1. Gesetzliche Regelungen zur Bewältigung der außergewöhnlichen Probleme, die ihren Ursprung in historischen Vorgängen aus der Zeit vor der Entstehung der Bundesrepublik haben, können nicht an GG Art. 14 gemessen werden. Das Grundgesetz hat den Ausgleich der wirtschaftlichen und politischen Lasten, die aus dem Krieg und dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches herrühren, weitgehend der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers überlassen.
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2. Die Reparationsschäden gehören zu dem großen Komplex der Kriegslasten und Kriegsfolgelasten, die nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätzen über die Bereinigung des Staatsbankrotts des Deutschen Reiches abgewickelt werden durften. Die Bundesrepublik war nur zu einem innerstaatlichen sozialen Ausgleich dieser Schäden verpflichtet (Anschluß BVerfG, 1962-11-14, 1 BvR 987/58, BVerfGE 15, 126; Anschluß BVerfG, 1969-12-03, 1 BvR 624/56, BVerfGE 27, 253).
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3. Den von den Reparationsmaßnahmen Betroffenen standen weder unter dem Gesichtspunkt der Tilgung einer deutschen Reparationsschuld noch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten Entschädigungsansprüche gegen die Bundesrepublik zu, die außerhalb des Staatsbankrotts zu erfüllen wären und über die Beteiligung am sozialen Ausgleich der Kriegslasten und Kriegsfolgelasten hinausreichten.
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4. Der Gesetzgeber durfte die Entschädigung für Reparationsschäden nach dem Vorbild der sozialen Konzeption des Lastenausgleichsgesetzes regeln. Ebenso wie in diesem Gesetz durfte er im Reparationsschädengesetz die verfügbaren begrenzten Mittel auf eine wirksame Hilfe für die betroffenen Menschen beschränken und die Kapitalgesellschaften oder andere juristische Personen von Entschädigungsleistungen ausschließen.
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Beschluß | |
des Ersten Senats vom 13. Januar 1976
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-- 1 BvR 631/69 und 24/70 -- | |
in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. der Sch .. AG, .. , - Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Hans Hellmann und Dr. Karl Pfeiffer, Köln-Braunsfeld, Friedrich-Schmidt-Straße 72 -- 1 BvR 631/69 -; 2. der A .. GmbH, .. , - 1 BvR 24/70 -- gegen das Reparationsschädengesetz vom 12. Februar 1969 (BGBl. I S. 105).
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Entscheidungsformel:
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Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
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Gründe: | |
Gegenstand der vorliegenden Verfahren ist die innerstaatliche Regelung der Entschädigung für Vermögensverluste, die während des Zweiten Weltkriegs und danach dadurch verursacht worden sind, daß die Siegermächte zum Zwecke der Reparation oder der Schwächung der deutschen Volkswirtschaft das deutsche Auslandsvermögen konfiszierten sowie im Inland Industrieanlagen und andere in deutscher Hand befindliche Vermögenswerte wegnahmen, beschädigten oder zerstörten (im folgenden: Reparationsschäden). Die Verfassungsbeschwerden richten sich dagegen, daß das Reparationsschädengesetz für diese Schäden keine volle oder angemessene Enteignungsentschädigung vorsieht, sondern nach dem Vorbild des Lastenausgleichsgesetzes nur einen nach sozialen Gesichtspunkten bemessenen Ausgleich gewährt, insbesondere juristische Personen von den Entschädigungsleistungen ausschließt.
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A. -- I. | |
Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Siegermächte in großem Umfang deutsches Privatvermögen eingezogen oder zerstört, um einerseits die Kriegsgegner des Deutschen Reiches für ihre Kriegsschäden zu entschädigen und andererseits das wirtschaftliche Kriegspotential Deutschlands entscheidend zu verringern.
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1. Auf der Potsdamer Konferenz im Juli und August 1945 beschlossen die Vereinigten Staaten von Amerika, die Sowjetunion und Großbritannien, die gesamte deutsche Industrie, die für eine Kriegsproduktion benutzt werden könnte, auszuschalten oder unter Kontrolle zu stellen. Produktionsanlagen, die nicht erforderlich waren, um die Nachkriegsbedürfnisse Deutschlands auf dem von den Siegermächten genehmigten niedrigen Niveau zu befriedigen, sollten aus Deutschland entfernt oder zerstört werden. Das gesamte deutsche Auslandsvermögen in den damals feindlichen, in den mit Deutschland verbündeten und in den neutralen Staaten, das weitgehend bereits während des Krieges beschlagnahmt worden war, sollte konfisziert und die Handelsflotte weggenommen werden (vgl. die Mitteilung über die Konferenz - sog. Potsdamer Abkommen - in: Amtsblatt des Kontrollrats - ABlKR -, Ergänzungsblatt Nr. 1, S. 13 ff., Teil III und IV). Frankreich, das gemeinsam mit den anderen drei Besatzungsmächten in der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 die oberste Gewalt in Deutschland übernommen hatte (vgl. ABlKR, ErgBl. 1, S. 10), beteiligte sich an der Durchführung dieser Politik.
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Im März 1946 beschloß der Kontrollrat für alle vier Besatzungszonen einen Industrieplan (vgl. Harmssen, Reparationen, Sozialprodukt, Lebensstandard, Versuch einer Wirtschaftsbilanz, 1948, Heft 1, S. 91 ff.), wonach das Produktionsniveau der deutschen Industrie auf 50-55% des Vorkriegsstandes im Jahre 1938 gesenkt werden sollte. Der Plan enthielt entsprechende Produktionsverbote und -beschränkungen und führte im einzelnen auf, in welchen Wirtschaftszweigen Demontagen vorzunehmen waren. Die gemeinsame Reparationspolitik der vier Besatzungsmächte endete jedoch schon im Mai 1946, als die drei westlichen Besatzungsmächte den Abtransport demontierter Industrieanlagen vorübergehend einstellten, weil die im Potsdamer Abkommen vorgesehene Wirtschaftseinheit aller Besatzungszonen nicht zustande gekommen war (vgl. Europa-Archiv 1950, S. 3285). Darüberhinaus setzte sich in den Vereinigten Staaten und in Westeuropa bald die Erkenntnis durch, daß der wirtschaftliche Wiederaufbau Europas gefährdet war, wenn der Industrieplan wie vorgesehen durchgeführt wurde. Daher wurde West-Deutschland in die amerikanische Wirtschaftshilfe nach dem sog. Marshallplan einbezogen (vgl. die Kurzfassung des Schlußberichts der Marshallplan-Konferenz, in: Europa-Archiv 1947, S. 922 ff.). Weiter erließen die amerikanische und die britische Besatzungsmacht nach dem Zusammenschluß ihrer Besatzungszonen im August 1947 einen revidierten Industrieplan, der nur noch eine Senkung der Produktion etwa auf den Stand von 1936 vorsah; die französische Besatzungsmacht änderte die ursprüngliche Planung für ihre Zone entsprechend (vgl. Harmssen, a.a.O., S. 95 ff., 110 ff.).
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Im September 1948 erklärte die amerikanische Militärregierung die Demontagen in ihrer Zone für beendet. In den beiden anderen westlichen Besatzungszonen wurde das Demontageprogramm wiederholt weiter gekürzt. Nach dem Jahre 1951 sind in der Bundesrepublik keine Demontagen mehr vorgenommen worden.
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Anders verlief die Entwicklung hinsichtlich des deutschen Auslandsvermögens. In den ehemaligen Feindstaaten wurde es den deutschen Eigentümern nach dem Kriege nahezu ausnahmslos entzogen (liquidiert), und zwar durchgängig ohne Entschädigung (vgl. v. Schmoller-Maier-Tobler, Handbuch des Besatzungsrechts, 1957, Bd. 1, § 51). Die Absicht der Siegermächte, auch das deutsche Auslandsvermögen in den neutralen Staaten für Reparationszwecke zu verwenden, scheiterte zunächst am Widerstand dieser Länder; sie erkannten den vom Kontrollrat im Gesetz Nr. 5 vom 30. Oktober 1945 (ABlKR Nr. 2 S. 27) angeordneten Übergang dieses Vermögens auf eine Kommission für das deutsche Auslandsvermögen nicht an (vgl. v. Schmoller-Maier-Tobler, a.a.O., S. 8 f.). Deswegen sperrten nunmehr die Vereinigten Staaten die Guthaben der neutralen Länder (Schweiz, Schweden, Spanien, Portugal). Unter diesem Druck verpflichteten sich diese in den sog. Washingtoner Abkommen oder Safe-Haven-Abkommen gegenüber den westlichen Besatzungsmächten, das deutsche Vermögen zu liquidieren und den Liquidationserlös ganz oder zum Teil an die Alliierten abzuführen (vgl. "Deutsches Vermögen im Ausland", 1. Bd., S. 390 ff., 360 ff., 414 f., 3. Bd., S. 447 ff.). Dabei war grundsätzlich eine Entschädigung der deutschen Eigentümer vereinbart, ohne diese näher zu regeln. Diese Abkommen wurden später durch Verträge zwischen der Bundesrepublik und den neutralen Staaten wesentlich modifiziert (vgl. unten C III 6 c u. D I 3).
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Nach einer in den Verfassungsbeschwerdeverfahren vorgelegten Schätzung des Bundesausgleichsamtes belaufen sich die deutschen Reparationsschäden (ohne die Schäden der öffentlichen Hand und der in der DDR lebenden Deutschen) in Preisen von 1938 auf 18,8 Mrd. RM. Davon entfallen 14,1 Mrd. RM auf 7000 juristische und 4,7 Mrd. RM auf 74 000 natürliche Personen. Diese Schäden sind in Höhe von 13,1 Mrd. RM im Ausland und in Höhe von 5,7 Mrd. RM im Inland eingetreten. Im Vergleich dazu beliefen sich die im Lastenausgleichsgesetz geregelten Schäden - Vertreibungsschäden, Kriegssachschäden und Ostschäden - auf einen Gesamtbetrag von 105 Mrd. RM und betrafen über 5 Millionen Geschädigte.
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Die Reparationsmaßnahmen im Inland beeinträchtigten über die unmittelbar geschädigten Unternehmen hinaus auch die übrige Wirtschaft, etwa durch den Ausfall von Zulieferindustrien, und hatten entsprechende Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer sowie für die gesamte Bevölkerung zur Folge. Auf längere Sicht veranlaßten die Demontagen allerdings die betroffenen Industrien, ihre Betriebsstätten mit modernen Ausrüstungen und Anlagen auszustatten, die ihnen im internationalen Wettbewerb zugute kamen. Freilich mußten die Remontagen zu einem wesentlichen Teil mit Fremdmitteln finanziert werden, was die Ertragslage dieser Unternehmen beeinträchtigen konnte. Die Konfiskation des Auslandsvermögens behinderte die deutsche Exportwirtschaft und führte zu erheblichen Ausfällen an Deviseneinnahmen. Im Zuge des Wiederaufbaus des Außenhandels mußten sogar erhebliche Devisenbeträge aufgewendet werden, um deutsche Niederlassungen im Ausland zurückzuerwerben oder neu zu gründen. Es gibt keine Feststellungen darüber, welche Vorteile ausländischen Volkswirtschaften insgesamt zu Lasten der deutschen Volkswirtschaft durch die Reparationsmaßnahmen zugute gekommen sind (vgl. Harmssen, Am Abend der Demontage, 1951, S. 32 ff., und den Schriftlichen Bericht einer Untersuchung über das deutsche Auslandsvermögen, Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 1. Wp., Bd. 12, Anl. 3 zum StenBer. der 217. Sitzung, S. 9541 ff. [9547]).
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2. Ebenso wie vorher schon andere amtliche deutsche Stellen hatte nach der Gründung der Bundesrepublik die Bundesregierung wiederholt an die westlichen Besatzungsmächte appelliert, die Demontagen zu beenden und das Auslandsvermögen zurückzugeben. Um diesen Demarchen die Grundlage zu entziehen, erließ die Alliierte Hohe Kommission am 31. August 1951 das Gesetz Nr. 63 (ABlAHK S. 1107 - vgl. dazu BVerfGE 29, 348 [365 ff.]). Dieses Gesetz betrifft alle Vermögensgegenstände, die als deutsches Eigentum im Ausland beschlagnahmt und enteignet oder unter der Kontrolle einer der Besatzungsmächte zum Zwecke der Reparation oder Restitution aus Deutschland entfernt worden sind (Art. 1). Die Rechte der früheren Eigentümer und sonstigen Berechtigten an diesen Vermögensgegenständen gelten als erloschen (Art. 2). Weiter ist bestimmt:
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Artikel 3
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Die Erhebung von Ansprüchen oder Klagen, die sich auf die Übertragung, Liquidierung oder Übergabe unter dieses Gesetz fallender Vermögensgegenstände gründen oder beziehen,
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(b) gegen eine internationale Stelle, die Regierung eines ausländischen Staates oder eine in Übereinstimmung mit den Anweisungen einer solchen Stelle oder Regierung handelnden Person ist unzulässig.
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Die durch dieses Gesetz geschaffene Rechtslage wurde in den sog. Pariser Verträgen zwischen der Bundesrepublik und den drei westlichen Besatzungsmächten, die zur Ablösung des Besatzungsregimes führten, im wesentlichen bestätigt. Die einschlägigen Vorschriften sind im Sechsten Teil des Vertrags zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 26. Mai 1952 in der Fassung des am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichneten Protokolls über die Beendigung des Besatzungsregimes in der Bundesrepublik Deutschland (BGBl. 1955 II S. 213 ff., S. 405 ff.) enthalten. Danach bleibt die Regelung der Reparationsfrage dem Friedensvertrag oder besonderen Abkommen vorbehalten, jedoch verpflichten sich die drei Mächte, zu keiner Zeit Reparationen aus der laufenden Produktion zu verlangen (Art. 1). Bis zu einer solchen vertraglichen Regelung gelten u.a. folgende Bestimmungen:
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Artikel 2
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... Die Bundesrepublik wird das Gesetz Nr. 63 der Alliierten Hohen Kommission nur mit Zustimmung der Drei Mächte aufheben oder ändern. ...
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Artikel 3
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(1) Die Bundesrepublik wird in Zukunft keine Einwendungen gegen die Maßnahmen erheben, die gegen das deutsche Auslands- oder sonstige Vermögen durchgeführt worden sind oder werden sollen, das beschlagnahmt worden ist für Zwecke der Reparation oder Restitution oder auf Grund des Kriegszustandes oder auf Grund von Abkommen, die die Drei Mächte mit anderen alliierten Staaten, neutralen Staaten oder ehemaligen Bundesgenossen Deutschlands geschlossen haben oder schließen werden.
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(2)...
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(3) Ansprüche und Klagen gegen Personen, die auf Grund der in Absatz (1) und (2) dieses Artikels bezeichneten Maßnahmen Eigentum erworben oder übertragen haben, sowie Ansprüche und Klagen gegen internationale Organisationen, ausländische Regierungen oder Personen, die auf Anweisung dieser Organisationen oder Regierungen gehandelt haben, werden nicht zugelassen.
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Artikel 5
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Die Bundesrepublik wird Vorsorge treffen, daß die früheren Eigentümer der Werte, die auf Grund der in Artikel 2 und 3 dieses Teiles bezeichneten Maßnahmen beschlagnahmt worden sind, entschädigt werden.
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3. Die innerstaatliche Regelung einer Entschädigung für Reparationsschäden ist erst sehr spät ergangen. Hierzu hatte das von den drei westlichen Besatzungsmächten erlassene Dritte Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 20. Juni 1948 (WiGBl. Beil. Nr. 5, S. 13) folgendes vorgesehen:
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§ 29
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Die zur Durchführung des Lastenausgleichs erforderlichen Mittel sind durch besondere Vermögensabgaben aufzubringen, deren Erträge zu diesem Zweck einem außeretatmäßigen Ausgleichsfonds zuzuführen sind. Das Nähere regeln die nach der Präambel zum Währungsgesetz bis zum 31. Dezember 1948 zu erlassenden deutschen Gesetze über den Lastenausgleich. Diese bestimmen auch, inwieweit für die durch die Geldreform entstehenden Verluste oder andere Verluste eine Entschädigung zu gewähren ist. Hierbei sind insbesondere Verluste auf Grund des Kontrollratsgesetzes Nr. 5 und infolge von Reparationsentnahmen zu berücksichtigen.
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Das Lastenausgleichsgesetz vom 14. August 1952 (BGBl. I S. 446) berücksichtigte die Reparationsschäden jedoch nicht, sondern behielt in § 366 global die Regelung der dort nicht erfaßten Kriegs- und Kriegsfolgeschäden besonderen Gesetzen vor. Nach dem Allgemeinen Kriegsfolgengesetz vom 5. November 1957 (BGBl. I S. 1747) konnten an Reparationsgeschädigte Härtebeihilfen (nur an natürliche Personen) und Wiederaufbaudarlehen (an natürliche und juristische Personen) gewährt werden, während die Entschädigungsregelung ausdrücklich vorbehalten blieb (§ 3 Abs. 1 Nr. 2, §§ 68 ff., § 85).
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Erst in der dritten (1961) und in der vierten (1963) Legislaturperiode brachten Abgeordnete des Deutschen Bundestags Gesetzentwürfe für ein Reparationsschädengesetz ein (vgl. BTDrucks. III/2964; IV/1762). Diese sahen die Entschädigung der natürlichen und juristischen Personen vor. Nach dem zweiten Entwurf sollten die Schäden im wesentlichen mit den in der Reparationskartei des Bundeswirtschaftsministeriums festgehaltenen Zeitwerten der weggenommenen Güter festgestellt und die Beträge im Verhältnis 1 : 1 von Reichsmark auf Deutsche Mark umgestellt werden. Die Entschädigung war degressiv gestaffelt: von 100% des Schadens für Schäden bis 50 000 Mark bis zu 20% für Schäden über 15 Mio. Mark.
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Demgegenüber brachten die Bundesregierungen in der vierten (1963) und fünften (1967) Legislaturperiode des Bundestags ihrerseits jeweils Entwürfe für ein Reparationsschädengesetz ein, die sich eng an das Vorbild des Lastenausgleichsgesetzes anlehnten und dementsprechend nur zugunsten natürlicher Personen Entschädigungsleistungen vorsahen (vgl. BTDrucks. IV/1456; V/ 2432). Den zweiten Regierungsentwurf hat der Bundestag ohne grundlegende Änderungen verabschiedet. Er trat als Gesetz zur Abgeltung von Reparations-, Restitutions-, Zerstörungs- und Rückerstattungsschäden (Reparationsschädengesetz - RepG) vom 12. Februar 1969 (BGBl. I S. 105) rückwirkend am 1. Januar 1969 in Kraft.
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4. Das Reparationsschädengesetz unterscheidet - abgesehen von hier nicht interessierenden Schadensfällen - zwischen Reparationsschäden und Zerstörungsschäden. Reparationsschäden im Sinne des Reparationsschädengesetzes sind Schäden, die im Gebiet des Deutschen Reiches westlich der Oder-Neiße-Linie auf Betreiben der Besatzungsmächte - wenn auch unter Mitwirkung deutscher Stellen - durch Wegnahme von Wirtschaftsgütern eingetreten sind, sofern diese Wirtschaftsgüter einer fremden Volkswirtschaft zugeführt wurden oder eine dahin gehende Absicht bestand (§ 2 Abs. 1 Nr. 2). Als Reparationsschäden bezeichnet das Gesetz ferner Schäden, die in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und im Ausland durch die Wegnahme von Wirtschaftsgütern infolge Maßnahmen fremder Staaten gegen deutsches Vermögen, besonders auf Grund der Feindvermögensgesetzgebung eingetreten sind, auch wenn es sich hierbei zugleich um Vertreibungs- und Ostschäden im Sinne der §§ 12 und 14 LAG handelt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3). Durch diese begriffliche Einbeziehung der Vertreibungs- und Ostschäden, die von der üblichen, auch in dieser Entscheidung zugrunde gelegten Terminologie abweicht (s. oben vor A), erhalten die davon Betroffenen aber keine doppelte Entschädigung für die entsprechenden Verluste, weil alle Schäden einer Person nach dem Reparationsschädengesetz und dem Lastenausgleichsgesetz einheitlich festgestellt und entschädigt werden (vgl. §§ 14, 25 i.V.m. § 32 Abs. 2 und § 35 Abs. 1 Nr. 2 RepG).
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Unter Zerstörungsschäden versteht das Gesetz Schäden, die dadurch entstanden sind, daß Wirtschaftsgüter zum Zwecke der Beseitigung deutschen Wirtschaftspotentials in anderer Weise als durch Kriegshandlungen zerstört, beschädigt oder weggenommen worden sind, ohne sie einer anderen Volkswirtschaft zuzuführen (§ 4).
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Die für beide Schadensgruppen gleiche Regelung ist abschließend: eine Entschädigung wird nur gewährt, wenn und soweit dieses Gesetz sie vorsieht (§ 1 Abs. 1). Die Vorschriften über die Entschädigungsberechtigung, die Feststellung der Schäden und die Berechnung der Entschädigung stimmen inhaltlich und weitgehend auch im Wortlaut mit den entsprechenden Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes überein.
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Juristische Personen erhalten keine Entschädigung:
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§ 13 RepG (vgl. § 229 Abs. 3 LAG)
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(1) Die Schäden müssen einer natürlichen Person entstanden sein.
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(1) Anspruchsberechtigter muß eine natürliche Person sein.
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Lediglich die Anteilseigner reparationsgeschädigter juristischer Personen können für eine Wertminderung ihrer Anteile eine Entschädigung erhalten, wenn sie natürliche Personen sind und die juristische Person außerhalb des Gebietes der Bundesrepublik ansässig war (§ 6 Abs. 2, § 12 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c, Abs. 4, Abs. 6 RepG - s. a. § 12 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 10 LAG).
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Soweit danach Schäden gewerblicher Betriebe zu entschädigen sind, werden sie mit dem steuerlichen Einheitswert der entzogenen oder zerstörten Güter bewertet (§ 19 RepG - s. a. §§ 41 ff. LAG). Sind die Schäden in der Bundesrepublik entstanden, so wird der zu entschädigende Gesamtbetrag aller Schäden eines Unternehmens durch den sog. Einheitswertvergleich nach oben begrenzt: Grundsätzlich wird der Schaden nur bis zur Höhe des Betrages berücksichtigt, um den der für den 1. Januar 1940 ermittelte steuerliche Einheitswert des Betriebsvermögens (Anfangsvergleichswert) den für den Währungsstichtag am 21. Juni 1948 festgestellten und um 30 vom Hundert verminderten steuerlichen Einheitswert des Betriebsvermögens (Endvergleichswert) übersteigt. Danach unterbleibt eine Schadensfeststellung und damit eine Entschädigung trotz tatsächlich eingetretener Schäden, wenn der Endvergleichswert dem Anfangsvergleichswert entspricht oder ihn übersteigt. Durch diese Regelungen werden die Schäden sowie die zwischen den Stichtagen eingetretenen Verluste ohne weiteres gegen die in demselben Zeitraum erzielten Gewinne aufgerechnet, wobei es auf die Ursache der Vermögensbewegung nicht ankommt.
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Von dem auf die beschriebene Weise ermittelten Schadensbetrag wird nach einer stark degressiv gestaffelten Tabelle der Entschädigungsbetrag (Grundbetrag) errechnet (§ 33 RepG, s. a. § 246 LAG). Er entspricht bis zu 4800 DM dem Schadensbetrag und fällt dann bei den jeweiligen Schadensgruppen stufenweise bis zu einer Quote von annähernd 6,5% bei Schadensbeträgen über 2 Mio. Mark. Geschädigte, die einen verhältnismäßig großen Teil ihres Vermögens über Krieg und Zusammenbruch hinweg gerettet oder bis zur Währungsreform entsprechendes Vermögen neu erworben haben, erhalten keine oder eine gegenüber den Tabellenwerten verminderte Entschädigung (Kürzung des Grundbetrags - vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 RepG, s. a. § 249 Abs. 1 LAG).
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Abweichend vom Lastenausgleichsgesetz werden die Leistungen des Reparationsschädengesetzes aus Haushaltsmitteln des Bundes finanziert (§ 56 Abs. 1). Demgegenüber werden die Mittel für die Lastenausgleichsleistungen aus einem besonderen Ausgleichsfonds aufgebracht, der zu einem wesentlichen Teil durch die Ausgleichsabgaben gespeist wird (§§ 5 ff. LAG). Hierzu gehört die Vermögensabgabe, die von natürlichen und juristischen Personen gezahlt werden muß und in der Regel 50 vom Hundert des abgabepflichtigen Vermögens nach dem Stand vom 21. Juni 1948 beträgt (§ 3 Nr. 1, § 16 Abs. 1, § 21 Abs. 1 i.V.m. § 31 LAG). Sie wird bis zum 31. März 1979 in gleichen vierteljährlichen Teilbeträgen entrichtet (§ 34 Abs. 1 LAG). Kriegssachschäden, Vertreibungsschäden und Ostschäden, die abgabepflichtige natürliche oder juristische Personen selbst erlitten haben, werden nach näherer Regelung der §§ 39 ff. LAG durch eine Ermäßigung der Vermögensabgabe berücksichtigt (vgl. dazu BVerfGE 12, 151 [152 f.]). Dagegen wird für Reparationsschäden im Lastenausgleichsgesetz keine Abgabeermäßigung gewährt. Auch das Reparationsschädengesetz sieht keine den §§ 39 ff. LAG entsprechende Regelung vor.
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II.
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Die Beschwerdeführerin zu 1), eine Aktiengesellschaft, stellt schwere Werkzeugmaschinen her. Ihre fünf Werke wurden bis zum Jahre 1948 vollständig demontiert und der Sowjetunion, Jugoslawien, Albanien und Frankreich zugesprochen. Die Produktion mußte vorübergehend völlig eingestellt werden. Die Beschwerdeführerin beziffert ihren Schaden auf rd. 37 Mio. Mark.
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich in erster Linie gegen das Reparationsschädengesetz im ganzen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Übernahme der Grundsätze des sozialen Lastenausgleichs, besonders die Abgrenzung der Entschädigungsberechtigung ebenso wie die Methode der Schadensfeststellung und Entschädigungsberechnung führe dazu, daß für die überwiegend am Vermögen gewerblicher Unternehmen entstandenen Reparationsschäden in den meisten Fällen überhaupt keine und im übrigen nur eine minimale Entschädigung geleistet werde. Hilfsweise greift die Beschwerdeführerin einzelne Regelungen des Gesetzes an, und zwar den Ausschluß der juristischen Personen von den Entschädigungsleistungen in § 13 Abs. 1 und § 38 Abs. 1 RepG sowie die Vorschriften über die Schadensfeststellung, soweit sie den Einheitswertvergleich und die Bewertung von Betriebsgrundstücken betreffen (§ 19 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1-3, Abs. 4 RepG i.V.m. § 13 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. c des Feststellungsgesetzes). Schließlich wendet sich die Beschwerdeführerin dagegen, daß das Reparationsschädengesetz den juristischen Personen sogar eine Ermäßigung der Vermögensabgabe vorenthält, wie sie nach §§ 39 ff. LAG auch juristischen Personen gewährt wird.
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Die Beschwerdeführerin fühlt sich durch die angegriffenen Regelungen im ganzen und im einzelnen in ihren Grundrechten aus Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
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1. Sie ist der Ansicht, die Bundesrepublik schulde ihr eine nach dem Maßstab des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten bemessene Entschädigung für ihre Reparationsschäden. Diesen Entschädigungsanspruch habe ihr das angefochtene Gesetz unter Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 14 GG entzogen. Im vorliegenden Verfahren bedürfe es keiner Klärung, ob die von der Verfassung vorgeschriebene Abwägung den vollen Ausgleich der eingetretenen Vermögensverluste erfordere oder ob auch eine unter dem Verkehrswert der entzogenen Vermögensgüter liegende Entschädigung angemessen sei; denn jedenfalls lasse die Verfassungsnorm nicht zu, daß überhaupt keine Entschädigung geleistet werde.
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a) Die Beschwerdeführerin begründet ihren Anspruch auf eine Enteignungsentschädigung zum einen in Anlehnung an eine im wesentlichen von Prof. Erich Kaufmann entwickelte Rechtsauffassung (vgl. u.a. Die Reparationsschäden, in: AöR 1963, Bd. 88, S. 1 ff.; Zur Abgeltung der Reparationsschäden, 1964; Ein letztes Wort zur Frage der Reparationsschäden, nicht veröffentlicht) wie folgt:
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Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sei die Bundesrepublik verpflichtet gewesen, den Siegermächten Reparationen zu leisten. Diese Verpflichtung ergebe sich aus der militärischen Niederlage des Deutschen Reiches, ohne daß es dafür einer formellen Zustimmung des besiegten Staates bedurft hätte. Sie treffe den Staat, der sich nach Ende der Kriegshandlungen auf dem Territorium des unterlegenen Staates bilde. Dabei habe das Potsdamer Abkommen die Verantwortlichkeit der Bundesrepublik auf die Reparationsforderungen derjenigen Staaten begrenzt, denen die sog. Potsdamer Westmasse (im wesentlichen die Entnahmen aus den drei westlichen Besatzungszonen und aus dem deutschen Vermögen im Ausland mit Ausnahme der der Sowjetunion vorbehaltenen osteuropäischen Staaten) zugesprochen worden sei. Die Besatzungsmächte hätten zur Erfüllung der Reparationsschuld des deutschen Staates auf deutsches Privateigentum zurückgreifen dürfen. Dazu habe sie die von ihnen in der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 übernommene oberste Gewalt in Deutschland legitimiert, bei der es sich insoweit um treuhänderisch ausgeübte deutsche Staatsgewalt gehandelt habe. Die Reparationsmaßnahmen seien daher rechtmäßige Enteignungen gewesen, die sich die Bundesrepublik wie eigene Eingriffe in das Eigentum ihrer Bürger zurechnen lassen müsse, zumal da nach dem Kriege auch einer handlungsfähigen deutschen Regierung angesichts der Reparationsforderungen der Siegermächte nichts anderes übriggeblieben wäre, als im Wege der Enteignung auf Privateigentum zurückzugreifen. Wie sich aus zahlreichen Erklärungen der Besatzungsmächte sowie aus § 29 des Umstellungsgesetzes - besonders dem englischen Text dieser Vorschrift - ergebe, sei es stets die Absicht der Besatzungsmächte gewesen, allen Reparationsgeschädigten eine adäquate und effektive Entschädigung durch die Bundesrepublik zu sichern.
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Die nur auf diese Weise zu begründende Rechtmäßigkeit der Reparationseingriffe der Besatzungsmächte dürfe nach Art. 3 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags von keiner deutschen Stelle in Zweifel gezogen werden; ebenso sei es unzulässig, den Besatzungsmächten die Absicht einer das Völkerrecht und ihr eigenes Verfassungsrecht verletzenden entschädigungslosen Konfiskation zu unterstellen.
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Die Entschädigungspflicht der Bundesrepublik folge auch daraus, daß die Reparationseingriffe zur Tilgung ihrer Reparationsschuld geführt hätten, besonders zu dem im Überleitungsvertrag erklärten Verzicht der Drei Mächte auf Reparationen aus der laufenden Produktion. Dadurch hätten sich die Reparationsmaßnahmen zugunsten der Bundesrepublik ausgewirkt; nach Enteignungsrecht habe aber der durch die Enteignung Begünstigte die Entschädigung zu zahlen.
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In Art. 5 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags habe die Bundesrepublik ihre Entschädigungspflicht ausdrücklich anerkannt. Diese Vereinbarung gewähre den Reparationsgeschädigten einen unmittelbaren Rechtsanspruch mindestens darauf, daß die Bundesrepublik eine gesetzliche Regelung vornehme, die den Reparationsgeschädigten eine den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG genügende Entschädigung gewähre. Dies ergebe sich ferner aus der Entstehungsgeschichte der Vereinbarung und daraus, daß die Bundesregierung die Abrede selbst wiederholt in diesem Sinne interpretiert habe.
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b) Zum anderen beruft sich die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Entschädigungsanspruchs nach Enteignungsrecht auf eine von Prof. Ignaz Seidl-Hohenveldern und Prof. Hans Peter Ipsen vertretene Rechtsansicht (in: Entschädigungspflicht der Bundesrepublik für reparationsentzogenes Auslandsvermögen, 1962). Danach verletzten die Reparationsmaßnahmen der Besatzungsmächte das Völkerrecht, das den Schutz des Privateigentums auch im Kriege garantiere; sie seien daher rechtlich unwirksam gewesen. Erst der im Überleitungsvertrag von der Bundesrepublik erklärte Verzicht auf alle sich daraus gegen die Enteignerstaaten oder ihre Angehörigen ergebenden Rechte habe diesen Makel geheilt, so daß erst dadurch der volle Rechtsverlust der betroffenen deutschen Eigentümer eingetreten sei. Hierin liege ein eigener Eingriff der Bundesrepublik in die aus dem Eigentum fließenden Rechte der Reparationsgeschädigten, ohne daß es darauf ankäme, welchen Wert diese Rechte bei Abschluß des Überleitungsvertrags tatsächlich noch gehabt hätten.
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c) Art. 134 Abs. 4 GG und die daraus in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Abwicklung des Staatsbankrotts des Deutschen Reiches dürften auf die Entschädigungsansprüche der Reparationsgeschädigten nicht angewendet werden, weil die Bundesrepublik originärer Schuldner dieser Ansprüche sei.
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2. Ihr Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG sieht die Beschwerdeführerin in mehrfacher Hinsicht verletzt und führt hierzu aus:
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a) Der allgemeine Gleichheitssatz verbiete es dem Gesetzgeber, ungleiche Tatbestände nach denselben Grundsätzen zu regeln, ohne ihre Besonderheit hinreichend zu berücksichtigen. Deswegen hätte er den Reparationsgeschädigten eine höhere Entschädigung gewähren müssen, als sie das Lastenausgleichsgesetz für die dort geregelten ganz anderen Schadensfälle vorsehe. Im Gegensatz zu den Kriegsschäden seien die Reparationsschäden durch einzelne gezielte Eingriffe in das Eigentum hervorgerufen worden. Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung im Osten habe gegen das Völkerrecht verstoßen und sei rechtswidrig gewesen, während es sich bei den Reparationseingriffen um rechtmäßige Enteignungen gehandelt habe. Vor allem hätten nur die Reparationsschäden eine Tilgung der Reparationsschuld und damit eine Begünstigung der Bundesrepublik bewirkt. Weiter führe die Anwendung der gleichen Konzeption wegen der verschiedenen Struktur der Schäden dazu, daß sich die Bundesrepublik einer Entschädigung der Reparationsschäden nahezu völlig entziehe, während die in der Mehrzahl bei natürlichen Personen eingetretenen Schadensfälle des Lastenausgleichsgesetzes in weit größerem Umfange berücksichtigt würden. Schließlich seien die Reparationsschäden in der Regel erst nach dem Kriege und während der Wiederaufbauphase, also überwiegend später als die im Lastenausgleichsgesetz geregelten Schäden eingetreten. Dies habe die Reparationsgeschädigten im Wettbewerb beim Wiederaufbau zusätzlich benachteiligt.
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b) Andererseits stelle das Reparationsschädengesetz die Reparationsgeschädigten ohne einleuchtenden Grund schlechter als die Besatzungsgeschädigten, die Rückerstattungsberechtigten und die Anteilseigner der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank, die für ihre Verluste wesentlich günstiger abgefunden worden seien.
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Schließlich benachteilige das angefochtene Gesetz die meisten Reparationsgeschädigten gegenüber denjenigen, die für ihre in neutralen Staaten eingetretenen Schäden eine nach der Beurteilung des Bundesverfassungsgerichts gerecht abgewogene Entschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG erhalten hätten (vgl. BVerfGE 6, 290 [298] - deutsch-schweizerisches Vermögensabkommen -). Überdies habe die Bundesrepublik Reparationsforderungen der Siegermächte an das deutsche Vermögen in den neutralen Staaten selbst beglichen, indem sie dieses Vermögen, soweit die Eigentümer zur Tilgung der Reparationsforderungen Ablösungsbeiträge bezahlt hätten, von der Vermögensabgabe freigestellt habe.
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c) Selbst wenn man in Widerspruch zur Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin davon ausgehe, daß die Reparationsgeschädigten lediglich eine Entschädigung nach den Grundsätzen des Lastenausgleichs verlangen könnten, verletze es den allgemeinen Gleichheitssatz, daß für die Reparationsschäden im Gegensatz zu den im Lastenausgleichsgesetz geregelten Schäden keine Ermäßigung der Vermögensabgabe vorgesehen sei. Die gesetzliche Regelung bedürfe mindestens insoweit einer entsprechenden Änderung. Allerdings würde die Beschwerdeführerin bei einer schlichten Erstreckung der §§ 39 ff. LAG auf die Reparationsschäden keine Ermäßigung erhalten, jedoch müßten einzelne die Ermäßigung begrenzende Berechnungsvorschriften - betreffend die Bewertung von Betriebsgrundstücken beim Einheitswertvergleich sowie die Beschränkung der pauschalen Kürzung des Endvergleichswerts auf Kleinvermögen (§ 41 LAG i.V.m. § 13 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. c Feststellungsgesetz, § 47 b Abs. 5 LAG) -, wenn sie nicht schon an sich als verfassungswidrig aufzuheben seien, den besonderen Verhältnissen der Reparationsgeschädigten angepaßt werden.
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3. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin verletzt das angefochtene Gesetz auch die Vorschrift über den Eigentumsschutz in Art. 1 Abs. 1 des Zusatzprotokolls der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 20. März 1952 (BGBl. 1956 II S. 1880).
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III.
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Die Betriebsstätten der Beschwerdeführerin zu 2), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurden nach dem Kriege von der französischen Besatzungsmacht vollständig demontiert. Die Beschwerdeführerin gibt den Zeitwert der zerstörten und weggenommenen Wirtschaftsgüter (in Preisen von 1938) mit rd. 8,9 Mio. RM und den Wiederbeschaffungswert mit über 60 Mio. DM an.
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Ihre Verfassungsbeschwerde richtet sich ebenfalls in erster Linie gegen das Reparationsschädengesetz im ganzen und hilfsweise gegen einzelne Vorschriften (§ 13 Abs. 1, § 38 Abs. 1, § 19 - vor allem Abs. 3 Nr. 4 -, §§ 25, 31, 33, 35 RepG). Sie fühlt sich durch diese Regelungen in ihren Grundrechten aus Art. 14 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Ferner rügt sie Verstöße gegen Art. 1 Abs. 3, Art. 19, Art. 25 und Art. 142a GG.
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Der Entschädigungsanspruch der Reparationsgeschädigten gegen die Bundesrepublik ergebe sich schon aus Art. II Nr. 1 der Proklamation Nr. 3 des Kontrollrats vom 20. Oktober 1945 (ABlKR Nr. 1 S. 22), wonach nur im Zuge eines adäquaten Rechtsverfahrens in das Eigentum eingegriffen werden dürfe. Ein solches Verfahren setze entsprechend dem 5. Amendment der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika eine angemessene Entschädigung des Eigentümers voraus, die mindestens dem Verkehrswert der entzogenen Güter entsprechen müsse.
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Die französische Besatzungsmacht habe der Beschwerdeführerin einen Entschädigungsanspruch für ihre Reparationsschäden zuerkannt, den die Bundesrepublik nach Art. 2 des Ersten Teils des Überleitungsvertrags erfüllen müsse.
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Schließlich stehe der Beschwerdeführerin der Entschädigungsanspruch auch aus den Gesichtspunkten der Aufopferung, der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag zu.
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Das Reparationsschädengesetz verstoße gegen Art. 25 GG; denn nach allgemeinem Völkerrecht löse die Inanspruchnahme von Privateigentum zu Reparationszwecken einen Entschädigungsanspruch gegen den Staat aus, der die Reparationen schulde. Weiter sei Art. 142a GG verletzt. In dieser Bestimmung sei verfassungskräftig festgestellt, daß der Überleitungsvertrag mit dem Grundgesetz vereinbar sei, so daß die Entschädigungsklausel des Überleitungsvertrags im Sinne des Art. 14 GG auszulegen und selbst mit Verfassungsrang ausgestattet sei.
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IV.
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Die Bundesregierung, für die sich der Bundesminister der Finanzen geäußert hat, hält die Verfassungsbeschwerden für unzulässig, soweit sie sich gegen andere Vorschriften als die den Ausschluß der juristischen Personen von den Entschädigungsleistungen betreffenden §§ 13 Abs. 1 und 38 Abs. 1 RepG richten; im übrigen seien sie unbegründet.
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1. Die Reparationsschäden gehörten zu dem großen Komplex der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden, die im Hinblick auf den finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenbruch des Reiches nur nach den Grundsätzen des sozialen Lastenausgleichs hätten entschädigt werden können. Die von den Beschwerdeführerinnen zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerden dargelegten Rechtsanspruchstheorien seien der Versuch, "dem allgemeinen Bankrottstrudel" zu entkommen, wie er in der Vergangenheit auch für andere Bereiche erfolglos unternommen worden sei. Darauf lasse sich jedoch der Anspruch auf eine bevorzugte Behandlung der Reparationsgeschädigten nicht stützen.
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Deutsches Enteignungsrecht sei auf die Reparationseingriffe nicht anwendbar, weil es sich nicht um Maßnahmen deutscher Stellen gehandelt habe. Eine deutsche Reparationsschuld sei durch die Reparationseingriffe schon deswegen nicht getilgt worden, weil sie nur in einem Friedensvertrag begründet werden könne.
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Im Abschluß des Überleitungsvertrags könne keine Enteignung der Reparationsgeschädigten durch die Bundesrepublik gesehen werden; denn sie hätten ihr Eigentum durch die Reparationseingriffe selbst, spätestens aber durch das AHK-Gesetz Nr. 63 verloren. Im übrigen habe die Bundesrepublik im Überleitungsvertrag nicht auf irgendwelche Rechte der Reparationsgeschädigten verzichtet.
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Die Entschädigungsklausel in Art. 5 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags begründe keine Rechte Einzelner, die diese unmittelbar gegen die Bundesrepublik geltend machen könnten. Sie lasse eine Entschädigungsregelung nach den Grundsätzen des Lastenausgleichsgesetzes zu.
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2. Der Ausschluß der juristischen Personen von den Entschädigungsleistungen im Reparationsschädengesetz sei aus den gleichen Erwägungen mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar wie die entsprechende Regelung des Lastenausgleichsgesetzes.
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Sowohl bei den Reparationsschäden wie bei den Vertreibungsschäden handele es sich um gezielte Eingriffe fremder Mächte gegen die deutsche Bevölkerung und gegen deutsches Eigentum, die im wesentlichen erst nach dem Kriege vorgenommen worden seien und ihre gemeinsame Ursache in der Niederlage des Deutschen Reiches gehabt hätten. Vertriebene und Reparationsgeschädigte müßten daher auch im Entschädigungsrecht gleich behandelt werden.
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Die Begrenzung der verfügbaren Mittel habe den Gesetzgeber zu einer Beschränkung der Entschädigungsleistungen gezwungen. Die natürlichen Personen seien von Kriegsschäden in ihrer wirtschaftlichen Existenz ungleich härter getroffen worden als ein Kollektiv, zumal da häufig das persönliche Schicksal einer Entwurzelung hinzugekommen sei. Der Lastenausgleich solle nicht nur kriegsbedingte Vermögensverluste teilweise ausgleichen, sondern er sei mindestens in gleichem Maße auf die Eingliederung entwurzelter Bevölkerungsteile gerichtet. Juristischen Personen sei es eher als natürlichen möglich gewesen, die Kriegsschäden aus eigener Kraft zu überwinden. Zudem habe der Staat nach dem Kriege eine Vielzahl wirtschaftsfördernder Maßnahmen ergriffen, die besonders den juristischen Personen zugute gekommen seien.
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3. Auch die Nichtberücksichtigung der Reparationsschäden bei der Ermäßigung der Vermögensabgabe nach den §§ 39 ff. LAG sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
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Eine einfache Erstreckung dieser Vorschriften auf Reparationsschäden sei - wie auch die Beschwerdeführerin zu 1) dargelegt habe - nicht möglich. Dies würde zur Folge haben, daß Angehörige der Mitglieder der Vereinten Nationen entgegen Art. 6 Abs. 2 des Zehnten Teils des Überleitungsvertrags zur Tilgung von Kriegslasten herangezogen würden. Aber auch die Gewährung einer der Abgabeermäßigung wirtschaftlich entsprechenden Leistung sei nicht geboten, weil die Reparationsgeschädigten nicht aus dem Lastenausgleichsfond entschädigt würden und daher auch auf der Abgabenseite nicht berücksichtigt werden könnten. Im Lastenausgleichsgesetz hätten die juristischen Personen allein aus steuerpsychologischen Gründen nicht von der Abgabeermäßigung ausgeschlossen werden können, weil sie zu den Abgaben beitrügen, mit denen die Lastenausgleichsleistungen zu einem wesentlichen Teil bezahlt würden.
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Der Einbeziehung der Reparationsschäden in die Ermäßigung stehe ferner entgegen, daß die Vermögensabgabe als Stichtagssteuer ausgestaltet sei und diese Schäden teilweise erst nach dem Stichtag (21. Juni 1948) eingetreten seien. Außerdem führe die Ermäßigung der Abgabe teilweise zu unsozialen Ergebnissen, weil sie bei gleicher Höhe des Schadens für Abgabepflichtige mit großem Restvermögen und dementsprechend hoher Abgabeschuld höher sei als bei Abgabeschuldnern mit kleinem Restvermögen und entsprechend niedriger Abgabeschuld.
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Die Abgabeermäßigung sei auch keine Entschädigung, sondern müsse als Starthilfe zum Wiederaufbau angesehen werden; dieser Zweck entfalle bei den Reparationsgeschädigten im heutigen Zeitpunkt. Eine nachträgliche Berücksichtigung der Reparationsschäden bei der Abgabeermäßigung würde zudem einen Verwaltungsaufwand erfordern, der in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe der Vergünstigung für die Betroffenen stünde.
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V.
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Der Präsident des Bundesausgleichsamts hat in seiner Äußerung zu den Verfassungsbeschwerden im wesentlichen dargelegt, welche Kosten für die öffentliche Hand entstehen würden, wenn einzelne Bestimmungen des Reparationsschädengesetzes für verfassungswidrig erklärt werden sollten.
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Der Bundesgerichtshof hält den Ausschluß der juristischen Personen von den Entschädigungsleistungen im Reparationsschädengesetz für vereinbar mit Art. 14 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. Urteil vom 13. Oktober 1969 - BGHZ 52, 371).
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Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Verfahren über einen Restitutionsschaden (§ 3 RepG) entschieden, daß ein Ausschluß der Entschädigung durch die Vorschriften des Reparationsschädengesetzes über die Schadensfeststellung, namentlich über den Einheitswertvergleich, nicht gegen Art. 14 GG verstößt (vgl. Urteil vom 27. Juni 1974 - BVerwG III C 65.72 -).
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Die Verfassungsbeschwerden sind nur zum Teil zulässig.
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I.
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1. Die Beschwerdeführerinnen sind als juristische Personen durch die Vorschriften der §§ 13 Abs. 1 und 38 Abs. 1 RepG unmittelbar betroffen, weil ihnen durch diese Regelung in Verbindung mit § 1 Abs. 1 RepG eine Entschädigung für die von ihnen erlittenen Reparationsschäden überhaupt versagt wird. Sie greifen allerdings in erster Linie das Gesetz im ganzen an, weil es in seiner Gesamtgestaltung allein auf die Verhältnisse natürlicher Personen zugeschnitten sei. Jedoch käme eine verfassungsrechtliche Prüfung der Vorschriften über die weiteren Voraussetzungen der Entschädigung und deren Bemessung nur in Betracht, wenn die §§ 13 Abs. 1 und 38 Abs. 1 RepG verfassungswidrig wären. Ist hingegen der Ausschluß der juristischen Personen von Entschädigungsleistungen für Reparationsschäden verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so kommt es auf die behauptete Grundrechtswidrigkeit anderer Gesetzesvorschriften nicht mehr an. Dies gilt auch für die speziellen Angriffe gegen einzelne Vorschriften über die Schadensfeststellung.
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2. Soweit die Beschwerdeführerin zu 1) einen Grundrechtsverstoß darin sieht, daß Reparationsschäden nicht zu einer Ermäßigung der Vermögensabgabe führen können, wie sie in den §§ 39 ff. LAG vorgesehen ist, läßt sich dieses Vorbringen dahin auslegen, daß das Reparationsschädengesetz den juristischen Personen wenigstens nachträglich eine entsprechende Abgabeermäßigung oder eine gleichwertige Vergünstigung hätte gewähren müssen. So gesehen handelt es sich nur um einen Teilaspekt der Grundfrage, ob und wieweit das Reparationsschädengesetz reparationsgeschädigte juristische Personen von Entschädigungen oder anderen Leistungen ausschließen durfte; die Verfassungsbeschwerde ist auch insoweit zulässig.
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Dagegen sind die Beanstandungen einzelner Vorschriften über die Berechnung der Abgabeermäßigung, nämlich § 41 LAG in Verbindung mit § 13 Abs. 6 Nr. 1 Buchst. c Feststellungsgesetz und § 47 b Abs. 5 LAG, als selbständige Angriffe unzulässig. Müßte juristischen Personen für Reparationsschäden grundsätzlich eine nachträgliche Vergünstigung entsprechend §§ 39 ff. LAG gewährt werden, so hinge es von dem näheren Inhalt der erforderlichen Gesetzesergänzung ab, ob die Beschwerdeführerin hierdurch beschwert würde. Das bezeichnete Vorbringen kann daher nur im Zusammenhang mit der vorgenannten Grundfrage herangezogen werden.
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II.
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1. Als Prüfungsmaßstab für die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses juristischer Personen von den Entschädigungsleistungen für Reparationsschäden kommen nur Art. 14 Abs. 1 und 3 sowie Art. 3 Abs. 1 GG in Betracht. Den Schutz dieser Grundrechte können im vorliegenden Zusammenhang gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch die Beschwerdeführerinnen als juristische Personen des Privatrechts in Anspruch nehmen (vgl. BVerfGE 23, 153 [163] m. weit. Nachw. - Berliner Handels-Gesellschaft -; 35, 348 [360] - Armenrecht für juristische Personen -).
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Die Verfassungsbeschwerden sind, soweit sie zulässig sind, unbegründet.
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Der Ausschluß juristischer Personen von der Entschädigung für Reparationsschäden in § 13 Abs. 1, § 38 Abs. 1 RepG verletzt nicht die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums nach Art. 14 GG, insbesondere nicht das in Art. 14 Abs. 3 Satz 2 und 3 GG enthaltene Entschädigungsgebot bei Enteignungen.
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Bei einer Gesamtbetrachtung kann das Verhalten der Bundesrepublik in bezug auf die Reparationsschäden einschließlich der gesetzlichen Regelung der Entschädigung nicht an Art. 14 GG gemessen werden; denn es handelt sich hier um die Bewältigung außergewöhnlicher Probleme, die ihren Ursprung in historischen Vorgängen aus der Zeit vor der Entstehung der Bundesrepublik haben. Das Grundgesetz hat - wie sich auch aus Art. 134 Abs. 4, Art. 135a GG ergibt (vgl. BVerfGE 15, 126 [140 ff.] - Waldenfels -) - den Ausgleich der wirtschaftlichen und politischen Lasten, die aus dem Krieg und dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches herrühren, weitgehend der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers überlassen. Gegenstand der Eigentumsgarantie könnten erst die vom Gesetzgeber neu begründeten Ansprüche gegen die Bundesrepublik sein.
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1. In bewußter Abkehr von den Verhältnissen unter dem nationalsozialistischen Regime hat das Grundgesetz die Menschenwürde und die Menschenrechte zur Grundlage der neuen Staatsordnung erhoben und die Freiheitssphäre des Einzelnen durch die effektive Geltung der Grundrechtsnormen und durch die Einrichtung der Verfassungsgerichtsbarkeit in einem bisher ungekannten Ausmaß gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt gesichert. In diesen Rahmen gehören auch die verfassungsrechtlichen Garantien des Art. 14 GG, die das Eigentum schützen, um dem Grundrechtsträger einen Freiheitsraum für seine eigenverantwortliche Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich offenzuhalten (BVerfGE 24, 367 [389] - Deichurteil -). Die hierin normierten strengen Anforderungen an die Voraussetzungen staatlicher Eingriffe in das Eigentum, besonders die Junktimklausel in Verbindung mit den Grundsätzen für die Bemessung der Entschädigung, sind auf die Neuordnung des Verhältnisses zwischen der öffentlichen Gewalt und dem Bürger ausgerichtet; sie beziehen sich also auf Maßnahmen, welche die neuen Träger der Staatsgewalt in der Zukunft im Zuge der allgemeinen Erfüllung öffentlicher Aufgaben treffen werden. Die insoweit bewußt hoch angesetzten Schranken können nicht gelten für die Bereinigung innerstaatlicher Eingriffe, die von früheren Rechtsträgern der deutschen Staatsgewalt zu verantworten sind; erst recht vermögen sie die Bundesrepublik nicht an der Abwicklung von Eingriffen fremder Hoheitsträger zu hindern, die durch den Krieg und seine Folgen verursacht sind.
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Dem stand schon das katastrophale Ausmaß des staatlichen Zusammenbruchs und der daraus erwachsenen Anforderungen an den Staat entgegen. Das Deutsche Reich befand sich bei Kriegsende im Zustand eines totalen Staatsbankrotts, der sich aus dem Mißverhältnis zwischen dem Leistungsvermögen und den Passiven des Reiches sowie aus seinem politischen Schicksal ergeben hatte (vgl. BVerfGE 15, 126 [135 ff.]; 19, 150 [159 ff.] - reichsbezogene Verbindlichkeiten -). Die Träger der staatlichen Neuordnung mußten zunächst die Grundlage für den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Wiederaufbau schaffen, besonders als entscheidende Voraussetzung eines geordneten sozialen und politischen Lebens die staatlichen Finanzen sanieren. Hierbei sahen sie sich zum einen der gewaltigen Masse bereits rechtlich begründeter Reichsverbindlichkeiten gegenüber, die wesentlich aus der gleichen Politik herrührten, die den Zusammenbruch des Reiches herbeigeführt hatte; zum anderen trafen sie die Verpflichtung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts und die kaum übersehbaren Lasten aus dem großen Komplex der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden, besonders aus der Versorgung der Kriegsopfer, der Eingliederung der Vertriebenen, der Hilfe für die Kriegssachgeschädigten sowie der Entschädigung für die Heimkehrer und die Besatzungsgeschädigten. In dieser Lage schied eine vollständige Erfüllung aller dieser Verbindlichkeiten von vornherein aus; bei der Beurteilung eines Staatsbankrotts, der notwendig die Existenz des gesamten Gemeinwesens in Mitleidenschaft zieht, steht "im Vordergrund ... nicht die Abrechnung über die Vergangenheit, sondern die Schaffung einer Grundlage für die Zukunft" (BVerfGE 15, 126 [141]). Danach können Regelungen des Gesetzgebers der Bundesrepublik, die der Bereinigung der umschriebenen Hinterlassenschaft des nationalsozialistischen Regimes dienen, nicht mit den Maßstäben gemessen werden, wie sie für den Zwangseingriff in das Eigentum von Bürgern zur Erfüllung einer normalen öffentlichen Aufgabe gelten. Eine Bindung an diese Maßstäbe hätte den staatlichen Wiederaufbau unmöglich gemacht. Darüber hinaus würde sie zu dem mit dem Wertsystem des Grundgesetzes unvereinbaren Ergebnis führen, daß angesichts der begrenzten öffentlichen Mittel dem Ausgleich der meßbaren materiellen Schäden an Eigentum oder anderen Vermögenswerten der Vorrang vor dem Ausgleich nicht meßbarer immaterieller Schäden an Leben, Gesundheit, Freiheit usw. zukäme (BVerfGE 27, 253 [285] - Besatzungsschäden -).
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2. Daher hat das Bundesverfassungsgericht bereits in der Entscheidung vom 14. November 1962 ausgesprochen, daß Art. 14 GG einer gesetzlichen Regelung der bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits bestehenden Reichsverbindlichkeiten nach den genannten Grundsätzen für die Bereinigung des Staatsbankrotts nicht entgegensteht (BVerfGE 15, 126 [bes. 143 ff.]). Der Gesetzgeber war nur gehalten, die Forderungen gegen das Reich nach Maßgabe des Möglichen zu erfüllen. Mit dieser Maßgabe durfte er ihre Befriedigung ganz oder zum Teil verweigern. Dabei ist hervorzuheben, daß die Entscheidung diese Befugnis des Gesetzgebers unmittelbar aus der Regelungskompetenz des Art. 134 Abs. 4 GG entnommen und der nachträglich eingefügten Vorschrift des Art. 135a GG nur den Charakter einer Legalinterpretation des Art. 134 GG zugeschrieben hat (BVerfGE 15, 126 [144]).
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Diese aus der Ausnahmesituation des Staatsbankrotts entwickelten Grundsätze rechtfertigen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Kürzung oder Erfüllungsverweigerung ohne Verstoß gegen Art. 14 GG nicht nur bei den eigentlichen Reichsverbindlichkeiten, die schon vor dem Zusammenbruch rechtlich begründet waren, einschließlich der in Reichstiteln verbrieften Ansprüche (s. BVerfGE 23, 153 [166 ff.]). Solche Regelungen sind auch bei den sog. reichsbezogenen Verbindlichkeiten kommunaler Gebietskörperschaften statthaft, die erst nach dem Zusammenbruch daraus entstanden, daß diese Körperschaften anstelle des handlungsunfähigen Reiches dessen Verwaltungsfunktionen wahrnehmen mußten (BVerfGE 19, 150 [159 ff., 163 ff.]). Darüber hinaus gelten sie sinngemäß für die Abwicklung des gesamten Komplexes der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden. Der Bundesgesetzgeber war "nur gehalten, die Schäden im Rahmen des Möglichen zu berücksichtigen, d. h. soweit die notwendige staatliche Konsolidierung und der Wiederaufbau des wirtschaftlichen, sozialen und privaten Lebens eine finanzielle Belastung zuließ. Der Gesetzgeber durfte und mußte bei den Einzelregelungen zum einen das Gesamtvolumen der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden sowie der sonstigen durch das nationalsozialistische Regime verursachten Verpflichtungen, insbesondere zur Wiedergutmachung, berücksichtigen, zum anderen auf die Erfüllung der neuen Aufgaben Bedacht nehmen, die sich aus dem Wiederaufbau von Staat und Wirtschaft ergaben; dabei stand die Entscheidung über die Priorität grundsätzlich in seinem Ermessen" (BVerfGE 27, 253 [285]).
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3. Wie das Bundesverfassungsgericht in der letztgenannten Entscheidung näher dargelegt hat, bedeutet das Fehlen einer Bindung an Art. 14 GG freilich nicht, daß der Gesetzgeber völlig frei entscheiden konnte, ob er überhaupt Regelungen für die Kriegs- und Kriegsfolgeschäden erlassen wollte und welchen Inhalt diese haben sollten. "Die Wertordnung des Grundgesetzes, die den freien, sich in der Gemeinschaft entfaltenden Menschen in den Mittelpunkt der staatlichen Ordnung stellt, verlangt besonders im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 1 GG zum Ausdruck gekommene Sozialstaatsprinzip, daß die staatliche Gemeinschaft in der Regel Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal, namentlich durch Eingriffe von außen, entstanden sind und mehr oder weniger zufällig nur einige Bürger oder bestimmte Gruppen getroffen haben. Dies bedeutet keine automatische Abwälzung solcher Lasten auf den Staat mit der Wirkung, daß dieser nunmehr den Betroffenen unmittelbar zum vollen Ausgleich verpflichtet wäre; vielmehr kann sich aus den genannten Rechtsgrundsätzen zunächst nur die Pflicht zu einer Lastenverteilung, zu einem innerstaatlichen Ausgleich der Belastung nach Maßgabe einer gesetzlichen Regelung ergeben. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen" (BVerfGE 27, 253 [283, s. a. 270 f.]; 11, 50 [56] - Hausratsentschädigung -).
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4. Diese Rechtsprechungsgrundsätze gelten in vollem Umfang auch für die gesetzliche Regelung der Entschädigung von Reparationsschäden (vgl. auch BGHZ 52, 371 [373 ff.]). Es kann nicht ernstlich bestritten werden, daß die Reparationsschäden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Krieg und der politischen und militärischen Niederlage des Deutschen Reiches stehen: Die Reparationseingriffe sollten einerseits der Wiedergutmachung der Schäden dienen, die der vom Deutschen Reich begonnene und verlorene Krieg den Feindmächten zugefügt hatte, andererseits das wirtschaftliche Potential der deutschen Industrie entscheidend schwächen, um eine Fortsetzung oder Wiederaufnahme der Feindseligkeiten von deutscher Seite ein für allemal zu verhindern. Angesichts dieser doppelten Zielsetzung steht der Zuordnung der Reparationsschäden zum Komplex der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden auch nicht entgegen, daß die Reparationseingriffe überwiegend erst nach dem Ende der militärischen Auseinandersetzung vorgenommen worden sind; es gilt insoweit nichts anderes als für die Besatzungsschäden (BVerfGE 27, 253 [284]).
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II.
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Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen sind trotz dieses Zusammenhangs mit dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches aus einer Reihe von Gründen originäre Entschädigungspflichten der Bundesrepublik gegenüber den Reparationsgeschädigten entstanden, die außerhalb des Staatskonkurses stehen und weiter reichen als ein sozialer Ausgleich. Sie berufen sich dabei unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten vor allem darauf, daß die Reparationseingriffe zur Begleichung einer deutschen Reparationsschuld vorgenommen worden seien oder jedenfalls deren Tilgung bewirkt hätten. Dem ist unbeschadet der Prüfung der geltend gemachten Anspruchsgrundlagen im einzelnen generell folgendes entgegenzuhalten:
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1. Soweit nach Völkerrecht eine Wiedergutmachungspflicht des an einem Kriege schuldigen Staates für die Kriegsschäden in Betracht kommt, bedarf es doch im konkreten Fall zur Begründung einer in dem genannten Sinne relevanten Reparationsschuld einer vertraglichen Verpflichtung zwischen den beteiligten Staaten oder wenigstens einer Anerkennung der Reparationsforderungen der Gegenseite durch den verantwortlichen Staat. Im Gegensatz etwa zu den Regelungen im Versailler Vertrag (vgl. Art. 231 ff. des Vertrags, RGBl. 1919 S. 687 [985]) ist eine entsprechende Stipulation nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zustande gekommen. In Art. 1 Abs. 1 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags wird die Regelung der Reparationsfrage ausdrücklich dem Friedensvertrag zwischen Deutschland und seinen ehemaligen Gegnern oder anderen zukünftigen, speziell diese Frage betreffenden Abkommen vorbehalten.
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2. Selbst wenn man mit den Beschwerdeführerinnen von der Existenz einer nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich begründeten Reparationsschuld ausgeht, traf diese Schuld unmittelbar das Deutsche Reich, dessen Kriegsmaßnahmen die wiedergutzumachenden Schäden der Feindmächte verursacht hatten. Handelte es sich also der Sache nach um eine Reichsverbindlichkeit, so fällt deren innerstaatliche Abwicklung eindeutig in den Bereich des Staatsbankrotts.
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3. Dagegen kann nicht geltend gemacht werden, die Bundesrepublik sei objektiv in Höhe der Reparationsschäden oder jedenfalls der entzogenen Vermögenswerte von der Reparationsschuld befreit worden und von weiteren Reparationsforderungen der Siegermächte verschont geblieben. Dieser Argumentation kommt im vorliegenden Zusammenhang schon deswegen keine entscheidende Bedeutung zu, weil die angebliche Begünstigung an der geschilderten Bankrottlage nichts geändert hat. Angesichts der durch den Zusammenbruch herbeigeführten Situation wäre kein Träger deutscher Staatsgewalt imstande gewesen, Reparationsforderungen der Siegermächte aus öffentlichen Mitteln zu erfüllen oder sich die Mittel durch Zugriff auf private Vermögenswerte im Wege einer "normalen", an die Grundsätze des Art. 14 Abs. 3 GG gebundenen Enteignung gegen Entschädigung zu verschaffen. Es kann auch keine Rede davon sein, daß sich die Finanzkraft der Bundesrepublik durch die angebliche Tilgung einer Reparationsschuld auf dem Wege über die Reparationseingriffe tatsächlich verbessert hätte. Im Gegenteil hat die Schwächung des außenwirtschaftlichen und industriellen Potentials notwendig den Wiederaufbau der deutschen Wirtschaft verzögert. Dies mußte sich zwangsläufig nachteilig auf die öffentlichen Finanzen auswirken, nämlich einerseits das Steueraufkommen mindern und andererseits die Anforderungen an öffentliche Wirtschaftshilfen erhöhen.
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4. Ebensowenig kann der Gesichtspunkt der Tilgung einer Reparationsschuld einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den Reparationsschäden und anderen Kriegsfolgeschäden begründen, der die Reparationsschäden aus der Verstrickung in den Staatsbankrott löst. Dies gilt gerade im Verhältnis zu den im Lastenausgleichsgesetz erfaßten Schäden. Es ist nicht ersichtlich, warum bei einer künftigen Verrechnung der von deutscher Seite an die Siegermächte bereits erbrachten Leistungen auf die Reparationsschuld die infolge der Vertreibung entzogenen Vermögenswerte nicht ebenso berücksichtigt werden müßten wie das durch die Reparationseingriffe in Anspruch genommene Vermögen. Das Potsdamer Abkommen schließt dies schon deswegen nicht aus, weil es nicht bestimmt, wie hoch die deutsche Reparationsschuld festzusetzen ist und welche Deutschland nach dem Kriege auferlegten Lasten darauf verrechnet werden können.
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5. Schließlich gibt es auch keine deutsche Rechtstradition, wonach Reparationsschäden und andere Kriegsschäden im Rahmen innerstaatlicher Entschädigungsregelungen seit jeher streng auseinanderzuhalten seien. Gerade die Kriegsfolgenregelung nach dem Ersten Weltkrieg, auf die sich die Beschwerdeführerin zu 1) insoweit beruft, ergibt, daß damals Verdrängungsschäden (Vertreibungsschäden) und Verluste infolge von Plünderungen oder Brandschatzungen nicht anders behandelt worden sind als Schäden durch Konfiskation des Auslandsvermögens oder durch die Wegnahme von Wirtschaftsgütern zu Reparationszwecken im Inland (vgl. die Gewaltschädenverordnung vom 28. Oktober 1923 - RGBl. I S. 1018 - und das Liquidationsschädengesetz i. d. F. vom 20. November 1923 - RGBl. I S. 1148 - i. V. m. dem Kriegsschädenschlußgesetz vom 30. März 1928 - RGBl. I S. 120 -; s. a. BGHZ 52, 371 [375 f.]).
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III.
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Auch bei einer Prüfung der verschiedenen von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Gründe im einzelnen läßt sich kein Sonderstatus der Reparationsgeschädigten begründen, kraft dessen ihnen bei Erlaß des Reparationsschädengesetzes ein Rechtsanspruch auf Entschädigung gegen die Bundesrepublik zugestanden hätte, der außerhalb des Staatsbankrotts zu befriedigen wäre und in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen könnte. Ein solcher Anspruch ist weder unmittelbar durch die Reparationseingriffe selbst in Verbindung mit Enteignungs- und Aufopferungsrecht entstanden (1), noch läßt er sich aus dem Völkerrecht (2), aus bürgerlichem Recht (3), aus speziellem Besatzungsrecht (4) oder aus dem Überleitungsvertrag (5 und 6) herleiten.
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1. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz eines vor- oder überstaatlichen Eigentumsschutzes, der die Bundesrepublik verpflichtete, unmittelbar für die Reparationseingriffe einzustehen (vgl. auch BVerfGE 15, 126 [144] m. weit. Nachw.).
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Ansprüche aus Enteignung, enteignungsgleichem Eingriff oder Aufopferung entfallen hier schon aus den gleichen Gründen, wie sie das Bundesverfassungsgericht bereits für die Besatzungsschäden dargelegt hat (BVerfGE 27, 253 [272]; 27, 326 [334 f.] - Freiheitsentziehung durch die Besatzungsmacht -). Zwar ist gewiß den durch einen Reparationsschaden unmittelbar Betroffenen ein besonderes Opfer auferlegt worden, wenngleich auch andere Bürger wie beispielsweise die Arbeitnehmer demontierter Betriebe mittelbar Vermögensnachteile hinnehmen mußten, die unter Umständen schwerer wiegen konnten als der Verlust von Wirtschaftsgütern. Dieses Sonderopfer beruht aber nicht, wie solche Ansprüche voraussetzen, auf dem Eingriff einer deutschen Stelle. Die Reparationsschäden sind entweder von den Besatzungsmächten oder - beim Auslandsvermögen - auch von anderen ausländischen Staaten verursacht worden, die hierbei dem Besatzungs- und Völkerrecht, nicht aber der deutschen Rechtsordnung unterstanden (vgl. BVerfGE 6, 290 [296]). Für solche Eingriffe kann die deutsche öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht verantwortlich gemacht werden, und zwar auch dann nicht, wenn deutsche Stellen auf Anordnung der Besatzungsmächte an ihrer Durchführung mitwirken mußten (BVerfGE 1, 10 [11]; 27, 253 [272] m. weit. Nachw., [273]; s. a. BGHZ 52, 371 [378 ff.]; BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1974 - III C 65.72 -, Umdruck S. 8 f.; RGZ 121, 7 [9]).
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Auf eine mögliche Begünstigung der Bundesrepublik durch die Reparationsmaßnahmen kommt es dabei schon deswegen nicht an, weil dieser Gesichtspunkt allenfalls für die Frage Bedeutung hat, welche von mehreren in Betracht kommenden deutschen Körperschaften die Entschädigung für eine von deutschen Stellen vorgenommene Enteignung leisten muß (vgl. BGHZ 13, 81; Kreft, Aufopferung und Enteignung, Heft 84/85 der Schriftenreihe der Juristischen Studiengesellschaft Karlsruhe, S. 25 f.; a. A. Ipsen, in: Entschädigungspflicht der Bundesrepublik für reparationsentzogenes Auslandsvermögen, 1962, S. 186 ff., 205 ff.). Anderenfalls würde dem deutschen Staat eine Haftung für fremde, seinem Einfluß gänzlich entzogene Maßnahmen aufgebürdet, die ihn mit nicht kalkulierbaren finanziellen Risiken belastete (vgl. hierzu BVerfGE 4, 219 [235] - "Junktim-Klausel" -).
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Die Reparationseingriffe können der Bundesrepublik auch nicht mit der Begründung zugerechnet werden, die Besatzungsmächte, die nach der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 die oberste Gewalt in Deutschland übernommen hatten, hätten diese Eingriffe - zugleich oder ausschließlich - in Ausübung deutscher Staatsgewalt vorgenommen. Wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden hat, kann eine treuhänderische Wahrnehmung der Befugnisse des besetzten deutschen Staates, die diesem selbst zuzurechnen wäre, allenfalls in Betracht kommen, soweit es sich um die "normale" Ausübung staatlicher Gewalt durch die Besatzungsmächte im ausschließlichen Interesse des vertretenen Staates und für seine Zwecke handelte, z. B. bei Maßnahmen zur Sicherung der Ernährung und Unterbringung der Bevölkerung (BVerfGE 27, 253 [273]). Wenn diese Voraussetzung schon bei den Maßnahmen zur Beschlagnahme von Häusern und Wohnungen für Zwecke der alliierten Streitkräfte nicht erfüllt war, so erst recht nicht bei den Reparationseingriffen: Die Zerstörung oder wesentliche Beeinträchtigung zahlreicher Industriebetriebe, die Konfiskation nahezu des gesamten Auslandsvermögens, die Wegnahme der Handelsflotte, die mit alledem beabsichtigte einschneidende Minderung des deutschen Wirtschaftspotentials und Senkung des Lebensstandards der deutschen Bevölkerung war gewiß keine normale Ausübung deutscher Staatsgewalt und widersprach offensichtlich dem deutschen Interesse; die Reparationseingriffe fallen daher in den Bereich der völkerrechtlichen Hoheitsbefugnisse, welche die Besatzungsmächte für sich in Anspruch genommen haben.
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Ein anderes Ergebnis läßt sich auch nicht auf die Erwägung stützen, hiermit habe die Reparationsschuld des deutschen Staates getilgt werden sollen. Abgesehen von den dagegen bestehenden grundsätzlichen Einwendungen (oben C II) könnten die Reparationseingriffe schon deswegen nicht als Maßnahmen zur regulären Erfüllung einer deutschen Staatsschuld angesehen werden, weil sie nicht ausschließlich und vielleicht nicht einmal in erster Linie dazu dienten, die Kriegsgegner des Deutschen Reiches für ihre Verluste zu entschädigen, sondern mindestens ebensosehr dem militärischen und politischen Ziel, das wirtschaftliche Kriegspotential Deutschlands ein für allemal zu zerstören.
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Schließlich läßt sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zu 1) eine Zurechnung der Reparationsmaßnahmen zum Bereich deutscher Staatsgewalt nicht aus Art. 3 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags entnehmen. Diese Vertragsbestimmung verpflichtet die Bundesrepublik nur, "in Zukunft" keine Einwendungen gegen diese Maßnahmen zu erheben, nicht aber dazu, sie rückwirkend als rechtmäßig zu betrachten, und erst recht nicht dazu, sie als treuhänderische Ausübung deutscher Staatsgewalt anzuerkennen.
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2. Eine unmittelbare Haftung der Bundesrepublik für die Reparationsschäden ergibt sich auch nicht aus allgemeinem Völkerrecht in Verbindung mit Art. 25 GG. Das Völkerrecht kennt keinen Rechtssatz, wonach der besetzte Staat unabhängig von der innerstaatlichen Rechtslage verpflichtet wäre, für die den Bewohnern seines Gebietes durch die Besatzungsmacht verursachten Schäden einzustehen (vgl. BVerfGE 27, 253 [273] m. weit. Nachw.). Soweit eine völkerrechtliche Entschädigungspflicht der ausländischen Mächte für die von ihnen verursachten Reparationsschäden in Betracht kommt, hat Art. 25 GG diese Ansprüche nicht in Ansprüche gegen den deutschen Staat umgewandelt. Diese Verfassungsnorm verschafft den allgemeinen Regeln des Völkerrechts Geltung in der Bundesrepublik mit Vorrang vor den deutschen Gesetzen; sie verändert aber nicht den Inhalt der Völkerrechtsregel und der daraus etwa herzuleitenden Ansprüche, besonders nicht deren Adressaten (BVerfGE a.a.O. [274]; s. a. BVerfGE 18, 441 [448] - Hypothekengewinnabgabe für Ausländer -; BGHZ 52, 371 [384]).
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3. Ebensowenig läßt sich nach bürgerlichem Recht (§§ 812 ff. BGB) eine unmittelbare Haftung der Bundesrepublik für die Reparationsschäden begründen (im Ergebnis ebenso BGHZ a.a.O.).
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Nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu 2) ist die Bundesrepublik in Höhe der Reparationsleistungen ungerechtfertigt bereichert, weil sie dadurch von ihrer Reparationsschuld befreit sei (vgl. auch Wahl, Die ungerechtfertigte Bereicherung der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsgrundlage für die Ansprüche der Reparationsgeschädigten, in: JZ 1971, S. 715).
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Jedoch bestehen schon Zweifel, ob es grundsätzlich mit der Ratio des Enteignungsbegriffs vereinbar ist, auf hoheitliche Eingriffe, die - wenn von deutschen Stellen vorgenommen - als Enteignungen im Sinne des Art. 153 Abs. 2 WRV oder des Art. 14 Abs. 3 GG angesehen werden müßten, das zivilrechtliche Rechtsinstitut der ungerechtfertigten Bereicherung anzuwenden. Denn diese Verfassungsnormen schützen nicht nur den Bürger gegen ungerechtfertigte Eingriffe der öffentlichen Hand in sein Eigentum, sondern regeln zugleich die Voraussetzungen rechtmäßiger Eingriffe einschließlich der Entschädigungsgrundsätze. Scheidet aber eine Entschädigungspflicht des deutschen Staates nach Enteignungsrecht aus, weil die fraglichen hoheitlichen Eingriffe nicht von deutschen Stellen ausgegangen sind, dann könnte es diesem aus der Verfassung gewonnen Ergebnis widersprechen, auf dem Wege über das Bereicherungsrecht die Eingriffe dennoch dem deutschen Staat zur Last zu legen: Wegen der verschiedenen Haftungsmaßstäbe in § 812 BGB (Herausgabe des Erlangten) einerseits, in Art. 153 WRV (volle bis gar keine Entschädigung) und Art. 14 GG (gerecht abgewogene Entschädigung, die niedriger sein kann als der Verkehrswert) andererseits müßte die Bundesrepublik für die gegen ihren Willen erfolgten Zugriffe ausländischer Hoheitsträger auf das Privatvermögen deutscher Bürger unter Umständen mehr leisten, als wenn sie die Eingriffe selbst vorgenommen hätte, um damit eine Verpflichtung gegenüber dem Ausland zu erfüllen.
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Diese Bedenken gegen die Übertragung des Rechtsinstituts der ungerechtfertigten Bereicherung auf Sachverhalte der vorliegenden Art bedürfen jedoch keiner abschließenden Klärung; denn die Entziehung etwaiger Ansprüche der Reparationsgeschädigten aus §§ 812 ff. BGB durch das Reparationsschädengesetz würde auch aus anderen Erwägungen Art. 14 GG nicht verletzen. Da - wie dargelegt - eine Reparationsschuld nur als Verbindlichkeit des Deutschen Reiches entstanden sein könnte, hätte entsprechend eine Tilgung der Schuld unmittelbar nur diesen Schuldner - das Deutsche Reich - bereichert. Daraus innerstaatlich erwachsende Bereicherungsansprüche wären also ebenfalls Reichsverbindlichkeiten, deren Erfüllung die Bundesrepublik ohne Verstoß gegen Art. 14 GG ganz oder teilweise verweigern dürfte.
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Gleiches gilt für die ebenfalls aus der angeblichen Tilgung der Reparationsschuld hergeleiteten bürgerlich-rechtlichen Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. a. BGHZ 52, 371 [384]).
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4. Auch aus dem Besatzungsrecht ergeben sich keine Ansprüche der Reparationsgeschädigten auf Entschädigung gegen die Bundesrepublik.
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a) Die von den Beschwerdeführerinnen herangezogenen Äußerungen - die Direktive der amerikanischen Regierung an ihren Oberbefehlshaber in Deutschland vom 15. Juni 1947, Ausführungen des amerikanischen Senats und amerikanischer Behörden, die französische Note an die Schweiz vom 19. November 1959 betreffend den Zugriff französischer Besatzungsstellen auf Schweizer Eigentum - müssen außer Betracht bleiben, weil sie keine rechtsverbindlichen Weisungen an die Adresse der Bundesrepublik oder deutscher Stellen enthalten.
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Es liegt auch keine individuelle Zusicherung einer konkreten Entschädigungsverpflichtung gegenüber der Beschwerdeführerin zu 2) seitens einer Besatzungsstelle vor, die nach Art. 2 Abs. 1 des Ersten Teils des Überleitungsvertrags von allen deutschen Behörden und Gerichten zu beachten wäre. Nach dem eigenen Vortrag dieser Beschwerdeführerin hat lediglich eine örtliche Besatzungsbehörde ihr gegenüber die Rechtsansicht geäußert, daß die Bundesrepublik alle Reparationsgeschädigten entschädigen müsse.
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b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin zu 2) scheidet Art. II Nr. 1 der Proklamation Nr.3 des Kontrollrats vom 20. Oktober 1945:
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No person shall be deprived of live, liberty or property without due process of law.
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als Rechtsgrundlage aus, weil diese Proklamation die Umgestaltung der deutschen Rechtspflege betrifft. Auch die Rechtsgarantie in der zitierten Vorschrift ist als Anweisung für das zukünftige Verhalten der deutschen Behörden und Gerichte gegenüber den deutschen Bürgern zu verstehen. Eine Regelung der Folgen von Eingriffen der Besatzungsmächte läßt sich daraus nicht entnehmen.
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c) § 29 des Umstellungsgesetzes (oben A I 3) enthält nur eine nicht weiter präzisierte Anweisung und Ermächtigung für den deutschen Gesetzgeber, bestimmte Kriegsfolgelasten, darunter auch die Reparationsverluste im Rahmen eines allgemeinen Lastenausgleichs zu regeln. Daraus ergibt sich gewiß, daß er die Reparationsgeschädigten nicht übergehen durfte; jedoch blieb die Abgrenzung der Entschädigungsleistungen bei dieser Gruppe ebenso wie im übrigen seiner Entscheidung überlassen. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem englischen Wortlaut:
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Equalization of Burdens
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The funds required to carry through the equalization of burdens shall be provided by means of special levies on property, the receipts from which shall be paid for this purpose to an equalization fund outside the budget. Further provisions shall be made in the German legislation on equalization of burdens to be enacted by 31st December 1948, as laid down in the preamble to the Currency Law. Such legislation shall also prescribe the extent to which compensation shall be granted for losses resulting from the monetary reform or otherwise. In this connection, special consideration shall be given to losses occasioned by Control Council Law No. 5 and by reparations removals. (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, Nr. 25, S. 862 (872)).
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Der Meinung der Beschwerdeführerinnen, dieser Text unterscheide ausdrücklich zwischen dem aus Billigkeitsgründen vorgesehenen Lastenausgleich und der Entschädigung für Reparationsverluste im Sinne einer effektiven, adäquaten Entschädigung, ist zunächst entgegenzuhalten, daß nach § 34 Abs. 1 Satz 1 des Umstellungsgesetzes der deutsche Wortlaut maßgebend ist. Im übrigen gibt auch die englische Fassung keine Anhaltspunkte für eine hinreichende Konkretisierung des behaupteten Anspruchs (s. a. BGHZ 52, 371 [375]).
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5. Der Überleitungsvertrag hat ebenfalls keine hinreichend konkretisierten Entschädigungsansprüche der Reparationsgeschädigten gegen die Bundesrepublik begründet.
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In Betracht kämen insoweit zunächst die sog. Verzichtsklauseln des Vertrags, nämlich die Verpflichtung der Bundesrepublik,
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a) das AHK-Gesetz Nr. 63 nicht ohne Zustimmung der Drei Mächte aufzuheben oder zu ändern (Art. 2 Satz 2 Teil VI),
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b) in Zukunft keine Einwendungen gegen die Reparationsmaßnahmen zu erheben sowie Ansprüche und Klagen wegen dieser Maßnahmen gegen Erwerber der entzogenen Vermögenswerte, ausländische Regierungen usw. nicht zuzulassen (Art. 3 Abs. 1 und 3 Teil VI).
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Die Beschwerdeführerinnen meinen, durch diese Bestimmungen, die im Zustimmungsgesetz in deutsches Recht transformiert worden seien, habe die Bundesrepublik selbst den Reparationsgeschädigten vermögenswerte Rechte entzogen und sei deswegen unmittelbar aus Art. 14 Abs. 3 GG zu einer angemessenen Enteignungsentschädigung verpflichtet. Auch insoweit ist jedoch eine Entschädigungspflicht der Bundesrepublik zu verneinen.
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Allerdings könnte entgegen der Ansicht der Bundesregierung zumindest in der Vereinbarung des Art. 2 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags, wonach das AHK-Gesetz Nr. 63 weitergilt und nur mit Zustimmung der Drei Mächte aufgehoben oder geändert werden darf, ein Verzicht der Bundesrepublik auf materielle Rechte der Reparationsgeschädigten liegen; denn nach Art. 2 Abs. 1 dieses Gesetzes gelten die von den Reparationseingriffen betroffenen Rechte als "erloschen". Der materielle Verzicht wird zudem durch die in Art. 3 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags eingegangene Verpflichtung der Bundesrepublik ergänzt, Ansprüche und Klagen wegen der Reparationsmaßnahmen nicht zuzulassen. Als neuer Eingriff oder als "Komplettierung" der früheren Eingriffe wären diese Vereinbarungen aber nur dann anzusehen, wenn den Reparationsgeschädigten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses überhaupt noch irgendwelche Rechte in bezug auf die entzogenen oder zerstörten Vermögenswerte zustanden, die sie ohne den Abschluß des Vertrags hätten durchsetzen können.
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Die ursprünglichen Eingriffe in das private Eigentum oder Vermögen - sei es durch Konfiskation des deutschen Auslandsvermögens, sei es durch Demontage, Wegnahme oder Zerstörung im Inland - waren jedenfalls mit dem AHK-Gesetz Nr. 63 legalisiert worden (vgl. BVerfGE 29, 348 [365 ff.] - deutsch-niederländischer Finanzvertrag -; s. a. BVerfGE 6, 290 [300]). Damit hatten die früheren Inhaber das Eigentum oder sonstige Rechte an den entzogenen Vermögenswerten endgültig verloren. Es könnte sich also nur noch fragen, ob ihnen wegen dieser Vermögensentziehung nach Völkerrecht, etwa nach Art. 46 der Haager Landkriegsordnung (vgl. dazu BVerfGE 27, 253 [276 f.]), Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung gegen die Enteignerstaaten zustanden, deren Bestand auch durch das AHK-Gesetz Nr. 63 nicht berührt worden ist. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, weil die Vertragsabreden des Überleitungsvertrags auch dann mit Art. 14 GG vereinbar waren, falls man zugunsten der Beschwerdeführerinnen von der Existenz solcher Ansprüche im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausgeht. Der etwaige Verzicht auf ihre Durchsetzung muß nämlich im Zusammenhang mit der eingangs (C I 1, 2) geschilderten Gesamtsituation beurteilt werden, die sich aus dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches ergeben hatte und bei Abschluß des Überleitungsvertrags weiterwirkte.
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Die Ursache der Eingriffe in das Vermögen der Reparationsgeschädigten lag in der Niederlage des Deutschen Reiches; außerdem waren die Eingriffe von den ausländischen Mächten faktisch längst vollzogen und durch Besatzungsrecht legalisiert. Die Bundesrepublik ebenso wie andere Träger deutscher Staatsgewalt hatten sich niemals mit diesen Eingriffen einverstanden erklärt, ohne jedoch imstande zu sein, ihre Auffassung gegenüber den Siegermächten durchzusetzen. Die Annahme der Beschwerdeführerinnen, ohne die Verzichtsklauseln hätte die Bundesrepublik nach Wiedererlangung ihrer Souveränität die Maßnahmen der Besatzungsmächte innerstaatlich rückgängig machen und in Verhandlungen mit den beteiligten Staaten eine Regelung zugunsten der Reparationsgeschädigten erreichen können, verkennt die damalige politische Lage. Die Bundesrepublik sollte erst durch das Vertragswerk, dessen wesentlichen Bestandteil der Überleitungsvertrag bildet, ihre Souveränität und damit den Status eines gleichgeordneten Vertragspartners erlangen (BVerfGE 27, 253 [281 f.]). Ohne den Verzicht auf eine Rückabwicklung der Reparationsmaßnahmen wären die Drei Mächte nicht zur Aufhebung des Besatzungsregimes bereit gewesen; eine Weigerung, die Verzichtsklauseln aufzunehmen, hätte daher an der Weitergeltung des AHK-Gesetzes Nr. 63 nichts geändert.
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Ebensowenig bestand vor Abschluß des Überleitungsvertrags für die Reparationsgeschädigten die Möglichkeit, etwaige individuelle Ersatz- oder Entschädigungsansprüche der bezeichneten Art gegen die ausländischen Staaten durchzusetzen (vgl. BGHZ 52, 371 [382]). Einer erfolgreichen Geltendmachung im Inland stand - abgesehen von der Problematik der Gerichtsbarkeit und Zuständigkeit - die Klagesperre des Art. 3 des AHK-Gesetzes Nr. 63 entgegen, die von den deutschen Gerichten zu beachten war. Zudem hätten Urteile deutscher Gerichte zugunsten der Reparationsgeschädigten regelmäßig der Vollstreckung in den Enteignerstaaten bedurft. Die hierfür erforderliche Zustimmung dieser Staaten zu erhalten, wäre ebenso aussichtslos gewesen wie die Erhebung von Klagen in diesen Ländern. Demgemäß hätte selbst eine nachträgliche Aufhebung des AHK-Gesetzes Nr. 63 im Zweifel den Reparationsgeschädigten nichts genützt. Entgegen der Ansicht von Seidl-Hohenveldern (in: Entschädigungspflicht der Bundesrepublik für reparationsentzogenes Auslandsvermögen, 1962, S. 70 ff.) haben die Verzichtsklauseln den Reparationsgeschädigten auch nicht die zuvor bestehende Chance genommen, ihre Rechte in verbündeten oder neutralen Staaten erfolgreich geltend zu machen. Österreich ist unabhängig vom Überleitungsvertrag durch Art. 22 des Staatsvertrags vom 15. Mai 1955 (zitiert nach Siegler, Österreichs Souveränität, Neutralität und Prosperität, 1967, S. 273 [276 ff.]) daran gehindert, das deutsche Vermögen an die früheren Eigentümer zurückzugeben. Ähnlich ist es Japan durch Art. 20 seines Friedensvertrags verwehrt, das deutsche Vermögen freizugeben. Hierbei ist es unerheblich, daß das Distriktgericht Tokio in einer Entscheidung vom 29. März 1958 Ansprüche eines früheren deutschen Eigentümers auf solches Vermögen zusätzlich mit Rücksicht auf die Verzichtsklauseln des Überleitungsvertrags abgewiesen hat (vgl. Seidl-Hohenveldern, a.a.O., S. 75). Für das deutsche Vermögen in den neutralen Staaten sind nicht die Verzichtsklauseln des Überleitungsvertrags maßgebend, sondern die auf Grund der Ermächtigung in Art. 4 Abs. 3 des Sechsten Teils von der Bundesrepublik abgeschlossenen besonderen Abkommen (vgl. unten D I 3).
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Im ganzen bedeuteten die Verzichtsklauseln danach auf der einen Seite, daß die Bundesrepublik die nicht von ihr geschaffene, faktisch irreparable Lage wie bisher auch für die Zukunft hinnahm. Auf der anderen Seite war das in diesen Abreden liegende Zugeständnis - neben anderen Vereinbarungen - notwendig, um das Besatzungsregime zu beenden und insgesamt einen Zustand zu erreichen, der wesentlich "näher zum Grundgesetz" war (BVerfGE 27, 253 [282]; s. a. BVerfGE 4, 157 [169 f.]). Es kann offenbleiben, ob derartige der Abwicklung von Kriegsfolgen dienende Vereinbarungen, bei denen die deutsche Seite zwangsläufig den früheren Feindstaaten mit gemindertem Verhandlungsspielraum gegenüberstand, grundsätzlich nach Enteignungsrecht beurteilt werden können, das für andere Sachverhalte und Rechtsbeziehungen geschaffen ist (vgl. BVerfGE 27, 253 [276]; 29, 348 [360]; s. a. zum Begriff der Enteignung BVerfGE 38, 175 [179 f.]; 20, 351 [359]). Denn hier entfiel eine Bindung der Bundesrepublik an Art. 14 GG jedenfalls, weil die fraglichen Klauseln und der Vertragsabschluß im ganzen der Abwicklung von Vorgängen aus der Zeit vor der Entstehung des Grundgesetzes dienten. Ebenso wie die Bundesrepublik innerstaatlich die aus dem politischen und finanziellen Staatsbankrott resultierenden Forderungen ohne Verstoß gegen Art. 14 GG kürzen oder zum Erlöschen bringen konnte, durfte sie auch nach außen auf mögliche Rechte der Reparationsgeschädigten verzichten, ohne deswegen zu einer Enteignungsentschädigung verpflichtet zu sein.
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6. Die aufgezeigten Grenzen der Haftung der Bundesrepublik für die aus dem Zusammenbruch des Reiches herrührenden Verbindlichkeiten gelten grundsätzlich nicht für Verpflichtungen, die erst die Bundesrepublik selbst eingegangen ist: Auch Ansprüche aus bundesgesetzlichen Regelungen zur Entschädigung von Kriegs- und Kriegsfolgeschäden können bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen (vgl. BVerfGE 23, 153 [166]). Die Beschwerdeführerinnen wollen insoweit aus Art. 5 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags, der sog. Entschädigungsklausel, einen Rechtsanspruch aller Reparationsgeschädigten - juristischer sowohl wie natürlicher Personen - auf eine angemessene, an Art. 14 Abs. 3 GG orientierte Entschädigung herleiten.
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Es ist nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, die Entschädigungsklausel im Verhältnis der Vertragspartner auszulegen, d. h. über den Inhalt der völkerrechtlichen Vertragspflichten der Bundesrepublik aus dieser Klausel verbindlich zu entscheiden. Vielmehr ist für die Frage der Grundrechtsverletzung allein maßgebend, ob die Klausel in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz über die vertragliche Bindung hinaus individuelle Ansprüche Dritter, nämlich der Reparationsgeschädigten begründet hat. Dies ist in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof (BGHZ 52, 371 [383 f.]) und dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 27. Juni 1974 - III C 65.72 - Umdruck S. 14 f.) zu verneinen.
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a) Wie das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 7. Juli 1975 zu den sog. Ostverträgen näher dargelegt hat, begründen völkerrechtliche Verträge in der Regel nur Rechtsbeziehungen im Verhältnis der vertragschließenden Staaten. Die Festlegung von Rechtspflichten oder Rechtsansprüchen für einzelne Bürger ist nach allgemeiner Ansicht eine Ausnahme, die nur bei entsprechend klarem Anhalt im Vertragstext als vereinbart gilt (vgl. BVerfGE 40, 141 [164 f.]; 29, 348 [360]).
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Anders als bei den Ostverträgen (vgl. BVerfGE 40, 141 [163 ff.]) spricht hier gegen das Vorliegen einer solchen Ausnahme noch nicht entscheidend der hochpolitische Charakter des Vertragswerks im ganzen und des Überleitungsvertrags im besonderen, der sich aus der Ablösung des Besatzungsregimes und der grundlegenden Neuordnung der Beziehungen zwischen den Vertragspartnern ergibt. Im Gegensatz zu den Ostverträgen enthält der Überleitungsvertrag (ebenso wie die anderen Teile des Vertragswerks) zahlreiche Einzelregelungen; die Frage der Auswirkung auf individuelle Rechtspositionen ist daher weniger aus der Gesamtbeurteilung des Vertrags als aus der Prüfung der jeweiligen einzelnen Vertragsabrede zu beantworten.
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b) Der Wortlaut der Entschädigungsklausel gibt jedoch keinen hinreichenden Anhaltspunkt für die Begründung individueller Rechte. Wenngleich die "früheren Eigentümer" als Begünstigte der beabsichtigten Entschädigung erwähnt werden, fehlt es an einer für die Annahme individueller Ansprüche hinreichenden Konkretisierung. Nach der unbestimmten Fassung: "Vorsorge" für eine Entschädigung "zu treffen", ist Inhalt der Vertragsbestimmung nur die Verpflichtung der Bundesrepublik, eine innerstaatliche Regelung zu erlassen, durch die erst Ansprüche auf bestimmte Entschädigungsleistungen begründet werden sollen. Vor allem ist dem Wortlaut nichts darüber zu entnehmen, in welcher Weise die "Vorsorge" zu gestalten ist, d. h. über Voraussetzungen, Art und Umfang der Entschädigung. Die Ansicht der Beschwerdeführerinnen, das Wort "Entschädigung" bedeute ohne erläuternden Zusatz mindestens "angemessene", am Verkehrswert der entzogenen Güter orientierte Entschädigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, findet im Vertragstext keine Stütze.
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Hiergegen spricht auch, daß die Besatzungsmächte dem deutschen Gesetzgeber bereits in § 29 des Umstellungsgesetzes den nicht weiter präzisierten Auftrag erteilt hatten, die Entschädigung für Reparationsverluste im Rahmen des allgemeinen Lastenausgleichs zu regeln. Bei der Unterzeichnung des Protokolls vom 23. Oktober 1954, das den am 26. Mai 1952 unterzeichneten Überleitungsvertrag in vielen Einzelheiten änderte und im Verhältnis der Vertragspartner in Kraft setzte, lag die Verkündung des Lastenausgleichsgesetzes schon zwei Jahre zurück. Wenn die Entschädigungsklausel - wie die Beschwerdeführerinnen meinen - individuelle Ansprüche der Reparationsgeschädigten auf eine von den Lastenausgleichsleistungen grundsätzlich zu unterscheidende, höhere Entschädigung begründen sollte, so hätte dies unter den geschilderten Umständen klar zum Ausdruck kommen müssen.
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Für diese Auslegung spricht weiter der Vergleich mit einer ähnlichen Entschädigungsregelung in Art. 297 (i) des Versailler Vertrages (RGBl. 1919 S. 687 [1134]):
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Germany undertakes to compensate her nationals in respect of the sale or retention of their property, rights or interests in Allied or Associated States.
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Das Reichsgericht hat es abgelehnt, daraus bestimmte Rechte Einzelner herzuleiten, weil sich dies nicht mit der völkerrechtlich gebotenen Klarheit aus dem Vertrag selbst ergebe (vgl. RGZ 121, 7 [9]).
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Auch die Würdigung der Klausel im Zusammenhang des Vertrags bestätigt diese Auslegung. Der Überleitungsvertrag enthält eine Reihe von Regelungen, in denen die Bundesrepublik Entschädigungspflichten übernommen hat, wie z. B. im Dritten Teil, der die innere Rückerstattung betrifft, sowie in Art. 3 des Neunten Teils hinsichtlich der Besatzungsschäden. Im Gegensatz zu der ins einzelne gehenden, präzisen Umschreibung dieser Pflichten erscheint die Entschädigungsklausel des Art. 5 des Sechsten Teils als vage und unbestimmt; dies läßt darauf schließen, daß die Bestimmung der Voraussetzungen sowie von Art und Umfang der Entschädigung hier der vereinbarten gesetzlichen Regelung vorbehalten blieb.
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c) Die fehlende Konkretisierung individueller Entschädigungsansprüche kann auch nicht durch die Annahme gewonnen werden, die Drei Mächte hätten mit der Klausel eine eigene, nach Völkerrecht bereits bestehende Verpflichtung zur Entschädigung der Reparationsgeschädigten auf die Bundesrepublik abgewälzt. Weder der Wortlaut der Klausel noch andere Umstände geben einen Anhaltspunkt dafür, daß die Drei Mächte generell die Völkerrechtswidrigkeit der Reparationseingriffe eingeräumt oder jedenfalls eine eigene völkerrechtliche Entschädigungspflicht dafür anerkannt hätten, die nach der Vereinbarung von der Bundesrepublik übernommen werden sollte. Vielmehr spricht auch der Zusammenhang der Klausel mit § 29 des Umstellungsgesetzes mehr dafür, daß die Besatzungsmächte die Abwicklung der Reparationsschäden anders als etwa die Regelung der Besatzungsschäden als eine interne Angelegenheit der deutschen Seite angesehen haben.
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Auch nach der Entstehungsgeschichte der Klausel und des Art. 4 Abs. 3 des Sechsten Teils des Überleitungsvertrags, wie sie aus den Berichten von drei an den Verhandlungen beteiligten Personen hervorgeht
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(vgl. Debevoise (US-Delegation), auszugsweise abgedruckt bei Pfeiffer, Gleichheitsgrundsatz und Reparationsentschädigung, 1968, S. 41 ff., Fußnote 109; Kaufmann, Ein letztes Wort zur Frage der Reparationsschäden, S. 28 ff.; Wolff, Zur Abgeltung der Reparationsschäden, in: Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Heft 5, 1964, S. 75 ff.),
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kommt die Abwälzung einer eigenen Entschädigungspflicht der Drei Mächte auf die Bundesrepublik allenfalls bezüglich der Reparationsschäden in den neutralen Staaten in Betracht. In den Vorentwürfen zum Vertrag hatten die Alliierten vorgesehen, daß die Bundesrepublik die in den Washingtoner Abkommen (s. o. A I 1) vereinbarten Entschädigungspflichten gegenüber den deutschen Eigentümern übernehmen und für die Verluste in den neutralen Staaten volle Entschädigung leisten müsse, während die Bundesregierung anbot, "für eine ihrer Zahlungsfähigkeit und ihrem Grundgesetz entsprechende Schadloshaltung" der Reparationsgeschädigten zu sorgen. In dem Unterausschuß, dem die drei genannten Berichterstatter angehörten, kam eine Einigung nicht zustande, weil die Drei Mächte darauf bestanden, daß die Bundesrepublik die Verluste in den neutralen Staaten voll entschädigen müsse, während die deutsche Delegation dies unter Hinweis auf Art. 3 und Art. 14 GG ablehnte, wobei Wolff hinzugefügt haben will, daß auch die Vertriebenen Reparationsgeschädigte seien und nicht schlechter als andere behandelt werden dürften. Nachdem auch ein Lenkungsausschuß die Meinungsverschiedenheiten nicht ausräumen konnte, wurde die Frage dem Bundeskanzler und den drei Hohen Kommissaren zur Entscheidung vorgelegt. Hierbei schlug der amerikanische Hohe Kommissar McCloy vor, im Vertrag nur zu sagen, daß die Bundesrepublik Vorsorge für eine Entschädigung treffen werde (Kaufmann, a.a.O., S. 30 f.; Wolff, a.a.O., S. 91). Hinsichtlich der Verluste in den neutralen Ländern sollte die Bundesrepublik die Entschädigungsfrage mit diesen selbst aushandeln. Demgemäß wurde der Komplex der Reparationsschäden in den neutralen Staaten getrennt behandelt, nämlich in einer Spezialvorschrift wie folgt geregelt:
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Artikel 4
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(1)... - (2) ...
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(3) Bezüglich des in Portugal, Spanien, Schweden und der Schweiz in Anspruch genommenen deutschen Auslandsvermögens, über das von den Drei Mächten geschlossene Abkommen in Kraft sind oder sein werden, kann die Bundesrepublik zur Durchführung dieser Abkommen mit den genannten Staaten Vereinbarungen über Art und Umfang der Entschädigung schließen, die an die früheren deutschen Eigentümer der Werte in diesen Ländern zu zahlen ist. Die Drei Mächte sind berechtigt, an den Verhandlungen darüber teilzunehmen.
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(4) ...
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Für alle übrigen Reparationsschäden blieb es bei der allgemein gehaltenen Formel des Art. 5.
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d) Den von den Beschwerdeführerinnen herangezogenen Erklärungen früherer Bundesregierungen zur Auslegung der Entschädigungsklausel (vgl. vor allem den Schriftsatz an das Bundesverfassungsgericht vom 31. Oktober 1952 im Verfahren 1 P BvV 1/52, hier zitiert nach "Der Kampf um den Wehrbeitrag", Bd. 2, 2. Halbband, S. 684 [702]) läßt sich ebenfalls nicht entnehmen, daß durch den Überleitungsvertrag individuelle Entschädigungsansprüche der Reparationsgeschädigten gegen die Bundesrepublik begründet werden sollten. Vielmehr bringen sie zum Ausdruck, daß der Vertrag der Bundesrepublik die Möglichkeit eröffnet habe, eine ihrem Grundgesetz entsprechende innerstaatliche Entschädigungsregelung zu schaffen. Soweit dabei die Rechtsansicht vertreten wird, diese Regelung sei unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik und des in Art. 20 Abs. 1 GG niedergelegten Sozialstaatsprinzips entsprechend dem Maßstab des Art. 14 Abs. 3 GG zu gestalten, kommt dem für die verfassungsrechtliche Prüfung des Reparationsschädengesetzes schon deswegen keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil bei Abgabe der Erklärungen die maßgebenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Kriegsfolgenrecht noch nicht vorlagen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zu 1) lassen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, daß die bezeichnete Rechtsauffassung über die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die innerstaatliche Entschädigungsregelung Gegenstand der Vereinbarungen mit den Drei Mächten oder Vertragsgrundlage war.
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7. Schließlich vermag auch die von der Beschwerdeführerin zu 2) herangezogene Vorschrift des Art. 142a GG den behaupteten Entschädigungsanspruch nicht zu stützen. Diese Verfassungsnorm ist bereits durch das Siebzehnte Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24. Juni 1968 (BGBl. I S. 709), also vor Inkrafttreten des Reparationsschädengesetzes wieder aufgehoben worden. Auch in der Zeit ihrer Geltung bezog sie sich nur auf die darin genannten, am 26. und 27. Mai 1952 in Bonn und Paris unterzeichneten Verträge (Vertrag über die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Drei Mächten - BGBl. 1954 II S. 61 - und Vertrag über die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft - BGBl. 1954 II S. 343 - mit ihren Zusatz- und Nebenabkommen), die wegen der Ablehnung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft durch Frankreich niemals zustande gekommen sind. Daß ein wesentlicher Teil der in diesem Vertragswerk enthaltenen einzelnen Regelungen später in die den Überleitungsvertrag einschließenden sog. Pariser Verträge aufgenommen wurden, ist unerheblich. Die "Klarstellung" im Sinne des Art. 79 Abs. 1 Satz 2 GG kann sich nur auf die jeweils konkret bezeichneten Verträge beziehen und ist als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Es bedarf daher keiner Auseinandersetzung mit der strittigen Frage der rechtlichen Bedeutung einer solchen "Klarstellung" (vgl. Maunz in: Maunz-Dürig, Grundgesetz, Rdnr. 8 ff. zu Art. 79).
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D. | |
Der Ausschluß juristischer Personen von der Entschädigung für Reparationsschäden verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso ist es mit dieser Verfassungsnorm noch vereinbar, daß das Reparationsschädengesetz für diese Reparationsgeschädigten keine Vergünstigung vorsieht, die der Ermäßigung der Vermögensabgabe nach §§ 39 ff. LAG entspricht.
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I.
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Die Regelung über die Entschädigung der Reparationsschäden, zu deren Erlaß der Bundesgesetzgeber sowohl durch den Überleitungsvertrag als auch durch das Gebot des innerstaatlichen Ausgleichs der Kriegslasten verpflichtet war, ist an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Jedoch ist bei der verfassungsrechtlichen Prüfung starke Zurückhaltung gegenüber dem Gesetzgeber geboten. Die Bundesrepublik stand bei ihrer Entstehung vor ungeheuren sozialen Aufgaben, die nach Art oder Ausmaß historisch ohne Parallele waren - die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge, die Entschädigung der Verfolgten, die Sorge für die Kriegsopfer usw. -. Alle diese Aufgaben sind neben dem allgemeinen Wiederaufbau in relativ kurzer Zeit tatsächlich bewältigt worden. Die dafür geschaffenen Regelungen können nicht mit der gleichen Elle gemessen werden wie Gesetze über Sozialleistungen unter normalen Verhältnissen. Wie das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, steht dem Gesetzgeber vielmehr bei der Regelung der Kriegs- und Kriegsfolgelasten wegen des Staatsbankrotts auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG eine sehr weite Gestaltungsfreiheit zu; in BVerfGE 27, 253 (286) ist hierzu unter Bezug auf frühere Entscheidungen ausgeführt:
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"Ergibt sich aus der dargestellten katastrophalen Situation nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches schon allgemein, daß dem Gesetzgeber für die Regelung der Kriegs- und Kriegsfolgelasten ein sehr weites Gestaltungsermessen zugestanden werden muß (vgl. BVerfGE 15, 167 [201]; 23, 153 [168]), so gilt dies auch für die Ausgestaltung der in den Teilregelungen gewährten Ausgleichs- oder Entschädigungsansprüche nach ihrer Art und Höhe. Der Krieg und seine Folgen haben in Millionen verschiedenartiger Fälle zu materiellen und immateriellen Schäden geführt. Es ist nicht möglich, für diesen Gesamtbereich gesetzliche Regelungen zu finden, die im Ergebnis jeden Bürger gleichstellen und Schicksalsschläge in jedem Einzelfall gerecht ausgleichen. Vielmehr muß es genügen, wenn die gesetzliche Regelung in großen Zügen dem Gerechtigkeitsgebot entspricht. Namentlich durfte sich der Gesetzgeber angesichts des Ausmaßes des 'Staatsbankrotts' beim Ausgleich von Schäden an Eigentum oder Vermögen darauf beschränken, gewisse äußerste Folgen auszugleichen, um die unbedingt erforderliche Grundlage für die wirtschaftliche Existenz der Betroffenen zu gewährleisten oder wiederherzustellen, er durfte also sozialen Erwägungen den Vorrang geben."
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Der Gesetzgeber hat diese Gestaltungsfreiheit in der Weise ausgeübt, daß er die Reparationsschädenregelung im ganzen und im einzelnen der Regelung des Lastenausgleichsgesetzes für Kriegssachschäden, Vertreibungsschäden und Ostschäden nachgebildet hat. Diese Regelung war durch eine soziale Grundkonzeption geprägt (vgl. BVerfGE 17, 67 [80] - Umsiedler -; 19, 354 [364] - Kriegsschadenrente -): Vorrang hatte das Ziel, die von den genannten Schäden betroffenen Menschen, soweit notwendig, wirtschaftlich und sozial wieder einzugliedern und ihnen die zum Wiederaufbau ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Existenz unbedingt erforderliche Hilfe zu gewähren, während der Gedanke einer Kompensation für die in der Vergangenheit eingetretenen Schäden zurücktrat. Das kommt vor allem darin zum Ausdruck, daß speziell auf die Wiedereingliederung ausgerichtete Leistungen wie Hausratsentschädigung, Kriegsschadenrente und Eingliederungsdarlehen im Vordergrund stehen, die maßgebend nach der Bedürftigkeit und weniger nach der Höhe des jeweiligen Schadens bemessen werden. Auch bei der stärker von der Schadenshöhe abhängigen Hauptentschädigung haben soziale Gesichtspunkte erhebliche Bedeutung: sie wirken sich schon bei der Schadensfeststellung aus - vgl. besonders den Einheitswertvergleich - und bestimmen namentlich die Berechnung des Entschädigungsbetrags für den festgestellten Schaden - vgl. die soziale Degression und die Berücksichtigung des Restvermögens -. Im Zusammenhang mit dieser Grundkonzeption steht auch der Ausschluß der juristischen Personen von den Ausgleichsleistungen.
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Nach Meinung der Beschwerdeführerinnen verstößt die Übernahme dieses Lastenausgleichskonzepts in das Reparationsschädengesetz grundsätzlich gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil sie der Besonderheit der Reparationsschäden nicht Rechnung trage. Der Gesetzgeber behandele Ungleiches gleich, indem er Reparationsschäden nur nach denselben Maßstäben entschädige wie Vertreibungsschäden und Kriegssachschäden, und Gleiches ungleich, indem er zum einen die Reparationsschäden gegenüber bestimmten anderen Gruppen von Kriegs- oder Kriegsfolgeschäden benachteilige, zum anderen Reparationsschäden in neutralen Ländern im Verhältnis zur Masse der übrigen Reparationsschäden privilegiere. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
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1. a) Soweit die Beschwerdeführerinnen aus der angeblichen Tilgung der Reparationsschuld einen Unterschied der Reparationsschäden im Verhältnis zu anderen Kriegs- und Kriegsfolgeschäden, namentlich zu den Vertreibungsschäden und Kriegssachschäden herleiten, ist ihr Vorbringen schon bei der Prüfung an Art. 14 Abs. 1 GG widerlegt worden (oben C II). Das gleiche gilt für den damit zusammenhängenden Gedanken der tatsächlichen Begünstigung der Bundesrepublik durch die Reparationsleistungen.
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Im übrigen ließe sich für eine Entschädigungsregelung, die diesen beiden Gesichtspunkten Rechnung tragen wollte, kein geeigneter, dem Gedanken eines gerechten Ausgleichs auch nur einigermaßen entsprechender Maßstab zur Bemessung der Entschädigung gewinnen. Selbst wenn man von der Existenz einer deutschen Reparationsschuld und ihrer Tilgung durch die Reparationsmaßnahmen ausginge, wäre ihre Höhe schon deswegen völlig ungewiß, weil die Schuld von den Siegermächten nie beziffert worden ist und eine Abrechnung der deutschen Reparationsleistungen nicht stattgefunden hat. Zudem steht bislang auch nicht annähernd fest, welchen Wert die im In- und Ausland weggenommenen deutschen Vermögensgüter in der Hand der Siegermächte hatten. Jedenfalls kann die Höhe einer möglichen rechnerischen Begünstigung der Bundesrepublik nicht - wie die Beschwerdeführerinnen anzunehmen scheinen - mit der Höhe der Reparationsschäden gleichgesetzt werden. Einer Bewertung entziehen sich vor allem die mittelbaren Auswirkungen der Reparationsmaßnahmen wie beispielsweise der zeitweilige Ausfall der deutschen Konkurrenz auf den Weltmärkten und andererseits die für ausländische Volkswirtschaften oder Unternehmen unter Umständen nachteilige Einschränkung der deutschen Importe. Selbst die unmittelbaren Vermögensvorteile, die sich die Siegermächte durch die Aneignung deutscher Vermögensgüter verschafft haben, wären keine geeignete Grundlage einer Entschädigungsregelung. Unter diesem Gesichtspunkt müßten alle Schäden außer Betracht bleiben, die durch die bloße Zerstörung oder Beschädigung von Industrieanlagen entstanden sind. Aus der Sicht der Betroffenen wäre eine solche Differenzierung zwischen Zerstörungsschäden und anderen Reparationsschäden, falls sie überhaupt praktikabel sein sollte, nicht verständlich und mit der sozialen Gerechtigkeit nicht zu vereinbaren.
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b) Ebensowenig läßt sich eine Besonderheit der Reparationsschäden damit begründen, diese Schäden seien durch gezielte, planmäßige Maßnahmen verursacht, während es sich bei den Vertreibungs- und Kriegssachschäden um vom blinden Zufall gelenkte Schicksalsschläge gehandelt habe (s. a. BGHZ 52, 371 [374 f.]). Aus der Sicht der jeweiligen Betroffenen hatten auch die Reparationsmaßnahmen zufälligen oder schicksalhaften Charakter, zumal da Art und Ausmaß des Eingriffs weitgehend von der differierenden Einstellung der verschiedenen Besatzungsmächte, ja sogar der einzelnen Besatzungsbehörde abhingen. Zudem beruhte auch die Vertreibung der Deutschen in den Ostgebieten und die Konfiskation ihres Vermögens überwiegend auf zentralen Anordnungen (vgl. BVerfGE 40, 141 [159 ff.]). Vor allem aber können die genannten Umstände für die Bemessung des innerstaatlichen Lastenausgleichs am Maßstab der sozialen Gerechtigkeit keine Rolle spielen.
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c) Die Beschwerdeführerinnen berufen sich weiter darauf, daß die Verluste der Reparationsgeschädigten weitgehend an Betriebsvermögen entstanden sind und in stärkerem Maß größere Wirtschaftsunternehmen getroffen haben, während die im Lastenausgleichsgesetz geregelten Schäden überwiegend die breite Bevölkerung betrafen. Die Übertragung der auf die letzteren Schäden zugeschnittenen Gesetzeskonzeption führe trotz formaler Gleichbehandlung de facto zur Benachteiligung der Reparationsgeschädigten und bedeute, daß die Bundesrepublik sich ihrer Entschädigungspflicht fast völlig entziehe.
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Dem läßt sich zunächst entgegenhalten, daß auch größere Wirtschaftsunternehmen Kriegsschäden und Vertreibungsschäden erlitten haben und insoweit der gleichen Regelung unterworfen sind. Immerhin ergibt sich aus der Natur der jeweiligen schädigenden Vorgänge, daß die Reparationsschäden im Verhältnis zu den Vertreibungsschäden relativ weit stärker bei Betrieben und größeren Unternehmen entstanden sind als bei nichtbetrieblichen Einzelvermögen. Dieser Unterschied in der Struktur der Schäden rechtfertigt jedoch nicht die Forderung nach einer anderen, nämlich günstigeren Entschädigung der Reparationsschäden. Dieses Verlangen wendet sich im Grunde gegen die soziale Zielsetzung, die den Lastenausgleich prägt und der der Gesetzgeber nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung der Kriegs- und Kriegsfolgelasten allgemein den Vorrang geben durfte, wenn nicht sogar mußte (BVerfGE 27, 253 [283, 286] m. weit. Nachw.). Schäden an Wohnraum, Gegenständen des persönlichen Bedarfs und an Kleinvermögen, wie sie durch Vertreibung und Kriegssachschäden überwiegend hervorgerufen worden sind, haben sich regelmäßig einschneidender auf die soziale Lage der Betroffenen ausgewirkt als Schäden an Betriebsvermögen. Während etwa die Demontagen meist nur Teilschäden verursachten und allenfalls in Ausnahmefällen zum Zusammenbruch eines Unternehmens geführt haben, haben die Vertreibungsmaßnahmen fast ausnahmslos und die Kriegssachschäden vielfach die Existenzgrundlagen der Betroffenen vernichtet. Der Gesetzgeber durfte sich daher darauf beschränken, den Betroffenen das unerläßliche Minimum an Hilfe zum Wiederaufbau ihrer wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, und es bedeutete keine ungerechtfertigte Benachteiligung, wenn diese Hilfe den Reparationsgeschädigten nicht in gleichem Maße zugute kam, weil sie regelmäßig weniger in ihrer Existenz betroffen waren als die Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten. Sieht man die verschiedenen Schadensgruppen im Zusammenhang des großen Komplexes der Kriegs- und Kriegsfolgeschäden auf dem Hintergrund der durch den Zusammenbruch des Reiches geprägten Situation, so erscheint das Verlangen nach einer besseren Entschädigung gerade der Schäden an größeren Vermögen um so weniger begründet, als damit auch das Rangverhältnis zu den nicht meßbaren immateriellen Schäden gestört würde.
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d) Schließlich ist die Gleichstellung der genannten Schadensgruppen auch nicht wegen der Unterschiede im Zeitpunkt der Entstehung der Schäden zu beanstanden. Allerdings sind die Reparationsschäden im Inland überwiegend erheblich später eingetreten als die Kriegssachschäden und die Vertreibungsschäden; zum Teil fielen sie bereits in die allgemeine Wiederaufbauphase und konnten damit die Reparationsgeschädigten unter Umständen im wirtschaftlichen Wettbewerb generell sowie auch gegenüber Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten benachteiligen. Wieweit diese Wirkung aber tatsächlich eingetreten ist und wie stark sie im Einzelfall war, läßt sich nicht zuverlässig beurteilen. Zudem konnten die Reparationsgeschädigten den Wiederaufbau im allgemeinen auf der Grundlage eines verhältnismäßig besser erhaltenen Restvermögens beginnen. Schließlich hätte die Berücksichtigung des Zeitpunkts der Schädigung eine komplizierte differenzierende Regelung erforderlich gemacht, da der Eintritt der Reparationsschäden sich über einen Zeitraum von etwa sechs Jahren hinzog. Angesichts der zulässigen Typisierung (vgl. BVerfGE 17, 1 [23] - Witwerrente I -; 26, 16 [32] - Berufsschadensausgleich im Bundesversorgungsgesetz -) hält sich die anders gerichtete Entscheidung des Gesetzgebers jedenfalls innerhalb des weiten Gestaltungsspielraums, der ihm zur Verfügung stand.
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2. Es verletzt auch nicht den Gleichheitssatz, daß andere nach dem Krieg erlassene Entschädigungsgesetze für die jeweils erfaßten Personengruppen günstigere Regelungen vorgesehen haben als das Reparationsschädengesetz.
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Das Bundesrückerstattungsgesetz in der Fassung vom 24. März 1958 (BGBl. I S. 141) betraf die Wiedergutmachung von Unrechtsmaßnahmen aus der Zeit des nationalsozialistischen Regimes und ist mit Kriegsfolgeregelungen der hier vorliegenden Art von vornherein nicht vergleichbar.
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Die Sonderregelung für die Besatzungsschäden im Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden vom 1. Dezember 1955 (BGBl. I S. 734) war durch das Besatzungsrecht vorgezeichnet und entsprach den im Neunten Teil des Überleitungsvertrags - im Unterschied zu der Entschädigungsklausel für die Reparationsschäden - im einzelnen festgelegten Verpflichtungen der Bundesrepublik (vgl. BVerfGE 27, 253 [256 f., 275 f.]; s.a. BVerfGE 35, 324 [337] - Vermögensabgabe für Rückerstattungspflichtige -).
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Daß das Gesetz über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank vom 2. August 1961 (BGBl. I S. 1165) nicht nach den Grundsätzen zur Bereinigung des Staatsbankrotts verfuhr, sondern die beiden Banken in Anlehnung an das allgemeine Konkursrecht liquidierte, läßt sich rechtfertigen, weil hier ein vom übrigen Staatsvermögen getrenntes, besonders haftendes Vermögen zur Verfügung stand.
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3. Es bestehen auch sachgerechte Gründe dafür, daß das Reparationsschädengesetz nicht alle Reparationsgeschädigten so gestellt hat wie die Reparationsgeschädigten mit Vermögen in den neutralen Staaten (Schweiz, Schweden, Portugal und Spanien).
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Wie bereits erwähnt, hat die Bundesrepublik auf Grund der Ermächtigung im Überleitungsvertrag mit diesen Staaten besondere Abkommen abgeschlossen, um die in den Washingtoner Abkommen vorgesehene Liquidation des dort belegenen deutschen Vermögens abzuwenden, soweit dies noch möglich war (s. oben A I 1, C III 6 c). Beispielhaft ist das Abkommen über die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz vom 26. August 1952 (BGBl. 1953 II S. 17 - vgl. dazu BVerfGE 6, 290 [291 ff.]). Danach zahlte die Bundesrepublik einen Betrag von 121,5 Mio. Schweizer Franken an die Schweiz, womit diese die Ansprüche der Westmächte auf den Liquidationserlös des beschlagnahmten deutschen Vermögens befriedigte. Die deutschen Eigentümer hatten die Wahl, entweder ihr Vermögen zu behalten und dafür einen Ablösungsbeitrag in Höhe von grundsätzlich einem Drittel des Vermögenswertes zu leisten, um die genannte Schuld der Bundesrepublik zu decken, oder sie nahmen die Liquidation ihres Vermögens hin und erhielten den Liquidationserlös in deutscher Währung ausgezahlt. Das letztere galt auch für diejenigen, deren Vermögen bei Abschluß des Abkommens bereits liquidiert war. Nach dem Zustimmungsgesetz zu diesem Abkommen vom 7. März 1953 (BGBl. II S. 15) waren die freigegebenen Vermögenswerte von der Vermögensabgabe des Lastenausgleichsgesetzes befreit; auf die Liquidationserlöse mußte eine Ersatzvermögensabgabe gezahlt werden, die im wesentlichen derjenigen des Lastenausgleichsgesetzes entsprach. Ähnliche Regelungen wurden mit den anderen neutralen Staaten getroffen (vgl. BVerfGE 24, 203 [205 ff.] - deutsch-portugiesisches Vermögensabkommen -).
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Auch wenn man mit den Beschwerdeführerinnen unterstellt, die Bundesrepublik habe in diesen Fällen - auf dem Wege über einen Einnahmeausfall des Lastenausgleichsfonds - die Reparationsforderungen der Alliierten an das deutsche Vermögen selbst beglichen, durfte ein solches Vorgehen auf das beschlagnahmte Vermögen in den neutralen Staaten beschränkt bleiben. Bei diesen völkerrechtlichen Vereinbarungen handelte es sich nicht wie beim Lastenausgleichsgesetz und Reparationsschädengesetz um die innerstaatliche Regelung der Folgen bereits vollzogener, faktisch irreparabler fremder Eingriffe in deutsches Vermögen, sondern wesentlich um die Abwehr drohender weiterer Eingriffe in noch nicht endgültig entzogenes Auslandsvermögen und seine Freigabe für die deutschen Eigentümer (vgl. BVerfGE 6, 290 [296 ff.]). Die Bundesrepublik, die mit dem Abschluß der Abkommen ihrer Pflicht zum diplomatischen Schutz ihrer Bürger genügte (vgl. BVerfGE a.a.O. [299]), war zum Verzicht auf die Vermögensabgabe genötigt, weil die Schweiz darauf bestand und der Bundesrepublik daran gelegen war, durch eine Einigung mit der Schweiz auch andere neutrale Staaten zur Freigabe des deutschen Vermögens zu veranlassen. Die gegenüber den Regelungen des Reparationsschädengesetzes bevorzugte Behandlung der betroffenen Eigentümer mit Vermögen in neutralen Staaten spiegelt somit nur die verschiedene Lage wider, in der sich das deutsche Vermögen innerhalb und außerhalb dieser Länder je nach der Stärke des Zugriffs der Siegermächte befand (vgl. BVerfGE a.a.O.). Es kann daher nicht als sachfremd bezeichnet werden, wenn die Bundesrepublik dort, wo deutsches Vermögen noch zu retten war, in höherem Maße Mittel der öffentlichen Hand einsetzte.
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II.
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Durfte der Gesetzgeber danach die Entschädigung der Reparationsschäden im ganzen nach dem Vorbild des Lastenausgleichsgesetzes gestalten, so gilt dies auch für die Abgrenzung der Entschädigungsberechtigung im einzelnen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen verstieß weder der Ausschluß der juristischen Personen von den Lastenausgleichsleistungen noch die Übernahme dieser Regelung in das Reparationsschädengesetz gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
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1. Die Beschränkung der Ausgleichsleistungen auf natürliche Personen im Lastenausgleichsgesetz ergibt sich aus der aufgezeigten mit der Verfassung in Einklang stehenden Grundkonzeption. Dieser sozialen Prägung des Gesetzes entsprach es, von den betroffenen Menschen auszugehen und die als Leistung des sozialen Ausgleichs gedachte staatliche Hilfe auf sie zu beschränken: soziale Gleichheit kann nur im Verhältnis der originären Grundrechtsträger untereinander, nicht aber im Verhältnis zwischen natürlichen Personen und den von ihnen zur besseren Organisation und Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen Interessen in der Form der juristischen Person geschaffenen verselbständigten Rechtseinheiten gefordert werden (vgl. BVerfGE 35, 348 [357 f.]). Es war daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Lastenausgleich, soweit Kriegs- und Kriegsfolgeschäden an Geschäfts- oder Betriebsvermögen überhaupt Ausgleichsansprüche begründeten, nur die einer natürlichen Person entstandenen Verluste einbezog.
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Die Anknüpfung an die natürlichen Personen rechtfertigte sich auch aus der prospektiven Ausrichtung der Regelung. Wenn den Menschen, die durch Vertreibung und Kriegssachschäden nicht nur wirtschaftlich geschädigt waren, sondern weitgehend auch ihre persönliche Lebensgrundlage verloren hatten, wirksam geholfen werden sollte, mußten die begrenzten Mittel auf sie konzentriert werden. Eine Einbeziehung der juristischen Personen in die sozial gestaffelte Entschädigung hätte einerseits für diese Unternehmen keine wesentliche Hilfe bedeutet, andererseits aber Mittel gebunden, mit deren breitgestreutem Einsatz bei den natürlichen Personen ein sozialstaatlich gebotener Effekt zu erzielen war. Der Gesetzgeber durfte auch davon ausgehen, daß es den Kapitalgesellschaften, soweit sie nach dem Zusammenbruch noch existierten, eher als den einzelnen Betroffenen möglich sein würde, ihre wirtschaftlichen Kriegsschäden aus eigener Kraft zu überwinden, und daß eine im Gesamtinteresse gebotene oder wünschenswerte staatliche Hilfe sinnvoller auf dem Wege der allgemeinen Wirtschaftsförderung zu leisten war als durch Berücksichtigung im Lastenausgleich.
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2. Die gleichen Erwägungen, die den Ausschluß der juristischen Personen von den Leistungen des Lastenausgleichsgesetzes verfassungsrechtlich rechtfertigen, lassen auch die entsprechende Regelung im Reparationsschädengesetz als vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erscheinen.
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a) Die Entschädigungsleistungen für Reparationsgeschädigte dienen ebenso wie die Lastenausgleichsleistungen dem sozialen Ausgleich und dürfen daher auf die unmittelbar betroffenen Menschen beschränkt werden. Unter dem Blickpunkt sozialer Gerechtigkeit kann dabei nicht ins Gewicht fallen, daß damit ein höherer Prozentsatz der Reparationsschäden von der unmittelbaren Entschädigung ausgeschlossen wird als bei den im Lastenausgleich erfaßten Schäden.
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Im übrigen bedeutet dies, wie nicht übersehen werden darf, keine völlige Außerachtlassung der den juristischen Personen entstandenen Schäden; diese werden in gewissem Umfang mittelbar berücksichtigt, soweit sie sich bei einer generalisierenden Betrachtung in einer Wertminderung der Anteile niedergeschlagen und dadurch zu einem Vermögensverlust natürlicher Personen - der Anteilseigner - geführt haben (vgl. dazu den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom heutigen Tage - 1 BvR 67/70 -).
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b) Die erwähnte Prognose des Gesetzgebers hat sich auch im Bereich der Reparationsschäden als richtig erwiesen: bei generalisierender Betrachtung hatten die als juristische Personen organisierten reparationsgeschädigten Unternehmen im Zeitpunkt des Erlasses des Reparationsschädengesetzes ihre Betriebe wieder aufgebaut und an der allgemeinen günstigen Entwicklung der Wirtschaft teilgenommen. Hierzu hatten neben anderen Umständen wesentlich auch die vielfältigen Maßnahmen unmittelbarer und mittelbarer Wirtschaftshilfe von seiten der öffentlichen Hand beigetragen. Auch wenn man die Steuererleichterungen bei den Ertragsteuern außer acht läßt, weil sie reparationsgeschädigten Unternehmen in geringerem Maße zugute gekommen sein mögen, sind hier die Remontagekredite des Bundes und der Länder, die Investitionshilfeprogramme (ERP, LAG, Regionale Wirtschaftsförderung u. ä.), das Aufkommen aus den Investitionshilfegesetzen und andere Darlehen des Bundes zu nennen. Insgesamt handelte es sich nach der Schätzung der Bundesregierung um einen Betrag von rund 4,7 Milliarden DM. Es lag in der Art dieser Hilfsmaßnahmen, daß größere, in der Form einer juristischen Person organisierte Unternehmen stärker davon profitierten als Einzelunternehmer und Personengesellschaften. Allerdings konnten die meisten dieser staatlichen Hilfen nicht allein von reparationsgeschädigten, sondern ebenso von anderen förderungsbedürftigen Unternehmen in Anspruch genommen werden. Es läßt sich auch nicht mehr feststellen, in welcher Höhe die öffentlichen Mittel tatsächlich den Reparationsgeschädigten zugeflossen sind. Für die hier maßgebende Beurteilung genügt es aber, daß Wirtschaftsunternehmen, die wegen eines Reparationsschadens staatliche Hilfe benötigten, in entsprechendem Maße an der bezeichneten Wirtschaftsförderung teilgenommen haben. Jedenfalls durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß mit durch diese Maßnahmen eine wirtschaftliche Erholung der bezeichneten Unternehmen eingetreten war, die bei Erlaß des Reparationsschädengesetzes eine weitere Wiederaufbauhilfe entbehrlich machte.
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c) Allerdings hat die wirtschaftliche Entwicklung bis zum Erlaß des Gesetzes auch die Lage der reparationsgeschädigten natürlichen Personen in der Regel verbessert. Insoweit läßt sich nicht übersehen, daß bei der Reparationsentschädigung ähnlich wie bei der Hauptentschädigung des Lastenausgleichsgesetzes der Charakter der Wiederaufbauhilfe weniger ausgeprägt ist und dafür das Element des sozialen Ausgleichs für den erlittenen Schaden stärker hervortritt. Dies mußte den Gesetzgeber aber nicht zu einer anderen Abgrenzung der Entschädigungsberechtigung veranlassen, weil er berechtigt und verpflichtet war, die im Lastenausgleichsgesetz getroffene Vorentscheidung für eine damals nicht sachwidrige, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbare Regelung zu beachten. Eine Entschädigung der juristischen Personen im Reparationsschädengesetz hätte dazu gezwungen, auch die Ausgleichsleistungen des Lastenausgleichsgesetzes nachträglich auf Kriegssachschäden, Vertreibungsschäden und Ostschäden juristischer Personen auszudehnen. Die unter dem Gesichtspunkt des innerstaatlichen Ausgleichs festgestellte Gleichheit dieser Schadensgruppe (s. oben D I 1) wirkt in beiden Richtungen: Es wäre mit dem Gerechtigkeitsgedanken nicht vereinbar, die juristischen Personen im Lastenausgleichsgesetz leer ausgehen zu lassen, wenn das Reparationsschädengesetz solche Geschädigten in die Entschädigung einbezöge. Von einer derartigen Ausdehnung der staatlichen Leistungen konnte der Gesetzgeber schon aus finanziellen Gründen Abstand nehmen, weil sie einen Aufwand von rd. 1,2 Milliarden DM für die Hauptentschädigung und rd. 1,7 Milliarden DM im Bereich des Reparationsschädengesetzes, also insgesamt 2,9 Milliarden DM erfordert hätte (vgl. BVerfGE 15, 126 [140 ff.]; 23, 153 [190]; 27, 253 [288]).
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Demgegenüber kann nicht auf den relativ günstigen Stand der staatlichen Finanzen im Zeitpunkt des Erlasses des Reparationsschädengesetzes verwiesen werden, da der genannte Betrag im Verhältnis zu dem Finanzbedarf für andere Staatsaufgaben gesehen werden muß. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits für die Besatzungsschäden ausgesprochen, daß eine Verbesserung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit die Bundesrepublik nicht verpflichtet, eine frühere, damals nicht sachwidrige, aber von einer zu ungünstigen Finanzprognose ausgehenden Entschädigungsregelung zu revidieren. "Eine andere Auffassung würde zu dem unerträglichen Ergebnis führen, daß der Gesetzgeber gezwungen wäre, bei jeder Besserung der Finanzlage sämtliche in der Vergangenheit abgeschlossenen Entschädigungsregelungen von neuem aufzurollen; damit wäre eine wirksame Planung der staatlichen Tätigkeit für die Zukunft ausgeschlossen" (BVerfGE 27, 253 [288 f.]).
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3. Gewiß beruht der vollständige Ausschluß aller juristischen Personen auf einem ziemlich groben Schema, das nicht allen Fällen gerecht werden kann. Stellt man etwa kleine Familiengesellschaften in der Rechtsform der GmbH größeren, als Einzelfirmen oder Personengesellschaften betriebenen Unternehmen gegenüber, so werden unter Umständen Unternehmen je nach ihrer handelsrechtlichen Organisationsform verschieden behandelt, obwohl ihre Gleichbehandlung dem Grundgedanken des Lastenausgleichs besser entsprechen würde. Dies kann jedoch im Hinblick auf die der Prüfung an Art. 3 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen hingenommen werden, auch wenn solche Grenzfälle im Bereich des Reparationsschädengesetzes wegen der gekennzeichneten Struktur der Schäden relativ häufiger auftreten sollten als im Bereich des Lastenausgleichsgesetzes. Die dem innerstaatlichen Lastenausgleich gestellte Aufgabe war ohne eine weitgehende Typisierung und Schematisierung nicht zu bewältigen; die gesetzliche Regelung durfte daher aus Gründen der Praktikabilität an die Ordnung des Handels- und Gesellschaftsrechts anknüpfen (vgl. dazu BVerfGE 13, 331 [339]; 40, 109 [117]). Angesichts der Vielfalt der Unternehmensformen einerseits, der starken Unterschiede der wirtschaftlichen Lage der einzelnen Unternehmen andererseits ist nicht ersichtlich, daß eine andere Abgrenzung in der Regel zu sozial gerechteren Ergebnissen geführt hätte. Namentlich ist nichts dafür dargetan, daß etwa die in der Form der juristischen Person betriebenen reparationsgeschädigten Familiengesellschaften sich generell in so schlechter wirtschaftlicher Lage befanden, daß die gewählte Typisierung eine ganze Gruppe von Unternehmen unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten zu Unrecht benachteiligt hätte. In Einzelfällen auftretende Härten vermögen die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der typisierenden Regelung nicht in Frage zu stellen, zumal da Familienkapitalgesellschaften nach § 46 RepG Aufbaudarlehen erhalten können und die Härteklausel des § 301b LAG eine hinreichende Grundlage dafür bietet, aus dem Härtefond einen angemessenen Ausgleich zu gewähren (vgl. BVerfGE 17, 337 [354]; 26, 16 [32]; 28, 324 [356] - Heiratsklauseln -; 31, 119 [130 f.] - Musikautomaten -; 38, 61 [92] - Leberpfennig -). Die zuständigen Behörden sind berechtigt und verpflichtet, von dieser Ermächtigung auch insoweit Gebrauch zu machen, als die starre Schematisierung des Gesetzes zu besonderen Härten führt; dabei dürfen sie nicht wiederum schematisch verfahren, sondern müssen den Einzelfall im Lichte des sozialen Gedankens des innerstaatlichen Lastenausgleichs würdigen (vgl. a. BVerfG, Beschluß vom heutigen Tage - 1 BvR 67/70 - B II 3 u. 4, S. 202 ff.).
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III.
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Ist danach der Ausschluß der juristischen Personen von den Entschädigungsleistungen im Reparationsschädengesetz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, so könnten Bedenken dagegen bestehen, daß abweichend von den Vorschriften der §§ 39 ff. LAG im Reparationsschädengesetz eine Ermäßigung der Vermögensabgabe wegen eines Reparationsschadens fehlt. Die Vermögensabgabeermäßigung nach §§ 39 ff. LAG bedeutete für die juristischen Personen, daß sie wenigstens in dieser Form eine Vergünstigung für den erlittenen Vertreibungsschaden, Kriegssachschaden oder Ostschaden erhielten. Insoweit benachteiligt die Versagung einer entsprechenden Abgabeermäßigung im Reparationsschädengesetz die reparationsgeschädigten juristischen Personen. Da der Gesetzgeber sonst in jeder Hinsicht dem Konzept des Lastenausgleichsgesetzes gefolgt ist und hierzu wegen der Gleichartigkeit der Schadenstatbestände berechtigt, wenn nicht sogar verpflichtet war, bedarf diese Abweichung einer Rechtfertigung (vgl. BVerfGE 18, 315 [334] - Milch- und Fettgesetz -; 27, 58 [65] - Kilometer-Pauschale - jeweils m. weit. Nachw.; 32, 157 [168 f.] - Hessisches Abgeordnetenruhegeld -).
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1. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung läßt sich die Benachteiligung der reparationsgeschädigten juristischen Personen nicht schon mit dem Unterschied in der Finanzierung der Entschädigungsleistung-Lastenausgleichsgesetz:Lastenausgleichsfonds; Reparationsschädengesetz: allgemeine Bundesmittel - oder mit der damit zusammenhängenden Erwägung begründen, nach der Systematik des Lastenausgleichsgesetzes dürften auf der Abgabenseite des Ausgleichsfonds nur die auch auf der Leistungsseite erfaßten Schäden berücksichtigt werden. Gerade weil der Lastenausgleichsfonds für Reparationsschäden nicht zur Verfügung steht, hätte es nahegelegen, den reparationsgeschädigten juristischen Personen, die diesen Fonds mitfinanzieren mußten, ohne daran zu partizipieren, auf der Abgabenseite den eigenen Kriegsfolgeschaden zugute zu halten.
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Ein hinreichender Grund für die Versagung der Vergünstigung läßt sich auch nicht - wie die Bundesregierung meint - in der Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 des Zehnten Teils des Überleitungsvertrags finden. Selbst wenn der Ausfall des Aufkommens aus der Vermögensabgabe wirklich geeignet sein sollte, das im Überleitungsvertrag vorausgesetzte Verhältnis zwischen dem für soziale Zwecke zu verwendenden Anteil des Ausgleichsfonds und dem zur Entschädigung von Kriegsschäden zu verwendenden Fondsanteil zu verändern, so hätte dem dadurch entgegengewirkt werden können, daß der Einnahmeausfall des Lastenausgleichsfonds ebenso aus allgemeinen Bundesmitteln abgedeckt wurde wie die Entschädigungsleistungen des Reparationsschädengesetzes. Jedenfalls verbot die Regelung des Überleitungsvertrags es nicht, den reparationsgeschädigten juristischen Personen unmittelbar aus dem Bundeshaushalt Leistungen zu gewähren, die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Ermäßigung der Vermögensabgabe nach den §§ 39 ff. LAG gleichkamen.
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2. Jedoch lassen sich folgende Erwägungen zugunsten der Entscheidung des Gesetzgebers anführen:
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Daß bei Erlaß des Lastenausgleichsgesetzes die Reparationsschäden sowohl auf der Abgabenseite wie auf der Leistungsseite ausgeklammert und deswegen auch nicht in die §§ 39 ff. LAG einbezogen wurden, ergab sich aus der damaligen Situation und war verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ließ sich seinerzeit noch nicht übersehen, ob die Bemühungen um eine Freigabe des konfiszierten deutschen Vermögens Erfolg haben würden, in welchem Ausmaß demgemäß eine Entschädigung der Reparationsschäden in Betracht kam und wie sie gestaltet werden sollte. Nachdem die weitere Entwicklung dazu geführt hat, daß auch die Reparationsgeschädigten - zulässigerweise - nach dem Konzept des Lastenausgleichsgesetzes entschädigt werden, hätte es zwar rückblickend dem Gleichheitssatz mehr entsprochen, wenn die Vermögensabgabeermäßigung damals - d. h. im Jahre 1952 - auch für Reparationsschäden gewährt worden wäre. Nachdem dies unterblieben war, stellte sich bei Erlaß des Reparationsschädengesetzes nur noch die Frage, ob in diesem Zeitpunkt - d. h. im Jahre 1969 - eine gleichartige Regelung zugunsten der reparationsgeschädigten juristischen Personen nachgeholt werden sollte. Dagegen konnte sprechen, daß die Vermögensabgabe 1979 ausläuft, also bereits zu einem wesentlichen Teil (zwei Dritteln ihrer Laufzeit) abgewickelt war. In Betracht wäre daher wohl nur eine Kompensation in Form einer einmaligen staatlichen Leistung gekommen. Eine solche Ersatzleistung hätte in der Gesamtsumme den Bundeshaushalt nicht unerheblich belastet und einen beträchtlichen Verwaltungsaufwand verursacht, während der wirtschaftliche Ertrag für die begünstigten juristischen Personen im allgemeinen relativ gering gewesen wäre. Bei Zugrundelegung der §§ 39 ff. LAG würde bei vielen reparationsgeschädigten juristischen Personen eine Vergünstigung ganz entfallen.
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Die Beschwerdeführerin zu 1), die bei Anwendung dieser Vorschriften ebenfalls leer ausgehen würde, meint allerdings, die Berechnung einer solchen nachträglichen Leistung müsse zugunsten der Reparationsgeschädigten von den §§ 39 ff. LAG abweichen, weil bestimmte, die größeren Vermögen benachteiligende Vorschriften nicht angewandt werden dürften. Für eine solche Erwägung ist jedoch bei der Prüfung, ob Art. 3 Abs. 1 GG den Gesetzgeber verpflichtete, den reparationsgeschädigten juristischen Personen eine gleiche oder gleichwertige Vergünstigung zukommen zu lassen wie den durch §§ 39 ff. LAG begünstigten juristischen Personen, kein Raum.
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Unter diesen Umständen konnte für die Entscheidung des Gesetzgebers maßgebend sein, daß eine nachträgliche staatliche Leistung der aufgezeigten Art einen ganz anderen Charakter getragen hätte als die auf 30 Jahre verteilte Abgabeermäßigung nach §§ 39 ff. LAG, die sich nur in Teilbeträgen der Vierteljahresbeiträge niederschlug. Diese Abgabeermäßigung war keine ins Gewicht fallende wirtschaftliche Hilfe oder wirksame Entschädigungsleistung für die betroffenen juristischen Personen; vielmehr war sie schon nach ihrer geringen Größenordnung als eine vorwiegend steuerpolitisch motivierte Entlastung zu verstehen, die in der damaligen Zeit unter dem Eindruck der noch nicht lange zurückliegenden Kriegsschäden und im Hinblick auf die hohen Steuersätze der Ertragsteuern als veranlaßt erschien. Eine vergleichbare Entlastung war bei Erlaß des Reparationsschädengesetzes weder notwendig noch sinnvoll, nachdem die Verhältnisse der Nachkriegszeit dank der durch staatliche Maßnahmen unterstützten wirtschaftlichen Entwicklung längst überholt waren: Die nachträgliche staatliche Leistung hätte öffentliche Mittel gebunden, ohne die Wirtschaft weiter zu fördern oder einen dem Grundgedanken des innerstaatlichen Lastenausgleichs entsprechenden sozialen Zweck zu erreichen.
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die günstige Entwicklung in dem langen Zeitraum zwischen dem Eintritt der Schäden und dem Erlaß des Gesetzes außer acht gelassen werden müßte, weil sich der Gesetzgeber sonst durch Verzögerung einer an sich gebotenen Ausgleichsregelung von der Erfüllung seiner Pflichten freizeichnen könnte. Ein solcher Einwand mag berechtigt sein, wenn die Verzögerung in einer solchen Absicht erfolgt oder aus anderen Gründen dem Gesetzgeber zur Last zu legen ist. Der späte Erlaß des Reparationsschädengesetzes beruht aber mindestens auch auf dem sachlich einleuchtenden Grund, daß die deutsche Seite - sowohl die öffentliche Hand wie die Reparationsgeschädigten selbst - lange Zeit, auch noch nach dem Überleitungsvertrag, darauf hoffte, ausländische Staaten zu einer teilweisen Freigabe des deutschen Vermögens zu veranlassen (vgl. die Begründung des zweiten Regierungsentwurfs zum Reparationsschädengesetz, BTDrucks. V/2432, Tz. 3). Außerdem ging die ungewöhnlich lange Dauer der Gesetzesberatung wesentlich auf die Schwierigkeit zurück, die Rechtsfrage zu klären, ob den Reparationsgeschädigten ein Anspruch auf Schadensersatz oder Enteignungsentschädigung zukam (vgl. den Schriftlichen Bericht des Abgeordneten Dr. Wuermeling vom 13. Januar 1969, zu BTDrucks. V/3662, S. 1, und die oben A I 3 erwähnten Gesetzentwürfe).
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Insgesamt kann danach die Entscheidung des Gesetzgebers jedenfalls nicht als geradezu sachwidrig angesehen werden. Im Hinblick auf die bei der Prüfung an Art. 3 Abs. 1 GG hier gebotene Zurückhaltung ist auch die Versagung einer der Vermögensabgabeermäßigung entsprechenden Leistung im Reparationsschädengesetz noch mit dieser Verfassungsnorm vereinbar,
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(gez.) Dr. Benda, Dr. Haager, Rupp-v. Brünneck, Dr. Böhmer, Dr. Simon
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Die Richter Dr. Faller und Dr. Katzenstein sind an der Unterschrift verhindert.
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