer Weise auf die Anstellungsverhältnisse dieser Mitarbeiter angewendet werden, die das durch die Verfassung geschützte Recht der Anstalten, frei von fremder Einflußnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung dieser Mitarbeiter zu bestimmen, unberücksichtigt läßt.
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b) Weiterhin ist der hohe Rang zu beachten, der den Grundrechten des Art. 5 Abs. 1 GG zukommt. Ebenso wie die Freiheit ![]() ![]() | 73 |
Die Anwendung der Regeln und Maßstäbe des Arbeitsrechts auf Rundfunkmitarbeiter erweist sich mithin unter den verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten sozialen Schutzes als zweischneidig. Darüber hinaus birgt sie die Gefahr in sich, daß im Rundfunk nicht mehr die ganze Vielfalt der in den Sendungen zu vermittelnden Inhalte in voller Breite wiedergegeben und gestaltet werden kann; tritt eine solche Lage ein, dann muß das für die Hörer und Zuschauer einen entsprechenden Verlust an Information zur Folge haben. Werden daher diese Einbußen in ![]() ![]() | 74 |
c) Es wäre an sich Sache des Gesetzgebers, unter Beachtung dieser verfassungsrechtlichen Gebote und Richtpunkte eine Regelung zu treffen, die den Belangen aller Beteiligten und Betroffenen nach Möglichkeit Rechnung trägt. Solange es an einer solchen Regelung fehlt, ist die Zuordnung der Rundfunkfreiheit einerseits, der verfassungsrechtlich legitimierten Schutzzwecke des Arbeitsrechts andererseits im konkreten Falle Aufgabe der zuständigen Fachgerichte. Das Bundesverfassungsgericht kann sie grundsätzlich nicht durch eine eigene Bestimmung ersetzen; es ist ihm, wie gezeigt, verwehrt, die Grenze zwischen Voll- oder Teilzeitbeschäftigung in einem Arbeitsverhältnis und freier Mitarbeit selbst zu ziehen (oben I).
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Die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des Arbeitsrechts den dargelegten, sich aus Art. 5 Abs. 1 und 2 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen. Das schließt es nicht von vornherein aus, von den für dieses Rechtsgebiet allgemein entwickelten Merkmalen abhängiger Arbeit auszugehen und, wenn diese für ein Arbeitsverhältnis sprechen, dem Einfluß der Rundfunkfreiheit dadurch gerecht zu werden, daß einzelne gegen eine Befristung sprechende Merkmale zurückzutreten haben. Wenn daraufhin die für die Fest ![]() ![]() | 76 |
III. | |
Die mit den Verfassungsbeschwerden zu 1) bis 7) und 9) bis 11) angegriffenen Urteile haben die Einwirkung des Grundrechts der Rundfunkfreiheit auf die zugrunde gelegten Voraussetzungen für die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses von Rundfunkmitarbeitern verkannt. Sie verletzen daher Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
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1. Der Anwendung des Arbeitsrechts durch die Gerichte wird den Anforderungen der Rundfunkfreiheit nicht hinreichend gerecht. In dem mit der Verfassungsbeschwerde zu 6) angegriffenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 1979 ![]() ![]() | 78 |
In der maßgebenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 1978, mit der sich die Ausführungen im Urteil vom 12. Dezember 1979, soweit hier wesentlich, decken, wird anerkannt, daß die Rundfunkfreiheit die freie Entscheidung über den Inhalt des Programms umschließe und daß dies zum Teil auch ein Personalproblem sei. Dem wird der arbeitsrechtliche Bestandsschutz als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzips gegenübergestellt. Beide Verfassungsrechtssätze müßten aufeinander abgestimmt werden. Dies könne aber nicht durch Ausschaltung des Bestandsschutzes, sondern nur im Rahmen des Bestandsschutzes geschehen. Im übrigen sei die rechtliche Absicherung des Arbeitsplatzes für alle an der Programmgestaltung beteiligten Mitarbeiter - in einer abgewogenen Form - gerade auch aus Gründen der Rundfunkfreiheit geboten.
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Wie bereits dargelegt, läßt sich dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Anspruch auf feste Anstellung entnehmen (oben II 2 a); es kann mithin auch nicht die entsprechende rechtliche Absicherung des Arbeitsplatzes gebieten. Wenn das Bundesarbeitsgericht der Rundfunkfreiheit nur im Rahmen des Bestandsschutzes Bedeutung beimessen will, so geht es offensichtlich davon aus, daß das Grundrecht für die Entscheidung über den Arbeitnehmerstatus keine Rolle spiele und erst im Falle einer Kündigung Bedeutung erlange; hier soll die Rundfunkfreiheit insoweit von Gewicht sein, als sie im Rahmen der für die betriebsbedingte Kündigung nach ![]() ![]() | 80 |
Ein solcher Versuch, den Anforderungen der Rundfunkfreiheit allein durch Erleichterung der Kündigung von festangestellten Mitarbeitern Rechnung zu tragen, würde zu nicht unbedenklichen Ergebnissen führen. Das, was den Mitarbeitern mit der Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses in erster Linie gegeben werden soll: die Sicherung ihres Arbeitsplatzes, könnte ihnen im selben Atemzug genommen werden, wenn ihnen aus Gründen der Rundfunkfreiheit zwar nicht die Festanstellung verwehrt, wohl aber gekündigt werden könnte. Ob auf diese Weise der gebotene Ausgleich erreicht werden könnte, kann indessen dahinstehen. Denn es ist verfassungsrechtlich unzulässig, die Einwirkung der Rundfunkfreiheit auf den Fall der Kündigung zu beschränken. Das Recht der Rundfunkanstalten, frei von fremdem Einfluß über Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der Mitarbeiter zu bestimmen, wird nicht erst durch die Erschwerung der Kündigung, sondern bereits durch die Feststellung beeinträchtigt, daß der klagende Mitarbeiter ungeachtet des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Anstalt stehe. Der Einfluß der Rundfunkfreiheit macht sich also schon in dem früheren Stadium geltend, in dem die Gerichte jeweils zu entscheiden hatten.
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Da die Gerichte diese verfassungsrechtliche Lage nicht erkannt haben, haben sie das Arbeitsrecht auch nicht "im Lichte" des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ausgelegt und angewendet. Dementsprechend ist jede Prüfung unterblieben, ob die Maßstäbe, nach denen sie zu der Entscheidung einer Festanstellung gelangt sind, mit den Anforderungen der Verfassung vereinbar seien. Im besonderen fehlt es an Erwägungen über die Verhältnismäßigkeit des Mittels der Festanstellung. Die Folge ist eine unangemessene Würdigung der zur Entscheidung herangezogenen Maßstäbe und Gesichtspunkte. Die Entscheidungen führen des ![]() ![]() | 82 |
2. Die mit den Verfassungsbeschwerden zu 1) bis 7) und 9) bis 11) angegriffenen Entscheidungen beruhen auf diesen Fehlern. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie die verfassungsrechtliche Tragweite der Rundfunkfreiheit für die zu entscheidenden Fragen erkannt und berücksichtigt hätten.
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Eine solche Berücksichtigung war in den Ausgangsverfahren dieser Verfassungsbeschwerden geboten. Die Kläger waren in dem jeweils maßgeblichen Zeitraum im Bereich des Fernsehens oder des Hörfunks mit Aufgaben beschäftigt, in deren Rahmen sie an den Sendungen des Beschwerdeführers inhaltlich gestaltend mitwirkten. Für den Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 4) mag dies zwar hinsichtlich seiner Tätigkeit als Sprecher zweifelhaft sein; jedenfalls setzte jedoch seine Tätigkeit als Moderator eine selbständige Mitwirkung an der Gestaltung der Sendungen voraus. Das gleiche gilt für den Kläger des Ausgangsverfahrens der Verfassungsbeschwerde zu 11). Auch wenn dieser als Reporter relativ konkrete Aufträge erhielt, war er doch bei deren Ausführung grundsätzlich frei, so daß der Inhalt des jeweiligen Programmbeitrags von ihm weitgehend mitbestimmt wurde.
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Soweit einzelne Kläger der Ausgangsverfahren sehr lange Zeit hindurch in nicht unerheblichem Umfang beschäftigt worden sind, mag manches dafür sprechen, daß das Bundesarbeitsgericht auch bei Berücksichtigung der dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen zu einer Zurückweisung der Revision gelangt wäre; eine solche Lage kann ein Indiz dafür enthalten, daß für die Anstalt kein Bedürfnis nach einem Wechsel besteht, während auf der anderen Seite die soziale Schutzbedürftigkeit solcher Mitarbeiter im Laufe der Zeit wachsen ![]() ![]() | 85 |
Die in den genannten Verfahren angegriffenen Entscheidungen waren daher aufzuheben. Die Sachen waren nach § 95 Abs. 2 BVerfGG an die Gerichte zurückzuverweisen, welche die Entscheidungen erlassen haben. Eine Besonderheit gilt für das Ausgangsverfahren der Verfassungsbeschwerde zu 3). In diesem hatte das Landesarbeitsgericht nach Zurückverweisung durch das Bundesarbeitsgericht nur noch über die Frage zu entscheiden, ob der Kläger das Recht, sich auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu berufen, verwirkt habe, während das Bundesarbeitsgericht in dem zurückverweisenden Urteil bereits ausgesprochen hatte, daß die Voraussetzungen der Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses erfüllt seien. Da es auf die Beachtung der Anforderungen der Rundfunkfreiheit in erster Linie für diese Entscheidung ankam, war die Sache an das Bundesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die vom Beschwerdeführer gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts eingelegte Revision wird damit gegenstandslos.
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IV. | |
Das mit der Verfassungsbeschwerde zu 8) angegriffene Urteil des Bundesarbeitsgerichts verletzt den Beschwerdeführer nicht in dem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
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In dem Ausgangsverfahren dieser Verfassungsbeschwerde war es nicht geboten, den Einfluß der verfassungsrechtlich gewährleisteten Rundfunkfreiheit auf die Auslegung und Anwendung der arbeitsrechtlichen Regeln und Maßstäbe zu beachten. Denn anders als in den zuvor erörterten Fällen kann die Klägerin als Geigerin ohne hervorgehobene Position nicht zu den unmittelbar programmgestaltend tätigen Mitarbeitern gerechnet werden (vgl. oben II 1 b). Zwar ist auch der künstlerische Rang einer Musikaufführung wesentlich für den Inhalt der Sendungen. Aber als unmittelbar maßgeblich hierfür dürfte neben der Tätigkeit von Solisten nur diejenige von Mitgliedern des Orche ![]() ![]() | 88 |
Benda, Böhmer, Simon, Faller, Hesse, Katzenstein, Niemeyer, Heußner |
Abweichende Meinung des Richters Heußner zur Begründung des Beschlusses des Ersten Senats vom 13. Januar 1982 - 1 BvR 848/77 u.a. - | |
Die Ausführungen der Mehrheit des Senats zum Sozialstaatsprinzip (C II 3 b) geben zu Mißverständnissen Anlaß.
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1. Die Senatsmehrheit führt aus, es sei auch zu berücksichtigen, daß der arbeitsrechtliche Bestandsschutz nur festangestellten Mitarbeitern zugute komme. Da den Anstalten in dem Maße, in dem sie Mitarbeiter in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu beschäftigen hätten, die Möglichkeit eines Wechsels weitgehend genommen sei, entfalte der Bestandsschutz eine Sperrwirkung. Er verschlechtere damit die Chance derjenigen, die sich die Mitarbeit im Rundfunk zur Aufgabe machen wollten, insbesondere der Nachwuchskräfte, die im anderen Falle, wenn auch ohne feste Anstellung, Arbeit und Verdienst finden würden. Diese Auswirkung könne schwerlich im Sinne des Sozialstaatsprinzips liegen. Dieses gebiete die Verwirklichung einer sozial gerechten Ordnung für alle; es verpflichte also gerade auch zur Sorge für diejenigen, die keinen Arbeitsplatz hätten und einen solchen suchten. Die Anwendung der Regeln und Maßstäbe des Arbeitsrechts auf Rundfunkmitarbeiter erweise sich mithin unter den verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten des sozialen Schutzes als zweischneidig.
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Die Senatsmehrheit übersieht, daß es nur darum geht, ob im Hinblick auf die Wechselwirkung zwischen Rundfunkfreiheit und den "allgemeinen Gesetzen" im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG der arbeitsrechtliche Bestandsschutz hinter der Rundfunkfreiheit zurückzutreten hat. Nur in diesem Rahmen war die Rundfunkfreiheit gegen den verfassungsrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG und das Sozialstaatsprinzip legitimierten Bestandsschutz abzuwägen. Dabei spielt die Frage keine Rolle, ob sich arbeitsrechtliche Schutzgesetze, insbesondere Regelungen über den Bestandsschutz, auch dahin auswirken können, Personen von der Mitarbeit beim Rundfunk auszuschließen, die darin die Erfüllung ihrer Lebensaufgabe sehen. Das ist ein sozialpolitisches Problem, das zu lösen allein Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte ist. Hier geht es ausschließlich darum zu entscheiden, ob bei Rundfunkmitarbeitern die Festanstellung wegen der Rundfunkfreiheit zurückzutreten hat, also ob die Festanstellungsrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Lichte der Rundfunkfreiheit Bestand haben kann. Dabei kommt es allein darauf an zu vermeiden, daß sich der verfassungsrechtlich legitimierte arbeitsrechtliche Bestandsschutz gegenüber der Rundfunkfreiheit absolut durchsetzt. Die von der Mehrheit des Senats angenommene "Zweischneidigkeit" arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen ist daher bei der Abwägung der Rundfunkfreiheit gegenüber dem Bestandsschutz unerheblich. In diesem Zusammenhang war es nur notwendig, darauf hinzuweisen, daß die Berufung des Bundesarbeitsgerichts auf das Sozialstaatsprinzip für seine Festanstellungsrechtsprechung gegenüber der grundrechtlich abgesicherten Programmfreiheit nicht stichhaltig ist.
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Heußner![]() | |
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