1. Den Staatsorganen ist es von Verfassungs wegen versagt, sich in amtlicher Funktion im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbes durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen.
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2. Es ist mit dem Verfassungsprinzip, daß Bundestag und Bundesregierung nur einen zeitlich begrenzten Auftrag haben, unvereinbar, daß die im Amt befindliche Bundesregierung als Verfassungsorgan im Wahlkampf sich gleichsam zur Wiederwahl stellt und dafür wirbt, daß sie als "Regierung wiedergewählt" wird.
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3. Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend zugunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirken.
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4. Ein parteiergreifendes Einwirken von Staatsorganen in die Wahlen zur Volksvertretung ist auch nicht zulässig in der Form von Öffentlichkeitsarbeit. Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt.
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6. Tritt der informative Gehalt einer Druckschrift oder Anzeige eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurück, so kann das ein Anzeichen dafür sein, daß die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung überschritten ist.
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7. Als Anzeichen für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen Wahlwerbung kommt weiterhin ein Anwachsen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe in Betracht, das sowohl in der größeren Zahl von Einzelmaßnahmen ohne akuten Anlaß, wie in deren Ausmaß und dem gesteigerten Einsatz öffentlicher Mittel für derartige Maßnahmen zum Ausdruck kommen kann.
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8. Aus der Verpflichtung der Bundesregierung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf die Wahl zu enthalten, folgt schließlich für die Vorwahlzeit das Gebot äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher mit Haushaltsmitteln betriebener Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeitsberichten, Leistungsberichten und Erfolgsberichten.
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9. Die Bundesregierung muß Vorkehrungen dagegen treffen, daß die von ihr für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit hergestellten Druckwerke nicht von den Parteien selbst oder von anderen sie bei der Wahl unterstützenden Organisationen oder Gruppen zur Wahlwerbung eingesetzt werden.
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Urteil | |
des Zweiten Senats vom 2. März 1977 auf die mündliche Verhandlung vom 9. September 1976
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-- 2 BvE 1/76 -- | |
in dem Verfahren über den Antrag, festzustellen, daß die Bundesregierung durch geldwerte Leistungen an die Regierungspartei SPD und F.D.P. sowie durch die Serien ihrer Propagandaanzeigen, -beilagen, -faltblätter u.ä. gegen Art. 21 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes verstoßen hat, Antragstellerin: Christlich Demokratische Union Deutschlands, ... , Antragsgegnerin: Bundesregierung, ... -.
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Die Bundesregierung hat dadurch gegen Artikel 20 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes und den Grundsatz der Chancengleichheit bei Wahlen (Artikel 21 Absatz 1, 38 Absatz 1 des Grundgesetzes) verstoßen, daß sie vor der Bundestagswahl vom 3. Oktober 1976 durch Anzeigenserien, Faltblätter und sonstige Publikationen werbend in den Wahlkampf eingegriffen und keine Vorkehrungen dagegen getroffen hat, daß von ihr für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit unter Einsatz von Haushaltsmitteln hergestellte Druckwerke in großem Umfange von den die Regierung tragenden Parteien als zusätzliche Wahlkampfmaterial bezogen und verwendet worden sind.
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Die Bundesrepublik Deutschland hat der Antragstellerin die notwendigen Auslagen zu erstatten.
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Gründe: | |
A. | |
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob die Bundesregierung durch von ihr als Öffentlichkeitsarbeit bezeichnete Maßnahmen in den Bundestagswahlkampf 1976 eingegriffen und dadurch die Antragstellerin in den ihr durch das Grundgesetz übertragenen Rechten verletzt oder unmittelbar gefährdet hat.
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I.
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1. Die Bundesregierung ließ in der Zeit von Mai 1976 bis zu den Bundestagswahlen am 3. Oktober 1976 in Tageszeitungen und Zeitschriften aus Haushaltsmitteln finanzierte Anzeigenserien veröffentlichen.
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In zehn großen Tageszeitungen der Bundesrepublik erschienen in der Zeit vom 18. Mai 1976 bis 30. Juni 1976 zahlreiche großformatige Anzeigen, in denen von der Bundesregierung erreichte Leistungen in sämtlichen wesentlichen Bereichen (zB der Wirtschaft, der Verkehrspolitik und Agrarpolitik, des Bildungswesens) herausgestellt wurden. Die Anzeigen endeten jeweils: "Die Zwischenbilanz zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Leistung verdient Vertrauen. Wir sichern die Zukunft".
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In dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" veröffentlichte die Bundesregierung in der Zeit vom 24. Mai 1976 bis 26. Juli 1976 wöchentlich eine Anzeige von jeweils drei bis fünf Druckseiten. Unter einer groß gedruckten Überschrift (zB: "Diese Regierung hat Ihnen, alles in allem, mehr Freiheit gebracht") wurden Leistungen der Bundesregierung unter Anführung zahlreicher schlagwortartig umrissener Fakten und unter Hinweis auf unbegründete pessimistische Stimmen der Opposition hervorgehoben.
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In der Illustrierten "Bunte" erschienen vom 26. Mai 1976 bis 29. Juli 1976 in einer Serie "50 Tatsachen über Deutschland" wöchentlich jeweils fünf ganzseitige Inserate der Bundesregierung. Jede Seite enthielt in Großdruck eine meist nur aus einem Satz bestehende Aussage und dazu - kleingedruckt - eine Kurzbegründung (zB: "Schwerverbrecher haben es in der Bundesrepublik ganz besonders schwer. Die Aufklärungsquote bei schwerer Kriminalität liegt in der Bundesrepublik bei 98 Prozent". Oder: "Auch Hausfrauen können jetzt in die Rentenversicherung. Das wurde 1972 gesetzlich verankert").
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In Funkzeitschriften und Fernsehzeitschriften erschienen im Juli 1976 Anzeigen, in denen die Leistungen der Bundesregierung auf dem Gebiet der Rentengesetzgebung hervorgehoben wurden. Diese Anzeigen schlossen: "Leistung verdient Vertrauen, wir sichern Deutschlands Zukunft".
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In vierzehn Zeitschriften veröffentlichte die Bundesregierung in der Zeit vom 4. August 1976 bis 10. September 1976 eine Informationsanzeige über Inhalt und Auswirkungen der Reform des Eherechts.
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2. Die Bundesregierung gab im Jahre 1976, ebenfalls im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, über das Presseamt und Informationsamt und die einzelnen Ministerien Bücher, Broschüren, Faltblätter und ähnliche Publikationen mit unterschiedlichem Inhalt und unterschiedlicher Zielrichtung heraus (z.B. Bilanzdarstellungen der Regierungsarbeit; Servicepublikationen wie eine Wohngeldfibel; Reden des Bundeskanzlers und der Bundesminister; Gesetzestexte und Vertragstexte; Berichte und Programme), von denen ein Teil Auflagen von mehr als 1 Mio Exemplare erreichte.
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Die Publikationen wurden zum großen Teil den Regierungsparteien, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und der Freien Demokratischen Partei (F.D.P.), sowie deren Untergliederungen zur Verbreitung überlassen. Von 22 verschiedenen vom Presseamt und Informationsamt in der Zeit vom 1. Januar 1976 bis 26. Juli 1976 ausgelieferten Druckschriften mit insgesamt über 6 Mio Exemplaren gingen 59,5% an die Regierungsparteien SPD und F.D.P. und nur 0,26% an die Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) und die Christliche-Soziale Union in Bayern (CSU).
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II.
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1. Die Christlich Demokratische Union Deutschlands begehrt mit der am 23. Juli 1976 beim Bundesverfassungsgericht eingegangenen, auf Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG, §§ 13 Nr. 5, 63 ff. BVerfGG gestützten Klage gegen die Bundesregierung, das Bundesverfassungsgericht möge feststellen:
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Die Bundesregierung hat durch geldwerte Leistungen an die Regierungsparteien SPD und F.D.P. im Übermaß sowie durch die Serien ihrer Propagandaanzeigen, Propagandabeilagen, Propagandafaltblätter uä gegen Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 2 des Grundgesetzes verstoßen.
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Die Antragstellerin hat diesen Antrag in den vorbereitenden Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung am 9. September 1976 im wesentlichen wie folgt begründet:
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a) Die Bundesregierung habe mit unzulässiger Eigenpropaganda durch die Veröffentlichung von Anzeigen, Zeitungsbeilagen, Faltblättern uä ständig und massiv gegen das an alle Staatsorgane gerichtete und vom Bundesverfassungsgericht mit bindender Kraft bestätigte Verbot verstoßen, auf den grundsätzlich staatsfreien Prozeß der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes einzuwirken und dadurch die Art. 20 Abs. 2, 21 GG verletzt. An der Willensbildung des Volkes anläßlich der Wahlen mitzuwirken, sei nach Art. 21 GG Sache der Parteien, nicht dagegen der Regierung.
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Die mit einem Kostenaufwand von etwa 10 Mio Deutsche Mark veröffentlichten Anzeigenserien hätten weniger der sachlichen Information als der "Wahlpropaganda" gedient. Sie ließen sich mit Sicherheit nicht mehr als organbezogene Öffentlichkeitsarbeit legitimieren. Das ergebe sich aus ihrem Inhalt und ihrer Aufmachung. Zum Teil seien sie ohne jeden Informationswert und enthielten reine Wahlpropaganda, zum Teil werde die gegebene Information überlagert durch handfeste Propaganda für die Regierung und "die Politik der Sozialdemokraten und Freien Demokraten".
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Die Bundesregierung habe insbesondere mit den Anzeigenserien, aber auch mit anderen Publikationen (zB einem Faltblatt "Leistung verdient Vertrauen - eine Bilanz nach 7 Jahren sozialliberaler Regierung") auf die Wahlentscheidung des Bürgers am 3. Oktober 1976 gezielt. Das ergebe sich aus Zeitpunkt, Umfang, Zielgruppen, Inhalt, Ton und Aufmachung dieser Publikationen. Es sei aber nicht Sache der Regierung, im Wahlkampf für ihr Verbleiben im Amt zu werben.
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b) Des weiteren habe die Bundesregierung das Recht der Antragstellerin auf chancengleiche Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes (Art. 21 Abs. 1 GG) dadurch verletzt, daß sie den Regierungsparteien SPD und F.D.P. in großem Umfang geldwerte Leistungen, nämlich das von ihr aus Haushaltsmitteln finanzierte Werbematerial im Übermaß zur Verfügung gestellt und so diesen Parteien einseitige und zusätzliche Wahlhilfe geleistet habe. Dabei komme es nicht entscheidend auf den Inhalt der den Parteien zur Verfügung gestellten Publikationen an. Es liege in der Natur der Sache daß jede "Öffentlichkeitsarbeit" der Regierung einen werbenden Effekt habe und die Wahlchancen der die Regierung tragenden Parteien verbessere. Aber wegen eben dieser Eigenschaft der Regierungspublikationen sei es nicht zulässig, sie den die Regierung tragenden Parteien zum Zwecke des Einsatzes in deren Wahlkampf kostenlos zu überlassen. Diese Parteien hätten ohnehin einen Vorsprung in der Wählergunst (etwa den sog "Kanzlerbonus"). Die Herrschaft über den Regierungsapparat und die umfangreichen Möglichkeiten zur Selbstdarstellung der führenden Vertreter der Regierungsparteien brächten zusätzlich einen weiteren Vorteil im Wahlkampf. Das habe die jeweilige Opposition hinzunehmen. Die Verfassung verlange nicht, daß derartige natürliche Vorteile der die Regierung tragenden Parteien ausgeglichen würden. Um so weniger aber dürfe der Staat eine vorgegebene faktische Ungleichheit noch verschärfen, indem er durch die kostenlose Überlassung von regierungsamtlichem Informationsmaterial die Regierungsparteien praktisch an seinen Mitteln für Öffentlichkeitsarbeit partizipieren lasse. Es könne sein, daß im Detail die Grenze gelegentlich schwer zu ziehen sei. Im vorliegenden Fall liege jedoch eine von langer Hand organisatorisch vorbereitete, sachlich geplante, zeitlich verzahnte Zusammenarbeit zwischen der "Öffentlichkeitsarbeit" der Regierung und der Wahlwerbung einer Partei vor, wobei die von Seiten des Staates eingesetzten Mittel höher seien als die Wahlkampfkostenerstattung; hier werde aus der Quantität eine rechtlich relevante Qualität.
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Die SPD habe in ihren Handbüchern "Parteiarbeit - Organisation" und "Parteiarbeit - Wahlkampf machen", in parteiinternen Informationsdiensten, in Rundschreiben und auf andere Weise ihre Untergliederungen darauf hingewiesen, daß und inwieweit im einzelnen vom Bundespresseamt und von den Ressorts herausgegebene Publikationen unentgeltlich bezogen werden könnten, und wie dieses Material im Wahlkampf verwendet werden könne. So seien zB in dem Handbuch "Parteiarbeit - Wahlkampf machen" die SPD-Ortsvereine aufgefordert worden, Broschüren der Ministerien zu beziehen und anzubieten, um dem Wähler zu vermitteln, "daß die SPD Politik zum Nutzen der Bürger mache".
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Die Publikationen seien in erheblicher Zahl und in erheblichem Umfang an Untergliederungen der SPD ausgeliefert worden. Ferner habe das Referat "Ausstellungen" beim Parteivorstand der SPD derartige Publikationen in großer Stückzahl erhalten, um sie anläßlich von Messen und Ausstellungen zu verbreiten. Für drei Informationsstände in drei Städten seien allein insgesamt ca 120.000 Broschüren ausgeliefert worden.
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In den Wahlkreisen seien Publikationen der Regierung von Bundestagskandidaten der SPD über die örtlichen Parteiorganisationen zB mit dem Aufdruck "Überreicht durch MdB ... Ihr Bundestagskandidat im Wahlkreis ... " verteilt und versandt worden. In gleicher Weise hätten der SPD angehörige Bundesminister das amtliche Publikationsmaterial der Bundesregierung benutzt.
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c) Die Antragstellerin behauptet, die Bundesregierung finanziere ihre "Öffentlichkeitsarbeit" nicht nur aus dem hierfür vorgesehenen Titel 531013 "Öffentlichkeitsarbeit Inland" (Selbstdarstellung der Regierungsarbeit), für den im Haushaltsjahr 1976 ca 56 Mio Deutsche Mark zur Verfügung stünden, sondern sie greife in großem Umfang auch - verdeckt - auf Haushaltsmittel zurück, die für lediglich fachliche Dokumentation vorgesehen seien. So sei zB eine vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebene Beilage "Sind Schulden vernünftig? Wie die Kreditpolitik dem Bürger Nutzen bringt" aus Einzelplan 32 (Bundesschuld) Kapitel 03 Titel 54101 bezahlt worden.
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Die Antragstellerin schätzt die im Haushaltsjahr 1976 für sog Öffentlichkeitsarbeit ausgegebenen Mittel auf ca 100 Mio Deutsche Mark, wobei Personalkosten, Sachkosten und Reisekosten noch nicht berücksichtigt seien.
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3. Die Bundesregierung als Antragsgegnerin beantragt, den Antrag der Christlich Demokratischen Union Deutschlands zurückzuweisen.
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Sie hält den Antrag für zulässig, aber unbegründet und trägt vor:
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a) Sie habe durch ihre Informationstätigkeit, auch soweit sie von der Antragstellerin beanstandet werde, weder gegen das Verfassungsgebot der grundsätzlich staatsfreien und offenen Meinungsbildung und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen noch gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien verstoßen.
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Die Antragstellerin verkenne den verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Stellenwert, der der Informationstätigkeit der Bundesregierung im Prozeß der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes zukomme und gelange auch in der Detailbewertung der von ihr beanstandeten Maßnahmen zu falschen Schlußfolgerungen.
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Aus der besonderen Funktion, die das Grundgesetz den politischen Parteien bei der Willensbildung des Volkes zumesse, könne nicht gefolgert werden, daß der Regierung jegliche Einflußnahme auf den Prozeß der Willensbildung untersagt sei. Ihr, wie auch anderen staatlichen Organen, müsse ein gewisser kommunikativer Handlungsspielraum zugestanden werden und zwar unabhängig davon, ob seine Ausfüllung auf den Prozeß der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes einwirke oder nicht. Es gehöre zu den verfassungsrechtlich gebotenen Aufgaben der Regierung, aktuelle Maßnahmen, die sie allein oder unter Mitwirkung anderer Organe des Staates getroffen habe, inhaltlich wie nach Anlaß, Notwendigkeit und Konsequenzen zu erklären, die Bevölkerung richtungweisend auf künftige Notwendigkeiten vorzubereiten und Rechenschaft über vergangenes Handeln zu geben. Es obliege der Regierung ferner, ihr Handeln der Bevölkerung im Gesamtzusammenhang vorzustellen und zu verdeutlichen.
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Zwar seien der Informationsarbeit der Regierung rechtliche Schranken gesetzt. Sie ergäben sich aus der funktionalen Ableitung der Informationstätigkeit der Regierung gemäß ihren der Verfassungsordnung entsprechenden sachlichen Aufgaben. Dieser Organbezug bestimme Inhalt, Stil, Richtung und wohl auch den Umfang der Informationstätigkeit. Eine "Öffentlichkeitsarbeit", die unter Verzicht auf Information über Sachthemen vergangener, gegenwärtiger oder zukünftiger Regierungspolitik manipulativ, emotionsbezogen und/oder in einem Ausmaß, das andere vom Meinungsmarkt verdränge, bloße Eigenwerbung betriebe, würde weder durch den sachlichen Auftrag zur Information gedeckt noch aus dem Demokratieprinzip und/oder rechtsstaatlichen und sozialstaatlichen Erwägungen Dies bedeute jedoch nicht, daß die Regierung gehalten sei, bei der Durchführung ihres Informationsauftrages auf informationsgerechte und informationswirksame "eingängige" Kommunikationsmittel und Kommunikationsmethoden zu verzichten. So müsse zB bei Bewertung der Publikationen berücksichtigt werden, daß die Aufnahmefähigkeit und Aufnahmebereitschaft der Bürger ganz unterschiedlich sei. Je nach dem in Betracht kommenden Adressatenkreis müsse die Bundesregierung entweder den Intellekt ansprechen oder mit sehr präzisen stichwortartigen Methoden arbeiten.
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Die Bundesregierung sei auch nicht gezwungen, ihre Informationstätigkeit zu unterlassen, wenn und soweit diese zwangsläufig, nach Art eines Reflexes, den Regierungsparteien zugutekomme.
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Die Informationstätigkeit sei schließlich auch in zeitlicher Hinsicht nicht beschränkt. Für die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Politik, Maßnahmen und Vorhaben der Regierung sowie über die nach ihrer Auffassung künftig zu lösenden Fragen gebe es weder im Grundgesetz noch in sonstigen Rechtsvorschriften irgendeine Zeitbegrenzung, ein für Wahlzeiten geltendes Gebot der Einschränkung oder gar der Einstellung der Öffentlichkeitsarbeit. Die Regierung betreibe durch ihre Öffentlichkeitsarbeit keine Propaganda. Die Informationstätigkeit könne nicht deshalb in die Nähe des verfassungsrechtlich Bedenklichen gerückt werden, weil mit ihr Meinungsäußerungen und Werturteile der Bundesregierung verbunden sein könnten. Es sei unmöglich, sich auf reine Sachaussagen zu beschränken. Recht und Pflicht, die Ziele und die Arbeit der Regierung darzustellen und ihre Politik durch Erläuterungen zu vertreten, seien ohne Wertung und Meinungsäußerung undenkbar.
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Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zeichne sich durch einen sachlich informativen, auf die Organtätigkeit der Regierung bezogenen Inhalt aus. Dabei seien jeder manipulative Anschein sowie Äußerungen vermieden worden, welche die Emotionen des Bürgers ansprechen könnten.
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b) Die Regierung habe auch nicht das Recht der Antragstellerin auf chancengleiche Mitwirkung der politischen Willensbildung des Volkes verletzt.
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Die Bundesregierung bestreitet, ihre Informationstätigkeit hinsichtlich des Inhalts, der Zielrichtung und der Art mit einer der Regierungsparteien verabredet oder abgestimmt zu haben. Herstellung und Vertrieb der Publikationen gäben keinen Anlaß zu Beanstandungen. Die Veröffentlichungen würden von den jeweils zuständigen Stellen in eigener Verantwortung nach sachlicher Notwendigkeit und dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit konzipiert und verteilt. Während oder unmittelbar nach der Herstellung einer Publikation werde ihr Erscheinen in der Regel öffentlich bekanntgemacht. Dies geschehe durch Anzeigenhinweise oder durch Hinweise an Presse, Hörfunk oder Fernsehen. Außerdem sei es Praxis, allen Fraktionen des Deutschen Bundestages das Angebot zu unterbreiten, die Publikationen für ihre Informationsarbeit zu nutzen. Für alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien seien die Veröffentlichungen - im Rahmen der vorhandenen Auflagen - in gleicher Weise erhältlich. Es müsse der freien Entscheidung der Bürger, der Gruppen und der politischen Vereinigungen überlassen bleiben, ob sie von dem Informationsmaterial der Regierung Gebrauch machen wollten.
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Die Bundesregierung könne keinen Einfluß darauf nehmen, ob und inwieweit Parteien sich der Regierungspublikationen bedienten. Ebenso wie es das Recht der Regierung sei, sich Ziele und Vorstellungen der sie tragenden Parteien zu eigen zu machen, sei es legitim, wenn sich diese auf das Handeln und Planen der Regierung beriefen und es für die Parteiarbeit nutzbar machten. Auch die im Rahmen der Informationsarbeit veröffentlichten Zeitungsanzeigen seien unabhängig von den Werbekampagnen sämtlicher Parteien geplant und veröffentlicht worden.
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c) Zur Höhe der Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit trägt die Antragsgegnerin vor:
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Im Durchschnitt der zurückliegenden Jahre seien die Ausgaben der Bundesregierung für Öffentlichkeitsarbeit zwar gestiegen. Doch zeige eine Analyse, daß die Steigerung der Haushaltsmittel, die in den Jahren 1969 bis 1976 für die Öffentlichkeitsarbeit aufgewandt worden sind, weit unterhalb der Steigerung der gesamten Ausgaben des Bundeshaushalts liege. So hätten sich die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit von 32,3 Mio Deutsche Mark im Jahr 1969 lediglich auf 51,6 Mio Deutsche Mark im Jahr 1976 erhöht, wobei noch zu berücksichtigen sei, daß 1976 bis zur Bundestagswahl nur ca 33 Mio Deutsche Mark ausgegeben würden.
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Zwar verwende die Bundesregierung auch andere Haushaltstitel für Informationszwecke. Diese Informationen dienten jedoch ganz überwiegend fachspezifischen Zwecken. Irgendeine Einflußnahme auf den Prozeß der politischen Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes könne darin nicht erblickt werden.
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Der Antrag ist zulässig.
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1. Die Antragstellerin als politische Partei ist im vorliegenden Organstreit parteifähig. § 63 BVerfGG zählt im einzelnen die Organe auf, die ein Organstreitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG und § 13 Nr. 5 BVerfGG anhängig machen können. Zu den "anderen Beteiligten" iS dieser Vorschriften gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die politischen Parteien, wenn und soweit sie um Rechte kämpfen, die sich aus ihrem besonderen verfassungsrechtlichen Status ergeben. Diese Ausweitung des verfahrensrechtlichen Parteibegriffs bei der Organklage auf politische Parteien konnte und mußte erfolgen, weil die politischen Parteien formierte Einheiten sind, ohne die die Durchführung von Wahlen und die Besetzung der obersten Staatsämter in der modernen Massendemokratie nicht möglich ist (BVerfGE 13, 54 [81]). Die politischen Parteien sind deshalb insbesondere berechtigt, eine Verletzung ihres verfassungsrechtlichen Status im Bereich des Wahlrechts im Wege der Organklage zu rügen (ständige Rechtsprechung seit BVerfGE 4, 27 [30f]; vgl. ferner BVerfGE 11, 239 [241f]; 14, 121 [129]; 20, 18 [22]; 24, 260 [263]; 24, 300 [329]).
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2. Die Antragstellerin ist ordnungsgemäß vertreten. Es ist Sache der dem Vorstand einer politischen Partei obliegenden Geschäftsführung, ein Organstreitverfahren nach § 64 BVerfGG einzuleiten (vgl. BVerfGE 24, 300 [331]). Die Antragstellerin trägt unwidersprochen vor, daß der Bundesvorstand, der nach § 34 Abs. 1 ihres Statuts in der Fassung vom 23./24. Juni 1975 die Bundespartei leitet, und das Parteipräsidium, das nach § 34 Abs. 6 des Statuts die Beschlüsse des Bundesvorstandes auszuführen hat, der Einleitung des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht zugestimmt haben. Die Antragstellerin wird nach § 34 Abs. 3 ihres Statuts gerichtlich durch den Vorsitzenden und den Generalsekretär vertreten. Beide haben eine den Erfordernissen des § 22 BVerfGG genügende Vollmacht für den Verfahrensbevollmächtigten vorgelegt.
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3. Der Antrag entspricht den Erfordernissen des § 64 BVerfGG. Er richtet sich gegen Maßnahmen der Antragsgegnerin. Diese sind im Antrag des näheren bezeichnet und in der mündlichen Verhandlung weiter präzisiert worden. Ferner sind die Bestimmungen des Grundgesetzes angegeben, gegen die nach Meinung der Antragstellerin die beanstandeten Maßnahmen verstoßen.
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Der Antrag ist rechtzeitig eingegangen (§ 64 Abs. 3 BVerfGG). Die Antragstellerin hat klargestellt, daß das Verfahren sich nur auf die ihr während der letzten sechs Monate vor der Antragstellung bekanntgewordenen Maßnahmen beziehen soll.
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Der Antrag ist begründet. Die unter V. bezeichneten Maßnahmen der Bundesregierung waren mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 S. 2 GG unvereinbar und haben die Antragstellerin in ihrem verfassungsmäßigen Recht auf Chancengleichheit bei den Bundestagswahlen 1976 (Art. 21 Abs. 1, 38 Abs. 1 GG) verletzt.
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I.
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Aus Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG ergibt sich:
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1. In der freiheitlichen Demokratie, die das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verfaßt hat, geht alle Staatsgewalt vom Volke aus und wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG). Diese Grundentscheidung der Verfassung für die demokratische Staatsform wird unter anderem in Art. 38 Abs. 1 GG näher dahin ausgestaltet, daß die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden, Vertreter des ganzen Volkes, an Weisungen und Aufträge nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind, und in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG dahin, daß die politischen Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken. Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß diesen Grundsätzen des demokratischen Staates entsprechen (Art. 28 Abs. 1 GG). Die personellen Träger der obersten politischen Staatsorgane bedürfen, damit ihr Verhalten dem Volke verantwortlich bleibt, in regelmäßig wiederkehrenden zeitlichen Abständen der demokratischen Legitimation durch Wahlen. Deshalb werden die Abgeordneten des Bundestages auf Zeit gewählt (Art. 39 Abs. 1 GG), wird im parlamentarischen Regierungssystem des Bundes der Bundeskanzler vom Bundestag gewählt (Art. 63 GG) und endet das Amt des Bundeskanzlers mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages (Art. 69 Abs. 2 GG).
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2. Wahlen vermögen demokratische Legitimation iS des Art. 20 Abs. 2 GG nur zu verleihen, wenn sie frei sind. Dies erfordert nicht nur, daß der Akt der Stimmabgabe frei von Zwang und unzulässigem Druck bleibt, wie es Art. 38 Abs. 1 GG gebietet, sondern ebensosehr, daß die Wähler ihr Urteil in einem freien, offenen Prozeß der Meinungsbildung gewinnen und fällen können (vgl. BVerfGE 20, 56 [97]). Die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes gewährleistet die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen dieses freien und offenen Prozesses der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes, insbesondere durch die zahlreichen grundrechtlichen Verbürgungen der Freiheit und Gleichheit und durch institutionelle und verfahrensrechtliche Vorkehrungen, wie zB die grundsätzliche Öffentlichkeit der Verhandlungen von Bundestag und Bundesrat (Art. 42 Abs. 1, 52 Abs. 3 Satz 3 GG) oder die Publizität der Rechtsetzung (Art. 76, 77, 82 Abs. 1 GG). Der hervorragenden Bedeutung, die in diesem Prozeß den politischen Parteien zukommt, hat das Grundgesetz dadurch Ausdruck verliehen, daß es ihnen einen verfassungsrechtlichen Status zuerkannt hat (Art. 21 GG). Er gewährleistet nicht nur ihre freie Gründung und Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes, sondern sichert diese Mitwirkung auch durch Regeln, die ihnen gleiche Rechte und gleiche Chancen gewähren.
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3. Willensbildung des Volkes und Willensbildung in den Staatsorganen vollziehen sich in vielfältiger und tagtäglicher Wechselwirkung. Politisches Programm und Verhalten der Staatsorgane wirken unablässig auf die Willensbildung des Volkes ein und sind selbst Gegenstand der Meinungsbildung des Volkes; Meinungen aus dem Volk, sehr häufig vorgeformt und gestaltet vor allem in den politischen Parteien, aber auch zB über Verbände und über Massenmedien, wirken auf die Willensbildung in den Staatsorganen ein. Die Regierung und die sie tragenden politischen Kräfte im Parlament ebenso wie die Opposition werden bei ihrem Verhalten stets auch den Wähler im Blick haben. Dies alles ist Teil des politischen Prozesses einer freiheitlichen Demokratie, wie das Grundgesetz ihn versteht.
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Grundgesetz und übrige Rechtsordnung ziehen diesen wechselseitigen Einwirkungsmöglichkeiten indes auch Grenzen, und zwar in beiden Richtungen. Es ist hier nicht geboten, die vielfältigen rechtlichen Zuordnungen, Unterscheidungen und Begrenzungen des staatlichen vom nichtstaatlichen Wirkungsfeld nach Sachbereichen, Subjekten, Formen und Verfahren allgemein zu bestimmen. Die grundrechtlichen Verbürgungen verwehren dem Staat ein Ausgreifen in den Freiheitsbereich des Einzelnen. Andererseits trifft die Rechtsordnung institutionelle, personelle und verfahrensmäßige Vorkehrungen zum Schutze der Integrität des Zustandekommens und der Willensbildung und Entscheidungsbildung der staatlichen Organe. Hierher gehören das freie Mandat der Abgeordneten, das Wahlgeheimnis, die Inkompatibilitätsregelungen, die persönliche und sachliche Unabhängigkeit der Richter, die Strafvorschriften, die die Lauterkeit des Wahlverfahrens und der Amtsführung schützen sollen, die Prüfungsbefugnisse des Rechnungshofes, das Disziplinarrecht und vieles andere.
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4. In höchstem Maße der Integrität bedürftig ist der Grundakt demokratischer Legitimation, die Wahl der Abgeordneten der Volksvertretung. Im Wahlakt muß sich - dieser Sinn ist in Art. 20 Abs. 2 GG angelegt - die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin vollziehen, nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin. So sehr von dem Verhalten der Staatsorgane Wirkungen auf die Meinungsbildung und Willensbildung des Wählers ausgehen und dieses Verhalten selbst mit Gegenstand des Urteils des Wählers ist, so sehr ist es den Staatsorganen in amtlicher Funktion verwehrt, durch besondere Maßnahmen darüber hinaus auf die Willensbildung des Volkes bei Wahlen einzuwirken, um dadurch Herrschaftsmacht in Staatsorganen zu erhalten oder zu verändern. Es ist ihnen von Verfassungs wegen versagt, sich als Staatsorgane im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerbern zu identifizieren und sie unter Einsatz staatlicher Mittel zu unterstützen oder zu bekämpfen, insbesondere durch Werbung die Entscheidung des Wählers zu beeinflussen.
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Unabhängig davon ist es mit dem Verfassungsprinzip, daß Bundestag und Bundesregierung nur einen zeitlich begrenzten Auftrag haben, unvereinbar, daß die im Amt befindliche Bundesregierung als Verfassungsorgan im Wahlkampf sich gleichsam zur Wiederwahl stellt und dafür wirbt, daß sie "als Regierung wiedergewählt" wird. Das schließt nicht aus, daß die Mitglieder der Bundesregierung außerhalb ihrer amtlichen Funktionen für eine Partei in den Wahlkampf eingreifen.
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5. Das Grundgesetz als demokratische Ordnung sieht vor, daß grundlegende staatliche Entscheidungen nach Maßgabe der Mehrheitsregel getroffen werden (Art. 42 Abs. 2, Art. 63 Abs. 2 bis 4, Art. 67 Abs. 1, Art. 52 Abs. 3, Art. 54 Abs. 6). Indes zieht es zugleich der Mehrheitsherrschaft rechtsstaatliche und bundesstaatliche Grenzen, zumal über die Grundrechte, die Erschwerung und Begrenzung der Verfassungsänderung (Art. 79 GG), die Garantie des Rechtsweges gegen die öffentliche Gewalt (Art. 19 Abs. 4 GG), die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Rechtsprechung (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 GG) und sichert diese Grenzen über eine weitreichende Verfassungsgerichtsbarkeit (Art. 93 GG).
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Aber auch dort, wo das Grundgesetz in staatlichen Organen der Mehrheitsherrschaft Raum gibt, entläßt es sie nicht aus der verfassungsrechtlichen Grundverpflichtung, daß alle Staatsgewalt um des Schutzes der Würde und Freiheit aller und der sozialen Gerechtigkeit gegenüber allen anvertraut ist, mithin stets am Wohl aller Bürger ausgerichtet zu sein hat. Und nur wenn die Mehrheit aus einem freien, offenen, regelmäßig zu erneuernden Meinungsbildungsprozeß und Willensbildungsprozeß, an dem grundsätzlich alle wahlmündigen Bürger zu gleichen Rechten teilhaben können, hervorgegangen ist, wenn sie bei ihren Entscheidungen das - je und je zu bestimmende - Gemeinwohl im Auge hat, insbesondere auch die Rechte der Minderheit beachtet und ihre Interessen mitberücksichtigt, ihr zumal nicht die rechtliche Chance nimmt oder verkürzt, zur Mehrheit von morgen zu werden, kann die Entscheidung der Mehrheit bei Ausübung von Staatsgewalt als Wille der Gesamtheit gelten und nach der Idee der freien Selbstbestimmung aller Bürger Verpflichtungskraft für alle entfalten. Der Staat des Grundgesetzes ist der Entscheidungszusammenhang und Verantwortungszusammenhang - zunehmend eingebettet in internationale Wirkungsbereiche -, vermittels dessen sich das Volk nach der Idee der Selbstbestimmung aller in Freiheit und unter der Anforderung der Gerechtigkeit seine Ordnung, insbesondere seine positive Rechtsordnung als verbindliche Sollensordnung setzt. Weil er der freien Selbstbestimmung aller unter Gewährleistung von Frieden und Ordnung einen institutionellen Rahmen verbürgt, kommt dem Staat Hoheitsgewalt, dh die Macht zu, Akte zu setzen, die für alle verbindlich sind, insbesondere Recht zu schaffen und Herrschaftsorgane einzusetzen. Dieser Sinn der Begründung und Autorität staatlicher Hoheitsmacht wird verfehlt, wenn unter dem Mantel staatlicher Hoheit parteiergreifend auf den Grundakt demokratischer Legitimation, die Wahlen zur Volksvertretung, eingewirkt wird. Bereitschaft und Verpflichtung aller Bürger zum Rechtsgehorsam und damit eine unerläßliche Bedingung für Freiheit und Frieden in einem Gemeinwesen würden verlorengehen, wenn staatliche Gewalt als Werkzeug zur Perpetuierung der Herrschaft einer bestimmten Mehrheit dienen könnte.
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Der Staat, den das Grundgesetz verfaßt hat, wird vom ganzen Volk getragen, nicht allein von den jeweils regierenden Mehrheiten und den hinter ihnen stehenden politischen Kräften. Das bekundet sich in dem gleichen staatsbürgerlichen Status aller Deutschen, soweit ihnen nicht seine Wahrnehmung durch die Spaltung Deutschlands versagt ist, insbesondere in den gleichen politischen Grundrechten, in der Allgemeinheit und Gleichheit des Wahlrechts, im gleichen Zugang zu den öffentlichen Ämtern wie auch in den gleichen Pflichten, zB der gesetzlichen Steuerpflicht, Schulpflicht oder Wehrpflicht. Sie dürfen im Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bei allen Abstufungen, zB nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sozialer Lage oder Geschlecht (wie bei der Wehrpflicht), jedenfalls aber nicht an Differenzierungen aus Gründen politischer Anschauungen oder Zugehörigkeiten geknüpft werden (vgl. Art. 3 Abs. 3 GG, Art. 33 Abs. 2 GG).
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Insbesondere die finanziellen Mittel und Lasten, mit denen dieser Staat erhalten wird, werden grundsätzlich von allen Staatsbürgern ohne Ansehen ihrer politischen Anschauungen oder Zugehörigkeiten erbracht. Auch diese Mittel sind dem Staat zur Verwendung für das gemeine Wohl anvertraut. Er dient diesem Zweck als sozialer Rechtsstaat in vielfältiger Weise gerade auch durch die Förderung von Teilen und Gruppen der Bevölkerung einer pluralistischen Gesellschaft und ihrer verschiedenartigsten Interessen. Wo sich insoweit Grenzen, etwa aus dem Privilegierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG ergeben, bedarf an dieser Stelle nicht allgemein der Entscheidung. Nicht mehr von dieser Bindung gedeckt ist es jedoch, wenn bei einem so entscheidend auf das Staatsganze bezogenen Vorgang, wie der Wahl der Volksvertretung, die von der Allgemeinheit erbrachten und getragenen finanziellen Mittel und Möglichkeiten des Staates zugunsten oder zu Lasten von politischen Parteien oder Bewerbern in parteiergreifender Weise eingesetzt werden. Das Grundgesetz nimmt im Prozeß der politischen Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes, der im Wahlakt gipfelt, außerrechtliche Ungleichheiten seiner Wahlbürger und ihrer politischen Gruppierungen hin. Es verwehrt dem Staat aber, durch Parteinahme im Wahlkampf auf die Wettbewerbsverhältnisse zwischen den politischen Kräften Einfluß zu nehmen. Die Staatsorgane haben als solche allen zu dienen und sich im Wahlkampf neutral zu verhalten.
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6. Das Bundesverfassungsgericht hat die steuerliche Abzugsfähigkeit von Beiträgen und Spenden an politische Parteien, die Erstattung von Wahlkampfkosten aus öffentlichen Mitteln an die politischen Parteien und an unabhängige Wahlbewerber sowie die Einräumung von Sendezeiten in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und Fernsehanstalten an politische Parteien als verfassungsmäßig anerkannt. In allen diesen Fällen war indes gewährleistet, daß die öffentlichen Mittel nicht der Identifizierung des Staates mit bestimmten politischen Parteien, Bewerbern, Wahlberechtigten, Programmen oder politischen Verhaltensweisen im Wahlkampf dienten; die verfassungsrechtliche Zulässigkeit ihrer Verwendung ergibt sich insbesondere aus dem verfassungsrechtlichen Status und der Bedeutung, die das Grundgesetz den politischen Parteien für das Staatsganze zuerkannt hat (Art. 21 Abs. 1 GG).
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Unvereinbar mit Art. 20 Abs. 2 GG ist jedoch eine auf Wahlbeeinflussung gerichtete, parteiergreifende Einwirkung von Staatsorganen als solchen zugunsten oder zu Lasten einzelner oder aller am Wahlkampf beteiligten politischen Parteien oder Bewerber. Sie verstößt gegen das Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und verletzt die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen.
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II.
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Wenn der Staat, wie es in solchen Fällen nahezu immer der Fall sein wird, dabei zugunsten oder zu Lasten bestimmter politischer Parteien oder von Wahlbewerbern Partei ergreift, ist darüber hinaus auch das verfassungsmäßige Recht der davon nachteilig Betroffenen auf Chancengleichheit bei Wahlen verletzt (Art. 21 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 GG).
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1. Zu den Prinzipien, die das Grundgesetz unter dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zusammenfaßt, gehören neben der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung und der Verantwortlichkeit der Regierung auch das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien (vgl. BVerfGE 2, 1 [13]; 5, 85 [140]). In einem freiheitlichen Staat, in dem der Mehrheitswille in den Grenzen der Rechtsstaatlichkeit entscheidet, müssen Minderheitsgruppen die Möglichkeit haben, zur Mehrheit zu werden. Demokratische Gleichheit fordert, daß der jeweils herrschenden Mehrheit und der oppositionellen Minderheit bei jeder Wahl aufs neue die grundsätzlich gleichen Chancen im Wettbewerb um die Wählerstimmen offengehalten werden. Die Gewährleistung gleicher Chancen im Wahlwettbewerb ist ein unabdingbares Element des vom Grundgesetz gewollten freien und offenen Prozesses der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes.
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2. Dieser Prozeß setzt in der modernen parlamentarischen Demokratie die Existenz politischer Parteien voraus. Sie sind vornehmlich berufen, die Aktivbürger freiwillig zu politischen Handlungseinheiten mit dem Ziel der Beteiligung an der Willensbildung in den Staatsorganen organisatorisch zusammenzufassen. Aus diesem Grunde hat das Grundgesetz in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 ausdrücklich anerkannt, daß die Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, und sie damit auch in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben (BVerfGE 1, 208 [225] und ständige Rechtsprechung). Sie sind Zwischenglieder zwischen dem Bürger und den Staatsorganen, Mittler, durch die der Wille der Bürger auch zwischen den Wahlgängen verwirklicht werden kann. Sie stellen, sofern sie die Parlamentsmehrheit bilden und die Regierung stützen, die wichtigste Verbindung zwischen dem Volk und den politischen Führungsorganen des Staates her und erhalten sie aufrecht. Als Parteien der Minderheit bilden sie die politische Opposition und machen sie wirksam. Die politischen Parteien sammeln und leiten die auf die politische Macht und ihre Ausübung in Wahlen und Staatsorganen gerichteten Meinungen, Interessen und Bestrebungen, gleichen sie in sich aus und formen sie zu Alternativen, unter denen die Bürger auswählen können. Parlamentswahlen wirken auch als politisches Werturteil über ihr Programm und bestimmen wesentlich den Einfluß, den die Parteien auf die Willensbildung und die Entscheidungen in den Staatsorganen haben.
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3. Damit die Wahlentscheidung in voller Freiheit gefällt werden kann, ist es unerläßlich, daß die Parteien, soweit irgend möglich, mit gleichen Chancen in den Wahlkampf eintreten. Deshalb ist mit der in Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG gesicherten Freiheit der Gründung im Grundsatz auch freie Auswirkung bei der Wahl, dh die volle Gleichberechtigung aller Parteien notwendigerweise verbunden. Von dieser Einsicht her empfängt der Verfassungsgrundsatz der gleichen Wettbewerbschancen der politischen Parteien das ihm eigene Gepräge. Die Formalisierung des Gleichheitssatzes im Bereich der politischen Willensbildung des Volkes hat zur Folge, daß auch der Verfassungssatz von der Chancengleichheit der politischen Parteien in dem gleichen Sinne formal verstanden werden muß (BVerfGE 24, 300 [340f]). Der öffentlichen Gewalt ist jede unterschiedliche Behandlung der Parteien, durch die deren Chancengleichheit bei Wahlen verändert werden kann, verfassungskräftig versagt, sofern sie sich nicht durch einen besonderen zwingenden Grund rechtfertigen läßt (BVerfGE 34, 160 [163]; ständige Rechtsprechung).
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Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit ist zunächst für den Wahlvorgang selbst entwickelt worden. Seine Geltung ist ausgedehnt worden auf die Wahlvorbereitung. Es gilt auch für die zur Wahlvorbereitung in der Massendemokratie erfolgende Wahlwerbung, soweit sie durch Maßnahmen der öffentlichen Gewalt beeinflußt wird (vgl. BVerfGE 14, 121 [132f]). Dieses Recht wird verletzt, wenn Staatsorgane als solche parteiergreifend zugunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirken.
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Ein parteiergreifendes Einwirken von Staatsorganen in die Wahlen zur Volksvertretung ist auch nicht zulässig in der Form von Öffentlichkeitsarbeit.
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Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften ist in Grenzen nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch notwendig. Die Demokratie des Grundgesetzes bedarf - unbeschadet sachlicher Differenzen in Einzelfragen - eines weitgehenden Einverständnisses der Bürger mit der vom Grundgesetz geschaffenen Staatsordnung. Dieser Grundkonsens wird von dem Bewußtsein der Bürger getragen, daß der vom Grundgesetz verfaßte Staat dem einzelnen im Gegensatz zu totalitär verfaßten Staaten einen weiten Freiheitsraum zur Entfaltung im privaten wie im öffentlichen Bereich offenhält und gewährleistet. Diesen Grundkonsens lebendig zu erhalten, ist Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit.
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In den Rahmen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit fällt, daß Regierung und gesetzgebende Körperschaften - bezogen auf ihre Organtätigkeit - der Öffentlichkeit ihre Politik, ihre Maßnahmen und Vorhaben sowie die künftig zu lösenden Fragen darlegen und erläutern (BVerfGE 20, 56 [100]). Eine verantwortliche Teilhabe der Bürger an der politischen Willensbildung des Volkes setzt voraus, daß der Einzelne von den zu entscheidenden Sachfragen, von den durch die verfaßten Staatsorgane getroffenen Entscheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschlägen genügend weiß, um sie beurteilen, billigen oder verwerfen zu können. Auch dazu vermag staatliche Öffentlichkeitsarbeit einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Je mehr der Einzelne auf diese Weise zur eigenen Beurteilung aufgerufen und in ihm das Bewußtsein wachgehalten wird, als selbstverantwortliches Glied der Rechtsgemeinschaft die Gestaltung, Ausformung und Konkretisierung der für alle verbindlichen Rechtsordnung zu beeinflussen und an den grundlegenden politischen Entscheidungen beteiligt zu sein, um so leichter wird es ihm, den vom Grundgesetz verfaßten Staat, der ihm diese Möglichkeiten eröffnet, als seinen Staat anzunehmen.
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Jede verantwortliche Politik kann zu unpopulären Maßnahmen gezwungen sein. Insbesondere können im Bereich der staatlichen Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik Maßnahmen zu Lasten der Bürger oder einzelner Gruppen von ihnen im Gesamtinteresse geboten sein, ohne daß deren Notwendigkeit der Aktivbürgerschaft unmittelbar einsichtig ist. Auch hier ist es Aufgabe staatlicher Öffentlichkeitsarbeit, die Zusammenhänge offenzulegen, Verständnis für erforderliche Maßnahmen zu wecken oder um ein konjunkturgerechtes Verhalten zu werben.
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Schließlich kann die sachgerechte, objektiv gehaltene Information über das Recht, das den Bürger unmittelbar angeht, ein berechtigtes Anliegen im sozialen Rechtsstaat sein. Viele Gesetze sind heute infolge ihrer hohen Technizität ohne sachkundige Anleitung kaum noch hinreichend verständlich. Der Bürger wird durch Informationen, die ihm in allgemein verständlicher Weise den Inhalt von Gesetzen und deren Änderungen nahebringen, über seine Rechte und Pflichten aufgeklärt und instand gesetzt, von den ihm durch die Rechtsordnung eröffneten Möglichkeiten im persönlichen Bereich in angemessener Weise Gebrauch zu machen. Dadurch wird zugleich die Möglichkeit für alle, ihre Rechte zu wahren, verstärkt. Darin findet die Öffentlichkeitsarbeit der Staatsorgane, die diesen Themenkreis zum Gegenstand hat, ihre Rechtfertigung.
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IV.
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Behält man die zulässigen Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und gesetzgebenden Körperschaften im Blick und nimmt hinzu, daß ihr von den das Grundgesetz beherrschenden Prinzipien der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung, der Verantwortlichkeit der Regierung und der für einen freien und offenen Prozeß der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes unabdingbaren Chancengleichheit der politischen Parteien die aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen gezogen werden, so ergibt sich für die Abgrenzung zulässiger Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung von einem parteiergreifenden Einwirken auf den Wahlkampf folgendes:
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1. Öffentlichkeitsarbeit ist nur zulässig, soweit sie sich im Rahmen des vom Grundgesetz der Bundesregierung zugewiesenen Aufgabenbereiches und Zuständigkeitsbereiches hält.
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a) Daraus folgt, daß auch in diesem Zusammenhang die föderale Kompetenzaufteilung zwischen dem Bund und den Ländern zu wahren ist. Ebenso wie die Verfassungsorgane der Länder ihre Öffentlichkeitsarbeit auf den Aufgabenbereich und Kompetenzbereich des jeweiligen Landes zu beschränken haben, muß sich die Bundesregierung - soweit sie nicht zuständig ist - jedes Eingriffs in den Länderbereich enthalten. Diese wechselseitige Schranke ist stets zu beachten. Ihr kommt in zeitlicher Nähe zu Parlamentswahlen besondere Bedeutung zu. Weder dürfen die Verfassungsorgane des Bundes anläßlich von Wahlen in den Ländern noch dürfen die Verfassungsorgane der Länder anläßlich von Wahlen zum Bundestag parteiergreifend in den Wahlkampf hineinwirken.
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b) Da die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung schon ihrer Funktion nach auf den Bereich ihrer Sachverantwortung gegenüber dem ganzen Volk und Parlament (vgl. BVerfGE 9, 268 [281]) beschränkt ist, muß sie sich stets der offenen oder versteckten Werbung für einzelne der miteinander konkurrierenden politischen Parteien oder sonstigen an der politischen Meinungsbildung beteiligten Gruppen enthalten. Dies schließt nicht aus, daß sich die Aussagen der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung mehr oder minder mit denen von Programmen und Stellungnahmen der die Regierung tragenden Parteien decken können und häufig decken werden. In einer Verfassungsordnung, die die politischen Parteien als Zwischenglieder zwischen dem Einzelnen und den verfaßten Staatsorganen, als Mittler, die die Verbindung zwischen dem Volk und der politischen Führung herstellen und aufrechterhalten, ausdrücklich anerkennt, liegt das nahe. Dennoch muß die auf das Staatsganze bezogene Öffentlichkeitsarbeit auch schon den Eindruck einer werbenden Einflußnahme zugunsten einzelner Parteien ebenso wie willkürliche, ungerechtfertigt herabsetzende und polemische Äußerungen über andere Parteien vermeiden. Die Öffentlichkeitsarbeit darf nicht durch Einsatz öffentlicher Mittel den Mehrheitsparteien zu Hilfe kommen oder die Oppositionsparteien bekämpfen. Dies wäre mit den Grundsätzen eines freien und offenen Prozesses der Meinungsbildung und Willensbildung des Volkes und der Gleichberechtigung der politischen Parteien nicht vereinbar.
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2. All das gilt in besonderem Maße für Maßnahmen, die - gewollt oder ungewollt - geeignet sind, der Wahlwerbung zu dienen oder den Wahlkampf zu beeinflussen. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung dort ihre Grenze findet, wo die Wahlwerbung beginnt. Anzeichen dafür, daß die Grenze von der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit zur verfassungswidrigen, parteiergreifenden Einwirkung in den Wahlkampf überschritten ist, können unter anderem der Inhalt sowie die äußere Form und Aufmachung von Anzeigen und Druckschriften sein.
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a) Inhaltlich kann der parteiergreifende Charakter einer solchen Veröffentlichung daran erkennbar werden, daß die Bundesregierung sich als eine von bestimmten Parteien getragene Regierung darstellt, - offen oder versteckt - für sie wirbt oder sich mit negativem Akzent oder gar herabsetzend über die Oppositionsparteien und deren Wahlbewerber äußert.
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Indiz für ein parteiergreifendes Hineinwirken in den Wahlkampf kann es ferner sein, wenn die Bundesregierung deutlich ihre Absicht zum Ausdruck bringt, "im Amt bleiben zu wollen". Dafür kann sprechen, daß sie im Vorfeld der Wahl eine Bilanz der von ihr in ihrer Amtszeit erbrachten positiven Leistungen verbreitet, verbunden mit der Versicherung, sie allein biete die Gewähr für eine gesicherte Zukunft.
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b) Hinweise dafür, daß ein Hineinwirken in den Wahlkampf bezweckt ist, können sich ferner aus der äußeren Form und der Aufmachung von Anzeigen, Broschüren, Faltblättern und anderen Druckschriften ergeben. Tritt der informative Gehalt einer Druckschrift oder Anzeige eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurück, so kann das ein Anzeichen dafür sein, daß die Grenze zur unzulässigen Wahlwerbung überschritten ist. Entsprechendes gilt, wenn sich im Vorfeld der Wahl Druckschriften oder Anzeigen häufen, die bei unbefangener Betrachtung mehr der Steigerung des Bekanntheitsgrades und der Sympathiewerbung für Mitglieder der Bundesregierung als der Befriedigung eines von der Sache her gerechtfertigten Informationsbedürfnisses der Bürger dienen. Das wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die regierungsamtlichen Veröffentlichungen in der Vorwahlzeit mit Abbildungen der Mitglieder der Bundesregierung versehen und deren persönliche Qualitäten besonders herausgestellt werden.
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3. Als Anzeichen für eine Grenzüberschreitung zur unzulässigen Wahlwerbung kommt weiterhin ein Anwachsen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe in Betracht, das sowohl in der größeren Zahl von Einzelmaßnahmen ohne akuten Anlaß, wie in deren Ausmaß und dem gesteigerten Einsatz öffentlicher Mittel für derartige Maßnahmen zum Ausdruck kommen kann.
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a) Die Grenze, die das Grundgesetz zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit und unzulässiger Wahlwerbung zieht, kann in der Vorwahlzeit auch dort überschritten sein, wo regierungsamtliche Veröffentlichungen sich auf eine sachliche Information des Bürgers beschränken, sich also weder durch ihren Inhalt noch durch ihre Aufmachung als Werbemaßnahmen zugunsten eigener Machterhaltung oder für eine politische Partei zu erkennen geben. Derartige Informationen stehen nicht frei im politischen Raum; sie können nur im Rahmen des Zusammenhanges sachgerecht gewürdigt werden. Unterrichtet die Regierung im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit den Bürger über ihre Leistungen und Erfolge, so entfaltet dies regelmäßig Wirkungen auch zugunsten der die Regierung tragenden Parteien. Das ist verfassungsrechtlich zwar unbedenklich, solange die betreffende Veröffentlichung nicht in unmittelbarer zeitlicher Beziehung zu einer bevorstehenden Wahl steht, sich also voraussichtlich nur in begrenztem Umfang werbend auf das Wahlergebnis auswirken wird. Hingegen kann die Regierung ihre Pflicht, die Wahlentscheidung des Bürgers nicht zugunsten einer Partei oder im Interesse ihrer eigenen Machterhaltung zu beeinflussen, verletzen, wenn sie im nahen Vorfeld der Wahl ihrem Inhalt und ihrer Aufmachung nach nicht zu beanstandende Veröffentlichungen, insbesondere in Form von sogenannten Arbeitsberichten, Leistungsberichten oder Erfolgsberichten mit beträchtlichem Aufwand und in erheblicher Menge veröffentlicht oder gegen ihre Verbreitung keine ausreichenden Vorkehrungen trifft, die ihre Verwendung zu wahlwerbenden Zwecken verwehren.
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Wann diese Grenze überschritten ist, der voraussichtliche Einfluß solcher Veröffentlichungen auf die politische Meinungsbildung des Wählers also verfassungsrechtlich nicht mehr gerechtfertigt ist, läßt sich nicht allgemeingültig festlegen; dies hängt vor allem von Zahl und Umfang solcher Maßnahmen, der Nähe des Wahlzeitpunktes und der Intensität des Wahlkampfes ab. Je näher die Veröffentlichungen an den Beginn der "heißen Phase" des Wahlkampfes heranrücken, desto weniger können ihre Auswirkungen auf das Wahlergebnis ausgeschlossen werden. Deshalb tritt hier die Aufgabe und Kompetenz der Regierung, den Bürger auch über zurückliegende politische Tatbestände, Vorgänge und Leistungen sachlich zu informieren, zunehmend hinter das Gebot zurück, die Willensbildung des Volkes vor den Wahlen nach Möglichkeit von staatlicher Einflußnahme freizuhalten. Aus der Verpflichtung der Bundesregierung, sich jeder parteiergreifenden Einwirkung auf die Wahl zu enthalten, folgt schließlich das Gebot äußerster Zurückhaltung und das Verbot jeglicher mit Haushaltsmitteln betriebenen Öffentlichkeitsarbeit in Form von sogenannten Arbeitsberichten, Leistungsberichten oder Erfolgsberichten. Denn in der "heißen Phase des Wahlkampfes" gewinnen solche Veröffentlichungen in aller Regel den Charakter parteiischer Werbemittel in der Wahlauseinandersetzung, in die einzugreifen der Regierung verfassungskräftig versagt ist. Von diesen Beschränkungen der Öffentlichkeitsarbeit unberührt bleiben dagegen auch im Vorfeld der Wahl informierende, wettbewerbsneutrale Veröffentlichungen, die aus akutem Anlaß geboten sind.
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Ein genauer Stichtag, von dem an das Gebot äußerster Zurückhaltung strikt zu beachten und für Arbeitsberichte, Leistungsberichte und Erfolgsberichte kein Raum mehr ist, läßt sich nicht eindeutig bestimmen. Als Orientierungspunkt kann unbeschadet dessen etwa der Zeitpunkt gelten, an dem der Bundespräsident den Wahltag bestimmt (§ 16 Bundeswahlgesetz).
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b) Während der so eingegrenzten Vorwahlzeit darf die Bundesregierung - ebenso wie die übrigen verfaßten Staatsorgane des Bundes und der Länder - sich künftig nicht mehr, wie das bisher von Wahl zu Wahl in wachsendem Maße der Fall war, unmittelbar durch Anzeigen oder durch die Versendung von Druckschriften und Faltblättern, Postwurfsendungen oder ähnliche Maßnahmen in den Wahlkampf einschalten. Dies darf auch nicht mittelbar in der Form geschehen, daß dafür geeignete Druckwerke zur Verwendung im Wahlkampf zur Verfügung gestellt werden.
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Im Mehrparteienstaat des Grundgesetzes versteht es sich, daß die politischen Zielvorstellungen der Bundesregierung und der sie tragenden Partei oder Parteien sich zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch ganz überwiegend decken. Daraus ergibt sich häufig eine weitgehende Übereinstimmung zwischen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung und der von der sie unterstützenden Partei oder Parteienkoalition vorgeschlagenen und verfolgten Politik. Die von der Bundesregierung im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit herausgegebenen Druckschriften, Faltblätter und ähnliches eignen sich deshalb, soweit sie werbenden Charakter haben, zwar in aller Regel als zusätzliches Wahlkampfmaterial für die die Regierung tragenden, nicht dagegen für die Oppositionsparteien. Mehrheitsparteien können solche Druckwerke, wenn sie ihnen in großer Zahl überlassen werden, bei ihrer Wahlwerbung - etwa durch Verteilung an ihren Informationsständen oder durch Versendung als Wahlwerbeschrift - einsetzen und machen von dieser Möglichkeit auch in weitem Umfange Gebrauch. Während ihnen also neben dem selbst hergestellten Werbematerial weitere aus öffentlichen Mitteln finanzierte Druckwerke für Wahlzwecke zur Verfügung stehen, bleibt den Oppositionsparteien diese Möglichkeit, da sich diese Druckwerke meist zum Einsatz bei ihrer Wahlwerbung nicht eignen, faktisch verschlossen. Dadurch wird die im Rahmen der staatlichen Wahlkampfkostenerstattung gebotene und gewahrte Chancengleichheit durch den zusätzlichen Einsatz öffentlicher Mittel zugunsten der Mehrheitsparteien und zu Lasten der Oppositionsparteien unterlaufen und empfindlich gestört.
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Die Bundesregierung muß deshalb Vorkehrungen dagegen treffen, daß die von ihr für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit hergestellten Druckwerke nicht von den Parteien selbst oder von anderen sie bei der Wahl unterstützenden Organisationen oder Gruppen zur Wahlwerbung eingesetzt werden. Aber auch von den politischen Parteien, deren Wahlbewerbern und denen, die ihnen Wahlhilfe leisten, kann erwartet werden, daß sie auf diese Verpflichtung der Bundesregierung Rücksicht nehmen und um der Wahrung des Grundsatzes der Chancengleichheit willen solches Material nicht im Wahlkampf verteilen oder in anderer Weise für Zwecke der Wahlwerbung verwenden.
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c) Werden diese verfassungsrechtlichen Gebote nicht beachtet und läßt sich infolgedessen bei gravierenden Verstößen nicht mehr ausschließen, daß dadurch die Mandatsverteilung beeinflußt worden ist, so kann das im Wahlprüfungsverfahren nicht ohne Konsequenzen bleiben und die Gültigkeit der Wahl gefährden.
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Die für die Vorwahlzeit aufgezeigten Beschränkungen regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit gelten für alle unter Einsatz von Haushaltsmitteln finanzierten Anzeigen, Broschüren, Faltblätter und sonstige Druckwerke. Sie schließen jedoch weder aus, daß die Mitglieder der Bundesregierung sich in amtlicher Funktion über Rundfunk und Fernsehen an die Öffentlichkeit wenden oder Presseerklärungen abgeben, noch daß sie außerhalb ihrer amtlichen Funktionen für eine Partei in den Wahlkampf eingreifen.
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4. Öffentlichkeitsarbeit der Regierung war schon immer mehr oder weniger gerechtfertigten Angriffen der jeweiligen Opposition ausgesetzt. Die Kritik galt insbesondere den in der Vorwahlzeit ergriffenen Maßnahmen und warf der Bundesregierung in aller Regel vor, daß sie durch erhöhte Aktivität, geeignete Themenwahl und den gesteigerten Einsatz von Haushaltsmitteln zugunsten der Regierungsparteien in den Wahlkampf eingreife. Ob und inwieweit solche Angriffe berechtigt sind und welches Gewicht ihnen zukommt, läßt sich nur beurteilen, wenn Art, Umfang und Zielrichtung der Öffentlichkeitsarbeit und die Höhe der damit verbundenen Kosten überschaubar sind. Die Bundesregierung könnte unberechtigten Angriffen zB von vornherein dadurch begegnen, daß sie regelmäßig - etwa monatlich - entsprechende Übersichten ihrer regierungsamtlichen Öffentlichkeitsarbeit im Bundesgebiet vorlegt und der Allgemeinheit zugänglich macht.
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5. Damit sind - in groben Umrissen - die Schranken aufgezeigt, die der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung durch das Verbot, in parteiergreifender Weise in den Wahlkampf hineinzuwirken, von Verfassungs wegen gezogen sind. Dabei geht das Gericht davon aus, daß die weitere Konkretisierung der hier aufgezeigten Grenzen, soweit sie sich im einzelnen noch als erforderlich erweisen sollte, der Verantwortlichkeit der an der Öffentlichkeitsarbeit und an Wahlkämpfen Beteiligten überlassen werden kann.
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V.
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Die Bundesregierung hat durch einen Teil der beanstandeten Maßnahmen gegen Art. 20 Abs. 2 GG verstoßen und die Antragstellerin in ihrem verfassungsmäßigen Recht auf Chancengleichheit bei der Bundestagswahl 1976 verletzt.
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Die Abgrenzung zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit und verfassungswidriger, parteiergreifender Einwirkung auf die Bundestagswahl kann im Einzelfall schwierig sein. Deshalb setzt die Feststellung eines Verfassungsverstoßes eine ins Gewicht fallende Häufung und Massivität offenkundiger Grenzüberschreitungen voraus. Das ist hier der Fall.
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1. Die Bundesregierung hat dadurch, daß sie im Vorfeld der Wahl unter Einsatz öffentlicher Mittel in einer Größenordnung von 10 Mio Deutsche Mark eine Reihe großformatiger Anzeigenserien in Tageszeitungen und Zeitschriften veröffentlichen ließ, das Neutralitätsgebot verletzt und parteiergreifend auf die Bundestagswahl eingewirkt.
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a) In zehn großen Tageszeitungen erschienen in der Zeit vom 18. Mai bis Ende Juni 1976 zahlreiche Anzeigen im Großformat, in denen unter anderem auf die von der Bundesregierung erreichten Erfolge in den Bereichen der Wirtschaft, der Verkehrspolitik und Agrarpolitik wie des Bildungswesens hingewiesen wurde. Sie fanden im Juli 1976 ihre Ergänzung in Anzeigen in Funkzeitschriften und Fernsehzeitschriften, die die positiven Leistungen der Bundesregierung auf dem Gebiete der Rentenversicherung hervorhoben. Für all diese Anzeigen bestand, sieht man von der damals bevorstehenden Bundestagswahl ab, kein von der Sache her gebotener, akuter Anlaß.
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Die Aufzählung der "Erfolge" in diesen Anzeigen reichte jeweils mehrere Jahre zurück, zum Teil bis in das Jahr 1969, in dem erstmals eine Koalition von SPD und F.D.P. die Regierung stellte. So heißt es etwa in der F.-Zeitung vom 15. Juni 1976:
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"Sehen Sie selbst, was zwischen 1969 und heute erreicht werden konnte"
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und im B.-Anzeiger vom 22. Juni 1976:
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"Von 1969-1976 wurden 2.200 km Autobahn neu gebaut".
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Daran wurde regelmäßig der Hinweis geknüpft, daß das Erreichte gesichert und weiter ausgebaut werden müsse, wie beispielweise:
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"Unser vorbildliches soziales Netz muß für die Zukunft gesichert und weiter ausgebaut werden" (F.-Presse v 25. Juni 1976).
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Der gemeinsame Zweck und die Zielrichtung der Anzeigen werden darin deutlich, daß sie jeweils gleichlautend schlossen:
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" Die Zwischenbilanz zeigt: Wir sind auf dem richtigen Weg. Leistung verdient Vertrauen.
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Wir sichern Deutschlands Zukunft".
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Damit empfahl sich die Bundesregierung als vertrauenswürdiger Garant weiterer Erfolge in der Zukunft. Sie warb also - dies läßt auch das Wort "Zwischenbilanz" erkennen -, indirekt darum, der Wähler möge ihr ein "Weiterregieren" durch die Stimmabgabe für die die Regierung tragenden Parteien ermöglichen.
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b) In die gleiche Richtung weisen die jeweils meist vier Druckseiten umfassenden Anzeigen, die in der Zeit vom 24. Mai bis 26. Juli 1976 in zehn aufeinanderfolgenden Ausgaben des S. erschienen.
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Die Absicht, um Sympathie für die Bundesregierung zu werben, wird offenbar, wenn es in der Anzeige im S. Nr. 28 vom 5. Juli 1976 einleitend heißt:
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"Wir schildern in unserer Serie hier die Arbeit, die die Bundesregierung geleistet hat, vor allem die der letzten vier Jahre. Haben wir unsere Sache eigentlich gut gemacht"?
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und anschließend ausschließlich positive Auslandsstimmen zur Wirtschaftspolitik, Außenpolitik und Gesellschaftspolitik zitiert werden. Auf der gleichen Linie liegt es, wenn unter groß gedruckten Überschriften wie
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"Diese Regierung hat Ihnen, alles in allem, mehr Freiheit gebracht" (S. Nr. 27 v 28. Juni 1976).
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"Diese Regierung hat in der Welt folgende Zensuren gekriegt" (S. Nr. 28 v 5. Juli 1976).
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Dabei stand der informative Gehalt teilweise außer Verhältnis zu dem Umfang der Anzeigen. So war zB der nahezu zwei Anzeigeseiten beanspruchende "Terminkalender" (S. Nr. 22 v 24. Mai 1976), der die Daten von 60 Treffen des Bundeskanzlers mit ausländischen Partnern in die Erinnerung rief, vor allem dazu bestimmt, dessen persönliche Leistungen werbend hervorzuheben. Entsprechendes gilt etwa für die Anzeige vom 21. Juni 1976 (S. Nr. 26) unter der Schlagzeile:
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"Diese Regierung hat mindestens 100 Dinge in unserem Leben verbessert".
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Auch in dieser Anzeigenserie wurden immer wieder vor längerer Zeit in Kraft getretene gesetzliche Regelungen in die Erfolgsbilanz einbezogen. Beispiele dafür sind etwa der Hinweis auf den seit 1971 erweiterten Unfallversicherungsschutz unter dem Stichwort
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"Die Schulkinder in Schutz genommen"
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oder auf die im Jahre 1973 eingeführte flexible Altersgrenze unter der Überschrift
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"Die Alten besser versorgt".
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Ein sachlich überzeugender Grund dafür, gerade im Vorfeld der Wahl zurückliegende Ereignisse und bereits vor längerer Zeit in Kraft getretene Gesetze als positive Leistungen der Regierung zusammenzufassen und in Großformat besonders herauszustellen, ist auch in diesem Fall nicht ersichtlich.
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Soweit in den Anzeigen auf kritische Stellungnahmen der Opposition angespielt wird, geschieht das mit abwertendem Unterton. Sie werden als gefährliche "Schwarzmalerei", als Versuche, "das Vertrauen zu dieser Regierung zu untergraben" und als "Jeremiade" (S. Nr. 31 v 26. Juli 1976) abgetan oder (wie im S. Nr. 23 v 31. Mai 1976) unter der Überschrift "Diese Regierung hat einen Aufschwung sogar gegen den Großen Pessimismus fertiggebracht" als durch Tatsachen widerlegt gekennzeichnet. Dafür ist folgender Ausschnitt ein Beispiel:
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"Im August 1975.
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Für den Aufschwung:
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Die Regierung beschließt (vornehmlich für die Bauwirtschaft) das vierte Konjunkturprogramm und hat damit insgesamt 35.000.000.000 DM eingesetzt, um die Konjunktur anzukurbeln.
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Gegen den Aufschwung:
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Lediglich ein Überwinterungsprogramm. Eine Art Helmut-Schmidt-Winterhilfswerk.
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Der Aufschwung selbst:
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Aufträge durch Investitionszulage und wieder zunehmende Auslandsnachfrage stabilisiert. Industrieproduktion nimmt um 3 Prozent zu und überwindet damit ihren Tiefstpunkt vom Juli. Arbeitslosenquote sinkt auf 5,2 Prozent und überwindet damit ihren Höchstpunkt".
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Aus dieser Gegenüberstellung wird dann am Ende der Anzeige gefolgert:
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"Jetzt, im Mai, 9 Monate nach den ersten klaren Anzeichen, müssen auch Pessimisten zugeben, daß der Aufschwung tatsächlich da ist, wächst und gedeiht. Da hört man nun denn doch ein bißchen verdutzt daß die Pessimisten von gestern ihn morgen gern übernehmen möchten:
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Entscheidend ist, in welche Hände die Chancen gelangen, die der Aufschwung bietet.
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Am besten doch in die, die ihn gemacht haben".
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Auch hier klingen die Absicht der Bundesregierung, "im Amt bleiben zu wollen", und der damit verbundene Appell an den Wähler, dazu durch seine Stimmabgabe beizutragen, wieder deutlich an.
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c) Ebenso eindeutig überschritten ist die Grenze von der zulässigen Öffentlichkeitsarbeit zur parteiergreifenden Einwirkung in den Wahlkampf durch die in der Zeit vom 26. Mai bis zum 29. Juli 1976 in der B.-Illustrierten veröffentlichte Anzeigenserie
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"50 Tatsachen über Deutschland".
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Die Anzeigenserie bestand aus jeweils fünf ganzseitigen Inseraten in zehn aufeinander folgenden Ausgaben der Zeitschrift. Sie erschienen in der Zeit vom 26. Mai bis zum 29. Juli 1976. Jede Anzeigenseite enthielt in Großdruck eine meist nur aus einem Satz bestehende Aussage und dazu - klein gedruckt - eine Kurzbegründung wie:
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"Es ist noch nicht lange her, da bekam man um so mehr Geld fürs Kind, je mehr man verdiente.
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Seit 1. Januar 1975 bekommen alle das gleiche Kindergeld. Und zwar schon für das erste Kind".
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oder:
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"Heute wird unsere Wäsche genau so weiß wie früher, unser Wasser aber nicht mehr so schmutzig.
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Das Waschmittelgesetz vom 1.9.1975 erlaubt in Waschmitteln und Reinigungsmitteln nur noch Zusätze, die biologisch wieder abgebaut werden können. Unsere Flüsse und Seen bleiben nun sauberer".
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Was bei diesen Anzeigen besonders auffällt, ist der geringe sachliche Gehalt, der in einem krassen Mißverhältnis zu ihrer Größe steht. Der Inhalt tritt eindeutig hinter die reklamehafte Aufmachung zurück. Insgesamt drängt sich sowohl vom Inhalt wie von der Aufmachung her die Absicht, Sympathie für die Bundesregierung und die von ihr verfolgte Politik zu erwecken, geradezu auf.
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d) All diesen Anzeigen ist gemeinsam, daß sie sich in einer Aufzählung der von der Bundesregierung erbrachten positiven Leistungen erschöpfen und um Sympathie für die Bundesregierung werben. Unverkennbar tritt immer wieder die Absicht der Bundesregierung hervor, die von ihr vertretene Politik in der nächsten Legislaturperiode fortzuführen, verbunden mit dem mehr oder minder deutlich ausgesprochenen Appell an die Wähler, ihr dazu bei der Bundestagswahl die Möglichkeit zu verschaffen. Die Auswahl der Zeitschriften zielte darauf ab, möglichst alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen. Nimmt man hinzu, daß die Anzeigen in die kritische Zeit vor der Bundestagswahl fielen und sich infolge ihrer Häufung und Massivität zu Lasten der Antragstellerin auswirken konnten, so ist evident, daß die Bundesregierung durch diese Maßnahmen gegen das Gebot der Neutralität und äußerster Zurückhaltung im Vorfeld der Wahl verstoßen und die Antragstellerin in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt hat.
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2. Die Bundesregierung hat ferner dadurch parteiergreifend in den Wahlkampf hineingewirkt, daß sie in den letzten Monaten vor der Bundestagswahl wahlwerbewirksame Druckschriften in hohen Auflagen herausgebracht, zu einem geringeren Teil selbst verbreitet und zu einem größeren Teil den politischen Parteien zur Verteilung überlassen hat. Zu diesem Zweck sind - neben dem Einsatz von Personalkosten und Verwaltungskosten - öffentliche Mittel in Millionenhöhe für Druck und Versand aufgewandt worden.
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a) Zwar machen - im Gegensatz zu den Anzeigenserien - in diesem Bereich die vom Inhalt und von der Aufmachung her verfassungsrechtlich zu beanstandenden Veröffentlichungen nur einen relativ kleinen Teil der von der Bundesregierung und den Ressorts herausgebrachten Druckschriften aus. Sie haben aber unbeschadet dessen eine Werbewirkung entfaltet.
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aa) Hierher gehört etwa das Faltblatt des Auswärtigen Amtes "Gemeinsam für weltweite Partnerschaft", das Ende August oder Anfang September 1976 in 7.500.000 Exemplaren als Beilage zu regionalen Tageszeitungen verbreitet worden ist.
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In seinem Textteil werden die Schwerpunkte deutscher Außenpolitik unter den Stichworten "Europa, Nato, Ostpolitik, Dritte Welt" kurz angesprochen, deren positive Ergebnisse zusammengestellt und die Verdienste der Bundesregierung besonders hervorgehoben. So wird etwa ausgeführt: "Die Bundesrepublik Deutschland", habe "seit Bildung der sozial-liberalen Koalitionsregierung im Jahre 1969 aktiv und in vielem bahnbrechend zur Entspannungspolitik des Westens beigetragen" oder "Ein Vergleich der heutigen Situation mit der Situation vor 1969" mache "bewußt, was erreicht wurde".
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Der Bildteil, der etwa die Hälfte des Faltblatts einnimmt, zeigt meistens den Außenminister in Gesprächen und Verhandlungen. Er wird vierzehnmal abgebildet. Die Unterschrift zu einem Bild mit dem amerikanischen Präsidenten lautet, beide "stellen übereinstimmend fest: Niemals waren die deutsch-amerikanischen Beziehungen so gut wie heute".
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Insgesamt gesehen steht die Sympathiewerbung für den Außenminister eindeutig im Vordergrund. Ein besonderer Anlaß, gerade zu diesem Zeitpunkt, kurz vor der Bundestagswahl, einen solchen Bildbericht zu verbreiten, läßt sich dem Faltblatt nicht entnehmen. Die Absicht, auf die Meinungsbildung der Wähler Einfluß zu nehmen, ist unverkennbar.
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Ähnlich liegt es bei dem vom Presseamt und Informationsamt herausgegebenen Faltblatt
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"Leistung verdient Vertrauen.
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Eine Bilanz nach sieben Jahren sozial-liberaler Regierung".
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Das Faltblatt reiht Leistungen und Erfolge der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien seit dem Jahr 1969 aus allen Bereichen aneinander und gliedert sie unter Schlagzeilen wie:
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"Wir leben in Frieden, Wohlstand und Stabilität"
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oder
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"Unser Land ist moderner und menschlicher geworden.
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Die wichtigsten Reformleistungen".
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Das Faltblatt schließt - ebenso wie die Anzeigen in den Tageszeitungen - mit den durch Großdruck hervorgehobenen Sätzen:
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"Leistung verdient Vertrauen.
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Wir sichern Deutschlands Zukunft".
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Die Absicht, werbend zugunsten der Regierungsparteien in den Wahlkampf einzugreifen, tritt auch hier klar zutage. So wenn es einleitend heißt, "seit sieben Jahre" trage "eine Bundesregierung der sozialliberalen Koalition in Bonn politische Verantwortung" und "Die Politik von Sozialdemokraten und Freien Demokraten" habe - neben den Leistungen der Arbeitnehmer, Gewerkschaften und Unternehmer - "die Bundesrepublik Deutschland immer mehr zu einem Land gemacht, das vielen Beobachtern als beispielhaft gilt". An anderer Stelle wird betont, "Seit 1969 haben soziale und freie Demokraten durch entschlossene Reformpolitik unser Land moderner, seine Lebensbedingungen sozialer und gerechter gemacht".
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Zweck und Zielrichtung des Faltblatts sind eindeutig.
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bb) zu den sogenannten Arbeitsberichten, Leistungsberichten und Erfolgsberichten, die an sich zulässig sind, deren massive Verbreitung aber im nahen Vorfeld der Wahl geeignet ist, die Wahlentscheidung des Bürgers zugunsten der Regierung und der sie unterstützenden Parteien zu beeinflussen, zählen etwa der vom Presseamt und Informationsamt herausgegebene "Arbeitsbericht '76" und die vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im April 1976 herausgegebene Broschüre "Unsere soziale Sicherung" mit dem Untertitel "Bilanz 1976 - Die solide Basis für eine sichere Zukunft".
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Der "Arbeitsbericht '76" enthält auf 167 Druckseiten einen Überblick über die Fortschritte in allen wesentlichen Lebensbereichen. Er will, wie es einleitend heißt, "über die Arbeit der Bundesregierung in einem weiten Aufgabenfeld seit 1969" informieren, deutlich machen,
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"daß es der Bundesregierung auch unter dem Druck weltwirtschaftlicher Schwierigkeiten gelungen ist, das Netz der sozialen Sicherheit fester und enger zu knüpfen, die Mitbestimmungsrechte und Mitwirkungschancen der Bürger auszubauen ... , durch eine konsequente Außenpolitik den mühsamen Prozeß der Entspannung voranzubringen und die internationale Position der Bundesrepublik zu festigen und zu verbessern". Dargestellt werden soll "was in den vergangenen Jahren geleistet und erreicht worden ist". Der Bericht "soll dem Bürger die Möglichkeit geben, die Arbeit der Bundesregierung im letzten Jahr der Legislaturperiode kritisch und sachkundig zu beurteilen".
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Die 41-seitige Broschüre "Unsere soziale Sicherung", auf deren erster Seite sich ein Bild und ein Vorwort des Ministers finden, gibt einen Überblick über "die Politik des sozialen Fortschritts" in den vergangenen sieben Jahren und hebt als "Meilensteine" die Rentenreform mit der Einführung der flexiblen Altersgrenze, die neue Betriebsverfassung und die Neuregelung in der Kriegsopferversorgung besonders heraus. Sie schließt mit einer fünfseitigen "Leistungsbilanz 1969-1976", in der noch einmal alle als positiv bewerteten Schritte auf dem Wege zu "mehr sozialer Gerechtigkeit und Sicherheit" in einem gerafften Überblick aneinandergereiht werden.
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cc) Beispiele für wettbewerbsneutrale Druckschriften, deren Herausgabe und Verbreitung auch im Vorfeld der Wahl keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet, sind etwa die Broschüren "Bundesausbildungsförderungsgesetz" und "Strafvollzugsgesetz". Sie erschöpfen sich im wesentlichen in der Wiedergabe der Gesetzestexte. Für ihre Herausgabe bestand ein akuter Anlaß. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz war am 9. April 1976 neu gefaßt worden. Das vom Bundestag bereits verabschiedete Strafvollzugsgesetz sollte in Kürze in Kraft treten.
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Weiter in diesem Zusammenhang zu nennen sind etwa einige im Auftrag des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herausgegebene Schriften, wie der "Beratungsführer", ein Verzeichnis der Beratungsstellen in der Bundesrepublik, oder die Broschüre "Vorbeugen ist besser als Drogen", die "Erziehungstips für Eltern zum Thema Drogenmißbrauch" anbietet, oder das Faltblatt "Aktionen gegen den Mißbrauch von Drogen". Sie alle beschränken sich darauf, die Bürger über Gefahren aufzuklären, Auswege aufzuzeigen und Hilfen zu vermitteln. Irgendeine ernsthaft ins Gewicht fallende Werbewirkung geht von ihnen nicht aus.
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b) Daß die Bundesregierung durch Druckwerke, die nach Inhalt und Aufmachung dazu angetan waren, eine mehr oder minder große Werbewirkung zu entfalten, parteiergreifend in die Wahlauseinandersetzung hineingewirkt hat, belegt deren Verwendung im Wahlkampf. Solche Druckschriften sind nicht nur, wie das Faltblatt des Auswärtigen Amtes, unter weiterem Einsatz öffentlicher Mittel verbreitet, sondern auch in großem Umfange den Regierungsparteien überlassen und von diesen als Werbematerial im Wahlkampf eingesetzt worden. So wurden zB von 22 verschiedenen, vom Presseamt und Informationsamt in der Zeit vom 1. Januar bis 26. Juli 1976 ausgelieferten 6.186.082 Druckschriften 3.685.072 Exemplare (= 59,5%) an die Koalitionsparteien oder deren Untergliederungen versandt. An die CDU/CSU gingen dagegen lediglich 16.300 Exemplare (= 0,26%). Dabei ist im einzelnen der Anteil der den Regierungsparteien von der Gesamtauflage überlassenen Stücke um so größer, je mehr sie zum Einsatz im Wahlkampf geeignet scheinen. So wurden etwa in der Zeit vom 9. Juni bis zum 31. Juli 1976 von der Gesamtauflage des Faltblatts "Leistung verdient Vertrauen" in Höhe von 484.900 etwa 73%, von der Gesamtauflage des "Arbeitsberichts §76" in Höhe von 485.760 von Anfang Januar bis Ende Juli 1976 nahezu 74% den Regierungsparteien überlassen.
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Diese Druckerzeugnisse sind auch - wie die Verhandlung ergeben hat - von den Regierungsparteien als Werbemittel eingesetzt worden. Sie wurden - oftmals mit Aufdrucken oder Aufklebern der Partei oder ihrer Bundestagskandidaten versehen - auf Parteiveranstaltungen verteilt, lagen an Parteiständen zur kostenlosen Mitnahme aus und wurden - teils zusammen mit parteieigenen Werbeschriften - versandt oder in Briefkästen eingeworfen. In dieser Weise verwandt wurden auch wettbewerbsneutrale Informationsschriften, wie Ratgeberbroschüren oder Wiedergabe von Gesetzestexten. Maßgebend dafür war offenbar die Erwägung, daß der Wähler durch die Aushändigung solcher Druckerzeugnisse "einen praktischen Service" erhalte und ihm dadurch der Eindruck vermittelt werde, "daß die SPD Politik zum Nutzen der Bürger macht" (so das Handbuch der SPD "Parteiarbeit - Wahlkampf machen"). Der Einsatz der Druckschriften im Wahlkampf durch die SPD erfolgte planmäßig. Die parteiinternen Informationsdienste weisen wiederholt darauf hin, wo die Regierungspublikationen bezogen werden konnten, welche Druckschriften für Zwecke der Wahlwerbung besonders geeignet schienen und wie sie im Wahlkampf eingesetzt werden könnten.
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Diese Art der Verwendung durch die Parteien war auch für die Bundesregierung aus dem Zeitpunkt und der Höhe der Anforderungen, teilweise auch aus deren ausdrücklich mitgeteiltem Zweck und der großen Zahl der erbetenen Exemplare, erkennbar.
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c) Auch wenn der Anteil der von Inhalt und Aufmachung her verfassungsrechtlich zu beanstandenden Druckwerke relativ klein ist, so kann andererseits nicht außer Betracht bleiben, daß gerade sie in großer Zahl im nahen Vorfeld der Wahl verbreitet und von den Regierungsparteien zur Wahlwerbung eingesetzt worden sind. Die Bundesregierung konnte voraussehen und erkennen, daß besonders werbewirksame Druckschriften in großem Umfange von den Regierungsparteien bezogen und verbreitet wurden. Sie hat keinen Versuch unternommen, das zu unterbinden. Dazu wäre sie aber von Verfassungs wegen verpflichtet gewesen.
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IV.
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Die Grenzen zwischen zulässiger Öffentlichkeitsarbeit und verfassungwidrigem Hineinwirken in den Wahlkampf waren bisher umstritten. Ihr Verlauf wird in dieser Entscheidung erstmals näher präzisiert. Diese Grenzen sind nicht nur bei der Bundestagswahl 1976, sondern auch schon zuvor in zunehmendem Maße von den Regierungen in Bund und Ländern überschritten worden. An der verfassungsrechtlichen Beurteilung konnte sich dadurch nichts ändern.
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VII.
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Die Antragstellerin hat durch die mit erheblichem finanziellen Aufwand verbundene sorgfältige Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens zur Klärung einer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Frage beigetragen, deren Tragweite weit über den konkreten Anlaß hinausreicht. Sie kann nicht wie die Antragsgegnerin - und wie das in aller Regel bei allen an einem Organstreit Beteiligten der Fall ist - die für die Führung des Rechtsstreits erforderlichen Aufwendungen aus Mitteln öffentlicher Haushalte bestreiten. Aus diesen Gründen erschien es dem Senat billig, ausnahmsweise die Erstattung der Auslagen anzuordnen (§ 34 Abs. 3 BVerfGG).
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A. | |
Ich weiche zunächst in der Konzeption und im Duktus der Begründung, die unter C. der Urteilsgründe gegeben wird, von der Auffassung der Mehrheit ab.
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I.
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Der Streit in diesem Verfahren geht nicht um die Verfassungsmäßigkeit von Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, sondern um die Verfassungsmäßigkeit von Wahlwerbung der Bundesregierung anläßlich der Bundestagswahl 1976.
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Deshalb besteht kein Anlaß, die Verfassungsmäßigkeit von Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung zu begründen und die Grenzen dieser Öffentlichkeitsarbeit zu fixieren, zumal beides nicht möglich ist, ohne zu bestimmen, was eigentlich "Öffentlichkeitsarbeit" der Bundesregierung ist. Ich beschränke mich auf die Bemerkung, daß ich die Praxis der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung - und nicht erst der gegenwärtigen Bundesregierung - und mancher Landesregierung für evident unvereinbar halte mit dem Gebot des sparsamen Umgangs mit Steuermitteln.
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Im gegenwärtigen Rechtsstreit ist die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung nur insofern für den Sachverhalt bedeutsam, als auch sie Mittel der Wahlwerbung sein kann.
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II.
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Der verfassungsrechtlichen Würdigung sind einige allgemeine Erwägungen vorauszuschicken, die der Eingrenzung des Streitstandes und der Methode, ihm beizukommen, gelten:
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1. Der Satz, der Wahlkampf beginne am Tag nach einer Wahl für die - regelmäßig - vier Jahre später anstehende nächste Wahl, mag insofern seine Berechtigung haben, als für das Urteil der Wähler das gesamte während einer Legislaturperiode an den Tag gelegte Verhalten der Gewählten, der politischen Parteien, der Fraktionen, ihrer führenden Männer, der Minister und der Regierung bei der nächsten Wahl seine Bedeutung hat. Wahlkampf im Zusammenhang mit dem anhängigen Rechtsstreit bedeutet etwas anderes: Er findet während der Wochen statt, in denen die Kandidaten und Parteien als Konkurrenten sich "mit allen Mitteln" in der Öffentlichkeit um die Stimmen der Wahlbürger und um die Mandate bemühen, indem sie für ihr politisches Programm kämpfen und das Programm ihrer Konkurrenten bekämpfen. Die "Wahlkampfzeit" ist im Bundeswahlgesetz zureichend fixiert, indem es nicht nur in den §§ 17 bis 19 Fristen aufstellt, sondern die "Vorbereitung der Wahl" (Überschrift des Vierten Abschnitts des Bundeswahlgesetzes) mit der Verfügung des Bundespräsidenten beginnen läßt, die den "Tag der Hauptwahl (Wahltag)" bestimmt. Diese Formalisierung der Wahlkampfzeit ist entscheidend wichtig, um zu einer handhabbaren zeitlichen Eingrenzung des Streitgegenstandes zu gelangen.
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2. In diesem Verfahren interessieren nur wahlwerbende Aktivitäten der Bundesregierung, des Bundeskanzlers und der Minister einschließlich des Bundespresseamtes während der Wahlkampfzeit. Ihre Einwirkung auf den Wahlkampf als Verfassungsorgane ist entscheidend; was das Ministerium als oberste Verwaltungsbehörde oder eine nachgeordnete Behörde an Verwaltungshilfe dem Bürger beispielsweise bei der Ausfüllung von Formblättern, bei der Fertigung seiner Steuererklärung, bei der Anbringung eines sachgerechten Antrags samt Unterlagen durch Merkblätter und gedruckte Anleitungen zugute kommen läßt, bleibt außer Betracht. Andererseits wirken Bundesregierung, Bundeskanzler und Minister als Verfassungsorgane nicht nur in den Wahlkampf hinein, wenn ihre Publikationen äußerlich erkennbar von ihnen stammen, sondern auch dann, wenn sie veranlassen, daß ein ihnen zugeordnetes Amt jene Publikationen herausgibt und verbreitet.
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3. Im Wahlkampf bedienen sich die politischen Parteien und Bewerber um einen Parlamentssitz der verschiedensten Mittel und Methoden (Wahlversammlungen, bürgernahe Diskussionen, Hausbesuche, Reden im Parlament, Pressekonferenzen, Auftritte im Fernsehen, Anzeigen in der Presse, Werbespots in Rundfunk und Fernsehen, Plakate, Flugschriften, Informationsmaterial, Geschenke, personalisierende Imagepflege; Sachargumentationen, Emotionen, Kritik der Gegner, Programme, Versprechungen, nicht zuletzt raffinierte Tricks der Werbefachleute usw usf). In diesem Rechtsstreit geht es ausschließlich um Wahlkampfmaterial, dessen Herstellung unter Verwendung von Staatssymbolen, Ministerbild, Ministervorwort und Ausnutzung des Amtsprestiges erfolgt ist und aus Mitteln des Staatshaushalts bezahlt worden ist.
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4. Die (vorhandene oder fehlende) Werbewirksamkeit einer Aktion während des Wahlkampfes läßt sich als Begrenzungsmerkmal nicht aufstellen. "Alles" hat in der Wahlkampfzeit seine Wirkung, sonst setzten es die im Wahlkampf konkurrierenden Parteien, Gruppen und Personen nicht ein. Es kommt insbesondere nicht allein auf den Inhalt einer Anzeige oder einer Schrift an - sie mag "objektiv" oder "nichtssagend" sein -; es kommt auch nicht allein entscheidend auf die "Aufmachung" an - sie mag den einen negativ motivieren und den anderen positiv beeindrucken -; es kommt uU einfach auf die "Menge Papier" an, mit der der Bürger überschüttet wird, - dann nämlich, wenn die eine Seite einen Aufwand an Propaganda treibt, den die andere schlicht nachmachen muß, damit sie nicht den Eindruck erweckt, sie sei der anderen unterlegen.
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5. Die relative Bedeutungslosigkeit von Wahlkampfwerbung bestimmter Art läßt sich auch nicht mit dem Hinweis dartun, daß das Wahlverhalten der Aktivbürger nach empirischen Untersuchungen nur in geringem Umfang von den Mitteln beeinflußt wird, die die Parteien und Wahlwerber im Wahlkampf einsetzen. Es mag sein, daß für die große Mehrzahl der Bürger - für die sogen Stammwähler - die Wahlkampfaktivitäten beinahe ohne Belang sind; es mag sein, daß selbst bei den Wechselwählern Wahlkampfanstrengungen ins Leere gehen, weil es geraume Zeit braucht, bis sie wirken; es mag sein daß andere Umstände - zB ein zeitgerecht geplanter aufsehenerregender politischer Schritt und Erfolg der Regierung - mehr bewirkt als die Agitation im Wahlkampf. Gerade im Zusammenhang mit diesen Überlegungen und dem Umstand, daß relativ kleine Stimmenverschiebungen von der einen zur anderen Partei Mehrheiten im Parlament ändern können, kann keine - isoliert noch so kleine - Aktivität einer Gruppe, die im Wahlkampf mit den anderen um die Stimmen der Wähler ringt, von vorneherein als nicht ins Gewicht fallend, als unbedeutende quantite negligeable bagatellisiert werden.
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6. Auf der anderen Seite kann es bei einem Streit wie dem vorliegenden nicht darum gehen, beckmesserisch zwischen der einen konkreten Aktivität, die aus Haushaltsmitteln bezahlt wird, und der anderen konkreten Aktivität, die ebenfalls aus Haushaltsmitteln bezahlt wird, die Grenze zwischen verfassungsrechtlich erlaubter und verfassungsrechtlich nicht erlaubter Maßnahme zu ziehen. Das Verfassungsgericht kann diese Grenze nur ziehen, indem es alle Aktivitäten der genannten Art zusammen sieht und aus ihrer Massierung die hinreichende Evidenz gewinnt, daß die Feststellung der Verfassungswidrigkeit oder der Verfassungsmäßigkeit des Verhaltens der Bundesregierung, des Bundeskanzlers, der Minister und des Bundespresseamtes im Wahlkampf gerechtfertigt ist.
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III.
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Die Bundesregierung hat nicht erst bei der Bundestagswahl 1976 damit angefangen, in den Wahlkampf einzugreifen. Ihrem Verhalten geht eine viele Jahre hindurch bei fast allen Wahlen zu beobachtende, allerdings von Mal zu Mal aufwendigere, drastischere und umfangreichere Praxis voraus, die mittlerweile bei den dafür unmittelbar Verantwortlichen zu einer selbstverständlichen Gewohnheit geworden ist. Sie wird keineswegs von der öffentlichen Meinung oder von den Bürgern allgemein akzeptiert. Sie hat auch in der Literatur Widerspruch erfahren. Sie wurde schon einmal als verfassungswidrig bekämpft, ua von der Opposition im Bundestag im Jahre 1965/66 in einem Verfassungsstreitverfahren (2BvE 1/66) und in einem Normenkontrollverfahren (2BvF 1/66); die Verfahren erledigten sich durch Rücknahme der Anträge. Auf diesem Hintergrund kann von einer jahrelangen unangefochtenen Verfassungspraxis, die für die rechtliche Beurteilung der vorliegenden Streitigkeit von Bedeutung sein könnte, nicht die Rede sein. Weder können Verfassungsgrundsätze dadurch einen Bedeutungswandel erfahren haben, noch kann sich eine Rechtsüberzeugung gebildet haben, die Grundlage eines Verfassungsgewohnheitsrechts sein könnte.
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IV.
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Die von der Antragstellerin beanstandete Einwirkung der Bundesregierung in den Wahlkampf 1976 ist unter drei selbständigen, unabhängig voneinander durchgreifenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig:
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1. Jede amtierende Bundesregierung ist nach der Ordnung des Grundgesetzes ein auf Zeit bestelltes, in der Regel auf die Dauer der Legislaturperiode bestelltes Verfassungsorgan; das gilt auch für den Bundeskanzler und die Bundesminister (vgl. Art. 63, 69 Abs. 2 GG). Sie ist nicht die Regierung einer Mehrheit, sondern die Regierung des als Staat organisierten Gemeinwesens, in der Demokratie die Regierung des ganzen Volkes; wenn es dafür einer Bestätigung bedürfte, gibt sie der Wortlaut des Eides, den der Bundeskanzler und die Bundesminister nach Art. 64 Abs. 2, Art. 56 GG zu leisten haben.
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Mit dieser Stellung der Bundesregierung im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes ist es unvereinbar, daß sie qua Bundesregierung und ihre Mitglieder qua Bundeskanzler oder qua Bundesminister während des Wahlkampfes amtlich für ihre "Wiederwahl" werben. Das tun sie aber, wenn sie in Presseinseraten und Broschüren mit Bundesadler und Bundesfarben werben "Wir sind auf dem rechten Weg" oder wenn sie mit Broschüren in der gleichen Aufmachung auf Zwischenbilanzen, Leistungen und Erfolge hinweisen, um zu suggerieren, daß ihre "Wiederwahl" die für den Staat und für alle vorteilhafteste Entscheidung sei.
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Der Wahlkampf ist in der Demokratie eine Auseinandersetzung um die politische Macht zwischen politischen Parteien und Wahlbewerbern, die miteinander offen konkurrieren, ein Ringen, in dem die politischen Vorstellungen, die politischen Ziele, die politischen Programme, die in der Sicht von Gruppen der Gesellschaft im Interesse des Staates und des Volkes verwirklicht werden sollten, dem Wähler angeboten werden, damit er der ihm (am ehesten) zusagenden Gruppe seine Stimme gebe. Dieser Wahlkampf wird verfälscht, wenn gleichzeitig mit der angedeuteten Auseinandersetzung der politischen Kräfte innerhalb des Volkes die Bundesregierung, der Bundeskanzler und die Bundesminister gleichsam ihren eigenen Wahlkampf um ihre Wiederwahl führen.
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Natürlich können Bundeskanzler und Bundesminister im Wahlkampf innerhalb ihrer Partei für deren Programm, deren Ziele eintreten und auf diese Weise darum werben, daß dieser Partei und den von ihnen vorgeschlagenen Kandidaten der Bürger seine Stimme gibt. Sie sind keineswegs gehindert, als Wahlkämpfer für ihre Partei auf ihr Amt innerhalb der Regierung, auf die Leistungen der Bundesregierung, der sie angehörten, hinzuweisen und damit Propaganda zu machen. Aber: So wie der Abgeordnete im Parteienstaat unbeschadet seiner Abhängigkeit von der ihn vorschlagenden und unterstützenden politischen Partei nach geltendem Verfassungsrecht Vertreter des ganzen Volkes bleibt, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur seinem Gewissen unterworfen ist (Art. 38 GG), so ist nach geltendem Verfassungsrecht zu unterscheiden zwischen dem im Wahlkampf für seine Partei agierenden Bundeskanzler und Bundesminister und dem Status von Bundesregierung, Bundeskanzler und Bundesminister als Verfassungsorgan, dem amtlich nicht erlaubt ist, was demjenigen, der zufällig Amtsinhaber ist, im Wahlkampf gestattet ist.
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2. Das Verhalten der Bundesregierung im Wahlkampf 1976 ist unvereinbar mit dem Demokratiegebot des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG):
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Die Demokratie des Grundgesetzes beruht darauf und lebt davon, daß die Leitung des Staates, daß die Ausübung der obersten Gewalt im Staat durch die politischen Verfassungsorgane unmittelbar oder mittelbar abhängt und kontrolliert wird durch das Volk, insbesondere im regelmäßig wiederkehrenden Grundakt der politischen Wahl, der den Ursprung für die Neubestimmung der Inhaber von Staatsmacht innerhalb der politischen Verfassungsorgane bildet und über Fortsetzung oder Änderung der Regierungspolitik, über Ablehnung neuer politischer Bestrebungen und Ideen oder Forderung nach und Unterstützung von neuen politischen Programmen und Reformen entscheidet. Das ist ein fortdauernder ununterbrochener, offener politischer Prozeß, ua verfassungsrechtlich garantiert durch Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 21 und Art. 38 GG.
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Frei und offen ist dieser demokratische Prozeß nur, wenn jedesmal jener Grundakt der politischen Wahl bestimmt wird durch die im Volke lebendigen verschiedenen politischen Kräfte, die in Sonderheit in den sich frei bildenden und frei konkurrierenden politischen Parteien sich ihre Handlungseinheiten schaffen. Das heißt aber: Wahlen sind nach dem Demokratiegebot des Grundgesetzes die rechtserheblichen politischen Vorgänge, in denen die Willensbildung frei von gezielter Einwirkung auf die Wahl von den Organen des verfaßten Staates her stattzufinden hat. Amtliche Wahlwerbung der Bundesregierung, des Bundeskanzlers und der Bundesminister ist eine massive Einmischung "von oben" in einen Vorgang, der in unserer Demokratie "von unten her" den Anfang eines Prozesses setzen soll, an dessen Ende erst die Neubestimmung des "Oben" im organisierten Staat steht.
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Gewiß gibt es eine mittelbare Wirkung auf die Wahlentscheidung des Bürgers, die unvermeidbar ausgeht als Reflex von der Politik der Bundesregierung, des Bundeskanzlers und der Bundesminister und ihren politischen Schritten zur Verwirklichung des Regierungsprogramms, auch eine mittelbare Wirkung auf die Wahlentscheidung des Bürgers, die von dem Persönlichkeitsbild des Kanzlers und der Minister und dem Prestige und Ansehen des Amtes, das sie innehaben, ausgeht. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu beanstanden als vom Verfassungsrecht untersagt ist allerdings, daß die Bundesregierung und ihre Mitglieder dieses Ansehen des Amtes ganz bewußt zur Wahlwerbung einsetzen. Gerade "objektive", den Standpunkt sozusagen jenseits der "Parteienstreitereien" wählende, mit der Autorität und dem Prestige des Amtes ausgestattete Äußerungen der Bundesregierung und ihrer Mitglieder in Anzeigen, Broschüren, Faltblättern und Leistungsberichten stellen besonders wirksame Wahlwerbung für die Parteien dar, von denen die Bundesregierung getragen wird. Parteiergreifend kann man im Wahlkampf nicht nur auftreten in offen "parteiergreifenden" Aktivitäten, sondern auch in Aktivitäten, in denen man die Parteiwerbung unausgesprochen lassen kann im Vertrauen darauf, daß sie sich aus den Umständen und Zusammenhängen ergibt, oder noch besser im Vertrauen darauf, daß sie ganz unbemerkt und unreflektiert bei den Wählern als Werbung für eine bestimmte Partei "ankommt".
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3. Das Verhalten der Bundesregierung im Wahlkampf 1976 ist schließlich unvereinbar mit dem Verfassungsgrundsatz der Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf (Art. 21 Abs. 1, 38 Abs. 1 GG), wie ihn das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat.
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Die Chancen der politischen Parteien, die im Wahlkampf aus der Opposition heraus antreten, und die Chancen der politischen Parteien, die zuletzt die Regierung getragen haben, sind im Ringen um die Wählerstimmen tatsächlich nicht gleich. Das ist hinzunehmen; davon ist auszugehen. Um so stärkeres Gewicht gewinnt die aus dem Grundsatz der Chancengleichheit zu entwickelnde Forderung, daß alles zu unterbleiben hat, was diese tatsächlich bestehende Ungleichheit noch verstärkt (vgl. BVerfGE 8, 51 [66f]). Unterstützung der sogen Regierungsparteien durch regierungsamtlichen Einsatz von Amtsautorität, von Regierungsprestige, von Staatssymbolen ist verfassungswidrig in Rücksicht auf das Postulat der Chancengleichheit der Parteien. Der Einsatz von Amts-Fazilitäten, beispielsweise die Verwendung von Beamten des Ministeriums zur Ausarbeitung von Werbebroschüren, von Wahlreden, von Wahlkampforganisation ist ein anderes Exempel einer verfassungswidrigen Bevorteilung der die Regierung tragenden Parteien im Wahlkampf. Beide Erwägungen haben auch bei der Beurteilung des von der Antragstellerin beanstandeten Verhaltens der Bundesregierung ihre Bedeutung. Daß aus Haushaltsmitteln Wahlkampfwerbung bezahlt wird, die einseitig den Parteien zugute kommt, die die Regierungsmehrheit stellen, ist also nicht der einzige Gesichtspunkt, der im Zusammenhang mit dem Verfassungsgrundsatz der Chancengleichheit der Parteien eine Rolle spielt; aber es ist der im Vordergrund stehende Gesichtspunkt.
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Die Bundesregierung hat in großem Umfang mit Mitteln aus dem Haushalt Wahlkampfmaterial produzieren lassen und selbst verwendet oder durch andere im Wahlkampf verwenden lassen, das einseitig oder ausschließlich zugunsten der Regierungsparteien wirkte. Die Bundesregierung einschließlich des Bundespresseamtes hat insbesondere das von ihr produzierte Material (Faltblätter, Broschüren, Leistungsberichte usw) in großer Zahl den Regierungsparteien zum Zwecke der Verbreitung kostenlos überlassen; es wurde an Reklameständen dieser Parteien, in Wahlversammlungen und bei anderen Veranstaltungen dieser Parteien, in offenen Werbekästen und Auslagen dieser Parteien, als Geschenke der Kandidaten dieser Parteien und auf ähnliche Weise an die Wahlbürger zum Zwecke der Werbung verteilt. Der Hinweis, daß dieses Material auf Anforderung den übrigen Parteien ebenfalls zur Verfügung gestanden hätte, verfängt nicht; denn es war für die Wahlwerbung der Oppositionsparteien gänzlich ungeeignet. Den Regierungsparteien kam also einseitig ein aus dem Bundeshaushalt finanzierter zusätzlicher Werbeaufwand in Millionenhöhe zugute, den die Bundesregierung beisteuerte. Das muß man im Zusammenhang mit der geltenden Regelung über die Erstattung der den Parteien erwachsenen angemessenen Wahlkampfkosten aus öffentlichen Mitteln sehen (§§ 18 ff. Parteiengesetz). Diese Regelung gewährt eine dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien entsprechende anteilige Leistung aus dem Bundeshaushalt an grundsätzlich alle am Wahlkampf teilnehmende Parteien, die ausreicht, den Wahlkampf zu finanzieren, wenn sie sich in den Grenzen des Angemessenen halten. Werden nun einigen von ihnen - den Regierungsparteien - in der angegebenen Weise zusätzliche Millionen in Form von kostenlosem Wahlwerbematerial zur Verfügung gestellt, dann wird damit evident der Verfassungsgrundsatz der Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf verletzt. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, daß die Bundesregierung einschließlich des Bundespresseamtes die Aufträge zum Druck des Werbematerials an parteieigene oder der Partei nahestehende Unternehmen zu Marktpreisen, die die Regierung bezahlt, vergeben kann und daß diese Unternehmen dann in Rücksicht auf den so erzielten Gewinn Druckaufträge der Partei für Wahlwerbematerial billiger kalkulieren können, so daß die Partei dadurch eine zusätzliche finanzielle Entlastung erfährt.
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V.
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Aus den unter IV. getroffenen Feststellungen ergeben sich einige Folgerungen:
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1. Es kommt darauf an, daß die auf Kosten des Bundeshaushalts produzierten Faltblätter, Broschüren, Leistungsberichte der Bundesregierung, des Bundeskanzlers, der Bundesminister (einschließlich des Bundespresseamtes) nicht im Wahlkampf verwendet werden. Es ist also gleichgültig, wann sie gedruckt worden sind und ob sie monatelang oder jahrelang gestapelt wurden, bevor sie im Wahlkampf verwendet wurden. Es ist auch gleichgültig, ob sie den politischen Parteien, die die Regierung getragen haben, unmittelbar oder über Einrichtungen, Organisationen, Büros, Bürgerinitiativen, die der Partei nahestehen oder sie im Wahlkampf unterstützen, ausgehändigt werden. Es ist schließlich gleichgültig, ob sie von den Regierungsstellen ohne oder erst auf Anforderung solcher Einrichtungen oder einzelner Personen, die die Partei im Wahlkampf unterstützen wollen, abgegeben werden; im letzteren Fall ändert sich auch nichts an der Beurteilung, wenn die Abgabe gegen ein kleines Entgelt erfolgt.
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2. Es genügt nicht, daß es die Regierungsstellen künftig unterlassen, in der dargestellten Weise in den Bundestagswahlkampf einzugreifen. Sie haben auch Vorkehrungen dagegen zu treffen, daß Material, das außerhalb der Wahlkampfzeit unbedenklich verteilt werden darf, nicht während der Wahlkampfzeit von den politischen Parteien als Mittel der Werbung verwendet wird. Dies gilt unbeschadet dessen, daß auch die politischen Parteien gehalten sind, sich an die dargelegte Verfassungsrechtslage zu halten. Sie sind vom Bundesverfassungsgericht für den Bereich der Wahlen, der auch die Aktivitäten der Parteien in der Wahlkampfzeit umfaßt, als - zwar nicht dem verfaßten Staat inkorporierte - nicht formierte Verfassungsorgane anerkannt, als vom Verfassungsrecht vorgesehene Einheiten, die im Feld der Wahlen innerhalb des Verfassungslebens agieren und mit dieser ihrer Tätigkeit in den Bereich der durch die Verfassung normierten Staatlichkeit hineinreichen. Sie sind deshalb insoweit ebenso rechtlich gebunden wie die Regierung und ihre Mitglieder.
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3. Es versteht sich, daß aus denselben Gründen, aus denen es der Bundesregierung verwehrt ist, in der dargelegten Weise den sie unterstützenden politischen Parteien Material für den Bundestagswahlkampf zur Verfügung zu stellen, also parteiergreifend in diesen Wahlkampf hineinzuwirken, es auch von Verfassungs wegen untersagt ist, daß die Oppositionsparteien im Bundestagswahlkampf durch ihnen programmatisch nahestehende Landesregierungen unterstützt werden.
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4. Die Bundesregierung ist durch die unter IV. getroffenen Feststellungen nicht gehindert, auch während der Wahlzeit sich an die Bürger zu wenden, wenn beispielsweise in einem Fall des Notstands oder im Zusammenhang mit einem politischen Schritt, der die Bevölkerung unvorbereitet trifft, eine sofortige Aufklärung oder Informierung notwendig wird; dazu stehen Pressekonferenzen, Rundfunk und Fernsehen zur Verfügung. Über Pressekonferenzen, Rundfunk und Fernsehen läßt sich während der Wahlkampfzeit auch eine zunächst ausreichende Information über den Inhalt eben verkündeter Gesetze verbreiten. Im übrigen kann diese Aufklärung und Unterrichtung mittels Broschüren usw während der Wahlzeit vorbereitet werden und unmittelbar nach der Wahl verbreitet werden, sofern nicht ein sparsamer Umgang mit Haushaltsmitteln nahelegt, diese Aufklärungsarbeit in der Demokratie einer vielfältig organisierten freien Gesellschaft denjenigen Berufen, Gruppen und Organisationen zu überlassen, die je nach ihrem Zweck die verschiedenen Interessen der Bürger wahrnehmen.
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5. Bei aller theoretisch-systematischen Eindeutigkeit der Grenze, die nach den vorstehenden Überlegungen den Aktivitäten der Bundesregierung während der Wahlkampfzeit gezogen sind, wird sich nicht vermeiden lassen, daß sich in der Praxis eine Zone der Zweifelhaftigkeit im Einzelfall bildet. Das ist als unvermeidbar hinzunehmen. Es beeinträchtigt nicht die verfassungsgerichtliche Kontrolle, die sich von dem unter II. 6. dargestellten Maßstab leiten läßt.
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6. Im übrigen gibt es, was die Einhaltung oder Mißachtung der der Bundesregierung für die Einwirkung auf den Bundestagswahlkampf verfassungsrechtlich gezogenen Grenzen anlangt, eine relativ wirksame politische Kontrolle: Wahlwerbung, insbesondere Einwirkungen der Bundesregierung auf den Wahlkampf zugunsten der Mehrheitsparteien spielen sich in aller Öffentlichkeit ab. Jedermann kann beobachten, mit welchen Mitteln die politischen Parteien ihren Wahlkampf führen und ob und wie die Bundesregierung einschließlich des Bundespresseamtes, der Bundeskanzler und die Bundesminister in den Wahlkampf eingreifen. Die öffentliche Meinung kann, gestützt auf dieses Urteil, reagieren.
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Außerdem setzt eine Regierung, die die ihr gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen nicht achtet, die Gültigkeit der Wahl zum Bundestag aufs Spiel (Art. 41 GG, §§ 13 Nr. 3, 48 BVerfGG). Ein parteiergreifendes Einwirken der Bundesregierung und ihrer Mitglieder auf den Wahlkampf ist im Zweifel eine so schwerwiegende Einmischung in den Prozeß, an dessen Ende die Wahl steht, daß bei dem erfahrungsgemäß regelmäßig relativ knappen Ausgang der Wahl nicht mehr ausgeschlossen werden kann, daß sie ohne jene Einmischung anders ausgefallen wäre. Dann aber muß die Wahlanfechtung Erfolg haben und die Wahl wiederholt werden.
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7. Es ist Sache des Bundestages, durch entsprechende Beschlüsse zum Haushaltsgesetz und durch zusätzliche gesetzliche Regelungen die Konsequenzen aus den unter IV. und V. 1. bis 6. getroffenen Feststellungen zu ziehen, insbesondere sicherzustellen, daß das verfassungsrechtlich Gebotene durchgesetzt und nicht unterlaufen oder umgangen werden kann. Dazu kann auch eine Regelung gehören, die von der Bundesregierung verlangt, daß sie kontinuierlich innerhalb bestimmter kurzer Zeiträume in Übersichten veröffentlicht, welche Broschüren, Faltblätter, Leistungsberichte usw sie mit Mitteln des Bundeshaushalts hat herstellen lassen, wie hoch die Auflage war, wie viele Stücke verbreitet wurden, auf welchem Weg sie verbreitet wurden und wann sie verteilt wurden. Eine solche Regelung ist im Interesse der Transparenz der Vorgänge und der Kontrolle durch die Öffentlichkeit höchst erwünscht, uU sogar aus denselben Gründen verfassungsrechtlich geboten, aus denen im Urteil vom 5. November 1975 gefordert wurde, daß die Entscheidung über die Höhe aller Teile der finanziellen Ausstattung der Abgeordneten im Parlament und nicht durch dessen Präsidium getroffen wird (BVerfGE 40, 296 [327]).
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VI.
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Was vorstehend für die Bundestagswahlen im einzelnen ausgeführt worden ist, gilt, wie sich von selbst versteht, auch für jede Landtagswahl. Auch dort darf die Landesregierung nicht amtlich wahlwerbend unter Verwendung von Haushaltsmitteln und Staatssymbolen zugunsten der sie tragenden Partei (oder Parteien) in den Wahlkampf eingreifen und umgekehrt die Bundesregierung amtlich den ihr nahestehenden Oppositionsparteien im Land beispringen. Das schließt nicht aus, daß die Mitglieder der Landesregierung als Politiker ebenso wie die Mitglieder der Bundesregierung als Politiker je ihrer Parteien diese, sei es im Landtagswahlkampf, sei es im Bundestagswahlkampf, als Redner in Wahlversammlungen, auf Pressekonferenzen und bei sonstigen Veranstaltungen unterstützen.
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B. | |
Ich weiche von der Mehrheit auch ab, soweit im Tenor angeordnet wird, daß der Antragstellerin die notwendigen Auslagen zu erstatten sind.
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Die Kostenentscheidung widerspricht der bisherigen Rechtsprechung. Noch in keinem Fall hat das Gericht bisher von Amts wegen, also ohne Antrag, die Erstattung der notwendigen Auslagen des Antragstellers angeordnet. Selbst in dem Fall, in dem eine politische Partei, die mit ihrem Sachantrag durchgedrungen war, innerhalb eines Organstreits den Antrag gestellt hatte, ihr die notwendigen Auslagen zu erstatten, hat das Gericht den Antrag abgelehnt mit der Begründung, § 34 Abs. 3 BVerfGG sei eine Ausnahmevorschrift; eine Erstattung komme nur in Betracht, wenn besondere Billigkeitsgründe vorliegen; solche Gründe seien weder vorgetragen noch ersichtlich (BVerfGE 20, 119 [133f]). Auch im vorliegenden Fall liegen keine besonderen Billigkeitsgründe vor, die es rechtfertigen würden, von der Ausnahmevorschrift des § 34 Abs. 3 BVerfGG Gebrauch zu machen.
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Dr. Geiger
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Ich trete der vorstehenden abweichenden Meinung bei.
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Die Bundesregierung hat im Bundestagswahlkampf 1976 durch das von der Antragstellerin beanstandete Verhalten gegen Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 GG (Demokratieprinzip) überhaupt nicht und gegen Art. 21 Abs. 1 Satz 1, Art. 38 Abs. 1 GG (Verfassungsprinzip der Chancengleichheit der politischen Parteien im Wahlkampf) in wesentlich geringerem Umfang als nach der Auffassung der Senatsmehrheit verstoßen. Die im Urteil ausgesprochene Feststellung einer Verletzung des Rechts der Antragstellerin auf Chancengleichheit vermag ich im Ergebnis insgesamt nicht mitzutragen.
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Ich folge dem Senat weder in den begrenzenden Maßstäben, die er für das Handeln der Bundesregierung während eines Bundestagswahlkampfes aus dem Demokratieprinzip und dem Verfassungsprinzip der Chancengleichheit der politischen Parteien im Wahlkampf hergeleitet hat, noch in der Bewertung einzelner Regierungsmaßnahmen als verfassungswidrige Verletzung der Rechte der Antragstellerin.
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I.
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Der Senat geht in seinem Urteil von einem Bild der parlamentarischen Demokratie aus, das der parteienstaatlichen Struktur der Bundesrepublik Deutschland nicht gerecht wird und im übrigen die Verfassungswirklichkeit seit Entstehen der Bundesrepublik nicht ausreichend berücksichtigt.
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Die Demokratie des Grundgesetzes ist eine Parteiendemokratie (vgl. BVerfGE 4, 144 [149] m.w.N.). Die politischen Parteien haben nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG eine rechtlich privilegierte Stellung. Sie sind in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben und als politische Handlungseinheiten anerkannt, deren die Demokratie heute bedarf, um die Wähler zu politisch aktionsfähigen Gruppen zusammenzuschließen und ihnen so überhaupt erst einen wirksamen Einfluß auf das staatliche Geschehen zu ermöglichen (BVerfGE 11, 266 [273]; 24, 260 [264]). Hieraus folgt ihre jedenfalls faktische Monopolstellung bei der Konstituierung der Verfassungsorgane auf Bundesebene und Landesebene. Ohne sie, die in diesem Zusammenhang auch als "Kreationsorgane" bezeichnet worden sind (vgl. BVerfGE 1, 208 [225]), ist die Besetzung der obersten Staatsämter in der modernen Massendemokratie nicht möglich (BVerfGE 13, 54 [81]).
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Besondere Merkmale des Parteienstaates des Grundgesetzes sind:
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a) Die politischen Parteien haben ein faktisches Monopol bei der Aufstellung der Bundestagskandidaten;
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b) die politischen Parteien haben ein faktisches Monopol bei der Wahl des Bundeskanzlers;
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d) die Bundesminister sind ganz überwiegend Bundestagsabgeordnete, Spitzenfunktionäre ihrer Parteien, kurz, sie sind Parteipolitiker.
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Den Typ des angeblich unpolitischen überparteilichen Beamtenministers, der im Wilhelminischen Staat vertreten war - der sich im übrigen in Wirklichkeit durch eine konservative Einstellung auszeichnete -, gibt es nicht mehr.
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e) Die Bundesregierung ist infolge dieser Staatsstruktur, unter deren Geltung sie gebildet wird, nicht "neutrale", über den politischen Parteien schwebende Exekutivspitze. Die Bundesregierung ist vielmehr auch Exekutivausschuß der Regierungspartei oder der sie tragenden Regierungskoalition.
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f) Die Bundesregierung ist dem ganzen Volk und Staat verpflichtet (Art. 64 Abs. 2, Art. 56 GG). Ihr Wirken soll der Förderung und Verwirklichung des Gemeinwohls dienen. Was dem Gemeinwohl dient, ist indessen regelmäßig zwischen den politischen Parteien und den mannigfachen gesellschaftlichen Gruppen streitig. Deshalb geht die These des Urteils, daß die Regierung dem Gemeinwohl verpflichtet sei und deshalb nicht "parteiisch" in den Wahlkampf eingreifen dürfe, also während des Wahlkampfes "neutral" bleiben müsse, ins Leere. Denn die Bundesregierung bemüht sich nicht um die Verwirklichung eines von ihr in politischer Neutralität inhaltlich bestimmten Gemeinwohls. So wie sie in der Parteiendemokratie des Grundgesetzes zustandegekommen ist, kann sie vielmehr in ihrer täglichen Arbeit nur das Wahlprogramm der sie tragenden politischen Parteien, soweit es zur Grundlage ihres eigenen Regierungsprogramms geworden ist, zu verwirklichen suchen. Weil das Wahlprogramm der politischen Mehrheitsparteien als eine von mehreren Vorstellungen vom Gemeinwohl in der vorangegangenen Bundestagswahl die Zustimmung der Mehrheit des deutschen Volkes gefunden hat, konnten die Mehrheitsparteien eine Regierung bilden und ein bestimmtes Regierungsprogramm aufstellen. Dieses Regierungsprogramm ist vom Willen der Mehrheit des Volkes getragen. Die Verwirklichung des Programms der Mehrheitsparteien und des darauf fußenden Regierungsprogramms ist für die Dauer der Amtszeit der Regierung Verwirklichung des Gemeinwohls. Die Bundesregierung ist deshalb nicht nur verpflichtet, dieses Programm ihrer Regierungsarbeit zugrundezulegen, sondern auch berechtigt, es in der politischen Auseinandersetzung gegen die parlamentarische Opposition, gegen Interessentengruppen und Verbände zu verteidigen. Das gilt auch für Zeiten des Wahlkampfes.
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Auch dies ist Ausfluß des Demokratieprinzips in der parteienstaatlichen Demokratie.
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g) In Bundestagswahlkämpfen geht es nicht nur um die Zusammensetzung des neuen Bundestages, sondern zugleich auch um die Auswahl des neuen Bundeskanzlers und der neuen Bundesregierung. Es wird auch entschieden über die politische Alternative zwischen Fortführung des Programms der bisherigen Regierung, das zugleich das Programm der Mehrheitsfraktionen ist, und dem Programm der politischen Opposition.
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h) Weil das so ist, haben seit Errichtung der Bundesrepublik Deutschland sämtliche Bundeskanzler und nahezu alle Bundesminister in die Bundestagswahlkämpfe eingegriffen, und zwar nicht nur in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete und als Parteifunktionäre, sondern gerade auch in ihrer Eigenschaft als Bundeskanzler und als Bundesminister. Dies geschah in bewußter und gewollter Nutzbarmachung der staatlichen Amtsautorität für Zwecke des Wahlkampfes und unter intensiver Ausnützung ihrer Amtsmittel. Hierzu gehörten auch die Haushaltsmittel für die Öffentlichkeitsarbeit.
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So wird in der Bundesrepublik Deutschland seit nunmehr 28 Jahren verfahren, und zwar sowohl im Bund als auch in allen Bundesländern.
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Alle Bundeskanzler und die meisten Bundesminister, unabhängig davon welcher politischen Partei sie angehörten, haben sich im Bundestagswahlkampf sowohl um ihre Wiederwahl als Bundestagsabgeordnete als auch um die Wiedererlangung ihres bisherigen Staatsamtes bemüht. Darüber hinaus gibt es sogar Beispiele für Bundestagswahlkämpfe, die in erster Linie vom Bundeskanzler unter voller Ausnutzung und Ausspielung seiner Amtsautorität als Bundeskanzler geführt wurden, und erst in zweiter Linie von der ihn tragenden politischen Partei.
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Von parteipolitischer Neutralität der Regierung während des Wahlkampfes konnte also überhaupt keine Rede sein.
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i) Diese Ausprägung unserer parteienstaatlichen Demokratie, in der Bundeskanzler und Bundesregierung unter Ausnutzung ihrer Amtsautorität, unterstützt durch die Öffentlichkeitsarbeit der zuständigen Stellen der Regierung, mit Hilfe von Rechenschaftsberichten und Erfolgsberichten und zahlreichen in die Zukunft gerichteten politischen Absichtserklärungen in den Wahlkampf eingriffen, ist ein wesentlicher und charakteristischer Bestandteil des politischen Lebens, wie es sich unter der Geltung des Grundgesetzes entwickelt hat. Es kann vom Bundesverfassungsgericht nicht ohne Vorankündigung dadurch geändert werden, daß aus dem Grundgesetz Maßstäbe als Verfassungsprinzipien hergeleitet werden, die das Handeln der Bundesregierung vermeintlich schon seit jeher beschränkt haben sollen. Die Verfassungswirklichkeit steht dem entgegen. Denn in Wirklichkeit haben die politisch Handelnden in der nahezu dreißigjährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland diese Handlungsbegrenzungen für die Bundesregierung aus dem Grundgesetz nicht herausgelassen. Letztlich hat sie niemand gekannt. Die Folge war, daß kein Bundeskanzler, keine Bundesregierung, kein Bundestag, keine politische Partei sich an diesen angeblich verfassungsrechtlich gebotenen Begrenzungen orientieren konnte.
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II.
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1. Legt man die soeben dargestellte Auffassung über die Struktur des Parteienstaates zugrunde, so verbietet das Demokratieprinzip der Bundesregierung nicht, sich mit politischen Parteien zu identifizieren, sich zur Wiederwahl zu stellen und dafür zu werben, daß sie wiedergewählt werde. Das demokratische Prinzip der regelmäßig wiederkehrenden Wahlentscheidung des Volkes wird dadurch nicht in Frage gestellt.
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Die Regierung ist in der parteienstaatlichen Demokratie nur auf dem Weg über die politischen Parteien zu bilden. Der Bürger gibt den Parteien durch die Wahl den zeitlich befristeten Auftrag, eine Regierung zu bestellen. Die Vorstellung der politischen Parteien vom Gemeinwohl ist in erster Linie durch Arbeit in der Regierung zu verwirklichen, die das Parteiprogramm oder Koalitionsprogramm in Regierungshandeln umformt. Der Bundeskanzler und die Mitglieder der Bundesregierung werden durch ihre Ernennung indessen nicht zu "neutralen" Wesen, die nur noch einem von den Zielen und Programmen ihrer Partei losgelösten "objektiven Gemeinwohl", dem "sogenannten Staatsganzen", verpflichtet sind. Vielmehr haben sie - gerade in Ausfluß des Demokratieprinzips - die Aufgabe, das politische Programm der sie tragenden Partei oder Parteienkoalition, die ja die Mehrheit des Volkes vertritt, zu verwirklichen. Hierzu hat ihnen der Bürger durch seine Wahlentscheidung bei der vorangegangenen Bundestagswahl den Auftrag gegeben.
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Vor einer neuen Bundestagswahl erwartet deshalb der Bürger eine Offenlegung dessen, was die Bundesregierung erreicht hat. Diese Offenlegung ist eine der Grundlagen seiner künftigen Wahlentscheidung. Im übrigen gibt eine solche Offenlegung der Regierungsarbeit auch der Opposition die Gelegenheit, sich konkret mit den Darlegungen der Bundesregierung auseinanderzusetzen, was ebenfalls zu den Grundlagen für eine rationale Wahlentscheidung des Bürgers gehört.
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In der Verfassungswirklichkeit stellt sich die Alternative zwischen der Wiederwahl des Bundeskanzlers oder der Wahl des Oppositionskandidaten. In diesem Dualismus ist überhaupt kein Platz für eine "neutrale Regierung", auch nicht und gerade nicht im Wahlkampf.
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Auch der wählende Bürger sieht das so. Er macht keinen Unterschied zwischen dem Auftreten des Bundeskanzlers im Wahlkampf in seiner Eigenschaft als Bundeskanzler oder in seiner Eigenschaft als Parteiführer. Der Bundeskanzler bleibt Bundeskanzler, die Mitglieder der Bundesregierung bleiben Bundesminister. Sie können öffentlich auftreten: immer sind sie auch Regierungschefs und Regierungsmitglieder, und jede ihrer Äußerungen in Zeiten vor einer Bundestagswahl hat zwangsläufig irgendeinen Bezug zur Wahl und irgendeine Auswirkung auf den Wahlausgang. Dies ist unvermeidlich und ist mE Ausdruck des Demokratieprinzips; es kann deshalb nicht unter Berufung auf das Demokratieprinzip untersagt werden. Denn auch das Handeln der amtierenden Bundesregierung wird bis zum Ende ihrer Amtszeit vom Demokratieprinzip getragen. Eine Aufspaltung des Bundeskanzlers und der Mitglieder der Bundesregierung in Amtspersonen einerseits, die während des Wahlkampfes im Blick auf das Demokratieprinzip zum Schweigen verpflichtet sein sollen, und in Parteipolitiker andererseits, die sich zugunsten einer erneuten Stimmenmehrheit der die Regierung tragenden Parteien aktiv in den Wahlkampf einschalten dürfen, ist nicht möglich. Eine solche Differenzierung ließe im übrigen außer acht, daß das Demokratieprinzip tatsächlich nur mit und durch die Parteien zu verwirklichen ist und daß die Wahlentscheidung eine Entscheidung über Personen und Sachprogramme ist, die sich als Regierung und Regierungsprogramm und Oppositionsmannschaft und Oppositionsprogramm gegenüberstehen.
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Wertende Darstellung des Regierungsprogramms durch die Mitglieder der Bundesregierung und durch die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung ist Ausfluß der allgemeinen Handlungspflicht der Bundesregierung, die auch während des Bundestagswahlkampfes nicht erlischt.
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Bei dieser Sachlage, die dem Parteienstaat des Grundgesetzes entspricht, kann nicht unter Berufung auf ein anders ausgelegtes Demokratieprinzip die Bundesregierung in Wahlkampfzeiten politisch entmannt werden, während der parlamentarischen Opposition die unbeschränkte Freiheit bleibt, die Regierung des Versagens, der politischen Unfähigkeit und der geistigen Verworrenheit zu zeihen.
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Aus dem Demokratieprinzip vermag ich deshalb keine Begrenzungen für das Handeln der Bundesregierung im Wahlkampf herzuleiten.
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2. Uneingeschränkte politische Aktivität der Bundesregierung auch in Zeiten des Bundestagswahlkampfes, wie ich sie unter dem Aspekt des Demokratieprinzips für verfassungsrechtlich zulässig halte, bringt eher die Möglichkeit mit sich, daß die Chancengleichheit der Oppositionsparteien im Bundestagswahlkampf berührt wird, als wenn man der Regierungstätigkeit solche Fesseln auferlegt, wie es das Urteil tut.
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Ich folge dem Senat in den in Abschnitt C II des Urteils zum Teil entwickelten, zum Teil nur wiederholten Verfassungsgrundsätzen, durch die die Chancengleichheit aller politischen Parteien im Bundestagswahlkampf gesichert werden sollen, zum Teil.
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So stimme ich dem Urteilssatz zu, daß das Recht auf Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf verletzt wird, "wenn die Staatsorgane parteiergreifend zugunsten oder zu Lasten einer politischen Partei oder von Wahlbewerbern in den Wahlkampf einwirken". Ich bin nur der Meinung, daß dieser Maßstab einer näheren und anderen Konkretisierung bedarf und daß die Bundesregierung im Bundestagswahlkampf 1976 die Wahlchancen der Opposition nicht beeinträchtig hat. Deswegen trage ich nicht die Ausführungen in Abschnitt C IV des Urteils, in dem die speziellen Grenzen für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung im Bundestagswahlkampf gezogen worden sind.
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Mir scheint der Prüfungsmaßstab, der hier entwickelt worden ist, viel zu eng zu sein. Nach meiner Auffassung stehen sich nämlich nicht nur gegenüber das Recht der Bundesregierung zur Öffentlichkeitsarbeit und das Recht der Parteien auf freien ungestörten Wahlkampf. Vielmehr entsteht der Konflikt der Interessen aus dem Recht der Parteien auf freien Wahlkampf und freie Wahl einerseits und den zwingenden Notwendigkeiten des Regierungshandelns, der Vollkompetenz der Regierung bis zum Ende ihrer Amtszeit, andererseits. Die Regierung hat die volle Handlungsbefugnis bis zum letzten Tage ihrer Amtszeit. Diese umfaßt auch die gesamte übliche Öffentlichkeitsarbeit.
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Soweit die Regierungstätigkeit einschließlich der Öffentlichkeitsarbeit den Staat nach außen sichtbar macht, für ihn wirbt, den Bürger informiert und damit integriert, ist sie uneingeschränkt zulässig. Das gilt auch dann, wenn eine tatkräftige Regierung, eine aktive Regierungspolitik, eine die Arbeit der Regierung "schönend" darstellende Öffentlichkeitsarbeit die parlamentarische Opposition im Wahlkampf stören. Es liegt auf der Hand, daß es für die parlamentarische Opposition angenehmer wäre, wenn die Regierung nichts täte, sich iS des Urteils "neutral" zurückhielte, so, als ob sie im Hinblick auf den bevorstehenden Wahltermin bereits abgedankt hätte. Auf eine derartige Untätigkeit der Bundesregierung hat die parlamentarische Opposition aber keinen Rechtsanspruch. Die Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf umschließt nicht den Anspruch der Oppositionsparteien auf eine untätige Regierung, insbesondere nicht auf eine solche, die sich der Öffentlichkeitsarbeit während des Wahlkampfes enthält.
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Die in Abschnitt C IV des Urteils gezogenen Grenzen für die Öffentlichkeitsarbeit engen die der Regierung von Verfassungs wegen übertragene allgemeine und umfassende, auch in Zeiten des Wahlkampfes unbegrenzte Handlungsbefugnis in einer Weise ein, für die ich im Grundgesetz keinen Anhalt finde. Bei dem Bemühen, die Chancengleichheit der Parteien, vor allem die der Opposition im Wahlkampf zu sichern, hat das Urteil den prinzipiell aufrechtzuerhaltenden Handlungsfreiraum der Bundesregierung aus dem Blick verloren. Im einzelnen bemerke ich zu den unter C IV entwickelten Begrenzungen für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung:
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a) Die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung ist nicht generell durch die föderale Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern begrenzt. Wenn die Bundesregierung meint, daß in den Kompetenzabgrenzungen oder in den Kompetenzbereichen der Länder Fehlentwicklungen auftreten, die im Interesse des Gesamtstaates geändert werden sollten - sei es mit oder ohne Grundgesetzänderung -, dann ist sie befugt, dies außerhalb, aber auch während eines Bundestagswahlkampfes öffentlich zu vertreten und durch "Öffentlichkeitsarbeit" dem Bürger nahe zu bringen.
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b) Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung ist immer, ohne Rücksicht auf den Kompetenzbereich des Bundes, zulässig, wenn es gilt, Angriffe von Gebietskörperschaften, politischen Parteien, Verbänden, gesellschaftlichen Gruppen gegen die Bundesrepublik Deutschland oder speziell gegen die Bundesregierung abzuwehren.
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c) Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung während der Wahlkampfzeit kann wegen der Einbettung des Regierungsprogramms der Bundesregierung in das Programm der die Regierung tragenden Parteien niemals auch nur annähernd parteipolitisch neutral sein. Die Regierungstätigkeit stört im Wahlkampf die parlamentarische Opposition immer, sofern die Regierung nicht etwas evident Falsches tut.
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Diese Auswirkungen des Regierungshandelns und der Regierungsöffentlichkeitsarbeit liegen, sofern nicht tatsächliche Besonderheiten hinzutreten, regelmäßig unter der Schwelle dessen, was durch den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien abgesichert werden soll.
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Gleichwohl gibt es immanente und zu jeder Zeit geltende Grenzen amtlicher Öffentlichkeitsarbeit. Hierzu zählt zum Beispiel ein prinzipielles Verbot, die parlamentarische Opposition verächtlich zu machen. Freilich korrespondiert hierzu ein annähernd entsprechendes Verhalten der parlamentarischen Opposition gegenüber der Bundesregierung. Die Sprache der Bundesregierung sollte zwar immer die maßvolle Sprache eines Verfassungsorgans sein. Die Toleranzbreite für die angemessene Sprache kann sich unter Umständen aber dann erweitern, wenn sich die Sprache der Opposition gegenüber der Bundesregierung im Wahlkampf vergröbert.
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d) Daß eine Regierung sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit als eine von bestimmten Parteien getragene Regierung bezeichnet (Abschnitt C IV 2a), kann nach meiner Auffassung die Wahlchancen der Opposition noch nicht beeinträchtigen. Es wird hier nur ein jedermann bekannter Sachverhalt - vielleicht überflüssigerweise - wiederholt. Es mag empfehlenswert sein, daß künftige Bundesregierungen den Hinweis auf diese Selbstverständlichkeit unterlassen; verfassungswidrig ist er jedenfalls nicht.
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e) Das Urteil erwähnt unter Abschnitt C IV 2a) als Beispiel für eine verfassungswidrige Öffentlichkeitsarbeit die Tatsache, daß die Bundesregierung deutlich die Absicht zum Ausdruck bringt, "im Amt bleiben zu wollen". Da dies der Verfassungswirklichkeit entspricht und auch dem Demokratieprinzip nicht zuwiderläuft, vermag ich dieser Selbstverständlichkeit auch unter dem Blickpunkt der Chancengleichheit der Parteien kein rechtliches Gewicht beizumessen, sofern die Bundesregierung nur den Ablauf ihrer Amtszeit überhaupt respektiert.
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f) Im Abschnitt C IV 2b des Urteils wird unzulässige Öffentlichkeitsarbeit für den Fall angenommen, daß Druckschriften, Anzeigen, Faltblätter eine bestimmte Form erhalten, insbesondere wenn informativer Gehalt gegenüber reklamehafter Aufmachung zurücktritt und nur noch Sympathiewerbung getrieben wird.
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Reklameveröffentlichungen dieser Art sehe auch ich mit einem gewissen Befremden und halte sie mit dem Ansehen des Staates für schwer vereinbar. Ausgerechnet dieser Primitivreklame aber die Qualität zuerkennen zu wollen, sie beeinträchtige die Chancengleichheit der Parteien und vor allem der Oppositionspartei, scheint mir deshalb verfehlt zu sein, weil die Wirksamkeit dieser Art von Reklame auf den Wahlbürger völlig unbewiesen ist. Ich bin ganz im Gegensatz zu den Antragstellern der Meinung, daß gerade die Angreifbarkeit dieses Teiles der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung der Opposition besondere Gelegenheit gegeben hat, ihre Gegenposition besser darzustellen, als sie es ohne solche Verirrungen der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung hätte tun können. Auf alle Fälle kann von der möglichen Geringwertigkeit dieser für Zwecke der Staatswerbung ungeeigneten Reklame nicht auf die Verfassungswidrigkeit solcher Art von Öffentlichkeitsarbeit geschlossen werden. Eine ganz andere Frage ist, ob nicht aus Gründen des guten politischen Stiles vieles von dem, was seitens der Bundesregierung im Bundestagswahlkampf 1976 publiziert worden ist, besser unterblieben wäre.
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Was die Popularisierung des Regierungschefs und der Regierungsmitglieder durch Verbreitung ihrer Bilder in amtlichen Publikationen betrifft, so vermag ich hierin kein verfassungsrechtlich relevantes Handeln der Bundesregierung zu sehen. Erwiesen ist nur, daß Rechenschaftsberichte der Ressorts mit den Bildern der zuständigen Minister versehen worden sind. Ich sehe nicht, warum sachlich gebotene Informationsschriften der Bundesregierung die Chancengleichheit der Oppositionsparteien im Wahlkampf beeinträchtigen könen, nur weil das Bild des zuständigen Ressortministers mit abgedruckt ist. Diese Praxis der Bundesregierung ist seit Jahrzehnten üblich und von keiner Seite ernstlich beanstandet worden. Sie wird auch von Landesregierungen geübt, die von der Antragstellerin gebildet worden sind.
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Wenn hier etwas geändert werden sollte, dann mögen das die politischen Parteien vereinbaren. Es ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, über Fragen des politischen Stils zu befinden.
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Auch mir erschien die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in der Vorwahlzeit erheblich verstärkt worden zu sein. Es ist aber nicht erwiesen, daß von der Bundesregierung im Jahr 1976 mehr Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben worden sind, als ihr vom Bundestag zugebilligt wurden. Solange sich aber die Bundesregierung hinsichtlich des Umfanges ihrer Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen der Etatansätze hält, vermag ich in der Verstärkung des Umfanges der Öffentlichkeitsarbeit in einem Wahljahr allein noch keine Beeinträchtigung der Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf zu erkennen.
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Überhaupt nicht zu folgen vermag ich schließlich dem Urteil, wenn es sachlich und der Form nach nicht zu beanstandende Publikationen der Bundesregierung - seien es nun Regierungsrechenschaftsberichte oder Ressortrechenschaftsberichte, seien es Informationsschriften über Gesetze, die am Ende der Legislaturperiode in Kraft getreten sind - als verfassungswidrig bezeichnet, nur weil sie in der Zeit des Wahlkampfes herauskommen und dadurch zwangsläufig die Chancengleichheit der Oppositionsparteien im Wahlkampf beeinträchtigen. Hierdurch wird der Handlungsspielraum der Regierung in unerträglicher Weise und ohne zwingenden Grund eingeengt. Das Urteil unterstellt ohne Nachweis, daß voluminöse, zum Teil höchst schwierig zu lesende Regierungsarbeitsberichte und Ressortarbeitsberichte, die im Grunde genommen nur einen kleinen Teil der Wähler ansprechen und von noch weniger Wählern gelesen werden, die Wahlchancen der Opposition tangieren könnten. Ich vermag dies als zu weit hergeholt nicht mitzutragen.
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Vollends untragbar wird die Beschränkung der Handlungsbefugnis der Regierung, wenn als Zeitpunkt, innerhalb dessen derartige Publikationen unterbleiben müssen, der Tag der Festsetzung der Bundestagswahl durch den Bundespräsidenten anvisiert wird. Denn dies würde bedeuten, daß rund ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl auch sachlich notwendige und hochwertige Informationsarbeit der Bundesregierung und damit ein Stück Darstellung des Staates in der Öffentlichkeit wegen einer nur theoretisch möglichen Beeinträchtigung der Wahlchancen der parlamentarischen Opposition verboten wird.
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Ich teile auch nicht die Auffassung, daß Druckschriften usw in diesem Halbjahreszeitraum prinzipiell nicht mehr von der Bundesregierung an Organisationen und politische Parteien verteilt werden dürfen, werde aber auf wünschenswerte Begrenzungen im folgenden noch eingehen.
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III.
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Im Abschnitt C V des Urteils wird nur ein Teil des von der Antragstellerin vorgelegten Werbematerials der Bundesregierung, das im Bundestagswahlkampf verbreitet worden ist, bewertet.
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1. Der Senat sieht die in 10 großen Tageszeitungen zwischen dem 18. Mai und Ende Juni 1976 zweimal wöchentlich erschienen großformatigen Anzeigen, die im "S." sowie in der "B.-Illustrierten" erschienenen Anzeigen als verfassungswidrig an, weil sie die Wahlkampfchancen der Opposition tangierten.
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Das Urteil "verfassungswidrig" wird damit begründet, daß
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a) für die Anzeigen kein akuter, von der Sache gebotener Anlaß bestand,
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b) keine informative Aussage enthalten war (Primitivreklame),
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c) nicht nur Erfolge der amtierenden Bundesregierung, sondern bis 1969 zurückreichende Maßnahmen früherer Bundesregierungen nutzbar gemacht wurden,
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d) nur Sympathiewerbung getrieben wurde,
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e) alles in unmittelbarer Nähe zur Bundestagswahl stattfand. Obwohl auch ich diesen Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung während des Bundestagswahlkampfes aus mannigfachen Gründen als verfehlt, eines Staates nicht würdig und in dieser Form und Massierung wenigstens in der Bundesrepublik Deutschland auch als neuartig ansehe, vermag ich wegen meiner oben dargelegten Ansicht über die Handlungsbefugnis der Bundesregierung auch in Wahlkampfzeiten diese Maßnahmen nicht als verfassungswidrig anzusehen. Ich halte es zwar für wünschenswert, daß Reklameanzeigen der fraglichen Art von der Bundesregierung in künftigen Wahlkämpfen nicht mehr veröffentlicht werden. An der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Werbemaßnahmen sehe ich mich jedoch gehindert, weil ich in dieser politischen Primitivreklame nicht die Gefahr einer Wahlbeeinflussung erkennen kann.
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2. Arbeitsberichte, Leistungsberichte und Erfolgsberichte der Bundesregierung, die sachlich gehalten sind, halte ich jederzeit, auch in Wahlkampfzeiten, für zulässig. Die Bundesregierung ist in der Wahl des Zeitpunkts der Veröffentlichung solcher Publikationen verfassungsrechtlich nicht gebunden. Die Opposition muß diesen Ausfluß der Handlungsfreiheit der Bundesregierung ertragen.
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3. Die nach meiner Auffassung unvermeidliche parteipolitische Färbung des regierungsamtlichen Öffentlichkeitsmaterials wird erst dann zum Problem, wenn die Bundesregierung in Wahlkampfzeiten dieses Material in großem Umfang über die sie tragenden politischen Parteien in den Wahlkampf einführt und durch diese Parteien verteilen läßt.
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Die Opposition kann dieses Material entweder aus sachlichen Gründen (anderes politisches Programm, andere Bewertung der bisherigen Regierungstätigkeit) nicht brauchen oder möchte es deshalb nicht verwenden, weil sie die Bilder der Regierungsmitglieder nicht ihrerseits verbreiten will. Die Publikationen eignen sich mithin im wesentlichen nur für den Wahlkampf der die Regierung tragenden Parteien, die hierdurch zusätzliche Hilfe neben der Wahlkampfkostenerstattung erhalten. In diesem Punkt wird die Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf in der Tat berührt. Dies gilt auch dann, wenn derartiges Regierungsmaterial von Bundestagskandidaten mit eigenem Bildaufdruck als Werbematerial verwendet wird. Insoweit folge ich dem Urteil.
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IV.
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Ich sehe also den größten Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung während des Bundestagswahlkampfes 1976 als verfassungsrechtlich zulässig an. Alle Publikationen der Bundesregierung haben zwangsläufig in irgendeiner Weise Auswirkungen auf die Wahlchancen der Oppositionsparteien. Die sicherlich notwendige Grenzziehung zwischen Regierungsinteresse und Interesse der politischen Parteien im Wahlkampf nimmt das Urteil zu einseitig zu Lasten der Bundesregierung vor. Dadurch wird die Aufgabe der Bundesregierung, den Staat in der Öffentlichkeit zu repräsentieren, die Regierungspolitik darzustellen, zu verdeutlichen, zu popularisieren und Angriffe anderer gegen die Bundesrepublik Deutschland und gegen die Bundesregierung abzuwehren, zu weitgehend erschwert.
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Bedenklich erscheint mir im wesentlichen die massive Verbreitung des Regierungsmaterials an die Regierungsparteien zur Verwendung im Bundestagswahlkampf.
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Ich habe dennoch auch insoweit gegen die Entscheidung des Senats gestimmt. Das Urteil hat aus dem Grundgesetz bisher nicht erkannte und nicht beachtete, für alle am Verfassungsleben Beteiligten neue Begrenzungen ermittelt. Es wäre deshalb nach meiner Auffassung angemessen gewesen, von der Feststellung eines verfassungswidrigen Verhaltens der Bundesregierung im Bundestagswahlkampf 1976 abzusehen und stattdessen in der Form einer Warnentscheidung und Ankündigungsentscheidung die neuen Grenzen für die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung in Wahlkampfzeiten aufzustellen, um so ihre Beachtung in der Zukunft möglich zu machen. Auch dabei hätte allerdings klargestellt werden müssen, daß die Bundesregierung bis zum Ende ihrer Amtszeit auch im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit im Grundsatz voll handlungsbefugt bleibt, daß sie nur besondere Rücksichten im Hinblick auf den Verfassungsgrundsatz der Chancengleichheit der Parteien im Wahlkampf zu nehmen hat.
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