1. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG) verbürgt die aktive und passive Wahlberechtigung aller Staatsbürger. Er ist im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit bei der Zulassung zur Wahl des Deutschen Bundestages zu verstehen. Differenzierungen können nur durch Gründe gerechtfertigt werden, die durch die Verfassung legitimiert und von mindestens gleichem Gewicht wie die Allgemeinheit der Wahl sind.
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2. Die Anknüpfung der Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen allein an einen früheren dreimonatigen Daueraufenthalt im Bundesgebiet überschreitet die Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.
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Beschluss | |
des Zweiten Senats vom 4. Juli 2012
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-- 2 BvC 1, 2/11 -- | |
in den Verfahren über die Wahlprüfungsbeschwerden 1. der Frau H . . . -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Volker Heydt, Rue Martin Lindekens 40, 1150 Brüssel, Belgien -- gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. Februar 2011 -- WP 53/09 -- 2 BvC 1/11 --, 2. der Frau W . . . -- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Volker Heydt, Rue Martin Lindekens 40, 1150 Brüssel, Belgien -- gegen den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10. Februar 2011 -- WP 57/09 -- 2 BvC 2/11 --.
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Entscheidungsformel:
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1. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
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3. Im Übrigen werden die Wahlprüfungsbeschwerden zurückgewiesen.
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4. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführerinnen ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Die Wahlprüfungsbeschwerden betreffen das Erfordernis eines früheren dreimonatigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung der Wahlberechtigung von Auslandsdeutschen.
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I.
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1. Die Voraussetzungen der Wahlberechtigung zum Deutschen Bundestag sind in den §§ 12 und 13 des Bundeswahlgesetzes (BWG) geregelt. Die hier maßgebliche Vorschrift des § 12 BWG, die in der Fassung der Bekanntmachung des Bundeswahlgesetzes vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, ber. S. 1594) gilt und zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Wahl- und Abgeordnetenrechts vom 17. März 2008 (BGBl. I S. 394) geändert worden ist, lautet auszugsweise wie folgt:
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§ 12 Wahlrecht (1) Wahlberechtigt sind alle Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, die am Wahltage 1. das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, 2. seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten, 3. nicht nach § 13 vom Wahlrecht ausgeschlossen sind. (2) Wahlberechtigt sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch diejenigen Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, die am Wahltag außerhalb der Bundesrepublik Deutschland leben, sofern sie nach dem 23. Mai 1949 und vor ihrem Fortzug mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innegehabt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten haben. Als Wohnung oder gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von Satz 1 gilt auch eine frühere Wohnung oder ein früherer Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet. Bei Rückkehr eines nach Satz 1 Wahlberechtigten in die Bundesrepublik Deutschland gilt die Dreimonatsfrist des Absatzes 1 Nr. 2 nicht. (3) bis (5) ... | |
2. Während die grundsätzliche Inlandsbindung des Wahlrechts (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 BWG) seit jeher im Bundeswahlrecht enthalten war und lediglich terminologische Änderungen erfuhr, dehnte der Gesetzgeber die Ausnahmeregelung (§ 12 Abs. 2 BWG) schrittweise aus. Ausnahmen waren zunächst nur für Deutsche, die im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisses im Ausland tätig und daher besonders eng mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden geblieben waren, sowie deren Hausstandsangehörige zugelassen (vgl. BVerfGE 36, 139 [142f.]; 58, 202 [205f.]). Durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 8. März 1985 (BGBl. I S. 521) wurden diese Ausnahmen auf im Ausland lebende Deutsche (im Folgenden: Auslandsdeutsche) erweitert, die vor ihrem Fortzug aus dem Geltungsbereich des Bundeswahlgesetzes dort mindestens drei Monate ununterbrochen eine Wohnung innegehabt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten hatten, wenn seit dem Fortzug nicht mehr als zehn Jahre verstrichen waren; auf die Fortzugsfrist wurde bei Deutschen, die in den Gebieten der übrigen Mitgliedstaaten des Europarats leben, verzichtet. Mit dem Vierzehnten Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 20. April 1998 (BGBl. I S. 706) setzte der Gesetzgeber die Fortzugsfrist für Auslandsdeutsche außerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats von zehn auf 25 Jahre herauf. Schließlich gab der Gesetzgeber mit Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Wahl- und Abgeordnetenrechts vom 17. März 2008 (BGBl. I S. 394) die Differenzierung zwischen Auslandsdeutschen innerhalb und außerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats auf und verzichtete auf eine Fortzugsfrist; § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG erhielt seine gegenwärtige Fassung.
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3. Dem Erfordernis eines ununterbrochenen dreimonatigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland lagen ursprünglich folgende Erwägungen zugrunde: Als wahlberechtigte "Aktivbürger" könnten nur Deutsche qualifiziert werden, bei denen objektive Merkmale vorliegen, die es gewährleistet erscheinen lassen, dass sie am politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess informiert mitwirken; hierfür sei eine auf eigenen Erfahrungen beruhende Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland notwendig. Zweitens blieben durch das Sesshaftigkeitserfordernis die Deutschen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und Berlin (Ost) in der Regel vom Wahlrecht ausgeschlossen. Drittens sei die Voraussetzung vorheriger Sesshaftigkeit im Bundesgebiet auch aus Gründen der "Wahltechnik" geboten, weil für die Ausübung des Wahlrechts an den melderechtlich erfassten Aufenthalt in der "Wegzugsgemeinde" angeknüpft werden könne; dadurch würden eine Häufung der Wahlberechtigten in bestimmten Wahlkreisen sowie eine nennenswerte Änderung der Wählerstruktur vermieden. Schließlich sei eine solche Regelung mit dem Prinzip der parlamentarisch repräsentativen Demokratie vereinbar und entspreche dem Völkerrecht (vgl. BTDrucks 10/2834, S. 23 mit Verweis auf BTDrucks 9/1913, S. 10ff.).
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Die Aufnahme einer ergänzenden Fortzugsfrist für Auslandsdeutsche außerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats begründete der Gesetzgeber damit, dass die Beteiligung an Wahlen Bestandteil des ständigen Prozesses der politischen Meinungs- und Willensbildung vom Staatsvolk zu den Verfassungsorganen sei, der die Möglichkeit kommunikativer Teilnahme voraussetze, die mit zunehmendem Auslandsaufenthalt immer weniger gewährleistet sei (vgl. BTDrucks 10/2834, S. 24). Auslandsdeutschen innerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats werde eine hinreichende informierte Mitwirkung am politischen Meinungs- Willensbildungsprozess im Heimatstaat durch die fortschreitende Verflechtung zwischen den Mitgliedstaaten ermöglicht (vgl. BTDrucks 10/2834, S. 23 mit Verweis auf BTDrucks 9/1913, S. 11).
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Für die Ausweitung der Fortzugsfrist für Auslandsdeutsche außerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats von zehn auf 25 Jahre im Jahre 1998 führte der Gesetzgeber an, dass die ursprüngliche Zehnjahresfrist zwar zunächst ein tragfähiges Indiz für die Loslösung Auslandsdeutscher von der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei, im Hinblick auf die verbesserte Möglichkeit kommunikativer Teilnahme am politischen Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland vom Ausland her aber nicht länger gerechtfertigt werden könne (BTDrucks 13/9686, S. 5).
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Die Aufgabe der Differenzierung zwischen Auslandsdeutschen innerhalb und außerhalb der Mitgliedstaaten des Europarats im Jahre 2008 begründete der Gesetzgeber damit, dass wegen der angewachsenen Mitgliederzahl die Homogenität innerhalb des Europarats abgenommen und es zugleich die Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten jedem interessierten Auslandsdeutschen, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, ermöglicht habe, sich über die Vorgänge in Deutschland zu informieren und daran Anteil zu nehmen (BTDrucks 16/7461, S. 16).
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4. Statistische Erhebungen zu allen im Ausland lebenden deutschen Staatsangehörigen liegen nicht vor. Allerdings werden die im europäischen Ausland lebenden Deutschen durch das Statistische Amt der Europäischen Union (Eurostat) erfasst. Ihre Zahl betrug 2010 insgesamt rund 1,14 Millionen, wobei die größten Kontingente auf die Schweiz (252.000), Spanien (194.000), Österreich (130.000), das Vereinigte Königreich (100.000), Frankreich (91.000) und die Niederlande (68.000) entfielen; in Belgien lebten etwa 39.000 deutsche Staatsangehörige (vgl. Tabelle "Bevölkerung nach Geschlecht, Altersklasse und Staatsangehörigkeit", abrufbar über die Online-Datenbank von Eurostat). Für die Wahl zum 17. Deutschen Bundestag ließen sich insgesamt 65.731 Auslandsdeutsche in die Wählerverzeichnisse eintragen (vgl. BTDrucks 17/1883, S. 3).
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II.
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1. Beide Beschwerdeführerinnen wurden 1982 als deutsche Staatsangehörige in Belgien geboren. Ihre Eltern waren jeweils zuvor von ihrem letzten inländischen Wohnsitz in den Gebieten der Bundestagswahlkreise 259 (Stuttgart II) beziehungsweise 45 (Celle-Uelzen) nach Brüssel gezogen. Die Beschwerdeführerinnen selbst hatten in Deutschland zu keinem Zeitpunkt mindestens drei Monate ununterbrochen eine Wohnung inne oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten.
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Die Beschwerdeführerin zu 1. beantragte im Mai 2009 erfolglos bei der Stadt Stuttgart, sie in das Wählerverzeichnis für die Bundestagswahl 2009 aufzunehmen; ihre darauf erhobene Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juli 2009 -- 2 BvR 1460/09 -- nicht zur Entscheidung an. Den Antrag der Beschwerdeführerin zu 2. auf Aufnahme ins Wählerverzeichnis lehnte die Samtgemeinde Bodenteich im Juli 2009 ab; die hiergegen erhobene Beschwerde zum Kreiswahlleiter blieb erfolglos.
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2. Die Beschwerdeführerinnen legten gegen die Gültigkeit der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag jeweils Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG, soweit er die Wahlberechtigung für Auslandsdeutsche an eine frühere, mindestens dreimonatige Sesshaftigkeit in Deutschland knüpfe, verfassungswidrig sei.
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Der Deutsche Bundestag wies die Wahleinsprüche mit Beschlüssen vom 10. Februar 2011 als unbegründet zurück und nahm zur Begründung jeweils auf die Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses (BTDrucks 17/4600, Anlagen 10 und 13) Bezug. Danach beruhe die Ablehnung der Anträge auf Eintragung in das Wählerverzeichnis am letzten deutschen Wohnort der Eltern unstreitig auf einer zutreffenden Anwendung der wahlrechtlichen Vorschriften. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschriften habe der Deutsche Bundestag nicht zu überprüfen; eine derartige Kontrolle sei dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Unabhängig davon sei § 12 Abs. 2 BWG mit Grundgesetz vereinbar. Insbesondere verstoße die vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. November 1990 -- 2 BvR 1266/90 -- (NJW S. 689) gebilligte typisierende Regelung, die einen mindestens dreimonatigen ununterbrochenen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für die informierte Mitwirkung am politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess wahlberechtigter "Aktivbürger" festschreibe, nicht gegen Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Der Gesetzgeber habe, obgleich das Wahlrecht der Auslandsdeutschen schrittweise ausgedehnt worden sei, stets an dem Erfordernis eines dem Fortzug vorausgegangenen dreimonatigen gewöhnlichen Aufenthalts Bundesgebiet seit dem 23. Mai 1949 festgehalten, weil andernfalls eine Vielzahl von Personen wahlberechtigt wären, die von der deutschen Staatsangehörigkeit abgesehen keinerlei Bezug zu Deutschland hätten.
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3. Gegen diese Beschlüsse wenden sich die Beschwerdeführerinnen mit ihren am 15. März 2011 eingegangenen Wahlprüfungsbeschwerden.
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a) Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass von dem in § 12 Abs. 2 BWG enthaltenen Sesshaftigkeitserfordernis seit 2008 nur noch die 1985 eingeführte Bedingung eines früheren dreimonatigen Wohnsitzes in Deutschland verblieben sei. Diese Bedingung sei mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl jedenfalls seit Herstellung der deutschen Einheit nicht mehr vereinbar, da die spezifische Notwendigkeit, Deutsche in der DDR und allen vier Berliner Sektoren vom Wahlrecht auszuschließen, nicht mehr bestehe. Im Übrigen sei es widersprüchlich, dass die Beschwerdeführerinnen in Deutschland ihre Stimme zur Europawahl, nicht jedoch zur Bundestagswahl abgeben könnten.
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b) Das Bundesverfassungsgericht habe das Kriterium des früheren Wohnsitzes in seiner Entscheidung vom 2. November 1990 zwar für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten. Im Schrifttum begegne die Sesshaftigkeitsbedingung als Voraussetzung der Vertrautheit des Wählers mit den politischen Verhältnissen jedoch zunehmender Kritik. Hinzu komme, dass Auslandsdeutschen auch in ihrem Wohnstaat das dortige nationale Wahlrecht nicht gewährt werde, weshalb diejenigen, die nie in Deutschland gewohnt haben, gewissermaßen zu "Wahlrechts-Staatenlosen" würden.
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c) Das Wahlrecht für alle Auslandsdeutschen sei daher zum verfassungsrechtlichen Gebot geworden. Ohne Verbindung mit der vom Gesetzgeber ersatzlos gestrichenen Fortzugsfrist könne das Erfordernis eines früheren Wohnsitzes keine Informiertheit über den politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess in Deutschland gewährleisten, weshalb es sachfremd, mithin willkürlich sei. Die Fortzugsfrist habe entfallen können, da heutige Kommunikationsmittel es weltweit jedem interessierten Auslandsdeutschen erlaubten, mit seinem Staat in Verbindung zu bleiben und sich über das deutsche politische Geschehen zu informieren; aus dem gleichen Grund hätte das Erfordernis eines früheren Wohnsitzes gestrichen werden müssen. Wer einen Antrag auf Eintragung in die Wählerliste stelle, gebe seinem Interesse am politischen Leben in Deutschland hinreichend Ausdruck.
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III.
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Dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, dem Bundeswahlleiter, dem Statistischen Bundesamt sowie den Bundesverbänden der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien wurde Gelegenheit gegeben, sich zu den Wahlprüfungsbeschwerden zu äußern. Keiner der Äußerungsberechtigten hat hiervon Gebrauch gemacht. Das Bundesministerium des Innern hat namens der Bundesregierung auf seine Stellungnahme gegenüber dem Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages verwiesen.
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Die Wahlprüfungsbeschwerden sind zulässig unabhängig davon, ob sich der von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Wahlfehler auf die Mandatsverteilung im Deutschen Bundestag ausgewirkt haben kann (vgl. BVerfGE 34, 81 [95]), und haben überwiegend Erfolg. Die Ausgestaltung der Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen durch § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG verstößt gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl (I.). Die Vorschrift ist daher für mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar zu erklären (II.). Der Wahlfehler führt hingegen nicht zur Ungültigerklärung der Wahl (III.).
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I.
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Die Ausgestaltung, die die Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen in § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG gefunden hat, verstößt gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl.
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1. Das Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen einer Wahlprüfungsbeschwerde nach § 13 Nr. 3, § 48 BVerfGG nicht nur die Einhaltung der Vorschriften des Bundeswahlrechts durch die zuständigen Wahlorgane und den Deutschen Bundestag zu gewährleisten, sondern prüft auch, ob die Vorschriften des Bundeswahlgesetzes mit den Vorgaben der Verfassung in Einklang stehen (vgl. BVerfGE 16, 130 [135f.]; 121, 266 [295]; 123, 39 [68]).
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2. Die Anknüpfung der Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen an einen früheren dreimonatigen Daueraufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ist am Gebot der Allgemeinheit der Wahl (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG) zu messen.
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a) Die Allgemeinheit der Wahl sichert, wie die Gleichheit der Wahl, die vom Demokratieprinzip vorausgesetzte Egalität der Staatsbürger (BVerfGE 99, 1 [13]). Die Gleichbehandlung aller Staatsbürger bezüglich der Fähigkeit, zu wählen und gewählt zu werden, ist eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung (vgl. BVerfGE 6, 84 [91]; 11, 351 [360]). Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verbürgt die aktive und passive Wahlberechtigung aller Staatsbürger (vgl. BVerfGE 36, 139 [141]; 58, 202 [205]). Er ist -- nicht anders als der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit -- im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit bei der Zulassung zur Wahl des Deutschen Bundestages zu verstehen (vgl. BVerfGE 28, 220 [225]; 36, 139 [141]; 129, 300 [319]).
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b) Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl unterliegt aber keinem absoluten Differenzierungsverbot. Aus Art. 38 Abs. 2 GG, der für das aktive und passive Wahlrecht Altersgrenzen festlegt, ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber in Wahrnehmung seiner Regelungsbefugnis gemäß Art. 38 Abs. 3 GG nicht weitere Bestimmungen über die Zulassung zur Wahl treffen dürfte. Allerdings folgt aus dem formalen Charakter des Grundsatzes, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der aktiven und passiven Wahlberechtigung nur ein eng bemessener Spielraum für Beschränkungen verbleibt. Bei der Prüfung, ob eine Beschränkung gerechtfertigt ist, ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. zur Gleichheit der Wahl BVerfGE 120, 82 [106]; 129, 300 [317, 320]). Differenzierungen hinsichtlich der aktiven oder passiven Wahlberechtigung bedürfen zu ihrer Rechtfertigung stets eines besonderen, sachlich legitimierten Grundes (vgl. BVerfGE 28, 220 [225]; 36, 139 [141]; 42, 312 [340f.]). Sie können nur durch Gründe gerechtfertigt werden, die durch die Verfassung legitimiert und von mindestens gleichem Gewicht wie die Allgemeinheit der Wahl sind (vgl. BVerfGE 42, 312 [340f.]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 1997 -- 2 BvR 1088/97 --, NVwZ 1997, S. 1207; ebenso zur Gleichheit der Wahl BVerfGE 95, 408 [418]; 120, 82 [107]; 129, 300 [320]; 130, 212 [227f.]).
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aa) Das Bundesverfassungsgericht achtet diesen Spielraum. Es prüft lediglich, ob dessen Grenzen überschritten sind, nicht aber, ob der Gesetzgeber zweckmäßige oder rechtspolitisch erwünschte Lösungen gefunden hat (vgl. BVerfGE 6, 84 [94]; 51, 222 [237f.]; 95, 408 [420]; 121, 266 [303f.]). Das Bundesverfassungsgericht kann daher, sofern die differenzierende Regelung an einem Ziel orientiert ist, das der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Wahlrechts verfolgen darf, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl nur feststellen, wenn die Regelung zur Erreichung dieses Zieles nicht geeignet ist oder das Maß des zur Erreichung dieses Zieles Erforderlichen überschreitet (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 1997, a.a.O., S. 1207; zur Gleichheit der Wahl BVerfGE 6, 84 [94]; 51, 222 [238]; 95, 408 [420]; 120, 82 [107]; 121, 266 [304]; 129, 300 [321]).
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bb) Der Gesetzgeber ist insbesondere befugt, bei der Ausgestaltung der Wahlberechtigung unter Berücksichtigung der Grenzen, die die Bedeutung des Wahlrechts und die Strenge demokratischer Egalität seinem Bewertungsspielraum setzen, Vereinfachungen und Typisierungen vorzunehmen.
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Das Wahlrecht gehört neben den insoweit hervorzuhebenden Materien des Steuerrechts (vgl. dazu BVerfGE 126, 268 [278f.]; stRspr) und des Sozialversicherungsrechts (vgl. dazu BVerfGE 112, 368 [404]; stRspr) zu den Bereichen, für die die Zulässigkeit typisierender Regelungen zur Ordnung von Massenerscheinungen grundsätzlich anerkannt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 25. Juli 1997, a.a.O., S. 1207; ferner BVerfGE 30, 227 [249]; 124, 1 [23]). Die Befugnis zur Typisierung bedeutet, dass Lebenssachverhalte im Hinblick auf wesentliche Gemeinsamkeiten normativ zusammengefasst und dabei Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt oder absehbar sind, generalisierend vernachlässigt werden dürfen. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 82, 159 [185f.]; 96, 1 [6]). Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (vgl. BVerfGE 84, 348 [359]; 87, 234 [255]; 96, 1 [6]). Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfGE 116, 164 [182f.]; 122, 210 [233]; 126, 268 [279]; stRspr). Für das Wahlrecht im Besonderen gilt, dass sich der Gesetzgeber bei seinen Einschätzungen und Bewertungen nicht an abstrakt konstruierten Fallgestaltungen, sondern an der politischen Wirklichkeit zu orientieren hat (vgl. BVerfGE 95, 408 [418]; 120, 82 [107]; 129, 300 [321]).
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cc) Der Gesetzgeber ist verpflichtet, eine die Allgemeinheit der Wahl berührende Norm des Wahlrechts zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern, wenn die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieser Norm durch neue Entwicklungen in Frage gestellt wird, etwa durch eine Änderung der vorausgesetzten tatsächlichen oder normativen Grundlagen oder dadurch, dass sich die beim Erlass der Norm hinsichtlich ihrer Auswirkungen angestellte Prognose als irrig erwiesen hat (vgl. BVerfGE 73, 40 [94]; 82, 322 [338f.]; 107, 286 [294f.]; 120, 82 [108]; 129, 300 [321f.]).
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Dem entsprechend kann auch das -- mehrfach geänderte -- Wahlrecht der Auslandsdeutschen nicht ohne Blick auf die jeweiligen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen verfassungsrechtlich gewürdigt werden. Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zu früheren Ausgestaltungen der Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen (namentlich BVerfGE 5, 2 [6]; 36, 139 [141ff.]; 58, 202 [205ff.]; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. November 1990 -- 2 BvR 1266/09 --, NJW 1991, S. 689 [690]) können daher nicht ohne Weiteres zur Beurteilung der aktuellen Rechtslage herangezogen werden.
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d) Zu den Gründen, die Differenzierungen im Anwendungsbereich des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl rechtfertigen können, zählen insbesondere die mit demokratischen Wahlen verfolgten Ziele der Sicherung des Charakters der Wahl als eines Integrationsvorgangs bei der politischen Willensbildung des Volkes oder die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der zu wählenden Volksvertretung (vgl. BVerfGE 95, 408 [418]; 120, 82 [107]; 129, 300 [320f.]). Zum erstgenannten Ziel gehört die Sicherung der so genannten Kommunikationsfunktion der Wahl.
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Demokratie setzt, soll sie sich nicht in einem rein formalen Zurechnungsprinzip erschöpfen, freie und offene Kommunikation zwischen Regierenden und Regierten voraus (vgl. Dreier, in: Dreier, GG Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 20 [Demokratie] Rn. 82f.; Breuer, Verfassungsrechtliche Anforderungen an das Wahlrecht der Auslandsdeutschen, 2001, S. 177). Dies gilt nicht nur für den Wahlakt selbst, in dem sich die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin und nicht umgekehrt vollziehen muss (vgl. BVerfGE 20, 56 [99]; 44, 125 [140]; 69, 315 [346]). Als gleichermaßen wichtig für die Legitimität demokratischer Ordnung erweist sich der beständige Dialog zwischen Parlament und gesellschaftlichen Kräften (vgl. Dreier, a.a.O., Art. 20 [Demokratie] Rn. 83). Das Recht des Bürgers auf Teilhabe an der politischen Willensbildung äußert sich nicht nur in der Stimmabgabe bei Wahlen, sondern auch in der Einflussnahme auf den ständigen Prozess der politischen Meinungsbildung (vgl. BVerfGE 20, 56 [98]; 69, 315 [346]; ferner BVerfGE 123, 267 [358f.]). Um den Bürger hierzu zu befähigen, bedarf es nicht zuletzt der Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften (vgl. BVerfGE 44, 125 [147f.]; 63, 230 [242f.]; ferner BVerfGE 105, 252 [268ff.]). Das freie Abgeordnetenmandat nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG schließt nach alledem die Rückkoppelung zwischen Parlamentariern und Wahlvolk nicht aus, sondern ganz bewusst ein (vgl. BVerfGE 102, 224 [237f.]; 112, 118 [134]).
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Ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht kann vor diesem Hintergrund verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, wenn bei einer bestimmten Personengruppe davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit der Teilnahme am Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorganen nicht in hinreichendem Maße besteht. So ist es von jeher als mit dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verträglich angesehen worden, dass die Ausübung des Wahlrechts an die Erreichung eines Mindestalters geknüpft wird (vgl. BVerfGE 42, 312 [340f.]; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 9. Oktober 2000 -- 2 BvC 2/99 --, NVwZ 2002, S. 69 [70]).
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3. Nach diesen Maßstäben verletzt § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, soweit darin die Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen allein an einen früheren ununterbrochenen dreimonatigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland geknüpft wird. Die Vorschrift bewirkt eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Auslandsdeutschen, die nicht durch einen zureichenden Grund legitimiert werden kann.
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a) Auslandsdeutschen wird dadurch, dass § 12 Abs. 1 Nr. 2 BWG die Wahlberechtigung an das Erfordernis eines mindestens dreimonatigen gegenwärtigen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland knüpft, das aktive Wahlrecht zunächst grundsätzlich verwehrt. § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG korrigiert dies teilweise, indem die Vorschrift statt des gegenwärtigen auch einen früheren Daueraufenthalt im Bundesgebiet von mindestens drei Monaten genügen lässt (Voranknüpfung); § 12 Abs. 2 Satz 2 BWG stellt den früheren Aufenthalt im Gebiet der ehemaligen DDR dem Aufenthalt im Bundesgebiet gleich. Die Ausnahmeregelung differenziert demnach innerhalb der Gruppe der Auslandsdeutschen. Während Auslandsdeutsche, die das Erfordernis des § 12 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BWG erfüllen, wahlberechtigt sind, bleiben die übrigen Auslandsdeutschen von der Wahlberechtigung ausgeschlossen. Zur zweiten Teilgruppe gehören solche Auslandsdeutsche, die -- wie die Beschwerdeführerinnen -- im Ausland geboren wurden und sich anschließend nie mindestens drei Monate in Deutschland ununterbrochen gewöhnlich aufgehalten haben. Für diese Teilgruppe bewirkt § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG eine Ungleichbehandlung bezüglich der Fähigkeit zu wählen.
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b) Diese Beeinträchtigung der Allgemeinheit der Wahl kann nicht durch einen zureichenden Grund gerechtfertigt werden.
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aa) Ob der vollständige oder teilweise Ausschluss der Auslandsdeutschen vom aktiven Wahlrecht unter Verweis auf Unterschiede hinsichtlich der Betroffenheit durch deutsche Hoheitsakte, das Fehlen einer Korrelation von Rechten und Pflichten oder potentielle Interessen- oder Loyalitätskonflikte gerechtfertigt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn jedenfalls stellt die Anknüpfung der Wahlberechtigung an einen früheren dreimonatigen Daueraufenthalt im Bundesgebiet ein in dieser Hinsicht untaugliches Differenzierungskriterium dar. Auslandsdeutschen, die das Erfordernis des § 12 Abs. 2 Satz 1 oder 2 BWG erfüllen, wird das Wahlrecht ohne Rücksicht darauf zuerkannt, ob sie aktuell der deutschen Hoheitsgewalt unterliegen, ob der Staat sie durch Ehrenämter, durch Steuern oder auf andere Weise in die Pflicht nehmen kann oder ob sie sich infolge von Interessen- oder Loyalitätskonflikten bei Wahlen zum Deutschen Bundestag in einer deren Sinn und Zweck zuwiderlaufenden Weise verhalten könnten. Demgemäß kann Auslandsdeutschen, die sich in Deutschland nicht mindestens drei Monate ununterbrochen aufgehalten haben, das Wahlrecht nicht aus diesen Erwägungen heraus versagt werden.
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bb) Auch in der Sicherung der Kommunikationsfunktion der Wahl kann kein hinreichender Grund für die durch § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG bewirkte Differenzierung innerhalb der Allgemeinheit der Wahl gesehen werden. Zwar ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber bei der Wahlbeteiligung der Auslandsdeutschen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl zugunsten der Anforderungen an die kommunikative Teilnahme nicht voll verwirklicht. Die typisierende Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG überschreitet jedoch die Grenzen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums.
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(1) Die in § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG vorgesehene Anknüpfung der Wahlberechtigung an einen dreimonatigen früheren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland soll in erster Linie gewährleisten, dass im Ausland lebende Deutsche imstande sind, am Kommunikationsprozess zwischen Volk und Staatsorganen teilzunehmen. Nach Einschätzung des Gesetzgebers reichen hierfür die (technischen) Möglichkeiten, sich vom Ausland her über die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Vorgänge in Deutschland zu informieren (vgl. dazu BTDrucks 13/9686, S. 5, 15/6015, S. 7f., 16/7461, S. 16 und 17/5260, S. 4), nicht aus. Hinzutreten müsse die Fähigkeit, am aktuellen politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess mitzuwirken; dies setze ein Mindestmaß an persönlich und unmittelbar erworbener Vertrautheit mit dem politischen System der Bundesrepublik Deutschland voraus (BTDrucks 9/1913, S. 10f.).
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(2) Diese Einschätzung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl streitet zwar für eine Teilnahme aller Deutschen im Sinne des Grundgesetzes an den Wahlen zum Deutschen Bundestag. Bei Auslandsdeutschen, die sich nicht oder keinen nennenswerten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben, gerät dieser Grundsatz jedoch in ein Spannungsverhältnis zur Kommunikationsfunktion der Wahl. Danach ist die Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen, für die Wahlteilnahme unabdingbar. Hieran fehlt es bei mangelnder Vertrautheit mit den Verhältnissen in Deutschland. Die Annahme des Gesetzgebers, eine solche Vertrautheit stelle sich erst nach einem ununterbrochenen Aufenthalt von einer -- ohnehin eher knapp bemessenen -- Mindestdauer ein, ist nachvollziehbar.
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Hinzu kommt, dass die für eine lebendige Demokratie wesentliche Kommunikation zwischen Regierenden und Regierten ohne ein Mindestmaß an kontinuierlicher Befassung und Auseinandersetzung der Bürger mit den politischen Entwicklungen kaum gelingen kann (vgl. zum -- aufgrund der Teilung Deutschlands dort allerdings verengten -- Repräsentationsgedanken BVerfGE 5, 2 [6]). Der Gesetzgeber darf daher insbesondere dem Umstand Rechnung tragen, dass das Staatsangehörigkeitsrecht im Wesentlichen auf dem "ius sanguinis" beruht, bei dem die Staatsangehörigkeit durch Abstammung vermittelt wird und auch durch langen Auslandsaufenthalt nicht verloren geht, was zur Folge haben kann, dass Personen, deren Vorfahren seit mehreren Generationen im Ausland leben, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, darüber hinaus aber zu Deutschland keine Beziehung haben (vgl. Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern in den Wahleinspruchsverfahren der Beschwerdeführerinnen, BTDrucks 17/4600, S. 26 und 38).
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(3) Die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG überschreitet indes die Grenzen des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraums. Sie verfehlt die verfassungsrechtlichen Anforderungen an typisierende Regelungen und verstößt damit gegen das Gebot, den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl und die Kommunikationsfunktion der Wahl zu einem schonenden Ausgleich zu bringen. Das erklärte Ziel des Gesetzgebers, die für die Wahlteilnahme vorauszusetzende Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zu sichern, kann allein mit dem Erfordernis eines früheren dreimonatigen Aufenthalts in Deutschland nicht erreicht werden (a). Zudem ist dieses Erfordernis zwar geeignet, deutsche Staatsangehörige ohne jede weitere Beziehung zu Deutschland von der Wahlteilnahme auszuschließen, bewirkt aber zugleich entgegen der Gesetzesintention, dass Deutsche, die typischerweise mit den politischen Verhältnissen vertraut und von ihnen betroffen sind, an den Wahlen zum Deutschen Bundestag nicht teilnehmen können (b).
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(a) Wegen des Verzichts auf weitere Eingrenzungen gestattet die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG einer nicht vernachlässigbaren Zahl von Auslandsdeutschen die Teilnahme an den Wahlen zum Deutschen Bundestag, obwohl dieser Personenkreis hiervon nach dem Normzweck ebenfalls ausgeschlossen sein müsste.
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Die isolierte Anknüpfung an den früheren Aufenthalt im Wahlgebiet genügt für zwei Teilgruppen der Auslandsdeutschen nicht, um eine auf eigenen Erfahrungen beruhende Vertrautheit mit den aktuellen politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten. Dies betrifft zum einen diejenigen Auslandsdeutschen, die sich zu einem Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben, zu dem sie die notwendige Vertrautheit mit den hiesigen politischen Verhältnissen mangels hinreichender Reife und Einsichtsfähigkeit nicht erwerben konnten. Dazu gehören vor allem solche Auslandsdeutsche, die unmittelbar nach ihrer Geburt mindestens drei Monate im Bundesgebiet ansässig waren, dann mit ihren Eltern die Bundesrepublik Deutschland verlassen haben und nun nach Erreichen des 18. Lebensjahres das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG besitzen. Zum anderen erfasst § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG auch solche Auslandsdeutsche, die die Bundesrepublik Deutschland schon vor so langer Zeit verlassen haben, dass die von ihnen erworbenen eigenen Erfahrungen in den aktuellen politischen Verhältnissen keine Entsprechung mehr finden. Schließlich vermag ein Aufenthalt zu einem beliebigen früheren Zeitpunkt eine "Nähe" zum politischen Geschehen im Sinne einer -- wie immer auch konkret gelebten -- Einbindung in das demokratische Geschehen nicht zu indizieren.
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Wenngleich sich diese Teilgruppen der Auslandsdeutschen nicht näher quantifizieren lassen, sprechen bereits Plausibilitätserwägungen dagegen, dass der Gesetzgeber sie generalisierend vernachlässigen durfte. Auch im Hinblick darauf, dass die Bedeutung des Wahlrechts und die Strenge demokratischer Egalität dem gesetzgeberischen Spielraum für Typisierungen von vornherein enge Grenzen setzen (vgl. BVerfGE 95, 408 [417f.]; 121, 266 [297]), wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, in tatsächlicher Hinsicht der spätestens mit dem vollständigen Verzicht auf eine Fortzugsfrist aufgeworfenen Frage nachzugehen, welche Auswirkungen die verbliebene Regelung hat und inwieweit die durch sie bewirkte Ungleichbehandlung im Wege der Typisierung hingenommen werden kann.
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Hinzu kommt, dass eine andere, dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl besser entsprechende Typisierung ohne unverhältnismäßigen Aufwand möglich ist (vgl. BVerfGE 48, 227 [239]). Um die Aktualität der in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Erfahrungen zu sichern, könnte der Gesetzgeber das Erfordernis des vorherigen Aufenthalts um eine angemessene Fortzugsfrist ergänzen, wie dies bereits in früheren Fassungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG geschehen war. Dem Umstand, dass die Vertrautheit mit den hiesigen politischen Verhältnissen eine gewisse Reife und Einsichtsfähigkeit voraussetzt, könnte durch die Aufnahme einer zusätzlichen Altersgrenze Rechnung getragen werden.
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(b) Die angegriffene Bestimmung kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie geeignet wäre, zumindest jenen Auslandsdeutschen das Wahlrecht zu versagen, die über die deutsche Staatsangehörigkeit hinaus keinerlei Bezug zu Deutschland haben, etwa weil sie als Abkömmlinge einer Auswandererfamilie in jeder Hinsicht in das Land ihres Aufenthalts integriert sind.
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Ob die mit dieser Erwägung verbundene äußerst grobe Typisierung vor dem Hintergrund der soeben angesprochenen Ungleichbehandlungen (vgl. 3. b) bb) (3) (a)) überhaupt hingenommen werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Denn das Erfordernis eines früheren Aufenthalts im Bundesgebiet bewirkt zugleich, dass Auslandsdeutsche, die zwar zu keinem Zeitpunkt für mindestens drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland ansässig gewesen sind, jedoch typischerweise mit den politischen Verhältnissen vertraut und von ihnen betroffen sind, etwa weil sie als "Grenzgänger" ihre Berufstätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausüben (vgl. BVerfGE 110, 412 [415]) oder weil sie durch ihr Engagement in Verbänden, Parteien und sonstigen Organisationen in erheblichem Umfang am politischen und gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen, vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen bleiben, obwohl sie nach der Wertung, die § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG zugrunde liegt, gleichfalls an den Wahlen zum Deutschen Bundestag teilnehmen müssten. Das gesetzliche Typisierungsmerkmal verfehlt mithin auch insoweit den Normzweck. Die Einbeziehung dieser Teilgruppe der Auslandsdeutschen in den Kreis der Wahlberechtigten erscheint selbst dann, wenn der Gesetzgeber an seiner Grundentscheidung festhält, möglich.
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(c) Der Grundsatz, dass dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erfahrungen gebührt, während der er sich mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen darf (vgl. BVerfGE 33, 171 [189f.]; 37, 104 [118]; 70, 1 [34f.]; 71, 364 [393]; 75, 108 [162]; 100, 59 [101]; stRspr), kann nicht zur Rechtfertigung der angegriffenen Regelung herangezogen werden. Dieser Grundsatz ist auf komplexe, in der Entwicklung begriffene Sachverhalte zugeschnitten. Auf die hier zu beurteilende Einschränkung der Allgemeinheit der Wahl ist er bereits deshalb nicht anwendbar, weil dem Gesetzgeber die tatsächlichen und normativen Grundlagen für eine realitätsgerechte, an der Kommunikationsfunktion der Wahl orientierte Beteiligung der Auslandsdeutschen an den Wahlen zum Deutschen Bundestag im Zeitpunkt des Erlasses des Änderungsgesetzes vom 17. März 2008 (BGBl. I S. 394) bekannt waren (vgl. BTDrucks 13/9686, S. 5 und 16/7461, S. 16) und Unsicherheiten in Bezug auf die weitere Entwicklung allenfalls von untergeordneter Bedeutung sein können.
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cc) Die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG kann schließlich nicht damit gerechtfertigt werden, dass durch die Anknüpfung des Wahlrechts der Auslandsdeutschen an den dreimonatigen vorherigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland eine Häufung der Wahlberechtigten in bestimmten Wahlkreisen und eine nennenswerte Änderung der Wählerstruktur vermieden würden. Dabei bedarf keiner Entscheidung, inwieweit diese Aspekte zur Rechtfertigung einer Einschränkung des aktiven Wahlrechts herangezogen werden können. Denn jedenfalls überschreitet § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG auch in dieser Hinsicht den dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraum.
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(1) Es ist bereits nicht ersichtlich, dass das Kriterium des früheren Aufenthalts im Bundesgebiet zur Erreichung des Zieles, eine Häufung der Wahlberechtigten in bestimmten Wahlkreisen und eine nennenswerte Änderung der Wählerstruktur wahltechnisch zu verhindern, geeignet ist. Dieses Kriterium ermöglicht zwar die Zuordnung der Auslandsdeutschen zu bestimmten Wahlkreisen, weil für die Ausübung des Wahlrechts an den regelmäßig melderechtlich erfassten Aufenthalt in der "Wegzugsgemeinde" angeknüpft werden kann. Indes lässt sich für die gegenwärtige Fassung des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG nicht feststellen, dass dadurch eine gleichmäßige Verteilung der wahlberechtigten Auslandsdeutschen auf die Wahlkreise zuverlässig gesichert werden könnte.
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Dem früheren Aufenthaltsort im Bundesgebiet kommt insoweit Steuerungskraft nur zu, wenn sich die Wählerstruktur in den Wahlkreisen seit dem Wegzug der Auslandsdeutschen nicht nennenswert geändert hat (vgl. BTDrucks 9/1913, S. 11). Dass dies der Fall ist, kann jedenfalls seit dem Verzicht auf eine das Sesshaftigkeitserfordernis ergänzende Fortzugsfrist im Jahre 2008 nicht mehr ohne Weiteres angenommen werden. Als Folge dieser Änderung von § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG konnten bei der Bundestagswahl 2009 zwischen dem Fortzug aus der Bundesrepublik Deutschland und der Wahlteilnahme äußerstenfalls 60 Jahre liegen. Angesichts einer Vielzahl von Änderungen bei der Einteilung des Bundesgebietes in Wahlkreise hätte es zur Aktualisierung der Kontinuitätsannahme deshalb tatsächlicher Feststellungen zur Zahl potentiell wahlberechtigter Auslandsdeutscher und zu ihrer Verteilung auf die Wahlkreise bedurft. Da es hieran fehlt, erweist sich die Behauptung, durch die Anknüpfung an den melderechtlich erfassten Aufenthalt in der "Wegzugsgemeinde" würde die befürchtete Häufung der Wahlberechtigten in bestimmten Wahlkreisen und eine nennenswerte Änderung der Wählerstruktur vermieden, als nicht (mehr) tragfähig.
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(2) Vor allem aber -- und letztlich entscheidend -- ist das Erfordernis des vorherigen Aufenthalts im Bundesgebiet zur Erreichung des Zieles, die Entstehung ungleich großer Wahlkreise wahltechnisch zu verhindern, nicht erforderlich. Der frühere Aufenthalt im Bundesgebiet bildet nicht das einzige denkbare Anknüpfungsmerkmal für eine geregelte Zuordnung der Auslandsdeutschen zu den Wahlkreisen (vgl. Blumenwitz, Wahlrecht für Deutsche in Polen, 1999, S. 106f.; Schild, Das Wahlrecht der Auslandsdeutschen zum Deutschen Bundestag und die Einteilung der Wahlkreise, NJW 1985, S. 3056). Dass das Ziel, die Entstehung ungleich großer Wahlkreise wahltechnisch zu verhindern, mit anderen Zuordnungskriterien nicht ebenso zuverlässig erreicht werden könnte wie mittels der Anknüpfung an den früheren Aufenthalt im Bundesgebiet, lässt sich nicht feststellen.
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II.
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§ 12 Abs. 2 Satz 1 BWG ist mit Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig.
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III.
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Der festgestellte Verfassungsverstoß führt bereits deshalb nicht zur Ungültigerklärung der Wahl und damit zur Auflösung des 17. Deutschen Bundestages, weil die geltend gemachte Rechtsverletzung -- wie die Beschwerdeführerinnen nicht verkennen -- allenfalls theoretisch dessen Zusammensetzung berührt (vgl. BVerfGE 121, 266 [310]).
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C. | |
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf den §§ 18, 19 WahlprüfG in Verbindung mit § 34a Abs. 3 BVerfGG. Die Beschwerden haben zur Klärung einer allgemein bedeutsamen Frage des Wahlrechts beigetragen, so dass es angemessen erscheint, die Erstattung der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführerinnen anzuordnen.
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D. | |
Die Entscheidung ist mit 7:1 Stimmen ergangen.
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Sollten die am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten gemeint haben, dass man sich an ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zumindest dann gefahrlos orientieren kann, wenn nichts dafür ersichtlich ist, dass sie innerhalb des Gerichts jemals umstritten gewesen wäre, muss der vorliegende Beschluss sie überraschen.
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1956 billigte der Erste Senat das Erfordernis der Sesshaftigkeit im Bundesgebiet als Wahlrechtsvoraussetzung mit der Erwägung, dass angesichts der deutschen Teilung das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag, der das Repräsentationsorgan der im Geltungsbereich des Grundgesetzes lebenden Bevölkerung sei, nur dem in diesem "Wirkungsbereich" lebenden Teil der deutschen Bevölkerung gewährt werden könne (vgl. BVerfGE 5, 2 [6]). Die Wahlprüfungsbeschwerde zweier seit Jahren im Ausland lebender Deutscher, die sich gegen ihren Ausschluss vom Wahlrecht durch das gesetzliche Erfordernis eines seit mindestens drei Monaten bestehenden Wohnsitzes oder dauernden Aufenthalts im Wahlgebiet (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 BWG i.d.F. vom 7. Juli 1972, BGBl. I S. 1101) wandten, blieb 1973 erfolglos: In Anbetracht der historischen Tradition des Erfordernisses der Sesshaftigkeit im Wahlgebiet verbiete sich die Annahme, dass Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG diese Begrenzung des aktiven Wahlrechts habe ausschließen wollen. Auch sei die Sonderregelung des damaligen § 12 Abs. 2 BWG für Angehörige des bundesdeutschen öffentlichen Dienstes (samt Angehörigen ihres Hausstandes), die auf Anordnung ihres Dienstherrn Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland genommen haben, nicht zu beanstanden und müsse nicht auf andere Auslandsdeutsche ausgedehnt werden; sie beruhe auf der Erwägung des Gesetzgebers, dass dieser Personenkreis sich nicht freiwillig im Ausland aufhalte und während seiner vorübergehenden Abwesenheit aufs engste mit der Bundesrepublik Deutschland verbunden bleibe (vgl. BVerfGE 36, 139 [142ff.]). Diese Rechtsprechung bestätigte der Senat 1981 im Fall eines Beschwerdeführers, der seit 1964 Beamter der EG war und seit 1971 nicht mehr in der Bundesrepublik Deutschland wohnte oder sich dort gewöhnlich aufhielt. Angesichts bestehender Unterschiede zwischen den von der Sonderregelung des § 12 Abs. 2 BWG Erfassten und den EG-Bediensteten sei der Gesetzgeber bislang noch nicht gehalten gewesen, letztere in die Sonderregelung einzubeziehen; aus verfassungsrechtlicher Sicht liege im Zuge des fortschreitenden Integrationsprozesses aber eine solche Einbeziehung für die Zukunft nahe (vgl. BVerfGE 58, 202 [205ff.]). Im November 1990 erkannte die 3. Kammer des Zweiten Senats im Fall eines deutschen Staatsangehörigen, der niemals im Geltungsbereich des Bundeswahlgesetzes eine Wohnung innegehabt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten hatte, darin, dass der Beschwerdeführer infolgedessen gemäß § 12 BWG vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen war, keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Die damalige Regelung kombinierte das Erfordernis dreimonatiger Sesshaftigkeit mit einer Fortzugsfrist von maximal zehn Jahren, wobei zugunsten von in Europaratsstaaten Ansässigen auf die Fortzugsfrist verzichtet wurde. Das aktive Wahlrecht von Europarats-Auslandsdeutschen war also nur daran geknüpft, dass der Fortgezogene überhaupt irgendwann für mindestens drei Monate einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt hatte. Der Gesetzgeber habe sich dabei, so die Kammer, von der Erwägung leiten lassen, dass als wahlberechtigte "Aktivbürger" nur Deutsche qualifiziert werden können, bei denen objektive Merkmale vorliegen, die es gewährleistet erscheinen lassen, dass sie am politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess informiert mitwirken. "Diese Wertung und die -- typisierende -- Regelung, dass für die Annahme dieser Voraussetzungen jedenfalls ein mindestens dreimonatiger ununterbrochener Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundeswahlgesetzes unerlässlich" sei, seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. November 1990 -- 2 BvR 1266/90 --, NJW 1991, S. 689 [690]).
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Der Senat hält nun aus dieser Kette von Entscheidungen, mit denen frühere, weitaus restriktivere Beschränkungen des Wahlrechts der Auslandsdeutschen gebilligt wurden, allein die Fixierung auf die ratio fest, die der Kammerbeschluss aus dem Jahr 1990 der vorausgegangenen Rechtsprechung unterlegt und mit der er -- unter anderem -- die damals nur für Europarats-Auslandsdeutsche geltende, zwischenzeitlich auf alle Auslandsdeutschen verallgemeinerte Dreimonatsregelung ohne Fortzugsfristbegrenzung gerechtfertigt hat. Getreu dem Kammerbeschluss, der die damaligen Wahlrechtsbeschränkungen für Auslandsdeutsche unter dem Gesichtspunkt der Sicherung hinreichend informierter Mitwirkung geprüft und gebilligt hat, stellt der Senat die Kommunikationsfunktion der Wahl, die die "Möglichkeit, eine reflektierte Wahlentscheidung zu treffen", voraussetze, als möglichen Rechtfertigungsgrund für Beschränkungen des Wahlrechts Auslandsdeutscher in den Vordergrund.
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Warum kommt er trotzdem zu entgegengesetzten Ergebnissen? Was das Verhältnis zur früheren Rechtsprechung angeht, findet sich in der jetzigen Entscheidung nur die Feststellung, dass, weil die Rechtfertigungsfähigkeit von Normen, die die Allgemeinheit der Wahl berühren, durch neue Entwicklungen infrage gestellt werden kann, Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zu früheren Ausgestaltungen der Wahlberechtigung von Auslandsdeutschen "nicht ohne weiteres zur Beurteilung der aktuellen Rechtslage herangezogen werden" könnten.
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Tatsächlich hat die Anknüpfung des Wahlrechts an einen aktuell bestehenden oder nur wenige Jahre zurückliegenden mindestens dreimonatigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Wahlgebiet in den zurückliegenden Jahrzehnten durch die Entwicklung von Mobilität und Kommunikationstechnik an Plausibilität eingebüßt. Diesen Entwicklungen hat der Gesetzgeber allerdings durch sukzessiven Abbau der Wahlrechtsbeschränkungen für Auslandsdeutsche Rechnung getragen und ist eben damit verfassungsgerichtlichen Beanstandungen in der Vergangenheit erfolgreich zuvorgekommen. Er hat zunächst einen Zeitraum, um den die geforderte dreimonatige Präsenz zurückliegen darf, eingeführt, diese sogenannte Fortzugsfrist später von zehn auf fünfundzwanzig Jahre verlängert und sie schließlich ganz abgeschafft. Zwischenzeitliche gruppenbezogene Differenzierungen wie die Privilegierung der in Europaratsstaaten ansässigen Auslandsdeutschen, für die das Wahlrecht schon nach der im Kammerbeschluss von 1990 gebilligten Regelung nur noch an die jetzt als verfassungswidrig beurteilte Voraussetzung geknüpft war, sind im Zuge dieser Rechtsentwicklung entfallen. Das Wahlrecht bleibt heute nicht nur dem Studenten, Korrespondenten oder Trainee im Auslandsjahr erhalten. Der Arbeiter, der nahe der Grenze zum Ausland arbeitet und wegen günstigerer Mieten und Grundstückspreise jenseits der Grenze wohnt, die Ärztin und der Hochschullehrer, die in Norwegen oder in den USA günstigere Arbeitsbedingungen vorgefunden haben, die im Ausland bei multinationalen Unternehmen oder internationalen Organisationen Tätigen, der in Deutschland geborene Sohn einer Einwandererfamilie, der mit erreichter Volljährigkeit für die deutsche Staatsangehörigkeit optiert hat, später aber bessere berufliche Entwicklungsmöglichkeiten im Herkunftsland seiner Eltern findet, sie alle können nach der Regelung, die hier zu beurteilen ist, an Bundestagstagswahlen unabhängig davon weiter teilnehmen, ob sie jemals nach Deutschland zurückkehren. Verblieben ist nur die im vorliegenden Verfahren angegriffene Anforderung, wonach an der Bundestagswahl nur teilnehmen kann, wer im Geltungszeitraum des Grundgesetzes und vor seinem Fortzug überhaupt irgendwann einmal für mindestens drei Monate im Wahlgebiet wohnhaft oder gewöhnlich aufhältig war. Als Kriterium für wahlrechtsrelevantes Kommunikationspotential mag das wenig einleuchten. Darauf kommt es aber nicht an, denn die Rechtfertigung für diese Dreimonatsregel liegt woanders. Sie liegt darin, und ist auch vom Gesetzgeber, soweit er sie thematisiert hat, kontinuierlich darin gesehen worden, dass sie ein Mindestmaß an realer Verbindung zur Bundesrepublik Deutschland wahren soll (vgl. BTDrucks 9/1913, S. 10, 14: "Mindestmaß an/einer Bindung zum Heimatstaat"; BTDrucks 10/2834, S. 27: "Mindestmaß einer Bindung zum Heimatstaat"; BTDrucks 13/9686, S. 5: "besonderer Bezug zur Bundesrepublik Deutschland").
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In dieser Differenzierungsfunktion berücksichtigt die Dreimonatsregel in ihrer hier zu beurteilenden, nicht mehr mit Fortzugsfristen kombinierten Fassung einerseits, dass auch bei langjährig im Ausland wohnhaften Deutschen noch Bindungen an Deutschland gegeben sein können, die die deutsche res publica zu ihrer Sache machen, verhindert aber andererseits, dass das Wahlrecht sich über die durch Abstammung vermittelte Staatsangehörigkeit auf Personen forterbt, bei denen die Ausübung des deutschen Wahlrechts nicht mehr ein Akt demokratischer Selbstbestimmung, sondern nur noch ein Akt der Mitbestimmung über Andere wäre. Damit ist zwischen gegenläufigen verfassungsrechtlichen Belangen ein vertretbarer Ausgleich gefunden, der denn auch, soweit ich sehe, bislang noch nirgends als verfassungswidrig beurteilt worden ist (vgl. Schreiber, BWahlG, 8. Aufl. 2009, § 12 Rn. 13f., 29; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 [Stand 10/2010] Rn. 92; Achterberg/Schulte, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 38 Abs. 1 Rn. 121; Magiera, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 38 Rn. 81f.; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 38 Rn. 13; zur Verfassungsmäßigkeit des heute in § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG, damals in § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BWG enthaltenen Dreimonatskriteriums auch bereits Breuer, Verfassungsrechtliche Anforderungen an das Wahlrecht der Auslandsdeutschen, 2001, S. 231f., 247; aus der den Rechtszustand vor der jüngsten Änderung des § 12 BWG billigenden Literatur vgl. Badura, in: Bonner Kommentar, Anh. z. Art. 38 GG Rn. 10; Morlok, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 38 Rn. 70; Grzeszick, in: Stern/Becker, Grundrechte-Kommentar, 2010, Art. 38 Rn. 50; zur zulässigen, teilweise auch als verfassungsrechtlich geboten angesehenen Berücksichtigung des Gesichtspunktes tatsächlicher Herrschaftsunterworfenheit und Betroffenheit von den Folgen der eigenen Wahlentscheidung statt vieler Menzel, Internationales Öffentliches Recht, 2011, S. 426; Spies, Die Schranken des allgemeinen Wahlrechts in Deutschland, 1979, S. 62; Henkel, AöR 99 [1974], S. 1 [7ff.]; Schreiber, DÖV 1974, S. 829 [831]; ders., NJW 1985, S. 1433 [1435]; mit Blick auf das Ausländerwahlrecht Isensee, VVDStRL 32 [1974], S. 49 [92f.]; a.A. im Zusammenhang des Ausländerwahlrechts Breuer, a.a.O., S. 170ff.; Karpen, NJW 1989, S. 1012 [1014]). Soweit gegen die Regelung des Wahlrechts der Auslandsdeutschen in der Vergangenheit verbreiteter verfassungsrechtliche oder auch nur erhebliche rechtspolitische Bedenken angemeldet wurden, betraf dies Restriktionen und Regelungselemente, die sich im geltenden Recht nicht mehr finden, wie zum Beispiel die Privilegierung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Meyer, in: Isensee/Kirchhof, HdStR III, 3. Aufl. 2005, § 46 Rn. 5; Breuer, a.a.O., S. 226ff.; Hilf, EuGRZ 1977, S. 14 [15]; Martens, JR 1974, S. 189 [192]; speziell das Verhältnis zu auslandsdeutschen Bediensteten inter- und supranationaler Organisationen betreffend auch Henkel, a.a.O., S. 16f.), die Differenzierung anhand des Kriteriums der Sesshaftigkeit in Europaratsstaaten (Breuer, a.a.O., S. 232ff.; Meyer, a.a.O.; s. auch Menzel, Internationales Öffentliches Recht, 2011, S. 426), das weitgehende Festhalten am Erfordernis aktueller Sesshaftigkeit im Bundesgebiet (Voigt, DVBl 1976, S. 430 [432]; Hilf, EuGRZ 1977, S. 14ff.) und die ehemals nur zehnjährige Dauer der Fortzugsfrist (vgl. Meyer, HdStR II, 2. Aufl. 1998, § 38 Rn. 3). Wo vereinzelt noch in jüngst erschienenen Werken die Beschränkungen des Wahlrechts für Auslandsdeutsche beanstandet werden, bezieht auch dies sich erkennbar auf ältere Fassungen des § 12 BWG (vgl. Trute, in: v. Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 38 Rn. 23; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 38 GG Rn. 20 [unter Verweis auf Breuer, a.a.O., S. 223ff.]; Menzel, a.a.O.).
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Der heutige Senatsbeschluss lässt offen, ob Betroffenheitsgesichtspunkte zur Rechtfertigung von Wahlrechtsbeschränkungen überhaupt herangezogen werden können. Jedenfalls eine Rechtfertigung der hier angegriffenen Regelung durch solche Gesichtspunkte schließt er mit der knappen Feststellung aus, die (ausschließliche) Anknüpfung der Wahlberechtigung an einen früheren dreimonatigen Daueraufenthalt im Bundesgebiet sei ein insoweit untaugliches Differenzierungskriterium, weil eine derartige Regelung Auslandsdeutschen das Wahlrecht ohne Rücksicht darauf zuerkenne, ob sie aktuell der deutschen Hoheitsgewalt unterliegen, steuerlich in Anspruch genommen werden u.ä. Damit und mit den nachfolgenden, sehr viel ausführlicheren Erwägungen zu Kommunikationsgesichtspunkten geht er sowohl am Sinn demokratischer Wahlen als auch an dem wahlrechtlichen Typisierungserfordernis, zu dem er ein Lippenbekenntnis abgibt, vorbei.
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Kommunikation ist für die Demokratie in der Tat essentiell. Was den Zusammenhang, der durch demokratische Wahlen etabliert wird und etabliert werden soll, angeht, ist aber nicht der Kommunikationszusammenhang, sondern der Verantwortungszusammenhang (vgl. BVerfGE 44, 125 [142]) der grundlegendere -- ein Verantwortungszusammenhang der wirklichen, ernsten Art, in dem nicht nur Worte zu wechseln, sondern auch, von Wählern wie Gewählten, Konsequenzen des eigenen Entscheidungsverhaltens zu tragen sind. Erst durch ihn wird der demokratische Kommunikationszusammenhang überhaupt gestiftet. Je öfter und weiter formelle Zugehörigkeit -- in Deutschland der Deutschenstatus gemäß Art. 116 Abs. 1 GG -- und materielle Betroffenheit von der Staatsgewalt, auf die mit der Wahlentscheidung Einfluss genommen wird, auseinanderfallen, desto mehr entspricht es daher dem Sinn demokratischer Wahlen, die Wahlberechtigung nicht allein an die formelle Zugehörigkeit, sondern darüber hinaus daran zu knüpfen, dass die Wählenden mit ihrer Wahlentscheidung auf die politische Gestaltung eigener, nicht fremder, Lebensverhältnisse Einfluss nehmen. Dementsprechend ist das Erfordernis eines mindestens dreimonatigen Vorfortzugsaufenthalts mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts in der Vergangenheit genutzt worden. Unter anderem wurden auf diese Weise die DDR-Deutschen (zu deren Staatsangehörigkeit BVerfGE 36, 1 [30f.]) vom aktiven Wahlrecht zum Deutschen Bundestag ausgeschlossen (vgl. BTDrucks 9/1913, S. 11; s. auch, zu den umstrittenen Fragen des Wahlrechts für Angehörige der deutschen Minderheit in Polen und zur Bedeutung des Vorfortzugs-Aufenthaltserfordernisses in diesem Zusammenhang, Blumenwitz, Wahlrecht für Deutsche in Polen, 1999, S. 95ff., 105ff. u. passim, m.w.N.). Weshalb dasselbe Kriterium heute nicht weiterhin heranziehbar sein sollte, um insbesondere die Fortpflanzung des deutschen Wahlrechts auf im Ausland lebende Nachfahren von Personen deutscher Staatsangehörigkeit (vgl. dazu bereits BTDrucks 9/1913, S. 12) zu begrenzen, erschließt sich umso weniger, als der Senat diesen Ausschluss hinzunehmen gewillt ist, wenn er auf Kombinationen mit einer Fortzugsfrist (insoweit also auf einer Rückkehr zu älteren, restriktiveren Regelungsmodellen) und weiteren Sonderregelungen beruht.
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Die Schwierigkeiten der Materie liegen in der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse, auf die jede denkbare Regelung des Wahlrechts für Auslandsdeutsche trifft, in der Gradualität der diesbezüglichen Unterschiede und darin, dass ein großer Teil der Umstände und Umständekombinationen, die unter den verfassungsrechtlich relevanten Gesichtspunkten der kommunikativen und sonstigen Verbindung zu Deutschland von Belang sein können, wie tatsächliche Kontakte, Rückkehrabsichten, Verbindungen und Betroffenheiten in Gestalt von Einkünften, Vermögen und/oder im Land gebliebenen nahen Angehörigen, sich einer für die Zwecke des Wahlrechts praktikablen Erfassung entziehen. Jede praktikable Lösung ist daher unvermeidbar mit der Misslichkeit verbunden, dass sie entweder fragwürdige Einschlüsse oder fragwürdige Ausschlüsse oder -- in jeweils weniger fragwürdigem Ausmaß -- beides produziert. Die Typisierungsbefugnis, die sich daraus ergeben muss, erkennt der Senat zwar in abstracto an, missachtet sie aber in concreto.
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Man sollte meinen, dass in dem dargestellten Dilemma die gesetzgeberische Entscheidung Billigung verdient, mit der ausschließlichen Forderung eines mindestens dreimonatigen (gewöhnlichen) Vorfortzugsaufenthalts vorrangig fragwürdige Ausschlüsse zu vermeiden und Fortgezogenen so das Wahlrecht in einem Umfang zu belassen, der sich auch im internationalen Vergleich entwickelter Demokratien als großzügig darstellt. Angesichts der zu Recht hervorgehobenen engen verfassungsrechtlichen Grenzen, die einer Beschränkung des Wahlrechts durch den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl gesetzt sind, verwundert es, dass der Senat, der die vorliegende Lösung für verfassungswidrig erachtet, zugleich den sehr viel weiterreichenden Ausschluss vom Wahlrecht durch eine Kombination dieser Lösung mit einer Fortzugsfrist billigt. Man wüsste auch gern, wie auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats im Fall einer solchen Kombination verfassungskonform mit Deutschen umzugehen wäre, deren früherer Aufenthalt sich nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in der DDR abgespielt hat, denn der auf diese Konstellation zugeschnittene Satz 2 des § 12 Abs. 2 BWG muss, wenn ausschließlich der Gesichtspunkt der kommunikativen Verbindung zur Bundesrepublik Deutschland rechtfertigungstauglich sein soll, auch für den Fall der Kombination des Aufenthaltserfordernisses mit einer Fortzugsfrist weitaus größere Probleme bereiten als der vom Senat allein betrachtete Satz 1 der Vorschrift (vgl. Breuer, a.a.O., S. 244f.).
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Gleichzeitig soll der Gesetzgeber, wenn er sich für die aufgezeigte Kombinationslösung entscheidet, offenbar auch noch eine Sonderregelung für Grenzpendler und anderweitig gesellschaftlich Integrierte treffen müssen. Der Senat sieht nämlich Art. 38 Abs. 1 GG durch die angegriffene Regelung unter anderem deshalb verletzt, weil nach ihr "Auslandsdeutsche, die zwar zu keinem Zeitpunkt für mindestens drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland ansässig gewesen sind, jedoch typischerweise mit den politischen Verhältnissen vertraut und von ihnen betroffen sind, etwa weil sie als ihre Berufstätigkeit in der Bundesrepublik ausüben . . . oder weil sie durch ihr Engagement in Verbänden, Parteien und sonstigen Organisationen in erheblichem Umfang am politischen und gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen, vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen bleiben, obwohl sie nach der Wertung, die § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG zugrunde liegt, gleichfalls an den Wahlen zum Deutschen Bundestag teilnehmen müssten". Der "Grenzgänger", der zwischen Arbeitsplatz im Inland und Wohnung im Ausland pendelt (der umgekehrte Fall wirft ein wahlrechtliches Problem von vornherein nicht auf), ist als Typus allerdings bekannt. Den Inlandsbindungen des typischen Grenzpendlers, der sich irgendwann aus finanziellen oder sonstigen Gründen dafür entschieden hat, jenseits der Grenze zu wohnen, trägt die angegriffene Regelung aber bereits Rechnung. Er erfüllt das Dreimonatskriterium des § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG und behält daher sein Wahlrecht dauerhaft, auch wenn er eines Tages nicht mehr zur Arbeit pendelt, sondern die Grenze nur noch zum Besuch von Parteiversammlungen oder Sitzungen seines Karnevalsvereins überquert. Ob dagegen der vom Senat ins Auge gefasste Fall des deutschen Staatsangehörigen, der zum Grenzpendler oder, unabhängig davon, zum regelmäßigen Besucher inlandsdeutscher Parteiversammlungen oder Karnevalsvereinssitzungen wird, ohne sich jemals für drei Monate in Deutschland gewöhnlich aufgehalten zu haben, in irgendeinem möglichen Wortsinn "typischerweise" auftritt, weiß ich nicht. Selbst wenn es sich so verhalten sollte, wäre ich der Meinung, dass der Gesetzgeber ihn nicht berücksichtigen muss, weil dieser Typus sich nicht mit praktikablen Abgrenzungskriterien erfassen lässt. Eine Differenzierung der Wahlrechtsvoraussetzungen nach dem Maße gesellschaftlicher Integration, die dazu führt, dass Wahlbehörden sich mit der Frage befassen müssen, ob Bedeutung und Häufigkeit der Karnevalsvereinssitzungen übers Jahr es erlauben, von einer Teilnahme am gesellschaftlichen Leben der Bundesrepublik Deutschland "in erheblichem Umfang" zu sprechen, und ob der Wählenwollende die Parteiversammlungen, auf die er sich beruft, auch tatsächlich regelmäßig besucht hat, dürfte jedenfalls nicht in Betracht kommen. Der Senat unterschätzt insofern auch die "wahltechnischen" Zusatzargumente, die für die Anknüpfung an einen früheren dreimonatigen Aufenthalt angeführt worden sind (vgl. BTDrucks 9/1913, S. 11). Unterschätzt werden darüber hinaus die Schwierigkeiten gleichheitsgerechter Wahlkreiseinteilung, die mit dem vom Senat als mögliche Lösung in den Raum gestellten Wegfall jeglicher speziell die Auslandsdeutschen betreffenden Wahlrechtsbeschränkung verbunden wären (zur Illustration vgl. Schild, NJW 1985, S. 3056ff.).
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Der heutige Beschluss gehört zu den Erscheinungen, die sich nur historisch -- geschichtenerzählend -- erklären lassen. Zu seinen Bestimmungsfaktoren zählt unter anderem das Urteil zum Ausländerwahlrecht; genauer: der überschießend generalisierende Teil der Begründung dieses Urteils. Nachdem das Gericht die Beschränkung des Wahlrechts der Auslandsdeutschen durch ein Sesshaftigkeitserfordernis wiederholt allein mit dem Argument der Tradition gerechtfertigt und den demokratischen Grundgedanken, dass die Regierenden ihre Legitimation von den Regierten beziehen sollten, aus dem Spiel gelassen hatte (zur Kritik des Traditionsarguments s. Häberle, ZfP, 1974, S. 111 [126]; Schreiber, DÖV 1974, S. 829 [830]; Blumenwitz, a.a.O., S. 73ff.; Breuer, a.a.O., S. 94ff.), erklärte es in seinem Urteil zum Ausländerwahlrecht "die Vorstellung, es entspreche der demokratischen Idee . . ., eine Kongruenz zwischen den Inhabern demokratischer politischer Rechte und den dauerhaft einer bestimmten Herrschaft Unterworfenen herzustellen", für zwar "im Ausgangspunkt zutreffend", meinte aber, dies dürfe nicht zu einer "Auflösung des Junktims" zwischen der Eigenschaft als Deutscher und der -- das Wahlrecht vermittelnden -- Zugehörigkeit zum Staatsvolk führen; vielmehr dürften Diskrepanzen zwischen Herrschaftsunterworfenheit und der durch den Deutschenstatus im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG definierten Zugehörigkeit zum Staatsvolk nur im Wege staatsangehörigkeitsrechtlicher Regelung ausgeräumt werden (vgl. BVerfGE 83, 37 [51f.]). Mit dieser über die allein betrachtete und allein zu entscheidende Frage des Ausländerwahlrechts hinausreichenden Verallgemeinerung sollte keineswegs die partielle Entkoppelung von Deutscheneigenschaft und Wahlrecht, die der Senat im Fall der Auslandsdeutschen in ständiger Rechtsprechung gebilligt hatte, für unzulässig erklärt und der Gesetzgeber auch hier auf das Staatsangehörigkeitsrecht als einzig zulässiges Instrument der Herstellung von Kongruenz zwischen Herrschaftsunterworfenheit und Innehabung des Wahlrechts verwiesen werden. Die gewählte Formulierung schien aber die Frage, ob bei Auslandsdeutschen Abstriche von dem postulierten Junktim ihre Rechtfertigung in dem Gesichtspunkt fehlender Herrschaftsunterworfenheit finden können, negativ zu beantworten (so denn auch Breuer, a.a.O., S. 172). Der zwei Tage nach Verkündung des Urteils folgenden Kammerentscheidung blieb deshalb für den Versuch, den gutgeheißenen Beschränkungen des Wahlrechts Auslandsdeutscher eine andere als die bis dato in der Senatsrechtsprechung herangezogene traditionsbezogene Begründung zu verschaffen, nur noch der Rekurs auf den Gesichtspunkt, dass Wähler am politischen Willens- und Meinungsbildungsprozess "informiert mitwirken" und daher mit den hiesigen Verhältnissen "vertraut" sein sollten (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 2. November 1990, a.a.O., S. 690), der für sich genommen eine konsistente Rechtfertigung für die hier zu beurteilende Regelung in der Tat nicht abgibt und auf den sich nun unter dem Stichwort "Kommunikationsfunktion" auch der Senat fixiert hat. Ob alle alternativen Regelungsmöglichkeiten, die der Senat auf dieser unzureichenden Basis dem Gesetzgeber nahelegt, näherer verfassungsrechtlicher Prüfung standhalten, wird der nächste Durchlauf zeigen. Auf Erwartungswidrigkeiten jedenfalls ist der Gesetzgeber durch die vorliegende Entscheidung gut vorbereitet.
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